Protokoll der Sitzung vom 09.06.2022

(Vizepräsidentin Marx)

Hatten alle Kolleginnen und Kollegen Gelegenheit zur Stimmabgabe? Ich höre und sehe keinen Widerspruch. Dann kann ich die Wahlhandlung schließen, was ich hiermit tue, und ich bitte die Wahlhelfenden um Auszählung der Stimmen.

Vereinbarungsgemäß rufe ich während der Auszählung den Tagesordnungspunkt 22

Fragestunde

auf. Herr Abgeordneter Schubert hat seine Mündliche Anfrage in der Drucksache 7/5540 in eine Kleine Anfrage umgewandelt. Das war die bisherige Ziffer 9 in unserer Liste. Dann rücken die nachfolgenden entsprechend um eine Stelle auf. Erster Fragesteller für die heutige Fragestunde ist Herr Abgeordneter Bilay in der Drucksache 7/5485. Bitte, Herr Kollege Bilay.

Überprüfung personenbezogener Daten beim Amt für Verfassungsschutz in Thüringen

Im Jahr 2019 kontrollierte die „Kommission zur Überprüfung der von dem Amt für Verfassungsschutz Thüringen gespeicherten Personendaten“ die rechtliche Zulässigkeit erhobener Daten, deren Speicherung und bislang nicht erfolgte Löschungen. Als Arbeitsgrundlage wurde ein vom Bundesamt für Verfassungsschutz zur Verfügung gestellter Datenklon mit Thüringer Daten zum Stichtag 8. März 2019 verwendet. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass 91 Datensätze zu Personen ohne erforderliche Grundlage gespeichert wurden. Proportional zur Anzahl der Datensätze in den Phänomenbereichen betrafen die meisten grundlosen Speicherungen den Bereich links – 30 Datensätze –, zu deren Löschung die Kommission aufforderte. Am 26. April 2022 veröffentlichte das Bundesverfassungsgericht eine Entscheidung auch zu den rechtlichen Grundlagen der Datenspeicherung im Bereich des Verfassungsschutzrechts.

Ich frage die Landesregierung:

1. Was waren die Gründe, weshalb in 30 Fällen bei Datensätzen im Bereich links von der Kommission die Löschung angeraten wurde – zum Beispiel Rechtswidrigkeit der Speicherung, Entfall der Erforderlichkeit im Rahmen der Aufgabenerfüllung und andere; bitte nach Häufigkeit darstellen –?

2. Wurden alle 30 Datensätze im Bereich links – wie von der Kommission empfohlen – gelöscht, wenn ja, wann und, wenn nein, in wie vielen Fällen wurde dies warum nicht umgesetzt?

3. Erfolgte in den genannten Fällen der 30 Datensätze im Bereich links eine Information an die Betroffenen und wenn nein, warum unterblieb diese?

4. Standen der Kommission auf Basis des Datenklons des Bundesamts für Verfassungsschutz vom März 2019 alle beim Amt für Verfassungsschutz in Thüringen in elektronischer und in Papierform gespeicherten personenbezogenen Daten im Bereich links für ihre Überprüfung zur Verfügung und wenn nein, welche Art von Daten war warum kein Bestandteil?

Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Inneres und Kommunales, Herr Staatssekretär Götze.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Bilay beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Zunächst die Antwort zu Frage 1: Die Erstspeicherungen wurden von der Kommission in allen Fällen als zunächst rechtmäßig bewertet. Jedoch wurde in allen Fällen die gesetzliche Speicherfrist überschritten. Gemäß § 15 Abs. 3 Satz 1 Thüringer Verfassungsschutzgesetz prüft das AfV spätestens fünf Jahre nach dem letzten Erkenntnisdatum, ob die Speicherungen zu löschen sind. Eine Speicherung bis zu zehn Jahre oder sogar 15 Jahre nach dem letzten Erkenntnisdatum ist lediglich unter den engen Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 Satz 2 Thüringer Verfassungsschutzgesetz zulässig. Die Kommission hat länger als fünf Jahre andauernde Speicherungen nur in den Fällen zugelassen, in denen Quantität und Qualität der Erkenntnisse dies rechtfertigen. Hinsichtlich der Qualität wurde eine länger als fünf Jahre andauernde Speicherung dann als verhältnismäßig angesehen, wenn mehrere Erkenntnisse für eine Speicherverlängerung vorlagen. War dies nicht der Fall, musste qualitativ eine schwerwiegende Straftat vorliegen, die zu einer Verurteilung führte, um die Speicherung als rechtmäßig zu bewerten. Von den 30 beanstandeten Fällen wurden in sieben Fällen durch das AfV Verlängerungen der Speicherungen vorgenommen, die aus Sicht der Kommission nicht gerechtfertigt waren. Aus diesem Grund wurde das vorherige Erkenntnisdatum für die Speicherungen betrachtet. Dies war in den sieben Fällen älter als fünf Jahre. Da in allen Fällen nur eine bzw. wenige Erkenntnisse vorlagen, sah die Kommission eine bis zu zehnjährige Speicherung nicht als verhältnismäßig

an, sodass die Löschung empfohlen wurde. In den übrigen 23 Fällen lag die Verlängerung der Speicherung länger als fünf Jahre zurück. Da auch bei diesen Speicherungen nur eine bzw. wenige Erkenntnisse vorlagen, wurde ebenfalls eine längere Speicherung als unverhältnismäßig betrachtet.

Antwort zu Frage 2: Alle nach den oben genannten Ausführungen festgelegten Datensätze wurden im Nachgang zur Prüfung gelöscht.

Antwort zu Frage 3: Nach § 15 Abs. 2 Thüringer Verfassungsschutzgesetz sind als unzulässig erkannte Speicherungen zu löschen. Eine Information der betroffenen Personen über die Löschung ist in diesem Zusammenhang gesetzlich nicht vorgesehen und auch nicht erfolgt.

Antwort zu Frage 4: Der Datenprüfungskommission standen im Rahmen ihrer Prüfung alle Daten des AfV zur Verfügung, welche im Landesdatenklon zu dem festgelegten Datum gespeichert waren.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Gibt es Nachfragen? Herr Bilay, bitte.

Ich darf die Auszählenden bitten, ihrem wichtigen Amt einen etwas leiseren Ton beizumessen.

Deswegen hätte ich jetzt zwei inhaltliche Nachfragen, wenn Frau Präsidentin es erlaubt, und eine akustische, da ich die Antwort nicht gehört habe.

Ja, die lasse ich zu.

Also, die akustische, was ich jetzt nicht gehört habe: Auf die Frage 2 war Ihre Antwort: Es wurden alle 30 Datensätze gelöscht?

Ja.

Okay. Dann hätte ich jetzt zwei Nachfragen: Sie haben geantwortet, dass die Betroffenen – also in Frage 3 – nicht unterrichtet wurden, weil es nicht vorgesehen ist. Trotzdem könnte man ja die Betroffenen unterrichten. Ist das im Ergebnis der heutigen Anfrage vielleicht trotzdem eine Überprüfung wert und könnte dann eine Unterrichtung erfolgen?

Die zweite inhaltliche Frage wäre: Im Vergleich zu Niedersachsen, wo es ja auch ähnliche Empfehlungen gegeben hat oder vergleichbare, mit einem höheren Fallaufkommen, wurde der Bericht der Kommission in Niedersachsen öffentlich gemacht, zumindest auf die Homepage gestellt. Ist so ein Öffentlichmachen in Thüringen vorgesehen und wie wird die Antwort begründet?

Also bislang ist eine Veröffentlichung nicht vorgesehen. Ich kann Ihnen aktuell nicht sagen, wie weit wir da in der Prüfung sind. Wir hatten das in einer Innenausschusssitzung damals, glaube ich, beraten. Ich würde Ihnen vorschlagen, dass ich in der nächsten Innenausschusssitzung den Innenausschuss zu dieser Problematik noch einmal informiere, weil mir der aktuelle Prüfstand jetzt nicht geläufig ist. Es kann sein, dass Fragen des Geheimschutzes einer Veröffentlichung entgegenstehen. Aber das möchte ich mit meinen Mitarbeitern vorher sorgfältig prüfen.

Die erste Frage, die muss ich mit Nein beantworten. Die Daten wurden vollständig gelöscht. Wir haben da auch keine Informationen mehr, um welche Datensätze es sich handelt.

Meine Frage war, ob die Betroffenen unterrichtet wurden. Da war die Aussage: Nein, weil es nicht vorgesehen ist. – Meine Frage war …

Genau, wir werden sie auch nicht informieren.

Für weitere Nachfragen erhält das Wort Frau Abgeordnete König-Preuss.

Danke schön, Frau Präsidentin. Herr Staatssekretär, wurde denn geprüft, ob und – wenn ja – wie viele von den 30, deren Datensätze gelöscht wurden, die unrechtmäßig gespeichert waren, vorab eine sogenannte Abfrage an den Verfassungsschutz gestellt hatten, ob zu ihnen Informationen gespeichert sind? Wenn ja: Wie wurde diese Anfragen beschieden?

Eine derartige Prüfung habe ich nicht in Erinnerung. Frau König-Preuss, ich würde diese Frage aber mit

(Staatssekretär Götze)

nehmen. Ich hatte Herrn Abgeordneten Bilay schon gesagt, dass ich zur Frage der Veröffentlichung des Gutachtens dem Innenausschuss berichten werde. Ich würde diese Frage selbstverständlich mitnehmen und, soweit es geht und uns Informationen dazu noch vorliegen, den Innenausschuss dazu informieren.

Zweite Nachfrage oder war es das?

Na ja, die Frage, die sich daraus dann ergibt, ist natürlich: Wenn das sozusagen gar nicht geprüft wurde, aber Personen sozusagen Akteneinsicht beantragt hatten, wie diese Personen dann jetzt überhaupt noch agieren können, da sie ja nicht informiert wurden – Daten wurden erfasst, die unrechtmäßig gespeichert wurden, also zumindest zu lange gespeichert wurden –, die aber jetzt überhaupt nicht mehr die Möglichkeit haben, Informationen zu bekommen, wenn diese Inhalte gelöscht wurden. Also, da ist natürlich die Frage, wenn das vorher nicht überprüft wurde, was da überhaupt jetzt noch möglich ist.

Wir bewegen uns da auf einem relativ abstrakten Niveau. Wir wissen nicht, ob konkrete Anfragen gestellt wurden. Ich, wie gesagt, will das gern noch einmal recherchieren lassen.

Zur Frage der Erstspeicherung hatte ich gesagt, dass die Kommission diese nicht beanstandet hat. Es ging wirklich nur um die Fristüberschreitung, aber die Speicherungen selbst, die Erstspeicherungen, wurden als rechtlich korrekt bewertet.

Wir kommen dann zur nächsten Frage. Fragesteller ist der Abgeordnete Reinhardt in der Drucksache 7/5490.

Vielen Dank, Frau Präsidentin.

Bezahlung von Kindertagespflegepersonen in Thüringen

Das Thüringer Kindergartengesetz bestimmt in § 23 lediglich jeweils eine Untergrenze für die Zahlung der Anerkennungsleistung. Der Betrag zur Anerkennung der Förderleistung nach § 23 Abs. 2 Nr. 2 in Verbindung mit Abs. 2a Achtes Buch Sozialgesetzbuch – SGB VIII –, an der sich die Stadt Ge

ra bei der Bezahlung von Kindertagespflegepersonen orientiert, darf bei einer Ganztagsbetreuung 404 Euro je Kind und Monat im Jahresmittel nicht unterschreiten. Nach § 23 Abs. 2 ThürKigaG prüft zudem das für die Kindertageseinrichtungen und die Kindertagespflege zuständige Ministerium regelmäßig, mindestens aber alle zwei Jahre, die Kostenentwicklung im Bereich der Kindertagespflege und teilt das Ergebnis der Prüfung dem Thüringer Landtag mit.

Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg stellte nun in seinem Urteil vom 9. November 2021 fest, dass die Anerkennungsbeiträge das eigentliche Einkommen bilden.

Herr Kollege, es ist schön, dass Sie Zeit einsparen wollen, aber wir haben auch eine Besuchergruppe hier und die würde vielleicht sogar ganz gern hören und verstehen, warum Sie die nachfolgenden Fragen stellen.

Sehr gern. Ich dachte, ich spare uns nur Zeit, weil die Anfrage so lang ist. Aber ich kann das auch verständlich vorlesen.

Außerdem bezieht es eindeutig Position zur Höhe dieser Leistungen. Beiträge für die Kindertagespflegepersonen mit und ohne pädagogische Ausbildung dürfen nicht erheblich unter der tariflichen Vergütung des entsprechenden Personals in einer öffentlichen Kindertagesstätte liegen, sonst sind sie nicht leistungsgerecht. Weiterhin weist das Gericht in diesem Zusammenhang darauf hin, dass das, wenn die tarifliche Vergütung erheblich unter der des Personals in einer öffentlichen Kita liegt, nicht mit der Zielsetzung des Bundesgesetzgebers im Einklang steht, die Kindertagespflege mittelfristig als gleichrangiges, alternatives Förderangebot neben den Tageseinrichtungen zu profilieren.

Ich frage die Landesregierung: