Dilek Kolat

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben heute im Parlament unseren Ausschussvorsitzenden gemeinsam erlebt, wie wir ihn in den letzten zwei Jahren im Untersuchungsausschuss ertragen mussten, regelrecht ertragen mussten.
Herr Braun, Sie haben schon einiges vom Präsidenten gehört, aber lassen Sie sich auch von mir noch einmal gesagt sein: So sieht ein Bericht eines Ausschussvorsitzenden nicht aus! Das war eine klar parteipolitische Positionierung, und ich denke, dass die Arbeit des Untersuchungsausschusses an dieser Stelle immer gelitten hat. Mich verwundert besonders, Herr Braun, dass Sie gerade mit Ihrer juristischen Ausbildung Ihre Position ständig missbraucht haben. Ich wollte das eigentlich am Ende meiner Rede sagen, aber ich mache es auch gern am Anfang.
Der Ausschuss litt in der Tat unter unserem Ausschussvorsitzenden.
Bevor wir mit unserer Arbeit begonnen haben, beglückte er schon die Öffentlichkeit mit Vorverurteilungen und Vorwegnahme der Ergebnisse. Herr Braun wusste alles schon vorher.
Das kann man in der Presse auch noch einmal nachlesen. Er war sich auch nicht zu schlecht, die Geschäftsordnung mehrmals zu missachten und Anträge zur Abstimmung nicht zuzulassen. Es war sehr schwierig, eine sachliche Arbeit zu leisten. Ich weiß nicht, Herr Braun, warum Sie diese Rede nicht Ihrem CDU-Kollegen Herrn Goetze überlassen haben, denn er ist der Sprecher für die CDU.
Ein Ausschussvorsitzender ist auch einer gewissen Neutralität verpflichtet.
Nach zweijähriger Arbeit des Untersuchungsausschusses vergisst man die Anfänge des Falls Tempodrom. Wir erinnern uns an das alte Tempodrom in Zeltform im Tiergarten. Es erfreute sich wegen seiner kulturellen und touristischen Bedeutung größer öffentlicher Sympathie durch Gesellschaft, Politik und Medien. Im Untersuchungsausschuss ging es darum, herauszufinden, wie es dazu kommen konnte, dass ein mit öffentlichen Geldern errichteter Privatbau so aus dem Ruder laufen konnte, die Baukosten des Gebäudes verdoppelten sich auf 31,6 Millionen €. Ironie des Schicksals, heute steht Tipi, das Zelt, fast genau am Standort des alten Tempodroms, erfreut sich größter Beliebtheit und stört niemanden.
Die Arbeit des Untersuchungsausschusses hat gezeigt, dass die rechtliche und wirtschaftliche Konstruktion der Stiftung eine wichtige Ursache für den problematischen und zweifelhaften Verlauf des Falls Tempodrom gewesen ist. Eine weitere Ursache der Kostenexplosion war der Umstand, dass erst gebaut und dann geplant wurde. Es wurde alles auf den Kopf gestellt. Zu keinem Zeitpunkt des Baus hat es ausreichende Planungsunterlagen gegeben. Obwohl es keine verlässlichen Kostenschätzungen gab, wurde mit dem Bau begonnen. Der Ausschuss konnte leider die Bauherren, und damit die Hauptbeteiligten – Frau Moessinger und Herrn Waehl – nicht als Zeugen vernehmen, weil sie von ihrem Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch gemacht haben. Schade, denn die Ausschussmitglieder hätten viele Fragen an sie gehabt. Ein weiteres Grundproblem war die Tatsache, dass der Neubau aus vier verschiedenen Quellen finanziert werden sollte, was gewisse Koordinierungsprobleme mit sich gebracht hat. Die Quellen waren: die Entschädigungsfinanzierung von Bund und Land – hier gab es große Unterstützung von dem CDU-Staatssekretär von Pufendorf –, das Umweltföderprogramm, Zuwendungen der Deutschen Klassenlotterie, Kreditfinanzierung der Landesbank Berlin und auch der Bezirk Kreuzberg hat durch wohlwollende Pachtverträge den Neubau unterstützt.
Neben den Grundproblemen war der eigentliche Sündenfall die Gewährung eines Darlehens durch die Landesbank Berlin, dessen Zins- und Tilgungslast die Kultur
Nachdem die Insolvenz drohte, waren die erste Rettungsaktion im Jahr 2001 und die zweite im Jahr 2002 politische Abwägungsentscheidungen unter der Last der Landesbürgschaft. Der Senat hatte ausschließlich die Absicht, eine Bauruine zu verhindern, sowie Schaden für das Land Berlin aus der Bürgschaft abzuwenden. Die Entscheidung des Senats für eine finanzielle Hilfe im Herbst 2001 fiel nach umfangreichen rechtlichen und wirtschaftlichen Prüfungen durch Gutachter. Rückwirkend lässt sich feststellen, dass entgegen der gutachterlichen Stellungnahmen, auf die sich der Senat zu Recht gestützt hat, eine dauerhafte, tragfähige Wirtschaftlichkeit des Tempodroms bereits zu diesem Zeitpunkt nicht gegeben war. Klar ist, dass bei der ersten Rettungsaktion 2001 die Grünen im rot-grünen Senat bei der Entscheidungsfindung und die CDU über den Lottobeirat mit in der Verantwortung gewesen sind,
auch wenn Bündnis 90/Die Grünen Erinnerungslücken haben, auch was die nachträgliche Kontroverse um die Pachtverträge angeht.
einrichtung im April 2004 letztlich in die Insolvenz gezwungen hat. Der Untersuchungsausschuss hat in Bezug auf die erforderlichen Prüfungen von Kredit- und Landesbürgschaft gravierende Mängel festgestellt, und zwar sowohl bei der Landesbank, bei dem Geschäftsbesorger PwC und bei den zuständigen Senatsverwaltungen. Möglich geworden ist diese Kreditfinanzierung und der eigentliche Sündenfall – und damit der Baubeginn in einer gigantischen Größenordnung – übrigens überhaupt erst durch eine 80 %ige Landesbürgschaft. Seitdem ist das Land Berlin im Risiko. Die Unterzeichner der Bürgschaft, die Staatssekretäre Holzinger und Liepelt – beide CDU –, haben keine dem Finanzvolumen angemessene Kontrolle veranlasst. Dass sich die CDU nicht gern an die Verantwortung dieser CDU-Politiker erinnert, kann man irgendwie noch nachvollziehen,
aber auch die Grünen erwähnen mit keiner Silbe die CDU-Verantwortung in diesem Zusammenhang, was mich äußerst verwundert.
Die fehlende Überwachung der Baukosten und Baukontrolle ist ein wesentliches Problem gewesen. In der Phase der Kostenerhöhungen hat die Kontrollkette bestehend aus dem Bauherren, der Landesbank Berlin, dem Bürgschaftsgeschäftsbesorger PwC und den Senatsverwaltungen nicht funktioniert. Vor allem die Landesbank, die eine Kontrolle der Baukosten gegenüber dem Bürgschaftsgeber zugesichert und das Baugeschehen vor Ort überwacht hat, hat ihre Informationspflicht vernachlässigt und das Darlehen ausgezahlt, obwohl die Gesamtfinanzierung nicht mehr gesichert war. Die Gelder waren fast komplett verbaut, als der damalige Stadtentwicklungssenator Peter Strieder durch die Stiftung im Juli 2001 eingeschaltet wurde. Auf Grund des Baufortschrittes waren jedoch wesentliche Einsparungen nicht mehr möglich. Das Kind war in den Brunnen gefallen. [Wansner (CDU): Das ist ja ganz neu!]
Lassen Sie mich an dieser Stelle kurz eine Bemerkung zu Herrn Strieder machen.
Herr Strieder, wie auch die SPD insgesamt, haben nie einen Hehl daraus gemacht, dass er ein Befürworter des Projekts Tempodrom war.
In diesem Zusammenhang hat Herr Strieder selbstverständlich bei der Finanzierung des Projektes eine tragende Rolle gespielt, aber eben nicht er allein, wie immer wieder sowohl von der CDU, der FDP, aber auch den Grünen behauptet wird.
Er hat im rechtlichen und auch strafrechtlichen Sinne keine Verfehlungen begangen.
Der Ausschuss hat zur zweiten Rettungsaktion festgestellt, dass die IBB durchaus von einem höheren Fehlbedarf ausgegangen ist, ohne dass sie dies dem zuständigen Senator mitgeteilt hat. Das ist ein schwerwiegendes Versäumnis.
Der Ausschuss hat weiterhin festgestellt, dass Verstöße gegen das Haushaltsrecht oder andere Bestimmungen durch die Investitionsbank nicht stattgefunden haben. Der Verdacht, die Unterstützung in Form eines Sponsoring sei zur Umgehung des parlamentarischen Budgetrechts gewährt worden, hat sich nicht bestätigt. Gleichwohl – das muss man an dieser Stelle ehrlicherweise sagen – wäre es im Sinne der politischen Transparenz angemessen gewesen, dass Herr Strieder, aber auch andere Beteiligte, das Abgeordnetenhaus rechtzeitig informiert hätten.
Es hat sich auch herausgestellt, dass es ein absurder Verdacht gewesen ist, einen Zusammenhang mit einer Parteispende an die SPD oder andere Parteien herzustellen.
Dies entbehrt jeglicher Grundlage.
Es gibt keinen einzigen Nachweis dafür, dass es einen Zusammenhang gibt. Wir haben zahlreiche Zeuginnen und Zeugen vernommen und haben am Ende diese Feststellung machen können.
Der Versuch der CDU – wir dürfen nicht vergessen, wie überhaupt das Ganze ins Rollen gekommen ist, nämlich durch eine Anzeige von Herrn Henkel –
Ansonsten frage ich mich im Hinblick auf die CDUFraktion: Wo waren Sie die letzten Jahre, wenn ich an die Zeugen und an diejenigen, mit denen wir uns befasst haben, denke, die wir dort hatten: Hassemer, Liepelt, Holzinger, Pufendorf, aber auch von den Grünen Herr Wieland, Frau Ströver und Frau Goehler?
und der Ermittlungsbehörden, aus den politischen Entscheidungen eine strafbare Handlung zu konstruieren, ist in Gänze gescheitert – in allen Instanzen.
[Dr. Lindner (FDP): Das hat sich aber bei dem Vorsitzenden anders angehört! – Abg. Klemm (Linkspartei.PDS) zu Abg. Dr. Lindner (FDP): Ja, weil der Vorsitzende gelogen hat!]
Ich komme nun zu den Schlussfolgerungen. Der Senat hat die Bürgschaftsrichtlinien überarbeitet, den PwCVertrag gekündigt, die Bürgschaftsquote auf 70 % gesenkt, somit das Risiko für das Land reduziert und auch das Controlling und Berichtswesen an das Parlament intensiviert. Gerade gestern haben wir im Hauptausschuss mehrere Anträge der Grünen bezüglich der Konsequenzen behandelt. Wir haben lange diskutiert, und die Regierungsfraktionen haben konkrete Vorschläge gemacht. Gestern haben wir einstimmig weitere Beschlüsse gefasst. Die Vorschläge sind von den Grünen gekommen, die SPD und die Linkspartei.PDS haben einen Beitrag dazu geleistet, wer jedoch nur dagesessen hat, das sind die Fraktionen der CDU und der FDP gewesen. Wo sind Ihre Konsequenzen?
Wo sind Ihre Vorschläge? Weshalb haben Sie zwei Jahre lang diese Ausschussarbeit gemacht? Außer Polemik und parteipolitischer Auseinandersetzung ist von Ihnen kein einziger Vorschlag gekommen. Dann jedoch diesen Entschließungsantrag vorzulegen, das ist wirklich eine Peinlichkeit.
Noch ein Satz zu diesem Entschließungsantrag. Er ist ein wunderbarer Versuch, gerade eben hat man es bei Herrn Braun gehört. Es hilft alles nichts, Herr Strieder ist nicht mehr so interessant, jetzt versuchen Sie, den Fall Tempodrom zum Fall Rot-Rot zu machen. Das ist so peinlich, Herr Braun. Das gelingt Ihnen nicht, weil die Verantwortung über Rot-Schwarz und über Rot-Grün gelaufen ist. Das zu einer rot-roten Frage zu machen, ist Ihnen nicht gelungen.
Ja, das hätten Sie gerne!
Ich möchte gerne eine Stelle aus Ihrem Antrag zitieren:
Die vom Land Berlin auf massiven Druck des damaligen Stadtentwicklungssenators Peter Strieder vorgegebenen Landesbürgschaften legten allerdings den Grundstein dafür (...)
Das entspricht nicht den Tatsachen. Dass Sie hier die Öffentlichkeit auch noch mit Lügen beglücken, gerade am Ende, das ist wirklich eine Peinlichkeit. Dass die CDU das versucht, kann man noch nachvollziehen, weil für die Bürgschaft nicht Herr Strieder, sondern zwei CDU
Senatoren – Kurth und Branoner – verantwortlich waren und zwei CDU-Staatssekretäre sie unterschrieben haben. Da möchten Sie ablenken. Aber warum machen die Grünen mit? Warum haben die Grünen keinen Mut zu sagen, da hat die CDU die Verantwortung zu tragen und nicht Strieder? Das hätte ich mir an der Stelle von den Grünen gewünscht.
Wo waren Sie alle? Es ist doch ganz klar, dass hier die Verantwortung breit gestreut ist und sehr viele Politiker ihren Beitrag geleistet haben. Also unterlassen Sie das! Stehen Sie einfach zu Ihrer Mitverantwortung, was in diesem Bericht auch dokumentiert ist!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin froh, dass Herr Schruoffeneger heute einsichtiger ist als gestern im Hauptausschuss, denn da wollten Sie Ihren Antrag nicht zurückziehen und für erledigt erklären.
Über Nacht ist da einiges bei Herrn Schruoffeneger passiert, das ist erfreulich. Deswegen geht es jetzt erst einmal nur darum, diesen Missbilligungsantrag zu beraten.
„Skandal“ schreien die Grünen, „Senator zahlt Tempodrombürgschaft aus!“ Und dann denken die Grünen sicherlich angestrengt einige Minuten nach und bekom
ist aber nicht diese finanztechnische Angelegenheit – war das Geld zwischendurch irgendwo oder nicht –, sondern es geht darum, dass die PwC die Ansicht vertritt – das ist sehr problematisch –, dass eine Sorgfaltspflichtverletzung der LBB nicht erkennbar war und damit von einer Zahlungspflicht des Landes nicht auszugehen ist. – Das ist problematisch. Diese Einschätzung teilen wir ausdrücklich nicht, denn die Aufklärungsarbeit des Untersuchungsausschusses hat eindeutig gezeigt, dass sehr wohl Sorgfaltspflichtverletzungen vorliegen. Die vom Land Berlin übernommene Bürgschaft hatte Auflagen, und die LBB war beauftragt, diese Auflagen zu erfüllen. Hier hat der Untersuchungsausschuss Versäumnisse und Verfehlungen festgestellt, die auf Akten und Zeugenaussagen zurückgeführt werden können. – So weit zu den Fakten.
men eine originelle Idee, nämlich die eines Missbilligungsantrags. – Sehr originell!
Das ist auch „erst“ das 12. Mal in dieser Legislaturperiode – falls Sie nicht alle mitgezählt haben. Ich empfehle Ihnen – das geht an alle Oppositionsparteien –, etwas sparsamer mit den Missbilligungsanträgen im Parlament umzugehen, denn je häufiger Sie diese einsetzen, desto mehr entwerten Sie dieses Instrument. Heben Sie sich die Missbilligungsanträge für tatsächliche Skandale auf! – Das ist meine Empfehlung an dieser Stelle an Sie.
Es ist auch auffällig, wenn man sich die Begründung anguckt, dass Sie immer Tatsachen verdrehen, damit Sie irgendeine Begründung haben. Herr Schruoffeneger! Das haben Sie nicht nur in der Begründung des Missbilligungsantrags gemacht, sondern Sie haben auch permanent im Untersuchungsausschuss Tatsachen verdreht und mit falschen Behauptungen gearbeitet. Das machen Sie hier auch – ganz klar!
In Ihrer Begründung steht: „Am 22. Dezember 2005 hat der Senator rund 7 Millionen € aus der Bürgschaft für das Tempodrom ausgezahlt.“ – Falsch! Denn aus dem Bericht, der dem Hauptausschuss vorliegt, ist klar ersichtlich, dass es sich hierbei um eine „Zahlung unter Vorbehalt“ handelt
und dass diese nicht auf ein Konto der LBB gegangen ist.
Es handelt sich hier um ein Bürgschaftssicherungskonto. Das hat sich gestern gezeigt, als wir beschlossen haben: Das Geld ist noch am selben Tag auf das Konto des Landes Berlin wieder zurückgekommen.
Ich möchte doch noch mal die Gelegenheit nutzen und insgesamt auf die Atmosphäre im Untersuchungsausschuss zurückkommen. Herr Schruoffeneger! Sie versuchen das immer wieder: Sie können nicht auf der einen Seite mit falschen Tatsachen operieren und auf der anderen Seite so tun, als ob Sie an der Aufklärungsarbeit interessiert sind.
Was ist wirklich passiert? – Der Herr Senator hat die Zahlung sozusagen veranlasst. Er hat gestern im Hauptausschuss deutlich gemacht, was sein Motiv war. Er hat gesagt, dass er weitere Zinszahlungen für das Land vermeiden wollte. – Das ist meiner Ansicht nach für einen Finanzsenator ein nachvollziehbares Motiv. – Er erkannte dabei ausdrücklich den Akt der Hinterlegung nicht als endgültige Zahlungsverpflichtung an, was ihm unterstellt wird. – Auch das wurde vorhin getan. – Ich denke, dass mit dieser Überweisung auf ein Zwischenkonto nicht anerkannt worden ist, dass es einen Anspruch der LBB gibt,
dass das Land Berlin dann auch endgültig die Bürgschaft zahlt. Das ist dann auch mitnichten mit dieser finanztechnischen Aktion passiert.
Allerdings hätten wir ungeachtet dessen erwartet, dass der Herr Finanzsenator uns vorab informiert – da sind wir uns einig –,
wenn im Zusammenhang mit der Tempodrombürgschaft Geld bewegt wird, auch wenn die Zahlung unter Vorbehalt und nicht endgültig war. – Das war gestern eine gemeinsame Feststellung im Hauptausschuss.
Das eigentliche Problem
Was machen jetzt die Grünen wieder daraus? – Ich komme immer wieder auf sie zurück. – In ihrer Presseerklärung haben sie sogar wieder versucht, den Sachverhalt Landesbürgschaft Herrn Strieder anzuhängen. Herr Schruoffeneger! Ich verstehe nicht, warum Sie an dieser Stelle nicht die eigentlich Verantwortlichen rund um die Landesbürgschaft Tempodrom nennen? Denn dieses Desaster mit der Bürgschaft haben zwei CDU-Staatssekretäre unterschrieben,
und ein CDU-Senator hat im Untersuchungsausschuss die politische Verantwortung übernommen. Sie stellen sich nun hin und trauen sich nicht, das auch einmal klar auszudrücken, und versuchen immer wieder, Strieder in s Spiel zu bekommen. Was geht eigentlich bei den Grünen vor? – Vielleicht sind es die heimlichen „Jamaika“Gedanken bei Herrn Schruoffeneger persönlich.
Wir haben gestern im Hauptausschuss einvernehmlich beschlossen –
– wie wir weiter mit dieser Bürgschaft vorangehen. Das war einvernehmlich mit dem Herrn Senator und den anderen Fraktionen im Ausschuss.
Herr Staatssekretär Schulte sagt, Zahlung unter Vorbehalt sei günstiger, weil sonst Verzugszinsen in Höhe von 4,2 % anfielen, also 2 % mehr als bei der Finanzierung über den Kassenkredit.
Frau Kolat! Wie ernst nehmen Sie sich denn selbst noch? Sie lassen sich hier von dem Senator „verarschen“ – um das einmal unparlamentarisch zu sagen –, machen hier die Bettvorlegernummer und sagen, alles sei in Ordnung. – So kann es doch wohl nicht gehen!
Herr Schruoffeneger! Sie haben jetzt endlich das Niveau von Herrn Braun unterschritten. Das hätte ich Ihnen nicht zugetraut.
Immer dann, wenn es ein bisschen brenzlig wird, auf Kompetenzen hinweisen – an dieser Stelle erlaube ich mir die Bemerkung, dass ich Bankerin bin und das sehr wohl durchschaue, gerade, was Bürgschaften angeht.
Sie tun ja immer so, als läsen Sie die Berichte des Hauptausschusses sehr gründlich. Das muss ich bezweifeln. Wir haben in der Tat eine rote Nummer bekommen, in dem Herr Senator den Sachverhalt darstellte. Dort ist klar ersichtlich – und Sie verdrehen erneut die Tatsachen –, dass weder der Ausfall festgestellt ist noch der Anspruch. Das sind noch offene Verfahren, und Sie können dem Herrn Senator nicht vorwerfen, dass hier bereits Tatsachen geschaffen wurden.
Bezüglich des Vorgangs im Hauptausschuss habe ich vorhin durchaus einige kritische Bemerkungen in Richtung des Senators gemacht und verdeutlicht, dass wir die Informationen haben wollen. Mit dem gestrigen Beschluss haben wir noch einmal klargestellt, welche Berichte wir erwarten. Dem wird der Senator nachkommen, das hat er zumindest zugesagt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In diesem Antrag geht es in der Tat um eines der größten Reformvorhaben der rot-roten Regierung Berlins. Herr Wansner, Sie haben versucht darzulegen, dass die rot-rote Regierung an dieser Stelle unfähig ist.
Ich werde Ihnen darlegen, warum dieser Reformprozess bisher immer gescheitert ist. Es lag immer daran, dass CDU-Innensenatoren verhindert haben, dass die Ausländerbehörde zu einer bürgernahen und kundenfreundlichen Einrichtung wird.
Wir haben bereits einiges auf den Weg gebracht. Ich werde darauf gleich eingehen. An dieser Zielstellung werden wir weiter arbeiten. Es ist das Ziel der rot-roten Regierung, die Ausländerbehörde zu einer bürgernahen und kundenfreundlichen Behörde zu entwickeln. Warum? – Berlin ist – das unterscheidet uns deutlich von den Auffassungen der CDU – eine Zuwanderungsstadt, in der über 180 Nationen mit einer internationalen Ausstrahlungskraft leben. Davon profitiert Berlin. Wir stehen als rot-rote Regierung zu dem neuen Zuwanderungsgesetz, das am 1. Januar 2005 in Kraft getreten ist, und begrüßen es. Zu einer weltoffenen Stadt, wie Berlin es ist, gehört eine moderne Ausländerbehörde. Wir brauchen eine Berliner Servicegesellschaft, die über den Aufenthalt oder dessen Beendigung entscheidet und ihre Kunden aktiv mit dem Ziel berät und betreut, deren Rechtsstatus so schnell wie möglich zu klären. Leitbild – das unterscheidet uns auch klar von der CDU – einer solchen Behörde muss die Erfüllung humanitärer Verpflichtungen sein. Außerdem muss sie ein Beitrag zur Zuwanderung auf der Grundlage langfristiger demographischer und wirtschaftlicher Interessen Berlins sein. Dabei – das gehört ebenfalls zu unserem Leitbild – sollen die Ermessensspielräume, die das neue Zuwanderungsgesetz bietet, stärker im Sinn der Betroffenen genutzt werden. – Herr Wansner, das bedeutet nicht, dass alles per se so entschieden wird. Sie wissen genau, dass wir das so nicht meinen. Aber es ist eine klare Zielrichtung, die Spielräume dort, wo es geht, stärker im Sinn der Betroffenen zu nutzen.
Warum besteht in dieser Behörde Reformbedarf? – Das negative Image der Ausländerbehörde in Berlin ist der Grund. Viele Betroffene beklagen sich über die Umstände in der Behörde. Sie fühlen sich oft nicht gut beraten und behandelt. Sie haben Ängste, Einwände könnten ihren Anliegen schaden. Es handelt sich zumeist um Bürgerinnen und Bürger, die sich in einer schwierigen rechtlichen und persönlichen Lebenslage befinden, um traumatisierte Menschen, die unter psychischem Druck stehen. In dieser Behörde ist das Konfliktpotential besonders hoch. Nicht selten beruhen Konflikte auf Missverständnissen, auf sprachlichen Barrieren, und sind kultureller Natur. Durch die Stärkung der interkulturellen Kompe
Wansner
tenz, wie wir sie beabsichtigen, und der Sprachkenntnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kann das Stress- und Konfliktpotential in dieser Behörde reduziert werden.
Von der rot-roten Regierung sind bereits einige positive Dinge auf den Weg gebracht worden. Es gab insbesondere am Friedrich-Krause-Ufer deutliche Verbesserungen. Beispielsweise wurde eine Organisationsberatung zur interkulturellen Öffnung eingesetzt und ein Workshop zusammen mit Migrantenorganisationen zum Thema „Die Ausländerbehörde im Blick der Migrantinnen und Migranten“ durchgeführt. Erste Sprachmittler sind eingesetzt worden, und der Anteil der Terminvergaben beträgt 50 %, wodurch die Wartezeit reduziert wurde. Weil Sie behaupten, die Regierung mache nichts, möchte ich besonders die Initiative hervorheben, gemeinsam mit dem Beauftragten des Senats für Integration und Migration ein Willkommenpaket aufzulegen. Dieses soll den neu Zugewanderten überreicht werden. Es soll in mehreren Sprachen erscheinen und Informationen über Leben und Arbeit in Berlin enthalten. Diese Initiative begrüße ich ausdrücklich, denn sie ist ein Zeichen dafür, dass sich die Ausländerbehörde weg von einer Abschreckungsbehörde im Sinne der Herren Werthebach und Schönbohm und hin zu einer modernen Zuwanderungsbehörde entwickelt.
Was ist noch zu tun? – Gerade im Personalentwicklungsbereich ist noch eine Menge zu leisten, insbesondere die Erhöhung der fachlichen und sozialen Kompetenz. Aber auch im organisatorischen Bereich ist in der Ausländerbehörde noch eine Menge zu tun. Deswegen handelt es sich um ein Verwaltungsreformprojekt. An erster Stelle muss eine einheitliche und eindeutig nachvollziehbare Entscheidungspraxis im Sinn des Migrationsgedankens gewährleistet werden. Transparenz bei den Entscheidungsprozessen für den Kunden muss gewährleistet sein. Über IT-Verfahren müssen Verwaltungsabläufe und Bearbeitungszeiten reduziert werden. Infostellen und Leitsysteme müssen einfach und mehrsprachig sein – den Kunden entsprechend. Die Beratungsqualität muss verbessert werden. Ganz wichtig – das wurde bereits angesprochen – sind spezielle Anlaufstellen für spezielle Anliegen, beispielweise für Notfälle oder dringende Fälle, aber auch für Wirtschaftsbürgerinnen und -bürger. Es kommen Fremde in die Stadt, die investieren und Arbeitsplätze schaffen wollen. Solche Personen müssen entsprechend behandelt werden.
Es geht um erhebliche Umstrukturierungsmaßnahmen. Ich bin sicher, dass die positiven Veränderungen gelingen werden, denn die Berliner Ausländerbehörde ist eine Abteilung des Landesamtes für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten.
Alles klar! – Früher hieß das Amt LEA. Dort wurden schon Veränderungsprozesse erfolgreich abgeschlossen. Deswegen sind wir zuversichtlich,
dass es auch jetzt gelingen wird. Wenn man all dies erreicht hat, könnte man die Ausländerbehörde vielleicht in Zuwanderungsbehörde umbenennen. Dann wäre auch drin, was wir haben wollen. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für die Aktuelle Stunde schlagen die Regierungsfraktionen SPD und PDS das Thema „Beteiligungsmanagement neu ordnen – Steuerungsmöglichkeiten verbessern“ vor. Es geht um das Land Berlin in der Rolle des Eigentümers von 63 unmittelbaren und 243 mittelbaren Unternehmen. Wir reden über insgesamt 60 000 Beschäftigte in diesen Beteiligungen, einer Bilanzsumme von über 200 Milliarden € und über 1 Milliarde € Zuwendungen des Landes Berlin jährlich. Wir reden auch über wirtschaftliche Risiken, die wir zurzeit noch nicht beziffern können.
Wir haben unter den Landesbeteiligungen viele Branchen und Rechtsformen vertreten – beispielsweise Kredit- und Versicherungswirtschaft, die Bankgesellschaft Berlin und die Feuersozietät –, verschiedene Wohnungsunternehmen, die Verkehrsbranche ist mit der BVG vertreten, Landwirtschaft, Entsorgungswirtschaft, Kultur – z. B. der Friedrichstadtpalast –, Freizeit mit den Berliner Bäderbetrieben, Wissenschaft mit der Vista Management GmbH und die Gesundheitsbranche, vertreten durch Vivantes.
Wie soll die Beteiligungspolitik und -strategie zukünftig aussehen? Zunächst müssen für jede Beteiligung strategische Ziele definiert werden – die Landeshaushaltsordnung sieht dies vor. Es kann sich um Ziele wie den Erhalt der Infrastruktur in der Stadt oder die Sicherung der Wirtschaftsstandorte handeln, oder es kann sich auch um andere fachpolitische oder/und ökonomische Ziele handeln.
Wir werden unsere Beteiligungen in drei große Gruppen aufteilen. Die erste Gruppe wird aus Beteiligungen bestehen, die wir veräußern können und wollen. Die Privatisierungsbemühungen des Senats kennen wir, auch die Privatisierungsverhandlungen, die noch laufen und die gelaufen sind. Die zweite Gruppe der Beteiligungen wird aus Unternehmen bestehen, die wir langfristig erhalten wollen, von denen wir uns also nicht trennen wollen. Die dritte Gruppe besteht aus Unternehmen, die wir zunächst im Portfolio behalten, mittelfristig aber in den Wettbewerb schicken wollen. Abgeleitet von den strategischen Zielen müssen die Beteiligungen einem strengen Controllingverfahren unterworfen werden. Es muss ein einheitliches Verfahren eingeführt werden, mit dem die zeitnahe Verfolgung der wirtschaftlichen Entwicklungen des Unternehmens und die wirtschaftlichen Risiken ermöglicht wird. Es sollen Risiken frühzeitig erkannt werden, und ihnen soll gegengesteuert werden.
Es gibt bereits viele in der Privatwirtschaft und auch in der Berliner Verwaltung erprobte und angewandte Instrumente, die wir systematisch zur Beteiligungssteuerung einsetzen müssen und wollen. Hierzu nur einige Aufzählungen: Neben der strategischen Zieldefinition muss für jede einzelne Beteiligung ein Unternehmenskonzept definiert werden, abgeleitet davon Zielvereinbarungen mit dem Unternehmen und der Geschäftsführung, branchenspezifische Kennzahlen, Benchmarking und
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Auch aus einem anderen Grund ist dieses Thema aktuell. Es ist keineswegs eine akademische Diskussion über theoretische Unternehmensführungsmodelle oder Betriebswirtschaftskurse I oder II. Stellen Sie sich vor, dieser Senat plädiert auf Haushaltsnotlage. Er sagt den anderen Bundesländern und dem Bund, dieses Land Berlin sei nicht mehr in der Lage, sich selbst zu helfen, alle Möglichkeiten seien ausgeschöpft. Und nun stellen Sie sich einmal vor, Herr Sarrazin, Sie hätten vielleicht einen Freund in Baden-Württemberg. Vielleicht gibt es das noch. Man weiß es nicht. Dieser hört nun die Nachricht und schaut ins Internet auf die Seite des Finanzsenators,
klickt sich dort durch und findet den Beteiligungsbericht des Landes Berlin. Er würde schon einmal erstaunt sein, wenn er bemerkt, dass dieser Beteiligungsbericht nicht weniger als 292 Seiten umfasst. Entweder ist das Land Berlin sehr vermögend oder die Finanzverwaltung sehr wortreich. Vermutlich ist eher das Letztere der Fall.
Wenn der Schwabe dann etwas näher auf diese Seiten schaut, wird er feststellen, dass wir nicht weniger als 350 000 Wohnungen im Landesbesitz haben und quer durch den Garten einen wunderbaren Ramschkonzern aller möglichen Firmen von Kulturförderung bis Verkehrsbetriebe über Wohnungsbaugesellschaften unser eigen nennen. Was glauben Sie, was ein sparsamer Schwabe dazu sagen würde, dessen Steuergelder in großem Umfang auch hier nach Berlin über den Länderfinanzausgleich gehen? Er würde sagen: „Mir gebbet nix!“ Genau das wird passieren. Genau das gefährdet auch den Erfolg einer Verfassungsklage. Der Senat gefährdet durch die Passivität gerade bei der Vermögensaktivierung und bei der Nutzung des Vermögens des Landes Berlin den Erfolg seiner eigenen Klage über die Haushaltsnotlage.
(D
Deshalb müssen wir heute über das Unvermögen des Senats, mit dem Vermögen des Landes richtig und erfolgreich umzugehen, sprechen. Wir müssen reden über Sinn und Zweck von öffentlichen Beteiligungen, ob sie unmittelbar oder mittelbar sind. Welchen öffentlichen Zweck, Herr Sarrazin, der nicht anders wahrgenommen werden kann, erfüllt eigentlich die Berliner Milcheinfuhrgesellschaft mit beschränkter Haftung? Warum ist Berlin mittelbarer Eigentümer der Capital Catering GmbH, um Häppchen für den Senat zu beschaffen? Was hat das Land mit der VOVI-Beteiligungs AG zu tun – wohlgemerkt, in der Schreibweise mit V, denn Wowi-Aktien stehen im Moment auch nicht so hoch im Kurs.
Frühwarnsysteme auf Basis von Risikokennzahlen. Ah ein durchgehendes Reportingsystem als Kontrollinstrument für Eigentümer und Parlament gehören in diesem Zusammenhang dazu.
Als letzten Punkt wollen wir die Verantwortung der Aufsichtsratsgremien mit verschiedenen Maßnahmen stärken. Auch die Abstimmung zwischen Fach- und Renditezielen muss nicht nur strategisch, sondern regelmäßig bei aktuellen Fragen gewährleistet sein. Dies sind nur einige Punkte. Wir werden nachher in der Diskussion darstellen, wie sich die Regierungsfraktionen ein aktives und effektives Beteiligungsmanagement und Controlling vorstellen. Wir möchten gern heute mit Ihnen darüber diskutieren und dann Taten folgen lassen. Danke!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte gern Herrn Sarrazin danken für seine sehr ausführliche Erläuterung hier,
zum einen zum Thema Beteiligungsmanagement und -controlling insgesamt. Nach dem Beitrag von Herrn Sarrazin soll jemand noch sagen, dass der Senat sich nicht mit allen einzelnen Beteiligungen beschäftigt. Er hat hier sehr schön dargelegt, dass der Senat sich sehr wohl Beteiligung für Beteiligung vornimmt und sich Gedanken macht, wie es mit dieser in der Zukunft vorangehen soll.
Auch ich habe wie Herr Sarrazin nach den ersten Redebeiträgen leider festgestellt, dass die fachliche De
Der Wille zur Privatisierung ist also ganz klar da. Und wenn Sie denken, dass die aufwendigen Verfahren gemacht werden, um Ihnen zu imponieren, dann irren Sie sich. Der Wille ist ganz klar, und wir werden an diesen Zielen auch nach wie vor weiterarbeiten. Aber das Thema war nicht Privatisierungsoffensive, wie es von der CDU
oder von der FDP kam, steuern statt privatisieren, das Thema war heute Beteiligungsmanagement und -controlling. Mich hat sowieso gewundert, dass die FDPFraktion sich überhaupt zu Wort gemeldet hat. Denn Sie wollen ja, dass wir alles verkaufen. Ihr Beteiligungsmanagement müsste eigentlich aus einer Handlung bestehen: Jemanden losschicken, 300 Verkaufsschilder heraushängen lassen und an den Erstbesten verkaufen. Das wäre Ihr Konzept gewesen. Aber das ist heute leider nicht gekommen.
Wir haben heute viel gehört, ich will das nicht wiederholen. Herr Zackenfels und Herr Hoff haben sehr diffizil zu diesem Fachthema sehr vieles gesagt. Wir werden diese Fachdebatte fortführen und zu einem Ergebnis kommen und nicht reden, wie in der Vergangenheit, Herr Wegner, sondern die rot-rote Regierung handelt.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Eßer hat zugegeben, dass dieser Antrag von vielen Fehlern und falschen Zahlen wimmelt.
Ich habe mit Aufmerksamkeit verfolgt und eigentlich darauf gehofft, dass Sie hier aufklären, was Sie mit diesem Antrag wollen. Wir haben auch in Verbindung mit der Aktuellen Stunde: „Bezirkliche Selbstverwaltung stärken und Bürokratie abbauen“ schon diesen Antrag diskutiert. Wir haben auch im Hauptausschuss darüber diskutiert, und ich meine, dass die Argumente schon ausreichend ausgetauscht sind. Aber ich möchte hier noch einmal die Position meiner Fraktion zum Thema Transferausgaben in den Bezirken und die damit verbundenen Überschreitungen darstellen.
Die rot-rote Regierung hat die Zumessungssystematik der Transferausgaben in den Bezirken neu gegliedert. Die Zumessung T-Teil wurde neu eingeführt. Wir erinnern uns an die Aufregung und die Aufschreie gerade in den Oppositionsreihen zum Thema T-Teil. Dann aber, nach einer Phase inhaltlicher Auseinandersetzung, konnte man auch aus den Reihen der Opposition ganz leise Töne hören, die meinten, die Einrichtung des T-Teils sei doch sinnvoll und schon längst überfällig gewesen.
Er hat es immer noch nicht kapiert. Auch das hatte ich erhofft. Ich werde es auch gleich widerlegen.
Nun zu der Rolle der Opposition: Sie lehnen sich bequem zurück und fordern pauschale Abfederung. Das widerspricht jeglicher sachlichen Debatte. Jetzt komme ich zu Ihren Zahlen, die sich in Ihrem Antrag befinden. Sie wollen, dass wir diesem Antrag zustimmen, und haben hier Basiskorrekturen in der Eingliederungshilfe gefordert, und zwar viel höher als das, was wir als Absenkung vorgenommen haben. Wie soll das gehen? – Herr Eßer, erklären Sie uns das bitte. Sie meinen sicher auch die entgeltfinanzierten Beträge, Krankenhilfe, genauso Hilfe zur Erziehung: Wenn Sie sich die Zahlen anschauen, werden Sie sehen, dass sie in dieser Form im Haushalt überhaupt nicht vorkommen. Da habe ich nur eine Erklärung gefunden, wie diese Zahlen möglicherweise zustande gekommen sind: Vielleicht ist es eine göttliche Weisung an Herrn Schruoffeneger über Nacht gewesen, die da meinte, diese Zahlen seien realistisch.
Kommen wir nun zu der Regierungskoalition: Wir machen das anders. Wir haben im Hauptausschuss einen umfangreichen Berichtsauftrag formuliert. Die Grünen haben dem übrigens zugestimmt. Das macht Ihren Antrag umso unsinniger. Mit diesem Auftrag fordern wir eine detaillierte Analyse dieser Überschreitungen und deren Ursachen nach Bezirken und Hauptverwaltungen. Auf das Ergebnis wollen die Grünen anscheinend nicht warten, sonst hätten sie diesen Antrag nicht gestellt.
Ich komme nun zu 2003. Der Senat hat beschlossen – das ist auch bei den Grünen angekommen –, dass für 2003 180 Millionen € in diesen Teil hineingegeben werden.
Herr Eßer hat ein Beispiel angeführt. Die Sozialsenatorin hat beispielsweise zu Lasten der Bezirke Leistungsverträge mit Wohlfahrtsverbänden aushandelt und anschließend das Problem nach unten verlagert. Gleiches gilt bei den Veränderungen im Bereich der Krankenhilfe und all den Dingen, die im Antrag der Grünen wiedergegeben sind. Wir sagen, dass in allen Fällen das Verursacherprinzip gelten muss. Wer die Musik bestellt, muss sie anschließend auch bezahlen.
In diesem Sinn hatten wir in der Vergangenheit bereits Anträge eingebracht, die Sie – wie zuletzt von mir vorgetragen – von Seiten der SPD und PDS allesamt abgelehnt haben. Das möchte ich hier gar nicht noch einmal wiederholen. Bemerkenswert ist es aber schon, wie Sie hier agieren, wenn es darum geht, der gesetzlich gewollten dezentralen Fach- und Ressourcenverantwortung in der gelebten Wirklichkeit Geltung zu verschaffen. Sie lassen die Bezirke allein, nicht nur finanziell, Frau Kolat, sondern auch organisatorisch! In Ihren eigenen Koalitionsvereinbarungen schreiben Sie, dass Sie zur wirksamen Steuerung im Sozialbereich Rechtsvorschriften und Ausführungsvorschriften erlassen und den Bezirken verbindliche Organisationsvorgaben an die Hand geben wollen. Das AZG wollen Sie entsprechend novellieren. Was ist bisher geschehen? Nichts ist geschehen!
Das ist viel, viel ehrlicher als Ihr Antrag, der von den Zahlen her wirklich verkehrt ist.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zu später Stunde,
das wichtigste Thema der Berliner Stadtpolitik, denn es handelt sich hier um einen Antrag der FDP-Fraktion.
Die FDP gehörte bekanntlich viele Jahre dem Berliner Abgeordnetenhaus nicht an,
die Wählerinnen und Wähler haben das so gewollt, und sie werden gewusst haben, warum.
Meine Damen und Herren von der FDP-Fraktion! Wenn wir ganz ehrlich zueinander sind, Ihren Wahlerfolg, die Tatsache, dass Sie heute hier sitzen, haben Sie im Wesentlichen dem Niedergang der Berliner CDU zu verdanken,
dem größten Bankenskandal dieser Republik. Ein eigenes Berlinprofil war und ist bei Ihnen ohnehin nicht sichtbar.
Nun sind Sie im Parlament und ringen verzweifelt um ein eigenes solches Profil, in erster Linie der Fraktionsvorsitzende, Sie, Herr Lindner – allerdings bisher nicht mit viel Erfolg.
Abgesehen, Herr Lindner, von Ihrer ständigen Abwesenheit im Hauptausschuss, dem wichtigsten Gremium des Abgeordnetenhauses, hört man von Ihnen politisch: betriebsbedingte Kündigungen, betriebsbedingte Kündigungen, Verkauf, Verkauf, Verkauf. Sie können sich bestenfalls als Chefverkäufer der Stadt Berlin profilieren – und ich denke, als nicht weiter.
Nun zur Sache. Uns alle hier im Parlament muss eines verbinden: das Ansehen des Parlaments
und das Ansehen des Parlamentspräsidenten nicht zu beschädigen.
Die SPD-Fraktion hat zu Beginn dieser Legislaturperiode aus gutem Grund Walter Momper für das Präsidentenamt vorgeschlagen.
Walter Momper verfügt über außerordentlich große politische und parlamentarische Erfahrung, schließlich war er Regierender Bürgermeister von Berlin.
Ich sage Ihnen, Herr Momper weiß sehr genau, was er dem Parlament und dem Präsidentenamt schuldig ist.
Es ist auch unbestritten – auch wenn Sie hier immer lauter werden –, dass er die Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses immer in fairer und loyaler Weise angewandt hat.
Dabei hat er die Rechte der Opposition stets beachtet.
Bisher und weiterhin natürlich! – Natürlich hat er seine politischen Grundüberzeugungen genau wie andere Präsidentinnen und Präsidenten auch nicht an der Garderobe seines Vorzim
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mers abgegeben. Wenn Sie sich die Reihe der Präsidentinnen und Präsidenten des Abgeordnetenhauses nach dem Krieg ansehen, werden Sie feststellen, dass nicht einer im Präsidentenamt zum politischen Neutrum geworden ist.
Das gilt sowohl für Repräsentanten der CDU als auch der SPD.
Nun schauen wir uns Herrn Stölzl an. Niemand wird allen Ernstes behaupten, dass der Vizepräsident Stölzl, der Landesvorsitzender der Berliner CDU geworden ist, ein politisches Neutrum ist.
Interessanterweise haben Sie, Herr Lindner, und Ihre Fraktion nicht aufgeschrien, als Herr Stölzl als Vizepräsident des Parlaments den Chefsessel der Berliner CDU übernahm.
Offenbar – und das werfe ich Ihnen hier vor – machen Sie Ihr Urteil über die Amtsführung
und Ihre öffentliche Kritik abhängig vom Parteibuch desjenigen, den Sie kritisieren.
Meine Damen und Herren von der FDP-Fraktion! Nun zu den von Ihnen beanstandeten Äußerungen Walter Mompers zu politischen Tagesfragen. Walter Momper hat seine tagespolitischen Äußerungen stets ausdrücklich als Stellungnahme des Abgeordneten kenntlich gemacht. Wenn Sie das nicht auseinanderhalten können, ist das Ihr Problem. Ich nenne hier als Beispiel – Sie haben einiges aufgezählt – seine Position zum Universitätsklinikum Benjamin Franklin. Es war keine Stellungnahme des Parlamentspräsidenten,
und nur darum geht es hier. Ich wiederhole: Niemand kann in diesem Haus ein Interesse daran haben, das Ansehen des Parlaments und seines Präsidenten zu beschädigen. Bedauerlicherweise haben Sie es vorgezogen, mit Ihrer Kritik gleich an die Öffentlichkeit zu gehen, anstatt in guter parlamentarischer Tradition im Ältestenrat darüber zu reden.
Und Sie, Herr Lindner, scheinen als Fraktionsvorsitzender von diesen parlamentarischen Spielregeln entweder keine Ahnung zu haben oder sie bewusst zu ignorieren. Beides ist schlimm genug. Sie haben sich sogar dazu verstiegen, den Rücktritt – –
Gerne! – Herr Lindner, ich glaube, Sie müssen noch lernen, dass Sie im Parlament Opposition gegen die Regierung spielen müssen und nicht gegen den Parlamentspräsidenten. Ich gebe Ihnen gerne noch einen Rat: Kümmern Sie sich um die eigentlichen Probleme dieser Stadt, machen Sie
endlich einmal kompetente und realistische Vorschläge und hören Sie auf, den Präsidenten für Ihre fehlende politische Profilierung zu missbrauchen.
Denn mit Walter Momper und auch mit der Vizepräsidentin und dem Vizepräsidenten hat das gesamte Abgeordnetenhaus ein gutes und würdiges Präsidium. – Danke!
Es geht um einen Antrag der CDU über „kundenorientierte Dienstleistungsverwaltung: Outputorientierte Budgetierung in den parlamentarischen Haushaltsberatungen muss auch die Bezirkshaushalte einbeziehen“.
Ich erlaube mir, zu Beginn eine kleine Kritik, was die Formulierung der Überschrift und Inhalt des Antrages angeht: Der Antrag ist sehr technokratisch. Ich denke, dass Sie mit dieser Sprache sehr schwer Kundennähe erreichen können. Sie können es einmal testen, indem Sie diesen Antrag so in Ihre Kommunalwahlprogramme schreiben bzw. ihn an den Ständen auf Bürgernähe testen.
Nun zum Inhalt: Ich kann die Hauptintention des Antrages gut verstehen. Sie sagen: Für ein Politikfeld gibt es Mittel sowohl in einer Hauptverwaltung als auch in den Bezirkshaushalten. – Es ist ein interessanter Gedanke, zu sagen, dass man bei der Haushaltsplanaufstellung und den Haushaltsberatungen gerne die Mittel für ein Politikfeld, wie beispielsweise Jugend, Schule etc. insgesamt betrachten will und mithin die Mittel der Hauptverwaltung und Bezirke zusammenfasst. Aus Sicht der politischen Steuerung sicherlich kein verkehrter Gedanke.
Wenn man so vorgehen würde, wie Sie es vorschlagen, müssten die Bezirke ihre Haushaltspläne vorher beschließen, bevor der Senat den Gesamthaushalt beschließen kann. D. h., es ist eine Vorfestlegung von 25 % des Haushaltes erforderlich, was ich als problematisch ansehe. Sie gehen weiter: Sie wollen, dass die Segment-Budgets, die sich aus Teilbudgets der Hauptverwaltungen und an Teilbudgets der Bezirkshaushalte zusammensetzen, in den Fachausschüssen des Abgeordnetenhauses beraten werden. Meines Erachtens steht dies in Widerspruch zu der Leitidee, dass die Bezirke im Rahmen ihrer Globalsummen Eigenverantwortung tragen.
Diesen Vorschlag finden die Bezirkspolitiker – sicher auch die von der CDU – mit Sicherheit nicht gut.
Was in Ihrem Antrag fehlt, sind die Voraussetzungen, die vorhanden sein müssen. Es müssen in allen Hauptverwaltungen und Bezirken Kosten- und Leistungsrechnungen umgesetzt sein. Die Bezirke möchte ich hier lobend erwähnen. Wir müssen nur noch die Senatsverwaltungen motivieren, am Beispiel der Bezirke auch Kosten- und Leistungsrechnung flächendeckend einzuführen. Und so die Voraussetzung für die Budgetierung zu schaffen.
In dem Antrag kommt häufig die Beteiligung des Rates der Bürgermeister vor. Dies ist derzeit schon der Fall: Vertreter des Rates der Bürgermeister sind beteiligt an dem Haushaltsplan-Aufstellungsverfahren. Es ist interessant, dass gerade jetzt von der CDU dies mit Nachdruck gefordert wird, denn letzte Woche haben CDU-Bezirksbürgermeister mit Absicht den Haushaltsentwurf für 2002/2003 demontiert, da sie nicht Verantwortung übernehmen wollen. Ein klares Signal: Wir wollen keine Verantwortung übernehmen.
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Vizepräsident Dr. Stölzl
Gestern konnten wir im Hauptausschuss erfahren, dass die Grünen dies nicht so schlimm finden, da es uns ein Signal sei. Dies zeigt, wie ernst die Grünen den Rat der Bürgermeister nehmen. Wir haben bereits einen festgelegten Zeitplan, den auch dieser Antrag außer Acht lässt: Es ist bereits beschlossen, dass 2005 die 100-prozentige Budgetierung in den Bezirken und 2006 in den Hauptverwaltungen eingeführt ist. Meines Erachtens ist so eine leistungs-segmentbezogene Budgetbildung frühestens 2006 möglich. Ich halte diesen Antrag für sehr verfrüht.
Da ich den Grundgedanken für diskussionswürdig halte, jedoch zunächst die offenen Fragen diskutiert werden müssen, sollten wir den Antrag überweisen.