Dieter Puchta
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Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Haasis, in der Tat habe ich mich auch gewundert, dass Sie dieses doch etwas komplizierte Thema
für eine Aktuelle Debatte ausgesucht haben. Das ist ein Thema, das sich eigentlich hervorragend für eine Behandlung im Ausschuss eignen würde.
Wir stimmen darin überein, dass die Kapitaladäquanz ein wichtiges weltwirtschaftliches und finanzwirtschaftliches Thema ist. Das heißt, die Sicherheit und die Solidität des Finanzwesens müssen durch eine angemessene Erfassung der Risiken im Bankgeschäft verbessert werden.
Es ist sicherlich richtig, dass die großen Finanzkrisen in den Neunzigerjahren, insbesondere in Japan und in den USA – in den USA im Bereich der Bodenkreditbanken –, uns allen diese Notwendigkeit noch einmal vor Augen geführt haben. Es ist auch richtig, dass diese Neubewertung vor dem Hintergrund der großen Bankenfusionen besonders wichtig ist. Es ist auch richtig, dass die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich und im Gefolge davon die EU-Kommission die Regulierungslücke schließt, die es bei den Asset Backed Securities gibt, also, vereinfacht ausgedrückt, bei den Möglichkeiten, sich über eine Art Fonds Geld zu beschaffen, sodass dort Neubewertungen vorgenommen werden müssen. Und es ist auch richtig, dass bei den OTC-Derivaten die Bewertung von bisher 50 % bei der Anrechnung von Risikoaktiva in Zukunft auf 100 % erhöht werden muss. Insofern ist klar, dass hier Handlungsnotwendigkeiten gegeben sind.
Die Eigenkapitalanforderung an Banken hängt von der Bonität der Unternehmen ab, an die Kredite vergeben werden. Das soll in Zukunft verstärkt in den Mittelpunkt rücken. Zum Zweiten sind damit dann auch die Finanzierungskonditionen der Banken stärker von der Bonität der einzelnen Unternehmen abhängig. Um genau diese Bonitätsüberprüfung geht es. Das hat Herr Haasis ausgeführt. Nach dem Vorschlag der Bank für internationalen Zahlungsausgleich soll dieses Rating in Zukunft vermehrt durch externe, teure Ratingagenturen vorgenommen werden.
In diesem Zusammenhang befürchten die Industrie- und Handelskammern nun dreierlei: Erstens belasten die Kosten für diese bankexternen Ratings die Unternehmen. Zweitens werden sich die Finanzierungsbedingungen für viele mittelständische Unternehmen verschlechtern. Drittens könnte sich der Wettbewerb im Bankensektor zuungunsten der Sparkassen und der Genossenschaftsbanken verschlechtern.
Vor diesem Hintergrund beklagt nun die CDU in ihrer Begründung zur heutigen Aktuellen Debatte den verschlechterten Zugang zum Kapitalmarkt. Da muss ich Ihnen allerdings sagen: Da sind Sie wohl nicht ganz auf dem Laufenden. Viele Jahre lang war dies in der Tat ein großes Problem für viele Unternehmen, aber mit der neuen Regierung in Berlin ist in Deutschland auch eine neue Börsenkultur eingezogen.
Meine Damen und Herren, Sie können die Fakten nicht widerlegen. Schauen Sie sich täglich den Neuen Markt an. Schauen Sie sich die Entwicklung an.
Dort können Sie erkennen, dass in Deutschland nicht nur eine neue Börsenkultur eingezogen ist,
sondern dass es in Deutschland nun auch möglich ist, sich auf diesem Wege Venture-Capital zu besorgen.
Die besten Beispiele sind: Noch vor Jahren konnten Unternehmen wie beispielsweise Microsoft, Lycos und Yahoo nur in den USA entstehen.
Denken Sie nun an die Entwicklung von Open Shop vor zwei bis drei Tagen. So etwas ist jetzt auch in Deutschland möglich. Das können Sie doch nicht bestreiten.
Zum Zweiten hat auch die Einführung des Euro den Zinswettbewerb innerhalb Europas zugunsten der Unternehmen verbessert.
Das ist die eine Seite. – Herr Haasis, Sie hatten doch vorhin Redezeit und haben nochmals Redezeit. Melden Sie sich doch zu Wort, wenn Sie etwas zu sagen haben.
Das Hauptproblem, meine Damen und Herren, ist natürlich nach wie vor, dass die USA in der Tat versuchen, weltweit die Standards zu setzen, und deshalb dieses externe Rating durchsetzen wollen.
Da gibt es nun meines Erachtens mehrere Lösungsmöglichkeiten.
Erstens: Die wichtigsten Partner des Mittelstands, die Sparkassen und die Genossenschaftsbanken, könnten darüber nachdenken, zum Beispiel eigene Ratingagenturen zu gründen. Dies wird mittelfristig vielleicht ohnehin eine recht gute Geschäftsmöglichkeit sein. Deshalb sollte vielleicht auch die Landesbank oder sogar die Landeskreditbank darüber nachdenken, ob sie sich als externe Ratingagentur neue Geschäftsmöglichkeiten eröffnet.
Zweitens: Um den Mittelstand zu fördern, müssen die öffentlichen Vorschriften für Garantien und Bürgschaften verbessert werden. Die CDU hat in ihrer Begründung für diese Debatte am 16. März gefordert:
Es muss auf die Bundesregierung eingewirkt werden, dass sie umgehend dafür Sorge trägt, dass neben den geplanten externen Ratings bankinterne Ratingverfahren völlig gleichwertig und zeitgleich anerkannt werden.
Meine Damen und Herren, spätestens am nächsten Tag, Frau Meister-Scheufelen, nämlich am Freitag, dem 17. März, hätte die CDU diese Aktuelle Debatte zurückziehen müssen.
Denn da wurden die Baseler Eigenkapitalvorschriften bei Ihnen in der Mittelstandsenquete behandelt. Dabei hat Dr. Albrecht Mulfinger von der Generaldirektion der EUKommission ausgeführt, dass es keine zwangsweisen externen Ratings geben wird. Auch der Herr vom Bundeswirtschaftsministerium sagte, dass es durch Interventionen der deutschen Seite keine Pflicht, externe Ratings durchzuführen, geben wird.
Meine Damen und Herren, zusammenfassend: Diese Aktuelle Debatte ist deshalb unnötig wie ein Kropf,
weil die Bundesregierung Ihrem Anliegen bereits Rechnung getragen hat. Sie hat das Problem nicht nur erkannt, sondern bereits gelöst.
Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kurz, ein Problem scheint mir bei dieser Debatte ein bisschen zu sein, dass sich die Vertreter der Regierungsfraktionen in erster Linie auf die Ausführungen der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich berufen haben, während die EU-Kommission inzwischen Gott sei Dank aufgrund vieler Interventionen bereits einen Schritt weiter ist. Ich möchte Ihnen einmal zum internen und externen Rating aus dem Bericht der EU-Kommission zitieren. Da heißt es:
Einen bedeutenden Vorteil des internen Ratingverfahrens stellen die zusätzlichen Kundeninformationen dar, die externen Ratingstellen in der Regel nicht zugänglich sind.
Das heißt: Das Problem ist eindeutig erkannt. Die Bundesregierung hat ja auch gesagt, dass sie dies entsprechend umsetzen möchte. Insofern kann ich mich eigentlich nur den Ausführungen des Herrn Staatssekretärs anschließen, der gesagt hat, dass wir in den wesentlichen Punkten übereinstimmen, dass wir auch im Ziel übereinstimmen, eine bessere Risikobeurteilung zu erreichen, und dass es nun darauf ankommt, die Ausgestaltung der Mittel zu optimieren.
Damit kein Missverständnis entsteht, möchte ich etwas zu dem richtig stellen, was ich vorhin gesagt habe. Natürlich muss das Schwergewicht auf den bankinternen Ratings liegen. Wir können uns aber der Globalisierung nicht verschließen. Das ist die andere Seite. Wenn heute die großen internationalen Ratingagenturen alle aus den USA kommen – Standard & Poor’s, Moody’s usw. –, müssen wir uns in Europa, in Deutschland und in Baden-Württemberg überlegen, ob wir nicht in der Lage sind, eigene Ratingagenturen aufzubauen. Wir dürfen uns auf Dauer nicht ausschließlich auf die Amerikaner verlassen.
Ich möchte auch noch etwas zu dem sagen, was Sie, Herr Hofer, zur Bundesratsinitiative ausgeführt haben. Diese Bundesratsinitiative ist ja im Bundesrat offensichtlich
mehrheitlich verabschiedet worden, und die Bundesregierung hat sich entsprechend verhalten. Auch das kommt bereits in der neuesten Vorlage der EU-Kommission zum Ausdruck. Dort wird zum Beispiel ausdrücklich die Möglichkeit offen gehalten, bei verschiedenen Arten von Kreditinstituten von Fall zu Fall in der Bewertung zu variieren. Das bedeutet also mehr Flexibilität.
Das Zweite ist, dass flexiblere Regelungen zur schnellen Anpassung an innovative und neue Betriebe gegeben sein müssen. Man hat sich auch darauf geeinigt, hauptsächlich Grundsätze und daneben Auslegungskriterien festzulegen, diese Auslegungskriterien aber auch wieder permanent zu ändern und der gegebenen Situation anzupassen.
In diesem Sinne glaube ich, dass alles auf dem richtigen Weg ist. Es geht um mehr Transparenz im Kreditwesen, es geht um mehr Sicherheit – und das alles möglichst nicht zu höheren Kosten und schon gar nicht für den Mittelstand.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Steuerreform der Bundesregierung hat im Prinzip drei Ausgangspunkte. Zum einen ist sie in der Tat die größte Steuerreform aller Zeiten. Private Haushalte werden um 55 Milliarden DM entlastet, und der Mittelstand wird um 20 Milliarden DM entlastet. Das heißt ganz konkret für die einzelnen Menschen: Ein verheirateter Durchschnittsverdiener mit zwei Kindern und einem Bruttoeinkommen von rund 60 000 DM wird im Monat um 350 DM entlastet.
Zweitens zur Unternehmensteuerreform: Die Kapitalgesellschaften werden im weltweiten Vergleich in Deutschland zurzeit noch am höchsten besteuert. Inklusive Gewerbesteuer und Solidaritätszuschlag beträgt die Steuerbelastung der deutschen Unternehmen 51,8 %. Im Vergleich dazu liegt die Steuerbelastung der Unternehmen in den USA, in Frankreich und in Italien zwischen 40 und 41 %. Meine Damen und Herren, das ist das Ergebnis von 16 Jahren Regierung Kohl:
die weltweit höchste Steuerbelastung der Unternehmen.
Durch die Reform ab 2001 wird die Steuerbelastung der Unternehmen nur noch bei 38,6 % liegen, das heißt, wir werden uns dann weltweit im Mittelfeld befinden.
Der dritte Punkt der Steuerreform ist: Alles ist solide finanziert, und die drei zentralen Ziele der Wirtschaftspolitik werden berücksichtigt: Sie schafft zusätzliche Arbeitsplätze, die Verschuldung wird abgebaut und das Steuerrecht vereinfacht.
Meine Damen und Herren, das sehen auch die sieben großen Wirtschaftsverbände so. DIHT, BDA und BDI – um
nur drei zu nennen – sind im Großen und Ganzen mit dieser Steuerreform einverstanden.
Nun geht die Landesregierung hin und legt einen eigenen Gesetzentwurf vor,
der im Kern bedeutet: noch schneller und noch mehr. Dies ist in mehrfacher Hinsicht unseriös.
Erstens: In den 16 Jahren der Regierung Kohl wurde der Spitzensteuersatz um drei Prozentpunkte abgesenkt. Die Regierung Schröder wird innerhalb von nur sieben Jahren den Spitzensteuersatz um acht Prozentpunkte absenken.
Zweitens: Bei dem Vorschlag der CDU werden Sie mindestens 27 Milliarden DM zusätzliche Steuerausfälle haben, und das heißt, Sie sind nach wie vor im Bereich Ihrer alten Politik. So wie Sie beim Landeshaushalt die Verschuldung nicht abbauen, möchten Sie bei Ihrem Steuerreformentwurf nach dem alten Strickmuster Wohltaten auf Pump verteilen.
Aber der Vorschlag für eine Steuerreform, den Sie, Herr Finanzminister, vorgelegt haben, ist nicht nur unseriös und unsolide, sondern auch wie gewohnt ungerecht.
Dass sie ungerecht ist, möchte ich an zwei Stellen beweisen.
Erstens: Sie wollen in Ihrem Modell den Spitzensteuersatz um 16 Prozentpunkte senken, den Eingangssteuersatz, von dem die Masse betroffen ist, aber nur um 7,9 Prozentpunkte. Das zeigt, Sie wollen wie in der Vergangenheit in erster Linie von unten nach oben umverteilen.
Zweitens: Die Senkung des Spitzensteuersatzes nach Ihrem Modell kostet insgesamt 27 Milliarden DM. Davon wollen Sie 5,1 Milliarden DM zur Finanzierung der Spitzensteuersatzabsenkung durch das Absenken der Kilometerpauschale refinanzieren lassen.
Dies ist ein reines Abkassieren der Pendler vor allem im ländlichen Raum.
Die Kürzung der Kilometerpauschale um 30 % von 70 auf 50 Pfennig – Ökosteuer ist das richtige Stichwort; dazu komme ich gerade – je Entfernungskilometer, und zwar erst für jene Kilometer, die über 16 Kilometer liegen
Herr Moser, können Sie sich vielleicht draußen mit dem Kollegen Scheffold unterhalten,
das würde es mir erheblich erleichtern –,
ist gerade in einem Flächenland wie Baden-Württemberg eine Politik gegen den ländlichen Raum.
Zusätzlich wollen Sie für alle Arbeitnehmer den Arbeitnehmerfreibetrag um 500 DM kürzen. Dies ist die Fortsetzung der arbeitnehmerfeindlichen Politik der Regierung Kohl aus dem Jahre 1990. Damals haben Sie den Weihnachtsfreibetrag in Höhe von 600 DM abgeschafft,
und jetzt wollen Sie zusätzlich den Pauschbetrag um 500 DM kürzen.
Meine Damen und Herren, dies bedeutet, dass ein Arbeitnehmer, der zum Beispiel 20 km zur Arbeit hat, in Zukunft nach Ihrem Modell nur noch 500 DM Werbungskosten geltend machen darf statt bisher 3 500 DM. Bei einem Grenzsteuersatz von 35 % erhält ein Pendler nach Ihrem Konzept in Zukunft im Monat netto 90 DM weniger auf die Hand.
Vor diesem Hintergrund – jetzt komme ich dazu – ist Ihre Kampagne gegen die Ökosteuer absolut lächerlich.
Wir haben die Mineralölsteuer nämlich um 12 Pfennig angehoben. Nebenbei bemerkt: Kohl erhöhte die Mineralölsteuer bei Benzin zwischen 1988 und 1994 um satte 50 Pfennig, also um das Vierfache.
Der Pendler mit einer zu fahrenden Strecke von 20 Kilometern wird bei einem relativ hoch angesetzten Verbrauch von 10 Liter pro 100 Kilometer durch die Ökosteuer mit zusätzlich 10 DM pro Monat belastet. Sie wollen den gleichen Pendler durch Absenkung der Kilometerpauschale mit 90 DM mehr belasten. Das heißt, die Belastung nach
Ihrem Konzept ist neunmal so hoch wie bei unserer Ökosteuer. Mit diesem Steuerreformansatz, Herr Finanzminister, bricht die Kampagne gegen die Ökosteuer in sich selbst zusammen.
Zur Beurteilung dieser Steuerreform kann ich mich auf den Sachverstand des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung berufen. Es stellte gestern fest: Die Reform entlastet die Arbeitnehmer um 25 Milliarden DM pro Jahr.
Die Zahl der Erwerbstätigen wird im Jahr 2001 um rund 100 000 und im Jahr 2002 um rund 270 000 zunehmen, und das Wirtschaftswachstum wird jedes Jahr 0,5 % betragen. Meine Damen und Herren, diese Steuerreform erfüllt alle wichtigen wirtschaftspolitischen Ziele.
Sie vereinfacht das Steuerrecht, und sie entlastet breite Bevölkerungsschichten. Sie ist außerdem mittelstandsfreundlich. Darauf werde ich in der zweiten Runde noch einmal gesondert eingehen.
Herr Finanzminister, ich glaube, ich habe Sie richtig verstanden, dass Sie immer dafür plädieren, dass man die ausgeschütteten und die nicht ausgeschütteten Gewinne im Prinzip gleich behandelt, weil letztlich der Markt entscheiden soll, wo die Mittel reinvestiert werden, ob im eigenen Unternehmen oder sonst irgendwo.
Vor diesem Hintergrund verstehe ich Ihren Ansatz nicht, dass Sie die thesaurierten Gewinne mit 30 % und die ausgeschütteten Gewinne mit 25 % besteuern wollen. Sie gehen also den umgekehrten Weg, der doppelt falsch ist.
Ich frage ja. Sie benachteiligen jetzt Arbeitsplätze, die im Unternehmen geschaffen werden. Aus diesem Grunde frage ich Sie: Warum widersprechen Sie in Ihrem Gesetzentwurf eigentlich Ihrer eigenen so oft vertretenen Auffassung?
Herr Mayer-Vorfelder, es ist ja wirklich sehr schön, dass man sich zum ersten Mal mit Instrumenten der Waffengleichheit, was die Zeit angeht, hier mit Ihnen auseinander setzen kann. Es ist nämlich in der Tat schwierig, diese komplizierten Themen in wenigen Minuten gehaltvoll herüberzubringen.
Ich möchte in Bezug auf den Entwurf der Landesregierung ausdrücklich bestätigen, dass ich finde, dass Sie steuerwissenschaftlich in einer Hinsicht in die richtige Richtung gegangen sind, nämlich indem Sie die Zinsabgeltungssteuer vorschlagen. Diese ist wirklich einfacher und auch gerechter in dem Sinne, dass niemand sie umgehen kann, wenn sie als Quellensteuer mit einem Satz ausgestaltet wird, der dann eben dem Spitzensteuersatz entspricht.
Aber bei der Unternehmensteuerreform haben Sie meines Erachtens einen Kardinalfehler gemacht; denn meines Erachtens liegt die größte Schwäche des Eichel’schen Konzepts in der Absenkung der Abschreibungssätze, insbesondere bei der degressiven Abschreibung. Genau diesen Ansatz haben Sie auf Heller und Pfennig übernommen. Viele Steuerwissenschaftler vertreten meiner Meinung nach zu Recht die Ansicht, dass man Abschreibungen im Prinzip den Unternehmen sogar völlig freistellen könnte, weil sie erstens ohnehin nur eine Verschiebung auf der Zeitachse bei der Besteuerung darstellen, und zweitens, weil es natürlich die Innovationskraft und Innovationsstärke der Unternehmen unheimlich erhöht, wenn sie hier schnell abschreiben können.
Die Körperschaftsteuerreform, Herr Finanzminister, hat zwei wesentliche Ziele: Zum einen soll die Innenfinanzierung erhöht werden, um die Eigenkapitalstruktur zu verbessern, zum andern gehen wir in die Richtung einer rechtsformunabhängigen Besteuerung. Insofern werden zwei wichtige Ziele erreicht.
Nun haben Sie etwas zum Optionsmodell gesagt. Immerhin muss man sehen, dass die Personengesellschaften, wenn sie für die Körperschaftsbesteuerung optieren, in Zukunft sowohl das Geschäftsführergehalt als auch die Pensionsrückstellungen steuerlich geltend machen können. Zugegeben, dies ist nur für rund 20 % der Personengesellschaften attraktiv, und deshalb gibt es ja auch das zweite Modell für den Mittelstand. Das Wichtigste daran ist, dass der Eingangssteuersatz auf 15 % abgesenkt wird. Damit werden 80 % aller mittelständischen Unternehmen in Baden-Württemberg begünstigt.
Der zweite Punkt ist, dass die Einkommensteuer – Sie haben es ausgeführt – um die pauschalierte Gewerbesteuer verringert wird. Damit schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe. Auf der einen Seite gibt es für die Gemeinden nach wie vor die Garantie der Gewerbesteuer, und damit ist es für Gemeinden auch nach wie vor attraktiv, Gewerbe in ihrem Gebiet anzusiedeln. Sie haben selbst das Beispiel Schleswig-Holstein genannt. Auf der anderen Seite entfällt die Gewerbesteuer für Unternehmen bis zu einem Gewer
besteuerhebesatz von 400 Punkten. Da, wie Sie selbst gesagt haben, in Baden-Württemberg in 1 003 Gemeinden der Gewerbesteuerhebesatz unter 400 Punkten liegt, ist dieses Steuerreformmodell der Bundesregierung ein spezielles Steuerentlastungsgesetz für die Gewerbebetriebe in BadenWürttemberg.
Der Entwurf der Landesregierung hingegen ist, was den Mittelstand betrifft, meines Erachtens völlig widersprüchlich. Die Landes-CDU plädiert für eine Absenkung der Gewerbesteuer, die FDP ist für die Abschaffung der Gewerbesteuer, und der Fraktionsvorsitzende der Union im Deutschen Bundestag, Merz, will die Gewerbesteuer erhöhen, indem er die freien Berufe in die Gewerbesteuer einbeziehen will.
Da frage ich Sie: Wer spricht hier eigentlich für wen? Was gilt nun? Können Sie dieses Tohuwabohu sowohl in der Landesregierung als auch im Verhältnis zwischen Landesund Bundes-CDU aufklären?
Es gibt zwei weitere Widersprüche beim CDU-Modell. Sie lehnen die Freistellung bei der Veräußerung von Beteiligungen von Kapitalgesellschaften ab, obwohl dies ein wesentlicher Beitrag des Steuerrechts zur Umstrukturierung und Erneuerung unserer Volkswirtschaft ist. Da habe ich den leisen Verdacht, dass Sie diese Steuerfreistellung von Kapitalbeteiligungen deshalb verhindern wollen, weil Sie damit Ihr eigenes Stiftungsmodell, das Sie vor wenigen Wochen im Landtag durchgesetzt haben, ad absurdum führen würden. Dann hätten wir Recht gehabt, dass man abwarten soll, bis dieses Steuerrecht in Kraft tritt. Dann wäre diese komplizierte Konstruktion überhaupt nicht nötig gewesen.
Herr Stratthaus, mich hat auch nicht ganz überzeugt, was Sie auf meine Zwischenfrage geantwortet haben, was die unterschiedliche Behandlung von thesaurierten und ausgeschütteten Gewinnen betrifft. Steuerwissenschaftlich gebe ich Ihnen da wiederum Recht. Im Prinzip sollte man marktmäßig gesehen alle gleich behandeln. Aber wenn man sie schon ungleich behandelt, dann doch bitte umgekehrt. Dann wollen wir die Gewinne begünstigen, die im Unternehmen verbleiben und dort reinvestiert werden, um Arbeitsplätze zu schaffen.
Ich muss auch noch einmal darauf hinweisen, dass meines Erachtens mit der Argumentation der CDU, die Personengesellschaften würden stark belastet – Herr Mayer-Vorfelder, Sie kommen ja gleich nach mir –, ein großer Fehler gemacht wird. Dabei wird immer durcheinander geworfen der Grenzsteuersatz, der Spitzensteuersatz und der Durchschnittssteuersatz. Wenn ich nämlich zu den 25 % bei den Kapitalgesellschaften noch die 13 % Gewerbesteuer dazurechne...
... – ich komme zum Ende –, dann sind es schon 38 %. Im Vermittlungsausschuss werden Sie von den 45 % eventuell noch etwas herunterkommen. Das hat dann zur Folge, dass die beiden Belastungen sehr nahe beieinander liegen. Sie dürfen bei den Personengesellschaften eben nicht dauernd mit dem Spitzensteuersatz argumentieren, sondern Sie müssen dort den effektiven Steuersatz, die effektive Steuerbelastung nehmen. Sie liegt bei den meisten Handwerksbetrieben und Mittelstandsunternehmen in Baden-Württemberg eben unter 38 %. Insofern sind wir doch gar nicht so weit auseinander. Deshalb waren Ihre Ausführungen, Herr Finanzminister, auch sehr versöhnlich.
Ich glaube, letztlich wird es im Bundesrat da oder dort noch Kompromisse geben. Ich persönlich wäre zum Beispiel auch bereit, was den Verkauf von Betrieben, die Betriebsveräußerung, angeht, die Freibeträge von 60 000 DM deutlich zu erhöhen. Das wäre meines Erachtens der beste Weg. Dabei könnte ich mir auch vorstellen, dass man statt über § 16 über § 34 des Einkommensteuergesetzes etwas regelt. Insgesamt gibt es da noch Handlungsbedarf. Aber wir sind auf einem guten Weg. Diese Steuerreform wird Deutschland voranbringen.
Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieser Doppelhaushalt 2000/01 scheint mir in diesem Hause deswegen besonders umstritten zu sein, weil er der Haushalt ist, der finanzpolitisch das neue Jahrtausend eröffnet. Deshalb ist seine Weichenstellung von besonderer Bedeutung. Bei dieser grundsätzlichen Weichenstellung geht es um die Frage, wie wir mit dem Geld der Bürgerinnen und Bürger, das wir verwalten, zukünftig umgehen.
Während die Datumsumstellung zum 1. Januar 2000 noch relativ gut gelungen ist und auch die vorhergesagten Computerpannen zum Großteil zum Glück ausgeblieben sind, können wir von der SPD-Fraktion dem Doppelhaushalt 2000/01 auch und gerade nach den Beratungen im Finanzausschuss keine Millenniumstauglichkeit bescheinigen.
Der Landtagspräsident und in der zweiten Lesung auch Herr Oettinger hat gerügt, dass ich als Ausschussvorsitzender bei der Bewertung dieses Haushaltsplans das gebotene Maß an Neutralität und Zurückhaltung hätte vermissen lassen.
Meine Damen und Herren, sicherlich kann man über die eine oder andere Wortwahl unterschiedlicher Meinung sein, doch wollte ich bewusst Aufmerksamkeit erregen, und dies scheint mir auch gelungen zu sein.
Mir ging es um Aufmerksamkeit nicht um der Aufmerksamkeit willen,
sondern aus der tiefen Sorge heraus, dass der Sparkurs der Neunzigerjahre nun wieder verlassen wird und ein Rückfall in die alte Späth’sche unsolide Haushaltspolitik zu befürchten ist. Nicht nur, dass hinter vorgehaltener Hand auch CDU-Finanzpolitiker sagen, sie wären bei diesen Haushaltsberatungen lieber Mitglied der Oppositionsfraktionen.
Ich brauche hier denunziatorisch überhaupt keine Namen zu nennen,
denn der ehemalige Finanzminister Mayer-Vorfelder kam in den „Stuttgarter Nachrichten“ zu genau dem gleichen Ergebnis wie ich: Dies ist kein Sparhaushalt.
Die Frage der „Stuttgarter Nachrichten“ lautete:
Ihnen wird zur heutigen Finanzpolitik der Satz zugeschrieben: „Dieser Haushalt ist kein Sparhaushalt.“
Mayer-Vorfelder wörtlich:
Stimmt. Das habe ich in der Fraktion gesagt. Das sage ich auch öffentlich. Man könnte den Sparkurs konsequenter fortsetzen.
Vor diesem Hintergrund wollte ich eigentlich Herrn Oettinger, wenn er anwesend gewesen wäre, auch persönlich ausdrücklich Recht geben, denn das finanzpolitische Benchmarking der Jahre 1991 bis 1998 kann sich sehen lassen. In schwierigsten Zeiten sinkender Steuereinnahmen haben wir über eine weite Strecke gemeinsam dafür gesorgt, dass der Landeshaushalt finanzpolitisch nicht aus dem Ruder lief. Umso mehr schmerzt es nun, dass die CDU-FDP/DVP-Regierung in Zeiten wieder steigender Steuereinnahmen die tatsächliche Nettokreditaufnahme nahezu verdoppelt.
Herr Kollege Dr. Scheffold, Sie haben vorhin das untere Ende Ihrer Spreizung der mittelfristigen Finanzplanung genannt. Wenn man aber Ihre dort ebenfalls erwähnten Zahlen genau anschaut, dann haben Sie zwar im Jahr 1999 rund 1 Milliarde DM zusätzliche Schulden gemacht, aber Ihre Planzahlen lauten für das Jahr 2000 1,9 Milliar
den DM neue Schulden – übrigens ohne die Einlage bei der Landesbank –, für 2001 1,83 Milliarden DM, für 2002 bis zu 2,33 Milliarden DM und für das Jahr 2003 bis zu 2,03 Milliarden DM. Dies bedeutet: Ihre Sollzahlen der Neuverschuldung für die nächsten vier Jahre liegen im Schnitt mehr als doppelt so hoch wie die Istzahlen des vergangenen Jahres. Spätestens an dieser Stelle muss jeder neutrale Beobachter zu dem Ergebnis kommen: Hier kann von Haushaltskonsolidierung keinerlei Rede sein.
Das Fatale an dieser Situation ist: Sie haben allein im vergangenen Jahr rund 1 Milliarde DM mehr an Steuern eingenommen, weil die Bundesregierung endlich die Steuerschlupflöcher geschlossen hat, die die FDP für ihre Klientel über Jahrzehnte hinweg mit Zähnen und Klauen verteidigt hatte. Wir hatten einen Landtagsbeschluss, wonach zusätzliche Steuereinnahmen zur Verringerung der Nettokreditaufnahme verwendet werden müssen. Sie halten sich nicht einmal an Ihre eigenen Beschlüsse! So Ernst ist es Ihnen mit Ihrer Sparpolitik.
Nun ein persönliches Wort zu Ihnen, Herr Finanzminister:
Nachdem die CDU über viele Jahre hinweg keine Steuerreform hingebracht hatte,
ziehen Sie durch das Land und beklagen, die von Eichel beabsichtigte größte Steuerreform aller Zeiten mit einer Entlastung um 44 Milliarden DM sei noch zu wenig.
Wenn Sie in dieser Frage nach der Entwicklung in der Vergangenheit nur ein bisschen Glaubwürdigkeit – –
Herr Scheffold, bitte! Sie können sich ja mit einer Zwischenfrage zu Wort melden. Aber dieses Hineinblöken bringt wirklich nicht viel.
Also, Herr Finanzminister, wenn Sie in der Frage der Steuerreform, des Steuersenkens, nur ein bisschen Glaubwürdigkeit demonstrieren wollen, dann fordere ich Sie auf: Gehen Sie mit gutem Beispiel voran, und sagen Sie, welche Landessteuern Sie verringern wollen oder ganz abschaffen wollen.
Ja. Es freut mich, dass sie sofort kommt.
Ich kann mich noch daran erinnern, dass damals das Wehklagen in allen Ländern sehr groß war, weil die Gegenfinanzierung in keiner Weise gesichert war. Das ist der wesentliche Unterschied zu dieser Steuerreform.
Nach dem Konzept der Bundesregierung werden auch die Bürgerinnen und Bürger jährlich pro Kopf um durchschnittlich 3 000 DM entlastet.
Herr Finanzminister, marschieren Sie mit einer Bundesratsinitiative voraus, und schlagen Sie zum Beispiel die Abschaffung der Steuerarten auf Landesebene vor, bei denen der Erhebungsaufwand in keinem vernünftigen Verhältnis zum Ertrag der Steuer steht wie zum Beispiel bei der Sportwettsteuer, den Rennwettsteuern oder der Totalisatorsteuer. Aber auch die Biersteuer ist ein überkommenes Relikt, wenn man bedenkt, dass das Bier in Baden-Württemberg pro Jahr mit 125 Millionen DM besteuert wird, der Wein hingegen steuerfrei ist.
Daran erkennt man, dass keinerlei Steuersystematik vorhanden ist. Gehen Sie deshalb nicht immer auf den Bund los, sondern gehen Sie mit gutem Beispiel bei den Landessteuern voran! Denn hierfür sind Sie verantwortlich, und hierzu können Sie eine Bundesratsinitiative ergreifen.
Herr Finanzminister, nicht nur auf der Einnahmeseite sind Sie der Finanzminister, der die besten Verhältnisse seit mehr als zehn Jahren vorfindet. Auch auf der Ausgabenseite müssten Sie nur die Steilvorlage von Hans Eichel umsetzen. Denn das Zukunftsprogramm von Bundesfinanzminister Eichel wird von den Bürgerinnen und Bürgern sehr wohl verstanden. Sein Sparkurs wird gesellschaftlich akzeptiert, und das hohe Ansehen, das sich Eichel innerhalb weniger Monate erworben hat, zeigt: Bei den Bürgern ist die Bereitschaft zum Sparen vorhanden.
Sicherlich muss dabei immer wieder deutlich werden, wofür wir sparen, nämlich um die soziale Gerechtigkeit in un
serer Gesellschaft auch morgen durch einen handlungsfähigen Staat garantieren zu können. Wir brauchen für unsere Kinder nicht nur eine solide Ausbildung und eine halbwegs intakte Umwelt, sondern wir haben auch die Pflicht und Schuldigkeit, ihnen die Möglichkeit der finanzpolitischen Selbstbestimmung zu erhalten.
Es muss in das Bewusstsein der Menschen hinein: Nur ein sparsamer Staat kann auch in Zukunft soziale Gerechtigkeit garantieren. Das Traurige ist: Sie machen nicht weiter wie in den Neunzigerjahren, sondern Sie machen einen Salto mortale zurück in die Zeiten des Späth’schen Ausgabenabsolutismus.
Statt nun, wo die Wachstumsraten zum ersten Mal seit einem Jahrzehnt wieder, übrigens auch – ich betone ausdrücklich: auch – aufgrund der richtigen Vorgaben aus Berlin, mehr als 3 % betragen werden, in dieser Situation die Staatsverschuldung zurückzuführen, erhöhen Sie sie sogar noch, wie ich vorhin bei der Nettokreditaufnahme gezeigt habe. Das heißt, Sie haben Ihre Hausaufgabe nicht gemacht, Sie haben nicht einmal das kleine Einmaleins der antizyklischen Finanzpolitik umgesetzt. Finanzwissenschaftler sagen, dass der Crowding-out-Effekt einer permanenten öffentlichen Kreditnachfrage zu einem zu hohen Niveau der Realzinsen geführt hat. Dieses hohe Niveau der Realzinsen hat bei einem kleinen, vermögenden Teil in unserer Gesellschaft zu immer höheren Zinseinnahmen geführt, und dies auf Kosten all derjenigen, die die Zinsen bezahlen müssen.
In diesem Sinne, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, müsste doch etwas weniger Staat gerade Ihnen entgegenkommen. Wenn der Staat nicht permanent als Kreditnachfrager am Kapitalmarkt überproportional auftritt, hilft dies, die Realzinsen zu senken. Das ist gut für die Häuslebauer in unserem Land, das ist gut für die Klein- und Mittelbetriebe, die sich Fremdkapital für Investitionen besorgen müssen, und das ist gut für die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen.
Selbst wenn ich Sie nicht davon überzeugen kann, dass es zur Eichel’schen Sparpolitik in prosperierenden Zeiten keine Alternative gibt, vielleicht bringt Sie dann der ehemalige Leiter der Planungsgruppe im Konrad-Adenauer-Haus, Warnfried Dettling, zum Nachdenken. Dettling lobt die Steuer- und Sparpolitik der Bundesregierung als eine andere soziale Philosophie für das 21. Jahrhundert und attestiert ihr: Erstmals wurde bei der sozialen Frage die Zukunft mitbedacht. Meine Damen und Herren, dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen.
Was die Kontinuität und die Verlässlichkeit der CDUHaushaltspolitik anbetrifft, habe ich hier ein Flugblatt der CDU-Fraktion, bei dem ein Bild von Herrn Oettinger wie folgt untertitelt ist: „Haushaltspolitik für das kommende Jahrhundert!“ Wir wären eigentlich froh gewesen, wenn Sie hier wenigstens Ihre Hausaufgaben für die nächsten beiden Jahre richtig gemacht hätten.
Ja, ich bin noch bescheidener, Kollege Wieser: wenn Sie wenigstens für dieses Jahr ein Zahlenwerk vorgelegt hätten, das nicht bereits vor der Auslieferung das Prädikat „Altpapier“ verdient hätte. Ich zitiere aus Ihrer Broschüre:
Der Haushalt ist so weitsichtig angelegt, dass aller Voraussicht nach im kommenden Jahr kein Nachtragshaushalt nachgeschoben werden muss.
So weit das Zitat, publiziert vor vier Monaten. Bereits im letzten Monat haben Sie einen Nachtrag für den Herbst angekündigt. So viel zum Thema „Verlässlichkeit und Planbarkeit“.
Herr Scheffold, Sie haben mir vorgeworfen, der Ausdruck „Ausgabenwut“ sei verfehlt. Während das SPD-Konzept abschließend – ich betone: abschließend – unsere Ausgabenvorstellungen für die Jahre 2000 und 2001 umfasst, stellt Ihr jetziger Haushaltsentwurf von CDU und FDP/ DVP nur einen Teil Ihrer Ausgabenwünsche dar. Selbst hier sind wir der Meinung, dass Sie in Ausgaben schwelgen, die völlig unnötig sind, wie zum Beispiel die 30 Millionen DM für die Imagekampagne, das Festhalten am Standortbeauftragten, die Weigerung, die Ämter für Flurneuordnung und das Vermessungswesen zusammenzulegen, und schließlich die völlig unnötige Schuldendiensthilfe für den Stuttgarter Flughafen.
Aber das Entscheidende ist: Sie wollen ja im Nachtrag 1 Milliarde DM zusätzlich unters Volk streuen und auch die Erlöse aus der „Erwin-Teufel-Stiftung“ als Volksbeglückungsprogramm ausgeben. Dies kann ich unter wahlkampfstrategischen Überlegungen nachvollziehen, aber mit einer soliden Finanz- und Haushaltspolitik hat dieses Verhalten nichts zu tun.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, bei allen Auseinandersetzungen im Detail geht es mir um die große Linie. Konsolidieren wir wirklich? Sparen wir wirklich? Ändern wir die Richtung der Finanzpolitik nachhaltig? Diese Fragen kann man nur vom Ende her beantworten. Man muss schauen, was hinten rauskommt.
Am 1. Januar dieses Jahres betrugen die Landesschulden 59,6 Milliarden DM. – Jetzt hören Sie zu; das sind Zahlen und Fakten.
59,6 Milliarden DM! Nach dem Entwurf der Landesregierung werden sie bis zum 31. Dezember 2001 63,3 Milliarden DM betragen. Nach dem finanzpolitischen Konzept der SPD-Fraktion betrügen die Schulden am 31. Dezember 2001 hingegen nur 58,8 Milliarden DM.
Dies bedeutet: Nach dem Konzept der SPD hätten wir am 31. Dezember 2001 800 Millionen DM weniger Schulden als zu Beginn dieses Jahres, und wir hätten 4,5 Milliarden DM weniger Schulden, als die Planungen der Landesregierung vorsehen.
Egal, mit welchen Maßnahmen im Einzelnen, meine sehr verehrten Damen und Herren, dies ist der Kern unserer Botschaft: Die Regierung erhöht die Schulden auch in diesen wirtschaftlich guten Zeiten, während die SPD in konsequenter Verfolgung der Eichel-Linie und in Kontinuität unserer Regierungsbeteiligung hier in diesem Lande erstmals tatsächlich Schulden abbauen würde. Das ist der Kern.
Ich danke Ihnen.
Herr Finanzminister, meine Damen und Herren! Es ist natürlich etwas schwierig – der Finanzminister kann hier ohne jeden Zeitdruck reden, während mir noch genau zwei Minuten zur Verfügung stehen –,
auf alles einzugehen. Ich werde aber versuchen, dennoch die wichtigsten Punkte anzusprechen.
Herr Finanzminister, es ist doch selbstverständlich: Natürlich habe ich die Istzahl dessen, was Sie im vergangenen Jahr an Neuverschuldung aufgenommen haben, mit Ihren Planzahlen verglichen. Das ist doch das einzig Richtige. Wenn Sie schon im vergangenen Jahr in der Lage waren, die Nettokreditaufnahme bei rund 1 Milliarde DM zu stabilisieren, zeigt das doch, dass Sie eben keine Sparpolitik machen, wenn Sie in den kommenden Jahren von Anfang an mehr als das Doppelte veranschlagen. Das ist der entscheidende Punkt, und da liegen Sie falsch.
Das Zweite ist: Sie sind hingegangen – Herr Kiel, da spreche ich insbesondere die FDP/DVP an, aber noch mehr Sie, Herr Pfister – und haben 1998/99, als die Steuereinnahmen weggebrochen sind, den Verschuldungsrahmen um 5 Milliarden DM ausgeweitet. Jetzt haben wir inzwischen 2,5 Milliarden DM Steuermehreinnahmen, und jetzt fahren Sie nicht einmal wenigstens den Neuverschuldungsrahmen um diese 2,5 Milliarden DM zurück, sondern Sie fahren pro Jahr nur um 300 Millionen DM zurück. Das ist schlicht und einfach alles andere als eine solide Haushaltspolitik.
Zum Dritten möchte ich an dieser Stelle doch wenigstens noch kurz etwas zur EnBW sagen. Das meiste ist schon gesagt worden. Aber Sie sind, glaube ich, mit dem Landesvermögen schlecht umgegangen, nachdem jetzt der Ministerpräsident gesagt hat, dass die Verhandlungen mit der EU ungefähr noch sechs Monate dauerten. Die steuerrechtlichen Änderungen kommen zum 1. Januar nächsten Jahres. Es geht also noch um einen kurzen Zeitraum von ungefähr
fünf bis sechs Monaten, den wir hier hätten überbrücken können. Jetzt sehen Sie, wie ein bereits privatisiertes Unternehmen handelt, nämlich die Telekom. Die Telekom wollte ursprünglich ihre Netze im Januar dieses Jahres verkaufen. Sie hat diesen Verkauf aufgrund der zu erwartenden neuen gesetzlichen Regelungen ausgesetzt. Die Telekom sagt sogar, man könne eventuell jetzt schon die Verträge abschließen, aber die eigentliche Eigentumsübertragung erst zu einem späteren Zeitpunkt vornehmen. Die Telekom überlegt sich auch, ob man die Kabelnetze nicht zum Beispiel im Rahmen eines Termingeschäfts verkaufen kann. Das heißt, dass das Geld kommt, aber die eigentliche Eigentumsübertragung viel später stattfindet. Meine Damen und Herren, das ist das einzig Unvergleichliche zwischen Ihrem Vorgehen und dem Vorgehen der Telekom. Die Telekom ist eben bereits privatisiert.
Damit komme ich zum letzten Punkt. Herr Finanzminister, Sie haben doch vorhin selbst gesagt, dass es bei den Einsparmöglichkeiten in unserem Landeshaushalt im Wesentlichen um die Personalkosten geht. Nun hat Ihnen doch Herr Eichel mit seinem Vorschlag der Erhöhung der Beamtenbesoldung um 0,6 % eine Steilvorlage gegeben. Selbst wenn wir etwas höher abschließen, haben Sie doch jetzt über Ihre Mehrheit im Bundesrat die Möglichkeit, genau diese Eichel’sche Sparpolitik umzusetzen. Dann sparen wir auch bei den Personalkosten in Baden-Württemberg.
Etwas unfair fand ich Ihre Aussage, Herr Minister, dass die SPD keine Verdienste an den Einsparungen in den Neunzigerjahren habe. Herr Finanzminister, die Jahre 1992 bis 1995 waren der einzige Zeitraum während der gesamten Neunzigerjahre, in dem in der mittelfristigen Finanzplanung 8,8 Milliarden DM neue Schulden veranschlagt waren, tatsächlich aber nur 8 Milliarden DM aufgenommen wurden. Das war, wie gesagt, die einzige Phase in den Neunzigerjahren.
Ich weiß, Herr Kiel – weil Sie sich zu Wort gemeldet haben –, Sie kommen dann und sprechen vom Jahr 1996. Zum einen hatten wir die Verantwortung dort nur noch bis Mai 1996. Aber selbst wenn ich die mittelfristige Finanzplanung für das Jahr 1996 und die tatsächlichen Ausgaben des Jahres 1996 mit dazuzähle, komme ich trotzdem zu dem Ergebnis, dass die Jahre von 1992 bis inklusive 1996 der einzige Zeitraum in den Neunzigerjahren waren, in dem die geplante Nettokreditaufnahme der mittelfristigen Finanzplanung mit den tatsächlich aufgenommenen Mitteln auf Heller und Pfennig übereinstimmt, nämlich 8,8 Milliarden DM. Ich denke, Herr Finanzminister, es ist ein Gebot der Fairness, dies hier noch einmal zu sagen: Die erfolgreichste Zeit, was die Schuldenkonsolidierung in Baden-Württemberg anbetrifft, war die Zeit der großen Koalition. Viele in der CDU-Fraktion sehen das auch so.
Herr Finanzminister, man kann sich von Regierungsseite aus ja auf den Standpunkt stellen, dass es, egal, aus welchen Gründen, richtig ist, jetzt zu verkaufen. Aber ich frage Sie noch einmal: Als absehbar war,
dass die Steuerreform wahrscheinlich kommt, warum haben Sie da nicht wie beispielsweise die Telekom dieses Unternehmen auf Termin verkauft oder die Eigentumsübertragung ins nächste Jahr verschoben? Dann hätten Sie diese Steuern sparen können, und es wäre insgesamt nicht diese komische Konstruktion der Stiftung nötig gewesen. Wir hätten dann weiterhin die Souveränität gehabt, hier im Parlament über die Mittelvergabe zu entscheiden und nicht in einer Stiftung.