Erol Özkaraca
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Herr Präsident! Ich frage den Senat: Wie konnte es dazu kommen, dass mindestens vier mutmaßliche Mitglieder einer Drogenbande, denen aufgrund des Schmuggels von mindestens 12 kg Heroin mehrjährige Haftstrafen drohen, allein deshalb aus der Untersuchungshaft entlassen werden mussten, weil die zuständige Kammer des Landgerichts zu selten tagte, und wie sollen derartige Pannen in Zukunft verhindert werden?
Vielen Dank! – Herr Senator! Was glauben Sie eigentlich, welche Auswirkung es auf die ermittelnden Staatsanwälte und Polizeibeamten hat, wenn sie sehen, dass ihre Ermittlungserfolge frei auf der Straße herumlaufen, und wie werden wir die Motivation wiederherstellen?
Vielen Dank, Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich hier auf die vorliegenden Anträge der Fraktion Die Linke eingehen. Braucht das Land Berlin einen Beauftragten für den Justizvollzug? – Wir sagen nein. Die Anhörung im Rechtsausschuss vom 30. April hat ergeben, dass die Aufgaben eines solchen Beauftragten, wie er in Nordrhein-Westfalen eingerichtet wurde, in Berlin durch die Anstaltsbeiräte und insbesondere durch den Berliner Vollzugsbeirat wahrgenommen werden und er daher von der grundsätzlichen Aufgabe her bereits existiert.
Die Anhörung hat darüber hinaus eindeutig gezeigt, dass der Beirat gegenüber der Institution eines Justizvollzugsbeauftragten auch eindeutige Vorteile aufweist. So setzt sich der Vollzugsbeirat aus einer Reihe von Personen mit unterschiedlichen Spezialkenntnissen zusammen. Ein Vertreter der Humboldt-Universität zum Beispiel bringt im Personalwesen und in der Informationstechnik seine
Kenntnisse ein. Eine Abgesandte der Senatsverwaltung für Gesundheit hat Spezialwissen im Personalwesen, im Tarifwesen sowie im Behindertenbereich. Der eingeladene Herr Behrendt selbst war engagiert in den Bereichen der Psychotherapie, der gleichgeschlechtlich orientierten Gefangenen, der Diversity und der Ausbildung von Führungskräften im Vollzug. Ein anderes Mitglied des Vollzugsbeirats gehört der Ärztekammer an und wird tätig bei medizinischen Problemen und Anfragen und Anregungen von Gefangenen.
Besondere Vorteile ergeben sich meiner Auffassung nach durch die Mitglieder mit Migrationshintergrund im Vollzugsbeirat, weil sie über eine Vielzahl von Sprachfertigkeiten, kulturellen und religiösen Kenntnissen verfügen. Ein Beauftragter allein könnte all diese Kompetenzen gar nicht bündeln, geschweige denn die nötige Zeit aufwenden, wie das im Berliner Vollzugsbeirat zum Glück der Fall ist.
Seine ehrenamtliche Organisationsform stellt außerdem einen Beitrag der Zivilgesellschaft an der Ausgestaltung des Strafvollzugs dar, den meine Fraktion und ich für unverzichtbar halten.
Nein, danke! – Zudem hat der Berliner Vollzugsbeirat, verglichen mit dem Beauftragten für den Justizvollzug in NRW, den Vorteil, dass sich unter seinem Dach die Anstaltsbeiräte regelmäßig austauschen können. Diese Vorteile werden nicht nur von den Parteien der Koalition anerkannt, sondern auch von Bündnis 90/Die Grünen und den Piraten, die ebenfalls diese beiden Anträge bei der Abstimmung im Rechtsausschuss insgesamt ablehnten.
Nun noch kurz zum Antrag von Bündnis 90/Die Grünen: Die Koalition ist sich natürlich bewusst, dass rechtliche Grundlagen für die Beiräte, insbesondere für den Vollzugsbeirat, im neuen Berliner Strafvollzug vorzunehmen sind. Das ist für uns selbstverständlich. Das, was Sie hier gesagt haben – dass wir uns dazu nicht äußerten –, ist doch eine Selbstverständlichkeit, nämlich dass wir diesen Beirat honorieren und er eine Grundlage im Strafvollzugsgesetz sein sollte.
Aber das Protokoll kann ich doch wohl lesen!
Nein! – Liebe Kollegen! Sie wollen also alle Selbstverständlichkeiten per Antrag beschließen lassen? Die Beratung, was im Einzelnen in einem Gesetz oder in einer Rechtsverordnung im Hinblick auf Aufgaben, Befugnisse und gegebenenfalls auch die Ausstattung eines Vollzugsbeirats zu verankern ist, gehört in den Rechtsausschuss. Die notwendige eingehende Aussprache werden wir dann im Rechtsausschuss machen. Insofern empfehle ich die Überweisung. – Vielen Dank!
Herr Präsident! – Ich frage den Senat:
1. Welche Erkenntnisse hat der Senat über erhebliche Fälle von Erpressung, Gewalt und sexuellem Missbrauch in der Jugendstrafanstalt Berlin?
2. Welche Maßnahmen hat der Senat ergriffen bzw. wird der Senat noch ergreifen, um solchen Vorkommnissen entgegenzuwirken?
(Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit)
Vielen Dank, Herr Senator! Sie sprachen davon, dass den Inhaftierten Freiräume gelassen werden. Nach dem, was ich aus der Strafanstalt erfahren habe, soll es so sein, dass während des Freizeitaufschlusses von 15 bis 20 Uhr keine ausreichende Anzahl von Gruppenleitern, also Sozialpädagogen und Psychologen, im Dienst ist. Ist das richtig?
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem heute zur Abstimmung vorliegenden Sicherungsverwahrungsgesetz haben wir zwei Interessen in einen Ausgleich zu bringen. Auf der einen Seite besteht das Interesse der Allgemeinheit an größtmöglicher Sicherheit und dem Schutz vor schwerwiegenden Straftaten. Auf der anderen Seite gibt es das Interesse der Untergebrachten an der Realisierung ihrer individuellen Freiheits- und Persönlichkeitsrechte. Wir wissen, dass die Untergebrachten ihre jeweilige Strafe verbüßt haben. Wir wissen auch, dass ihnen die Freiheit vorenthalten wird, weil die Gefahr besteht, dass sie erneut schwere Straftaten begehen. Aus diesem Grund haben wir der Verwaltung mit diesem Gesetz das Ziel der Verwahrung eindeutig vorgegeben. Das Ziel lautet nicht, wie ein bekannter Politiker einmal sagte, wegsperren, und zwar für immer. Nein, das Ziel dieses Gesetzes lautet, die Gefährlichkeit der Untergebrachten für die Allgemeinheit zu mindern, sodass die Vollstreckung dieser Maßregel so schnell wie möglich beendet werden kann.
Die Anhörung der Sachkundigen im Rechtsausschuss hat ergeben, dass es bereits im ersten Entwurf gelungen war, die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts aus dem Urteil vom 4. Mai 2011 umzusetzen. Das war uns auch sehr wichtig. Es bestehen keine Widersprüche zu den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts oder dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.
Dennoch haben wir es uns nicht leicht gemacht. Nach der ausführlichen Anhörung im Rechtsausschuss wurden von der Koalition 15, von der Opposition insgesamt 81 einzelne Änderungsvorschläge konstruktiv und intensiv beraten. Etliche Änderungsvorschläge der Opposition sind in diese Beschlussvorlage mit eingeflossen.
Die in der Anhörung formulierte Kritik wurde aus unserer Sicht so weit wie möglich aufgenommen. Dies betraf unter anderem, um hier nur einige Beispiele zu nennen, die Realisierung einer möglichst frühzeitigen Vollzugs- und Eingliederungsplanung, die Verpflichtung der Einrichtung, die Fähigkeiten der Untergebrachten zu ermitteln, die der Gefährlichkeit entgegenwirken, die Einräumung der Möglichkeit, anderen Untergebrachten den Zutritt zu ihren Räumen zu verwehren, Privatsphäre durch geeignete Mittel zu gewährleisten, die Dokumentation von Motivationsmaßnahmen sicherzustellen, aber
auch die grundsätzliche Möglichkeit eines Internetzugangs.
Es war uns wichtig, nicht nur das Ziel zu benennen, sondern auch die Wege, die zu diesem Ziel führen. Deshalb stellen wir in diesem Gesetz der Einrichtung ein Instrumentarium von qualifizierter Diagnostik, Motivationsarbeit und Therapie zur Verfügung. Die Umsetzung dieses Instrumentariums liegt in der Tat in der Hand des Personals.
Der Justizsenator geht bei seiner neuen Bau- und Personalplanung von 60 Plätzen für den Vollzug der Sicherungsverwahrung aus. Zurzeit befinden sich 36 Menschen im Vollzug der Sicherungsverwahrung. Die Bemühungen zur Gewinnung qualifizierten Personals sind angelaufen, die erforderlichen Mittel bereits im Haushaltsplan eingestellt.
Ein bisschen mehr Zeit hätte der Regelung des Gesamtkomplexes Strafvollzugsgesetz und Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz sicher nicht geschadet, gerade weil das Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz zeitlich an das noch zu erlassende Strafvollzugsgesetz anknüpft.
Wir werden uns die bisherigen Entwürfe für ein Strafvollzugsgesetz noch genauer angucken müssen. Nach unserer Auffassung muss bereits im Strafvollzug mit der Minderung der Gefährlichkeit von Strafgefangenen begonnen werden, wenn bei ihnen die Sicherungsverwahrung angeordnet wurde. Die Behandlung durch deliktorientierte Therapie unter Berücksichtigung risikorelevanter Persönlichkeitsmerkmale muss frühzeitig begonnen werden, damit das Rückfallrisiko bereits im Strafvollzug minimiert wird, sodass eine Sicherungsverwahrung entbehrlich werden kann. Untersuchungen haben ergeben, dass das Rückfallrisiko bei Behandlung um ein Drittel niedriger ist als ohne Behandlung.
Ein vorzeitiger Ausschluss der Gefährdung ist nicht nur im Hinblick auf die frühzeitige Wiederherstellung der Freiheitsrechte der Untergebrachten, sondern wegen seiner präventiven Wirkung auch im Hinblick auf den Opferschutz und die Kosten der jeweiligen Unterbringung relevant. In diesem Rahmen wird man sich vielleicht noch einmal das Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz daraufhin ansehen müssen, wie die Schnittstellen zwischen Strafvollzugsgesetz und Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz auszugestalten sind. Dies gilt auch im Hinblick auf die diesbezüglichen Änderungen des Strafgesetzbuches durch den Bundestag, die diesen Sommer in Kraft treten.
Nach all dem bitte ich Sie, der Beschlussvorlage zuzustimmen. – Ich danke Ihnen!
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Bundesgesetzgeber hat mit dem Gesetz zur Neuordnung der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen das Recht der Führungsaufsicht geändert. Durch den neuen § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 StGB ist es nunmehr auch Berliner Richterinnen und Richtern möglich, bestimmten Personen die gerichtliche Weisung zu erteilen, die für eine elektronische Überwachung ihres Aufenthaltsortes erforderliche elektronische Fußfessel ständig im betriebsbereiten Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeiten nicht zu beeinträchtigen.
Der Bundesgesetzgeber ist der Auffassung, mit der Einführung der elektronischen Fußfessel die Einhaltung aufenthaltsbezogener Überweisungen überwachen und im Nachhinein eine eventuell begangene Straftat leichter aufklären zu können. Der Bundesgesetzgeber verspricht sich von der Einführung der elektronischen Fußfessel die Einhaltung einer spezialpräventiven Wirkung, indem die Hemmschwelle des Probanden für die Begehung einer neuen Straftat aufgrund des ihm bewusst gestiegenen Entdeckungsrisikos erhöht wird.
Nun – ob sich diese Erwartungen des Bundesgesetzgebers im vollen Umfang erfüllen werden, wird die Zukunft zeigen. Auch in meiner Fraktion gibt es diesbezüglich berechtigte Zweifel, einige denen ähnlich, wie von meinem Vorredner gehört. Meine Fraktion wird auch deshalb die Zweckmäßigkeit der elektronischen Fußfessel evaluieren, sobald die Zeit dafür gekommen ist. Die bestehenden Zweifel jetzt zu diskutieren, ist allerdings müßig. Das Gesetz ist bereits seit Januar 2011 in Kraft, und jede Strafvollstreckungskammer, auch in unserer Stadt, kann also schon jetzt diese Weisungen beschließen. Aber durchführen können wir sie bis jetzt noch nicht. Insoweit erklärt sich auch die gebotene Dringlichkeit.
(Dr. Klaus Lederer)
Der Rechtsausschuss hat mit den Stimmen der Mitglieder der Koalition das Zustimmungsgesetz bei Enthaltung der Mitglieder der Oppositionsfraktionen angenommen. Aufgrund dieses Abstimmungsverhaltens der Mitglieder der Opposition im Rechtsausschuss gehe ich davon aus, dass es in diesem Haus niemand wünscht, dass wir in Berlin in eigener Regie die technische und fachliche Überwachung dieser Weisungen durch Schaffung einer eigenen Berliner Überwachungszentrale mit einem 24-Stunden-Bereitschaftsdienst wollen. Die Synergieeffekte im Hinblick auf Personalaufwand und -kosten, die Schaffung von gemeinsamen Strukturen und einheitlicher Standards für die Aufenthaltsüberwachung durch die länderübergreifende Zusammenarbeit sind offenkundig. Die Länder BadenWürttemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen und Hessen haben sich bereits für die Einrichtung einer gemeinsamen elektronischen Überwachungsstelle der Länder entschieden. Auch das Land Brandenburg beabsichtigt, diesem Staatsvertrag beizutreten. Dies wird die Zusammenarbeit mit unserem Nachbarland befördern.
Soweit im Rechtsausschuss Kritik an dem bereits bestehenden Staatsvertrag geäußert wurde, betraf dies die Verteilung der Kosten auf die vertragsschließenden Länder. Die für die Einrichtung und den Betrieb der gemeinsamen elektronischen Überwachungsstelle der Länder anfallenden Personal- und Sachkosten werden von den teilnehmenden Ländern anteilig getragen. Es wird das Verhältnis der Bevölkerungsanteile zugrunde gelegt, und das ist auch gut so. Soweit im Ausschuss vorgeschlagen wurde, die Kosten nach den anfallenden konkreten Fallzahlen zu verteilen, dürfte dies wohl eher keinen Sinn machen. Zum einen sind die wesentlichen Kosten der gemeinsamen elektronischen Überwachungsstelle der Länder aufgrund der 24Stunden-Bereitschaft relativ konstant und werden nicht durch die Anzahl der Fälle wesentlich beeinflusst. Zum anderen ergibt sich die Anzahl der Fälle aus der Anzahl der Beschlüsse der Strafvollzugskammern, die in richterlicher Unabhängigkeit beschlossen werden, und diese sind, Gott sei Dank, nicht im Vorwege bestimmbar. Da also die Bestimmung der Fallzahlen im Vorwege nicht möglich ist, wäre auch die Planung der anfallenden Kosten nicht möglich.
Bei der Kostenverteilung nach dem Verhältnis der Bevölkerungsanteile profitieren eher die kleinen Bundesländer. Insoweit kann ich einen Nachteil für das Land Berlin nicht erkennen.
Auch diese Diskussion ist eigentlich müßig, denn dieser Staatsvertrag ist bereits in Kraft. Man kann ihm beitreten oder auch nicht. Die Vorteile für unser Land Berlin überwiegen, und deshalb bitte ich Sie, diesem Zustimmungsgesetz zuzustimmen.
Ich frage den Senat:
1. Wie bewertet der Senat die steigende Nachfrage nach muslimischen Grabstätten in Berlin – insbesondere in Neukölln und Kreuzberg –, und was unternimmt der Senat, um den steigenden Bedarf zu decken?
2. In welchem Zeitrahmen ist mit einer Entscheidung über neue Flächen in Neukölln zu rechnen?
Werden die von Ihnen genannten planerischen Beratungen im Hinblick auf die Ausweisung von Flächen auf
dem Tempelhofer Feld zum Jahresende, wenn der Bedarf da ist, fertig sein?