dann hätten wir vielleicht auch mehr Zeit für andere Dinge gehabt. Immerhin haben Sie ja in Ihrem diesjährigen Bericht im Vergleich zu früheren weniger aus dem eigentlichen Verfassungsschutzbericht reproduziert – das ist ja schon mal ein Vorteil – und Sie haben diesmal auch nicht so stark die Zahlen – insbesondere zur PMK, also Politisch motivierte Kriminalitätsstatistik – noch mal wiedergegeben. Das sind ja ohnehin Zahlen, die auch der Verfassungsschutz regelmäßig nur vom Landeskriminalamt ab
schreibt. Was Sie allerdings hätten deutlicher machen können, wenn Sie schon seitenweise aus Pressemitteilungen des Generalbundesanwalts vortragen, dann hätten Sie das also auch als Zitierhinweise kenntlich machen sollen. Es sitzen ja auch Studierende auf der Besuchertribüne, das lernt man im ersten Semester eines jeden Studiums, wie man ordentlich wissenschaftlich zitiert.
Was bei uns – das will ich der Ehrlichkeit halber auch mit vorausschicken – immer wieder auf Skepsis stößt, ist – das haben Sie an mehreren Stellen gesagt –, dass die Landesregierung die Kommission über die aus ihrer Sicht – aus Sicht der Landesregierung, des Verfassungsschutzes – relevanten Vorgänge unterrichtet hat. Das genügt uns ausdrücklich nicht, wenn der Verfassungsschutz unterrichtet, was aus Sicht des Verfassungsschutzes relevant für die Kommission ist, sondern wir würden uns wünschen, dass auch die Kommission ihre Rechte stärker einsetzt und wahrnimmt. Sie haben darauf hingewiesen, dass nach der Gesetzeslage die Kommission beispielsweise ein Akteneinsichtsrecht, auch die Kontrollmöglichkeit in Räumlichkeiten des Verfassungsschutzes hat. Sie haben im Bericht zwar erwähnt, dass davon nicht Gebrauch gemacht wurde, aber aus unserer Sicht wäre es gut, wenn auch deutlich dargelegt würde, warum man darauf verzichtet hat. Allein zu glauben, dass der Verfassungsschutz gut und richtig arbeitet, lässt uns mit einer gewissen Skepsis zurück.
Allerdings, was transparent geworden ist oder was in früheren Berichten deutlich hervorgehoben wurde – darauf sind Sie auch eingegangen –, sind bestimmte Maßnahmen nach dem G10-Gesetz, also Überwachung von Telekommunikation. Da haben Sie auch darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit oder das Rechtsinstrument besteht zu informieren, aber im Bericht enthalten war dieses Mal im Vergleich zu früheren Berichten keine einzige G10Maßnahme. Es ist jetzt nicht davon auszugehen, dass in den letzten zwei Jahren keine Maßnahmen stattgefunden haben. Von daher steht schon die Frage: Warum findet das dieses Mal im Bericht keine Erwähnung, obwohl es in früheren Berichten zumindest angerissen wurde? Da reicht es uns als Linke nicht, wenn einfach nur die Rechtslage wiedergegeben wird, dass eine Information hätte gegeben werden können, dann sollte auch transparent in der Öffentlichkeit in diesen jährlichen Berichten – oder in den zweijährlichen Berichten – darüber informiert werden, warum gegebenenfalls auf bestimmte Maßnahmen verzichtet wurde.
zureichend ist, dass der Verfassungsschutz – er hat ja die Möglichkeit, Betroffene von nachrichtendienstlichen Maßnahmen bis zu sechs Monate oder darüber hinaus nicht zu informieren, muss dann die Kommission quasi um Erlaubnis bitten, dass dieses Unterbleiben des Informierens der Betroffenen verlängert wird. Sie haben auch darauf hingewiesen, dass es mehrfach der Fall gewesen ist, dass die Begründung nicht ausreichend und schlüssig gewesen ist. Auch das war in früheren Jahren schon der Fall. Da weiß ich nicht, wie die Kommission dieses Problem abstellen will. Ich weiß nicht, warum der Verfassungsschutz das immer noch nicht hinbekommt. Entweder hofft man darauf, dass die Kommission das nicht mitkriegt oder es ist ein Systemfehler. Wenn es ein Systemfehler ist, dann darf die Kommission nicht nur darum bitten, dass dieses Problem künftig abgestellt wird, sondern sie muss mit Nachdruck darauf dringen, dass das Problem endlich beendet wird.
Wenn Sie schon darauf hingewiesen haben, dass in diesem Jahr das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe das Bayerische Verfassungsschutzgesetz oder Teile davon für rechtswidrig erklärt hat, dann ist es zwar richtig, zu sagen, es betrifft die bayerische Landesregelung, aber es ist schon die Frage, welche Auswirkungen – und das hatten wir auch schon hier in diesem Plenarsaal, das hatten wir aber auch schon im Innenausschuss diskutiert; auch da ist die Debatte noch nicht abgeschlossen, weil das Ministerium noch prüft –, aus unserer Sicht zu kurz gesprungen, wenn gesagt wird, es ist grundsätzlich nicht auf Thüringen übertragbar, aber man muss mal schauen, welche Folgewirkungen das hat. Da gibt es einen konkreten Anhaltspunkt. Wir wissen das aus einer Anfrage der Linken, also meines Kollegen Dittes, dass allein im Jahr 2019 über 2.500 sogenannte stille SMS an zwei Personen in Thüringen verschickt wurden, womit man natürlich auch Bewegungsprofile generieren kann. Nun hat das Verfassungsgericht in Karlsruhe gesagt, dass der Einsatz der „stillen SMS“ zur Ortung von Personen, zur Erstellung von Bewegungsprofilen ausdrücklich rechtswidrig/verfassungswidrig ist. Wenn das in Thüringen trotzdem stattgefunden hat, muss man eben schon deutlicher machen, welche Konsequenzen das Urteil aus Karlsruhe für Thüringen hat. Da reicht es aus unserer Sicht nicht, wenn Sie dann sagen: Sie begleiten die Arbeit der Landesregierung oder des Verfassungsschutzes in der Bund-Länder-Kommission. „Begleiten“ ist aus unserer Sicht zu kurz. Sie müssen tatsächlich eigene Akzente setzen. Und da wünschen wir uns mehr Arbeit von der Kommission.
Herr Walk, ein erhebliches Problem, und das haben wir nicht nur im Untersuchungsausschuss 7/3 „Politisch motivierte Kriminalität“ jetzt in mehreren Sitzungen deutlich herausgearbeitet, zumindest Sie seitens der CDU-Fraktion waren ja anwesend, andere nicht, aber diese ständige Gleichsetzung von links und rechts zog sich auch in weiten Teilen des Berichts heute erst wieder durch und reflektiert offensichtlich auch die Arbeit des Verfassungsschutzes. Sie haben – ich habe die Seiten noch mal angeschaut – auf sieben Seiten über den Rechtsextremismus in Thüringen referiert, insbesondere mit Schwerpunkt auf Eisenach. Da reden wir über „Knockout 51“, da reden wir über „Atomwaffen Division Deutschland“, da reden wir über Bezüge von Neonazis zum Lübcke-Mörder usw., auf sieben Seiten, und dann sehr vage auf anderthalb Seiten über den Linksextremismus. Da geht es um eine Wohnbesetzungsszene in Berlin. Da geht es um mutmaßliche Gewalttäterrollen aus Leipzig, die aber in Bezug auf den Rechtsextremismus in Eisenach bekannt geworden sind, und das Verfahren läuft auch noch. Da hinkt aus unserer Sicht der Vergleich schon erheblich. Und wenn Sie meinen, es gibt eine Gleichsetzung von links und rechts, da weiß ich nicht, wo Sie das hernehmen. Auf diese Entwicklungen, die jetzt...
Doch, Sie haben gesagt, es gibt links- und rechtsextremistische Probleme in Thüringen und insbesondere auch mit Blick auf Eisenach.
Das, was jetzt offenkundig – und das ist das Problem des Denkens, nicht nur des Verfassungsschutzes, sondern das haben wir auch im Untersuchungsausschuss deutlich herausgearbeitet –, offensichtlich von vielen Verfassungsschutzbehörden geworden ist, ist doch, dass bei der PMK-Statistik politisch instrumentalisierte Zahlen, Statistiken auf Basis einer wissenschaftlich höchst umstrittenen Theorie zusammengetragen werden, um am Ende diese politischen Zahlen wieder zu nutzen, um durch Gesetzesänderungen weitere Grundrechtseingriffe rechtfertigen zu können. Diese Gleichsetzung von links und rechts ist aus unserer Sicht äußerst problematisch. Wenn Sie meinen, dass der Rechtsextremismus gleichzusetzen ist mit beispielsweise antifaschistischen Aktivitäten, die dazu geführt haben, in Eisenach die Strukturen aufzudecken,
hat jemals gefordert, geheimdienstliche Befugnisse des Verfassungsschutzes auf eine bürgerrechtsorientierte Landespolizei zu übertragen. Das ist nicht unsere Position.
Aus guten Gründen gibt es keine Geheimpolizei. Wir legen auch Wert auf eine strikte Trennung zwischen Geheimdiensten und Polizei. Was wir uns vorstellen, das ist eine andere Arbeit. Dazu haben wir entsprechende Vorschläge unterbreitet. Unser Dank gilt in diesem Bereich – um noch einmal auf Herrn Walk zurückzukommen – bei der Aufklärung des Rechtsextremismus, insbesondere in Thüringen, nicht dem Verfassungsschutz, sondern denjenigen Vereinen, Verbänden, Organisationen, insbesondere den antifaschistischen Organisationen, die aus eigener Kraft – ohne nachrichtendienstliche Mittel – genau diese Strukturen in Thüringen aufgedeckt haben.
Das stand auf meinem Zettel, dann nehmen wir das zur Kenntnis. Gibt es weitere Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten? Frau Abgeordnete Marx. Danke schön. Bitte, Sie haben das Wort.
Verehrte Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte noch mal kurz ausdrücklich klarstellen, dass in diesem Bericht eine Gleichsetzung von Rechtsextremismus und Linksextremismus gerade nicht passiert ist, sondern dass Herr Walk ausführlich vorgetragen und vorgelesen hat, dass der Schwerpunkt von politischer Gewalt hier in Thüringen eindeutig beim Rechtsextremismus liegt.
Doch, das hat er gesagt und das steht da drin. Diese Gleichsetzung, das wird immer wieder behauptet, dass das einfach … Aber das ist so nicht. Der Schwerpunkt, auch der Arbeit des Amts liegt da, wovon die meiste Bedrohung ausgeht, und das ist in Thüringen ganz klar der Rechtsextremismus. Das möchte ich hier einfach noch einmal eindeutig sagen.
Ich muss da explizit widersprechen. Wenn Sie sich den Bericht, den Herr Walk gerade hier vorgetragen hat, noch einmal anhören oder auch durchlesen – dort steht zu Nazis drin: Sie haben Immobilien, sie machen Liederabende, dann treffen sie sich und dann gibt es „Knockout“, „Combat 18“ und noch so ein paar andere Gruppen, ach – und eine neue Partei. Der wurde übrigens eine Immobilie genommen. Wenn Sie sich anschauen, was zu links drinsteht, dann wird über Gewaltstraftaten links berichtet, da wird über Brandanschläge berichtet, zu denen noch überhaupt keine entsprechenden Beweise, Belege oder Ähnliches mehr vorhanden sind.
Was in diesem 30-seitigen Bericht der kontrollierenden Organisation nicht berichtet wird: Es gibt kein Wort zum Herrenberg und zu dem Übergriff auf drei Menschen – drei geflüchtete Menschen –, die hätten tot sein können. Es gibt kein Wort zur Staatskanzlei und zu dem Übergriff auf ca. 15 Jugendliche und junge Erwachsene. Es gibt kein Wort zu dem Übergriff auf Geflüchtete in der Straßenbahn, es gibt kein Wort zu zweieinhalbtausend Straftaten rechts, die in dem Berichtszeitraum, um den es hier geht, hätten erwähnt, kritisiert, dargestellt und eingeordnet werden müssen. Das haben Sie nicht gemacht.
Gibt es weitere Wortmeldungen? Das, sehe ich, ist nicht der Fall. Dann schließe ich diesen Tagesordnungspunkt und ich rufe auf Tagesordnungspunkt 7 in den Teilen
a) Zweites Gesetz zur Änderung des Thüringer CoronaPandemie-Hilfefondsgesetzes Gesetzentwurf der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 7/6298 - ERSTE BERATUNG
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich kann und möchte das an der Stelle relativ kurz halten. Wie Sie wissen, haben wir seit geraumer Zeit ein Coronasondervermögen hier in Thüringen. Mit diesem Coronasondervermögen haben wir ein sehr probates Mittel der schnellen und direkten Hilfe für Menschen, Unternehmen, Institutionen in Thüringen, mit dem wir meiner Meinung nach in den vergangenen Monaten, eigentlich schon Jahren, sehr gute Erfahrungen gemacht haben. Ich erinnere daran, der Wirtschaftsplan zu dem Sondervermögen, der wird im HuFA beraten, er wird mit der Landesregierung gemeinsam beraten und dann im Konsens mit Mehrheit im Haushalts- und Finanzausschuss jedes Mal angepasst, ist damit sehr flexibel, und eine entsprechende parlamentarische Kontrolle besteht.
Dieses Sondervermögen möchten wir jetzt mit dem vorliegenden Gesetzentwurf erweitern und damit – gestern haben wir das in zahlreichen Aktuellen Stunden sehr intensiv debattiert – auch dazu nutzen, die aktuellen Folgen des Krieges und der Energiekrise für die Menschen in Thüringen entsprechend in einer gewissen Form und dem gegebenen Rahmen abzufedern. Das bisherige Coronasondervermögen soll dieses Jahr auslaufen, die verbleibenden Mittel, die keine Verwendung fanden, entsprechend in den Kernhaushalt überführt werden. Wir wollen mit dem vorliegenden Gesetzentwurf das Sondervermögen in seiner Zweckbestimmung – wie gesagt – auch gegen die Folgen der Energiekrise verwenden, zusätzlich zu den Folgen der Coronapandemie, und die Laufzeit auf das Jahr 2023, also um ein Jahr, erweitern. Ich freue mich jetzt auf die Diskussion dazu und werde in meinem Redebeitrag dann noch weiter dazu ausführen. Danke sehr!
Wünscht die CDU-Fraktion das Wort zur Begründung? Das ist nicht der Fall. Wir waren bei der Feststellung der Tagesordnung übereingekommen, zu dem Gesetzentwurf in Tagesordnungspunkt 7 a die erste und die zweite Beratung durchzuführen,
wenn keine Ausschussüberweisung beschlossen wird. Diese Festlegung gilt für den Tagesordnungspunkt 7 b nicht. Das nur zur Erinnerung.
Wir beginnen deshalb mit den ersten Beratungen, zu denen ich hiermit die gemeinsame Aussprache eröffne. Zunächst hat Frau Abgeordnete Merz für die SPD-Fraktion das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer, in diesen Tagen kursieren – und wir haben gestern viel darüber debattiert – viele – nicht nur Richtung Bund, sondern auch adressiert an den Freistaat – Forderungen und Vorschläge nach schnellen Hilfen zur Abmilderung der Energiekrise.
Große Forderungspakete werden auf den Tisch gelegt. Bisher fehlte es aber oft an konkreten Umsetzungsvorschlägen. Gern wird auf den aktuell in der Beratung befindlichen Landeshaushalt 2023 verwiesen, aber hier sollte doch jedem bewusst sein, dieser kann frühestens am 1. Januar in Kraft treten, und erst dann könnte auch das Geld fließen. Als schnelle Lösungsoption fällt dieser Punkt daher weg.
Forderungen nach überplanmäßigen Ausgaben fallen aus haushaltsrechtlichen Gründen auch weg. Jede über- und außerplanmäßige Ausgabe über vier Millionen, die keiner rechtlichen Ermächtigung oder Verpflichtung unterliegt, verlangt einen Nachtragshaushalt, und dafür sehe ich aktuell in diesem Haus keine ausreichende Verhandlungsbereitschaft, die ein solches Verfahren auch zügig zu einem Abschluss bringen würde.
Wir von Rot-Rot-Grün wollen ganz konkret die noch verfügbaren Mittel aus dem Coronasondervermögen nutzen, um zielgerichtet und vor allem schnell insbesondere einkommensschwache Familien und Menschen zu entlasten. Eine Erweiterung des Sondervermögens, wenn es zügig vollzogen wird, hätte den Vorteil, dass direkt noch im laufenden Haushaltsjahr schnell auf das Geld zugegriffen werden könnte. Etwas über 90 Millionen Euro waren zur letzten Quartalsmeldung im Sondervermögen nicht verausgabt. Diese Summe wird sich zugegebenermaßen noch etwas reduzieren, da Mittel teilweise zweckgebunden sind. Gleichzeitig muss für die bevorstehende Herbst- und Winterzeit weiterhin eine grundlegende finanzielle Vorsorge für Coronaschutzmaßnahmen getroffen werden. Ich denke hier insbesondere an Tests an den Schulen. Trotzdem sollten in der aktuellen Situation auch al
le anderen zur Verfügung stehenden Spielräume genutzt werden. Neben dem bereits im Haushaltsgesetz 2022 existierenden Bürgschaftsrahmen in Höhe von etwa 660 Millionen Euro, speziell auch für Unternehmen und soziale Träger, ist die Umwidmung des Sondervermögens ein Baustein, mit dem das Land jetzt schnell Unterstützung leisten kann.