Insofern verstehe ich da Ihre Sorge vor der Ausbeutung nicht. Ich denke, ganz im Gegenteil, es ist ein gutes Zeichen für diejenigen, die sich auch in diesen schweren Zeiten etwas dazuverdienen wollen und nicht darauf angewiesen sind, dass wir teilweise auch sehr unsinnige Entlastungspakete beschließen mit 300 Euro rein, raus, am Ende bleibt die Hälfte übrig. Das war übrigens Herr Heil, SPDArbeitsminister. Und er hat noch ganz andere tolle Ideen mit Klimageld und solchen Geschichten.
Ich denke, uns sind die Menschen wichtig, die aus eigener Kraft sagen, wir stemmen das, und deshalb auch Freiheit, am Samstag zu arbeiten. Herzlichen Dank.
Als Nächste erhält Abgeordnete Lehmann für die SPD-Fraktion das Wort. Und ich bitte noch mal um etwas Ruhe.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, wer kennt sie nicht, die Gastronomen, die uns zurzeit erzählen, dass ihnen die Kolleginnen und Kollegen aus dem Einzelhandel die Türen einrennen und gar nicht mehr wissen, wohin mit den ganzen Beschäftigten, die jetzt bei ihnen arbeiten wollen.
Das ist genau das, was uns die DEHOGA gerade sagt. Und das, was die anderen Kolleginnen und Kollegen hier im Haus vielleicht nicht gehört haben: Auf meine Frage, wer das eigentlich ist, wer unbedingt und ausschließlich am Samstag arbeiten will, ist die Antwort vom Kollegen Montag: die Alleinerziehenden.
Und da sage ich: Genau, wer kennt sie nicht, die Alleinerziehenden, die am Samstag arbeiten wollen, wo es keine Kinderbetreuungsmöglichkeiten gibt. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, ich frage mich wirklich: In welcher Welt leben Sie eigentlich?
Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Ich kann die Diskussion um das Ladenöffnungsgesetz, so wie sie hier jetzt quasi quartalsweise von einigen Fraktionen aufgerufen wird, nicht mehr ertragen. Und ich muss Ihnen sagen, dass mir die Diskussion auch in weiten Teilen inzwischen unangenehm ist wegen der Äußerungen von Herrn Kemmerich, der ganz zu Beginn dieser Debatte sagt, dass wir dieses Gesetz quasi zum Ladenschluss noch aufrufen, und damit völlig ignoriert, dass es in Thüringen gar keinen Ladenschluss mehr gibt, sondern der Einzelhandel im Moment rund um die Uhr geöffnet haben kann. Das zeigt wirklich, wie wenig Ahnung Sie von dem Bestand haben, über den wir hier gerade reden.
Und so ist es so, dass wir dieses Mal – und es ist ja, wie gesagt, nicht das erste Mal in dieser Legislatur, sondern das dritte, vierte oder fünfte Mal allein in dieser Legislatur, und so lange ist die noch gar nicht – darüber sprechen, das Ladenöffnungsgesetz auf Vorschlag verschiedener Fraktionen zu deregulieren. So ist es auch heute wieder, dass die FDP vorschlägt, dass wir den Kolleginnen und Kollegen die zwei freien Samstage nehmen, die wir als einziges Bundesland – und ich würde sagen, das ist ein gutes Zeichen, dass wir als einziges Bundesland, es ist traurig, dass die anderen Bundesländer das nicht nachmachen. Ich bin sehr stolz darauf, dass wir diese Regelung in unserem Ladenöffnungsgesetz haben. Das ist eher ein Alleinstellungsmerkmal, es ist was, was für uns spricht. Auch wenn die FDP – und das ist ja deutlich geworden – was anderes sagt. Sie sagen, wir wollen es gar nicht abschaffen. Ich bin der Meinung, es ist de
facto eine Abschaffung. Sie sagen, Sie wollen es nicht abschaffen, sondern Sie sagen: Wenn die Kolleginnen das wollen, dann sollen die am Samstag arbeiten dürfen, und Sie sagen, das ist eine Kleinigkeit. Ich sage, das ist keine Kleinigkeit, sondern das zeigt, wie wenig Ahnung Sie von den Arbeitsbedingungen im Einzelhandel haben. Das zeigt, wie wenig Ahnung Sie davon haben, wie groß der Druck im Einzelhandel nach wie vor ist, und dass Sie nicht wissen, dass, wenn ihr Arbeitgeber und ihr Chef sie anruft und fragt, kannst du morgen kommen?, die Kollegin nicht sagen würde, nein, ich kann nicht, weil ich keine Kinderbetreuung habe, sondern dass sie trotzdem kommt, weil sie vielleicht nicht entlassen wird, aber dann bei der nächsten Schichtplanung einen Schichtplan hat, der ihr so wenig entgegenkommt, dass sie spätestens beim nächsten Mal sagt, gut, dann sage ich zu. Das ist die Realität im Einzelhandel in Thüringen.
Das wird auch dann nicht besser – und das hat Kollegin Pfefferlein schon angesprochen –, wenn Sie sagen, dass die persönlichen Belange von Familien berücksichtigt werden, insbesondere, wenn die Arbeitszeit über 20.00 Uhr hinausgeht. Einige Kollegen von Ihnen haben auch Kinder, ich weiß nicht, wann Ihr Kindergarten schließt. Die allermeisten Kindergärten in Thüringen haben spätestens 17.00 Uhr zu, das heißt, schon 20.00 Uhr ist für Eltern so eine massive Herausforderung, bis 20.00 Uhr arbeiten zu müssen, schon das setzt so eine große Koordination voraus, da sage ich Ihnen: Ich halte das für zynisch, was Sie in diesem Gesetzentwurf vorgeschlagen haben.
Ich sehe das genau wie die Kollegin Güngör, die hat das schon angesprochen: Das, was Sie mit solchen Initiativen machen, ist vor allem eines: Sie schüren Unsicherheit, Sie zeigen, dass die Kolleginnen und Kollegen keine Sicherheit verdient haben, was ihre Arbeitsbedingungen angeht, sondern dass die sich permanent Sorgen machen müssen, dass sich ihre Arbeitsbedingungen noch weiter verschlechtern.
Ich will Ihnen auch sagen, was mich besonders ärgert: Sie sagen dann, wir lösen damit die Probleme des Einzelhandels in den Innenstädten. Ich sage Ihnen: Die Konkurrenz zum Onlinehandel werden wir in den Innenstädten sowieso kaum gewinnen können, erst recht nicht mit einem Thüringer Ladenöffnungsgesetz. Aber wenn ich mir die Situation in den Thüringer Innenstädten ansehe – und
so viele sind es ja gar nicht mehr, in denen wir flächendeckend viel Einzelhandel haben –, dann sehe ich dort die Konkurrenz der großen Ketten, die durch einen hohen Personalbestand eine hohe Flexibilität haben, lange öffnen zu können, und dann sehe ich den kleinen inhabergeführten Einzelhandel. Das sind die Konkurrenten. Der kleine inhabergeführte Einzelhandel kann die Möglichkeiten des Ladenöffnungsgesetzes nicht ausnutzen. Der kann auch nicht bis 20.00 Uhr offen haben wie zum Beispiel der große Elektrofachmarkt, sondern das ist die Konkurrenz, bei der wir die Chance haben, die auszuhebeln, indem wir sagen, wir verkürzen die Arbeitsbedingungen. Das bedeutet nicht nur, dass wir quasi Konkurrenz nehmen, sondern das bedeutet auch, dass wir die Arbeitsbedingungen der Kolleginnen und Kollegen ganz konkret verschlechtern würden. Denn ich sage Ihnen auch eines: Der Mechanismus, zu sagen, wir haben Fachkräftemangel, also verschlechtern wir die Arbeitsbedingungen und hoffen dann, dass wir danach mehr Arbeit für Menschen haben, die sich für eine Perspektive im Einzelhandel entscheiden, wird nicht funktionieren.
Ich glaube deswegen, wenn man das machen will, dann wird eine Änderung des Ladenöffnungsgesetzes ganz anders aussehen. Dann wird man Öffnungszeiten wieder reduzieren müssen, und zwar sowohl im Sinne der Konkurrenzreduzierung als auch im Sinne der Arbeitsbedingungen. Deswegen werden wir nicht nur diesen Gesetzentwurf, sondern auch die Ausschussüberweisung ablehnen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Liebe Frau Lehmann, so weit weg von mir sitzen Sie gar nicht, aber vielleicht haben Sie es nicht richtig verstanden, deswegen möchte ich noch einmal nachfragen. Haben Sie meine Wortmeldung so verstanden, dass exakt in meinem Umfeld genau dieser Fall auftritt, weil eine Alleinerziehende die Möglichkeit hat und sich auch so eingerichtet hat, sich selbst so organisiert hat, am Wochenende durch Absicherung durch Großelternbetreuung genau in dem bekannten Einzelhandel im Bereich Möbel arbeiten zu wollen, und dass in meinem Umfeld genauso Studentinnen und Studenten gerade in der Woche arbeiten wollen? Würden Sie mir zugeste
Ich gestehe Ihnen das als anekdotische Evidenz zu, Herr Montag. Ich möchte Ihnen aber auch zugestehen, dass Sie vielleicht mal die Stellungnahmen zur letzten Anhörung lesen. Da werden Sie merken, dass die Verbände, die ganz viele Kolleginnen und Kollegen vertreten, das schlicht und ergreifend anders sehen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Zuschauer, nachdem wir eben wieder eine aufgeregte Rede von Frau Lehmann gehört haben, so wie wir sie kennen, möchte ich die Sache ein Stück weit nüchterner angehen und ganz realistisch betrachten. Die FDP widmet sich in ihrem Gesetzentwurf der Frage der Samstagsarbeit. Das Ladenöffnungsgesetz wurde hier im Haus in dieser Legislatur bereits heftig diskutiert. Basis war damals ein Gesetzentwurf von uns als CDU, der sich vor allem mit der Entbürokratisierung der verkaufsoffenen Sonntage befasst hat. Auch das Thema „Samstagarbeit“ wurde dabei aufgegriffen. Es kam dann zur Anpassung des Gesetzes, aber nur im Hinblick auf die Sonntage.
Sehr geehrte Damen und Herren, erschreckend ist jedoch die Umsetzung durch die zuständigen Landesbehörden. Ohne darauf jetzt viel eingehen zu wollen, gestatten Sie mir den Hinweis: Dass die Exekutive nach Beschluss der Gesetzesänderung Anstalten macht, die neuen Regelungen einfach zu ignorieren, halten wir geradezu für skandalös.
Aber zurück zum Thema „Samstagsarbeit“: Dass wir vor Kurzem ebenfalls einen Entwurf zur Änderung der Regel bezüglich der Samstage im Plenum vorliegen hatten, zeigt, dass auch wir Änderungsbedarf sehen und dass dieser natürlich auch besteht. Insofern stehen wir der Initiative der FDP ganz grundsätzlich offen gegenüber. Schaut man allerdings genauer hin, so ergeben sich zwischen unserem damaligen Ansatz und dem Ansatz der FDP doch sehr deutliche Unterschiede.
vor, dass die Beschäftigten auf eigenen Wunsch einen weiteren Samstag arbeiten dürfen. In unserem Konzept waren die zwei freien Samstage die Basisvariante und die Reduzierung auf einen Tag die Ausnahme, und das nur auf Antrag durch den Beschäftigten.
In dem Entwurf der FDP ist die Logik genau umgedreht. Sie wollen formulieren: „Auf eigenes Verlangen sind Arbeitnehmer in Verkaufsstellen an bis zu zwei Samstagen pro Kalendermonat freizustellen.“ Das heißt, dass kein freier Samstag die Basisvariante ist und freie Tage die Ausnahme sind, und das nur auf Antrag. Oder kurz gesagt: Wir wollten, dass man zusätzliche Arbeitstage beantragen kann, während die FDP will, dass man die freien Tage beantragen muss. Das ist eine komplette Umkehrung. Ich denke, niemand kann bestreiten, dass unsere Ansätze sich somit grundlegend unterscheiden und die Logik, die wir haben, eigentlich damit verkehrt wird. Wir halten diese Logik auch nicht für sinnvoll.
Um es klar auch in die Richtung von Rot-Rot-Grün zu sagen: Diese Einschätzung, dass es keine Ausnahmen geben darf, weil es sonst zur Ausbeutung der Mitarbeiter kommen würde, halten wir für eine völlig falsche Einschätzung. Das hat vielleicht zu Zeiten gegolten, als wir hohe Arbeitslosigkeit hatten. Aber in Zeiten des Fachkräftemangels ist die Lage eine andere. Kein Arbeitgeber wird seine Arbeitnehmer zwingen, einen Antrag auf zusätzliche Arbeit zu stellen, denn wenn er dies tut, muss er damit rechnen, dass die Mitarbeiter dann relativ schnell bei der Konkurrenz arbeiten werden. Ob die Mitarbeiter aber einen Antrag auf Arbeit oder einen Antrag auf freie Tage stellen müssen, macht schon einen gewaltigen Unterschied. Die Hemmschwelle, die potenziell zwei freien Tage aktiv in Anspruch zu nehmen, ist eine ganz andere, als wenn die Mitarbeiter diesen Tag passiv erhalten und sozusagen aktiv wieder abgeben können.
Liebe Kollegen von der FDP, so leid es mir tut: Die Art, wie Sie das Problem angehen, ist so drastisch, Sie würden über Nacht das ganze System auf den Kopf stellen und erstmals für alle Arbeitnehmer die bisher garantierten Tage streichen, denn dann müssen alle, die an diesen Tagen weiterhin nicht arbeiten wollen, Anträge stellen. Das wäre ein ziemliches Chaos und für jeden der Betroffenen, der das nicht tut, sind die freien Tage erst mal weg. Es könnte durchaus passieren, dass mancher das gar nicht mitbekommt und dann gerade auf diese Tage verzichten müsste, die ihm nach jetzigem Recht zustehen.
Zusammenfassend sehen wir nach wie vor Reformbedarf auch bei den Samstagen, allerdings nicht wie hier vorgeschlagen, weil das unsere Intention
Vielen Dank. Jetzt hat sich Abgeordneter Schubert für die Fraktion Die Linke zu Wort gemeldet. Sie haben noch 6 Minuten.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, ich bin bei 100 Prozent und würde auch die 6 Minuten dafür gern noch nutzen wollen.