Verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, nach der längeren Beschreibung kann ich mich etwas kürzer fassen und das möchte ich auch gern tun. Wir haben diesen Gesetzentwurf in großer Gemeinsamkeit, denke ich, abgearbeitet und verbessert und haben vor allen Dingen auch das Anhörungsergebnis berücksichtigt. Da ist nur ein Aspekt gewesen: Eine breite Mehrheit hat sich in der Anhörung für die Einführung einer elektronischen Prüfungsmöglichkeit eingesetzt. Das ist eine wichtige Sache. Vorteile: Individuelle Schrift ist nicht maßgeblich, ob man jemanden vielleicht sympathischer findet oder nicht, wenn er lesbarer schreibt. Damit ist das auch Vorbereitung auf die Arbeit, denn Digitalisierung ist natürlich auch in der juristischen Arbeit tagtägliche Realität.
Was wir nicht ganz in den Änderungen umgesetzt haben, war, dass sich eine breite Mehrheit gegen die Kostenpflicht von Verbesserungsversuchen ausgesprochen hatte, aber die Gebühren sind relativ begrenzt auf 200 Euro.
Eine breite Mehrheit – eigentlich alle Anzuhörenden – haben sich dann dafür ausgesprochen, dass für die Berufung der Referendare das Beamtenverhältnis auf Widerruf wieder eingeführt wird. Ja, da muss man mal selbstkritisch anmerken: Das war ein Fehler von uns, dass wir das abgeschafft haben, denn wir brauchen Nachwuchs und den müssen wir locken. Ein Wahlmodell gibt es jetzt natürlich für die verschiedenen Formen der Ableistung des Referendardienstes. Das ist auch schon gesagt worden.
Unterschiedliche Auffassungen der Anzuhörenden gab es bezüglich Inhalt und Ausgestaltung des Referendariats. Wir haben versucht, diesen unterschiedlichen Wünschen und Vorstellungen gerecht zu werden. Daher folgende wesentliche Änderungen: Es wird ein Verbesserungsversuch der ersten Pflichtfachprüfung eingeführt. Es wird – das ist noch mal sehr wichtig – ein einheitlicher Vorbereitungsdienst angestrebt. Das heißt, der Grundgedanke, dass es keine Standortnachteile inner
halb Thüringens gibt, auch wenn man sein Referendariat vielleicht an vermeintlich unattraktiveren Standorten ableistet. Natürlich ist hier vieles dann aber auch abhängig von den Ausbilderinnen und Ausbildern. Deswegen soll das Justizprüfungsamt hier künftig Vorgaben schaffen und Ausbildungspläne, Materialsammlungen und strukturierte Vor- und Nachbereitungen der Inhalte ermöglichen. Vormals in der juristischen Ausbildung zur Prüfungsordnung geregelte Zulassungsvoraussetzungen und Entlassungsvoraussetzungen werden ins Gesetz übernommen. Das ist sehr wichtig, denn Zulassungsund Entlassungsgründe stellen wesentliche Eingriffe in die Berufsfreiheit dar. Da genügt keine Regelung nur in einer Verordnung.
Ich bin schon am Schluss. Die Neuregelung, die wir interfraktionell vereinbaren konnten, bietet einen guten Schritt zu einer modernen Ausbildung der Referendarinnen. Ich danke für die Zusammenarbeit und bitte um Ihre Zustimmung.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste, das Juristenausbildungs- und ‑prüfungsgesetz soll laut Gesetzesbegründung zahlreiche redaktionelle Änderungen und Anpassungen vornehmen, Aktualisierungen vornehmen, Präzisierungen vornehmen. Interessant ist meistens, wovon man nicht sofort redet, und das ist das Berufsverbot, von dem auch schon bei der Einführung die Rede war. Das ist im Wesentlichen auch der Grund, warum meine Fraktion diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen kann. Ich will dazu mal etwas näher ausführen.
Die Regelung ist schon benannt worden: Es reicht zukünftig für eine Ablehnung eines Juristen, der zum Vorbereitungsdienst zugelassen werden möchte, dass dieser nach Auffassung des Innenministeriums bzw. des als Abteilung des Innenministeriums arbeitenden Verfassungsschutzes gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung tätig ist. Dass dieser Begriff in Thüringen sehr exzessiv ausgelegt wird, das weiß jeder Waffenbesitzer in der AfD, das weiß auch jeder Polizist, der in der AfD ist, obwohl er nie irgendwas Diskriminierendes gesagt hat, nie irgendeinen Ausländer benachteiligt hat oder was auch immer irgendwie Vorwerfbares getan hat, dass man allein aufgrund der Mitgliedschaft
in der AfD in ein Disziplinarverfahren gerät oder beispielsweise der Schikaneversuch unternommen wird, ihm die Waffen wegzunehmen. Ob das am Ende gelingt, werden wir noch sehen.
Ich habe natürlich mal geschaut, wie das denn andere Länder regeln. Ich habe, ehrlich gesagt, kein einziges Bundesland gesehen, in dem eine derart weite Regelung enthalten ist, wie Sie sie vorsehen, dass man der Verwaltung im Grunde genommen die Entscheidung überlässt, ob jemandem aufgrund seiner Gesinnung – und um nichts anderes geht es – der Weg beispielsweise zum Beruf des Rechtsanwalts verwehrt wird. In einigen Bundesländern – Sachsen zählt beispielsweise dazu – findet man eine Formulierung, die ich aus meiner Sicht mittragen könnte, die lautet nämlich: wer in strafbarer Weise die freiheitlich-demokratische Grundordnung bekämpft. Das ist etwas ganz anderes als Tätigwerden, auch der Chef des Justizprüfungsamts musste das zugestehen. Natürlich ist es völlig unverhältnismäßig, beispielsweise einem strafrechtlich unbescholtenen Menschen, der null Punkte in Flensburg hat und auch sonst nichts auf dem Kerbholz hat, allein deshalb, weil er beispielsweise der Meinung ist, dass Bodo Ramelow unter Schützenhilfe aus Südafrika seine Wiederwahl erzwungen hat, und deswegen das Ganze nicht demokratisch ist,
wenn der das äußert, dann kann das beispielsweise auch schon ein Fall sein, warum jemand gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung tätig ist.
Selbstverständlich, das sind Ihre Argumentationen, die finden Sie übrigens im Verfassungsschutzbericht. Genau solche Sachen werden dort vorgeworfen, das nennt sich „Verfassungsfeindliche Delegitimierung des Staates“. Sie wenden diese Begriffe so extrem exzessiv an, dass genau das am Ende dabei rauskommt. Und wissen Sie was, vorhin beim Thema „DDR-Diktatur“, „Stasiopfer“ und dergleichen meinte Herr Hoff ein Beispiel bringen zu müssen: Ich war ein guter Schüler, aber ich durfte kein Abitur machen. Heute, nach diesem Tag hier, kann es in Thüringen vorkommen, dass beispielsweise eine exzellente Jurastudentin ohne jeden Eintrag im Führungszeugnis, hat sich nie etwas zu Schulden kommen lassen, hat nie gegen Recht und Gesetz verstoßen, nicht mal einen Punkt in Flensburg, dann sagen muss: Ich bin eine exzellente Jurastudentin, aber ich darf den Beruf des Rechtsanwalts nicht ergreifen, weil ich die falsche Überzeugung habe und weil ich den Mut hatte, diese
Überzeugung zu äußern. Ein Recht, das übrigens jeder Mensch in einem demokratischen Rechtsstaat hat, denn ein demokratischer Rechtsstaat interessiert sich nicht für die Gesinnung, Herr Adams, der interessiert sich dafür, ob ein Mensch …
(Zwischenruf Adams, Minister für Migration, Justiz und Verbraucherschutz: Der interes- siert sich für die freiheitlich-demokratische Grundordnung!)
Und das ist die Gesinnungsprüfung? Alles klar, das haben wir gehört. Der demokratische Rechtsstaat von Herrn Adams sieht eine Gesinnungsprüfung vor.
Ich weise noch mal darauf hin, dass von der Regierungsbank keine Zwischenrufe gemacht werden und wir alle wieder ein bisschen leiser werden.
Eine Gesinnungsprüfung – das ist der demokratische Rechtsstaat der Grünen. Das sollte man sich immer hinter die Ohren schreiben und auch bei der nächsten Wahl mal genauso sagen.
Das sagt übrigens der Verfassungsminister des Freistaats Thüringen. Danke schön, Herr Adams. Sie haben sich klar genug ausgedrückt. Das, meine Damen und Herren, ist nichts anderes als der Rückfall in die DDR-Zeit. Das ist der Rückfall in die DDR-Zeit.
Ja, Herr Montag, er sitzt leider nicht mehr hier, doch, er versteckt sich da gerade. Nein, er sitzt nicht mehr hier. – Herr Montag hatte vorhin gesagt: Ja, wir haben doch Meinungsfreiheit. Nein, haben wir nicht, weil die Folge, wenn man Meinungsfreiheit in Deutschland – in Thüringen – auslebt ist: Das führt dann zu einem Berufsverbot.
Da können Sie „Quatsch“ sagen. Sie brauchen doch nur Ihren Gesetzentwurf lesen. Aber ich sage Ihnen eines: Viele von Ihnen, die heute zustimmen werden, werden sich in ein paar Jahren wirklich dafür schämen,
und ich sage Ihnen auch, warum: weil das so offensichtlich rechtsstaatswidrig und undemokratisch ist und sie das Ganze auch mit Ihrem Namen verbinden werden, denn wir werden namentliche Abstimmung beantragen, meine Damen und Herren.
Ich weise jetzt noch mal darauf hin, dass bitte keine Zwischenrufe von der Regierungsbank erfolgen, das ist nicht zulässig. Ich würde dann das Wort der Abgeordneten Rothe-Beinlich für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erteilen.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, es war ein Stück weit zu befürchten, dass die AfD hier wieder etwas drehen will, was überhaupt nichts mit der Realität zu tun hat. Die AfD tut so, als ob wir ganz neu – Sie haben es wörtlich so genannt – ein, Sie nennen es: Berufsverbot einführen würden, die böse Allianz aus CDU und Rot-Rot-Grün. Was die AfD aber verschweigt, ist, dass in der Thüringer Juristenausbildungs- und -prüfungsordnung – ThürJAPO – vom 24. Februar 2004 genau das längst drinsteht. Das Einzige, was wir tun, ist, dass wir es jetzt im Gesetz verankern.
Ich lese es Ihnen vor. In der JAPO steht: „Die Aufnahme in den Vorbereitungsdienst ist zu versagen, […] wenn der Bewerber aktiv gegen die freiheitlichdemokratische Grundordnung tätig ist.“ Und das ist auch richtig so, meine sehr geehrten Damen und Herren, denn wie soll eine Justiz unabhängig in einem Rechtsstaat arbeiten, wenn der Bewerber selbst aktiv gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes tätig ist?
Vielleicht merken Sie es, was die AfD versucht, uns hier unterzujubeln, oder was die AfD will: Sie will Verfassungsfeinde legitimieren und in Ämter bringen, wo sie schlichtweg nichts zu suchen haben. Das war Ihr Ansinnen und das ist gescheitert. Das haben Sie jetzt als Begründung für Ihre Ablehnung vor sich hergetragen und krakeelen auch noch was von Berufsverboten. Sie sollten sich schämen, weil es Menschen gibt, die unter Berufsverboten beispielsweise in der DDR gelitten haben und die wissen, was das bedeutet. Was Sie hier machen, ist ein Missbrauch des Rechtssystems auf eine ganz perfide Art und Weise – und Sie wissen genau, was Sie tun.
Ich will aber jetzt noch mal zu dem eigentlichen Gesetz und zu den Änderungen zurückkommen, denn es sind sehr viele Änderungen, die wir vorgenommen haben. Nach dem unsachlichen Beitrag der
AfD ist es nötig, noch mal zu benennen, worum es eigentlich geht. Notwendig geworden ist die Novelle, weil es eine Änderung des Deutschen Richtergesetzes gab und damit auch die Einführung des Teilzeitreferendariats. Da war die länderrechtliche Anpassung notwendig. Natürlich ging es uns auch darum, dass wir im Wettbewerb um den Justiznachwuchs mithalten wollten.
Ich sage es noch mal: Hervorzuheben ist insbesondere die Einführung des echten Wahlrechts für Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare, und zwar zwischen der Absolvierung des juristischen Vorbereitungsdiensts im Beamtenverhältnis auf Widerruf oder im öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis. Dieses Wahlrecht ist eine absolute Neuheit in Thüringen. Neben Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Hessen ist die Verbeamtung auf Widerruf auch wieder eine Option. Selbstkritisch müssen wir da sagen: Das war vielleicht nicht die klügste Entscheidung, die hier vor einigen Jahren im Parlament getroffen wurde, obwohl ich auch meine, dass die Verbeamtung allein mitnichten alles ist. Es geht um noch ganz andere und wichtige Fragen, nämlich auch die Anpassung der Gebühren für ein Widerspruchsverfahren bei einer Prüfungsleistung der staatlichen Pflichtfachprüfung und der zweiten Prüfung auf 40 bzw. 20 Euro. Und benannt hatte Ihnen meine Kollegin Iris Martin-Gehl schon den Notenverbesserungsversuch, der erstmals im Gesetz geregelt ist: Für die staatliche Pflichtfachprüfung besteht nun die zusätzliche Möglichkeit, nach dem Freiversuch einen Verbesserungsversuch zu absolvieren. Für die Zweite Staatsprüfung wurde hier die Gebühr von 500 auf 200 Euro abgesenkt und auch noch eine zusätzliche Härtefallklausel eingefügt.
Der Leitcharakter ist festgeschrieben, dass der Zweiten Staatsprüfung ein einheitlicher Vorbereitungsdienst und die Gewährleistung einer angeglichenen Ausbildung vorausgehen sollen, unabhängig vom Einstellungstermin – das war auch immer wichtig – und von der zugeteilten Stammdienststelle.
Entscheidend ist auch die Gleichstellung bei der Bezahlung, besoldungsrechtliche Vorschriften finden hier Anwendung für beide Wahloptionen. Die Zulassungs- und Entlassungsgründe – um die ging es ja jetzt, da hat sich die AfD so empört – sind jetzt abschließend im Gesetz geregelt. Ich will daran erinnern, dass uns das Verfassungsgericht mal mitgegeben hatte, wichtige entscheidende Fragen grundsätzlich nicht in Verordnungen, sondern im Gesetz zu regeln. Dem kommen wir hiermit nach und das in einem dreistufigen Prüfungsaufbau. Bezüglich der Entlassungsgründe besteht auch eine
Anhörungspflicht der jeweilig betroffenen Rechtsreferendarinnen. Die bereits im juristischen Vorbereitungsdienst befindlichen Rechtsreferendarinnen profitieren ebenfalls von der Gesetzesnovelle, denn auf sie sollen die neuen Gesetze ebenfalls Anwendung finden.
Ich komme zu dem Fazit, dass wir gemeinsam mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung und den gut vereinbarten Änderungen die Zukunftsfähigkeit der Thüringer Justiz sichern. Wir schaffen Rechtssicherheit und Rechtsklarheit im Zusammenspiel mit der dazugehörigen Thüringer Juristenausbildungsund Prüfungsordnung und steigern somit auch die Attraktivität des Ausbildungsstandorts Thüringen sowohl für Jurastudierende als auch für Rechtsreferendare, und das ganz enorm.
Die Änderungen sollen außerdem Sorge dafür tragen, dass wir gute junge Juristinnen und Juristen gewinnen und auch halten können, um der drohenden Pensionierungswelle und auch dem Fachkräftemangel adäquat entgegenwirken zu können. Die Novellierungen beruhen, wie gesagt, auch maßgeblich auf den Forderungen der angehörten Berufsgruppen und der in den verschiedenen Ausbildungsabschnitten befindlichen Interessensgruppen, insbesondere auch hinsichtlich der Einführung der Verbeamtung auf Widerruf und der Senkung der Gebühren.
Die Gebührensenkungen verhelfen den betroffenen Menschen im Rahmen ihrer juristischen Ausbildung dazu, von ihren Rechten Gebrauch zu machen, und das unabhängig von ihrem Einkommen. Die Kosten dürfen keine unüberwindbaren Hürden darstellen, sondern wir wollen die Möglichkeiten eröffnen, für ein gutes Endergebnis streiten zu können. Denn in der Juristenausbildung – das wissen viele noch besser als ich – hängt vieles von der Endnote ab.
Wir müssen uns weiter dafür stark machen, dass hohe Anforderungen an unsere Justiz gestellt werden, damit wir diese wichtige Säule unseres demokratischen Zusammenlebens sichern. Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung zu dem Gesetzentwurf in der Form der Beschlussempfehlung aus dem Migrations- und Justizausschuss. Danke schön.
Vielen Dank. Gibt es jetzt weitere Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten? Abgeordneter Möller.
Ja, ich muss noch mal ganz deutlich dem Märchen widersprechen, dass das eine Regelung ist, die jetzt nur ins Gesetz gegossen war, die vorher aber auch gegolten hätte. Die mag in der Juristenausbildungs- und ‑prüfungsordnung dringestanden haben, aber sowohl Sie haben es gesagt