Diana Bader

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Gäste! Ich begrüße insbesondere Lars Berg mann von der Landeskoordinierungsstelle für LesBiSchwule & Trans* Belange des Landes Brandenburg sowie Jirka Witschak von Katte e. V. Herzlich willkommen!
„Aktionsplan Queeres Brandenburg“ heißt der Aktionsplan, über dessen Umsetzung uns der vorliegende Bericht aufklärt. Der Berichtszeitraum ist kurz - er umfasst nur das Jahr 2018 -, dennoch ist erkennbar, dass der Aktionsplan ein wichtiger Schritt war, dem weitere Schritte zu folgen haben. Allein die dazu durchgeführte Studie zeigte bereits die Notwendigkeit ei nes solchen Plans: Wenn fast die Hälfte aller lesbischen, schwulen, bisexuellen, Transgender- und intersexuellen sowie queeren Menschen in Brandenburg innerhalb der letzten fünf Jahre Diskriminierungserfahrungen machen mussten, sind un bestritten Maßnahmen notwendig, die dem Einhalt gebieten. Besonders betroffen ist die Gruppe der Transpersonen, die in hohem Maße sogar körperlichen Übergriffen zum Opfer fallen. Es ist davon auszugehen, dass zu den offengelegten Zahlen ei ne hohe Dunkelziffer hinzukommt. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, darf in der heutigen Zeit nicht sein! Daher sind alle Maßnahmen, die für Aufklärung sorgen und für Res pekt und Toleranz werben, zwingend notwendig.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man sich die Zahlen der Studie vor Augen führt, scheint es unvorstellbar, dass es 70 % aller Brandenburgerinnen und Brandenburger so gar begrüßen würden, wenn ein schwules oder lesbisches Pär chen neben ihnen einzöge.
Lesbisch, schwul, bisexuell, Transgender, transsexuell, interse xuell, queer - sie alle haben ein Recht auf die Ausdifferenzie rung ihrer sexuellen Orientierung.
Das bedeutsamste Wort jedoch steht hinter all diesen Attributen - das Wort Mensch. Dieses Wort begründet das Recht auf einen menschlichen Umgang miteinander. Aber die Zahlen belegen immer mehr,
dass der Mensch dem Menschen ein Wolf ist und manchmal leider bleibt. Immer wieder muss der Mensch an seine Pflicht zur Menschlichkeit erinnert werden und muss der Unmensch lichkeit ein Riegel vorgeschoben werden. Es ist kein Wunder, dass viele Menschen aus Angst vor Nachteilen und Anfeindun gen nicht über ihre sexuelle Orientierung sprechen. Fast jeder Zweite der Betroffenen unter 30 Jahren hat sich bisher nicht geoutet. Auch in diesem Fall ist der Anteil der Transpersonen
am höchsten. Das Wort Betroffene verwende ich an dieser Stel le übrigens nicht, weil sie wie jeder Mensch von einer sexuel len Orientierung betroffen sind, nein, sondern weil sie von An feindungen, Missachtung und teilweise großem Hass betroffen sind.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit 60 Maßnahmen aus acht Handlungsfeldern geht man aktiv gegen Unwissen heit, Intoleranz, Missachtung und Diskriminierung vor. Alle Bereiche des Lebens werden einbezogen - wie Bildung und Aufklärung, Teilhabe hin zu Selbstbestimmung und Selbsthil fe, Familie, Kinder, Jugend, Lebenspartnerschaften, Lebensla gen, Gewaltprävention und Antidiskriminierung sowie Ge sundheit und Arbeitswelt. Wie ein roter Faden ziehen sich Be wusstseinsbildung und Sensibilisierung als Querschnittsaufga ben durch alle Themen. Projekte wie die „Schule unterm Re genbogen 2.0“, „Regenbogenfamilien in Brandenburg stär ken“, „Queer Haven“ und „Transistor“ sind engagiert umge setzt worden und haben weit über die Szene hinaus Anerken nung erhalten. Im Fokus vieler Maßnahmen stehen Regenbo genfamilien und Transpersonen.
Das Volumen des Aktionsplans ist von zunächst 250 000 Euro auf insgesamt 384 800 Euro im Doppelhaushalt 2019/2020 vergrößert worden. Damit wurde ein Zeichen gesetzt, das am 17. Mai 2019 bei der Flaggenhissung der Regenbogenfahne vor unserem Hause anlässlich des Internationalen Tages gegen Homophobie, Transphobie und Biphobie noch einmal sichtbar wurde. Im Innenhof bot sich ein buntes Bild aus Vertretern der Politik, interessierten Bürgerinnen und Bürgern sowie natür lich Vertretern der LSBTTIQ-Community. Und ich muss sa gen: Daran war vor einigen Jahren noch nicht einmal ansatz weise zu denken. Es zeigt, dass sich auch in unseren Köpfen etwas bewegt hat. Hier muss vorgelebt werden, was in ganz Brandenburg zur sichtbaren Tradition werden soll: die Regen bogenfahne als Zeichen gegen Ausgrenzung und Diskriminie rung!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Brandenburg ist mit seinen Bemühungen auf einem guten Weg. Mit dem tatkräfti gen Engagement aller Akteure ist ein guter Start gelungen. Nun müssen alle gemeinsam das Ziel im Auge behalten, den Plan konsequent umsetzen und passgenau fortschreiben. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Meine sehr verehrten Da men und Herren! Liebe Gäste! Der vorliegende Bericht befasst sich zum einen mit der Kienbaum-Studie zur Anwendung und Wirksamkeit des Landesgleichstellungsgesetzes und zum an deren mit dem Bericht des Ministeriums für Wissenschaft, For schung und Kultur zur Verwirklichung der Gleichstellung im
Hochschulbereich. Damit kommt die Landesregierung ihrer Berichtspflicht nach und schließt nahtlos an die Vorgängerbe richte an. Diese lückenlose Verlaufsbetrachtung der Gleichstel lung von Frauen und Männern in der öffentlichen Verwaltung über einen Zeitraum von inzwischen über einem Vierteljahr hundert ist bundesweit einmalig.
Ausgehend vom Landesgleichstellungsgesetz werden drei Zie le verfolgt: erstens das Erreichen der Gleichstellung von Frau en und Männern im öffentlichen Dienst, zweitens die Förde rung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und drittens die Verbesserung der Situation von Frauen in der Privatwirtschaft. Der Bericht konstatiert insgesamt eine überwiegend positive Entwicklung.
Mit der Novelle des Landesgleichstellungsgesetzes im Jahr 2013 wurde die Funktion der Landesgleichstellungsbeauftrag ten gesetzlich verankert. Ihre zentrale Aufgabe liegt in der Be ratung und Unterstützung der kommunalen Gleichstellungsbe auftragten sowie in der allgemeinen Sensibilisierung der Öf fentlichkeit für gleichstellungsrelevante Themen. Unsere Lan desgleichstellungsbeauftragte, Monika von der Lippe, wurde gesondert befragt. Sie bewertet sowohl das Gesetz als auch die Umsetzung der Zielvorgaben in der Verwaltung als gut. Sie konnte in ihrem Wirken zusammen mit den Dienststellen und den Gleichstellungsbeauftragten viele Dinge anstoßen. Dazu gehören nach ihrer Einschätzung unter anderem die Erweite rung der Unterstützungsleistungen für kommunale Gleichstel lungsbeauftragte, die starke Vernetzung sowie der Ausbau der Öffentlichkeitsarbeit und die Zusammenarbeit mit anderen gleichstellungspolitischen Akteurinnen und Akteuren.
Handlungsbedarf gibt es hinsichtlich organisatorischer Maß nahmen bezüglich der Arbeitszeit und auch des Arbeitsaufwan des der Gleichstellungsbeauftragten. Ebenso gibt es Nachhol bedarf bei der Entscheidung über Gremienbesetzungen, an der nur knapp ein Viertel der Gleichstellungsbeauftragten beteiligt wurde.
Immerhin wurde in den Aufsichtsräten von Unternehmen mit Landesbeteiligung sowie in Beratungs- und Entscheidungsgre mien der Frauenanteil erhöht.
Mit der Novellierung des Landesgleichstellungsgesetzes wur den außerdem die Inhalte der Gleichstellungspläne konkreti siert und erweitert.
70 % aller Dienststellen der unmittelbaren Verwaltung haben einen Gleichstellungsplan, und jeder zweite wurde weiterent wickelt. Das ist eine deutliche Verbesserung gegenüber den vorherigen Berichtszeiträumen. Leider wurden die Gleichstel lungspläne bei Personalentscheidungen seltener als zuvor her angezogen, was schade ist. Positiv ist aber die Erhöhung des Frauenanteils in der Staatskanzlei und den Ministerien. Auch innerhalb der höchsten Einkommensgruppe erhöhte sich der Frauenanteil, und zwar um 16 %.
Brandenburg steht bei der Umsetzung wichtiger gleichstel lungsbezogener Ziele im Bundesvergleich gut da. Ausgehend von der Situationsanalyse formuliert der Landesgleichstel lungsbericht Handlungsempfehlungen wie die Sensibilisierung der Dienststellen für den verpflichtenden Charakter und den Mehrwert des Gleichstellungsplans sowie eine konsequente Umsetzung der Freistellungsregelungen für Gleichstellungsbe
auftragte und eine Weiterentwicklung der Möglichkeiten, sich zu vernetzen. Des Weiteren werden Maßnahmen empfohlen, die es mehr Frauen ermöglichen, Sitze in Gremien einzuneh men, sowie eine stärkere Beteiligung der Gleichstellungsbe auftragten bei der Besetzung von Gremien.
Die Landesregierung hat die Gleichstellung stets im Blick und verfolgt dieses Ziel konsequent. Allerdings gibt es bis zur tat sächlichen Gleichstellung noch eine Menge zu tun. Hinsicht lich der Hochschulen sind viele gute Maßnahmen wie die Be nennung von Familienbeauftragten, die Schaffung von Bera tungsangeboten für studierende Eltern, die Einführung indivi dueller Studienpläne sowie die Einrichtung einer Kinderbe treuung ergriffen worden. Erfreulich sind die zahlreichen Zerti fikate und Auszeichnungen, die unsere Hochschulen für Fami lienfreundlichkeit und Gleichstellung erhalten haben. Dennoch ist es wünschenswert, dass der Frauenanteil bei Professuren gesteigert wird: Mit 29 % ist das Land Brandenburg ein bun desweiter Spitzenreiter, jedoch fehlen noch 21 % bis zur 50-%-Marke.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Erfolge unserer Hochschulen hinsichtlich Gleichstellung und Familienfreund lichkeit müssen anerkannt werden. Ein Nachlassen in den Be strebungen kann schnell zur Umkehr des Erfolgs und einer Rückentwicklung führen - was wir nicht wollen. Es ist gut, dass die Hochschulen konsequent dranbleiben und sich selbst klare Zielvorgaben gemacht haben. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Gäste! Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber wenn ich krank bin und zum Facharzt gehen muss, dann überlege ich mir schon, zu wem ich gehe. Ich frage Freunde und die Familie, ob sie jemanden empfehlen können, und ich infor miere mich im Internet, welche Leistungen beispielsweise der Facharzt für Orthopädie, den ich aufsuchen möchte, anbietet. Bietet er ambulante oder stationäre Operationen unter Einsatz der Arthroskopie an? Gibt es spezielle Erfahrungen im Bereich der Sportmedizin? Gibt es besondere Zertifizierungen, Untersu chungsmethoden oder Therapien?
Es ist heutzutage ganz normal, sich vorab zu informieren und sich zielgerichtet für einen Facharzt zu entscheiden. Und nie mand käme auf die Idee - bleiben wir einmal bei der Orthopädischen Praxis -, den Orthopäden zu verklagen, weil auf der Internetseite steht: Ein Schwerpunkt unserer Praxis ist die Kreuzband- und Kniechirurgie. - Ganz anders sieht es aus, wenn eine Gynäkologin als Teil ihres Leistungsspektrums auf ihrer Internetseite das Wort „Schwangerschaftsabbruch“ an gibt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie haben es sicher lich alle mitbekommen: Am 24.11. wurde die Frauenärztin Kristina Hänel aus diesem Grund zur einer Geldstrafe von 6 000 Euro verurteilt.
Grundlage war der § 219a StGB, das sogenannte Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche.
- Darf ich meine Rede zu Ende halten? Danke. - Die Vorsitzen de Richterin begründete das Urteil folgendermaßen:
„Der Gesetzgeber möchte nicht, dass über den Schwan gerschaftsabbruch in der Öffentlichkeit diskutiert wird, als sei es eine normale Sache.“
Nun frage ich mich: Wo sind wir hier eigentlich? Sind wir im Mittelalter oder im 21. Jahrhundert?
Nein. Danke. - Warum gibt es den § 219a? Hintergrund ist zum einen die nationalsozialistische Bevölkerungspolitik, als der Tatbestand des Werbeverbots in der Strafrechtsreform im Mai 1933 eingeführt wurde. Zum anderen ist die religiöse Vorstellung aus den Glaubensnormen des Christentums prägend: Bereits ab der Beseelung der befruchteten Eizelle wird eine Abtreibung mit der strengsten Kirchenstrafe, der Exkommuni kation, belegt, und ein Abtreibungsverbot wird als ein grundle gendes Element der staatlichen Gesetzgebung eingefordert.
Da ist es nur konsequent, dass Frauen zwar eine Schwanger schaft straffrei abbrechen, sich aber über Möglichkeiten, Me thoden und Praxen nicht frei informieren dürfen. Frauen haben nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz die Pflicht, eine Be ratung wahrzunehmen, aber nicht das Recht, diese Informatio nen selbstbestimmt einzuholen. Also dürfen Informationen über Abtreibungen an Ärzte gehen, aber nicht direkt an die Frauen.
Es gibt aber immer weniger Ärztinnen und Ärzte, die Schwan gerschaftsabbrüche vornehmen. Das ist offenbar das Ziel der selbsternannten Lebensschützerinnen und -schützer. Sie ver kennen, dass sich das ungeborene Leben niemals gegen den Willen der Mutter schützen lässt.
Was Sie erreichen: Sie verunsichern Ärzte und Betroffene und kriminalisieren legale medizinische Leistungen. Das macht es für Frauen, insbesondere im ländlichen Raum, zunehmend schwieriger, Ärzte und Kliniken zu finden, die Abtreibungen durchführen. Meine Fraktion sagt: § 219a StGB gehört endlich abgeschafft.
Denn er folgt religiösen Glaubensvorstellungen und der nationalsozialistischen Weltanschauung, die mit einem demokratischen,
weltanschaulich neutralen Rechtsstaat in der Ausrichtung auf die Europäische Menschenrechtskonvention unverträglich ist.
§ 219a ist einfach nicht mehr zeitgemäß.
Die LAG LINKE Frauen in Brandenburg steht hinter Kristina Hänel und hat sich mit ihr solidarisiert. Auch ich habe die Peti tion „Informationsrecht für Frauen zum Schwangerschaftsab bruch“ unterschrieben, die dem Deutschen Bundestag gestern mit über 150 000 Unterschriften überreicht wurde.
Denn wie, bitte schön, soll sich eine Frau informieren, welcher Arzt einen Schwangerschaftsabbruch anbietet und welcher nicht? Somit ist das Recht auf freie Arztwahl total ausgehebelt.
Ich sage es klar und deutlich: Frauen haben ein Recht auf Infor mationen. Zum einen schaffen wir Regeln, nach denen Schwan gerschaftsabbrüche straffrei sind, zum anderen dürfen Ärztin nen und Ärzte über diese Eingriffe nicht informieren. Das steht doch in totalem Widerspruch.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit welchem Recht dürfen Abtreibungsgegnerinnen und -gegner § 219a zunehmend nutzen, um Ärztinnen und Ärzte zu stigmatisieren? Die Zahl der Ermittlungsverfahren ist in den vergangenen Jahren deutlich an gestiegen: Waren es 2010 bis 2014 zwei bis maximal 14 Fälle pro Jahr bundesweit, lag die Zahl 2016 bereits bei 35 Fällen. Dabei kennen die Gegnerinnen und Gegner kaum noch Grenzen. Zu letzt wurde laut „Frankfurter Rundschau“ sogar der Limburger Bischof nach § 219a angezeigt, denn auf einer zum Bistum gehö renden Webseite wurde unter anderem auf die Möglichkeit hin gewiesen, sich bei der evangelischen Diakonie Hochtaunus den für einen Abbruch notwendigen Beratungsschein ausstellen zu lassen. Ich frage mich wirklich: Wie geschmacklos ist das? Mit welchem Recht initiiert man solche Kampagnen?
Ich sage es noch einmal in aller Deutlichkeit: Frauen haben ein Recht auf Information, egal ob bei einer Gynäkologin, einem Gynäkologen oder einer Familienberatung.
Sie sollen es einfach selbst entscheiden. Selbstbestimmung ist ein Menschenrecht!
Ich freue mich, dass das Kabinett gestern bereits gehandelt hat und Brandenburg den Berliner Antrag am Freitag im Bundesrat unterstützen wird. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Gäste! In dem Antrag der AfD wird besonders die mittelgroße, normale Familie betont, die aus schließlich gefördert und unterstützt werden soll. Ich frage auch: Was ist denn die normale, mittelgroße Familie? Die Frau nicht kleiner als 1,60 m, der Mann nicht größer als 1,80 m,
Sohn, Tochter, Hund? Laut Frauke Petry ist es wünschenswert, dass eine normale deutsche Familie drei Kinder hat.
Aber was ist mit Alleinerziehenden, mit einer Regenbogenfa milie, einer Stief- oder Patchworkfamilie oder mit Kindern, die bei den Großeltern aufwachsen? Ist Ihnen eigentlich klar, dass eine Familie alle Formen des privaten Zusammenlebens mit Kindern sowie mit Eltern,
Großeltern, Geschwistern umfasst? In einer Familie wird die Verantwortung bei der Erziehung, Bildung und Betreuung von Kindern und Jugendlichen oder auch die Pflege und Betreuung von Angehörigen im Familienumfeld ganz großgeschrieben. Da ist es völlig egal, in welcher familiären Lebensform gelebt wird, denn Familie hat sich gewandelt.
Nichteheliches Zusammenleben, gleichgeschlechtliche Part nerschaften und Scheidungen sind nicht länger verpönt. Nein, sie sind Normalität.
Ich muss gestehen, als ich Ihren Antrag las, fühlte ich mich teilweise ins Mittelalter zurückkatapultiert, denn er offenbart ein rückwärtsgerichtetes Familien- und Frauenbild der AfD, ein Sittengemälde aus dem 18. Jahrhundert.
Ist Ihnen eigentlich bewusst, dass Ihr Antrag mit dem wirkli chen Leben überhaupt nichts mehr zu tun hat? Selbst Ihre Par teivorsitzende Petry hat vier Kinder, hat sich von ihrem Mann getrennt und erneut geheiratet. Ihre Spitzenkandidatin zur Bun destagswahl hat einen Zweitwohnsitz in der Schweiz, lebt dort mit ihrer Lebenspartnerin und ihren Kindern zusammen. Das ist völlig egal, denn jeder kann leben, wie er möchte.
Wie, bitte schön, passt das zu dem Antrag und dem darin ver mittelten Familienbild? Es passt nicht.
Die jahrelang mühsam errungenen Elemente der Gleichberech tigung von Mann und Frau will die AfD zurückdrängen.
Frauen sollen mehr Kinder bekommen, und im gleichen Atem zug soll die Gleichstellungspolitik beendet werden.
Noch klarer wird der Begriff Familie in Ihrem Grundsatzpro gramm und im Wahlprogramm der AfD zur Bundestagswahl, denn dort werden Aktionen wie der Equal Pay Day oder die Quotenregelung für Frauen abgeschafft.
Familienpolitik von Bund und Ländern soll sich explizit an Fa milien orientieren, die aus Vater, Mutter, Kindern bestehen. Ich möchte daran erinnern, dass die AfD in der Beratung des Lan deshaushaltes 2017/2018 keine Anträge zur Familienförderung stellte. Was soll das Ganze also? Was soll dieser Antrag? Das widerspricht sich.
Unsere Position wird sich nicht ändern. Die Gleichstellung von Frauen und Männern bleibt ein wichtiges Ziel über alle Politik felder hinweg. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit muss unab hängig vom Geschlecht eine Selbstverständlichkeit werden.
Denn noch immer verdienen Frauen im Schnitt rund 20 % we niger als Männer für die gleiche Tätigkeit. Im Gegenzug wen den Frauen aber erheblich mehr Zeit für Kindererziehung und Haushalt auf als Männer.
Solange das so bleibt, ist Gleichstellung in Beruf und Gesell schaft nicht erreichbar.
Die Koalition wird entsprechende politische und gesetzliche Initiativen ergreifen bzw. unterstützen. Wir haben die Weiter entwicklung des Familien- und Kinderpolitischen Programms sowie die Fortschreibung des Gleichstellungspolitischen Rah menprogramms beschlossen. Das Gleiche gilt für den Akti onsplan für Akzeptanz von geschlechtlicher und sexueller Vielfalt, für Selbstbestimmung und gegen Homo- und Trans phobie in Brandenburg. Und daran halten wir auch weiterhin fest, denn wir haben ein anderes Frauen- und Familienbild als die AfD.
Ein Zurückfallen in ein früheres Jahrhundert werden wir nicht zulassen. Die Linke steht für ein inklusives und diverses Fami lienbild. Deshalb lehnen wir den Antrag ab.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Her ren! Liebe Gäste! Meine Kollegin Bettina Fortunato hat bereits Grundsätzliches zum Einzelplan 07 gesagt. Ich möchte gern zwei Punkte ergänzen, die mir als frauen- und gleichstellungs politische Sprecherin wichtig sind und für die wir uns be-son ders eingesetzt haben.
Zum einen ist das die Gleichstellung. Sie hat seit der Gründung des Landes Brandenburg Priorität in der Landespolitik. Dabei geht es vorrangig um die Beseitigung struktureller Benachteili gung von Frauen und Mädchen. Frauen-, Mädchen- und Fami lienverbände unterstützen mit großem Engagement die gleich stellungspolitischen Ziele der Landesregierung. Als Lobby der Frauen und Mädchen setzen sie sich für Chancengleichheit und gleichwertige Anerkennung von Frauen und Männern in Beruf und Familie, in Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Kultur ein. Denn es ist heute noch immer nicht selbstverständlich, dass Frauen bei vergleichbarer Tätigkeit den gleichen Lohn wie Männer erhalten. Nach wie vor sind traditionelle Rollen bilder in den Köpfen fest verankert, Frauen haben es oft noch schwerer, in Führungspositionen aufzusteigen, und leisten ei nen Großteil der Familienarbeit.
Seit Jahren ist die finanzielle Förderung dieser Strukturen ein Dauerbrenner. Der Frauenpolitische Rat - ein Zusammenschluss
von rund 20 Frauenverbänden, -organisationen und -vereinen sowie Frauengruppen der Gewerkschaften, Kirchen und Partei en im Land Brandenburg - hat mehrfach eine bessere Finanz ausstattung und mehr Kontinuität angemahnt. Das können wir nun mit dem Doppelhaushalt 2017/2018 ändern, worüber ich mich freue.
Auf unsere Initiative haben die Koalitionsfraktionen 419 500 Eu ro mehr in den Haushalt eingestellt, um die soziale Infrastruk tur im Sozial-, Gesundheits-, Frauen- und Familienbereich zu stärken. Lottomittel werden in den regulären Haushalt überge führt und der Haushaltsansatz damit erhöht. Mit den Geldern sollen vorrangig überregionale Koordinierungs- und Bera tungsarbeit, Präventionsangebote sowie die frauen- und gleich stellungspolitische Arbeit unterstützt werden. Als Beispiele möchte ich nennen: die Aufstockung der Mittel für die Förde rung der Brandenburgischen Frauenwoche, die Verstetigung eines kontinuierlichen Angebots in der Aidsprävention, die Stärkung der Arbeit des Seniorenrates, die Sicherung von Ko ordinierungsaufgaben und kontinuierlichen Fortbildungsange boten in Frauenschutzeinrichtungen.
Es geht hier um freie Träger, die sich seit Jahren auf unter schiedlichen Politikfeldern ehrenamtlich engagieren - für Frau en, Familien, Menschen mit Behinderungen, Senioren, für Men schen in Not. Ich denke, das ist eine gute Sache, auch wenn klar ist, dass mit diesem zusätzlichen Geld nicht alle Probleme gelöst werden können - aber es ist ein Anfang. Wir schätzen die Arbeit der Vereine und Verbände sehr, und ich möchte die Ge legenheit nutzen, mich dafür bei allen Aktiven und Unterstüt zern recht herzlich zu bedanken, ohne die all dies nicht mög lich wäre.
Mit der Mittelaufstockung und -verstetigung möchten wir den Vereinen und Verbänden längerfristige Planungssicherheit ge ben.
Zum zweiten Punkt: Das Land Brandenburg setzt sich für Gleichstellung und bessere Akzeptanz geschlechtlicher und se xueller Vielfalt ein. Die Erarbeitung und spätere Umsetzung des Aktionsplans für Akzeptanz von geschlechtlicher und sexu eller Vielfalt für Selbstbestimmung und gegen Homo- und Transphobie wird dafür ein wichtiges Signal sein. Wir wollen, dass dieser Aktionsplan ein gemeinsamer Plan von Regierung und selbstbestimmten Organisationen wird. Das braucht Zeit für gemeinsames Suchen der richtigen Wege und Geld für die Organisation und Begleitung des Prozesses.
Ohne finanzielle Mittel und externe Unterstützung ist die Or ganisation eines solchen Beteiligungsprozesses nicht in der notwendigen und gewünschten Qualität zu leisten. Das wissen wir und deshalb handeln wir. Das Geld ist nicht nur für die Aufstellung des Aktionsplans gedacht, sondern auch für die ersten Maßnahmen und Modellprojekte, deren Umsetzung die Landesregierung als eine ressortübergreifende Aufgabe ver steht, was in den Haushaltsplänen ab 2019 sichtbar wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Frauen und Männer sollen gleiche Chancen im Leben haben - in den Städten wie in den ländlichen Räumen, im persönlichen Bereich, in der Aus
bildung, in der Karriere und in der Familie. Das ist das, was ich mir wünsche und was wir Linken uns wünschen, dafür bin ich in die Politik gegangen. Mit dem Doppelhaushalt 2017/2018 für das MASGF sind die Weichen dafür richtig gestellt. - Vie len Dank.
Medienberichten zufolge ist in den vergangenen Jahren die Zahl der Menschen mit Zweitjobs weiter gestiegen. In Berlin beträgt die Steigerung 14 %. In Brandenburg fiel der Anstieg zwischen 2012 und 2015 nicht ganz so hoch aus. Hier wuchs die Zahl der Menschen mit Zweitjobs um 7 %. Ein Grund ist, dass viele Menschen von ihrer Arbeit nicht leben können. Der
Deutsche Gewerkschaftsbund spricht bereits von einem „Zweitjobskandal“.
Ich frage die Landesregierung: Wie bewertet sie die Zunahme von Zweitjobs in Brandenburg?
Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Meine sehr verehrten Da men und Herren! Liebe Gäste! Der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN war wichtig und gut. Deshalb wurde er auch an den Ausschuss überwiesen. Entsprechend der Bedeutung dieses Themas gab es eine Anhörung im Eilverfah ren und einen intensiven Diskussionsprozess. Damit reiht sich der Ausschuss in den bundesweiten Prozess ein, der aktuell von Diskussionen, Protesten, Anhörungen in Parlamenten und vielem mehr geprägt ist.
Erst am Montag fand eine Anhörung im Ausschuss für Arbeit und Soziales des Deutschen Bundestages statt, die wieder von
Protestaktionen begleitet wurde. Auch im Land Brandenburg war die Demo der Betroffenen ein wichtiges Zeichen, welches nicht ignoriert werden durfte. In der Anhörung machten zudem alle Anzuhörenden deutlich, welche Punkte im Gesetzentwurf so nicht bestehen bleiben können. Der Ausschuss griff in einer gemeinsamen Stellungnahme alle Punkte auf, unter anderem das Wunsch- und Wahlrecht, die Schnittstellenproblematik bei Eingliederungshilfe und Pflege, das Poolen von Leistungen, die Definition von Personenkreisen, das Feststellungsverfahren des individuellen Hilfebedarfs, die Teilhabe am und Wahlmög lichkeiten im Arbeitsleben, die Teilhabe an Bildung, die Ein kommens- und Vermögensanrechnung und vieles mehr.
In diesen Punkten muss Klarheit zugunsten der Menschen mit Behinderungen geschaffen werden, und darüber ist sich der Ausschuss einig. Es ist ein wichtiges Zeichen, dass sich der Ausschuss gemeinsam mit den Betroffenen positioniert und sich somit an ihre Seite stellt. Umso wichtiger war es, dass der Ausschuss diese Position auch nach außen vertritt und zusätz lich an den zuständigen Bundesausschuss weiterleitete.
Das Bundesteilhabegesetz muss die Situation der Menschen mit Behinderungen verbessern und sie nicht auf dem gleichen schlechten Niveau verharren lassen oder gar noch verschlech tern.
An unseren gemeinsamen Kernforderungen wird die Landesre gierung den endgültigen Gesetzentwurf in ihrer Entscheidung im Bundesrat messen müssen. Hier stehen die Fraktionen des Landtages Brandenburg zu ihren Bürgerinnen und Bürgern mit Behinderungen und haben zu Recht hohe Erwartungen an Bun destag und Bundesrat. Unsere Erwartungen sind hoch, aber die der Betroffenen erst recht. Sie haben ihren Unmut lautstark kundgetan und haben berechtigte Erwartungen an ein Bundes land, welches von sich behauptet, Vorreiter in der Behinderten politik zu sein.
Wir haben das Landespflegegeld erhöht, wir haben ein Behin dertenpolitisches Maßnahmenpaket entwickelt, evaluiert, und unter großer Beteiligung erfolgt nun die Fortschreibung. Wir haben das Behindertengleichstellungsgesetz novelliert und vie les mehr getan. Nun muss Brandenburg beweisen, dass es seine Bemühungen um die Verbesserung der Lebenslage behinderter Menschen ernst meint, und sich deshalb auch auf Bundesebene dafür einsetzen. Es kann nicht sein, dass sich durch ein schlech tes Bundesteilhabegesetz die Lebenslage der Betroffenen ver schlechtert, die das Land Brandenburg mit all seinen Bemü hungen stetig zu verbessern sucht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, so wie der Ausschuss an dieser Stelle zusammenstand, sollten alle Menschen in der Gesellschaft zusammenstehen und vor allem mehr füreinander einstehen.
Hier gibt es noch viel zu tun, denn die Lebenssituation der Menschen mit Behinderungen ist nach wie vor nicht in den Köpfen angekommen. So kommt es vor - wie bei der Anhö rung vor zwei Tagen -, dass gehörlose Menschen völlig ausge schlossen sind, weil ein Dolmetscher für Gebärdensprache
fehlt, und das, obwohl es sich um die Anhörung mit der höchs ten Zuhörerzahl in der Geschichte dieses Ausschusses handel te.
Sind wir doch einmal ehrlich: Wer nimmt hierzulande die Be lange der Menschen mit Behinderungen wirklich wahr? Auch wenn Herr Attila Weidemann für den RBB unter anderem im Landtag die Barrierefreiheit testet oder „Brandenburg Aktuell“ einen Beitrag über behinderte Kampfkünstler sendet - welcher Zuschauer ohne Behinderung nimmt dies bewusst wahr, nimmt dies zur Kenntnis und denkt darüber nach? Peinlich berührt schauen noch immer viele weg und gehen siegessicher davon aus, dass sie eine Behinderung nicht treffen kann. Aber kann man wirklich davon ausgehen? Sollte man sich wirklich erst damit befassen, wenn man selbst betroffen ist?
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es gibt noch viel zu tun in diesem Land. Ich danke der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für diesen Antrag und damit für den Anstoß zu einer intensiven Befassung im Ausschuss. Ich danke ebenfalls allen beteiligten Fraktionen für die konstruktive Erarbeitung der ge meinsamen Beschlussempfehlung und bitte alle Kolleginnen und Kollegen um ein entsprechendes Votum. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Her ren! Wer lange vergeblich versucht, ein Kind auf natürlichem Wege zu bekommen, scheut letztendlich weder Kosten noch Mühe, um sich diesen Wunsch endlich zu erfüllen. Maßnah men zur Behandlung von Kinderlosigkeit stellen für Betroffene
sowohl emotional als auch finanziell eine große Herausforde rung dar.
Ich darf daran erinnern, dass die gesetzlichen Krankenkassen bis zur Gesundheitsreform 2004 vier Versuche einer künstlichen Befruchtung erstattet haben. Dann hat die Bundesregierung die se Leistung gekürzt, und seither müssen in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherte Paare mit Kinderwunsch die Hälfte der Kosten bei medizinischen Maßnahmen zur künstli chen Befruchtung selbst tragen. Dies hat bundesweit zu einem deutlichen Rückgang der Behandlungszahlen geführt, das heißt, die Bundesregierung hat mit der Leistungskürzung die Proble me geschaffen, die wir hier nun auf Landesebene lösen sollen.
Brandenburg bemüht sich seit Jahren gemeinsam mit anderen Bundesländern um eine bundeseinheitliche gesetzliche Rege lung zur Unterstützung von Maßnahmen der assistierten Re produktion, der sogenannten Kinderwunschbehandlung. In der vergangenen Legislaturperiode hat sich die Landesregierung im Rahmen der Gesundheitsministerkonferenz und im Bundes rat dafür eingesetzt, Paare mit Kinderwunsch finanziell zu ent lasten. Leider sind all diese Initiativen 2012 an der CDU/CSUFDP-Bundestagsmehrheit gescheitert. Vielleicht, liebe Frau Augustin, wäre es ratsam gewesen, mit den Kolleginnen und Kollegen im Bundestag zu sprechen, wenn Ihnen das Thema so am Herzen liegt, denn jetzt soll das Land wieder in die Bresche springen und Paare mit unerfülltem Kinderwunsch finanziell unterstützen. Grundlage ist aber ein Förderprogramm des Bun des, welches an eine entsprechende Kofinanzierung durch die Länder gebunden ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit 2012 haben Krankenkassen die Möglichkeit, zusätzliche Leistungen auch im Bereich der künstlichen Befruchtung anzubieten. Das im gleichen Jahr aufgelegte Förderprogramm des Bundes ist halb herzig und unzureichend.
Diese Ungerechtigkeit bezieht sich nicht nur auf die nach wie vor hohe finanzielle Belastung der betroffenen Paare, sondern auch darauf, dass eingetragene Lebenspartnerschaften und auch Alleinstehende von einer Förderung komplett ausgeschlossen sind.
Hinzu kommt: Die Erstattung der Gelder erfolgt nachträglich, sodass Geringverdiener und finanziell benachteiligte Paare von vornherein ausgeschlossen sind; und ich möchte nicht, dass die Erfüllung des Kinderwunsches von der Vermögens- und Ein kommenssituation der betroffenen Paare abhängt.
Diese Ungerechtigkeit kann auch durch eine Bereitstellung von Haushaltsmitteln des Landes nicht geheilt werden. Konsequent wäre eine vollständige Kostenübernahme durch die gesetzli chen Krankenkassen oder eine adäquate Erhöhung des Bundes zuschusses und natürlich eine Kostenübernahme auch für gleichgeschlechtliche Paare,
sonst bleibt es deutschlandweit bei einem Flickenteppich und von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich, ob und in welcher Höhe eine Kinderwunschbehandlung unterstützt wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da wir offenbar aber nicht mit der Unterstützung der Bundesregierung rechnen und die Not der betroffenen Paare nachvollziehen können, haben wir uns nach der Expertenanhörung im Ausschuss für eine Än derung Ihres Antrages entschieden. Die Landesregierung wird aufgefordert, die Kofinanzierung des Bundesprogramms zu prüfen und gegebenenfalls ein eigenes Landesprogramm auf zulegen. Gleichzeitig soll sie eine Ausweitung des Programms auf Regenbogenfamilien befördern und dazu auch Gespräche mit dem zuständigen Bundesministerium führen. Das ist ein kleiner Schritt zu mehr Gerechtigkeit auf diesem Gebiet, der uns wichtig ist, und hier wird niemand ausgespielt.
Gleichzeitig ist es ein zusätzlicher Baustein, sich den aktuellen demografischen Herausforderungen aktiv zu stellen. Wenn Sie, Frau Augustin, sagen, die Unterstützung von Regenbogenfami lien funktioniere nicht, da sie nicht im Bundesprogramm ent halten sei, dann wird es Zeit, dass dieses Programm geändert wird. Wir meinen es ernst. Wir wollen gleichgeschlechtliche Paare gleichstellen und gegen Diskriminierung kämpfen, und dies nicht nur am Internationalen Tag gegen Homophobie und Transphobie, sondern immer.
Gestatten Sie mir zum Abschluss noch einen Satz zur Auswei tung der finanziellen Landesförderung auf vier und mehr Ver suche, die auch im Bundesprogramm keine Berücksichtigung findet. Ich habe mit mehreren betroffenen Paaren gesprochen. Eine Kinderwunschbehandlung belastet sowohl den Mann als auch die Frau. Untersuchungen, Nebenwirkungen der Medika mente und Eingriffe können strapaziös und sehr stressig sein. Die gesundheitlichen Risiken darf man dabei nicht unterschät zen. Deshalb haben wir den Änderungsantrag der CDU im Ausschuss abgelehnt. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Meine sehr verehrten Da men und Herren! Haben Sie schon einmal gesehen, wie begeis tert Kita-Kinder Zähne putzen, und gehört, was Fünfjährige al les über gesunde Ernährung und Zahnpflege wissen? Das ist ein Ergebnis der Arbeit des Zahnärztlichen Dienstes der Ge sundheitsämter, der unter anderem für die zahnärztliche Grup penprophylaxe bei Kindern vom zweiten bis zum zwölften Le bensjahr und für Angebote zur Förderung der Mundgesundheit von Kindern und Jugendlichen zuständig ist.
In Elbe-Elster hatte beispielsweise im vergangenen Jahr mehr als die Hälfte der Fünfjährigen ein kariesfreies Milchgebiss. Im Berliner Umland ist das Ergebnis mit 72,6 % deutlich besser als in den berlinfernen Regionen. Gesundheit und soziale Lage sind eng miteinander verbunden. Der Zahnärztliche Dienst ist nur ein Mosaikstein der vielfältigen Aufgaben des Öffentlichen Gesundheitsdienstes.
Selbstverständlich sind wir für eine Stärkung des ÖGD, denn er ist wichtig für die gesundheitliche Versorgung der Bevölke rung, beispielsweise beim Infektionsschutz. Er kümmert sich aber auch um Gesundheitsförderung und Prävention. Die Ge sundheitsämter vor Ort sind oft erste Ansprechpartner, wenn es um gesundheitsfördernde Lebensverhältnisse, die Vermeidung von Gesundheitsrisiken und gesundheitliche Chancengleich heit geht. Gerade der letzte Punkt ist uns wichtig: Die Schere zwischen Arm und Reich öffnet sich immer weiter. Hier müs sen wir gegensteuern.
Wir werden uns nicht damit abfinden, dass ein Teil der Bürge rinnen und Bürger finanziell und infolgedessen auch gesund heitlich benachteiligt ist.
Die Stärkung des ÖGD ist eine ständige Aufgabe, nicht nur in Brandenburg, sondern bundesweit.
Seit Jahren gibt es Schwierigkeiten bei der Besetzung von Facharztstellen in den öffentlichen Verwaltungen. Um die ak tuelle Situation besser abschätzen zu können, wollen wir uns im 3. Quartal im Fachausschuss mit der aktuellen Personalsitu ation befassen.
Ehrlicherweise müssen wir an dieser Stelle aber feststellen: Dem Landtag und der Landesregierung sind hier weitgehend die Hände gebunden. Die Landkreise und kreisfreien Städte er füllen die ihnen mit dem Gesundheitsdienstgesetz übertrage nen Aufgaben in eigener Verantwortung.
Damit die Gesundheitsämter ihre Funktion im Rahmen der Da seinsvorsorge wahrnehmen können, ist eine gute finanzielle und personelle Ausstattung notwendig. Auch die Qualifikation und Motivation der Mitarbeiter sind wichtig. In einer Anhö rung unseres Fachausschusses wurde das vom Chef des Lan desverbandes Brandenburg und Berlin sowie von den Ärztin nen und Ärzten des ÖGD erneut bestätigt.
Uns bleibt an dieser Stelle, einen Appell an die Verantwortlichen in den Landkreisen und kreisfreien Städten zu richten, um beispielsweise die finanzielle Situation der Fachärzte zu verbessern.
Bereits 2014 hatten sich die damalige Gesundheitsministerin Anita Tack und der Vorsitzende des Gruppenausschusses für Verwaltung der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberver bände mit einem Schreiben an die Landräte und Bürgermeister gewandt und sie gebeten, über Gehaltszulagen für Fachärztin nen und Fachärzte des ÖGD nachzudenken. Die diesjährige Gesundheitsministerkonferenz hat diesen Appell erneuert. Hamburg als Stadtstaat ist es gelungen, durch gleiche Bezah lung wie in Kliniken die notwendigen Stellen im ÖGD zu be setzen.
Ein zweiter wichtiger Punkt ist die Aus- und Weiterbildung. Hier geht es unter anderem um eine Erhöhung der Zahl der Studienplätze und bessere Angebote zur Fortbildung. Das Land kann die Kommunen unterstützen, beispielsweise durch einen Beitritt zur Akademie für öffentliches Gesundheitswesen. Die Akademie bietet Lehrgänge und jährlich über 100 ein- und mehrtägige Fortbildungsveranstaltungen an. Finanziert wird die Einrichtung durch die Mitgliedsländer. Berlin hat unlängst eine assoziierte Trägerschaft vereinbart. Das sichert dem Land Berlin bis Ende 2016 ein Kontingent von 168 Teilnahmeplät zen in Akademieveranstaltungen.
Diese finden dann in Berlin statt, was auch Brandenburg künf tig zugutekäme.
Deshalb fordern wir die Landesregierung auf, den Beitritt zur Akademie für öffentliches Gesundheitswesen zu prüfen.
Ich bitte um Zustimmung zur Beschlussempfehlung des Aus schusses. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Gäste! Vorbeugen ist besser als Heilen - die sen Spruch kennt wohl jeder. Ich sage ihn auch oft meinen Kin dern, in den unterschiedlichsten Situationen. Ursprünglich stammt der Satz von Hippokrates. Und seitdem gilt: Der Erhalt der Gesundheit hat immer höchste Priorität. Denn wenn es um Erkrankungen geht, ist die Heilung oft kompliziert und - aus heutiger Sicht nicht unwichtig - oft auch teurer als Vorbeugen. Deshalb sind Gesundheitsförderung und Prävention in jedem Lebensalter und jeder Lebenslage so wichtig.
Im dritten Anlauf ist es der Bundesregierung im vergangenen Jahr endlich gelungen, ein zustimmungsfähiges Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention vorzu legen. Erstmals stehen nicht allein die individuelle Lebenswei se und das persönliche Verhalten im Vordergrund, sondern die Gestaltung gesunder Lebenswelten. Gleichzeitig sollen die Früherkennung von Krankheiten weiterentwickelt, die betrieb liche Gesundheitsförderung und der Arbeitsschutz verbessert werden.
Heute geht es in zwei Anträgen um die Umsetzung des Präven tionsgesetzes und der nationalen Präventionsstrategie in Bran denburg. Dazu ist es notwendig, dass Krankenkassen und Er satzkassen eine Landesrahmenvereinbarung mit den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung, den Trägern der gesetzli chen Unfallversicherung, dem Land Brandenburg und mögli chen weiteren Partnern wie der Bundesagentur für Arbeit, der Landesbehörde für Arbeitsschutz oder dem Städte- und Ge meindebund schließen. In der Rahmenvereinbarung sind die zu verfolgenden Gesundheitsziele und Handlungsfelder festzule gen, Zuständigkeitsfragen und die Mitwirkung weiterer Akteu re zu klären.
Brandenburg hat in den vergangenen Jahren Gesundheitsziele wie „Gesund aufwachsen“, „Gesund älter werden“ und „Siche res Brandenburg“ formuliert. Die Fachstelle Gesundheitsziele im Land Brandenburg koordiniert in Abstimmung mit dem Mi nisterium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie des Landes Brandenburg die brandenburgischen Gesundheits zielprozesse und unterstützt die Arbeitsgruppen der Bündnisse fachlich und organisatorisch. Darüber hinaus fördert sie im Rahmen von Fachveranstaltungen und Workshops Kooperation und Vernetzung sowie den fachlichen Austausch unter den Ak teurinnen und Akteuren. Mit unserem Antrag, dem Antrag der
Koalition wollen wir erreichen, dass die Landesrahmenverein barung an diese Erfahrungen anknüpft und alle relevanten Ak teure in die Umsetzung des Präventionsgesetzes einbezogen werden. Uns ist der Auf- und Ausbau von Präventionsketten wichtig.
Bestehende Angebote und Initiativen im Land sollen weiter ge stärkt werden. Da denke ich nicht nur an Sport und Bewegung, auch wenn die präventive Wirkung von Sport für die gesamte Bevölkerung stärker in den Blick genommen werden muss - hier gibt es durchaus Reserven: Ich wünsche mir beispielswei se mehr Familienmitgliedschaften und niedrige Mitgliedsbei träge speziell für Kinder und Jugendliche oder gar einen Sport bus, der in die Dörfer fährt und interessierte Kinder zu den einzelnen Sportvereinen bringt, um ihnen die Möglichkeit zu eröffnen, an sportlichen Aktivitäten teilzuhaben.
Gesundheitschancen sind in Deutschland extrem ungleich ver teilt. Die Lebenserwartung ist je nach sozialer Lage äußerst un terschiedlich. Gesundheitsförderung und Prävention in Le benswelten können zur Verringerung sozial, geschlechts-, be hinderungs- oder migrationsbedingter Ungleichheit von Ge sundheitschancen beitragen.
Als Lebenswelten gelten insbesondere Kindertagesstätten, all gemeinbildende und berufsbildende Schulen, Hochschulen, Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe sowie der Freizeit gestaltung, Betriebe, Einrichtungen für Menschen mit Behin derung und auch Einrichtungen der ambulanten und stationä ren pflegerischen Versorgung. Gesundheitsförderung heißt auch, schlechte Arbeits-, Umwelt- und Lebensbedingungen zu bekämpfen und gesunde Lebenswelten zu gestalten. Eine wirk same Gesundheitsförderung muss vor allem die sozial bedingte gesundheitliche Ungleichheit bekämpfen.
Die Umsetzung des Präventionsgesetzes ist ein Ansatz, gesund heitliche Defizite auszugleichen und das Gesundheitsniveau zu verbessern. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Meine sehr verehrten Da men und Herren! Liebe Gäste! „Alle inklusive in Branden burg“, lautet der Titel des Antrags. Hier ist von Inklusion die Rede, und wir wissen alle, dass wir weder im Land noch bun desweit am Ziel sind. Dazu müssen sich alle mehr denn je auf einander zubewegen und miteinander in Bewegung setzen. Be hindertenpolitik ist nicht gerade das Thema, auf das die Gesell schaft oder gar die Medien ihren Blick richtet bzw. richten. Dennoch passiert gerade hier besonders viel.
Schaut man hinter die Kulissen, merkt man, dass es spannend wie ein Krimi ist. Schlag auf Schlag wirft die Bundesregierung
neue Themen in die Runde: Bundesgleichstellungsgesetz, Nati onaler Aktionsplan 2.0, Pflegestärkungsgesetz und - das wohl größte Vorhaben - das Bundesteilhabegesetz. Auf Brandenbur ger Landesebene kommt die Fortschreibung des Behinderten politischen Maßnahmenpakets hinzu.
Unsere Fraktion hat sich intensiv mit diesem Thema befasst. Vor drei Wochen war der Landesbehindertenbeauftragte Gast unserer Fraktion. Eine Woche später gab es eine öffentliche Veranstaltung - unser sogenanntes Dienstagsgespräch - mit al len Akteuren zu dem Thema Maßnahmenpaket und Bundesteil habegesetz. Zwischendurch gab es Workshops mit Kommunal politikerinnen und -politikern.
Beim Dienstagsgespräch am 5. Juli haben betroffene Vertrete rinnen und Vertreter von Vereinen und Verbänden deutlich ge macht, dass es noch viele Bretter und Balken zu bohren gibt. Angefangen damit, dass Menschen mit Behinderung nach wie vor nicht frei entscheiden können, wo und mit wem sie leben und vom wem sie welche Hilfeleistungen erhalten, ob sie am kulturellen Leben teilhaben oder einen Arbeitsplatz auf dem ersten Arbeitsmarkt bekommen können, bis hin dazu, dass Kin der mit Behinderung es nicht leicht haben, in Regelschulen aufgenommen zu werden.
Die Probleme sind zahlreich und das nicht nur im Land Bran denburg. Brandenburg arbeitet aber mit Hochdruck an einer tatsächlichen Verbesserung der Situation behinderter Men schen. Brandenburg war das zweite Bundesland, das überhaupt ein Maßnahmenpaket zur Umsetzung der UN-Behinderten rechtskonvention entwickelt hat und dafür ausgezeichnet wur de. Nun wird es fortgeschrieben.
- Genau.
Brandenburg kann aber leider kaum Einzelfalllösungen bieten, sondern nur wichtige strukturelle Veränderungen bewirken. Lösungen im Einzelfall sind meist nur mit entsprechenden Leistungsgesetzen möglich. Ein solches Leistungsgesetz wird das Bundesteilhabegesetz sein. Es soll die aktuellen Gesetze, aus denen die Menschen mit Unterstützungs-, Assistenz- und Pflegebedarf ihre notwendigen Leistungen beziehen, in großen Teilen ablösen und als neue Gesetzesgrundlage die UN-Behin dertenrechtskonvention verwirklichen.
Ob das wirklich so wird, ist noch offen; die Betroffenen haben berechtigte Zweifel. Das wurde in dem umfangreichen Beteili gungsverfahren deutlich: Betroffene und andere Akteure haben ihre Vorstellungen, Wünsche und Kritik eingebracht. Gestern wurden die Hauptforderungen auf einer Demonstration vor dem Landtag erneut laut artikuliert.
Auch wir sagen: Das Gesetz kann nicht so bleiben, hier muss nachgebessert werden. Solange die Betroffenen und deren An gehörige Angst haben, auf Leistungen verwiesen zu werden, die sie in ihrer Selbstbestimmung und Teilhabe massiv ein schränken, solange sie Angst haben, gegen ihren Willen in be stimmten Situationen zu leben, und solange sie auch Angst ha ben, dass ihnen notwendige Leistungen verwehrt werden, wer den wir Seite an Seite mit ihnen kämpfen.
Fiskalische Aspekte haben in einer Menschenrechtsdebatte grundsätzlich keinen Platz. Es kann nicht sein, dass es sich für Menschen mit Assistenzbedarf nicht zu arbeiten lohnt, weil ihr Einkommen einberechnet wird. Es kann nicht sein, dass Men schen mit Assistenzbedarf nicht sparen dürfen, weil für die Be rechnung der Erstattung lebensnotwendiger Leistungen ihre Vermögenswerte herangezogen werden.
Alle haben das Recht zu sparen, und alle haben das Recht, eine Familie zu gründen, ohne dass das Einkommen der Partner oder dessen Angehöriger herangezogen wird.
Vor allem kann es nicht sein, dass Menschen trotz Hilfebedarf vom Leistungssystem ausgeschlossen werden.
Diese und weitere Benachteiligungsaspekte sind im Gesetzent wurf des Bundesteilhabegesetzes noch immer ungeklärt. Die Betroffenen erwarten zu Recht ein faires Miteinander auf Au genhöhe.
Ich danke den Grünen für den Antrag und dafür, dass wir im Ausschuss weiter über dieses Thema diskutieren können. - Danke schön.
Sehr geehrter Vizepräsident! Meine sehr verehrten Kollegin nen und Kollegen! Liebe Gäste! Vor wenigen Wochen, am 17. Mai 2016, haben wir gemeinsam vor dem Landtag die Re genbogenfahne gehisst. Anlass war der Internationale Tag ge gen Homophobie und Transphobie. Wir haben alle gemeinsam deutlich gemacht: Jeder Mensch hat das Recht, sein Leben so zu leben, wie er es möchte.
Ja, wir stehen für Vielfalt statt Einfalt. Das Signal, das wir ge meinsam gesetzt haben, soll dieser Antrag unterstreichen. So wohl die Linke und die SPD als auch BÜNDNIS 90/DIE GRÜ NEN sind seit Längerem mit dem Lesben- und Schwulenver band und weiteren Vereinen im Gespräch. Ihre Forderung eines landesweiten Aktionsplans gegen Homo- und Transphobie in Brandenburg nehmen wir ernst - das sehen Sie an unserem An trag: Die Landesregierung soll aufgefordert werden, einen Ak tionsplan für mehr Akzeptanz von geschlechtlicher und sexuel ler Vielfalt zu erarbeiten. Wir erwarten, dass dies unter Einbe ziehung der Verbände und Vereine für lesbische, schwule, bise xuelle und Trans-Belange erfolgt. Ich freue mich, dass wir heute über einen gemeinsamen Antrag diskutieren, und bitte schon jetzt um Zustimmung.
Dabei fangen wir nicht bei null an: Das politische Engagement der letzten Jahrzehnte in Brandenburg und Deutschland hat sich gelohnt. Queeres Leben wird von der Gesellschaft zuneh mend akzeptiert. Dennoch gehören Gewalt und Anfeindungen nach wie vor zu den Erfahrungen vieler Schwuler und Lesben. Ihre stärkere Sichtbarkeit in der Öffentlichkeit empfinden eini ge Menschen noch immer als Provokation; da reicht es schon, wenn sie Hand in Hand die Straße entlanggehen. Solange Be leidigungen, Pöbeleien und gewalttätige Übergriffe zu den All tagserfahrungen Schwuler, Lesben und Transidenter gehören, ist es wichtig, die Öffentlichkeit zu sensibilisieren und ein Zei chen für ein respektvolles Miteinander zu setzen.
Homophobie bzw. Feindseligkeit gegenüber Homo- und Trans sexuellen geht uns alle an. Es ist nicht nur ein Angriff auf die Grundwerte unserer Gesellschaft, sondern auch ein Angriff auf Menschen. Mit unserer Verfassung aber haben wir klargestellt, dass kein Mensch aufgrund seiner sexuellen Identität benach teiligt werden darf - ebenso wie wir Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der Abstammung, der Nationalität, der Spra che, der sozialen Herkunft, der Stellung oder einer Behinde rung verbieten. Diesem Grundsatz fühlen wir als Linke uns verpflichtet: Wir werden im Alltag jeglicher Form von Diskri minierung entgegentreten und engagieren uns für Anerkennung und Respekt gegenüber Schwulen, Lesben und Transidenten und werden weiterhin dafür kämpfen.
Dazu gehört für uns auch, dass Diskriminierung und vorur teilsmotivierte Kriminalität wirksamer bekämpft werden müs sen. Die Brandenburger Polizei hat einen Ansprechpartner für gleichgeschlechtliche Lebensweisen benannt. Er ist vor allem für schwule, lesbische, bisexuelle und transsexuelle Gewaltopfer sowie für Initiativen und Organisationen, die sich der Aufklärung und Prävention widmen, da. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, um Vertrauen aufzubauen und die An zeigebereitschaft bei vorurteilsmotivierten Straftaten zu erhö hen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem geforder ten Aktionsplan wollen wir die gesellschaftliche Gleichstel lung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Intersexuellen, Transgendern und queeren Menschen mit verschiedenen Maß nahmen vorantreiben. Das Sozialministerium und auch die Landesgleichstellungsbeauftragte haben die besonderen Be darfe der Betroffenen im Blick. Aber machen wir uns nichts vor: Das ist eine ressortübergreifende Aufgabe - sprich: für alle. Alle sollten sich angesprochen fühlen. Die Lebenssituation von Lesben, Schwulen und Transidenten kann mittel- und langfristig nur dann nachhaltig verbessert werden, wenn es ge lingt, flächendeckend regionale Strukturen zu schaffen und dauerhaft zu verankern. Das ist nicht allein Aufgabe der Lan desregierung. Nein, hier sind auch die Landkreise, Kommu nen und die Zivilgesellschaft gefordert. Man muss das auch leben.
Wie so oft unterscheiden sich die Bedingungen für Lesben, Schwule und Transidente im Berliner Umland gänzlich von de nen im ländlichen Raum. Gerade die Lebenssituation junger Lesben und Schwuler ist teils sehr schwierig und von selbstge wählter Isolation geprägt. Hier müssen Akzeptanz, Respekt und Wertschätzung wachsen.
Im Kampf gegen Vorurteile und Diskriminierung braucht man einen langen Atem. Diesen langen Atem haben wir. Wir setzen uns für Gleichstellung und bessere Akzeptanz geschlechtlicher und sexueller Vielfalt ein. Die Erarbeitung und Umsetzung des Aktionsplans sind ein wichtiges Signal dafür. Wir wollen, dass dieser Aktionsplan ein gemeinsamer Plan von Regierung und selbstbestimmten Organisationen wird. Das braucht Zeit, um gemeinsam die richtigen Wege zu finden. Deshalb schlagen wir als Termin Ende 2017 vor. Gleichzeitig wird die Landesre gierung aufgefordert, sich auf allen politischen Ebenen weiter hin für eine aktive Gleichstellungspolitik und für die Abschaf fung noch bestehender Diskriminierungen einzusetzen. - Vie len Dank.
Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Werte Kolleginnen und Kol legen! Liebe Gäste! Fünf Uhr klingelt der erste Wecker - eine Stunde Zeit, um sich stressfrei auf den Tag vorzubereiten. Sechs Uhr klingelt der zweite Wecker - Kinder wecken, Zähne putzen, anziehen, frühstücken. 6.45 Uhr macht man sich auf den Weg: Die einen werden in die Kita, die anderen zur Schule gebracht, die Eltern fahren zur Arbeit oder zum Einkauf, oft auch für Oma und Opa, oder zu Ärzten; der Haushalt muss er ledigt, Essen gekocht werden, man geht spazieren, hilft bei den Hausaufgaben und macht vieles mehr. Manchmal hört man von - vielleicht kinderlosen - Arbeitskollegen: „Du hast es gut,
du kannst schon nach Hause gehen“, weil man nur 30 statt 40 Stunden arbeitet, um alles unter einen Hut zu bekommen. Von Feierabend ist aber noch lange keine Rede.
Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, Familien leisten einen unschätzbaren Beitrag zur Zukunft unserer Gesellschaft, und doch wird das, was Familien leisten, oft nicht als Leistung empfunden, übrigens weder von den Eltern selbst noch von der Gesellschaft. Ich kenne keine Eltern, die abends, nachdem die Kinder endlich eingeschlafen sind, auf ihr Sofa sinken und stolz sagen: Was haben wir doch heute wieder für unsere Zu kunft, für unsere Gesellschaft geleistet!
Wir wissen, dass Kinder nicht geboren werden, um die Zukunft der Rente zu sichern, sondern dass sie zuallererst ein Zeugnis von Liebe und Zuneigung sind. Viele von uns können sich ein Leben ohne sie nicht mehr vorstellen. Was in Familien passiert, was sie alltäglich leisten, wird als selbstverständlich vorausge setzt: dass Kinder um ihrer selbst willen geliebt, sie gesund er nährt werden, dass ihnen vorgelesen wird, dass man nächtelang an ihren Betten sitzt, wenn sie einmal krank sind, dass sie sen sibel in ihren Bildungsprozessen begleitet und bei Problemen unterstützt werden - kurzum: dass Eltern dafür sorgen, dass ih re Kinder zu gesunden, emotional stabilen Persönlichkeiten heranwachsen, damit sie später ihrerseits Aufgaben in Familie und Beruf wahrnehmen können. Das alles geschieht leise, oft unbemerkt und doch sehr engagiert.
Oft werden gleichzeitig noch die eigenen Eltern beim Älter werden begleitet, Teile der Pflege werden übernommen, und wo dies nicht möglich ist, wird Hilfe für den Alltag organisiert, die es den Älteren ermöglicht, lange in ihrem vertrauten Zu hause zu bleiben.
Seit Jahren reden wir darüber, dass die demografische Ent wicklung unsere Gesellschaft verändert. Seit den 70er-Jahren befindet sich die Geburtenrate im freien Fall. Jede Generation wird nur noch zu zwei Dritteln durch die nachfolgende Genera tion ersetzt. Das ist eine Herausforderung, die wir nicht nur zur Kenntnis nehmen wollen. Wir wollen auch einen aktiven Bei trag dazu leisten, dass sich dies wieder ändert. Diese Heraus forderung sehen wir, wenn wir über den Fachkräftemangel re den, wenn wir über bedarfsgerechten Wohnraum für Jung und Alt - das reicht von Einraum- bis Fünfraumwohnungen - und über Barrierefreiheit reden. Diese Herausforderungen erkennen wir, wenn wir uns unser Sozialsystem anschauen.
Diese Herausforderungen, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind aber zugleich neue Chancen für unsere Gesellschaft, für neue Möglichkeiten des Zusammenlebens und des Miteinan ders. Es liegt in unserer Verantwortung als Politiker, diese Chancen zu gestalten. Uns ist doch völlig klar: Was in Familien versäumt wird, kann von staatlichen Institutionen, wenn über haupt, nur mit großem Aufwand kompensiert werden.
Friedrich Engels hatte schon Recht, als er in seinem Beitrag „Der Ursprung der Familie, des Privateigenthums und des Staats“ die Familie als Keimzelle der Gesellschaft bezeichnete. Familien sichern die Zukunft jeder, auch unserer Gesellschaft.
Deshalb ist es dringend notwendig, sie stets finanziell wie auch ideell und mit vielfältigen Leistungen der Gesellschaft zu un terstützen, um ihre Leistung für die Gesellschaft stärker zu ho norieren.
Das gilt insbesondere für Alleinerziehende. Sie erbringen gro ße Leistungen unter wirklich erschwerten Bedingungen. Häu fig sind sie allein für die Kinder verantwortlich, erhalten nur in 50 % der Fälle vollständigen Unterhalt. Oftmals ist es für Al leinerziehende mehr als schwierig, meist unmöglich, in Voll zeit zu arbeiten, um ein gutes, ausreichendes Einkommen zu erzielen und die Bedürfnisse ihrer Kinder - von ihren eigenen ganz zu schweigen - erfüllen zu können. So hat auch der in diesem Jahr veröffentlichte Armutsbericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes darauf hingewiesen, dass das Armutsrisi ko stark von der Familienform abhängt und die Armutsquote bei Alleinerziehenden kontinuierlich steigt, obwohl die Er werbstätigenquote seit Jahren zunimmt. Der Bericht stellt fest: Je größer die Kinderzahl in einer Familie ist, desto schwieriger ist es, den Lebensstandard der Familie zu halten.
Die Brandenburger Regierung weiß, dass es guter Rahmenbe dingungen bedarf, damit sich Familien in unserem Land wohl und sicher fühlen. Wir wissen um unsere politische Verantwor tung, Familien im Land Brandenburg weiterhin zu unterstützen und zu entlasten, das ist unser Anspruch. Die Landesregierung hat erstmals 2005 das Programm für Familien- und Kinder freundlichkeit aufgelegt, dessen Überarbeitung im Jahr 2011 - unter dem Titel „Familien- und Kinderpolitisches Programm“ - erfolgte. Damit wurden konkrete Maßnahmen zur Verbesse rung der Chancengleichheit für gesundes Aufwachsen und gute Bildung beschlossen. Seitdem wird weiter an der Umsetzung gearbeitet.
Zum Ende der letzten Legislaturperiode hat die Landesregie rung ihren Bericht zur Umsetzung des Familien- und Kinder politischen Rahmenprogramms vorgelegt und zukünftige Her ausforderungen einer gestaltenden Familien- und Kinderpolitik formuliert. Der vorliegende Antrag soll an die bisherige Arbeit zur Unterstützung unserer Familien und Alleinerziehenden an knüpfen und neue Akzente setzen. Zugleich wollen wir, dass die Landesregierung und wir alle gemeinsam der Tatsache, dass es immer mehr ältere Menschen gibt, noch besser Rech nung tragen.
Gestern konnten Sie in der „MOZ“ lesen, dass Brandenburg einen Babyboom verzeichnet. 2014 war ein Rekordjahr mit fast 20 000 Geburten. Deutschlandweit sieht der Trend aber leider anders aus. Das würden wir gern ändern, auch wenn wir wissen, dass wir die im Bundesrecht verankerten, grundlegen den Rahmenbedingungen - ich erinnere nur an Hartz IV - nicht ändern können.
Die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Pflege ist uns sehr wichtig. Wir wollen, dass in mehr Familien als heute zwei We cker klingeln, Kinderlachen durch die Wohnung schallt und der Tag mit einem gesunden Frühstück der ganzen Familie be ginnt.
(Beifall DIE LINKE)
Für uns gehören selbstverständlich auch Oma und Opa dazu, ohne die viele Alleinerziehende ihrer Verantwortung in Beruf und Familie nicht gerecht werden könnten. An dieser Stelle
mein ganz persönliches Dankeschön an meine Eltern. Mit ih nen gemeinsam meistere ich meinen Familienalltag; ohne sie könnte ich meiner Verantwortung als Landtagsabgeordnete nicht gerecht werden.
Ja, wir Linken meinen es ernst mit dem Ziel, Brandenburg zu einer familien- und kinderfreundlichen Region in Europa zu entwickeln. Und ja, das erreichen wir nicht von heute auf mor gen. Das ist uns bewusst.
Deshalb haben wir, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von SPD und CDU, Ihr Programm aus dem Jahr 2005 fortent wickelt, arbeiten wir seit elf Jahren an einer stetigen Verbesse rung der Bedingungen und wollen wir diesen Weg gemeinsam fortsetzen.
Wir brauchen und wollen starke Familien für eine Zukunft in unserem Land und für unser Land. Deshalb bitte ich um Zu stimmung zu diesem Antrag. - Danke schön.
Ja, Sie haben es richtig verstanden: Brandenburg ist noch nicht an dem Ziel, eine der kinder- und familienfreundlichsten Regionen Europas zu sein. Aber wir sind auf dem Weg - daher dieser Antrag. Damit setzen wir den Koalitionsvertrag um. Wir setzen Akzente, damit weiterhin gute Rahmenbedingungen ge schaffen werden, sodass sich Familien in Brandenburg wohl fühlen und sich weiter gut entwickeln können.
Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Frau Augustin, es gibt Themen, über die man nicht oft genug sprechen kann - deswegen dieser An trag.
Von einer wirklichen Gleichstellung der Geschlechter ist Deutschland noch weit entfernt. Oft verdienen Frauen bei ver gleichbarer Tätigkeit immer noch weniger als Männer. Frauen haben es schwerer, in Führungspositionen aufzusteigen, bei Gewalt in Beziehungen sind meist Frauen das Opfer.
Seit der Gründung des Landes Brandenburg hat die Gleichstel lung von Frauen und Männern Priorität in der Landespolitik. Dies manifestiert sich nicht zuletzt in dem entsprechenden Pas sus der Landesverfassung. Die brandenburgische Landesregie rung hat 2011 erstmals ein Gleichstellungspolitisches Rahmen programm unter dem Titel „Gute Lebensperspektiven - Faires Miteinander - Neue Chancen“ aufgelegt, um konkrete Maß nahmen zur Gleichstellung der Geschlechter vorzunehmen. Damit war Brandenburg bundesweit federführend.
Mit dem vorliegenden Antrag geht es nun um die Fortschrei bung und ein Leitbild für ein geschlechtergerechtes Branden burg. Gleichstellung in Brandenburg ist auf die Beseitigung struktureller Benachteiligung von Frauen und Mädchen ausge richtet, aber auch Jungen und Männer hat sie dort im Blick, wo für sie Probleme oder Benachteiligungen deutlich werden.
Grundvoraussetzung für die Gestaltung eines selbstbestimmten Lebens ist wirtschaftliche Unabhängigkeit. Mädchen und Frauen sind nach wie vor mit strukturellen Benachteiligungen vor allem in der Arbeitswelt konfrontiert. Trotz hervorragender schulischer und beruflicher Qualifizierung werden Berufe und Lebensmuster, die als weiblich gelten, nach wie vor geringer bewertet als männliche. Laut Statistik verdienen Frauen seit Jahren ein Fünftel weniger Geld als Männer. Zwei Monate und 20 Tage mussten Frauen im vergangenen Jahr mehr arbeiten, um auf das Durchschnittsgehalt ihrer männlichen Kollegen zu kommen.
Besonders oft sind Frauen in atypischen Beschäftigungsver hältnissen wie Teilzeit oder Minijobs beschäftigt. Auch in Voll zeit verdienen viele so wenig, dass sie trotz alledem beim Amt eine Aufstockung beantragen müssen. Zu viele Frauen und Männer sind immer noch sehr stark im klassischen Rollensche ma verhaftet. Meistens sind es die Frauen, die Familie und Be
ruf unter einen Hut bekommen müssen, und mehr als 20 % der Frauen sind von Armut bedroht.
Leider ist auch das Thema häusliche Gewalt an Frauen und ih ren Kindern nach wie vor aktuell. Jede vierte Frau hat Gewalt durch ihren Partner oder Expartner erfahren. Mit dem Doppel haushalt 2015/2016 wurde erstmals seit Jahren die Finanzie rung der Frauenhäuser deutlich erhöht. Gewaltprävention, In tervention und die Weiterentwicklung der Schutzstruktur blei ben weiterhin ein wichtiges Thema.
Was ist mit Alleinerziehenden, Älteren, Frauen und Männern mit Behinderung, Zugewanderten? Auch sie dürfen wir auf keinen Fall aus den Augen verlieren. Alleinerziehende fühlen sich oft allein gelassen und man wünscht sich manchmal, es gäbe keine Frauen-, sondern eine Mütterquote. Es sollte einem wirklich bewusst sein, dass in Alleinerziehenden sehr viel Po tenzial steckt. Es ist an der Zeit, dass in den Köpfen ein Um denken erfolgt.
In der öffentlichen Wahrnehmung konnte der Gleichstellungs politik in den vergangenen Jahren eine neue Bedeutung zuge messen werden. Derzeit werden in Regionalgesprächen mit Vertretern von Frauen- und Familienverbänden, Mädchen- und Frauenzentren, kommunalen Gleichstellungsbeauftragten, Kom munalpolitikerinnen und -politkern sowie interessierten Bürge rinnen und Bürgern aktuelle Probleme, Fragen und Vorschläge diskutiert, welche in die Fortschreibung einfließen sollen.
Ich habe an einigen Veranstaltungen teilgenommen, und mir ist aufgefallen, dass die Verantwortung der Kommunen und die Unterstützung der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten immer wieder zur Sprache kamen; denn die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten sind wichtige Akteure auf regio naler und lokaler Ebene. Wir müssen sie stärker unterstützen, beispielsweise durch Beratung, Schulungsangebote und Hilfe stellung bei der Vernetzung.
Sehr geehrte Damen und Herren, aufbauend auf dem bisher Er reichten gilt es, den Weg einer offenen und erfolgreichen Gleichstellungspolitik im Land Brandenburg weiterzugehen. Ich bitte um Zustimmung. - Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Der vorliegende CDU-Antrag ist mit einer ziemlich heißen Nadel gestrickt, aber nicht nur das. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein bisschen mehr intellektuelle Anstrengung habe ich mir schon erhofft, denn Ihr Antrag, liebe CDU, ist die kleine Häkelvorlage des Eckpunktepapiers der CDU-Bundestagsfraktion. Dieses Papier ist seit Monaten im Hickhack-Modus mit der SPD, Licht am Horizont scheint nicht in Sicht. Ein offizieller Gesetzentwurf liegt nach meiner Kenntnis nicht vor, lediglich ein Eckpunktepapier des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
Eine kurze notwendige Einordnung: Derzeit wird über das 2002 rechtskräftige Prostitutionsgesetz diskutiert. SPD und CDU/CSU kommen auf Bundesebene auf keinen gemeinsamen Nenner. Dazu stößt das Eckpunktepapier der rot-schwarzen Koalition auch auf Sachverständigenebene auf Ablehnung. Warum? Weil es ein Entwurf ist, der nicht weiß, was er will. Ihm ist nicht klar zu entnehmen, wen er schützen und wen er bestrafen soll. Die meisten Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter werden unter den verschärften Regelungen leiden, denn zum Beispiel würde eine Anmeldepflicht die Stigmatisierung verschärfen. Nach wie vor wird kein klarer Unterschied zwischen der Prostitution, für die sich Prostituierte selbstbestimmt entscheiden, und einer Prostitution, die mit einem internationalen kriminellen Menschenhandel und sexueller Ausbeutung zu tun hat, gemacht.
Die Arbeitsbedingungen der Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter verbessern sich damit nicht, weder mit dem vorliegenden Antrag für das Land noch mit dem Eckpunktepapier für den Bund. Ganz im Gegenteil: Es führt zu einer Verschärfung des Prostitutionsgesetzes zulasten der Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter. Dabei ist eine Änderung des Gesetzes aber dringend notwendig, das sehen wir auch so.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wie ist denn die Gemengelage derzeit? 2002 wurde durch Zuordnung zu Artikel 12 Grundgesetz Prostitution in Deutschland legalisiert. Damit war die Sittenwidrigkeit aufgehoben. Nun gibt es wenigstens ein einklagbares Recht auf Einkommen, der Zugang zu Sozialsystemen ist möglich. Die Einstellung der Dienstleistenden gegenüber Bordellbetreiberinnen und Bordellbetreibern, Gewerbeaufsicht, Freiern und Polizei sollte gestärkt werden. Auf diesem Weg muss endlich ausgeschritten und nicht mit kleinen Schrittchen weitergestolpert werden, denn das geplante Bundesgesetz dient weniger dem Schutz der Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter, sondern führt zu deutlich mehr Verschärfungen. Das, liebe CDU, kann ich am vorliegenden Antrag deutlich belegen.
Hier nur einige Beispiele: So fordert die CDU die Einführung einer Altersgrenze von 21 Jahren für die Ausübung der Prostitution. Das steht aber einer freien Berufsausübung für Volljährige entgegen. Des Weiteren fordert die CDU eine Anmeldepflicht für alle Prostituierten; dies wird aber für anonym oder nebenberuflich Arbeitende zum Problem. Nebenbei bemerkt: Es ist auch überflüssig, da bereits eine Anmeldung beim Finanzamt zu erfolgen hat. Außerdem wird das die ohnehin schon vorherrschende Stigmatisierungsproblematik noch verschärfen. Was spricht sich nicht alles schnell in Städten herum? Fragen Sie einmal einen Taxifahrer.
Die CDU-Fraktion fordert regelmäßige Pflichtuntersuchungen für Prostituierte durch das Gesundheitsamt. Demgegenüber fordert das Eckpunktepapier des Bundesministeriums lediglich freiwillige Gesundheitsuntersuchungen. Die Einführung der Strafbarkeit von Freiern ist eine rein symbolische Gesetzgebung, denn kein Freier kann wirklich wissen, ob er es mit einer Zwangsprostituierten zu tun hat, und selbst wenn er nachfragt, wird er darauf keine verlässliche Antwort erhalten. Gleichzeitig sind die Freier die einzig möglichen Tippgeber für die einschlägigen Behörden.
Last, but not least zur CDU-Forderung, den zuständigen Behörden und der Polizei umfassende Rechte einzuräumen: Kontrollen haben auch in diesem Gewerbe ausschließlich durch die Gewerbeaufsicht zu erfolgen. Selbst wenn das Eckpunktepapier des zuständigen Bundesministeriums die Klärung hier den Ländern überlässt, bleibt erst einmal abzuwarten, ob und wie dieses Gesetz die Landesebene erreicht. Dann können wir über diese sowie weitere offene Fragen gern erneut reden.
Auf Bundesebene fordert DIE LINKE in Übereinstimmung mit den entsprechenden Verbänden die längst überfällige arbeits-, miet-, gewerbe- und zivilrechtliche Untersetzung des Gesetzes. Dies erfordert einheitliche Durchführungsrichtlinien, um unterschiedliche Regelungen in den Bundesländern zu verhindern. Hier ist jetzt die Bundesregierung in der Pflicht.
Lassen Sie mich am Ende etwas sagen, das über den deutschen Tellerrand hinausgeht: Solange es ein gesamtgesellschaftliches Gefälle zum Beispiel in Ost- und Westeuropa gibt, solange Frauen in osteuropäischen oder asiatischen Ländern deutlich schlechter gestellt sind und ihnen hier das Paradies auf Erden versprochen wird, werden wir es mit Zwangsprostitution zu tun haben. Also muss sich etwas an der Wurzel ändern. - Danke.