Protokoll der Sitzung vom 07.03.2025

Und die Brücke ist gerade genannt worden. Also nehmen Sie insofern mit: Es gibt Rieseninvestitionsbedarf in Deutschland. Über die Ursachen kann man spekulieren und kann man reden, aber wir müssen Schulden aufnehmen, damit Sie eine Zukunft haben und damit Sie auch eine Zukunft vorfinden, in der Sie sich wohlfühlen.

Dekarbonisierung: Also vor vier Wochen hieß das noch Klimavoodoo. Das heißt, da drüben sitzt eine Fraktion, die bestreitet, dass wir einen Klimawandel haben.

(Unruhe AfD)

(Zwischenruf Abg. N. Hoffmann, AfD: Das ist falsch!)

Doch, Sie bestreiten, dass wir einen Klimawandel haben. Sie lehnt alle Maßnahmen ab, die zum Klimawandelausgleich dienen.

(Zwischenruf Abg. Muhsal, AfD: Sie sind Menschen, Sie sind nicht Gott!)

Wenn wir Vorschläge machen, dann merken Sie an – Sie haben es gerade vorhin gemerkt –: Es gibt kein Klimaproblem, deswegen müssen wir nichts unternehmen. Ich bin da bei Herrn Schubert, wir waren gestern erst eingeladen zum parlamentarischen Abend.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Das sind Lobbyisten!)

Ich glaube, dass nachher wahrscheinlich die Kolleginnen und Kollegen von der AfD, die da waren, nach dem Buffet verschwunden sind, denn wir haben noch ganz lange Gespräche geführt. Da war der ThüringenForst da, da waren sehr viele Unternehmen da. Und, Herr Prophet, es stimmt einfach nicht, dass es eine breite Zustimmung bei den Wirtschaftsverbänden oder bei den Kommunalverbänden gibt gegen Klimamaßnahmen. Das stimmt einfach nicht. Davon konnten wir uns gestern überzeugen. Da haben wahrscheinlich die Kolleginnen und Kollegen bei Ihnen gestern nicht zugehört, was die Leute, die was vorgetragen haben, erzählt haben.

(Unruhe AfD)

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Sie sollten auf die Unternehmer hören, nicht auf die Lobbyisten!)

Also, da drüben sitzt eine Fraktion, die glaubt, wir müssen nichts gegen den Klimawandel tun. Ich glaube, man muss ja nur draußen mal das Klima und das Wetter beobachten, dass wir da Riesenprobleme haben, und da geht es um Ihre Zukunft. Also, nehmen Sie das mit!

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Es ist Frühling, wer hätte das gedacht?!)

Und da drüben sitzt eine Fraktion, die weder Schulden machen noch etwas gegen den Klimawandel unternehmen will. Nehmen Sie das bitte mit nach Hause und reden darüber! Danke schön.

(Beifall CDU, BSW, Die Linke, SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Gibt es weitere Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten? Das, sehe ich, ist nicht der Fall. Für die Landesregierung hat sich Herr Staatssekretär Suckert zu Wort gemeldet.

(Abg. Dr. Augsten)

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, der Titel des vorliegenden Antrags der Fraktion Die Linke „Thüringens Zukunft entwickeln: Mit Investitionen und Beteiligungen den Wirtschaftsstandort nachhaltig modernisieren und Unternehmen mit ihren Arbeitsplätzen sichern“ ist sicherlich etwas, dem wir hier im Hause alle zustimmen können. Der Diskurs darüber, wie die im Titel angeführten Ziele tatsächlich erreicht werden können, ist heute wichtiger denn je. Denn im letzten Jahr ist die Wirtschaftsleistung in Deutschland nach einem Minus von 0,3 Prozent im Jahr 2023 erneut leicht um 0,2 Prozent zurückgegangen.

Seit nunmehr fast drei Jahren wechseln sich Quartale mit geringfügiger Zunahme bzw. Abnahme des Bruttoinlandsprodukts ab, mit der Folge, dass die ökonomische Aktivität natürlich stagniert. Preisbedingt liegt das Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2024 auf dem Niveau des Vor-Corona-Jahres 2019. Gegenüber anderen Industrieländern fällt Deutschland bei der Wertschöpfungsentwicklung seit der Coronapandemie kontinuierlich zurück. Das gilt vor allem natürlich auch für die USA. Aber auch im europäischen Vergleich ist die Entwicklung in Deutschland unterdurchschnittlich.

Vor dem Hintergrund der sehr schlechten Stimmungen in den Unternehmen und der Zollankündigungen nach der Regierungsübernahme durch die Trump-Administration haben Forschungsinstitute und Institutionen zuletzt ihre Prognose für das Jahr 2025 auf Wachstumsraten zwischen 0,1 und 0,5 Prozent weiter nach unten korrigiert. Eine leichte Belebung der wirtschaftlichen Dynamik wird es nach den aktuellen Prognosen erst im Jahr 2026 geben. Prognostiziert wird für 2026 ein preisbereinigtes Wirtschaftswachstum von etwa 1 Prozent. Die Gründe für die insgesamt schwache Wirtschaftsentwicklung in der Bundesrepublik liegen sowohl in strukturellen als auch in konjunkturellen Faktoren.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Das liegt an der Regierungsbank, Herr Kollege!)

Maßgeblich bleibt die schwache Entwicklung der Industrie, deren internationale Wettbewerbsfähigkeit durch – das wurde schon mehrfach genannt – hohe Energiepreise, Steuer- und Abgabenbelastungen, zunehmendem Bürokratieaufwand und hohe Unsicherheit, ob die zum Umbau des Energiesystems sowie zur Flankierung der Transformation der Industrie notwendigen Investitionen tatsächlich getätigt werden.

Prognostiziert wird ferner, dass auch die Bauinvestitionen im Jahr 2025 noch einmal sinken werden. Ein weiterer Faktor sind die drohenden Zölle für die Exporte in die USA. Die Krise, das kann man somit zusammenfassen, in der Industrie spitzt sich somit zu. Derzeit liegt die deutsche Industrieproduktion rund 10 Prozent unter ihrem Niveau des Jahres 2019. Die schlechte Auftragslage und der Abbau von Produktionskapazitäten für die Warenproduktion haben inzwischen auch zu einem deutlichen Beschäftigungsrückgang geführt.

Bundesweit gehen laut IAB aktuell fast 10.000 Industrieplätze pro Monat verloren. Für die Wirtschaftsentwicklung in Thüringen ist die Industrie – das wurde auch schon mehrfach erwähnt – natürlich von besonderer Bedeutung. Wir sind zu Recht stolz auf das, was in den Unternehmen in den letzten Jahrzehnten flankiert von guten Förder- und Rahmenbedingungen erreicht worden ist. Entsprechend groß sind jedoch die Herausforderungen, vor denen wir alle aktuell stehen. Einige werden in dem vorliegenden Antrag der Fraktion Die Linke angesprochen: Dekarbonisierung, Digitalisierung, demografischer Wandel. Dieser Dreiklang ist hinlänglich bekannt. Wir sind uns einig, dass es erhebliche Investitionsbedarfe in den Unternehmen und im öffentlichen Bereich gibt. Ebenfalls werden große Anstrengungen erforderlich sein, um Menschen im Strukturwandel weiterzubilden, zu qualifizieren und damit in neue Beschäftigungsverhältnisse zu führen.

Entsprechend weist der Antrag im Abschnitt 2 auf Schnittmengen mit dem Regierungsvertrag der Koalition auf. Das betrifft an erster Stelle das Thema „Investitionen“. Wir teilen die Auffassung, dass wir trotz der

schwierigen Haushaltslage mehr öffentliche Investitionen zur Modernisierung Thüringens mobilisieren müssen, und zwar sowohl auf Landes- als auch auf kommunaler Ebene.

Über die angesichts knapper Mittel zu setzenden Prioritäten müssen wir aber diskutieren. Ebenfalls benötigen wir flankierende Instrumente zur Stimulierung der privaten Investitionstätigkeit. Zur Unterstützung des Transformationsprozesses in der Automobil- und Zulieferindustrie werden wir am 24. März den Branchendialog „Automobilindustrie“ neu starten. Die Thüringer Automobil- und Zulieferindustrie inklusive der Unternehmen aus vor- und nachgelagerten Branchen, wie Elektrik und Elektronik, Gummi- und Kunststoff, Textil und Maschinenbau, ist eine Schlüsselbranche der Thüringer Industrie. Insgesamt stehen in Thüringen rund 600 Unternehmen in Kunden- und Lieferantenbeziehungen mit der klassischen Automobil- und Zulieferindustrie oder sind Bestandteil dieser. In diesen Unternehmen arbeiten nahezu 80.000 Beschäftigte.

Die Wiederaufnahme des Branchendialogs „Automobilindustrie“ soll als Plattform für den Austausch aller relevanten Stakeholder einen mittelfristigen Dialogprozess in Gang setzen. Der Dialog soll Maßnahmen identifizieren, die insbesondere den regionalen Strukturwandel im Hinblick auf die Schaffung von wettbewerbsfähigen Arbeitsplätzen in neuen Feldern mit Wachstumspotenzial unterstützen. Der Blick auf staatliche Instrumente ist wichtig, reicht aber bei Weitem nicht aus. Es gibt bereits viele Angebote zur Unterstützung des Transformationsprozesses in der Investitions-, Innovations-, Beratungs- bzw. Qualifizierungsförderung. Diese Angebote werden aber derzeit nur eingeschränkt von den Unternehmen angenommen. Das gilt zum Beispiel auch für die GRW-Mittel – Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Regionalen Wirtschaftsstruktur“ –, die im letzten Jahr noch stärker auf Transformationsinvestitionen ausgerichtet wurden.

Insgesamt gesehen greift der Antrag angesichts der massiven Struktur- und Vertrauenskrise, die wir derzeit erleben, daher zu kurz. Darüber hinaus bergen einige Vorschläge die Gefahr eines überbordenden Bürokratismus, auch dies wurde schon mehrfach angesprochen. So ist die Idee einer auf Nachhaltigkeitskriterien ausgerichteten Industriebeteiligungsstrategie in der vorliegenden Form einer Planwirtschaft näher als einer sozialen Marktwirtschaft. Unternehmen investieren nicht, weil die Rahmenbedingungen in Deutschland nicht stimmen und deshalb sind hier daher konkrete Maßnahmen zur Verbesserung dringend erforderlich.

Wichtig in diesem Zusammenhang ist, in der Transformation konsequent auf marktwirtschaftliche Anreize zu setzen – auch das wurde schon vorgetragen –, statt über das Ordnungsrecht bürokratische Vorgaben zu machen. Ich nenne hier nur Gebäudeenergiegesetz, technologische Einschränkungen im Automobilbereich,

(Zwischenruf Abg. Prophet, AfD: Dann macht mal!)

Maßnahmen zur Sicherung der Verlässlichkeit und Bezahlbarkeit der Energieversorgung im Übergang zu einem dekarbonisierten Energiesystem: wirksamer Bürokratieabbau, vor allem durch Reduzierung von Dokumentations- und Berichtspflichten und mehr unternehmerische Freiheit, die Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen, vor allem für Investitionen, und die Absicherung der Finanzierung von Investitionen in die Modernisierung der Infrastruktur. In Thüringen werden die Wirtschaftspolitik und attraktive Standortbedingungen wieder stärker in den Mittelpunkt der Landespolitik rücken. Wir werden unsere strukturpolitischen Instrumente so einsetzen, dass das Wirtschafts- und Produktivitätswachstum gestärkt, der Strukturwandel vorangetrieben und Unternehmen in der Transformation unterstützt werden.

Wir müssen uns aber auch ehrlich machen: All dies wird natürlich nicht über Nacht zu schaffen sein. Es bedarf eines langen Atems und der Bereitschaft, die Belange der Wirtschaft nachhaltig zu priorisieren. Diese Landesregierung ist dazu bereit und wir werden über die Fortschritte regelmäßig hier im Plenum des Landtags und in den Ausschüssen berichten. Die in Ihrem Antrag geforderten jährlichen Berichterstattungen

(Staatssekretär Suckert)

lehnen wir kategorisch ab. Solche Berichte wären ein weiterer Beitrag zum Aufbau zusätzlicher Bürokratie und zur Lähmung der Landesverwaltung. Vielen Dank.

(Beifall CDU, BSW, SPD)

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Gibt es weitere Wortmeldungen? Das, sehe ich, ist nicht der Fall. – Herr Prophet. Wie viel Zeit hat die AfD? Keine.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Doch! – Das waren doch mehr als zehn Minuten!)

Nein, es waren 39 Sekunden übrig. Das kann ich Ihnen ganz genau sagen, Herr Möller. Sie haben auch einen Schriftführer hier sitzen, da können Sie auch noch mal nachfragen. 39 Sekunden hätte Herr Suckert noch reden können.

Es ist Ausschussüberweisung beantragt, und zwar an den Ausschuss für Wirtschaft, Landwirtschaft und Ländlichen Raum. Eine weitere Ausschussüberweisung habe ich nicht vernommen, sehe ich hier auch nicht. Dann würde ich über die Überweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Landwirtschaft und Ländlichen Raum abstimmen lassen. Wer der Überweisung zustimmt, bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus den Fraktionen Die Linke, SPD, AfD, CDU.

(Zwischenruf Abg. Cotta, AfD: Nein!)

Keine AfD, Entschuldigung! Das sind die Stimmen aus den Fraktionen Die Linke, SPD, BSW, CDU. Wer stimmt gegen die Ausschussüberweisung? Das sind die Stimmen aus der AfD-Fraktion. Gibt es Enthaltungen? Das, sehe ich, ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag an den Ausschuss für Wirtschaft, Landwirtschaft und Ländlichen Raum überwiesen.

Ich schließe damit den Tagesordnungspunkt und rufe als Nächstes auf den Tagesordnungspunkt 13

Nutzung der Praktikumsprämie für

das Thüringer Handwerk auch bei vorläufiger Haushaltsführung sichern Antrag der Fraktion Die Linke - Drucksache 8/330 -

Ist Begründung gewünscht? Das ist gewünscht. Herr Abgeordneter Schubert, ich erteile Ihnen das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer auf der Tribüne, insbesondere diejenigen, die als Schülerinnen und Schüler uns hier folgen!

Im vergangenen Jahr wurde auf Initiative meiner Fraktion, der Linksfraktion, erstmals die Praktikumsprämie im Handwerk als ein neues Instrument in der Berufsorientierung in Thüringen getestet, und zwar mit großem Erfolg. Die Zahlen sprechen für sich. 479 Schülerinnen und Schüler haben insgesamt 752 Wochen Praktikum im Handwerk absolviert, und zwar in Handwerksbetrieben, die eine Ausbildungsberechtigung haben und dort auch im Ergebnis dieser Praktikumskontakte Ausbildungsverhältnisse anbahnen konnten.

(Staatssekretär Suckert)

Die Handwerkskammern haben dieses neue Instrument wiederholt als zielgenau und bürokratiearm gelobt und auch die Landesregierung hat auf Nachfrage in meiner Kleinen Anfrage eingeschätzt, dass angesichts der Nachfrage und der tatsächlichen Teilnehmerinnen- und Teilnehmerzahlen im Jahr 2024 sie das für ein geeignetes Instrument zur Berufsorientierung hält. Eine anderslautende Bewertung ist auch aus der neuen Landesregierung nicht bekannt. Alle wollen also die Fortsetzung dieses sinnvollen Instruments der Berufsorientierung. Ja, mehr noch, ob des Erfolgs gibt es sogar neue Begehrlichkeiten zur Ausweitung dieses für das Handwerk konzipierten Instruments. Es gibt einen Beschluss der IHK-Vollversammlung hier aus Erfurt vom Dezember letzten Jahres, die also fordern, auffordern die Landesebene, dieses Instrument auch auf alle anderen Berufsfelder auszuweiten.

Auch wenn dieser Antrag, den wir jetzt diskutieren, aufgrund der Abarbeitungsstände aus dem Januar in