Protokoll der Sitzung vom 07.03.2025

Eine sachliche Auseinandersetzung müssen wir auf Grundlage von konkreten Vorschlägen und Ideen führen, wenn wir den Betroffenen helfen wollen. Dazu gehört als Allererstes eine klare Benennung der Ursachen für Altersarmut, denn die Entwicklung der Armutsquote, die seit 2005 bis 2017 kontinuierlich abgenommen hatte, von 19,9 Prozent auf 16,3 Prozent, und mit der Pandemie erneut auf 19 Prozent angestiegen ist, ist nur eine der politisch erzeugten Ursachen.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. König-Preuss, Die Linke: Steht in der Rede eigentlich drin, wann Sie für einen Applaus eine Pause machen sollen?)

(Abg. Maurer)

Die strukturellen Ursachen der Armutsbekämpfung, um langfristige Nachteile für Betroffene, Kinder und andere Bevölkerungsgruppen zu minimieren, wäre Sache einer Familienpolitik, die die Familie in das Zentrum ihrer Bemühungen stellt. Keine der bislang über 150 familienpolitischen Leistungen hat Familienarmut sinken lassen.

(Zwischenruf Abg. Schubert, Die Linke: Jetzt!)

Zahlreiche Thüringer sind arm oder armutsgefährdet, obwohl sie Jahr für Jahr fleißig arbeiten. Am Ende bleibt für viele unserer Bürger nur wenig in der Lohntüte bzw. von der Rente übrig, denn Deutschland hat mittlerweile eine der höchsten Steuern- und Abgabenlasten aller Industrieländer. Das ist die Folge einer verfehlten Politik.

(Beifall AfD)

Immer mehr Menschen werden ins Land gelassen, die finanziert werden müssen. Steuergeld wird in aller Herren Länder in fragwürdige Projekte gesteckt. Die Politik betreibt mit ihrer irrsinnigen Energiewende die Deindustrialisierung unserer Wirtschaft in einem beispiellosen Ausmaß.

(Beifall AfD)

Firmen werden durch hohe Energiepreise, Bürokratie und falsche Weichenstellungen ins Ausland getrieben oder müssen ganz schließen.

(Zwischenruf Abg. König-Preuss, Die Linke: Freie Rede ist vorgegeben!)

In der Folge gehen Arbeitsplätze verloren. Eine verfehlte Finanzpolitik heizt die Inflation an, verteuert das Leben für die Bürger und entwertet das Ersparte. Dies alles führt dazu, dass viele Bürger mit fast leeren Händen dastehen, insbesondere auch am Ende eines Arbeitslebens. Sie, verehrte Kollegen von den Linken, benennen weder die Ursachen der Armutsgefährdung noch beabsichtigen Sie eine Kurskorrektur.

(Zwischenruf Abg. König-Preuss, Die Linke: Aber wir reden frei!)

Stattdessen werden Maßnahmen gefordert, die das Armutsrisiko vor allem mit Geld zuschütten sollen.

(Unruhe AfD)

Der Bürger als Objekt einer staatlichen Wohltat, dem kein wirtschaftlicher Freiraum zur Gestaltung seines Lebens zugebilligt werden soll. Familienarmut bekämpft man nicht durch noch mehr staatliche Transferleistungen und Umverteilung, die letztlich wieder die Steuerzahler belasten. Die Kindergrundsicherung wäre ein hohes leistungsloses Einkommen, das die Arbeitsleistung von Menschen unattraktiv macht, das Lohnabstandsgebot aufhebt und damit Anreize für die Arbeitsaufnahme reduziert. Familien müssen stattdessen von Steuern und Abgaben entlastet werden, damit sie unabhängig von staatlichen Transferleistungen ihr Leben frei gestalten können.

(Beifall AfD)

Auch die anderen Forderungen der Linken von einer sanktionsfreien Bürgergelderhöhung, einer solidarischen Pflegevollversicherung für die gesamte Bevölkerung, einer besseren Inklusion von Menschen mit Behinderungen, einer Rentenreform und mehr klingen sehr sozial, sind aber in der vorliegenden Form allenfalls Plattitüden,

(Zwischenruf Abg. Schubert, Die Linke: Solidarität!)

nicht durchdacht, geschweige denn finanzierbar.

(Beifall AfD)

Eine so starke Erhöhung der Sozialausgaben, wie von den Linken in den genannten Bereichen gefordert, während einer anhaltenden Wirtschaftskrise kann nicht nachhaltig finanziert werden, erhöht die Staatsausgaben, führt zu Preissteigerungen und Inflation,

(Zwischenruf Abg. Schubert, Die Linke: Das ist doch Quatsch! Gucken Sie sich mal die Berechnungen an!)

verschlechtert die Wirtschaftsperspektiven und hat negative Auswirkungen auf die Arbeitsmarktbeteiligung und die Produktivität.

Ich bin äußerst gespannt auf die Antwort der Landesregierung zum vorliegenden Antrag. Wir als AfD-Fraktion lehnen diesen Antrag in seiner jetzigen Form ab. Ich bedanke mich.

(Beifall AfD)

Als Nächstes rufe ich für die SPD-Fraktion Frau Abgeordnete Dr. Urban auf. Bitte schön.

Sehr geehrte Kollegen, sehr geehrte Frau Präsidentin, ja, finanzielle Unsicherheit, Armut, wir haben es gehört, ist auch für manchen Thüringer hier in unserem Land bittere Realität. Laut des Mikrozensus waren 2023 über 17 Prozent der Thüringer von Armut betroffen. Bundesweit – das wurde schon gesagt – sind Spitzenreiter die Alleinerziehenden mit drei und mehr Kindern mit allein 43,2 Prozent, die am häufigsten von Armut betroffen sind. Ja, wir müssen auch leider über Armut im Alter sprechen, denn diese – und da sind wir auch wieder bei den Frauen – betrifft vor allem Frauen über 65. Fast jede fünfte Frau dieser Altersgruppe verfügt über ein Einkommen, was unter der Armutsschwelle liegt. Ich glaube, die Gründe dafür haben wir in den letzten zwei Tagen ausführlich diskutiert, das Gender Pay Gap, die Arbeitsmarktsituation, die Arbeitsbiografien der Frauen. Und egal wie, es ist, glaube ich – und da sind wir uns hoffentlich hier

einig, sehr geehrte Damen und Herren –, für ein wohlhabendes Land wie Deutschland beschämend und absolut nicht akzeptabel für die drittgrößte Volkswirtschaft, dass überhaupt solche Zahlen in unserem Land aufgerufen werden.

Lassen Sie mich hier nur einen ganz kurzen Seitenschwenk machen zu meinen Vorrednerinnen. Ich gebe der Frau Maurer recht, denn die Frage, wie man Armut definiert, Frau Heber, oder ob jetzt Familien genannt sind, ich war auch sehr viele Jahre alleinerziehende Mutter nur mit zwei Kindern, bin auch nicht von Armut betroffen, aber ich habe mich auch als Familie verstanden. Ich glaube, das muss man hier sagen, Familien haben viele Gesichter und ich glaube, Frau Maurer hatte das auch ausführlich noch mal zum Ausdruck gebracht. Das unterstütze ich ausdrücklich.

In jedem Fall, was ich auch unterstütze, ist die Frage, dass Armut eben nicht allein über einen Mangel an Geld definiert ist, aber Armut steht in einer Linie mit Mangel an Chancen. Wir reden dann über weniger Chancen auf gute Bildung, weniger Chancen auf einen sicheren Arbeitsplatz, weniger Chancen auf soziale Teilhabe und auch weniger Chance auf gesundheitliche Vorsorge. Deswegen – und da steht die SPD Thüringen und auch die Bundes-SPD absolut dahinter – wollen wir natürlich, dass niemand zurückgelassen wird, gerade in Thüringen niemand zurückgelassen wird, dass wir versuchen, soziale Gerechtigkeit in Form von konkreten politischen Maßnahmen umzusetzen. Wir als SPD, als Teil der letzten Landesregierung, möchten

(Abg. Luhn)

diesen eingeschlagenen Weg, den wir unter Rot-Rot-Grün begonnen haben, fortsetzen. Wir haben in der vorherigen Legislatur in Thüringen durch eine Vielzahl von Initiativen und Sozialprogrammen gegen Armut gekämpft. Wir haben für Bildungsförderung gekämpft und wir haben auch für die Unterstützung von Familien gekämpft. Wir glauben, dass wohnort- und sozialraumbezogene Konzeptionen mit aktivierendem Beitrag durchaus zur sozialen Integration und damit auch effektiv zum Abbau von Armut beitragen können. Wir möchten diesen Weg fortsetzen, indem wir Geld in die Hand nehmen, weil jeder weiß, solche Programme laufen eben nicht ohne eine finanzielle Unterstützung. Deswegen werden wir das auch in den zukünftigen Haushaltsverhandlungen verteidigen. Ich bin mir sicher, dass sich auch SPD-Ministerin Katharina Schenk energisch und nachhaltig dafür einsetzen wird.

Deshalb vielleicht an dieser Stelle jetzt mal zu den Kritikpunkten bzw. –„Kritikpunkte“ ist vielleicht das falsche

Wort – zu einem Aspekt, der uns diesen Antrag ein bisschen schwierig macht. Prinzipiell: Ja, ein Großteil der Aussagen, die sich in dem Antrag der Linken finden, ist richtig. Aber wir müssen korrekterweise auch sagen, dass viele der genannten sozialpolitischen Punkte nicht allein Thüringer Probleme sind. Das sind Bundesprobleme, das sind deutsche Probleme. Wir müssen auf jeden Fall in Richtung Bund schauen, wenn es da auch um diese Lösung geht. Und ja, auch wir – das kann ich jetzt für die Thüringer SPD sagen – sind enttäuscht, dass die nun abgewählte Ampel die Kindergrundsicherung – ich glaube, das lag an der FDP – nicht einführen konnte. Wir glauben, es wäre ein wichtiger Schritt zur Bekämpfung von Kinderarmut gewesen. Aber wir glauben, wie gesagt, dass Armut in Deutschland kein Thüringer Problem ist, sondern dass es eher ein gesamtdeutsches Problem ist und es eine Frage ist, wie man faire Löhne sicherstellt, wie man eine gerechte Steuerpolitik konzipiert, wie man unsere Sozial- und Rentensysteme sichert und stärkt. Dafür wollen wir als Thüringer SPD auf jeden Fall mit unseren Kollegen im Bund weiterkämpfen. Wir glauben, dass Armutsbekämpfung wirklich einer nationalen Priorität bedarf und dass es eben nicht alleine eine isolierte Frage einzelner Länder oder gar eine isolierte Frage von Thüringen sein kann. In diesem Sinne herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall BSW, SPD)

Danke schön. Gibt es weitere Wortmeldungen? Bitte, Herr Wogawa.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Zuhörer, wenn man als Letzter in der Debatte redet, ist sicherlich das eine oder andere schon gesagt. Ich möchte trotzdem einen Punkt an den Beginn meiner Rede setzen. Beim Antrag der Linksfraktion „Armut in Thüringen bekämpfen“ fällt natürlich sofort auf, dass er vorrangig bundespolitische Themen aufgreift. Das ist ja von der Rednerin der Linken auch zugegeben worden.

(Beifall BSW, SPD)

Was wir noch problematischer finden, ist, dass er so tut, als könne man Bundesaufgaben einfach in Landesangelegenheiten umdeuten. Das geht aber nicht. Ob es um die Einführung einer Kindergrundsicherung geht, ob es um die Anhebung des Rentenniveaus geht, die Reform des Bürgergeldes, der angesprochene Mindestlohn, all diese durchaus relevanten Fragen, das gebe ich gern zu, müssen eigentlich im Bundestag zur Diskussion gestellt und dort entschieden werden. Der Thüringer Landtag sollte sich auf die Themen konzentrieren, für die wir im föderalen Gefüge zuständig sind und bei denen wir konkrete Handlungsspielräume

(Abg. Dr. Urban)

besitzen. Wenn die Linke jetzt eine Bundesratsinitiative fordert, dann frage ich: Warum nicht letztes Jahr? Warum soll die neue Landesregierung Ihre Arbeit machen, die Sie in den letzten Jahren nicht gemacht haben?

(Beifall BSW)

Es ist wirklich und grundsätzlich nicht sinnvoll, hier Themen aufzuwerfen, deren Lösung nur gesamtgesellschaftlich entschieden wird. Denn das suggeriert eine Kompetenz Ihrer Fraktion, die Sie schon formal nicht haben, weil wir, wie gesagt, hier im Thüringer Landtag sind und nicht im Deutschen Bundestag.

Dann gibt es in Ihrem Antrag noch einen Fragenkatalog. Natürlich müssen vergangene Versäumnisse kritisch aufgearbeitet werden, da sind wir gern dabei. Die intensive Auseinandersetzung mit der Armutsproblematik muss dazugehören, gerade wenn offengelegt wird, was unter der früheren Regierung erreicht oder eben nicht erreicht wurde. Und ich möchte noch einmal darauf aufmerksam machen, dass das Ressort für Soziales in den letzten zehn Jahren Linke-geführt war.

(Zwischenruf Abg. Müller, Die Linke: Und zwar gut!)

Doch Ihre daraus geleiteten Forderungen aus dem Fragenkatalog, die gehen ohnehin fehl, liebe Kolleginnen und Kollegen, denn sie führen noch dazu in Bereiche, in denen der Haushalt, der – daran möchte ich noch einmal erinnern an der Stelle – noch von der rot-rot-grünen Landesregierung aufgestellt wurde, keine zusätzlichen finanziellen Spielräume aufweist.

(Beifall BSW)

(Zwischenruf Abg. Müller, Die Linke: Wer ist Haushaltsgesetzgeber?)