Konkret dargestellt, Sie wollen im § 12 Abs. 3 – den kennen wir alle, ich wiederhole noch mal die Formulierung – einfügen: „Auf eigenes Verlangen sind Arbeitnehmer in Verkaufsstellen an bis zu zwei Samstagen pro Kalendermonat freizustellen.“ Noch mal: „auf eigenes Verlangen […] freizustellen“. – Wer so eine Formulierung verwendet – und auch das haben wir in der letzten Debatte schon gehabt –, hat wirklich überhaupt keine Ahnung davon, wie es abhängig Beschäftigten in ihrem Arbeitsverhältnis geht. Auf eigenen Wunsch freizustellen, das ist wirklich eine ganz andere Realität und die hat nichts mit der Lebensrealität von abhängig Beschäftigten im Einzelhandel zu tun. Es geht letztendlich darum, die Gewinne auf Kosten der Beschäftigten auszuüben, denn das Thüringer Ladenöffnungsgesetz ist zum Schutz der Beschäftigten da und wir sind es ihnen schuldig, sie erneut vor solch platten Angriffen zu verteidigen. Denn die Beschäftigten haben nur durch dieses Gesetz die Gelegenheit, überhaupt ihre dringend benötigte Erholung am Wochenende zu verbringen, ihr Privatleben zu verbringen, Familienzeit einzuräumen. Eine erneute Änderung des Ladenöffnungsgesetzes würde den Verlust dieser wichtigen Regenerationszeit bedeuten.
Es gibt aus Sicht von Rot-Rot-Grün – ich glaube, das ist uns allen im Raum sehr deutlich – keinen Grund, das Ladenöffnungsgesetz jetzt erneut anzufassen, gerade in Zeiten des Fachkräftemangels. Auch da hat die FDP eine ganz eigene Wahrnehmung, weil sie nicht versteht, dass dieses Gesetz auch einen Standortvorteil für Thüringen darstellt. Diesen Standortvorteil wollen Sie aushöhlen, denn wenn wir Beschäftigten zeigen – und das tun wir mit diesem konkreten Gesetz –, dass für uns die Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und von Familie, von Care-Arbeit Leitlinie unserer Politik ist, dann verstehen Sie nicht, womit man Personen nach Thüringen und genau in diesen Arbeitsbereich lockt, nämlich nur damit, dass wir attraktive Arbeits- und Beschäftigungsverhältnisse anbieten. Deswegen werden wir den Gesetzentwurf ablehnen und – ich betone es noch mal – noch mehr als diese konkrete Formulierung lehnen wir diese billige Stimmungsmache auf dem Rücken der Thüringer Beschäftigten im Einzelhandel ab. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, mit dem Gesetzentwurf beabsichtigt die Parlamentarische Gruppe der FDP, eines der zahlreichen Probleme, die der stationäre Einzelhandel seit Jahren hat, wenigstens ein wenig zu entschärfen. Personalmangel, ein geändertes Einkaufsverhalten durch den Onlinehandel, hohe Steuern und Abgaben, zeitaufreibende Bürokratie und nicht zuletzt auch und vor allem die mit Corona begründeten Geschäftsschließungen und Hygieneauflagen haben Teilen der Branche in existenzbedrohender Weise zugesetzt und tun es noch immer. Nun soll es den Unternehmern ermöglicht werden, ihr Personal im Hinblick auf die Samstage flexibler einzusetzen, wobei durch den Passus der Freiwilligkeit den Angestellten das letzte Wort zugesprochen werden soll.
Grundsätzlich ist alles als gut zu bewerten, was dem stationären Einzelhandel Handlungsspielraum und Entlastung bringt.
Doch bleibt zu befürchten, dass das mit der Freiwilligkeit in der Praxis nicht funktionieren wird, weil besonders die Großen der Branche Möglichkeiten finden könnten, Druck auf ihre Angestellten auszuüben. Es gilt daher, falls die Gesetzesänderung beschlossen werden sollte, zu überprüfen, ob die Lockerung der Regelung zur Samstagsarbeit zu einer Schlechterstellung von Arbeitnehmern führt.
Angesichts des Fachkräftemangels scheint es jedoch unwahrscheinlich, dass dies der Fall sein wird, denn die Unternehmen konkurrieren sehr stark um die Arbeitskräfte und haben ein Eigeninteresse, gute und faire Arbeitsbedingungen zu bieten. Solange hier ein Verhältnis auf Augenhöhe besteht, kann ein Mehr an Flexibilität auch den Angestellten zugutekommen, wenn sie dadurch mehr Spielraum bei der Disponierung ihrer Arbeitszeit erhalten.
Ich sehe den Gesetzentwurf aber auch vor einem größeren Hintergrund. Wenn bei dem Thema „stationärer Einzelhandel“ nichts Grundlegendes passiert, und zwar schnell, wird sich die Frage der samstäglichen Arbeitszeit für viele bald gar nicht mehr stellen, denn eines scheint klar zu sein: Das Geschäftsmodell, industriell gefertigte Massenware in gemieteten Geschäftsräumen mit angestelltem Personal an den Endverbraucher zu verkaufen, ist ein Auslaufmodell. Dem Vorteil und der Bequemlichkeit des Onlinehandels haben solche Unternehmen auf Dauer wenig entgegenzusetzen.
Es handelt sich hier jedoch nicht nur um den evolutionären Niedergang einer x-beliebigen Branche, die lediglich durch eine neue ersetzt wird, es geht auch um den Niedergang eines Teils unserer Kultur. Es geht um die Frage, wie unsere Innenstädte in Zukunft aussehen werden. Das Zentrum einer Stadt ist schließlich mehr als ein geografischer Bereich.
Es ist der Ort, an dem sich die Bewohner treffen, wo das kulturelle und soziale Leben stattfindet, und dazu braucht es den stationären Einzelhandel.
Kein Einzelhandel bedeutet keine Menschen, keine Menschen bedeuten keine Kultur. Ihr Gesetzentwurf ist vor dem Hintergrund all der Schwierigkeiten und Probleme, mit denen sich die Geschäftsinhaber und ihre Angestellten heute konfrontiert sehen, natürlich kaum mehr als ein Heftpflaster auf einer Hand eines Schwerkranken, doch geht er, wie ich finde, im Grundsatz in die richtige Richtung und kann den Startschuss für weiterführende Maßnahmen im Umgang mit diesem gravierenden Strukturwandel geben. Deswegen stimmen wir als AfD der Überweisung Ihres Entwurfs an den Ausschuss zu. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Kollegen und Kollegin der FDP-Gruppe, auch ich muss leider sagen: Ich sehe keine Veranlassung, das Ladenöffnungsgesetz zu ändern. Meine Kollegin hat es schon erwähnt, wir haben dieses Thema, glaube ich, gefühlt in dieser Legislatur schon hoch- und runterdiskutiert. Wir hatten eine
ausgiebige Anhörung, wir hatten es im Plenum, wir haben es auch geändert. Wir hatten 37 Anzuhörende, davon haben 23 eine Stellungnahme abgegeben und die überwiegende Mehrheit sprach sich gegen eine Ausweitung der Samstagsarbeitszeit aus. Auf diesen Aspekt zielen Sie mit Ihrem Gesetzentwurf ab. Im Entwurf der CDU ging es auch schon um die Aufweichung des Rechts auf arbeitsfreie Samstage. Das wurde in den meisten Stellungnahmen mit guten und begreifbaren Argumenten deutlich abgeschmettert.
Jetzt kommen Sie mit Ihrem nächsten Änderungsvorschlag unter dem Deckmäntelchen einer vermeintlichen Mitbestimmung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, denn nun sollen diese an bis zu zwei Samstagen auf eigenes Verlangen freizustellen sein. Bei der Häufigkeit der Arbeitseinsätze an Werktagen ab 20.00 Uhr sowie der Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen soll der Arbeitgeber künftig die sozialen Belange der Beschäftigten berücksichtigen, insbesondere die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das ist doch jetzt wirklich nicht Ihr Ernst?
formuliert mit der Regelung auf monatlich zwei freie Samstage und die Festlegung zu verkaufsoffenen Sonntagen grundsätzliche Rechte für Beschäftigte. Damit schützt es die im Einzelhandel angestellten Menschen und dient der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Ziehen wir ruhig in Betracht, dass viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Einzelhandel den Beruf gewählt haben, weil es diese Regelung gibt. Vonseiten der Geschäftsleute ist eine Flexibilisierung sicher zu begrüßen, aber nicht aus Sicht derer, deren Arbeitszeiten sich durch mehr Wochenendarbeit verschieben und aufblähen und so schwer mit eigenen Bedürfnissen, denen der Familie und Angehörigen übereingehen.
Aus meiner Sicht brauchen wir diese Initiative einer Arbeitszeitaufweichung nicht, zumal eigentlich so ziemlich alles fehlt, was einen guten Vorschlag ausmacht.
handeln und es gibt auch darüber hinaus keinen zureichenden Grund, den Vorschlag weiter zu behandeln. Deshalb lehnen wir Ihren Gesetzentwurf ab.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren und vor allem interessierte Öffentlichkeit an den Argumentationen, die sich hier wiederholen. Frau Pfefferlein, Sie haben alles erklärt, nur nicht das, um was es geht.
Situation im Einzelhandel: Sie haben hohe Einbußen durch die Coronapandemie, das habe ich schon ausgeführt. Erst Totalschließung, dann die Zugangsbeschränkungen, 2G, Click & Collect, große Probleme. Onlinehandel boomt, auch hier wird vieles weggenommen. Und Personalmangel herrscht auch, weil – wie Sie gerade zitieren – die im Einzelhandel gar nicht arbeiten können, die haben ihr Heil gesucht und sind in andere Berufe gewechselt, zum Beispiel in die Gastronomie, wo sie samstags arbeiten dürfen. Denn es gibt Studenten, die können nur samstags arbeiten, weil sie unter der Woche damit befasst sind, ihr Studium zu gestalten. Es gibt Leute, die Samstag arbeiten wollen und müssen, und das ist in anderen Berufen möglich und im Einzelhandel nicht. Das ist eher ein Wettbewerbsnachteil.
Onlinehandel habe ich gesagt. Es geht um Wettbewerbsgleichheit mit Onlinehandel und anderen Anbietern und das sollte unser Ziel sein neben den lebenswerten Innenstädten, die wir auch hier einfach mal riskieren, indem wir da an Althergebrachtem festhalten, was übrigens eine Thüringer Besonderheit ist.
Diese Gesetzesregelung gibt es nur in Thüringen. Ich will noch mal ein paar Argumente bringen, warum ich diese Gesetzesgestaltung für falsch halte. Es gibt ein Recht auf Ausübung des Berufs, Artikel 12 Grundgesetz. Das wird hier missachtet, denn es gehört auch dazu, den Beruf dann auszuüben, wenn das in die eigene Lebensplanung passt und – ich wiederhole das gerne – das kann auch mal samstags sein. Es gibt eine große Gruppe von Menschen im Einzelhandel, die bedauert, samstags nicht mehr arbeiten zu können, denn das ist auch
ein sehr provisionsträchtiger Tag, insbesondere im Möbeleinzelhandel – wir erinnern uns noch an die Klagen, die größere Möbeleinzelhändler geführt haben. Mein Lieblingskommunist Herr Schubert hat es ja wieder gebrüllt.
Wenn wir sagen, der Arbeitnehmer kann freiwillig am Samstag arbeiten, dann ist das heute auch Realität. Wir haben hohe Ausfälle, wir haben den Fachkräftemangel und jeder Arbeitgeber wird sich sehr wohl überlegen, ob man jemanden zur Arbeit zwingt – ob samstags oder zu einer anderen Wochenarbeitszeit, die ihm nicht genehm ist. Denn der Arbeitnehmer hat in diesen Tagen ganz entspannt die Möglichkeit, dann den Arbeitgeber zu wechseln. Und wenn Sie immer sagen, okay, wir denken an die großen Konzerne des Einzelhandels, ich will jetzt schleichwerbend keine Namen nennen: Dann gehen Sie doch hin und nutzen Sie Ihren gewerkschaftlichen Einfluss und machen Sie mit denen Tarifverträge, die genau das vorschreiben. Aber ich kenne auch kleinste Einzelhandelsgeschäfte in Arnstadt, in Rudolstadt, wo das eben nicht der Fall ist und wo die händeringend darauf angewiesen sind, auch mal in Vertretung der eigenen Arbeitskraft – denn es gilt ja nicht für die Inhaber dieser Verkaufsstellen, die wir gerade beschreiben –, auch unter Erhaltung der eigenen Arbeitskraft und Fähigkeit mal zu sagen: Ich lasse mich mal an den Samstagen vertreten von jemandem, der die Möglichkeit hat, samstags zu arbeiten und vielleicht nur am Samstag zu arbeiten.
Um dem Ganzen etwas die Schärfe zu nehmen, haben wir gesagt: Wir wollen nicht die totale Freiheit, sondern wir wollen das gern mal ausprobieren. Wir werden vorschlagen, dies als Versuch zu befristen und dann bis zum 31.12. des Jahres 2023 die Rückkopplung der Anzuhörenden zu erhalten. Bis wir das Ganze in Gesetzeskraft gegossen hätten, geht das vielleicht anderthalb Jahre, zweimal das Weihnachtsgeschäft, und dann hätten wir auch einen guten Erfahrungsschatz, mit dem wir dann arbeiten können. Wir schlagen auch nichts Unlauteres vor, sondern sagen: Okay, die Grundsätzlichkeit der zwei freien Samstage ist beizubehalten, auf eigenen Antrag und auf eigenes Verlangen kann der Arbeitnehmer sagen, ich möchte mehr arbeiten. Er muss sich also nicht entschuldigen, dass er nicht
arbeiten will, sondern er sagt ausdrücklich: Chef, Chefin, ich bin bereit, mehr zu arbeiten. Ich sehe, es ist ein Engpass da, ich sehe, ich will selbst mehr Geld verdienen, Provision erhalten. All das sind doch keine unlauteren Motive, die dazu führen, dass jemand sagt, ich möchte den Samstag arbeiten.
Insofern verstehe ich da Ihre Sorge vor der Ausbeutung nicht. Ich denke, ganz im Gegenteil, es ist ein gutes Zeichen für diejenigen, die sich auch in diesen schweren Zeiten etwas dazuverdienen wollen und nicht darauf angewiesen sind, dass wir teilweise auch sehr unsinnige Entlastungspakete beschließen mit 300 Euro rein, raus, am Ende bleibt die Hälfte übrig. Das war übrigens Herr Heil, SPDArbeitsminister. Und er hat noch ganz andere tolle Ideen mit Klimageld und solchen Geschichten.