Protokoll der Sitzung vom 22.09.2022

Davon mal ganz abgesehen, was passiert wäre, wenn es keinen Regierungswechsel 2020 von einem Ein-Monats-Ministerpräsidenten oder Drei-Tage-Ministerpräsidenten zu einer ordentlichen Landesregierung gegeben hätte.

Ich möchte mich im Namen meiner Fraktion bei allen bedanken, die unserer Gesellschaft in dieser schwierigen Zeit Stabilität gegeben haben, zuerst und stellvertretend bei den Ärztinnen und Ärzten und dem Pflegepersonal, unseren Lehrkräften an den Schulen und Erzieherinnen in den Kindergärten, natürlich auch bei allen Eltern, die die immense Zusatzbelastung tragen mussten, bei dem Personal in den Gesundheitsämtern, den Schulämtern und dem ThILLM sowie allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Ministerien im Land sowie Frau Ministerin Werner und Herrn Holter persönlich und den Ministern in der Bundesregierung, die in enger Abstimmung mit den Ländern das Beste für unser Land auf den Weg gebracht haben.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, als Landespolitiker/-innen haben wir uns früh und umfäng

lich die Frage gestellt, wie wir mit dieser großen Krise umgehen. Als Erstes haben wir – wie der Bund – nach unseren Möglichkeiten ein Sondervermögen von über 1,3 Milliarden Euro aufgelegt und im Haushaltsausschuss dessen Schwerpunkte im sogenannten Wirtschaftsplan beschlossen, um Kommunen, Vereine, die Wirtschaft und die Familien zu unterstützen, die es dringend brauchten. Wieder einmal haben wir gelernt: Nicht nur in Krisen braucht es einen starken Staat. Wir haben niemanden alleingelassen. Weiterhin hat der Thüringer Landtag mit seinem Beschluss den Ältestenrat beauftragt, sich unter Beteiligung der Fachausschüsse für Soziales und Bildung mit den Verordnungen, die sich mit der Bewältigung der Coronapandemie beschäftigt haben, über Diskussionen und Stellungnahmen auseinanderzusetzen. Bis auf die Fraktion der AfD haben sich alle Fraktionen durch Vorschläge in das Regierungshandeln eingebracht und jede Stellungnahme wurde durch die Landesregierung als Ausdruck einer gelebten Demokratie wertgeschätzt.

Lassen Sie mich feststellen, dass allein der Bildungsausschuss in der Zeit von Ende 2020 bis Herbst 2021 in 15 Ausschusssitzungen die Auswertung der sogenannten MPK-Beschlüsse – davon gab es 42, von 2020 bis 2022 – und die allgemeine Eindämmungsverordnung diskutierte sowie intensiv die sogenannte KiJuS-VO mit auswertete. Noch mal zur KiJuS-VO: Wir erinnern uns alle noch an die intensiven Diskussionen auch hier im Haus, aber natürlich auch in der Presse und in der Gesellschaft, wenn Schulen und Kindergärten immer wieder gesagt haben: Wir werden immer erst ein paar Stunden vorher informiert. – Mit der KiJuSVO aus dem TMBJS hatte das ein Ende. Das ist die Grundlage, die Ampel, die diskutiert und implementiert worden ist, und auf Grundlage der Ampel konnten dann auch schnell Entscheidungen getroffen werden, ohne dass sich jedes Mal auf neue Situationen eingestellt werden musste. Es war ein echter Fortschritt für die Bildungseinrichtungen, für die Schulen, für die Kindertagesstätten. Da sage ich auch: Das wurde gut hinbekommen. Da wurde Rechtssicherheit möglich gemacht. Insgesamt gab es mindestens 20 MPKs, also Abstimmungen zwischen Bund und den Ländern, 59 Verordnungen, die sich mit dem Coronageschehen allein hier in Thüringen beschäftigt haben, und unzählige Abstimmungsrunden zwischen den beteiligten Landesministerien und der kommunalen Familie.

Kollege Tischner, wenn Sie sagen, diese Kommission dient dazu, dass das gemacht wird, was ansonsten zu wenig getan wird, nämlich zuzuhören, da haben Sie etwas verquere Vorstellungen von dem, wie solche Verordnungen auf den Weg gebracht

werden. Also es ist ja nicht nur die kommunale Familie, es sind die Landeseltern-, die Landesschülervertretungen, es ist die ganze Breite der Gesellschaft, die an der Diskussion mit beteiligt war.

Dies alles findet sich aber nicht im Antrag auf Einsetzung einer Enquetekommission,

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Doch! Sei- te 4!)

sondern Ihre Fragen sind erstens singulär und völlig losgelöst vom Infektionsgeschehen. Zweitens, Ihre Fragen sind überhaupt nicht befasst mit den Regelungen, die der Bund uns aufgegeben hat – ich habe die MPKs schon zitiert. Und drittens, sie sind auch nicht mal vergleichend mit dem Regierungshandeln von CDU-geführten Landesregierungen. Da sage ich mal, die haben auch nicht sehr viel anders gehandelt als wir. Wie denn auch?

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Ihr seid aber ängstlich! Wie kann man denn so eine Angst haben, wovor denn?)

Das hat nichts mit Angst zu tun, sondern es hat mit einem anderen Ansatz zu tun, Kollege Tischner. Das ist ein ganz anderer Ansatz.

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Niemand hat Angst, Herr Tischner!)

Natürlich sollen von Ihrer Seite aus im I. Quartal 2024, also im Wahljahr, Ergebnisse vorgelegt werden, als Wahlkampfmunition für die CDU, und das auch noch finanziert – wir hatten das jetzt in den Haushaltsberatungen – mit jährlich 733.300 Euro an Steuermitteln für eine Enquetekommission. Kollege Tischner, bitte überlegen Sie noch mal!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben – darauf ist Kollegin Henfling schon eingegangen – im Bildungsausschuss umfangreiche Anträge zu diesem Thema sowohl von Rot-Rot-Grün, nach vier Monaten kam dann auch mal die CDU mit einem Antrag und die FDP noch mit einem Antrag. Seitdem diskutieren wir Anträge zur Bewältigung der Coronafolgen im Bildungsbereich. Wir werden die in nächster Zeit auch abschließen und werden die dann hier auch wieder im Plenum haben. Das ist genau das, womit wir parlamentarisch umgehen. Wir haben reagiert, wir haben nicht nur ein Coronasondervermögen, wir haben nicht nur die entsprechenden Anträge, wir waren beteiligt. Ich denke, das zeigt auch, dass wir mit aller Deutlichkeit auch an der Problemlage dran sind.

Wir sind in Thüringen an das maximal Mögliche gegangen, was ein funktionierendes Regierungshandeln unter der Wahrung der Gewaltenteilung in

der Krise ermöglicht, mit den Festlegungen des HuFA und mit dem, was wir an Coronaverordnungen hatten. Dass Regierungshandeln in dieser Zeit auch stille Zustimmung der Mehrheit produziert wie Ablehnung der lauten Minderheit, das mussten wir lernen. Ich kann mir vorstellen, dass wir auf wissenschaftlicher Basis durch zum Beispiel Politikwissenschaft, Verwaltungswissenschaft, Soziologie, Erziehungswissenschaft, Psychologie Empfehlungen für ein krisenfestes Regierungshandeln erarbeiten. Auch Ministerien und Kommunalverwaltungen lernen täglich. Beratung durch die Wissenschaft ist dort immer willkommen, aber bitte schön losgelöst vom Parteienstreit und entbunden von Wahlterminen.

Lassen Sie uns bitte darüber nachdenken – ich bin dort bei meinen Kolleginnen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen –, und zwar im Fachausschuss, dass wir dort nach besseren Wegen für die Beantwortung wichtiger Fragen suchen. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Für die Fraktion der AfD rufe ich als nächsten Redner Abgeordneten Jankowski auf.

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Abgeordnete, liebe Eltern und Schüler am Livestream und natürlich liebe Gäste auf der Tribüne! Als ich das erste Mal davon gehört habe, dass die CDU eine Enquetekommission zum Thema „Kinder und Jugendliche in der Pandemie“ beantragen möchte, konnte ich mir ein Lachen nicht verkneifen. Ausgerechnet die CDU, also gerade die Partei, die im Bund maßgeblich für die Coronapolitik der letzten Jahre verantwortlich war.

Was haben sich da die CDU und ihr Gesundheitsminister Jens Spahn nicht alles Schönes einfallen lassen? Wir hatten einen kompletten Lockdown, wir hatten einen Wellenbrecherlockdown von ursprünglich angedacht vier Wochen, der dann aber irgendwie doch länger ging und fließend in die Bundesnotbremse überging, wobei die Bundesnotbremse der CDU-Kanzlerin erst dann kam, als die Inzidenzzahlen überall sanken. Aber egal, welchen blumigen Titel die ganzen Grundrechtseinschränkungen hatten, das Ergebnis war immer dasselbe: Die Schulen wurden über längere Zeiträume teilweise oder ganz geschlossen, die Kindergärten wurden teilweise oder ganz geschlossen und die sozialen Kontakte der Kinder wurden massiv eingeschränkt.

(Abg. Wolf)

Und das alles hatten wir vor allem einer CDU-geführten Bundesregierung zu verdanken.

Dass nun ausgerechnet die CDU mit einer Enquetekommission um die Ecke kommt und sich angeblich für die Auswirkungen ihrer eigenen Politik auf die Kinder und Jugendlichen interessiert, das nehme ich Ihnen beim besten Willen nicht ab.

(Beifall AfD)

Das Problem ist, dass bei allen Entscheidungen der Landes- und Bundesregierung zu den Coronamaßnahmen der letzten Jahre das Wohlergehen der Kinder und Jugendlichen keine Rolle spielte. Man ging einfach über die Interessen der Kinder und Jugendlichen und Familien hinweg. Teilweise wurden Kinder als Virenschleudern gebrandmarkt. Den Kindern wurde Angst gemacht, dass, wenn sie sich den Maßnahmen nicht unterwerfen, sie dann vielleicht für den Tod ihrer Großeltern verantwortlich sein könnten.

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh, bitte!)

Den Kindern wurden Kontaktverbote auferlegt, sie durften ihre Freunde und Schulkameraden nicht sehen und selbst die Spielplätze waren teilweise gesperrt und Freizeitsport war größtenteils nicht möglich.

Als sie dann endlich wieder in die Schule durften, wurden sie mit einer Maskenpflicht gequält. Sie mussten die Masken stundenlang tragen und teilweise sogar im Pausenhof. Und dass all das nicht spurlos an den Kindern vorbeigeht, um das zu wissen, braucht man nun wirklich keine Enquetekommission, die das untersucht.

(Beifall AfD)

Und Studien, die sich mit den Folgeschäden Ihrer verfehlten Coronapolitik auf Kinder und Jugendliche beschäftigen, gibt es auch genug. Die Ergebnisse sind auch nicht wirklich überraschend. Wir haben die COPSY-Studie, die schon von einer dramatischen Zunahme an Angststörungen, Depressionen, Essstörungen und vermehrten Selbstmordversuchen von Kindern und Jugendlichen berichtet. Wir haben die Trendstudie „Jugend in Deutschland“, die zum gleichen Ergebnis kam; da sind die Ergebnisse sogar noch etwas erschreckender. So berichten 45 Prozent der Jugendlichen von Stressbelastung, 35 Prozent von Antriebslosigkeit, 32 Prozent von Erschöpfung, 27 Prozent von Depressionen, 13 Prozent von Hilflosigkeit und sogar 7 Prozent hatten Suizidgedanken. Und das sind die Folgeschäden Ihrer Coronapolitik, die Sie billigend in Kauf genommen haben, und allen voran, Sie, liebe CDU.

(Beifall AfD)

Es ist ja auch nicht so, dass niemand vor den Folgeschäden Ihrer Politik gewarnt hätte. Sie wollten die Warnung nur nicht hören. Immer wieder wurde suggeriert, dass die Wissenschaft angeblich die Maßnahmen fordern würde, aber zu keinem Zeitpunkt gab es eine einheitliche Auffassung der Wissenschaft zum Thema „Corona“. Es gab unterschiedliche Auffassungen über die Gefährlichkeit des Virus und es gab unterschiedliche Auffassungen, welche Maßnahmen erforderlich sein könnten und welche nicht. Es gab Warnungen von Jugendund Kinderärzten oder auch Psychologen vor den Auswirkungen Ihrer eingeschlagenen Coronapolitik auf die Entwicklung der Kinder. Unliebsame und abweichende Meinungen wurden nur zu gern ausgeblendet, verunglimpft und als unwissenschaftlich diskreditiert. Sie passten einfach nicht in Ihr Bild des angeblichen Killervirus und es ist deswegen an Heuchelei kaum zu überbieten, wenn nun eine Enquetekommission das alles untersuchen soll, von dem Sie im Vorhinein nichts sehen und hören wollten.

(Beifall AfD)

Entlarvend an Ihrem Antrag finde ich vor allem den Punkt a im Handlungsfeld „Kommunikation“. Dort steht, es soll unter anderem ein neues Kommunikationskonzept entwickelt werden. Das ist soweit ganz gut. Aber dann kommt noch folgender Satz: „Hierbei soll es auch um Maßnahmen gehen, die geeignet sind, Fake News, Verschwörungsmythen und Radikalisierungstendenzen im Zusammenhang mit staatlichen Maßnahmen der Pandemiebekämpfung vorzubeugen.“ Und hier sollte man schon hellhörig werden, denn es klingt verdammt danach, dass Sie der Bevölkerung einen Maulkorb verpassen wollen. Denn es stellt sich natürlich die Frage: Wer entscheidet denn, was Fake News sind und was Verschwörungsmythen?

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: So ein Schwachsinn, was Sie da vorlesen!)

Vielleicht ist ein Beispiel gefällig: Meinen Sie vielleicht unter Fake News, dass monatelang in Regierungskreisen verbreitet wurde, dass der Großteil der Neuinfizierten und der Patienten

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Machen sie doch mal einen Vorschlag, damit umzu- gehen!)

auf den Intensivstationen ungeimpft seien und man dann aber einräumen musste, dass diese Daten ja nie erhoben wurden? Die Leute mit unklarem Impfstatus wurden einfach den Ungeimpften zugeord

net; aber es passte halt einfach ins Bild. Oder meinten Sie unter Fake News vielleicht Karl Lauterbach, der im Sommer 2020 davor warnte, dass das Coronavirus in Hochhäusern durch die Toilettenspülung verbreitet werden würde, und man vielleicht die Toiletten abkleben sollte? Oder dass er alle paar Wochen vor einer neuen Killervariante warnt und damit Panik verbreitet?

Ich glaube nicht, dass Sie diese Fake News und Verschwörungstheorien meinen, die Sie bekämpfen wollen. Denn diese dienten ja dazu, dass die Grundrechtseinschränkungen der Regierung unterstützt wurden. Sie meinten natürlich andere Fake News und Verschwörungsmythen, zum Beispiel als Anfang 2021 viele davor warnten, dass uns eine Impfpflicht droht. Ich glaube, jedem, der die Debatte zur Impfung verfolgt hat, war klar, eine Impfpflicht wird kommen, ob nun direkt oder auch indirekt.

Mein Kollege Dr. Lauerwald hatte hier im Plenum ausdrücklich vor einer drohenden Impfpflicht gewarnt. Wir hatten dazu einen Antrag hier eingebracht.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Das war auch der Einzige!)

Alle anderen Fraktionen beteuerten hier aber immer, es wird keine Impfpflicht geben. Mein Kollege wurde sogar als Aluhutträger bezeichnet, Frau Rothe-Beinlich wollte ihm sogar den goldenen Aluhut verleihen. Aber die Beteuerung, dass es keine Impfpflicht geben wird, gab es nur bis zur Bundestagswahl. Kurz danach sah es ja dann bekanntlich anders aus. Dass es die allgemeine Impfpflicht nicht gibt, hing nur an wenigen Stimmen im Bundestag. Dass die Impfpflicht nicht kam, haben wir vor allem dem Druck von der Straße und den vielen Bürgern, die auf die Straße gegangen sind und von Ihnen allen hier und vor allem auch von der CDU als „Coronaleugner“, „Verschwörungstheoretiker“ und „Spinner“ diffamiert wurden, zu verdanken.

(Beifall AfD)

An dieser Stelle auch hier noch mal ein ausdrücklicher Dank von mir an die vielen Tausend Bürger, die sich nicht haben einschüchtern lassen und für ihre Freiheit auf die Straße gegangen sind. Und hier nur ein Tipp von mir an die Vertreter der CDU und der anderen Parteien: Wenn Sie schon etwas als Verschwörungstheorie brandmarken wollen, dann sollten sie es später besser nicht als Blaupause für ihre eigene Politik verwenden.

(Beifall AfD)

Wir als AfD-Fraktion werden dem Antrag zur Einsetzung einer Enquetekommission nicht zustimmen – zum einen, da die Kommission nur über etwas als

ein Jahr arbeiten könnte und ich nicht glaube, dass dies in dieser Zeit ordentlich aufgearbeitet werden könnte. Vor allem fehlt mir aber der Glaube daran, dass es hier um eine ehrliche Aufarbeitung der vergangenen Coronajahre gehen soll. Vielmehr habe ich den Eindruck, dass die Enquetekommission benutzt werden soll, um die Entscheidungen der letzten Jahre nachträglich zu legitimieren oder besser gesagt, den verantwortlichen Entscheidungsträgern eine Absolution zu erteilen. Vielen Dank.