Georg Wacker
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Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Offensichtlich ist es das Anliegen der Grünen, aber auch der SPD, den Versuch zu unternehmen, mit dieser letzten bildungspolitischen Debatte hier im Landtag die Strukturdebatte zu einem Wahlkampfthema zu machen.
Das ist nachweisbar.
Natürlich! Wir werden uns in der Sache auch darüber unterhalten. Aber es ist legitim, Frau Kollegin Rastätter, dass wir auch den Nachweis erbringen, dass es der Opposition schwer fällt, griffige bildungspolitische Themen zu wählen und der Regierung Defizite vorzuwerfen.
Deswegen versuchen Sie es heute zum Abschluss noch einmal mit einer üblichen Strukturdebatte, wie wir sie hier seit vielen Jahren erleben.
Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir einige wenige Zitate von renommierten Forschern und Wissenschaftlern im Zusammenhang mit den letzten PISA-Studien, die ich Ihnen einfach auch vor Augen halten möchte.
Beispielsweise hat Professor Prenzel, der Chef des PISAKonsortiums 2003, am 17. Februar 2005 in der Zeitung „Die Zeit“ Folgendes gesagt:
Die Schule kann … an der Aufgabe, soziale Gerechtigkeit herzustellen, nur scheitern. … Eine Debatte über die Gesamtschule drängt vielmehr die Themen in den Hintergrund, über die nach PISA gesprochen werden muss: den Unterricht, die Lehrerbildung, die Leseförderung.
Außerdem sprach er auch andere Bereiche der Qualitätsentwicklung für den Unterricht an.
Es lassen sich noch viele andere Zitate aufführen. Ich erinnere an Professor Bos, der im Zusammenhang mit der IGLU-Studie auf einer großen Veranstaltung im Weißen Saal des Neuen Schlosses sinngemäß sagte, aufgrund dieser Studie lasse sich kein Nachweis erbringen, dass die sechsjährige Grundschule für die Kinder besser sei als die vierjährige Grundschule.
Sie müssen allerdings auch einmal die Experten zur Kenntnis nehmen.
Ich darf daran erinnern, dass wir gemeinsam – ich damals noch in meiner Funktion als bildungspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion – Anhörungen zu den Ergebnissen der PISA-Studie durchgeführt haben,
in denen keiner der Experten, die wir gemeinsam eingeladen hatten, den Nachweis erbracht hat, dass eine strukturelle Veränderung Sinn macht.
Ich darf weitere Zitate bringen. Professor Heinz-Elmar Tenorth, Erziehungswissenschaftler an der Humboldt-Universität zu Berlin, sagte am 29. August des vergangenen Jahres in der „Frankfurter Rundschau“:
Die Daten aus PISA stellen keinen zwingenden Zusammenhang zwischen einer längeren gemeinsamen Beschulung und besseren Leistungen her.
Professor Kurt Heller, Universität München, sagt – ich zitiere –:
Dass gleiche schulische Behandlung ungleicher individueller Lern- und Leistungsvoraussetzungen nachweislich zur Vergrößerung und nicht zur Verringerung von unerwünschten Begabungs- und Leistungsunterschieden in der Schule führt, ist inzwischen eine psychologische Binsenweisheit.
Meine Damen und Herren, lassen Sie es mich noch präziser formulieren: Wir stehen zur Grundschulempfehlung und zur begabungsgerechten Förderung der Kinder nach der vierten Grundschulklasse. Deswegen darf ich mir auch den Hinweis erlauben, dass SPD und Grüne bei den letzten Landtagswahlkämpfen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen nachweislich mit einer Strukturdebatte gescheitert sind.
Ich darf Ihnen Weiteres anführen: Nicht zuletzt auch die Spitzenkandidatin der SPD für diesen Landtagswahlkampf hat in der „Welt“ vom 25. Januar 2006 gesagt:
Die Bildungspolitik in Baden-Württemberg bedrückt die Menschen, denn weil wir insgesamt gut dastehen, werden eben umso bessere Ergebnisse erwartet.
Wir wollen natürlich an noch besseren Ergebnissen arbeiten. Darauf konzentrieren sich unsere bildungspolitischen Bemühungen. Aber offensichtlich haben führende SPD-Politiker kein Interesse daran, die Strukturdebatte in den Vor
dergrund zu rücken. Insofern empfehlen wir Ihnen, diesen Ratschlag von Ihren Oberen zu beherzigen.
Meine Damen und Herren, als Argument für eine längere gemeinsame Schulzeit wird oft ins Feld geführt, dass bei vielen Kindern aus entwicklungspsychologischen Gründen eine Eignung für Realschule oder Gymnasium zu einem späteren Zeitpunkt besser prognostiziert werden könne. Diese Aussage entbehrt jeder empirischen Grundlage.
So haben Franz E. Weinert und Andreas Helmke in der 1997 veröffentlichten SCHOLASTIK-Studie festgestellt, dass sich spätestens ab der vierten Jahrgangsstufe die individuelle Leistungsfähigkeit im Vergleich zur gleichaltrigen Bezugsgruppe bei der Mehrzahl der Schüler nur noch unwesentlich verändert.
Beim innerdeutschen Vergleich im Rahmen von PISA 2000 und PISA 2003 haben zudem die Länder mit einem ausgeprägten gegliederten Sekundarschulsystem bessere Leistungen erzielt als Länder mit hohem Gesamtschulanteil. Diese Argumente haben wir schon oft ausgetauscht, Frau Kollegin Rastätter.
Insofern würde ich nur das wiederholen, was wir hier immer wieder gesagt haben: dass im PISA-Vergleich diejenigen Länder, die einen hohen Anteil von Gesamtschulen bzw. eine sechsjährige Grundschule haben, deutlich schlechter abgeschnitten haben als die Länder Baden-Württemberg und Bayern, die das dreigliedrige Schulsystem haben – mit der Trennung nach der vierten Klasse.
Meine Damen und Herren, das Grundprinzip des gegliederten Schulsystems, die Orientierung an Leistungsfähigkeit und Begabung, wird allerdings nur dann konsequent verwirklicht, wenn einmal getroffene Schullaufbahnentscheidungen bei entsprechender Leistungsentwicklung des Kindes bzw. des Jugendlichen später auch korrigierbar sind.
Deswegen ist ein starkes Element der beruflichen Bildung auch so wichtig, und darauf konzentrieren wir unsere ganze Kraft.
Wenn wir sehen, dass 83 % der jungen Menschen in Deutschland einen Abschluss der Sekundarstufe II haben und wir damit international in der Spitzengruppe liegen,
und wenn wir noch dazu die Bemühungen Baden-Württembergs im beruflichen Schulsystem ergänzen, müssen wir feststellen, dass wir das Paradebeispiel eines gegliederten Schulsystems mit einer ausgewiesenen Durchlässigkeit haben,
wie Professor Baumert bereits nach der ersten PISA-Studie feststellte, indem er im Zusammenhang mit dem beruflichen Schulsystem sagte:
Baden-Württemberg ist ein Paradebeispiel eines gegliederten Schulsystems.
Meine Damen und Herren, das sind die Fakten in Kürze; Fakten, die wir in dieser Legislaturperiode häufig in diesem Haus diskutiert haben. Deswegen fordern wir Sie auf: Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, die Qualitätsverbesserung des Unterrichts voranzubringen und Qualitätsentwicklungssysteme auszubauen, damit wir uns auf einen Bereich konzentrieren, der die Kinder unmittelbar betrifft, nämlich die Qualitätsentwicklung des Unterrichts. Strukturdebatten lenken letztlich vom Wesentlichen ab.
Nun zu dem Gesetzentwurf der Grünen. Liebe Frau Kollegin Rastätter, eine Basisschule zu fordern macht in diesem Wahlkampf aus Ihrer Sicht für Ihre Klientel durchaus Sinn; das möchte ich natürlich zur Kenntnis nehmen.
Das ist auch Ihr gutes Recht. Allerdings bleiben viele Fragen offen, und wir als Landesregierung müssen uns mit diesen Fragestellungen natürlich auch kritisch auseinander setzen.
Wenn Sie davon sprechen, dass es viele kleine Grundschulen und Hauptschulen im ländlichen Raum gibt und dass diese auf Dauer nicht finanzierbar sind und wir deswegen die Basisschule einführen sollten, dann bitten wir Sie darum, seriöse Berechnungen auf den Tisch zu legen und die Fragen zu beantworten: Was geschieht aus Ihrer Sicht mit diesen kleinen Standorten? Ist es in Ihrem Konzept überhaupt möglich, anstelle dieser Grundschulen und Hauptschulen, Basisschulen mit einem höheren Raumbedarf zu entwickeln? Sie können uns nicht belegen, wie viele zusätzliche Ressourcen aufgrund Ihres Schulsystems erforderlich wären, um eine solche neue Struktur entstehen zu lassen.
Die kommunalen Landesverbände haben sich zu Recht sehr kritisch geäußert, weil sie natürlich die Frage stellen: Wie soll man jetzt eine gewachsene Struktur, die sich über Jahrzehnte in Baden-Württemberg entwickelt hat, von heute auf morgen oder auch innerhalb der nächsten Jahre auf den Kopf stellen? Deswegen muss die Frage gestellt werden: Was geschieht mit den Kindern, die möglicherweise durch die Einrichtung von Basisschulen längere Schulwege zurücklegen müssen, als sie es heute tun?
Meine Damen und Herren, zu den skandinavischen Beispielen hat der Kollege Röhm schon einiges gesagt. Wir wissen, dass auch in Finnland leistungsgerecht differenziert wird.
Wir haben uns auch davon überzeugt: Durch zusätzliche Ressourcen, durch zusätzliche Lehrkräfte, durch zusätzliche Fachkräfte werden dort individuelle, separate Lerngruppen gebildet, um die Schüler besonders zu fördern.
Darüber haben wir uns auch vor Ort informiert. Deswegen müssen Sie sagen, wenn Sie hier ein finnisches oder ein skandinavisches Schulsystem wollen, was das dann letztlich die öffentliche Hand kostet und ob Sie dafür zusätzliche Lehrkräfte zur Verfügung haben.
Ja, sehr gern. Herr Caroli, es ist wahrscheinlich Ihre letzte Zwischenfrage, die Sie hier stellen.
Lieber Herr Kollege Caroli, Sie wissen natürlich auch – damit sagen wir nichts Neues in dieser Strukturdebatte –, dass wir eine hohe Trefferquote bei den Grundschulempfehlungen für die weiterführenden Schulen haben. Sie wissen, dass 97 % der Grundschulempfehlungen von den Eltern anerkannt werden
und dass den Anschlussempfehlungen auch weitere Anschlussempfehlungen folgen können bis hin zu einem Abschluss auf einem beruflichen Gymnasium. Deswegen ist der Vorwurf der frühen Selektion oder der frühen Trennung keineswegs angebracht. Denn es handelt sich im Grunde genommen bei der Grundschulempfehlung um eine Laufbahnentscheidung und nicht um eine Abschlussempfehlung.
Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf der Grünen zielt darauf ab – um das auch in aller Deutlichkeit zu sagen –, das dreigliedrige Schulsystem abzuschaffen.
Damit wollen Sie auch die Hauptschule beerdigen. Wir sagen – das ist die Position, die wir heute als Landesregierung deutlich zum Ausdruck bringen – Ja zu den kleinen Schulstandorten im ländlichen Raum. Wir wollen kleine Grundschulen, kleine Hauptschulen, viele einzügige Hauptschulen nicht einer solchen Strukturdebatte opfern.
Wir bekennen uns dazu, dass Bildungspolitik mit dem dreigliedrigen Schulsystem auch eine sinnvolle Strukturpolitik für den ländlichen Raum ist. Ich sage Ihnen auch zu: Wir werden alles tun, damit wir die Hauptschulen auch in Zukunft stärken. Wir werden das Gegenteil dessen tun, was Sie einfordern. Ich verweise auf unser Programm für den Ausbau von Ganztagsschulen, mit dem wir in besonderem Maße auch die Hauptschule unterstützen.
Sie erfahren von uns ein klares Bekenntnis für das dreigliedrige Schulsystem. Wir wollen damit die Kinder und Jugendlichen an Hauptschulen in besonderem Maße fördern. Das ist unsere zukunftsfähige Politik, und darauf setzen wir.
Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Argumente, die heute vorgetragen wurden, wurden auch im Vorfeld in den entsprechenden Gremien intensiv behandelt. Bereits seit Beginn der Beratungen zur jüngsten Novelle des Kindergartengesetzes wurde auch über die Frage diskutiert, wie man mit gemeindeübergreifenden Einrichtungen umgeht.
Es gab auch damals schon mahnende Stimmen, die dafür plädiert haben, man möge gleich eine gesetzliche Regelung in Angriff nehmen. Die Regierungsfraktionen haben damals Gespräche und Anhörungen mit Betroffenen und gleichzeitig auch mit den kommunalen Landesverbänden durchgeführt, und man hat sich damals auf eine vernünftige Vorgehensweise verständigt, indem man sich darauf geeinigt hat, den Weg der Freiwilligkeit zu gehen und Vor-Ort-Lösungen anzustreben. Verantwortliche Politiker aus den Regierungsfraktionen haben vernünftigerweise dafür plädiert, nicht von Anfang an alles im Detail im Gesetz zu regeln. In
der Tat handelt es sich um Einrichtungen, deren Zahl überschaubar ist. Deswegen war dieser Weg vernünftig.
Man hat aber in den Gesprächen gemerkt, dass es offensichtlich vor Ort Reibungspunkte gibt und dass verschiedene Kommunen nicht in der Lage sind oder sich nicht bereit erklären,
diese Einrichtungen nun in die örtliche Bedarfsplanung aufzunehmen. Insofern bin ich den Regierungsfraktionen dankbar,
dass sie nach dieser Phase des Abwartens eine gesetzliche Regelung in die Wege leiten wollen, mit der man einen Kompromissvorschlag unterbreitet.
Es gibt keine höchstrichterliche Vorgabe für die Regierung, auch wenn Frau Kollegin Wonnay aus einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zitiert hat.
Es gibt eine Klage des Waldorfkindergartens Geislingen aus dem vergangenen Jahr. Aus dem betreffenden Urteil geht allerdings hervor, dass die Träger verpflichtet sind, im Zuge der örtlichen Planung für eine ausreichende gemeindliche Förderung zu sorgen. Wir alle in der Politik wissen, was wir unter dem Begriff „ausreichend“ zu verstehen haben. Dieser Begriff beinhaltet durchaus auch eine Kompromisslösung.
Wenn wir jetzt im Gesetz verankern, dass die Einrichtungen im Rahmen der Bedarfsplanung eine Förderung von über 60 % bekommen und hier mit einer Förderung von 31,5 % der Betriebsausgaben ein Kompromiss gefunden wird, dann ist das meines Erachtens ein Abfangnetz. Damit weisen wir darauf hin: Wenn es zu keiner Einigung vor Ort kommt, kann man im Grunde diesen gesetzlichen Anspruch geltend machen. Damit lassen wir auch diejenigen Einrichtungen, die gemeindeübergreifend tätig sind,
nicht im Regen stehen.
Damit werden wir der Verantwortung für die Einrichtungen gerecht, um die es sich handelt. Kollege Noll hat zu Recht gesagt, dass die Anzahl überschaubar ist. Insofern halte ich diesen Weg für durchaus vernünftig. Wir begrüßen die Gesetzesinitiative der Regierungsfraktionen. Wir unterstützen ihre Vorlage ausdrücklich.
Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich danke den Regierungsfraktionen auch in diesem Fall, dass sie einen sehr eindeutigen Gesetzentwurf vorlegen, der politische, religiöse und weltanschauliche Bekundungen in Form des Tragens eines Kopftuchs an Kindergärten gänzlich untersagt.
Wir haben mittlerweile die Situation, dass es in einem Einzelfall, in Ebersbach, einen gerichtlichen Vergleich gab. Aber wir müssen damit rechnen, dass ähnliche Konfliktfälle, die vor Ort einfach nicht lösbar sind, auftreten. Deswegen ist eine gesetzliche Regelung erforderlich.
Die Landesregierung möchte insbesondere das Kopftuch, das als mehrdeutiges Symbol wahrgenommen wird, im Kindergartenbereich untersagen. Wir möchten unsere Kindergartenkinder nicht mit dem Kopftuch konfrontiert sehen, das auch als ein politisches Symbol des islamischen Funda
mentalismus gesehen wird, das die Abgrenzung zu Werten der westlichen Gesellschaft, wie die individuelle Selbstbestimmung und insbesondere die Emanzipation der Frau, ausdrückt.
Wir haben in diesem Fall, meine Damen und Herren, die gleiche Argumentationslage wie bei der Novellierung des Schulgesetzes. Wir haben die gleiche Ausgangslage gehabt, wobei damals im Schulausschuss eine Anhörung mit denselben Rechtsexperten stattgefunden hat.
Es verwundert natürlich nicht, dass Professor Mahrenholz, Professor Böckenförde und Professor Jestaedt, die sich bereits gegen den Gesetzentwurf zur Novellierung des Schulgesetzes ausgesprochen haben, jetzt als Kronzeugen der Opposition eingeladen werden. Das liegt natürlich nahe. Es darf aber gleichzeitig nicht überraschen, dass sich dieselben Experten auch gegen den vorliegenden Gesetzentwurf der CDU und der FDP/DVP aussprechen. Das darf uns aber, meine Damen und Herren, in der Bewertung nicht verunsichern.
Wir haben – das ist für uns eine politische Entscheidung – im Grunde einen entscheidenden Dissenspunkt mit der SPD-Fraktion in der Frage, ob wir einen Erlaubnisvorbehalt im Gesetz vorsehen wollen. Die SPD-Fraktion – das hat der Kollege Schebesta bei seiner Rede in der ersten Runde sehr eindrucksvoll dargestellt – hatte sich beim Schulgesetz eindeutig gegen einen solchen Erlaubnisvorbehalt ausgesprochen. Diesmal soll nach Ansicht der SPD-Fraktion ein solcher gelten. Ich hoffe nicht, dass wir in eine Situation geraten, dass vor Ort Kindergärten, Erzieherinnen, der Kindergartenträger und die Eltern vor einer gewaltigen Konfliktsituation stehen, die sie in diesem Fall nur schwerlich lösen können. Deswegen sind wir, wenn wir eine gesetzliche Regelung in die Wege leiten wollen, auch verpflichtet, eine klare Regelung zu treffen. Insofern interpretiere ich auch die Stellungnahmen der kommunalen Landesverbände, die lauten: Wenn es denn zu einer Regelung kommt, dann, Landesregierung und Gesetzgeber, seid bitte konsequent und schafft eine eindeutige Rechtslage, die man vor Ort auch konsequent umsetzen kann.
Ja, gern.
Die Ausgangslage ist bekannt. Wir hatten ja auch in Ebersbach an der Fils die Situation,
dass es hier zu einem Vergleich gekommen ist. Man kann einer gerichtlichen Entscheidung nicht vorgreifen, aber im Sinne des Gesamtinteresses der Kindergärten in unserem Land müssen wir diesen Weg gehen und hoffen, dass in Stuttgart eine vernünftige Lösung vor Ort gefunden wird.
Meine Damen und Herren, insofern kann ich sagen, dass die wichtigen Argumente vorgetragen wurden, dass wir Rückenwind vom Bundesverfassungsgericht haben, das eindeutig gesagt hat,
dass die Länder hier eine Entscheidungskompetenz haben. Diesbezüglich machen wir davon auch Gebrauch. Wir sehen, auch vor dem Hintergrund, dass das Bundesverwaltungsgericht hier eine Einzelfallentscheidung gefällt hat, keine Verunsicherung. Insofern begrüßen wir den konsequenten Vorstoß und empfehlen, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen.
Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In der ersten Lesung wurde sehr ausführlich über dieses Thema debattiert, und auch im Schulausschuss haben wir in aller Ausführlichkeit die Pround Kontraargumente vorgetragen. Insofern darf ich mich mit Blick auf die Uhr auf wenige Argumente beschränken.
Zunächst einmal haben wir Konsens darüber, dass wir gemeinsam fast alle möglichen Maßnahmen in die Wege leiten wollen, um das Rauchen in den Schulen und im Umfeld der Schulen einzudämmen. Einige wenige Aspekte darf ich noch einmal herausgreifen.
Wir haben zweifelsohne eine besorgniserregende Entwicklung. Wir wissen, dass das Einstiegsalter gesunken ist und dass immer mehr junge Menschen zur Zigarette greifen. Hierüber liegen Untersuchungen auf dem Tisch, und die Ergebnisse sind auch bekannt.
Wir wissen auch, wo die Ursachen liegen. Die Ursachen liegen natürlich nicht in der Schule, sondern sind im frühen Kindesalter zu suchen. Wesentlich hierbei ist der Einfluss von Bezugspersonen, wobei Eltern eine große Rolle spielen. Es ist nachgewiesen: Wenn Eltern rauchen, ist dies für Kinder verführerisch. Deswegen liegt der Griff zu den Zigaretten bei Kindern näher, wenn Eltern oder auch Geschwister rauchen. Eine Befragung von Hauptschülern hat ergeben, dass Kinder mit rauchenden Geschwistern doppelt so häufig zur Zigarette greifen wie Kinder mit nicht rauchenden Geschwistern.
Kinder lernen am „Modell“ und lernen dabei nicht nur an positiven Beispielen, sondern auch an negativen Beispielen. Deswegen müssen wir uns darauf konzentrieren, möglichst viele Maßnahmen zu ergreifen, um nicht nur die Kinder selbst zu erreichen, sondern auch das Umfeld.
Deswegen haben Lehrkräfte eine besondere Verantwortung und eine Vorbildfunktion einzunehmen.
Wenn Lehrkräfte im Lehrerkollegium darüber streiten und dort die Nichtraucher die Raucher davon überzeugen, freiwillig gänzlich auf das Rauchen im Schulgebäude zu verzichten, ist das eine wesentlich wirkungsvollere Maßnahme, Kollege Seimetz,
als dies durch ein Gesetz von oben in die Wege zu leiten. Das würde eher dazu führen, dass die Raucherinnen und Raucher das Schulgelände verlassen und sich Nischen und Ecken suchen, um dieser Sucht heimlich Folge zu leisten.
Meine Damen und Herren, es ist nicht so einfach, auf Vergleiche mit anderen Bundesländern hinzuweisen. Kollegin Queitsch hat das ja angesprochen. Man muss hier fairerweise sagen, dass es sowohl im internationalen als auch im nationalen Bereich Vergleiche gibt. Deswegen bin ich dankbar, dass ich seit wenigen Stunden auf fundierte Daten des Kultusministeriums zurückgreifen darf.
Deswegen darf ich diese wiedergeben: Auch in Deutschland gibt es unterschiedliche Regelungen. Es ist richtig, dass in sieben Bundesländern ein absolutes Rauchverbot an Schulen in die Wege geleitet wurde. Andere Bundesländer, zum Beispiel Schleswig-Holstein, das Saarland und NordrheinWestfalen, lassen aber Ausnahmen zu. Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen versuchen – weil sie einen ähnlichen Weg gehen wie Baden-Württemberg –, durch Überzeugungsarbeit und einen Diskurs an den Schulen einen gemeinsamen Weg zu finden, auf das Rauchen zu verzichten.
Kollege Röhm hat auf verschiedene Präventionsmaßnahmen hingewiesen. In der Grundschule hat die Suchtprävention in den Bildungsplänen besonderes Gewicht. Es geht um die Steigerung und die Verfestigung von Lebenskompetenzen junger Menschen. Es gibt viele entsprechende Programme von schulischen Partnern: „Fit und stark fürs Leben“, „Faustlos“ oder „Klasse 2000“ sind Programme, die die Schulen darin unterstützen, Präventionsmaßnahmen in die Wege zu leiten.
Ich darf die Suchtbeauftragten erwähnen, die an den Regierungspräsidien angesiedelt sind. Ich denke an die Suchtberatungsstellen, die ebenfalls einen wichtigen Kooperationsauftrag mit den Schulen haben. Ich darf die Fachstelle „Gesunde Schule“ erwähnen, die erst kürzlich am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg eingerichtet wurde.
Meine Damen und Herren, auch vor dem Hintergrund der Geräuschkulisse in diesen Minuten darf ich zu später Stunde in wenigen Sätzen versuchen, die Ziellinie zu erreichen.
Wir wollen natürlich gemeinsam eine rauchfreie Schule. Wir wollen dieses Ziel allerdings nicht nur auf dem Papier erreichen, sondern wollen in der nächsten Legislaturperiode eine Gesetzesinitiative in die Wege leiten, die alle öffentlichen Räume umfasst. Dies darf sich nicht nur auf die Schule beschränken.
Wenn ich darauf hinweise, dass wir in vielen bildungspolitischen Debatten immer wieder gemeinsam einfordern, den Schulen mehr organisatorische und pädagogische Selbstständigkeit zu geben, dann dürfen wir in diesem Bereich nicht gerade das Gegenteil einfordern.
Deswegen ist das ein konsequenter Weg. Ich glaube, viele Schulen haben sich auf den Weg gemacht, zur rauchfreien Schule zu werden.
Insofern unterstützen wir einen Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen, der, Herr Kollege Seimetz, vorliegt, wie ich glaube, und der offensichtlich auch zur Abstimmung kommt.
Wir lehnen den Gesetzentwurf der Fraktion der SPD mit Bezug auf meine in Kurzfassung vorgetragenen Argumente ab und unterstützen den Entwurf der Regierungsfraktionen.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Den Änderungsantrag.