Insa Peters-Rehwinkel
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Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Wie soeben gesagt, liegt mit der Drucksache 17/1753 der Bericht und Antrag des Rechtsausschusses vom 20. April 2011 vor. Dieser Bericht wurde in der Sondersitzung am 14. April 2011 beschlossen. Er beinhaltet das Gesetz über die Verleihung der Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts an Jehovas Zeugen in Deutschland und beinhaltet des Weiteren den Antrag der FDP, das Gesetz über die Veränderung des Verfahrens hinsichtlich der Anerkennung von Kirchen und Religionsgemeinschaften sowie Weltanschauungsgemeinschaften als Körperschaft des öffentlichen Rechts. Zu prüfen war, ob die Voraussetzungen gegeben sind, den Jehovas Zeugen hier in Bremen das Recht anzuerkennen, Körperschaft des öffentlichen Rechts zu sein.
Ich möchte zunächst einen kurzen Überblick über das Verfahren geben und sodann anschießend die Empfehlung des Rechtsauschusses mitteilen und auch erläutern. Zum Überblick: Am 9. Juni 2009 hat der Senat der Bürgerschaft einen Gesetzentwurf für die Anerkennung der Jehovas Zeugen zu einer Körperschaft des öffentlichen Rechts vorgelegt. In der Sitzung am 1. Oktober 2009 wurde diese Mitteilung des Senats, wie soeben auch schon vorgetragen, nach Unterbrechung der ersten Lesung an den Rechtsausschuss zur weiteren Beratung und zur Berichterstattung überwiesen. Das ist die Gesetzesvorlage Drucksache 17/819. In eben dieser Sitzung wurde auch der soeben genannte Antrag der FDP dorthin verwiesen, Drucksache 17/913.
Am 21. Oktober 2009 sind dann die Beratungen im Rechtsausschuss aufgenommen worden. Es wurden Stellungnahmen des Senators für kirchliche Angelegenheiten eingeholt. Es wurde sich intensiv mit dem Berliner Verfahren auseinandergesetzt. Gegenstand dieses Verfahrens ist: Es gab eine Klage der Jehovas Zeugen auf Erstverleihung des Rechts. Die––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
sem Antrag wurde stattgegeben mit dem Ergebnis, dass die meisten Bundesländer daraufhin dann auch den entsprechenden Anträgen der Jehovas Zeugen stattgegeben haben.
Es wurde sich weiterhin mit der Stellungnahme des Justizministeriums Baden-Württemberg auseinandergesetzt, und zwar im September 2010 im Rahmen des Rechtsausschusses. Hinweisen möchte ich darauf, dass ein Unterschied zwischen den anderen Bundesländern, in denen das Thema bisher behandelt wurde, und uns darin besteht, dass dort auf Verwaltungsebene agiert wurde, und hier ist es Sache des Parlaments, weswegen wir dieses Thema jetzt auch hier behandeln.
In Bremen wurde daher folgender Gang der Beratungen durchgeführt, die am 21. Oktober 2009 begannen: Der Senator für kirchliche Angelegenheiten wurde um Stellungnahme gebeten, es wurde dann weiterhin ein Vertreter der Berliner Senatskanzlei im Rahmen des Rechtsausschusses in nicht öffentlicher Sitzung angehört. Im Rahmen dieser Anhörung stellte sich heraus, dass im Berliner Verfahren auf das Stellen von Beweisanträgen verzichtet wurde, weswegen unter anderem zu dem Thema Bluttransfusionen weder ermittelt noch inhaltlich vorgetragen wurde. Es wurde sich mit der baden-württembergischen Stellungnahme auseinandergesetzt, deren Ergebnis war, dass dem Antrag nicht stattgegeben werden muss. Dies basierte auf Ausführungen oder entsprechenden Erkenntnissen zu den Themen Verfassungstreue und Verletzung der Menschenrechte.
Der Rechtsausschuss beschloss daraufhin, eine ganztägige Anhörung durchzuführen. Wir haben sie in öffentlicher und nicht öffentlicher Sitzung durchgeführt, mit diversen Stellvertretern, Referenten, 16 an der Zahl, inklusive eines Vertreters der Jehovas Zeugen, und zwar am 16. Februar 2011. In der öffentlichen Sitzung waren 16 Vertreter anwesend, zum Beispiel aus den Bereichen Kirche, Medizin, Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend, Soziales – also das entsprechende Ressort – und auch aus dem Ressort Bildung und Wissenschaft. Es waren Vertreter von Aussteigerorganisationen vertreten, zuletzt – und auch zeitlich zuletzt – kam dann der Vertreter der Jehovas Zeugen zu Wort. Im Nachgang zu dieser Anhörung haben wir den Jehovas Zeugen dann Gelegenheit zur Stellungnahme in schriftlicher Form gegeben und aus diesem Anlass das schriftliche Wortprotokoll übersendet. Es wurde dann eine sehr umfangreiche schriftliche Stellungnahme der Jehovas Zeugen abgegeben, und auch diese schriftliche Stellungnahme fand dann Eingang in den jetzt vorgelegten Bericht.
Nach Einleitung des Vertreters aus Baden-Württemberg zu der soeben genannten Stellungnahme wurden im Rahmen der Anhörung diverse Themen erörtert. Es ging hier natürlich um Grundrechtsverletzungen, und die Themen waren Ehe und Familie, Religionsfreiheit in Bezug auf das damals noch even
tuelle Festhalten von Mitgliedern, darum wollten wir uns ja kümmern, ob dem so ist. Es ging um die Gefährdung von Leib und Leben, von Erwachsenen und auch Minderjährigen, insbesondere zu dem Thema Bluttransfusion, es ging um das Thema Kindeswohl und dies in Bezug auf die Erziehung von Kindern und den Umgang mit Missbrauch, um Schulbildung und Persönlichkeitsentwicklung. Abschließend kamen die Zeugen Jehovas zur Stellungnahme zu Wort.
Ich möchte bitten, jetzt von dieser Fünf-MinutenRegelung ein bisschen Abstand zu nehmen, denn sonst kann ich keinen umfassenden Bericht abgeben! Ich denke, die Zeugen Jehovas haben Anspruch darauf, dass wir hier ordnungsgemäß vortragen.
Dann bemühe ich mich, den Rest in gebotener Kürze darzustellen! Wir kamen im Ergebnis dazu, dass den Jehovas Zeugen das Recht nicht zuerkannt werden kann, da es so ist, dass diverse Grundrechtsverletzungen vorliegen. Zu den soeben genannten Punkten haben wir insbesondere herausgefunden, dass die Bluttransfusion nicht zugestanden wird, wenn sie dafür erforderlich ist, das Leben zu erhalten. Dies, das konnte festgestellt werden, wird auch bei Kindern nicht zugestanden, die noch nicht zu einer eigenen Willensbildung fähig sind. Wir haben auch festgestellt, dass das Recht auf Züchtigung von Kindern befürwortet wird, es wird sich eher weniger dazu geäußert. Letzten Endes hat es sich so dargestellt, dass der Rechtsausschuss einstimmig empfiehlt, dass die Gesetzesvorlage des Senats abgelehnt werden möge. Ich möchte noch einmal darstellen, dass es wichtig ist, dass es sich hier nicht um das Verbot der Religionsgemeinschaft handelt, sondern es geht um die Verleihung von privilegierten Rechten. Weiterhin empfiehlt der Rechtsausschuss, dem Antrag der FDP ebenfalls nicht zuzustimmen. Ich möchte allen danken, die an diesem Thema sehr lange, sehr umfangreich und mit viel Arbeit gearbeitet haben. – Vielen Dank!