Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, spätestens nach diesem Redebeitrag müsste allen klar sein, warum das Private politisch ist.
Denn wenn wir – und da sind wir uns einig – sagen, es ist natürlich die private Entscheidung jeder einzelnen Person und es ist auch eine Verantwortung der einzelnen Person, dann müssen wir doch als Staat, als Politik die einzelne Person überhaupt in die Lage bringen, eigenständig entscheiden zu können. Solange Verhütung so sehr a) damit verbunden ist, wer die Folgen gesundheitlicher Art trägt, und b) damit verbunden ist, wer die Folgen finanzieller Art trägt, können wir nicht sagen, na, da hatten doch alle die gleichen Wahlfreiheiten. Denn das hatten sie dann eben nicht.
Ich sage auch – Begriffe wie „Geburtskontrolle“ oder „Bevölkerungspolitik“ hatten Sie, glaube ich, gerade genannt –: also entweder Antrag nicht richtig gelesen oder insofern dann doch ein bisschen frech, weil ich glaube, dass man damit natürlich sagen kann, wir erkennen an, das ist Gesundheitspolitik, wir erkennen sogar an, es ist auch ein Präventionsgedanke dahinter, aber eigentlich brauchen wir uns strategisch nicht damit beschäftigen und deswegen wollen wir das auch nicht an den zuständigen Ausschuss überweisen, was ja durchaus leicht möglich wäre.
Ich glaube auch – auch das war ja jetzt die Kritik seitens der CDU –, dass das eine Detailfrage ist. Ich glaube nicht, dass mit diesem Antrag, egal wie der hier heute entschieden wird, mal eben die ganze
Gleichstellungs- oder die ganze Gesundheits- oder die ganze Bildungspolitik an der Stelle ist, wo wir sie als Linke haben wollen. Im Gegensatz zu Ihnen sind wir aber durchaus in der Lage, uns sowohl dem großen Ganzen als auch den Detailfragen zu widmen und sie deswegen nicht an der Stelle abzuwiegeln.
Frau Tasch, haben Sie noch nie gemerkt? Das ist kein Problem. Das können Sie noch merken. Haben Sie vielleicht noch Nachholbedarf? Das ist kein Problem.
Ich würde auch sagen, wenn dann gesagt wird, die Pille für den Mann, die gibt es doch und die ist gesundheitlich nicht unbedenklich genug – in die Richtung hat ja die AfD versucht zu argumentieren, nach dem Motto, ah, wie bei Corona, um das Wort einfach auch noch mal hier in dieser Debatte genannt zu haben; da gibt es wohl eine fraktionsinterne Bingo-Karte, anders kann ich es mir kaum noch erklären –,
dann würde ich doch wirklich einfach mal raten, schauen Sie sich doch einfach mal den Beipackzettel der Pille für die Frau an. Schauen Sie sich einfach mal den Beipackzettel an. Der ist so groß, daraus können wir ein Zelt basteln.
Also wer Sorge davor hat, dass die gesundheitlichen Aspekte für das eine Geschlecht zu dramatisch sind, der soll sich doch bitte ernsthaft die gesundheitlichen Aspekte für das andere Geschlecht angucken. Und wer dann auch noch von sozialistischer Planwirtschaft faselt, weil nicht klar ist, dass Personen durchaus mehrere Verhütungsmittel gleichzeitig nutzen können, der zeigt so schön das, was wir mit diesem Antrag versuchen darzustellen, nämlich dass bestimmte Menschen immer noch bei Verhütung nur an Schwangerschaftsvermeidung denken und nicht an Gesundheitsvorsorge.
Denn ansonsten gibt es durchaus gute und logische Gründe, warum Personen sagen, ich nutze sowohl zum Beispiel die Spirale als auch das Kondom. Aber dass ich jetzt diesen Antrag nutzen muss, um doch auch noch mal so Aufklärungsarbeit zu leisten, das war mir nicht klar. Darauf hatte ich mich auch emotional gar nicht eingestellt, weil ich erwartet hatte, dass wir durchaus in der Lage sind, als Erwachsene hier eine gesundheitspolitische Debatte zu führen.
Warum bei einer gesundheitspolitischen Debatte, ich will es noch mal wiedergeben, sowohl die aktuellen Dieselpreise benannt werden als auch die aktuellen Preise für Zigaretten oder für Netflix, ich hoffe wirklich, dass niemand je versucht hat, damit zu verhüten, denn dann wäre weder das Ziel der Schwangerschaftsvermeidung noch das Ziel der Gesundheitsvorsorge
damit erreicht worden. Es würde andere Dinge vielleicht erklären, aber in die Richtung will ich mich gar nicht weiter auslassen.
Eines, was mir wichtig ist zu sagen: Na, in Partnerschaften, da werden doch Freud und Leid miteinander geteilt. Da hoffe ich natürlich, alle sagen Ja, in meiner privaten Partnerschaft ist das so. Wenn wir uns das aber strukturell angucken, kommen wir doch nicht umhin zu sagen, die Freuden, die werden oft geteilt, das
Leid aber halt nicht immer, denn es ist weiterhin die Frau, die diejenige ist, die mit den gesundheitlichen Implikationen anders betroffen ist und die häufig auch mit den finanziellen Implikationen anders betroffen ist.
(Zwischenruf Abg. König-Preuss, Die Linke: Nonverbale Zustimmung aus der CDU – für das Proto- koll!)
Ja, das mit der nonverbalen Zustimmung. Ich habe schon gedacht, ich glaube, wir müssen im Ältestenrat, das werde ich jetzt einfach als Anregung mitnehmen, auch so eine Kamera haben, die nicht nur die sprechende Person trifft, sondern mal so ein bisschen durch die Reihen geht.
Das wäre bei diesem Tagesordnungspunkt wirklich förderlich gewesen und hätte an der einen oder anderen Stelle ganz tief blicken lassen.
Der Form halber werde ich natürlich für meine Fraktion beantragen, dass dieser Antrag sowohl in den Gleichstellungsausschuss als auch in den Gesundheitsausschuss überwiesen wird.
Aber ich habe schon verstanden bei dem einen oder anderen Redebeitrag, das total unklar ist: Hä, warum sollte dieser Antrag denn in beiden Ausschüssen behandelt werden? Wir versuchen es natürlich trotzdem und hoffen sehr auf Ihre Zustimmung. Vielen Dank.
Danke schön. Möchte die Ministerin reden? Nein. Dann habe ich jetzt keine weiteren Redebeiträge angezeigt. Ich gucke noch mal in die Runde. Das sehe ich nicht. Damit treten wir direkt in die Abstimmung ein. Ich habe nun vernommen: Antrag auf Überweisung an den Ausschuss für Gleichstellung und an den Ausschuss für Soziales, Gesundheit, Arbeit und Familie. Ich würde das jetzt getrennt abstimmen lassen.
Wer stimmt einer Überweisung an den Ausschuss für Gleichstellung zu, den bitte ich um das Handzeichen. Ich sehe hier die Hände der Fraktion Die Linke. Wer stimmt dagegen? Hier sehe ich die Hände aller übrigen Fraktionen und damit ist diese Überweisung an den Ausschuss für Gleichstellung abgelehnt.
Wer stimmt der Überweisung an den Ausschuss für Soziales, Gesundheit, Arbeit und Familie zu, den bitte ich um das Handzeichen. Die Fraktion Die Linke. Wer ist dagegen? Hier sehe ich alle übrigen Fraktionen. Wer enthält sich? Keine Enthaltung. Damit ebenfalls abgelehnt.
Antrag. Wer stimmt dem Antrag der Fraktion Die Linke in Drucksache 8/477 zu, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Hier sehe ich die Hände der Fraktion Die Linke. Wer ist dagegen? Hier sehe ich die Hände der Fraktionen der SPD, des BSW, der CDU und der AfD. Und der Form halber noch einmal: Wer enthält sich? Ich sehe keine Enthaltung. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.
Sehr geehrte Damen und Herren, mit Blick auf die Uhr: Wir hatten vereinbart, dass wir vor der Mittagspause auf jeden Fall noch Tagesordnungspunkt 18 aufrufen. Deswegen möchte ich die Tagesordnungspunkte 16 und 17 überspringen, nachdem wir Tagesordnungspunkt 15 beendet hatten.
Stationäre Versorgung in Thüringen sichern – Transformation unterstützen Antrag der Fraktionen der CDU, des BSW und der SPD - Drucksache 8/565 -
Wird hier eine Begründung gewünscht? Das sehe ich nicht. Dann können wir direkt die Aussprache eröffnen und ich würde als erstem Redner Herrn Wogawa das Wort erteilen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Gäste, mit dem Antrag „Stationäre Versorgung in Thüringen sichern – Transformation unterstützen“ liegt Ihnen eine wichtige parlamentarische Initiative der Koalitionsfraktionen zur Gesundheitspolitik vor. Sie thematisiert die Situation der Kliniken im Freistaat und Ansätze zu deren Verbesserung, übrigens deutlich angemessener, als es bei einer zu Recht gescheiterten Gesetzesänderung der AfD-Fraktion aus einer der letzten Sitzungen der Fall war.
Unser gemeinsamer Antrag verweist beispielsweise auf Gründe für die angespannte Situation in den Kliniken. Er führt dazu unter anderem die geringe Auslastung von nicht einmal 70 Prozent im Zusammenhang mit Fallpauschalen an, die bei so einer geringen Deckung einfach nicht kostendeckend sind. Das ist eines der Probleme der Kliniken. Er macht zudem deutlich, dass Krankenhäuser insbesondere im ländlichen Raum stärker von demografischen Prozessen, vom Fachkräftemangel betroffen sind, als es in urbanen Zentren der Fall ist. Und die meisten Kliniken in Thüringen sind eben im ländlichen Raum angesiedelt. Was besonders bedeutsam ist: Der gemeinsame Antrag führt, anders als seinerzeit die AfD-Initiative – das möchte ich noch mal betonen – realistische Lösungsansätze an. Denn es reicht einfach nicht aus, zu fordern, das Land möge bei Insolvenzen eintreten, koste es, was es wolle. Hier müssen andere, hier müssen bessere Lösungsansätze her.
Ich möchte beispielsweise auf die sektorenübergreifenden Versorger hinweisen, die künftig dazu beitragen werden, auch weiterhin flächendeckend eine gute und verlässliche Basisversorgung thüringenweit sicherzustellen, wie es in diesem Antrag heißt. Wichtig ist auch, dass sich die Koalitionsfraktionen ausdrücklich zu auskömmlichen Investitionskosten der Krankenhäuser bekennen. Das war in der Vergangenheit leider nicht der Fall. Es hat sich ein enormer Investitionsstau gebildet. Hier muss und wird die Brombeer-Koalition reagieren. Darüber hinaus werden auch die Transformationserfordernisse ernst genommen. Das ist eine genuine BSW-Forderung und ich freue mich sehr, dass wir die im Konsens mit unseren Partnern weiterverfolgen werden.
In einer meiner Reden zum AfD-Entwurf für eine Änderung des Krankenhausgesetzes hatte Herr Kollege Höcke – er ist jetzt leider nicht da – mit einem Zwischenruf gefragt, wie hoch denn die Transformationsmittel sein sollen, die die Koalition aufwenden will. Ich hatte Kollegen Höcke seinerzeit etwas flapsig geantwortet, dass er sich doch überraschen lassen soll. Aber es war vielleicht doch nicht ganz so flapsig, denn Vorfreude ist immerhin die schönste Freude. Heute kann ich die Frage beantworten.
Kollege Höcke, vielen Dank, jetzt kann ich es Ihnen direkt sagen. Sie hatten nach der Höhe der Transformationsmittel gefragt. Die Koalition will für die Umsetzung der notwendigen Transformationsmaßnahmen bis
zum Ende dieser Wahlperiode Mittel in Höhe von bis zu 100 Millionen Euro aufwenden. Ich glaube, das kann sich sehen lassen, das sind Mittel, die den Krankenhäusern in Thüringen zu Recht zugestanden werden, weil die dort gebraucht werden. Ein Signal strahlt dieser Antrag aus: Die Koalition liefert, meine Damen und Herren. Vielen Dank.