Günther Krug

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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist ein großes Thema, das wir heute besprechen wollen. Ich bin sehr dankbar dafür, dass wir gerade in Berlin diese Diskussion führen können, Frau Eichstädt-Bohlig. Es ist nicht nur ein Erfolg einer klaren europagerichteten Politik. Wenn Sie den Vertrag anführen, dann müssten Sie auch sagen, dass gerade der sozialdemokratische Außenminister Steinmeier einen großen Anteil daran hat.
Wir wissen, Europa hat eine komplizierte Phase hinter sich. Die Ablehnung des Verfassungsentwurfs hat für Europa viel Lähmung und Stillstand hervorgebracht. Das Problem des gescheiterten Verfassungsentwurfs hat Herr Juncker sehr treffend so dargestellt: Für die einen war es zu viel Europa, für die anderen war es zu wenig. – Darin scheinen auch heute noch die Probleme zu liegen. Es gibt sehr unterschiedliche Auffassungen, auch bei unserem geschätzten Koalitionspartner, Sie haben das bereits be
nannt, über das, was ein neuer Reformvertrag leisten kann und muss, wenn er den Verfassungsvertrag ersetzt.
Ich war mit den Unklarheiten nach den gescheiterten Voten in meiner Arbeit beim Kongress der Gemeinden und Regionen Europas in Straßburg vielfach konfrontiert. Ich vertrete Berlin in Straßburg. Die Arbeit des Kongresses als Konsultativorgan bedarf einer Rahmensetzung, wenn es darum geht, Menschenrechte, europäische Grundwerte, lokale und regionale Demokratie, soziale Kohäsion in den 47 Mitgliedsstaaten in diesem großen Wirtschaftsraum durchzusetzen. Deswegen ist auch der Reformvertrag von großer Bedeutung, nicht nur für die Mitgliedsländer, sondern vor allen Dingen auch für alle europäischen Länder, weil er die Richtung vorgibt.
Der Reformvertrag – Sie haben das bereits gesagt, Frau Eichstädt-Bohlig – verleiht der EU die Fähigkeit, sich den großen Herausforderungen in der globalisierten Welt zu stellen. Mit tief greifenden Reformen im institutionellen Bereich geht er auch noch über den Verfassungsentwurf hinaus. Die Union wird greifbarer, handlungsfähiger und transparenter. Einige der Vorteile sind bereits genannt worden. Ich möchte auch die europäische Bürgerinitiative, klare Kompetenzabgrenzungen zwischen der Union und den Mitgliedsstaaten nennen. Weitere Fortschritte sind auch in den Sachpolitiken z. B. Klimaschutz erreicht worden. Allerdings ist und bleibt der Vertrag ein Kompromiss. Man kann das immer wieder neu beklagen oder neue Wünsche und Forderungen äußern. Er ist ein Vertrag über die Arbeitsweise der uropäischen Union. E
Bitte!
Sie wissen, es hat die Entschuldigungen gegeben. Die Diskussion um Europa wird breit geführt, aber die Präsenz ist im Moment etwas schwach entwickelt. Das würde ich auch so sehen wie Sie.
Ich komme zurück zu dem, was wir auf der Habenseite des Vertrages aus der Sicht der Länder heraus verbuchen sollten. Die Stärkung der Länderinteressen haben Sie nicht so herausgearbeitet. In der Form des Frühwarnme
chanismus ist das eine ganz besondere Errungenschaft. Das alles fand und findet Anerkennung und bedarf auch nicht einer ausdrücklichen Aufforderung zum Handeln.
Der Vertrag von Lissabon ist kein festgefügtes Instrument. Er steht am Anfang eines langen Weges. Mir ist wichtig zu sagen, dass wir viele Fragen im Rahmen dieses Vertrages beantworten müssen, und zwar: Welche soziale Dimension will dieses gemeinsame Europa? Wie leben die Nationen mit ihren unterschiedlichen Wirtschaften und Kulturen zusammen? Welche Mindeststandards wird es verbindlich geben? Wie sieht es aus mit Mindestlöhnen? – Das Thema haben wir bereits gehabt. Aber wie sieht es aus mit dem Wettbewerb der Regionen? Wie werden Migration und Integration aktiv gestaltet? Wann gibt es klare Gesetze gegen einen ruinösen Subventionstourismus der Wirtschaft, dessen Auswirkungen wir gerade wieder dank Nokia vorgeführt bekommen?
Auf keinen Fall wird der Vertrag zum Trojanischen Pferd mutieren, wenn es darum gehen sollte, Neoliberalismus den Weg zu bereiten.
Die Grundfrage bleibt: Was tut Europa, um Frieden und Wohlstand weiter erfolgreich zu schützen, und wie gehen wir gemeinsam damit um?
Ich komme zum Schluss.
Sie können sicher sein, dass wir als Sozialdemokraten alles tun werden, dass Europa gut vorankommt. Der Terminplan ist bereits genannt worden. Auf die Geschwindigkeit, verehrte Frau Eichstädt-Bohlig, hat der Senat keinen Einfluss mehr.
Ich bin auch dabei.
Deswegen ist der Antrag der Grünen eigentlich überflüssig, aber die Diskussion im Euro-Bund-Medien-Ausschuss werden wir bestimmt mit großem Engagement und Interesse führen. – Vielen Dank!