Herr Präsident, liebe Kolleginnen/Kollegen und Zuschauer/-innen, als Thüringer Landtag setzen wir heute ein klares Signal für Akzeptanz von geschlechtlicher Vielfalt und halten fest: Das sogenannte Transsexuellengesetz gehört endlich abgeschafft und durch ein zeitgemäßes Selbstbestimmungsgesetz ersetzt.
Den beteiligten Fraktionen will ich ausdrücklich für die konstruktive Beratung zu diesem Antrag danken. Ich freue mich, dass wir der bereits im Koalitionsvertrag der Ampel vereinbarten Abschaffung des Transsexuellengesetzes Rückenwind geben. Es ist ein längst überfälliger Schritt, denn das Bundesverfassungsgericht hat dieses Gesetz bereits sechsmal in Teilen für verfassungswidrig erklärt, weil es die Würde und die Persönlichkeitsrechte von Transpersonen massiv verletzt. Demnach wird die Geschlechtszugehörigkeit einer Person eben nicht allein durch körperliche Geschlechtsmerkmale bestimmt, sondern wesentlich auch durch die geschlechtliche Identität. Transpersonen erleben nach wie vor nach einem Coming-out in vielen Lebensbereichen starke Nachteile, insbesondere Transfrauen sind von massiver Diskriminierung am Arbeitsmarkt betroffen. Das belegen aktuelle Studien im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes oder des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung und sind nur ein paar Beispiele für die vielen Diskriminierungen, denen Transpersonen, aber auch queere Personen, insgesamt leider in unserer Gesellschaft immer noch ausgesetzt sind. Das ist einer pluralen Demokratie nicht würdig.
Übrigens schaden eben enge Geschlechtervorstellungen und damit verbundene Rollenerwartungen nicht nur Transpersonen mit der Zuschreibung von
Geschlecht bei Geburt und der Einordnung als Junge oder Mädchen. Zum Beispiel wird von frühester Kindheit an bestimmtes Verhalten gutgeheißen oder kritisiert, belohnt oder bestraft. Wenn größere Spielräume entstehen, wie Geschlecht gelebt werden kann, führt das zu mehr Selbstbestimmung und Freiheit für alle Personen. Davon bin ich überzeugt. Ich bin froh, dass wir deswegen heute auch einen Schritt in diese Richtung machen.
Es ist klar – auch das wurde in der Anhörung sehr deutlich, Frau Meißner, denn nur eine anzuhörende Institution hat Ihre Auffassung vertreten –, die meisten Verbände, die Transpersonen, queere Personen vertreten, haben klargemacht, dass das Transsexuellengesetz und vor allem die damit verbundene Begutachtung von Personen ein massiver Eingriff in die Persönlichkeitsrechte ist. Denn es gibt Dutzende von Erfahrungsberichten, die sagen, dass Menschen schamlose Fragen gestellt werden wie „Wie häufig wird masturbiert?“ – keine Ahnung. Eben solche intimen Dinge werden gefragt und das ist nicht okay. Denn wenn eine Person die geschlechtliche Identität selbst bestimmen will, dann sollte sie das auch können und da hat der Staat einfach nicht mitzumischen.
Fakt ist auch, dass Menschen nach wie vor an vielen Stellen mit der angeblichen Binarität der Geschlechter konfrontiert werden, wo dies überhaupt nicht notwendig ist. Deshalb freue ich mich sehr, dass wir mit diesem Antrag einen Prozess starten werden, der insbesondere in Verwaltungsprozessen überprüfen soll, wo sind Geschlechtsangaben überhaupt notwendig und wo kann darauf problemlos verzichtet werden. Da müssen wir auch nicht überbordende Bürokratie befürchten, sondern die Landesregierung ist aufgefordert, eine Verwaltungsvorschrift auszuarbeiten. Man wird da sehr genau abwägen können, in welchen Bereichen ist das sinnvoll, wie gestalten wir diesen Prozess aus. Aber zum Beispiel bereits durch die Änderung des Personenstandsgesetzes und die Aufnahme der Kategorie „Divers“ sind da auch ja teilweise schon Formulare angepasst worden. Ich glaube, dieser Bürokratieaufwand steht in keinem Verhältnis dazu, dass wir auch an dieser Stelle endlich Menschenrechte umsetzen und allen Menschen garantieren, in der geschlechtlichen Identität leben zu können, die sie haben.
dem Antrag und den Punkt zu statistischen Erhebungen aus dieser Verwaltungsvorschrift rausgestrichen haben. Denn tatsächlich hätten wir mit der vorherigen Formulierung ungewollt die Erhebung von statistischen Daten zu Geschlecht für die Verwaltung unmöglich gemacht. Die Erhebung von statistischen Daten ist aber notwendig, um an manchen Stellen überhaupt geschlechtsabhängige Unterschiede aufdecken und erkennen zu können. Das betrifft sowohl Cis-Männer wie auch Cis-Frauen als auch queere Personen, und deswegen haben wir diesen Punkt gestrichen. Damit sind auch statistische Abfragen nach wie vor weiterhin möglich.
Abschließend muss man feststellen, es wäre wünschenswert, dass Geschlecht keine maßgebliche Rolle mehr bei Chancen und Möglichkeiten im Leben spielt.
Aber aktuell tut es das noch, und in Fällen wie dem Transsexuellengesetz auf höchst diskriminierende Weise. Deshalb ist es wichtig, dass wir heute in Thüringen einen kleinen Schritt machen, der Diskriminierung abbaut und Vielfalt, Toleranz und Menschenrechte stärkt. Und dafür danke ich für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Zuschauer auf der Tribüne und im Netz, wir dürfen heute hier das Hohe Haus mit einem Änderungsantrag, der in der Sache vereinten rot-grün-gelben Fraktionen des Thüringer Landtags beschäftigen, der sich mit den echten und mit den vermeintlichen Rechten einer sehr überschaubaren Minderheit der Thüringer Bevölkerung befasst.
deren Anerkennung und Schutz, die Erforderlichkeit von Personenstandsangaben und am Ende in Bausch und Bogen um die Abschaffung des Transsexuellengesetzes, was aber in die Regelungskom
petenz des Bundes fällt. Wir sind hier in den letzten Jahren von der FDP schon einiges gewöhnt gewesen, was Prinzipienlosigkeit und Flexibilität anging. Mit diesem hier vorgelegten Werk hat sich die Gruppe der FDP im Thüringer Landtag bezüglich ihrer Biegsamkeit und der nahezu beliebigen Denkbarkeit aller Begriffe nochmals deutlich übertroffen.
Der hier vorgelegte gemeinsame Änderungsantrag von Links-Gelb-Grün wurde im Ausschuss debattiert und gegen die Stimmen der Oppositionsparteien zur Entscheidung ins Plenum verwiesen. Schauen wir also einmal näher hin und versuchen zu ergründen, was vor allem die Parlamentarische Gruppe der FDP dazu bewogen hat, hier den Versuch zu unternehmen, biologische Grundtatsachen außer Kraft zu setzen,
und an deren Stelle Gefühle, die individuell sehr unterschiedlich sein können, zur Grundlage der Rechtsprechung zu erklären. Der Antrag strotzt vor Behauptungen, vor falschen Zuordnungen von beispielsweise Transpersonen und intersexuell diagnostizierten Personen, die mit denselben gesetzlichen Regelungen bedacht werden sollen wie die Gruppe der intersexuellen Menschen.
Intersexualität ist ein biologischer Sachverhalt, der sich von allen anderen hier behandelten Sonderformen völlig unterscheidet. Aber nicht nur das haben die Antragsteller generös ignoriert, sondern auch die vielen vernünftigen, sachlich gut begründeten und völlig ideologiefreien Hinweise zahlreicher angehörter Sachverständiger und gesellschaftlicher Organisationen.
Bei den gewünschten und geforderten Vereinfachungen und tiefgreifenden Änderungen des Personenstandsgesetzes gab es viele Einwände, beginnend bei der geplanten Änderung des Geschlechtseintrags per Sprechakt auf einem Standesamt, möglichst online. Das heißt, der infrage kommende Bewerber um diesen Verwaltungsakt muss oder soll noch nicht einmal mehr persönlich in Augenschein genommen werden.
Die Sachverständigen verwiesen an vielen Stellen darauf, dass sich mit dem geforderten Verzicht auf den Geschlechtseintrag in amtlichen Dokumenten zahlreiche Folgeprobleme ergeben würden. Arbeitgeber sollen beispielsweise kein Geschlecht mehr bei den Bewerbern erfragen dürfen. Heißt das in der Konsequenz, dass ein reiner Frauenbetrieb mit den entsprechenden Sozialräumen und Hygieneeinrichtungen schlimmstenfalls dulden muss, dass
sich in seinem Nahbereich beim Umkleiden, beim Duschen ein lediglich zur Frau umdeklarierter Mann aufhält und ihnen den Anblick seines Männerkörpers aufnötigen darf? Wollen wir die Schutzräume für Frauen, die es ja nicht ohne Grund gibt, wirklich abschaffen?
Institutionen wie die Landeszahnärztekammer wiesen darauf hin, dass es nicht nur eine Form tradierter Höflichkeit ist, Menschen mit Herr Y oder Frau X anzusprechen, sondern auch der jeweiligen Identität des Angesprochenen Aufmerksamkeit und Respekt gezollt wird.
Auch für die Versorgungssicherheit spielt es eine Rolle, wie viele Frauen in der Medizin arbeiten, denn nur diese werden schwanger und bleiben zur Kinderpflege eine Weile zu Hause. Überhaupt geht der hier vorgelegte Antrag mit keinem Wort auf die Bedürfnisse aller übrigen Menschen ein. All derer nämlich, die sich in ihrem biologischen Geschlecht wohl- und zu Hause fühlen
und die sich nach allen vorgelegten Statistiken – Herr Montag – in der weit überwiegenden Mehrheit befinden. Weitere Schwachstellen offenbart diese als Verbesserung getarnte Attacke auf den gesunden Menschenverstand und auch auf die Interessen derer, die damit gewürdigt und geschützt werden sollen. Minderjährige pubertierende Menschen dürfen gern entscheiden, welches Smartphone sie zum Geburtstag vom Taschengeld kaufen wollen. Lebens- und körperverändernde einschneidende Maßnahmen als Reise ohne Wiederkehr gehören nicht in den Ermessensspielraum dieser hormonund krisengeschüttelten Jugendlichen.
ab dem 14. Geburtstag sowie frühzeitige operative Eingriffe ohne ärztliche und psychologische Gutachten vollständig ab. Die FDP offenbart mit diesem Antrag in unseren Augen vor allem eins: Das Schicksal der von Geschlechtsdysphorie Betroffenen ist Ihnen völlig egal. Gleichgültigkeit ist an die Stelle aufgeklärter Verantwortung getreten. Wir hoffen sehr, dass sich auf Bundesebene noch etwas mehr naturwissenschaftlicher Sachverstand und Verantwortungsgefühl gepaart mit dem erforderlichen Maß an Empathie für die betroffenen Menschen finden lässt, um dieses hochkomplexe Thema angemessen abzuhandeln. Die AfD-Frakti
Schönen guten Tag, sehr geehrte Damen und Herren, Herr Präsident! Ich möchte jetzt gar nicht so sehr auf meine Vorredner eingehen, sondern vielleicht zunächst noch mal auf den Anfang unserer Überschrift, den Titel unseres Antrags. Der lautet: „Geschlechtervielfalt anerkennen und schützen“. Ich hoffe, wir sind uns in dem Punkt einig, dass natürlich der Schutz und die Anerkennung des Geschlechts eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte und dass das ein grundlegendes Menschenrecht ist.
Trotz allem ist das eben nicht einfach so ohne Wenn und Aber möglich. Das haben wir, glaube ich, auch schon bei den Vorrednern rausgehört, da die Welt eben neben schwarz und weiß viele andere Bereiche kennt – ich möchte jetzt gar nicht auf die unterschiedlichen Graubereiche eingehen –, und genauso ist es bei der Geschlechtsidentität. Auch das haben meine Vorredner gesagt. Es gibt eben mehr als nur männlich und weiblich.
Die Selbstbestimmung in dieser Frage, der Frage, welches Geschlecht man ist, diesem Grundrecht eines jeden Menschen, egal, ob hormongeschüttelt oder nicht, dieses Selbstbestimmungsrecht ist unantastbar. Trotz allem – und das hat gerade meine Vorrednerin von den Grünen gesagt – ist die Wahl, wenn man zum Beispiel dieses Grundrecht ausüben möchte, manchmal – insbesondere in Deutschland – extrem erschwert durch diverse Gutachten, durch Richterentscheidungen und eben auch durch sehr viel Verwaltungsbürokratie. Unserer Meinung nach ist es nicht nur unnötig erschwert. Die AfD sagt, es ist eine deutsche Tugend, die CDU sagt, das ist nicht unnötig, sondern dient dem Schutz des Menschen. Wir als SPD schließen uns da eher dem Bundesverfassungsgericht an. Wir sind der Meinung, dass dieses Prozedere im Moment, so wie es hier auf der Grundlage des Transsexuellengesetzes gehandhabt wird, verfassungswidrig ist. Wenn etwas verfassungswidrig ist – die Verfassung ist uns schon ein sehr hohes Gut und quasi heilig –, dann sollten wir als Politiker auch handeln und uns dem stellen.
Deshalb danke ich an dieser Stelle allen Beteiligten im Anhörungsverfahren, dass wir uns wirklich so viel Zeit genommen haben. Herr Dr. Lauerwald hat die ganzen Termine aufgeführt, wie oft wir uns mit diesem Thema beschäftigt haben. Wir haben außerhalb der Ausschusssitzungen, auch außerhalb dieses Raums, des Plenums uns mehrfach getroffen, haben es geschafft, gemeinsam jetzt diesen Antrag auszuarbeiten, den wir Ihnen heute zur Abstimmung vorlegen. Natürlich – so viel Selbstkritik muss sein, da haben Sie recht – ist ein Teil unseres Antrags appellatorischer und symbolischer Natur, da sich die Forderungen an den zuständigen Bundesgesetzgeber richten. Das stimmt. Dazu gehören eben die Forderungen, dass Vornamens- und Personenstandsänderungen ohne Atteste und ohne Gutachten beim Standesamt möglich sein sollten, dass es die sogenannte dritte Option geben sollte für Menschen, die sich eben nicht als männlich oder weiblich identifizieren können. Aber neben den genannten Fragen auf Bundesebene sollten in unserem Bundesland ganz konkret alte, bürokratische Strukturen und Regularien überprüft und uns als Parlament in einem Entwurf einer neuen Verwaltungsvorschrift zum Themenfeld „Anerkennung und Schutz der Geschlechtervielfalt“ bis Mitte des nächsten Jahres vorgelegt werden. Hierbei sind mir insbesondere neben der Reduktion von Bürokratie und – das ist manchmal der Unterschied, wie manche Menschen das sehen, die CDU sagt, das ist mehr Bürokratie, ich glaube, es geht hier um Reduktion von Bürokratie. Es geht aber auch um die Stärkung von Transparenz, was mir wichtig ist, und eine stärkere Berücksichtigung von den Belangen von Trans-, Inter- und queeren Personen. Und mir ist dabei ganz besonders wichtig, dass wir da den Fokus auch auf die medizinische Aus- und Fortbildung legen, denn – und das wurde auch angesprochen – gerade Beratungsangebote, gerade mehr Kommunikation, mehr Wissen, das kann alles nur die Akzeptanz und die wahre Freiheit und Gleichstellung aller Menschen, egal welchen Geschlechts, in Deutschland befördern. Deshalb hoffen wir als SPD, dass Sie sich unserer Meinung anschließen und diesem Antrag Ihre Zustimmung geben. Vielen herzlichen Dank.