Protokoll der Sitzung vom 07.03.2025

Okay. Da wollte ich nur sichergehen. Alles klar.

In der Zeit, bis Herr Küntzel nach vorn kommt, begrüße ich da oben auch neue Schüler und junge Leute, die offensichtlich ein Interesse auch an unserer Runde hier unten haben. Wir beschäftigen uns gerade mit der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses mit dem Ziel „Untersuchung, Aufklärung und Beurteilung der Amtsführung des Präsidenten des Amts für Verfassungsschutz und weiterer Verantwortungsträger im Zusammenhang mit dem ‚Kramer-Komplex‘“ –nur zur Info.

Jetzt hat Abgeordneter Küntzel vom BSW das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer, mit dem Antrag der AfD-Fraktion soll ein Untersuchungsausschuss eingesetzt werden, der die zurückliegende Arbeitsweise des Präsidenten des AfV und seiner Behörde prüft. Es geht dabei um schwerwiegende Vorwürfe. Diese betreffen nicht nur die Amtsführung des Verfassungsschutzpräsidenten, sondern werfen auch die Frage auf, ob der Verfassungsschutz in Thüringen in einer Weise arbeitet, die mit den Grundsätzen der Rechtstaatlichkeit und der politischen Neutralität vereinbar ist.

Eine wehrhafte Demokratie braucht einen Verfassungsschutz, der gemäß seinem gesetzlichen Auftrag in Thüringen handlungsfähig sein muss und sich strikt und ausschließlich seiner verfassungsmäßigen Aufgaben gemäß § 4 Thüringer Verfassungsschutzgesetz widmet. Der Verfassungsschutz darf kein politisches Instrument sein, sondern ist elementarer Bestandteil der Thüringer Sicherheitsarchitektur. Das Amt des Präsidenten stellt eine herausragende Position in dieser Behörde dar, die dem Schutz unserer Verfassung und unserer Demokratie dient. In dieser Rolle muss es selbstverständlich sein, das nicht nur fachlich korrekt gehandelt wird, sondern auch ein hohes Maß an politischer Neutralität und Integrität besteht. Es ist entscheidend, dass die Bürgerinnen und Bürger Vertrauen in diesem Nachrichtendienst haben und wissen, dass er unparteiisch und unabhängig arbeitet, um unsere demokratischen Werte zu schützen.

Die im Antrag zur Sprache kommenden Vorwürfe werfen die Frage auf, ob diese Unabhängigkeit und Neutralität des Präsidenten gewahrt geblieben sind. Es wird unter anderem die Frage aufgeworfen, ob der Verfassungsschutz in Thüringen möglicherweise in einer Weise geführt wurde, die politisch beeinflusst

(Abg. Marx)

war oder ob es Verstöße gegen die Verschwiegenheitspflicht gegeben hat. Solche Vorwürfe sind ernst zu nehmen, da sie das Vertrauen in die Objektivität und Unparteilichkeit des Verfassungsschutzes erschüttern könnten.

Besondere Aufmerksamkeit gilt auch der Frage, ob die Einstufung der Thüringer AfD rechtskonform und zulässig war. Es muss sichergestellt sein, dass solche Einstufungen ausschließlich auf einer rechtlich fundierten und objektiven Grundlage basieren ohne politische Einflüsse. Die Frage, inwieweit das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales seiner Aufsichtspflicht nachgekommen ist, ist ebenfalls von Bedeutung, um zu klären, ob hier mögliche Mängel in der Aufsicht und Kontrolle vorlagen.

Wir als BSW stellen uns nicht gegen eine gründliche und unvoreingenommene Untersuchung dieser Vorwürfe. Wir sind der Auffassung, dass eine faire und sachliche Überprüfung notwendig ist. Es muss geklärt werden, ob und inwieweit die Entscheidungen des Präsidenten des Verfassungsschutzes durch politische Einflussnahme oder andere unzulässige Faktoren beeinflusst wurden. Nur durch eine umfassende und transparente Aufklärung können wir sicherstellen, dass der Verfassungsschutz auch in Zukunft seine Aufgaben im Einklang mit den Grundsätzen des Rechtsstaats und im Sinne des Allgemeinwohls wahrnimmt. Ein Untersuchungsausschuss soll darauf abzielen, alle relevanten Fragen vollständig und ohne politische Einflussnahme zu beantworten. Vorverurteilungen sind in diesem Zusammenhang dringend zu unterlassen. Sollte sich jedoch herausstellen, dass der Präsident des Verfassungsschutzes seine Befugnisse überschritten hat, müssen natürlich die entsprechenden rechtlichen Konsequenzen folgen. Abschließend möchte ich noch einmal betonen, dass es bei dieser Untersuchung nicht darum gehen darf, politisch motivierte Auseinandersetzungen zu führen,

(Beifall BSW)

sondern um die Wahrung der Integrität und Neutralität des Verfassungsschutzes. Es muss vielmehr darum gehen, das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in eine Institution zu sichern, die für den Schutz unserer Demokratie und unserer Verfassung zuständig ist. Ich würde mich daher freuen, wenn alle Beteiligten diesen Ausschuss mit der notwendigen Sorgfalt, Objektivität und Unvoreingenommenheit führen. Vielen Dank.

(Beifall CDU, BSW, SPD)

Danke schön. Als nächstem Redner erteile ich das Wort Herrn Möller von der AfD-Fraktion. Sie möchten jetzt doch nicht reden?

(Zuruf Abg. Möller, AfD: Wir lassen erst einmal die anderen reden!)

(Zuruf Abg. Muhsal, AfD: Er kommt noch dran!)

Dann habe ich als Nächstes Herrn Urbach, CDU-Fraktion. Ich kann schon sagen, Herr Möller, dann dürfen Sie sich dann danach bereit machen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Besucher, bevor wir zum großen Finale kommen und Herr Möller hier eine seiner letzten Reden im Landtag hält, würde ich noch einmal – er wird wahrscheinlich noch den Rest des Tages reden – meine Ausführungen machen.

(Abg. Küntzel)

Wir besprechen heute den zweiten Antrag der AfD zur Einsetzung des Untersuchungsausschusses zur Untersuchung der Amtsführung des Amtes für Verfassungsschutz. Wir erinnern uns: Das gab es schon einmal im Dezember. Sie haben das in der Aktuellen Stunde angekündigt und als wir dann im Januar einen Änderungsantrag eingebracht haben, sahen Sie sich nicht in der Lage, den zu beraten, und haben deshalb darum gebeten, dass wir das verschieben. Zu diesem Antrag hier haben wir heute zwei Änderungsanträge eingebracht. Zum Glück haben Sie den Antrag an sich kaum verändert, sodass ich meine Rede quasi recyceln kann, die schon einmal vorbereitet war. Und Sie machen genau das, recyceln, und zwar alter Vorwürfe gegen das Amt für Verfassungsschutz, die Sie hier vortragen. Sie haben eine große Zahl von Fragen eingereicht, über 50. Im Kern geht es Ihnen jedoch um die Frage der Einstufung des Landesverbands der AfD als gesichert rechtsextrem. Im Antrag thematisieren Sie eine Reihe Jahre alter Vorwürfe gegen den Präsidenten des Amts. Auffällig ist, dass sich der Antrag wie ein genereller Angriff auf das Amt liest und dazu geeignet ist, Misstrauen in diese wichtige Säule der Sicherheitsarchitektur unserer Werte und Demokratie zu schüren.

(Unruhe AfD)

Wir brauchen aber einen gut funktionierenden Verfassungsschutz. Dieser muss personell, organisatorisch und technisch hinreichend ausgestattet sein. Wir wollen keine Parallelgesellschaften mit eigenen Gesetzen außerhalb unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Wir wollen nicht, dass jemand diese Ordnung angreift. Um eben diese Bedrohung zum Beispiel durch politischen oder auch religiösen Extremismus zu erkennen und zu beobachten, brauchen wir den Verfassungsschutz. Dabei unterliegt dieser aber immer auch der Kontrolle aller Staatsgewalten und verfügt über keinerlei Zwangsgewalten. Weil sich der Verfassungsschutz dabei strikt und ausschließlich seinen verfassungsgemäßen Aufgaben gemäß § 4 des Thüringer Verfassungsschutzgesetzes zu widmen hat, ist er faktisch eben kein politisches Instrument, wie es im Antrag suggeriert wird. Um mit einer weiteren Fehlbehauptung aus Ihrem Antrag – zu finden in Abschnitt D Punkt 8 und 9 – aufzuräumen: Die Parlamentarische Kontrollkommission ist durch den Landtag der 7. Wahlperiode durch geheime Wahlen rechtmäßig besetzt worden. Die in ihr tätigen Parlamentarier waren allseits bekannte und geschätzte Mitglieder dieses Hohen Hauses und sie haben jeweils zwei Drittel der Stimmen des Landtags erhalten. Dass Sie nun die Integrität von Raymond Walk, Jörg Kellner, Dirk Bergner und auch von Frau Kollegin Marx mit diesem Antrag infrage stellen, ist nicht akzeptabel.

(Beifall BSW, SPD)

Die Kommission hat sich ordnungsgemäß konstituiert und sie tagt auch regelmäßig. Und dass dies alles AfD-Hasser seien, wie Sie das eben hier vorgetragen haben, das möchte ich ebenfalls grob infrage stellen. Dass natürlich gerade diejenigen versuchen, die Behörde in Verruf zu bringen, deren Aktivitäten von ihr beobachtet werden, ist in gewisser Weise nachvollziehbar, aber dennoch auch auf ihre Art und Weise verwerflich. Denn das, was Sie mit dem Amt für Verfassungsschutz im Falle einer Regierungsübernahme vorhaben, haben Sie im November 2023 in Pfiffelbach schon klar gesagt. Ich zitiere: „Dieser Verfassungsschutz wird keine Gesinnungsschnüffelei mehr betreiben,“,

(Zwischenruf Abg. Dr. Dietrich, AfD: Genau so!)

(Beifall AfD)

sagte der Fraktions- und Landesvorsitzende Björn Höcke, „der wird vor allem eins machen: Der wird Wirtschaftsspionage aufklären.“ Wirtschaftsspionage ist wichtig, aber es ist nicht der Kernauftrag dieses Amts.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Echt?)

Natürlich muss sich der Verfassungsschutz auch Kritik stellen. Wenn es Berichte über Personalprobleme gibt, wenn Stellen unbesetzt sind, dann müssen wir das ernst nehmen. Dafür haben wir die Parlamentarische Kontrollkommission,

(Heiterkeit AfD)

(Zwischenruf Abg. Muhsal, AfD: Wer genau ist da Mitglied?)

in der der Innenminister regelmäßig Rede und Antwort steht und die uns hier öffentlich alle zwei Jahre über ihre Arbeit informiert, zuletzt im Juni 2024.

Natürlich haben wir auch die Schwierigkeiten bei der Besetzung der PKK gesehen. Aber statt eines Delegitimierungsversuchs – wie man diesen Untersuchungsausschuss auch deuten könnte – haben wir eine Lösung gefunden. Mit dem Entwurf zur Änderung des G10-Gesetzes und des Verfassungsschutzgesetzes, den wir heute noch beschließen werden, schauen wir nach vorn, um etwas zu verbessern. Im Gegensatz dazu schauen Sie klagend zurück. Aber natürlich, das Minderheitenrecht hier im Plenum ist klar, und es wird diesen UA geben. Es braucht dafür ein Fünftel der Mitglieder des Parlaments. Daher kann die AfD mit ihrem guten Drittel der Mandate Untersuchungsausschüsse einsetzen.

Da der Ausschuss also kommen wird, werden wir mit zwei schon vorgestellten Änderungsanträgen zumindest aus unserer Sicht Fehler korrigieren. Sie wollen die Ausschussgröße auf 14 Mitglieder festsetzen. Als Koalitionspartner beantragen wir mit unserem Änderungsantrag in Drucksache 8/404, dass der Ausschuss aus zwölf Mitgliedern besteht und somit an die Größe angepasst wird, die der Landtag der 8. Wahlperiode für Fachausschüsse vorgesehen hat.

Wenn wir uns schon mit den Grundlagen der Einstufung der AfD als gesichert recht extrem beschäftigen müssen, dann wollen wir als Koalition mit der Ergänzung im Änderungsantrag in Drucksache 8/407 auch untersuchen, welche verfassungsrechtlichen und einfach gesetzlichen Vorgaben das Amt als Rechtsgrundlagen hierfür herangezogen hat. Das sollte in Ihrem Sinne sein.

Lassen Sie mich zum Schluss noch einmal klar betonen: Wir als CDU stehen für einen Verfassungsschutz,

der seine gesetzlichen Aufgaben erfüllt, unabhängig, rechtsstaatlich und effektiv. Es ist uns wichtig, die im Raum stehenden Vorwürfe auszuräumen, damit der Verfassungsschutz seine Arbeit wieder in ruhigem Fahrwasser ausführen kann. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Amt möchte ich an dieser Stelle einmal sagen: Herzlichen Dank. Sie arbeiten naturgemäß fernab der Öffentlichkeit, sie sind weniger sichtbar als Polizei oder Feuerwehr, aber sie sind nicht weniger wichtig.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, BSW, SPD)

Wir danken Ihnen. Und jetzt hat Herr Möller von der AfD das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste, sehr geehrter Herr Urbach, heute werden Ihnen noch ein paar Mal die Ohren bluten, weil heute kann ich noch ein paar Mal hier vor. Das werden Sie noch mal aushalten müssen.

(Abg. Urbach)

Ich habe jetzt einiges gehört, auf das ich gern eingehen möchte. Zunächst vielleicht auf Frau Marx: Also Frau Marx, Sie versuchen hier immer so ein bisschen das wiederzugeben, was Sie für die Verschwörungserzählung der AfD halten. Eins werden wir sicherlich nicht behaupten, dass es Ihnen gelungen ist, uns kleinzuhalten.

(Beifall AfD)

Im Gegenteil: So einiges, was Sie falsch gemacht haben, hat uns groß gemacht, würde ich sagen. Wenn Sie sagen, das wäre hier so eine Art kleine Verschwörung, die SPD hier im Land bekämpft die AfD und es kann ja gar keine kleine Verschwörung sein, weil es gibt ja schließlich andere Bundesämter, es gibt ein Bundesamt, es gibt andere Landesämter, die die AfD auch gern beobachten möchten oder es schon tun – ja, da haben Sie recht, es ist dann keine kleine Verschwörung, es ist eine große Verschwörung, weil im Bundesamt für Verfassungsschutz sitzt zwar oder saß zwar lange Zeit ein CDU-Mann an der Spitze, aber erstens war der von der SPD kaum zu unterscheiden und zweitens war seine Dienstherrin wer? Nancy Faeser von der SPD – richtig. Also, wir kommen immer wieder zur SPD, es tut mir ja leid.

(Beifall AfD)

Sie möchten gern über Landolf Ladig sprechen und über Andreas Kemper, da sind wir dann allerdings tatsächlich bei Verschwörungstheorien – nicht wahr, Frau Marx? Denn wenn jemand mit halbwegs, wenn jemand mit einer Ausbildung zu mir kommt, wo ich mich frage, ob die überhaupt die Kompetenz abdeckt, einzuschätzen, ob jemand mit jemand anderem identisch ist, und das bloß auf Grundlage eines Textes, dann werde ich schon sehr hellhörig. Und wenn ich dann mitbekomme, dass Andreas Kemper ein AfD-Hasser wirklich vor dem Herrn ist, also er ist einer der wenigen, die ganz offen und unumwunden so wie Sie sagt, die AfD muss verboten werden, und der dann als neutraler Gutachter dasteht, ob die AfD oder ein Funktionär der AfD irgendwas verzapft hat, meine Damen und Herren, ist das ungefähr so viel wert wie der Dreck unter dem Finger.

(Beifall AfD)

Das ist gar nichts wert, das hat wissenschaftlich null Anspruch und das wissen Sie ganz genau. Und „der Landolf Ladig klingt wie Höcke“ – da sage ich Ihnen jetzt mal nicht, wer von Ihnen aus Ihren Reihen für mich klingt wie Lenin und wie Stalin, da finde ich nämlich auch einige. Also wenn ich beispielsweise in Richtung Linke gucke, da gab es vor nicht allzu langer Zeit eine Listenaufstellung, ich glaube für die Europawahl, da stellte sich ein – der ist dann übrigens auch gewählt worden, wenn ich mich richtig entsinne – Kollege aus Bayern hin von den Linken und brüstete sich damit, wie man Wirte einschüchtert und notfalls eben bedroht und notfalls auch handfest agiert, wenn die die AfD oder andere unliebsame Gäste bewirten und Veranstaltungsräume zur Verfügung stellen. Seltsamerweise...

Herr Möller, lassen Sie eine Zwischenfrage von Frau Kollegin Marx zu?

Am Ende meiner Rede würde ich das gern machen, Frau Marx.