Wolfgang Stehmer
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Frau Präsidentin, meine Da men und Herren! Die Landesregierung hat in den letzten fünf Jahren wenig für den Klimaschutz getan. Sie hat wichtige Weichenstellungen verpasst. Sie hat nichts für die energeti sche Gebäudesanierung getan, außer ein Erneuerbare-WärmeGesetz zu verabschieden.
Herr Fischer, schauen Sie sich das Gesetz an, das wegen der Nachrüstpflicht zu einem Einbruch der Sanierungsmaßnah men statt zu einem Anstieg geführt hat. 3,5 Millionen Woh nungen in Baden-Württemberg sind älter als 30 Jahre, 800 000 Wohnungen in Baden-Württemberg sind dringend sanierungs bedürftig. 1,6 Millionen Wohnungen in Baden-Württemberg werden mit Gas, 1,7 Millionen Wohnungen mit Heizöl und 800 000 Wohnungen noch immer mit Strom beheizt. Nur 187 000 Wohnungen werden auf der Basis von Holz oder an derer erneuerbarer Energien beheizt.
Für die eigenen Landesliegenschaften liegen vor allem schö ne Pläne vor, ohne gesetzliche Verpflichtung, wie sie für die Bürger gilt. Allein die Blockade der Windkraft – der Kollege hat es angesprochen –, die als „erfolgreichste“ Windenergie blockade in Deutschland betrachtet werden kann, würde schon reichen, um der Landesregierung ein Versagen im Klima schutz zu bescheinigen. Hier wird nicht nur dem Klima ge schadet, sondern auch massiv auf Arbeitsplätze verzichtet, auf Gewerbesteuereinahmen der Kommunen und auf Wertschöp fung hier im Land, vor allem im ländlichen Raum.
Mit einem Ausbau der Windkraft, z. B. um 900 Anlagen – das sind 100 Anlagen im Jahr – mit je 5 MW Leistung – größere Anlagen –, ließen sich über 8 Milliarden kWh Strom erzeu gen. Das würde gegenüber der Stromerzeugung auf Steinkoh lebasis ca. 6 Millionen t CO2 einsparen, also fast 10 % der CO2-Emissionen im Land. Aber auch auf diese Chance haben Sie verzichtet. Sie wollen das nicht sehen. Sie haben die Chan ce einfach vertan.
Ein weiteres Beispiel ist die öffentliche Beleuchtung. Durch die Modernisierung der öffentlichen Beleuchtung kann man allein im Land 30 Millionen € jährlich einsparen. Außerdem kann so ein CO2-Ausstoß von über 100 000 t vermieden wer den.
Bei Einsatz modernster LED-Technik ist das Einsparpotenzi al noch höher. Aber auch hierbei tut das Land so gut wie nichts und lässt die Kommunen einfach allein.
Herr Scheuermann, ich habe die Sorge, dass wir mit Ihren Rezepten das Ziel einer Erderwärmung um maximal 2 Grad Celsius nicht erreichen werden, sondern weit darüber liegen werden.
Bei Ihnen vielleicht. Schauen Sie sich aber einmal die Sta tistik an.
Dies hat fatale Folgen, und zwar sowohl im ökonomischen Bereich – fragen Sie einmal die Sachversicherer – als auch im ökologischen Bereich.
Der Weiterbetrieb der Kernkraftwerke
ist der falsche Ansatz, Herr Kluck. Sie tragen das als großes Schild vor sich her, vergessen dabei aber, dass es Anstrengun gen auf allen Gebieten bedurfte.
Ja, ja. Herr Raab, Sie haben offensichtlich Angst davor, dass Ihnen nachgewiesen werden kann, dass die erneuerbaren Ener gien schneller verbreitet sind, als es die Energiemultis wollen.
Es ist möglich, bis zum Jahr 2022 aus der gefährlichen Atom stromerzeugung auszusteigen und diese durch eine Energie erzeugung aus erneuerbaren Energien zu ersetzen. Sie reden immer von Brückentechnologie. Dabei wollen Sie gar keine Brücke. Vielmehr haben Sie die Brücke, die bestanden hat, eingerissen.
Dieses Ziel können wir erreichen, wenn wir das wollen – Herr Fischer, Sie wollen das aber gar nicht –, wenn wir mehr für Energieeffizienz tun, wenn wir dafür sorgen, dass weniger Energie verbraucht wird, wenn wir auf dezentrale Anlagen setzen, wenn wir vor allem besonders kleine Stadtwerke – –
Herr Scheuermann, Sie wissen, warum.
Herr Scheuermann, das ist Ih re zweitletzte Sitzung, kriegen Sie jetzt hier keinen Herzin farkt.
Das werden wir dann sehen.
Ich komme zum Bereich der Geothermie. Wir reden heute über Anträge aus dem Jahr 2009.
Die Anträge sind Mitte 2009 gestellt worden. Die in den Stel lungnahmen dazu enthaltenen Zahlen sind schwach. Sie sind aber auch alt. Vielleicht kann die Ministerin nachher neuere Zahlen nennen.
Allein bei der Technik der Geothermie
gibt es einen langen und steinigen Weg, bis wir den Durch bruch schaffen. Wir können das aber schaffen. Die Oberflä chengeothermie ist auf einem guten Weg. Zu den Problemen der Tiefengeothermie: Das Beben in Basel oder die Bodener hebung in Staufen sind natürlich Wegmarken eines steinigen Weges. Wir dürfen uns aber nicht entmutigen lassen, auf die sem Gebiet weiterzumachen und die Technik in den Griff zu bekommen.
Wir brauchen Qualitätskriterien bei Bohrungen. Dort waren sechs Bohrungen in Ordnung, eine Bohrung ist schiefgelau fen. Wir müssen der Geothermie eine Zukunft geben und de ren Entwicklung begleiten. Wir müssen diese Technologie nach wie vor über staatlich abgesicherte und begleitete Pilot projekte voranbringen. Das bisherige Engagement des Lan des war aber leider zu mager.
Im Gegensatz dazu haben wir erlebt, dass Öl- und Gasmultis derzeit großzügig Claims abstecken, indem sie hoffen, auf um weltriskante Weise Erdgas durch Fracking zu gewinnen. Sie haben auch dagegen gestimmt, dass wir das tun.
Nicht Klassenkampf.
Wir brauchen das umweltschädliche Auswringen unseres Pla neten bis zur letzten Gasblase nicht.
Deswegen hoffen wir auf einen Regierungswechsel in der nächsten Zeit,
damit wir bei der Energie- und Umweltschutzpolitik endlich weiterkommen und keine Politik von gestern mehr, sondern eine moderne, zukunftsgerichtete Politik für morgen gemacht wird.
Frau Präsidentin, meine Da men und Herren! Ich glaube, ich habe noch drei Minuten Re dezeit, wenn ich es richtig sehe.
Drei Minuten.
Ich schöpfe sie nicht aus, Herr Kluck, keine Angst.
Frau Ministerin, Sie wissen, warum wir dem ErneuerbareWärme-Gesetz nicht zugestimmt haben. Sie ziehen sich im
mer zurück und sagen: Die Wohnungen der Förster machen wir ja. Diese Wohnungen verkaufen Sie gerade.
Das Potenzial liegt in den Verwaltungsgebäuden; das wissen auch Sie. Dafür haben Sie kein Konzept.
Sie haben sich nicht dazu geäußert – das war bezeichnend –, dass wir gesagt haben: Das Erneuerbare-Wärme-Gesetz ist im Grundsatz richtig. Das haben wir damals betont. Aber Sie ha ben bis jetzt noch keine Bilanz vorgelegt. Denn es gibt viele Hausbesitzer, die jetzt natürlich den Umbau scheuen, weil das ins Geld geht. Vielleicht wäre es möglich, dass Sie dazu et was sagen.
Sie haben nichts zur Geothermie gesagt. Darum ging es in un serem Antrag. Wir erwarten, dass Sie da im Technikbereich begleitend tätig sein werden.
Wir haben noch über einen Antrag abzustimmen. Ausgehend von dem, was ich gehört habe, hat jeder im Sinne dieses An trags gesprochen. Ich glaube daher, dass jeder diesem Antrag zustimmen kann. Daher erwarten wir einstimmige Zustim mung.
Danke.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 31. März hat die Europäische Kommission eine Verordnung über die Eu ropäische Bürgerinitiative eingebracht. In den nächsten Mo naten entscheiden dann das Europäische Parlament und der Europäische Rat darüber. Fällt die Entscheidung positiv aus – wovon wir ausgehen –, könnten bereits 2011 die ersten Bür gerinitiativen gestartet werden.
Auch die SPD begrüßt dieses Instrument der direkten Demo kratie; aber wir wissen, dass es noch ein langer Weg ist, bis es dazu beiträgt, die Reserviertheit großer Teile der Bevölke rung gegenüber europäischer Gesetzgebung auszuräumen.
Mit dem Verordnungsentwurf sind die Rahmenbedingungen einer zukünftigen Europäischen Bürgerinitiative wahrschein lich sogar schon festgeschrieben. Bürgerinnen und Bürger aus mindestens einem Drittel der Mitgliedsstaaten müssen inner halb eines Jahres eine Million Unterschriften für eine solche Initiative zusammenbringen.
Diese Anforderungen sind hoch. Wir hätten uns vorstellen können, dass auch ein Viertel der Länder reicht und dass wir 18 Monate Zeit haben, damit die Hürden nicht so hoch sind. Vielleicht können diese Hürden im Europäischen Parlament und auch im Europäischen Rat noch gesenkt werden. Denn eines – Herr Blenke hat schon darauf hingewiesen – bleibt be stehen: Laut dem Vertrag von Lissabon führt eine Initiative lediglich dazu, dass die Kommission aufgefordert wird, ge eignete Vorschläge für einen europäischen Rechtsakt zu un terbreiten. Sie wird aber nicht dazu verpflichtet. Das Mono pol der europäischen Organe auf Gesetzesinitiative bleibt er halten.
Die Kommission muss das Anliegen der Bürgerinitiativen ernsthaft prüfen. Das wird klar, wenn man die Verordnung liest. Dort steht, innerhalb von vier Monaten müsse die Kom mission ihre Schlussfolgerungen treffen, also eine Studie in Auftrag geben oder andere Maßnahmen ergreifen. Die Ent scheidung ist öffentlich zu machen. Das ist natürlich wichtig.
Wie stark dieses Instrument der Bürgerinitiative tatsächlich ist, hängt davon ab, was die Europäische Kommission darauf hin macht. Es ist aber eine „Basisdemokratie light“, wie man so schön sagen könnte.
Light, also leicht, Herr Kluck.
Wir sind überzeugt, dass wir damit die gewünschten Effekte erreichen können, z. B. ein höheres Interesse und mehr Betei ligung an der EU-Politik – nicht bei Themen wie der Krüm mung der Banane oder der Gurke, aber vielleicht bei Themen wie einem einheitlichen Regelungssystem beim grenzüber schreitenden Klima- und Umweltschutz, beim grenzüber schreitenden Rechtsschutz oder auch bei solch praktischen Fragen wie dem grenzüberschreitenden Verbraucherschutz beim mobilen Telefonieren.
Wir begrüßen, dass die Mindestzahl der Unterzeichner für Deutschland gegenüber dem ursprünglichen Entwurf auf 72 000 gesenkt wurde. Dieses Quorum ist zwar noch immer hoch, aber machbar. Die Anforderungen müssen aber nicht in Stein gemeißelt werden. Wenn man erkennt, dass die Anfor derungen zu hoch sind, dann muss man bereit sein, diese ab zusenken.
Wir begrüßen auch ausdrücklich, dass ein Onlineverfahren für die Unterstützungsbekundungen eingerichtet werden soll, auch wenn wir in Deutschland noch wenig Erfahrungen da mit haben. Denn gerade bei onlinegestützten Unterschriften verfahren sind noch nicht alle Regelungen überschaubar und festgelegt. Es heißt: Die Mitgliedsstaaten müssen beim On lineunterschriftenverfahren bestätigen, dass die Daten echt, überprüfbar und sicher sind. Aber so einfach, wie es sich an hört, ist das natürlich nicht.
Bis die Kommission EU-weite Vorgaben verabschiedet hat, können die Mitgliedsstaaten die zum Teil vorhandenen natio nalen Vorgaben nutzen. Deshalb ist es wichtig, dass auch bei uns ein bürokratiearmes Verfahren entwickelt wird, mit dem der Zugang nicht verbaut wird.
Projektbezogenes Engagement – darum handelt es sich im Grunde genommen bei einer Bürgerinitiative – könnte vor al lem jüngere Erwachsene an langfristiges politisches Engage ment heranführen, z. B. über ein konkretes Thema, mit dem man sich für einen zunächst begrenzten Zeitraum intensiv und auf internationaler Ebene beschäftigt.
Die Europäische Bürgerinitiative kann aber auch ganz norma len Bürgern und politisch aktiven Menschen die Möglichkeit geben, sich direkt an der Politik für Europa zu beteiligen. Dies wird besonders in einer Zeit wichtig, in der offen darüber dis kutiert wird, Mitglieder aus der Europäischen Union auszu schließen.
Wir fordern die Landesregierung auf, sich für eine möglichst zügige Umsetzung und eine einfache Handhabung der Euro päischen Bürgerinitiative einzusetzen. Herr Blenke, sorgen Sie bei der Regierung dafür, dass die jetzt zu beschließenden Regelungen nicht hinter den Intentionen des Vertrags von Lis sabon zurückbleiben. Wir haben dafür gekämpft.
Außerdem sollten Sie gemeinsam mit uns alle Baden-Würt temberger daran erinnern und dazu animieren, das Instrument
der Europäischen Bürgerinitiative künftig auch zu nutzen. Denn wir wollen mehr Demokratie auf europäischer Ebene und nicht weniger.
Danke.
Fast, Herr Herrmann. – Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Schornsteinfegerhandwerk war immer ein besonderes Handwerk, eng mit staatlichen Behörden verbunden und auch auf staatliche Regelungen existenziell angewiesen. Das wird auch so bleiben, wenn das sogenannte Kehrmonopol im Jahr 2013 weitgehend fällt – auch wenn Sie das immer anders hören –, und zwar deswegen, weil der Staat weiterhin ein überragendes Interesse daran hat,
dass häusliche Feuerstätten aus Gründen der Feuersicherheit, Herr Zimmermann, und des Umweltschutzes lückenlos überwacht werden. Dank der staatlich festgelegten Kehr- und Überprüfungsarbeiten – jetzt nach Bundesrecht – gibt es in Deutschland im Gegensatz zu den Ländern, bei denen es derartige Regelungen nicht gibt, nur äußerst selten Tote durch Kohlenmonoxidvergiftungen wegen defekter häuslicher Feuerstätten. Schauen Sie einmal ins benachbarte Ausland. Unsere häuslichen Feuerungsanlagen sind im europäischen Vergleich diejenigen mit den geringsten Emissionen.
Die Schornsteinfeger schützen mit ihrer Arbeit die Bewohner von 2,3 Millionen Gebäuden im Land Baden-Württemberg.
Sie haben dabei arbeitstäglich über 20 000 Kundenkontakte, bei denen sie auch wertvolle Beratungen durchführen, und zwar ohne Beratervertrag, Herr Zimmermann.
Ende 2008 hat der Bund mit Zustimmung der Länder auf Druck der EU-Kommission ein Gesetz verabschiedet, das 90 % der bisherigen Schornsteinfegerarbeiten vor Ort ab dem Jahr 2013 in den freien Wettbewerb stellt. Das ist sehr bürokratisch ausgefallen. Dazu habe ich bereits in der Ersten Beratung Ausführungen gemacht; die möchte ich nicht wiederholen. Das Gesetz bietet aber auch Chancen für Handwerksmeister, die einen besonderen Service bieten und modern aufgestellt sind.
Genau.
Wir spüren aber bereits heute, in der Übergangszeit bis Ende 2012, für die das Nebentätigkeitsverbot, das es bisher gegeben hat, schon gefallen ist, zu welchen Problemen die Umstellung auf den Wettbewerb führen kann. Die Probleme liegen darin begründet, wie man mit den verbleibenden 10 % der hoheitlichen Schornsteinfegeraufgaben – was bleibt, sind die Bauabnahme, die Feuerstättenschau, die Mängelverfolgung und die Überwachung der Schornsteinfegerarbeiten bis zur Ersatzvornahme bei unwilligen Gebäudeeigentümern – umgeht, und vor allem darin, wie die Kosten für diese hoheitlichen Aufgaben letztlich von den Kunden erhoben werden: direkt als hoheitliche Gebühr oder indirekt über die Kostenkalkulationen der künftigen Privatverträge. Das ist ein Unterschied.
Zur Bewältigung der hoheitlichen Aufgaben gibt es auch künftig noch grundstücksscharf abgegrenzte Kehrbezirke mit staatlicher Verleihung. Die Kehrbezirke werden auf Zeit – für sieben Jahre – an Schornsteinfegermeister verliehen. Die bisherigen Bezirksschornsteinfegermeister bleiben noch bis Ende 2014 auf ihren bisherigen Bezirken. Dann müssen auch sie sich dem neuen Bewerbungsverfahren unterziehen.
Frei werdende Kehrbezirke werden ab dem Jahr 2010 nach dem neuen Bewerbungsverfahren abgewickelt.
Wenn Sie das wissen, Herr Mack, ist das schön.
Bei dem heute zur Abstimmung stehenden Gesetz geht es gerade um die Verfahrenszuständigkeit für die künftigen Bewerbungen. Wir werden dem Gesetz zustimmen. Das haben wir bereits bei der Ersten Beratung gesagt.
Wir bitten Sie, Herr Staatssekretär, aber ausdrücklich darum, die auf der Grundlage des neuen Schornsteinfeger-Handwerksgesetzes erlassene Verwaltungsvorschrift zum Bewerbungsverfahren nochmals eingehend auf ihre Tauglichkeit nach dem gesunden Rechtsempfinden zu prüfen.
Wenn Beurteilungskriterien einzig Eignung, Befähigung und fachliche Leistung sind, dann reicht dazu ein fest vorgegebenes Punktegewichtungssystem nicht aus. Auch nach dem Jahr 2012 haben die Schornsteinfegerbetriebe, die die Kundenkartei des ganzen Kehrbezirks haben – die haben nur die künftigen bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegermeister –, einen großen Wettbewerbsvorteil. Daher geht es bei den Kehrbezirksvergaben – alle sieben Jahre – für die Betroffenen um ihre Existenz.
Wir wissen: Wir werden die Schornsteinfegerbetriebe auch in Zukunft noch brauchen, um die Feuersicherheit zu gewährleis ten und um mehr für die Erreichung der Klimaziele tun zu können. Die Betriebe brauchen dazu eine gute wirtschaftliche Grundlage mit verlässlichen Rahmenbedingungen. Sorgen Sie dafür, dass diese in den Jahren des Umbruchs nicht verloren gehen. Nur dann können Sie sich, Herr Zimmermann, bei den Neujahrsempfängen mit gutem Gewissen neben die Schornsteinfeger stellen und rufen: „Zum Glück gibt es den Schornsteinfeger.“
Danke.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Mack, so einfach ist es natürlich nicht.
Erwarten Sie nicht, dass ich Ihnen das Schornsteinfegerrecht erkläre – obwohl ich dazu in der Lage wäre; das wissen Sie.
Dazu reichen die fünf Minuten nicht aus. Aber nehmen Sie eines mit: Wir hatten bisher ein gut funktionierendes und ein sehr effektives Überwachungssystem für häusliche Feuerungsanlagen. Das hat sich 38 Jahre lang sehr gut bewährt. Das ist richtig. Unzufrieden waren aber die, die generell keine Überwachung wollen oder denen die Gebühr zu hoch ist. Um es gleich zu sagen: Für die hat sich durch das neue Schornsteinfegerrecht nichts geändert. Es bleibt so teuer, wie es war. Wahrscheinlich wird es aber teurer. Ich werde später noch etwas dazu sagen.
Die Gebäudeeigentümer können ab dem Jahr 2013 zwar ihren Schornsteinfeger selbst aussuchen – das ist richtig –, aber gekehrt, gemessen und überprüft wird weiterhin, sogar mehr als bisher.
Die FDP, Frau Fauser, konnte sich bundesweit nicht mit dem Ansinnen durchsetzen, das Schornsteinfegerhandwerk abzuschaffen, wie es noch im Herbst 2006 von Herrn Brüderle und Frau Homburger im Bundestag verlangt wurde. Das gehört auch zur Wahrheit. Das ist auch gut so, weil für uns die Feuersicherheit im Haushalt ein hohes Gut ist und weil nur wirksame Überprüfungen die Feuersicherheit gewährleisten können. Auch bei der Umweltüberwachung bedarf es Kontrollen.
Ich komme noch dazu. Ich habe auch noch einen anderen Antrag mit „abzuvespern“, Herr Mack, das wissen Sie; Sie haben nichts dazu gesagt.
Die Versicherungslösung entsprechend dem FDP-Parteitagsbeschluss hätte Ihnen wirklich nichts genützt.
Mit dem Gesetz zur Neuregelung des Schornsteinfegerwesens wurde einiges gemacht, auch verbessert.
Auch die Chancen der jungen Leute, Herr Zimmermann, verbessern sich. Ich möchte das betonen, weil ich es weiß. Aber mit dem, was geschaffen wurde, wurde ein bürokratisches Ungetüm geboren.
Doch. Wir haben jetzt alle dreieinhalb Jahre eine Feuerstättenschau; bisher war das alle fünf Jahre. Wir haben neu einen Feuerstättenbescheid. Mit dem müssen Sie erst umgehen. Wir brauchen neuerdings Nachweise mit einem fest vorgeschriebenen Formblatt über alle getätigten Arbeiten von dem, der arbeitet, an den Eigentümer, und dieser muss das Formular wiederum demjenigen zuleiten, der dies überwacht.
Wir haben auch einen Wirrwarr von unterschiedlichen Terminen beim Kehren und Überprüfen einerseits und bei der Emissionsmessung andererseits. Das ist Bürokratieabbau à la FDP.
Über den Bundesrat haben Sie, Herr Staatssekretär, direkten Einfluss auf dieses Gesetz; es ist zustimmungspflichtig. Ihren Einfluss hätten Sie seinerzeit auch über den Bund-LänderAusschuss bezüglich der schlampigen Formulierung von § 5 des Schornsteinfegergesetzes neuer Fassung geltend machen können. Auch dem Wirtschaftsministerium in Baden-Würt temberg war bekannt, dass der Bund eine „A-Bewerber-Bestellung“ – das ist etwas für Fachleute; der Herr Staatssekretär weiß das – für das Jahr 2009 noch zulassen will. Das Bundeswirtschaftsministerium hat das dem Bundesinnungsverband in einer entsprechenden Erklärung schriftlich gegeben. Sie wissen davon. Wenn Sie Bedenken hatten, dass der Ge
setzeswortlaut nicht ausreicht, warum haben Sie dies dann nicht früher, nämlich bei der Behandlung im Bundesrat, angeprangert und zu ändern versucht?
Mit unserem Fraktionsantrag Drucksache 14/4225, der ebenfalls zur Beratung aufgerufen ist, haben wir versucht, Ihnen eine juristische Bewertung des Sachverhalts zu geben, damit Sie trotz dieser schlampigen Formulierung noch erreichen, dass A-Bewerbungen auch im Jahr 2009 noch zulässig sind, wie das in einzelnen anderen Bundesländern auch der Fall ist.
Aber Sie wollten das nicht, weil Ihnen die Einzelschicksale – es geht um 14 Schornsteinfeger – egal sind. Dieser Antrag vom 19. März dieses Jahres hat sich leider durch Zeitablauf erledigt, Herr Präsident. Auch das zeigt, dass Sie von der Regierungsseite keinen Respekt vor den betroffenen Handwerkern haben. Sie kümmern sich auch nicht darum, wie die 926 Bezirksschornsteinfegermeister im Land, für die als beliehene Unternehmer bislang ein Nebentätigkeitsverbot und Werbeverbot gegolten hat, mit der geplanten Umstellung auf den vollen Wettbewerb fertig werden. Dass für eine hohe Zahl der bisherigen Bezirksschornsteinfegermeister nach der Einführung des Wettbewerbs der Weg direkt in den Konkurs führt, dürfte auch Ihnen klar sein.
Von einem „Freund des Handwerks“, als den Sie sich gern bezeichnen, Herr Staatssekretär, hätte ich erwartet, dass er Umstellungshilfen anbietet. Da ist bei Ihnen aber Fehlanzeige.
Da gibt es noch einiges.
Sie können, vom Ministerium initiiert, Umschulungsmaßnahmen machen. Das haben Sie nicht gemacht.
Sie haben alles dem Handwerk selbst überlassen.
Herr Zimmermann darf fragen, ja.
Aber ich brauche dann noch eine Minute Redezeit.
Herr Zimmermann, gestern waren Sie und der Herr Ministerpräsident noch Freunde der Schornsteinfeger. Ich hoffe nicht, dass sich das über Nacht geändert hat. Natürlich bietet das Gesetz auch Chancen. Aber es hat auch viele bürokratische Hemmnisse; das muss man sagen. Es geht immerhin um die Umsetzung im Land
und nicht nur um den reinen Gesetzestext.
Über den Entwurf des Zuständigkeitsgesetzes möchte ich nicht viele Worte machen. Er entspricht der bisherigen Regelung, Herr Staatssekretär; da haben Sie recht. Wir werden dem heute auch zustimmen. Interessant war nur, wer künftig das Auswahlverfahren vornimmt: das Regierungspräsidium Stuttgart oder die Landratsämter. Sie haben recht: Es spricht vieles für die Regierungspräsidien, vor allem jetzt am Anfang, bis sich die Sache eingespielt hat.
Was die Auswahl der Bewerber betrifft, so haben Sie hierzu schon eine Verwaltungsvorschrift gemacht. Ich weiß aber nicht, ob das der Weisheit letzter Schluss ist; da sind Zweifel angebracht. Ist z. B. eine Meisterprüfung, die mit der Note 4,0 abgelegt wird, wirklich schlechter als eine mit der Note 3,0, die aber erst im dritten Anlauf bei einer Wiederholungsprüfung erzielt werden konnte? Das muss ich infrage stellen.
Ob sich das Auswahlverfahren, das Sie jetzt vorgeschrieben haben und das nach einem starren Punktesystem verfährt, mit der EU-Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit verträgt, wäre auch noch zu klären. Vielleicht können Sie im Wirtschaftsausschuss einmal eine Antwort darauf geben. Ich kann dem Regierungspräsidium Stuttgart nur raten, bei der Bewertung der Auswahlkriterien den handwerklichen Sachverstand zurate zu ziehen.
Meine Damen und Herren, nehmen Sie die Brand- und Betriebssicherheit der häuslichen Feuerstätten im Interesse der Menschen in diesem Land ernst. Dazu gehört auch ein gut funktionierendes Schornsteinfegerhandwerk.
Sie haben es verzögert, nicht ich.
Frau Kollegin Fauser, gehe ich recht in der Annahme, dass Sie wissen wollen, was ein Vorschornstein ist? Ein Vorschornstein ist im Grunde genommen ein Sammelstück vor dem eigentlichen Schornstein, das an sich die gleiche Wirkung hat wie der Schornstein.
Trifft es zudem zu, dass Sie bestätigt haben möchten, dass der Vorschornstein auch bisher schon kehrpflichtig ist und dass das Wirtschaftsministerium vom Handwerk aufgefordert ist, diesen Vorschornstein wieder in die Kehrung zu übernehmen, weil er in der Kehrordnung auf Bundesebene nicht enthalten ist, weil das eine spezifische süddeutsche oder baden-würt tembergische Eigenart ist? Wollten Sie das wissen, Frau Fauser?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der letzte Tagesordnungspunkt vor der Sommerpause ist meist der beliebteste. Heute geht es um Leukämie- und andere Krebserkrankungen bei Kindern in der Umgebung von Atomkraftwerken. Das Thema ist sehr ernst und taugt daher nicht für die üblichen Zwischenrufe des Kollegen Zimmermann.
Zuerst die Fakten: Seit September 2007 liegt eine Studie des Deutschen Kinderkrebsregisters in Mainz im Auftrag des Bundesamts für Strahlenschutz über das Risiko für Kinder unter fünf Jahren, an Leukämie zu erkranken, vor. Untersucht wurden an 16 deutschen Kernkraftwerksstandorten in einem Umkreis von 5 km die Krankheitsverläufe von fast 1 600 Kindern; hinzu kamen noch 4 735 Kontrollen. Insgesamt waren es über 6 300 Fälle in einem Zeitraum von 1980 bis 2003.
Festgestellt wurden zweifelsfrei 77 Fälle von Krebserkrankungen bei Kindern unter fünf Jahren. Nach dem statistischen Durchschnitt in Deutschland hätten es nur 48 sein dürfen. Es sind also 29 Fälle, die – das sage ich extra – statistisch gesehen nur durch das Wohnen im Umkreis einer kerntechnischen
Anlage begründet werden können. Von den Krebsfällen waren 37 Leukämieerkrankungen. Nach dem statistischen Durchschnitt in Deutschland hätten nur 17 Leukämiefälle bei Kindern unter fünf Jahren auftreten dürfen – umgerechnet sind das 0,8 zusätzliche Fälle im Jahr.
Die Studie ist eine seriöse wissenschaftliche Erhebung, deren Ergebnisse uns alarmieren. Sie ist belastbar und wird in wissenschaftlichen Kreisen nicht angezweifelt. Das Ergebnis ist eindeutig, auch wenn es Ihnen in der derzeitigen Diskussion nicht passen mag. Erstmals wurde ein statistisch signifikanter Zusammenhang festgestellt, nach dem das Krankheitsrisiko mit zunehmendem Abstand zu einer kerntechnischen Anlage monoton fällt. Das wurde immer befürchtet, und jetzt wurde es festgestellt. Im Wesentlichen geht es um Leukämie.
Ich erkenne an: Die Studie – das wird dort selbst erklärt – erlaubt keine Aussage darüber, wodurch sich die beobachtete Erhöhung der Anzahl von Kinderkrebsfällen in der Umgebung deutscher Kernkraftwerke erklären lässt. Eine solche Aussage trifft die Studie nicht. Auch wir werden deshalb nicht spekulieren, einfach deswegen, weil auch mir und uns das Fachwissen dazu fehlt. Eines wissen wir aber: Es hat etwas mit kerntechnischen Anlagen zu tun.
Es hat etwas damit zu tun, Herr Schebesta; über so viele Jahre hinweg gibt es nicht so viele Zufälle. – Wir müssen herausfinden, was die Ursache ist. Das muss ohne Rücksicht auf die Diskussionen über Energiepreise und Stromlücken geschehen, denn Gesundheit geht stets vor Rendite.
Eigentlich müsste der Betreiber selbst das größte Interesse daran haben, dass die Ursachen der in den Studien ermittelten Ergebnisse untersucht werden. Leider höre ich dazu aber nichts.
Was sind die Konsequenzen? Zum einen muss die Studie ausgedehnt werden auf die Standorte, die bisher nicht untersucht wurden.
Das sind, was Baden-Württemberg betrifft, die Umgebungen des französischen Kernkraftwerks Fessenheim sowie der Schweizer Kernkraftwerke Leibstadt und Beznau, aber auch Gundremmingen, denn die Strahlen machen vor einer Landesgrenze nicht halt, auch nicht vor der bayerischen.
Wir haben uns im Umweltausschuss darüber unterhalten. Im Zusammenhang mit einem Antrag des Kollegen Alfred Winkler haben Sie seinerzeit zugesagt, das mitzutragen. Wir haben uns auf eine einheitliche Formulierung geeinigt. Dazu stehen wir.
Zweitens sind umgehend die Forschungskapazitäten auch in Baden-Württemberg sowie das Fachwissen der Universitäten zu nutzen, um die Ursachen für die Leukämieerkrankungen zu ergründen. Daher haben wir einen entsprechenden Antrag gestellt, den wir weiterhin aufrechterhalten.
Das Engagement der Landesregierung gegenüber dem Bund unterstützen wir. Auch wir werden mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln darauf hinwirken, dass vonseiten des Bundes weitere Untersuchungen unterstützt und die Ursachen ergründet werden. Aber das allein reicht nicht aus.
Ich füge hinzu: Wir sind ziemlich ungeduldig, weil es um die Gesundheit unserer Kinder in Baden-Württemberg geht. Deshalb sollte es auch für Sie selbstverständlich sein, unserem Antrag heute zuzustimmen.
Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Auch ich bedanke mich für die sachliche Auseinandersetzung. Ich verstehe allerdings nicht, dass die FDP/DVP dieses Thema ignoriert.
Doch, eine solche Aussage war da. Ich gehe nachher noch einmal kurz darauf ein.
Vorsorgen ist besser als heilen.
Das war nicht unsachlich.
Nein, das war nicht unsachlich.
Herr Schebesta, es kann nicht sein, dass die Ergebnisse einer solch lang angelegten Studie, die Daten aus den Jahren 1980 bis 2003 auswertet, reine Zufälle sind. Natürlich ist die Michaelis-Studie eine Grundlage, Frau Chef. Das ist die Grundlage. Sie wurde mit einbezogen. Dass die Ängste der Bürger da sind und sie diese auch artikulieren, müsste Ihnen ja klar sein, gerade in der Nähe zu einem Kernkraftwerk.
Frau Chef hat aber getan, als ob die Michaelis-Studien mit der ganzen Studie überhaupt nichts zu tun hätten. Das ist nicht der Fall. Sie können das nachlesen. Das alles wurde mit einbezogen. Aber dass das Ergebnis zufällig sein könnte, können wir nicht akzeptieren.
Deswegen: Es ist eine schwierige Situation. Sie taugt nicht, um sich aufzuregen.
Uns ist bekannt, dass die Strahlenexpositionen zu gering sind, um den Effekt unmittelbar zu erklären und gleich mit dem Finger darauf zu zeigen und zu sagen: „Das ist es.“ Das ist richtig. Aber der Zusammenhang ist eindeutig.
Die Juristen unter uns würden sagen: Die Indizienkette reicht ziemlich aus, um das zu erklären.
Wir sollten auch die Ängste der Bürger ernst nehmen.
Ja, natürlich.
Herr Dr. Lasotta, bei uns in der Fraktion gibt es niemanden mehr, der an eine Verbindung zwischen den Störchen und dem Kinderkriegen glaubt.
Wir wissen aber eines: Die Studie sagt eindeutig – das wurde auch nicht bestritten, weder von der Frau Ministerin noch von Ihrer Fraktion –, dass die Leukämiefälle in der Umgebung kerntechnischer Anlagen zahlreicher sind. Das können auch Sie nicht bestreiten. Da muss eine Kausalkette vorhanden sein.
Wenn es an 16 Standorten gleich ist, dann muss eine Kausalkette da sein. Sonst müssten Sie mir erklären, wo das sonst herkommen soll.
Wir erkennen ja auch an, dass es ein dichtes Netz von Messgeräten gibt. Wir kritisieren auch nicht das Kernreaktorüberwachungssystem, die Aktivitäten bezüglich der Dosisleis tungen und die automatischen Onlinemessungen, die Abluft- und Abwasseruntersuchungen. Wir wissen, dass das alles gemacht wird. Trotzdem konnten wir die erhöhte Zahl von Kin
derkrebs bisher nicht erklären. Wir wollen doch nur, dass das untersucht wird. Das wollen Sie doch hoffentlich auch.
Zumindest war die CDU-Fraktion mit dabei, als gesagt wurde, dass man das auch wolle. Und wenn die Frau Ministerin eindeutig erklärt, dass sie im Sinn unseres Antrags eigene Kapazitäten mit einsetzt, dass man Forschungseinrichtungen und Universitätswissen anzapft, dann sind wir ja zufrieden. Das ist ja unser Antrag. Mehr wollten wir ja gar nicht.
Ich möchte noch eines sagen, gerade nachdem Frau Chef gesagt hat, sie komme aus einem Kernkraftwerksstandort. Frau Chef, ich bin in Philippsburg aufgewachsen. Mein Elternhaus liegt 500 m vom Kernkraftwerk entfernt. Ich habe 26 Jahre dort gewohnt. Ich habe erlebt, wie das Kraftwerk gebaut wurde.
Ich habe das miterlebt. Ich war sogar als Feuerwehrmann im Einsatz im Kernkraftwerk. Ich kenne die Anlage, und ich kenne auch die Leute, die damit umgehen müssen. Wenn ich nicht einen Arbeitsplatz in Stuttgart bekommen hätte, würde ich noch immer dort wohnen. Ich habe drei Kinder. Ich will mir nicht vorstellen, dass einer von diesen Fällen, die im Untersuchungsbericht erwähnt wurden, in unserer Familie gewesen wäre.
Herr Lasotta, ich muss auch den Menschen dort, die ich gut kenne, in die Augen schauen können, wenn ich Philippsburg wieder besuche. Ich bin öfter dort, denn mein Vater und meine Schwester wohnen noch dort.
Deshalb müssen wir alles tun, um das aufzuklären. Mehr wollen wir mit unserem Antrag nicht. Wenn Sie die Zusage geben, dass Sie das tun, dann machen wir das. Wenn Sie Schwierigkeiten haben, das über die Fraktion hinweg zu beschließen, dann sind wir zufrieden mit der Aussage der Frau Ministerin. Wenn Sie das nicht wollen, dann müssen wir halt abstimmen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich erinnere an zwei denkwürdige Beratungen zu den geplanten Emissionsnormen der EU zur Verringerung der CO2-Belastungen durch Kraftfahrzeuge. Das war am 9. Februar und am 15. März 2007 hier in diesem Hohen Haus. Damals hat selbst die CDU – wie heute, Herr Scheuermann – erkannt, dass die Autoindustrie vor Jahren mit ihrer Selbstverpflichtung, bis zum Jahr 2008 die CO2-Emissionen von Neuwagen auf durchschnittlich 140 g/km zu senken, eine gesetzliche Regelung verhindert hat. Dieser Verpflichtung ist die Autoindustrie aber nie nachgekommen.
Sie, Herr Scheuermann, haben sich am 9. Februar 2007 zu dem Satz hinreißen lassen – ich zitiere Sie –:
Ich glaube, so dürfen wir Politiker uns nicht abspeisen lassen.
Das waren Ihre Worte. Recht haben Sie! Wir lassen uns nicht abspeisen. Deswegen wollen wir heute die Ziele des vorgelegten EU-Verordnungsentwurfs unterstützen, und zwar ohne Wenn und Aber.
Am 15. März 2007 haben Sie noch eins draufgesetzt und gesagt – ich zitiere Sie noch einmal –:
Nun brauchen wir nicht mehr immer auf den verschiedenen Ebenen herumzudiskutieren, was vertretbar ist, was man erreichen kann, was zumutbar ist. Diese Entscheidung ist da. Wir haben nicht mehr und nicht weniger zu tun, als sie zu respektieren, mit glühendem oder mit ablehnendem Herzen. Ich tue das mit glühendem Herzen.
Herr Scheuermann, von glühendem Herzen für die Umwelt ist heute nicht mehr so viel zu spüren wie damals.
Die Umsetzung der EU-Verordnung wird für die baden-würt tembergische Automobilindustrie schwieriger und kostenintensiver als für die französische und die italienische Konkurrenz – da sind wir uns einig –, und zwar deswegen, weil bei uns größere und schwerere, dafür aber solidere Autos gebaut werden.
Daher ist es auch richtig, wenn Bundesumweltminister Gabriel eine faire Lastenverteilung anmahnt.
Ich habe es auch schon im Umweltausschuss gesagt: Auch wir hätten uns eine Regelung vorstellen können, gemäß der die Anforderungen nach Gewichtsklassen differenziert worden wären, durch die auch Firmen, die hauptsächlich Kleinwagen herstellen, noch stärker zum Handeln gezwungen worden wä
ren, als dies der Verordnungsentwurf jetzt vorsieht. Aber seien Sie doch realistisch: Das ist im europäischen Konsens nicht mehr zu erreichen.
Wenn Sie sich den Zustand einmal genau anschauen, dann stellen Sie fest: Die französischen, italienischen und japanischen Autofirmen liegen doch gar nicht so viel näher an der mittleren Grenzwertgerade als unsere. Ich glaube, Sie haben diese Grafik auch schon einmal gesehen. Diese Firmen müssen auch noch etwas tun. Auch sie können sich nicht zurücklehnen, wie Sie immer behaupten.
Das Spezialthema der Firma Porsche wird sich mit einer Poolbildung lösen lassen; da bin ich mir sicher.
Was wir aber nicht wollen, ist das, was Sie in der Beschlussempfehlung unter Ziffer 2 Buchst. b vorschlagen, nämlich alles wieder aufzuweichen. Ziffer 1 ist klar, aber in Ziffer 2 weichen Sie das, was Sie in Ziffer 1 sagen, wieder auf. Diese Beschlussempfehlung ist so weichgespült, dass wir ihr heute nicht zustimmen können. Denn wenn Sie schon an den Zielen der EU festhalten wollen, wie Sie das erst auf unseren Druck im Umweltausschuss hin erklärt haben, dann dürfen Sie das nicht in Ziffer 2 Buchst. b infrage stellen.
Der EU-Verordnungsentwurf gibt die Emissionsziele und die Umsetzungszeiten vor. Sie reden in Ziffer 2 Buchst. b der Beschlussempfehlung von realistischen Emissionszielen, von Zeitvorgaben und von anspruchsvollen Zielen. Wenn man das so liest, hat man den Eindruck, dass Sie im Grunde selbst nicht glauben, dass die EU-Vorgaben die Werte sind, die Sie wollen. Sie stellen alles wieder infrage und weichen damit alles wieder auf. So können Sie unsere Herzen, Herr Scheuermann, nicht zum Glühen bringen.
Wir fordern heute von diesem Landtag ein klares Bekenntnis zur Begrenzung der CO2-Emissionen
von Kraftfahrzeugen auf durchschnittlich 130 g CO2/km für die Motorenleistungen und auf 120 g CO2/km unter Berücksichtigung ergänzender Maßnahmen, die sich auf den Biokraftstoffanteil, auf Schaltungen und Reifen beziehen.
Das geht. Auch wir produzieren Kleinwagen.
Herr Zimmermann, schauen Sie sich das an:
Wir sind doch gar nicht hier; wir sind doch da.
Wenn unsere Automobilindustrie so gut ist – wir haben uns ja über Schaltungen, Reifen usw. unterhalten –, dass sie diese Werte noch übertreffen kann, dann können wir die Grenzwertberechnung umstellen. Da gebe ich Ihnen recht. Aber hier muss erst die Industrie in Vorlage treten. Auf Vorrat machen wir das nicht.
Wir sollten auch insgesamt dazu stehen, dass die Nichteinhaltung der Grenzwerte zu spürbaren Strafzahlungen führen muss. Der Verordnungsentwurf hat ja die richtigen Werte gesetzt. Anders ist die Reduzierung der CO2-Belastung nicht durchzusetzen. Das hat die Erfahrung doch gezeigt. Sie selbst haben sich ja darüber aufgeregt, wie die Erfahrungen waren.
Die baden-württembergische Automobilindustrie kann die EU-Vorgaben erfüllen, und zwar deswegen, weil sie leistungsstark ist. Sie kann das. Aber sie braucht auch die strengen Vorgaben der EU-Verordnung.
Ich habe gesagt: Porsche ist ein Sonderproblem.
Nein, das ist nicht dasselbe.
Einige Automobilfirmen müssen auch nur das nachholen, was sie in den Jahren der Selbstverpflichtung verschlafen haben. Ich sage Ihnen: Jetzt ist die Zeit des Handelns und nicht mehr der Versprechungen.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir alle haben die Verpflichtung, die Aufgaben zu lösen, die sich jetzt stellen, und sie nicht unseren Kindern oder Enkeln zu überlassen. Das ist der zentrale Kern, der zentrale Gedanke einer nachhaltigen Entwicklung.
In Ihrer Antwort auf die Große Anfrage zur Nachhaltigkeitsstrategie sagen Sie auch, die konsequente Verwirklichung des
Nachhaltigkeitsprinzips in allen Politikfeldern sei Voraussetzung für das Wohlergehen jetziger und künftiger Generationen. Das einzig wirklich Nachhaltige, das wir an dieser Landesregierung erkennen können, ist jedoch ihre nachhaltig ablehnende und blockierende Haltung in verschiedenen wichtigen Bereichen der Zukunftsgestaltung, vor allem in der Bildungspolitik, im Klimaschutz und in der übrigen Umweltpolitik.
Es reicht nicht, Herr Wetzel, nachhaltige Politik anzukündigen, Beiräte darüber beraten zu lassen und schöne Broschüren zu drucken. Wir müssen dies auch umsetzen. Sie stellen doch die Regierung und haben die Möglichkeit dazu. Warum handeln Sie denn nicht? Herr Raab, Sie wollen handeln, aber Sie tun es nicht. Sie tun es deswegen nicht, weil dies eine konsequente Politik erfordern würde, die für die Zukunft auch Maßstäbe hinsichtlich sozialer Gerechtigkeit und Solidarität setzen sollte. Danach müssten Sie Ihre Politik ausrichten – nicht nach Ressortdenken und nach denen, die zufällig gerade Chef sind. Es muss eine zusammengeführte, ganzheitliche Konzeption sein, und zur Umsetzung einer solchen Konzeption sind Sie nicht in der Lage.
Eine nachhaltige Politik ist nicht nur Umweltschutz, sondern auch soziale Sicherung, Solidarität mit den Schwachen unserer Gesellschaft und soziale Gerechtigkeit.
Das schließt auch die Finanzpolitik ein, weil bei der Verteilung der Haushaltsmittel die Entscheidungen darüber fallen, ob wir nur von der Hand in den Mund leben oder ob wir Vorsorge für die Zukunft treffen wollen. Da ist es richtig, dass Sie mit der Schuldentreiberei Ihrer Regierung aufhören wollen, dass Sie die beenden wollen und im nächsten Jahr einen ausgeglichenen Haushalt ohne neue Kredite vorlegen wollen.
Wir könnten uns vorstellen, dass nicht so viel in undurchsichtige Töpfchen gesteckt wird, sondern dass Sie direkt an den Abbau des riesigen Schuldenbergs herangehen, des Schuldenbergs, den Sie angehäuft haben.
Doch eines dürfen wir in dieser Situation nicht tun, und zwar die Bildungsausgaben kürzen.
Denn was nützt es der künftigen Generation, wenn sie einige Millionen Euro weniger Zinsen zahlen muss, dafür aber die zehnfache Summe aufwenden muss, um die Versäumnisse der Bildungspolitik, die Sie derzeit begehen, mit teuren Qualifizierungsprogrammen wieder auszugleichen?
Wenn Sie Lehrerstellen sperren, dann kürzen Sie in der Bildungspolitik.
Anstatt das Schulsystem mutig und zukunftssicher umzubauen und den Schülern durch längeres gemeinsames Lernen unabhängig von ihrer Herkunft mehr Chancen zu geben, reiten Sie das Pferd der Hauptschule, obwohl es schon lange tot ist.
Die strukturellen Versäumnisse, die Sie jetzt trotz besseren Wissens in Kauf nehmen, werden der nächsten Generation vor die Füße fallen. Das wissen Sie, aber Sie tun nichts dagegen. Das ist keine nachhaltige Politik.
Nein.
Sie können das nachher noch richtigstellen. Sie haben ja noch Redezeit.
Eine nachhaltige Politik wäre es auch gewesen, den jungen Menschen mit Migrationshintergrund durch Sprachförderung, Betreuung und integrative Modelle frühzeitig zu helfen, einen Platz in unserer Gesellschaft zu finden, der ihnen die gleichen Möglichkeiten wie anderen Jugendlichen bietet, und vor allem auch jenen einen Chance zu geben, die in Bildungsschleifen verkümmern.
Nein, nein, nein. Sie wollen das bloß nicht hören, Herr Mappus.
Prävention ist nachhaltig, nicht Ausgrenzung – in allen Bereichen des Lebens. Doch dafür tun Sie zu wenig.
Ich komme jetzt zum Bereich Umweltschutz, denn dort hat diese Nachhaltigkeitsstrategie ihren Anfang genommen. Sie reden vom Flächenverbrauch.
Es ist richtig: Artenschwund, Beeinträchtigung des Wasserhaushalts und Zerstörung des Landschaftsbilds sind die Folgen.
Der Herr Ministerpräsident hat vollmundig das Ziel eines Flächenverbrauchs von null Hektar verkündet. Doch alle scheinbaren „Erfölgchen“, die man daraus ablesen kann, waren nur der Krise der Wirtschaft zu verdanken. Jetzt, nachdem es der Wirtschaft wieder besser geht, kaum dass die Wirtschaft wieder wächst, können Sie auch dem Flächenverbrauch nicht mehr Herr werden. Auch in dieser Hinsicht handelt es sich nur um Sonntagsreden.
Kommen wir zum Klimaschutz. Sie sagen, Sie würden sich ambitionierte Ziele setzen. Dabei wissen Sie ganz genau, dass Sie die Ziele, die Sie vorgeben, um die Auswirkungen der kommenden Klimaveränderungen einigermaßen in den Griff zu bekommen, nicht erreichen. Wir haben Ihnen ein Zwölfpunkteprogramm vorgeschlagen, mit dem wir gemeinsam einen großen Schritt machen könnten und den Ausstoß der schädlichen Treibhausgase bis zum Jahr 2020 halbieren könn ten. Sie machen sich aber nicht einmal die Mühe, mit uns in einen Wettstreit über die besseren Konzepte einzutreten. Sie lehnen das Ganze eben ab, wie Sie das immer tun, wenn wir etwas vorschlagen.
Doch die Natur verzeiht Ihnen das Zögern nicht.
Wir erkennen an,
dass mit dem Erneuerbare-Wärme-Gesetz ein Schritt in die richtige Richtung gemacht wird.
Sie knicken vor der Wirtschaftslobby und Ihren eigenen Finanzpolitikern ein.
Es ist keine nachhaltige Politik, wenn Sie zwar erkannt haben, dass ordnungspolitische Ansätze notwendig sind, diese aber in dem Bereich, in dem das größte Einsparpotenzial besteht, nicht mehr verfolgen.
Da stellen Sie sich, Frau Ministerin, noch hin und freuen sich, wenn die CDU/CSU-Bundestagsfraktion Ihrem schlechten Beispiel folgen will.
Wenn ich gerade die Zurufe von der FDP/DVP höre: Es ist doch ganz in Ihrem Sinn, dass man überhaupt keine ordnungspolitischen Maßnahmen haben will.
Wenn ich sehe, wie Sie derzeit versuchen, alles in dieser Richtung kaputt zu machen – –
Das bisher wirksamste Überwachungsinstrument für häusliche Feuerungsanlagen, nämlich die Emissionsmessungen, wollen Sie bundespolitisch kaputt machen; das wollen Sie auch landespolitisch kaputt machen.
Ja, ja.
Aber jetzt will die Bundestagsfraktion, Ihre Partei, Ihr Werk vollenden.
Es lohnt auch ein Blick auf die Gebäudesanierung. 3 Millionen € haben Sie dafür in diesem Sommer medienwirksam angekündigt,
dazu noch ein paar Millionen Euro für das Programm „Klimaschutz-Plus“, das ich für ein gutes Programm halte.
Aber 320 Millionen €, also das Hundertfache, gibt der Bund für sein Gebäudesanierungsprogramm aus. Ich hätte gedacht,
dass sich das Land stärker engagiert, als nur 1 % dessen bereitzustellen, was der Bund ausgibt.
Zu Ihrer Ablehnung der Windkraft haben Sie schon viel gehört. Ihre Behauptung, es herrsche zu wenig Wind in BadenWürttemberg, bleibt Blödsinn, auch wenn Sie das immer wiederholen. Erst haben Sie gesagt, wir seien kein Küstenland. Jetzt machen andere Bundesländer wie Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, die ebenfalls keine Küstenländer sind, vor, wie es geht. Wir haben ja über 300 Anlagen im Land, aber trotzdem lassen Sie sich nicht bewegen.
Jetzt komme ich noch zum Punkt Atomkraft.