Hans-Peter Seitz
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Debatte habe ich aufmerksam – auch durchaus mit Erheiterung – verfolgt. Sie unterschied sich ja von so manch anderer Aktueller Stunde, und vielleicht ist sie allein deshalb aktuell, und natürlich hat jede Fraktion das getan, was in diesen Zeiten angesagt ist: die eigenen politischen Großtaten herausgestellt und die der anderen relativiert.
An die Adresse von Herrn Steffel gewandt – aber auch nach Ihrer Rede, an Sie Herr Kaczmarek, als Haushälter: Warum machen Sie es uns eigentlich immer so leicht? Das ist doch gar nicht notwendig, so schlecht sind wir doch nicht, Sie müssen es uns nicht leicht machen. Wer kann denn ernsthaft die Privatisierung fordern auf der Grundlage eines Angebotes, das 50 Millionen DM offeriert – minus 600 Millionen DM zu dem alten Angebot – und darüber hinaus die Verlängerung der Konzession auf
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99 Jahre fordert, die Ausweitung der Haftung auf die Altgesellschafter, im Gegenzug natürlich die Reduzierung der Haftung der Konsorten, eine Veränderung der Kostentragepflichten – also Umsiedlung und Beseitigung von Altlasten – zu Lasten der Altgesellschafter, geringere Kontrollbefugnisse der Altgesellschafter und auch geringere Eingriffsbefugnisse. Alles zu dem opulenten Kaufpreis von nur noch 50 Millionen DM! Geringere Berücksichtigung der Arbeitnehmerrechte und der Mitbestimmungsrechte, Bereitstellung aller Grundstücke der Altgesellschafter, aber im Gegenzug Übernahme des Baufeldes Ost mit allen Verbindlichkeiten. Und natürlich noch das Risiko der Absicherung, was die Entgelterhebung angeht, natürlich durch die Altgesellschafter. Wer will denn als ernsthafter Kaufmann – und wenn man auch nur Haushälter ist – sagen, dass das ein ernsthaftes, seriöses Angebot ist? Das kann doch niemand sagen.
Und wenn Herr Steffel in Brüssel war, bei Frau Palacio, kann ich mir nicht vorstellen, dass Frau Palacio ihm geraten hätte, diesem Vertrag zuzustimmen. Herr Gewalt, vielleicht raten Sie ja ihrem Fraktionsvorsitzenden, Frau Palacio mit in das Beratungsteam zu nehmen. Das wäre vielleicht hilfreich.
Standen 1998 einem Kaufpreis von 650 Millionen DM Risiken und Lasten von 750 Millionen DM zu Lasten der Altgesellschafter gegenüber, so ist die Konsequenz des neuen Angebotes ein Kaufpreis von 50 Millionen DM und Risiken und Lasten von weit über einer Milliarde DM. Herzlichen Glückwunsch! Wer will jetzt noch fordern, dieses „Angebot“ anzunehmen?
Darüber war es ein Gedanke, den wir dabei hatten – und davon ist auch gesprochen worden –, dass der Bau des Großflughafens oder des Drehkreuzes oder BBI, wie immer man es nennen mag, einen Impuls in die Bauwirtschaft gibt. Die Unternehmenskonstruktion des Konsortiums wird das wahrscheinlich nicht befördern; die Vorteile für die Unternehmen in der Region sind eher unwahrscheinlich.
Ja, da müssen Sie halt mal in die Unternehmenskonstruktion gucken, dann werden Sie das ganz alleine feststellen.
50 Millionen DM Kaufpreis: Im Nachtragshaushalt haben wir allein 55 Millionen DM für dieses Jahr an Zuschuss für die Flughafengesellschaft beschlossen, und die Frage, ob wir den Flughafen selber bauen können, stellt sich immer noch. Aber sie stellte sich immerhin leichter, hätten wir nicht die 4 Milliarden DM bei der Bankgesellschaft versenkt. Das wäre mindestens die halbe Miete gewesen.
Herr Kaczmarek, wir verstehen uns so gut, stellen Sie mir die Frage nachher, die fünf Minuten sind sehr kurz, das wissen Sie ja selber.
Lassen Sie mich einen kurzen Ausflug machen in die Notwendigkeit des Flughafens. Bis auf die PDS, wo ich das bisher nicht erkennen konnte, hat eigentlich niemand die Notwendigkeit eines leistungsfähigen Flughafens bezweifelt.
Herr Cramer hat in gewisser Weise gesagt: Reduzierung auf das Notwendige. Und er ist da von einer Augenblicksaufnahme ausgegangen. Wer sagt Ihnen denn, dass es so bleiben muss? Wir stellen uns doch die Region als eine Region prosperierender Wirtschaft, prosperierender Wissenschaft, Technologie, Ansiedlung von Unternehmen, Unternehmensvertretungen und auch – wir sind Bundeshauptstadt – als ein Unternehmen Berlin vor, was wächst.
Also ist doch in jedem Falle die Momentaufnahme nicht das Maß der Dinge.
Was ist denn dann die Notwendigkeit? Da muss man doch auch die Perspektive bedenken. Wir sollten auch nicht nur mit den Passagierzahlen operieren. Neben den Passagieren gibt es auch das Luftfrachtaufkommen.
Ja, das hängt auch mit dem Wirtschaftsstandort zusammen. Ich will Ihnen mal ein ganz winziges Beispiel geben – und ich bestehe darauf, dass es nur winziges Beispiel ist – : Wir wollen Region der Biotechnologie sein. Biotechnologiefirmen produzieren Produkte, die nicht in großen Tanklastwagen produziert werden. Aber sie müssen über Nacht am Ort sein. Die können über E-Mail bestellt, aber nicht über E-Mail geliefert werden.
Wir brauchen eine leistungsfähige Anbindung der Wirtschaft. – Ich habe ja selber gesagt – damit müssen Sie mich jetzt nicht konfrontieren –, es ist ein winziges Beispiel, das aber nicht ausschließt, dass es noch Tausend und Abertausend andere solcher Beispiele gibt.
Also bitte: Nicht nur die Momentaufnahme, nicht nur die Passagiere, auch das Luftfrachtaufkommen und auch: die Zukunft! Und die stellen wir uns ja viel größer vor, als sie es heute ist. Wir können nicht ein Haus ohne Türen bauen, in das man nicht hinein- und nicht hinauskommt. Das reicht für die Stadt Berlin, Hauptstadt Deutschlands und Wirtschaftszentrum am Drehkreuz zwischen Ost und West nicht aus. – Schönen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Viele wohlmeinende Kollegen haben mich in den letzten Tagen daran erinnert, dass die Sitzung nicht um 13.00 Uhr, sondern bereis um 12.00 Uhr beginnt.
Es wäre nicht unbedingt notwendig gewesen nach meinen letzten Erfahrungen, aber es hat auch nicht geschadet: Sie sehen, ich bin da. Eine Schlagzeile wie etwa „Der Vorsitzende hat verpennt“ kann es dieses Mal nicht geben, und somit kann sich die Berichterstattung auf das Problem konzentrieren, das Berlin wirklich drückt, nämlich die außerordentlich prekäre Notlage der Berliner Finanzen. Sie ist es, die eine Haushaltsdebatte zu einem Nachtrag zum laufenden Haushaltsjahr notwendig macht.
Mit diesem Nachtragshaushalt hat die Dramatik der Berliner Haushaltspolitik seit der Wende eine weitere zusätzliche Steigerung erfahren. Hinzu kommen dieses Mal der Regierungswechsel, eine neue Koalition und neue Mehrheiten.
Sah unsere ursprüngliche Terminplanung vor, am 13. Juni mit den Beratungen zu beginnen und sie nach insgesamt vier Sitzungsterminen am 4. Juli abzuschließen, so musste sie der Eigendynamik dieser Tage wegen gravierend verändert und gekürzt werden. Es begann damit, dass der vorherige Senat den Nachtrag erst am 12. Juni, also einen Tag vor den beabsichtigten Beratungen beschlossen und vorgelegt hat. Einen Tag später im Hauptausschuss darüber bereits eine allgemeine Aussprache zu führen, das machte wenig Sinn, zumal die Abwahl des alten Senats unmittelbar bevorstand und es abzuwarten galt, ob der neue Senat den vorgelegten Entwurf zurückziehen würde oder
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durch eine Nachschiebeliste zu akzentuieren gedachte. Einen wichtigen Punkt im Zusammenhang mit dem Nachtrag konnten wir aber dennoch schon am 13. Juni anpacken. Wir haben die Bürgermeister Weber, Dr. Ulbricht und Dr. Friedersdorff als Sprecher des Rates der Bürgermeister angehört. Ihren Protest gegen die zwar schon reduzierte, aber immer noch als zu heftig empfundene Heranziehung der Bezirke zum Ausgleich der Mindereinnahmen haben alle Fraktionen aufgegriffen. Sie werden das hier sicher selbst noch darlegen.
Der neue Senat hat uns schließlich am 26. Juni mit einer Nachschiebeliste eine Reihe von Änderungen vorgeschlagen. Zunächst einmal – und das war notwendig –, die Berücksichtigung der Ausgaben für die Neuwahlen. Dann eine Herausnahme des Stellenplans der Lehrer aus der Minderung der Personalausgaben, zusätzliche Einsparungen im Einzelplan 12 – Stadtentwicklung –, hier die Zurückstellung der U 5, die deshalb in aller Munde war. Dann, durchaus nicht unstrittig, die vollständige Auflösung der Rücklage für den Zukunftsfonds. Zwar waren bereits im Entwurf des Nachtragshaushalts des alten Senats 200 Millionen DM für diesen Zweck gestrichen worden, jetzt sind es aber weitere 30 Millionen DM. Insgesamt 20 Millionen DM werden als Zuschuss an die Technologie-Stiftung neu veranschlagt. Weiter war der Nachschiebeliste zu entnehmen, dass die Kürzung um 1 Million DM der Zuschüsse für die kulturellen Aktivitäten freier Gruppen zu Lasten der neu eingeschätzten Zuschüsse für den Religions- und Weltanschauungsunterricht zurückgenommen wurde. Weiterhin die Reduzierung des immer unrealistischer gewordenen Ansatzes der Einnahmen aus Vermögensaktivierung um rund 90 Millionen DM, bezogen auf das, was wir einnehmen müssen, ein relativ geringer Betrag, aber immerhin ein Zeichen. Auch die Einnahmen, die aus Vermögensaktivierung noch zu erzielen sein müssen, sind eine exorbitante Herausforderung. Schließlich – das scheint mir wichtig anzumerken – der Verzicht auf die Erhöhung der Kassenkreditermächtigungen von 12 auf 14 Prozent. Das ist ein deutliches Zeichen dafür, dass etwas mehr Transparenz in die Gesamtsumme der Kreditaufnahme kommen wird.
In der Bewertung dieser Nachschiebeliste während unserer allgemeinen Aussprache waren sich Koalition und Opposition naturgemäß nicht einig. Das waren sie vor dem Regierungswechsel nicht, und das sind sie auch jetzt nicht. Das wird Ihnen aber im Lauf der Haushaltsdebatte von berufeneren Mündern dargestellt werden.
Um dem überaus wichtigen Punkt Bankgesellschaft, einer der wesentlichen Notwendigkeiten für den Nachtragshaushalt, gerecht zu werden, haben wir noch am 27. Juni 2001 die Änderung der Kreditermächtigung 2001 von bis zu 3,7 Milliarden DM auf die schwindelerregende Summe von 9 Milliarden und 532 Millionen und 917 Tausend DM beschlossen. Wer sich nicht vorstellen kann, was das für eine Summe ist, diese 9 Milliarden DM: Das sind rund 18 000 Einfamilienhäuser. Das ist mehr als ein Dorf, das ist schon fast eine kleine Stadt.
In der selben Sitzung, die fast 12 Stunden dauerte, wurde der Nachtragshaushalt in 1. Lesung über alle Einzelpläne beraten. In einigen Fällen wurde auch schon seitens des neuen Senats anders agiert als bisher. So zog Senator Wieland die Vorlage seines Vorgängers über das Sonderfinanzierungsmodell der Justizvollzugsanstalt in Großbeeren zurück. Senator Böger seinerseits zog die eigene Vorlage über die Schießsportanlage in Adlershof zurück. Das nun allerdings hat die Union nicht daran gehindert, auf der Grundlage eines eigenen Antrags eben diese Schießanlage zusammen mit der PDS gegen die Stimmen der Koalition zu beschließen.
Sie sehen daran, es gibt nicht nur e i n e neue Mehrheit.
Seine 2. Lesung über alle Einzelpläne hat der Hauptausschuss eine Woche später am 4. Juli 2001 in nur elfstündiger Sitzung bewältigt.
Sie dauerte deshalb nicht länger, weil wir eine Sondersitzung am letzten Freitag wegen der rechtlichen Klärung des Beitrags der IBB zum Haushalt brauchten. Erwähnenswert aus dieser Sitzung am 4. Juli 2001 ist neben des schon genannten Beschlusses zur Schießsportanlage ein CDU-Antrag, die Absenkung und Strekkung im Verkehrsbereich – allerdings auf Kosten der Straßenbahnprojekte – wieder rückgängig zu machen, der abgelehnt wurde.
Die lange erwartete Vorlage von Senator Strieder, die den Weiterbau der Topographie des Terrors mit Gesamtkosten von 76 Millionen DM sichert, wurde angenommen.
Am letzten Freitag, am 6. Juli 2001, war dann die Schlussrunde in einer kurzen Sitzung, die nur drei Stunden dauerte. Kernpunkt war eine Vorlage des Senats, die einen in mehreren Einzelplänen noch vom alten Senat veranschlagten Bankbeitrag der IBB auf seine rechtliche Zulässigkeit untersucht und eine dieser Zulässigkeit entsprechende Umdisponierung vorschlägt. Somit wird nun die IBB beauftragt, im Jahr 2001 das Schul- und Sportanlagensanierungsprogramm durchzuführen. Ein vom IBBAufsichtsrat beschlossener Bankbeitrag von 100 Millionen DM für 2001 wird als zweckgebundene Einnahme bei Kapitel 29 09, Titel 282 03 veranschlagt. Auf die im Zusammenhang mit dem Bankbeitrag in der Vorlage des alten Senats vorgesehene Ansatzänderung in den Einzelplänen 10, 12, 13 und 17 wurde damit verzichtet.
Dass diese erhebliche Änderung der Ursprungsvorlage nach intensiver Diskussion und unter Verzicht auf eine vom Senat vorgeschlagene verbindliche Erläuterung schließlich einstimmig beschlossen wurde, macht deutlich, wie konstruktiv Beratungen im Hauptausschuss unverändert sein können. Das zeigt sich auch daran, dass die CDU nicht gegen diesen Nachtragshaushalt gestimmt hat – sie hat ihm auch nicht zugestimmt –, sie hat sich enthalten, und sie hat sich auch nicht den Fristverkürzungen und Terminveränderungen im Beratungsverlauf entzogen. – Meine Damen und Herren von der Union, herzlichen Dank, das hat es mir erleichtert, die Haushaltsberatungen zu leiten.
Gestern schließlich haben wir neben weiteren Tagesordnungspunkten – herauszuheben sind die Hochschulverträge – die Auflagenbeschlüsse beschlossen, die Ihnen heute vorliegen.
Im Namen des Ausschusses will ich die Gelegenheit nutzen, mich bei Herrn Schreiber und seinem Team für die geleistete Arbeit zu bedanken.
Wie stets wäre eine korrekte Haushaltsberatung ohne diese Arbeit undenkbar gewesen.
Aber auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Stenound des Ordnungsdienstes und auch die des Caterings haben nicht auf die Uhr geschaut und die arbeitnehmerunfreundliche Arbeitsweise des Hauptausschusses klaglos ertragen. Auch ihnen herzlichen Dank.
Bevor ich nun zum obligaten Schlusssatz der Berichterstattung komme, gestatten Sie mir eine eher persönliche Anmerkung. Ich weiß, dass die Wissenschaft der Politik wenig mit der Wissenschaft zu tun hat, die ich studiert habe. Daher weiß ich auch, dass es in der Politik auf eine konkrete Frage durchaus verschiedene politische Antworten geben kann. Fast bin ich geneigt zu sagen: Das ist auch gut so. Dass aber politische Standpunkte, insbesondere in Haushaltsfragen wesentlich davon abhängen, ob man Regierungsfraktion oder Opposition ist, das, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat mich erstaunt in den letzten
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Beratungen. In den Naturwissenschaften gilt nicht die Behauptung, sondern allein der Beweis. Dass das nicht auf die Politik übertragbar ist, nicht einmal auf die Haushaltspolitik, das bedauere ich. Bei aller Unterschiedlichkeit der Standpunkte in der Politik aber sollten doch die Begründungen und Argumente konsistenter sein.
Es ist mein Wunsch, dass wir uns künftig um den richtigen Weg streiten,
das aber mit nachvollziehbaren Argumenten und einig in dem Ziel, unsere Stadt aus ihrer beängstigenden finanziellen Situation zu befreien.
Und nun der rituelle Schlusssatz: Meine Damen und Herren, der Hauptausschuss bittet Sie, den Nachtragshaushalt 2001 entsprechend seinen Beschlussempfehlungen anzunehmen. – Ich danke Ihnen!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Welches ist heute das drängendste und damit auch aktuellste Thema in der Stadt?
Ist es ein vermuteter Bauskandal und versinkt deshalb die gesamte Stadt im Sumpf, Ausrufezeichen?
Ohne Zweifel ein ernstes Thema, Herr Kollege Wieland, welches einen Blick auf die – vorsichtig ausgedrückt – „Beziehungsstrukturen“ in dieser Stadt lenkt. Ich bin mit Ihnen der Meinung, dass der Ruf Berlins selbstverständlich nicht durch Skandale beschädigt werden darf, aber Berlin und seine Menschen, sind deshalb noch nicht der „Sumpf“, den die Grünen mit dem Vorschlag ihrer Themas dramatisch überhöht postulieren.
Dieses Thema beschreibt meiner Auffassung nach auch nicht das wirklich drängendste Problem der Stadt. Das wirklich aktuelle Thema ist die finanzielle Situation, die ihren dramatischen Ausdruck in der bereits am Beginn des Jahres verhängten Haushaltssperre findet.
Das hat, ebenso wie wir, auch die PDS erkannt und zum Gegenstand ihres Vorschlags für die Aktuelle Stunde gemacht. Die Aktualität teilen wir, wollen aber mit unserem Vorschlag den Schwerpunkt auf die Auswirkungen der Haushaltssperre auf die soziale Situation der Stadt lenken. Es ist unbestritten, dass der Haushalt 2001 durch ernste Risiken bei Einnahmen und Ausga
ben in einer kritischen Situation ist. Die Bankgesellschaft ist leider nur ein Teil dieses Problems. Der Finanzsenator hat deshalb in Verantwortung für den Haushalt darauf mit der Verhängung der Haushaltssperre reagiert. Wir halten das für den konsequenten und auch unausweichlichen Schritt in dieser Situation. Ebenso sind wir aber der Meinung, dass diese Haushaltssperre nicht die Lösung für den Rest des Jahres sein darf. Unser besonderes Interesse ist deshalb darauf gerichtet, die Stadt durch die Haushaltssperre nicht in eine soziale Schieflage geraten zu lassen. Deshalb wollen wir das auch zum Thema der Aktuellen Stunde machen. Ich glaube, das ist ein Thema, dem sich alle Fraktionen anschließen können.
Denn trotz unveränderter Konsolidierungszwänge und trotz Haushaltssperre darf Berlin nicht in einer sozialen Schieflage versinken. Deshalb müssen von der Haushaltssperre wichtige Bereiche ausgenommen werden, die unerlässliche Zukunftsinvestitionen für die Stadt bedeuten. Dazu gehören zum Beispiel das Schulsanierungsprogramm, ebenso wie „Computer in die Schulen“, Programme der beruflichen Bildung, Maßnahmen der sozialen Stadtentwicklung, das Quartiersmanagement, auch die Anschubfinanzierung der Bürgerämter nach der erfolgten Bezirksreform, ebenso wie Qualifizierungs- und Mobilisierungsmaßnahmen für Personal im Überhang. Schließlich darf auch die Arbeits- und Handlungsfähigkeit der Bezirke nicht beeinträchtigt werden, leisten die Bezirke doch gemeinsam mit den freien Trägern einen wesentlichen Beitrag zum sozialen Frieden in der Stadt.
Schon allein deshalb kann die Haushaltssperre nicht die Lösung für dieses Jahr sein. Ganz im Gegenteil ist sie nach seriöser und belastbarer Ermittlung aller Risiken durch gezielte Eingriffe in den beschlossenen Haushalt so schnell wie möglich zu ersetzen.
Wir haben, Herr Müller-Schoenau, die Diskussion gestern im Hauptausschuss geführt. Ich fand sie sehr angenehm und konstruktiv.
Da es bei diesen Eingriffen aber um wesentliche Einsparungen gehen muss, halten wir eine Beteiligung des Parlaments an diesen gezielten Maßnahmen für unerlässlich.
In diesem Sinn haben wir gestern im Hauptausschuss – Herr Müller-Schoenau, Sie werden sich erinnern – in einer sehr offenen und konstruktiven Diskussion über Fraktionsgrenzen hinweg einen Beschluss gefasst, von dem heute noch die Rede sein wird.
In diesem Sinne bitte ich Sie, für das Thema der heutigen Aktuellen Stunde nicht Skandale zu wählen und sich auch nicht auf die Beschreibung der finanziellen Misere zu beschränken, sondern sich mit uns darüber zu verständigen, wie das Nötige geleistet werden kann, ohne das soziale Gleichgewicht in der Stadt zu gefährden. Ich bitte Sie um die Zustimmung zu dem von uns vorgeschlagenen Thema. – Danke schön!
Bezirk und Krankenhausleitung haben den Beitritt zur Beschäftigungssicherungsvereinbarung abgelehnt. Eine von einem Mitarbeiter des Krankenhauses angestrengte Klage vor dem Arbeitsgericht auf Übernahme in den öffentlichen Dienst wurde von diesem Gericht abgelehnt. Wo, Frau Senatorin, sehen Sie vor diesem Hintergrund die rechtliche und damit auch finanzielle Verantwortung für das Personal? – Sollten Sie diese im Bezirk sehen: Wie, glauben Sie, wird der Bezirk mit diesem finanziellen Risiko umgehen können?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Landesbeauftragte für die Unterlagen der Staatssicherheit hat seinen Bericht vorgelegt. Namens meiner Fraktion spreche ich ihm und seinen Mitarbeitern Dank und Anerkennung für die geleistete Arbeit aus.
Der Bericht zeichnet ein Bild, das von meinen Vorrednerinnen und Vorredner bereits deutlich und ausgiebig gewürdigt wurde. Wir erkennen, dass die Einsetzung dieses Landesbeauftragten vor knapp 10 Jahren richtig und notwendig war, seine Arbeit unverändert dringlich bleibt. Wichtig und notwendig war sie im Wesentlichen bei der Personalüberprüfung und der Besetzung von Stellen. Sie bleibt aber wichtig und notwendig für die Beratung der Opfer und Unterstützung der Verfolgtenverbände. Sie bleibt aber auch wichtig und notwendig für die geschichtliche Aufarbeitung.
Die Geschichte der Stasi ist nicht nur die Geschichte ihrer Opfer und deren Schicksale bis heute. Die Institution Stasi war auch ein Angriff auf eine demokratisch verfasste Gesellschaft außerhalb der DDR. Insofern verbietet sich jeder Vergleich mit Geheimdiensten demokratischer Staaten. Aufklärung und Aufarbeitung bleiben also geboten, gegenüber den Opfern, die eine gerechte Beurteilung ihres Schicksals durch uns erwarten dürfen. Sie sind aber ebenso geboten für das Geschichtsbewusstsein nachwachsender Generationen, die selbst keine eigenen Erfahrungen mit undemokratischen und autoritären Systemen gemacht haben. Die kritische Auseinandersetzung mit der Vergangenheit ist deshalb nicht nur ein moralisches Gebot, sie ist auch für die geschichtsbewusste Wahrung und Entwicklung einer demokratischen Gesellschaft notwendig. Eine Schlussstrichmentalität kann es daher nicht geben.
Zwar verlieren 10 Jahre nach der deutschen Einheit strafrechtliche Konsequenzen und dienstrechtliche Probleme an Bedeutung, aber eine moralische Generalamnestie kann und soll es nicht geben, gleich, ob es sich um Bürger der ehemaligen DDR oder Bürger aus den alten Bundesländern handelt.
Gerade die aktuellen Vorgänge um die Aktion Rosenholz, aber auch das entschlüsselte System für die Informationsrecherche der HVA „SIRA“ beweisen, dass das Phänomen Stasi nicht nur ein Problem des deutschen Ostens war. Ganz im Gegenteil erweist sich, dass die Stasi ein Bestandteil unserer gemeinsamen Geschichte ist. Täter und Opfer gab es im Osten wie im Westen,
zugegebenermaßen nicht ganz gleich verteilt, aber auch das ist zu bedenken.
Daraus ergibt sich die Frage, wie wir künftig mit weiteren Erkenntnissen umgehen werden. Ich meine, das ist eine Frage der Gerechtigkeit, aber auch unserer demokratischen Verantwortung, dass jedwede Zusammenarbeit mit der Stasi aufzuklären und historisch zu bewerten ist. Die Öffentlichkeit hat einen
Anspruch auf Aufklärung und Dokumentation. Ein selektives Ausblenden von Stasiverstrickungen würde den Rechtsstaat untergraben.
Haben Menschen aus den alten Bundesländern mit der Stasi zusammengearbeitet, müssen auch sie sich die Frage gefallen lassen – jenseits gegebenenfalls verjährter strafrechtlicher Konsequenzen –, ob sie in unserer demokratischen Gesellschaft unverändert in öffentlichen Positionen verbleiben können. Gerade vor dem Hintergrund neuer Erkenntnisse darf es also kein „Schwamm drüber“ geben, keinen voreiligen Schlussstrich. Wir schulden diese Aufklärung der demokratischen Zukunft unserer Gesellschaft.
Darüber hinaus zeigt zum Beispiel die Arbeit der „Wahrheitsund Versöhnungskommission“ der Republik Südafrika, dass ein Prozess der Aufarbeitung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit erst recht für das demokratische Bewusstsein nachwachsender Generationen unerlässlich ist.
Schlussfolgernd möchte ich betonen, dass es keinen kalendarisch bestimmten Zeitablauf für die Arbeit des Landesbeauftragten geben kann. Sie bleibt für eine bis heute nicht abschätzbare Zeit notwendig, und wir werden das unterstützen. – Danke schön!
Meine Damen und Herren! Termingerecht liegt Ihnen die Beschlussempfehlung zum Haushaltssanierungsgesetz und zum Haushaltsgesetz 2000 vor. Die Gesamtberatungszeit des neuen Hauptausschusses mit einer großen Zahl neuer Kolleginnen und Kollegen war mit rd. 100 Stunden nicht kürzer als die unserer Vorgänger. Deutlich kürzer aber war diesmal die Zeitspanne, die uns und den Unterausschüssen zur Verfügung stand, um die heutige II. Lesung im Plenum mit unseren Beschlussempfehlungen zu erreichen.
Bereits an dieser Stelle möchte ich mich im Namen des Ausschusses bei Herrn Schreiber, dem Ausschussassistenten, und seinen tüchtigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Frau Horn, Frau Berg und Herrn Nowak, bedanken.
Ohne ihre Arbeit weit über die normale Arbeitszeit hinaus wäre das Ergebnis nicht möglich gewesen. In diesen Dank beziehe ich ausdrücklich auch die Kolleginnen und Kollegen ein, die die sehr aufwendigen Inhaltsprotokolle erarbeitet haben.
Und ebenso gilt unser Dank den Verwaltungen, die sich Mühe gegeben haben, die sehr zahlreichen und aufwendigen Berichtswünsche des Ausschusses zu erfüllen. Schließlich bedanke ich mich auch bei den Kolleginnen und Kollegen des Ausschusses für die Unterstützung in meinem Amt. Das hat mir die Arbeit leicht gemacht und insgesamt eine konstruktive Arbeitsatmosphäre ermöglicht.
Ebenso ungewöhnlich gestrafft wie die Beratungen des Hauptausschusses wird heute die Plenardebatte zum Haushalt sein. Sie findet erstmals an einem einzigen Tage statt. Das ist eine wahrhaft parlamentsreformerische Tat. Dadurch werden wir – was wiederum schade ist – die humorigen Abschlussreden der Fraktionsvorsitzenden nicht genießen können. Um ein wenig daran anzuknüpfen, will ich meine Berichterstattung jedenfalls stellenweise mit Zitaten aus unseren Beratungen würzen, die den Ernst der Haushaltsberatung und der damit verbundenen Probleme wenigstens verbal aufgeheitert haben.
In der ersten Haushaltsberatung der 14. Wahlperiode wurden gelegentlich die Akteure der vergangenen finanzpolitischen Auseinandersetzungen angesprochen. So wurden in der allgemeinen Aussprache Frau Kommissarin Schreyer und Frau Senatorin a. D. Fugmann-Heesing zwar noch kurz als die zwei Halbgöttinen der Konsolidierung beschworen, aber auch ihre männlichen Nachfolger bekannten sich zur tatsächlichen und nicht nur zur virtuellen Konsolidierung.
Beide werden in dieser Wahlperiode noch Zeit und Gelegenheit haben, sich den Ruf von Halbgöttern zu erarbeiten. Es bleibt ein hehres Ziel.
Ein erste Überraschung während unserer Beratung bot die vorgelegte Investitionsplanung. Als „Kurths Fassung“ ist die Investitionsplanung bis 2003 ganz schnell in die Berliner Haushaltsgeschichte eingegangen. Sie soll nach unserem Verständnis aber ein Unikat bleiben. Alle Fraktionen forderten daher vom Finanzsenator die Aufgabe des „Systems Kurth“.
Herr Senator! Ich habe großes Verständnis dafür, dass Sie uns daran gewöhnen wollen, abstrakter zu beraten, aber der Sprung von 537 Seiten der zuletzt vorgelegten Investitionsplanung auf nur noch 21 Seiten war zu groß.
Sie dürfen nicht übersehen, dass wir zugleich ein Landes- und ein Stadtparlament sind. Das bedeutet, wichtige Investitionen müssen bei ihrem Namen genannt werden, und dürfen nicht in der Anonymität der Positionen der Finanzplanung unerkennbar bleiben. Da 1999 überhaupt keine Investitionsplanung vorgelegt wurde, bleiben Sie uns bis zur Beratung des nächsten Haushaltes ein gewichtiges Werk schuldig.
Dieses Wort hätte es verdient, Wort des Jahres zu werden. Es ist ein Schlagwort wie aus der globalen Finanzwerbewelt. Überraschenderweise hat sich Senator Werthebach als Schöpfer dieses edlen Begriffes geoutet. Das hätte ich ihm, ehrlich gesagt, nicht zugetraut. Sehen Sie es mir nach, Herr Senator!
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Als Effizienzrendite wurden bei uns leider nur die pauschalen Minderausgaben im investiven Bereich veranschlagt, die der Senat im Haushalt 2000 erstmals getrennt von den pauschalen Minderausgaben im konsumtiven Bereich ausgewiesen hat. Wollte man dem Wortsinn von „Effizienzrendite“ gerecht werden, hätte die Veranschlagung exakt umgekehrt erfolgen müssen. Ob die so erfolgte Veranschlagung vorteilhaft ist und auf Dauer beibehalten werden sollte, das bleibt abzuwarten.
Das Wort „Effizienzrendite“ hat allerdings dazu verlockt, im Verlaufe der Beratungen ähnliche Begriffe zu schöpfen. Die Bezirke, aber auch der Stadtentwicklungssenator hatten prompt unter einer „Fusionsrendite“ zu leiden. Herrn Senator Strieder traf schließlich auch noch die „Hauptausschussrendite“ – früher hätten wir es schlicht „Kürzung“ genannt.
Nach so viel Grundsätzlichem einige verbale Highlights aus den Einzelberatungen. Die dem Ausschuss von Senator Werthebach berichtete erstaunlich geringe Auslastung des technischen Equipments der Geschwindigkeitsüberwachung – vulgo: Radarkontrolle – hat das Zeug dafür, ein Thema künftiger Haushaltsberatungen zu werden. Hinter dem Drängen der Grünen, diese Geschwindigkeitsüberwachung zu intensivieren und in einen LHO-Betrieb zusammenzufassen, vermutete die CDU sofort eine „Blitzen und Kassieren GmbH & Co KG“.
Einen entsprechenden Auflagenbeschluss hat die Koalition abgelehnt.
Zum Polizei-Kapitel hat der Rechnungshof im Vorgriff auf seinen Bericht 2000 Folgendes mitgeteilt: Die Senatsverwaltung für Inneres hat verhindert, dass bei der Polizei von den Beschäftigten Entgelte für Parkplätze auf dienstlich genutzten Grundstücken erhoben werden. Dies führte allein im vergangenen Jahr zu Mindereinnahmen von über 450 000 DM. – Senator Werthebach machte zwar andere Vorstellungen von Zumutbarkeit, Vermietbarkeit und Wirtschaftlichkeit geltend, der Ausschuss aber grollte dem Senator ob dieser Darstellung einvernehmlich, nachdem obendrein bekannt wurde, dass für die angeblich unvermietbaren Parkplätze bereits mehrere hundert Verträge abgeschlossen waren.
Der Hauptausschuss hat salomonisch die von der Verwaltung erwogenen 10 DM auf 20 DM verdoppelt und ihre Verwendung zugunsten des Projekts „Bürgerdienste“ vorgesehen. So bleibt das Geld im Haus und dient einer guten Sache.
Der vom Rechnungshof monierte Einnahmeverzicht hat darüber hinaus den Innensenator in den Fokus einer ganz besonderen Effizienzstrategie seines Kollegen Kurth gebracht, die da lautet: Konsequenzen aus zurechenbaren Einnahmeverzichten. – Erstes Opfer dieser Strategie wurde bereits der Bezirk Kreuzberg, dem 500 000 DM von seiner Zuweisung für die konsumtiven Sachausgaben aus eben diesem Grund gekürzt wurden. Auf Ihren Tischen sehen Sie ein Extrablatt des „Kreuzberger Stachel“. Ich kann Ihnen versichern, wir haben von den 1,2 Millionen DM, die vorgeschlagen wurden, nicht Gebrauch gemacht, und Sie können ganz sicher sein, dass es kein Affront gegen den Bezirk Kreuzberg war, auch wenn er einen grünen Bürgermeister hat.
Dazu komme ich jetzt: Aber auch den Einzelplan des Innensenators kann noch eine haushaltswirtschaftliche Sperre treffen, wenn sich das Monitum des Rechnungshofes erhärtete.
Herr Cramer, dann werden wir es genauso tun. Einmal müssen wir beginnen.
Jetzt zu einem anderen Problemfeld unserer Beratungen. Mit ihren größeren Bauwerken – alten wie neuen – hat es die Stadt Berlin schwer. Späte Kosten frühen Entscheidungsmutes holen
uns immer wieder ein. Wie schön wäre es doch, wenn wir wie Paris Bauwerke des Präsidenten hätten. Zum neuen Louvre, zur neuen französischen Nationalbibliothek, zur Bastille Ope´ra, zum Centre Pompidou, das auch schon einmal gründlich überholt werden musste, fallen mir schnell Berliner Gegenstücke ein. Ich setze hierbei große Hoffnungen auf den neuen Kultursenator. Als Generaldirektor des Deutschen Historischen Museums ist es ihm jedenfalls schon einmal gelungen, Berlin mit einem Neubau zu bereichern, den Sie nicht in unserem Haushaltsplan veranschlagt finden und der sogar vom selben Architekten wie der neue Louvre stammt. Lieber Herr Stölzl, vorerst können wir nicht meckern – vorerst!
Hier nun einige Vorhaben dieser Art aus dem Haushaltsplan 2000, die wir bezahlen müssen und die den Hauptausschuss wegen noch ungeklärter Risiken zum Einbau von Notbremsen in den Haushaltsplan veranlasst haben. Bei der Sanierung des Olympia-Stadions und dem internationalen Dokumentationsund Begegnungszentrum „Topographie des Terrors“ sind die Ausgaben und die Verpflichtungsermächtigungen qualifiziert gesperrt. Kollege Brauer sagte: „Hier wollen wir nicht länger im Dunkeln tuten!“ – Für die Grundsanierung des ICC-Parkhauses und den Zuschuss an die Deutsche Mediathek sind die Ausgaben ebenso qualifiziert gesperrt.
Es gibt aber auch zwei sehr erfreuliche Aufstockungen: Eine Erhöhung des Investitionszuschusses für die Stiftung Preußischer Kulturbesitz um 25 Millionen DM, das Stichwort hierzu lautet „Museumsinsel“, und 100 Millionen DM für ein Schul- und Sportanlagensanierungsprogramm. Allerdings fokussierte der Kollege Müller-Schoenau die fraktionsübergreifende, wenn auch gemäßigte und zurückhaltende Kritik an dem schließlich beschlossenem 100-Millionen-DM-Programm mit der Zuspitzung: die Toilette als Geisel. – Gemeint war damit, dass für die zum Himmel stinkenden Toiletten in den Schulen Sanierungsmittel gefordert wurden, die nach ihrer Bewilligung zum Teil aber in andere Maßnahmen wie beispielsweise die Sanierung einer Sportplatztribüne investiert wurden. Die Toilette bleibt dadurch die wieder verwendbare Geisel. Auch wenn das Programm Schul- und Sportanlagen gewidmet ist, es sollte immer die dringenste und unerlässlichste Schadensbeseitigung Priorität haben, und zwar unabhängig – nach meinem Verständnis – von der Einwohnerzahl, sondern nur nach dem Kriterium Schadensfall. Der Hauptausschuss hat deshalb einige Maßnahmen in die staatliche Bauunterhaltung „umgetopft“ und so noch Spielraum für die Aufnahme weiterer Maßnahmen gewonnen. Wir haben auch zugestimmt, dass das Programm sofort, trotz derzeit geltender Haushaltssperre, beginnen kann. Mit den notwendigen Verbesserungen des Programms werden wir uns noch befassen.
Nach der „Toilette als Geisel“ hat mir am besten das Wort des Kollegen Brauer von der „Archenhold-Sternwarte auf der neolithischen Opferbank“ gefallen. Der Kollege Brauer hat sich überhaupt mit kuriosen Wortwendungen hervorgetan. Das hat den Hauptausschuss erheitert und zum guten Klima beigetragen. Ein Opfer wurde im Übrigen für die Archenhold-Sternwarte nicht gefordert. 5 000 DM bei den Kosten für Elektroenergieabsenkungen sind verträglich.
Als running gag empfand es Kollege Kaczmarek, dass der Senat wir im Vorjahr den Ansatz bei den Kitazuschüssen deutlich unterfinanziert vorgelegt hat. Hier hört jeder Spaß auf. Ebenso wie im Vorjahr musste der Hauptausschuss diesen eklatanten Fehler in der Haushaltsvorlage des Senats ausbügeln und die vor aller Augen klaffende Lücke schließen. War 1999 eine Erhöhung des entsprechenden Ansatzes um 22,5 Millionen DM notwendig, so sind es dieses Mal sogar 42 Millionen DM. Nach meiner Auffassung handelt es sich hierbei weniger um einen running gag, als um ein running problem des Senats. Zum einen wird es vor dem Hintergrund der angespannten Haushaltslage immer schwieriger, einen verantwortbaren Ausgleich zu finden, zum anderen darf das Parlament erwarten, dass der Senat einen Haushalt ohne solche Tretminen vorlegt. Es reicht nicht aus, dass der vom Senat vorgelegte Haushalt in Einnahmen und Ausgaben ausgeglichen ist, wiewohl es auch das schon anders gegeben hat. Wir erwarten einen nach Prioritäten über alle Einzelpläne hinweg geordneten Haushalt ohne derartige gravie
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rende Mängel. Deshalb gehen wir davon aus, dass der Senat im Haushalt 2001, den wir im Herbst beraten werden, vor diesen Problemen nicht davonlaufen wird. Dieses Mal und in diesem Fall waren wir die Guten, im Wiederholungsfall werden wir unserem Ruf, die Schrecklichen zu sein, in aller Konsequenz gerecht werden.
Ohne zitierwürdige Redebeiträge, aber im Verständnis einer großen Zahl von Bürgerprotesten hat sich der Hauptausschuss zu einer Korrektur der vom Senat mit seiner 1. Nachschiebeliste vorgesehenen Kürzung von Familienbildungsmaßnahmen entschlossen. Statt wie ursprünglich geplant minus 743 000 DM finden sie in der Beschlussfassung nur noch eine Absenkung um 259 000 DM. Damit dürfte Berlin auch die Schreibabyambulanz erhalten bleiben – die braucht Berlin.
Durch beharrliches, fraktionsübergreifendes Insistieren hat der Hauptausschuss erreicht, dass EU-Fördermittelanteile erheblich klarer erläutert werden. Die Umstellung der Zahlungsweise der Strukturfondsmittel wurde vorsorglich berücksichtigt. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gerade hinsichtlich der EU-Mittelveranschlagung und Erläuterungen lohnt es sich, unsere Beschlussempfehlung durchzublättern. Hier sind die Änderungen noch viel leichter zugänglich als in den Bänden des ursprünglichen Haushaltsplans.
Das sind bei Weitem noch nicht einmal alle wichtigen Ansatzänderungen, die der Hauptausschuss beschlossen hat. Leider können sie wegen der Nachschiebeliste des Senats in der Veränderungsvorlage Drucksache 14/301 nicht erkennen, welche vom Senat herbeigeführt worden sind und welche der Hauptausschuss korrigiert oder rückgängig gemacht hat.
Zum Schluss einige wenige Petitessen. In der Beratung über Frauenprojekte, Kapitel 18 30, hat Frau Senatorin Schöttler das interessante Controllinginstrument „Selbstevaluation als laufender Prozess“ eingeführt.
Wir sollten es uns für die Überarbeitsungsphase der Verwaltungsreform vormerken.
Überhaupt: Auflagenbeschlüsse. Nicht alle dieser Beschlüsse finden die ungeteilte Zustimmung des Senats. So hat der Regierende Bürgermeister in einem Brief an die Fraktionsvorsitzenden der Koalition gefordert, künftig nicht mehr für die vom Senat zu erstellenden Berichtsaufträge, die nicht oder nicht rechtzeitig eingegangen sind, mit einer Zahlung von 150 000 DM aus dem Etat der verantwortlichen Verwaltung belastet zu werden. Der Brief, der offiziell auch den Vorsitzenden des Hauptausschusses erreichte, sprach zum einen von einem angemaßten Privileg des Ausschusses und zum anderen davon, dass die geforderte Termindisziplin keine hinreichende Begründung für derartige Sanktionen sein könne. – Sehr geehrter Herr Regierender Bürgermeister! Einhellig ist der Ausschuss nicht ihrer Aufforderung gefolgt, sondern hat den Auflagenbeschluss erneut erneuert. Schließlich waren wir auch dieses Mal wieder genötigt, Sanktionen zu verhängen, und ihre Senatskanzlei war daran nicht ganz unbeteiligt.
Was den Umgang mit Verträgen angeht, gibt die Debatte über Hochschulverträge und den Überbrückungsfonds Aufschluss. Wir durften erfahren, dass in diesem Zusammenhang die Hochschulverträge nicht gebrochen, sondern nur unkonventionell umgangen worden seien. Das will ich nicht weiter kommentieren.
Als Letztes will ich den Kollegen Kaczmarek zitieren. Er fragte den Finanzsenator, ob denn der neue Liegenschaftsfonds dem Hauptausschuss von ihm selbst oder von in feines, dunkles Tuch gewendeten Chicago Boys mit farbenprächtigen Folien präsentiert werde. Der Hauptausschuss und der Finanzsenator haben sich einvernehmlich auf eine Präsentation durch den Finanzsenator und gegen die Chicago Boys entschieden.
Diese wenigen Einblicke in die Beratungen des Hauptausschusses müssen genügen, obgleich es noch einiges Ernstes, Schwieriges und Heiteres zu berichten gäbe. Wir haben uns bemüht, unserer Verantwortung gegenüber dem Haushalt des Landes Berlin gerecht zu werden und empfehlen Ihnen deshalb
mehrheitlich, das Haushaltssanierungsgesetz 2000 mit der Drucksachennummer 14/300 und das Haushaltsgesetz 2000 Drucksache 14/301 sowie 14/302 anzunehmen. – Ich danke Ihnen!