Kordula Schulz-Asche
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Ich frage die Landesregierung:
Aus welchen Gründen hat sie in der Sitzung des Bundesrats am 13. Juni dieses Jahres gegen den Antrag gestimmt, die Vorbehaltserklärung der Bundesregierung zur UNKinderrechtskonvention zurückzunehmen?
Herr Minister, teilen Sie meine Auffassung, dass es formalrechtlich möglich ist, eine Befürwortung der Rücknahme dieser Vorbehaltserklärung – die Sie jetzt als „deklatorische Klarstellung“ bezeichnet haben – durch die Bundesländer als nicht erforderlich anzusehen, und dass es ausreichend wäre, wenn die Bundesregierung das ohne das Votum des Bundesrats vollzöge?
Ich frage die Landesregierung:
Welche Initiativen hat sie entsprechend der Ankündigung des Ministerpräsidenten Anfang August dieses Jahres ergriffen, um eine bundesweit einheitliche Regelung des Nichtraucherschutzes zu erreichen?
Sind die Aktivitäten, die Sie gerade beschrieben haben, auch der Grund dafür, warum die Landesregierung nicht an der Gesundheitsministerkonferenz teilgenommen hat, die vor zwei Wochen zu diesem Thema stattgefunden hat?
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Ministerin, es war sehr schade, dass Sie Ihre Regierungserklärung mit einer offensichtlich verkürzten und daher auch falschen Behauptung eröffnet haben. Sie haben gesagt, dass in der rot-grünen Regierungszeit zwischen 2002 und 2005 ungefähr 1,5 Millionen Arbeitsplätze verloren gegangen seien.
Sie wissen genauso gut wie ich, dass in Deutschland die Zahl der arbeitslosen Menschen über mehrere Jahrzehnte hinweg ständig Anwuchs und 2005 einen Rekordstand erreicht hat.
Schon in den Siebziger- und Achtzigerjahren war die zunehmende Arbeitslosigkeit das eigentliche und oft verdrängte Problem der Wirtschaftspolitik.
Karl Lauterbach weist in einem in der „Frankfurter Rundschau“ heute abgedruckten Streitgespräch zu Recht darauf hin: Über Jahrzehnte kam nach jedem Abschwung rund eine halbe Million arbeitsloser Menschen hinzu. Die wirtschaftlichen Probleme der östlichen Bundesländer verschärften die Lage noch.
Was die rot-grüne Bundesregierung 1998 hinsichtlich der Arbeitsmarktpolitik vorfand, waren die Folgen der Ära Kohl.Für Herrn Rock möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass es sich dabei um eine von CDU und FDP geführte Regierung handelte.
Die Folgen der Ära Kohl waren: 16 Jahre lang wurden Strukturanpassungen in der Arbeitsmarktpolitik versäumt.
16 Jahre lang wurden Maßnahmen hinsichtlich der Ausbildung und der Fort- und Weiterbildung versäumt.
16 Jahre lang wurde es versäumt, eine Reform der sozialen Sicherungssysteme durchzuführen. 16 Jahre lang gab es Stillstand bei der Gleichstellung der Geschlechter in der Wirtschaft. In den östlichen Bundesländern gab es acht Jahre lang verbrannte Erde statt blühender Landschaften.
Es waren die Lethargie während der Ära Kohl und die absolute Untätigkeit, die dafür verantwortlich sind, dass sich die Zahl der Menschen erhöhte, die langfristig nicht in den Arbeitsmarkt integriert werden konnten. Es war die rot-grüne Bundesregierung, die sich auf den Weg gemacht hat, diesen sozialpolitischen Skandal abzuräumen. Das war das Ziel der Agenda 2010. Das war zugegebenermaßen für viele schmerzhaft.Wir hätten uns gerne eine ganze Reihe anderer Regelungen gewünscht und bringen bis heute konstruktive Verbesserungsvorschläge ein.
Jeder, der heute einfach ruft: „Weg mit Hartz IV“, ruft: „Zurück in die Ära Kohl“. Eine solch rückwärtsgewandte Arbeitsmarktpolitik ist mit uns GRÜNEN nicht zu machen.
Der konjunkturell bedingte Aufschwung, den es seit dem Jahr 2005 gibt, hat natürlich dazu geführt, die konjunkturell bedingte Arbeitslosigkeit stark zu reduzieren. Das erfolgte also nicht aufgrund von Hartz IV.
Unser eigentliches Problem ist aber die seit Jahren herrschende strukturelle Arbeitslosigkeit. Darüber sollten wir heute auch reden. Da sollte die Agenda 2010 der rot-grünen Bundesregierung wirken. Da haben die Wirkungen auch begonnen. Ich glaube, darin sind sich viele in diesem Hause einig.
Das wissen Sie viel besser als ich. Bei Ihnen bin ich mir nicht ganz sicher, wie Sie die Agenda 2010 bewerten.
Aber darauf komme ich noch zurück. – Die Agenda 2010 hatte übrigens den schönen Untertitel: Deutschland bewegt sich. – Ich glaube, viele in diesem Hause sind der Meinung, dass sich in Deutschland tatsächlich etwas bewegt hat. Wir sind allerdings uneinig darüber, in welche Richtung sich Deutschland aufgrund der Agenda 2010 verändert hat, also in welche Richtung sich in Deutschland etwas bewegt hat. Die einen meinen, Deutschland habe sich hin zu mehr Wettbewerbsfähigkeit, Eigeninitiative und Flexibilität bewegt. Die anderen meinen, Deutschland habe sich zu mehr Armut, Ungleichheit und sozialer Ausgrenzung hinbewegt. Frau Ministerin, da beides teilweise richtig ist, hätte man von einer amtierenden Ministerin eigentlich eine differenziertere Antwort erwarten dürfen, als Sie sie heute hier gegeben haben.
Schauen wir uns den Arbeitsmarkt in Hessen etwas genauer an. In Hessen waren vor etwa drei Jahren rund 300.000 Menschen arbeitslos. Das war im August 2005 so. Heute sind noch 200.000 Arbeitslose registriert. Das ist natürlich eine gute Entwicklung, die wir alle begrüßen.
Wir müssen aber auch sehen, dass von den aktuell 200.000 Arbeitslosen die große Mehrheit, nämlich 140.000 Menschen, nach wie vor auf Leistungen nach Hartz IV angewiesen sind. Das bedeutet: Insbesondere bei der Integration der Langzeitarbeitslosen haben wir noch nicht einmal die Hälfte des Wegs geschafft.
Frau Ministerin, ich hätte mich deswegen gefreut, wenn Sie etwas detaillierter auf die Situation in Nordhessen eingegangen wären.
Der Rückgang der Arbeitslosigkeit dort steht natürlich auch mit der Entwicklung der Konjunktur in Verbindung. Wenn wir uns die Situation in Nordhessen genauer betrachten, dann erkennen wir dort schwere strukturelle Defizite.Aber auch darauf werde ich noch einmal zurückkommen.
Letztendlich möchte ich auch nicht verschweigen, dass der gesamte Arbeitsmarkt in Hessen im Vergleich zu denen der Nachbarländer hinterherhinkt.
Erster Vizepräsident Lothar Quanz:
Frau Schulz-Asche, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Boddenberg?
Ja, ich bitte aber darum, dass das schnell geht. Denn ich habe nicht so viel Redezeit.
Auf diese Frage antworte ich Ihnen gerne. Schauen Sie sich einmal die Entwicklung des Arbeitsmarktes in Nordhessen im August 2008 genau an. Wir erkennen da ganz deutliche Unterschiede.Wir haben z. B. im Regierungsbezirk Kassel mit dem Landkreis Fulda einen,in dem wir mit 5,1 % Arbeitslosigkeit fast Vollbeschäftigung erreicht haben. Daneben gibt es dort auch Landkreise, die nach wie vor mit dem erdrückenden Problem der Arbeitslosigkeit konfrontiert sind.
Das betrifft z. B. die Stadt Kassel. Dort steht die Entwicklung im Gegensatz zu der des Landkreises Kassel. Das ist doch eigentlich ein Zeichen für etwas ganz Bestimmtes. Ich möchte das jetzt anhand von Nordhessen aufzeigen. Wir haben in den letzten Jahren in Nordhessen tatsächlich Veränderungen bemerken können. Nordhessen ist glücklicherweise nicht nur von der Zonenrandlage in die Mitte Europas gerückt. Es ist auch ein Musterbeispiel dafür, wie man mit dem Umsteuern zum ökologischen und nachhaltigen Wirtschaften tatsächlich neue Arbeitsplätze schaffen kann.
In der Region gibt es übrigens noch weitere Potenziale. Dies sind der Tourismus, die kulturellen Angebote und Wellness. Herr Boddenberg, aus unserer Sicht sind all das die Erfolgsfaktoren, die dazu geführt haben, dass sich Nordhessen tatsächlich weiterentwickelt hat. Wer aber stattdessen wie Sie versucht, die wirtschaftliche Entwicklung Nordhessens an den Ausbau von Autobahnen und den Neubau des Flughafens Kassel-Calden zu knüpfen, der zerstört genau diese Entwicklungspotenziale der Wirtschaft für zukunftsfähige und nachhaltige Arbeitsplätze.
Das war es, was ich zu Nordhessen zu sagen hatte.
Ich komme aber gerne auf den gesamten Arbeitsmarkt Hessens und den Vergleich mit anderen Bundesländern zurück. Im August 2008 betrug die Arbeitslosenquote in Hessen 6,4 %. Schauen wir nach Rheinland-Pfalz. Dort betrug die Arbeitslosenquote 5,4 %. In Baden-Württemberg waren es 4,1 %. In Bayern betrug sie 3,9 %.
Herr Boddenberg, Hessen lag sogar über dem westdeutschen Durchschnitt von 6,3 %.
Volkswirtschaftliche Definitionen sehen bei einer Arbeitslosenquote bis 4 % vor, dass bereits von Vollbeschäftigung gesprochen werden kann. Demnach herrscht in unseren süddeutschen Nachbarländern Vollbeschäftigung. Wir sind in Hessen davon noch ein ganzes Stück weit entfernt. Auch das geht auf die Politik der von der CDU geführten Landesregierung zurück.
Ich glaube, wir hinken in Hessen hinterher, weil es der CDU nicht gelungen ist, die wahre Idee der Agenda 2010 wirklich zu verinnerlichen und umzusetzen. Daran muss sich dringend etwas ändern.
Lassen Sie mich deswegen noch einmal zum Herzstück der Agenda 2010, der Reform der Arbeitslosen- und Sozialhilfe, zurückkommen, die Ende 2003 beschlossen wurde und am 1. Januar 2005 in Kraft trat. Es geht dabei um die sogenannte Grundsicherung für Arbeitsuchende im Sozialgesetzbuch II. Das ist besser unter dem Namen „Hartz IV“ bekannt.
Es gibt keinen anderen Bestandteil der Agenda, der so heftig umstritten und umkämpft ist. Dabei war die Reform der Arbeitslosen- und Sozialhilfe überfällig und dringend notwendig.
Ein modernes Verständnis des Sozialstaates und der sozialen Bürgerrechte in einem emanzipatorischen Sozialstaat bedeutet die Ausrichtung der sozialen Hilfen vor allem an den Bedürfnissen der Personen und nicht an den Institutionen. Dazu gehört das Recht auf transparente Verfahren, unabhängige Beratung und definierte sowie einklagbare Ansprüche hinsichtlich der Qualität gegenüber den staatlichen Behörden. Mit der Zusammenlegung der Arbeitslosen- und Sozialhilfe verfolgten wir GRÜNE vor allem das Ziel, den Zugang aller Arbeitslosen, also z. B. auch der Alleinerziehenden, zum ersten Arbeitsmarkt durch umfangreiche Unterstützung und Förderung sowie durch passgenaue Hilfsangebote und effektive Vermittlung zu verbessern.
Doch es geht um mehr als um die Vermittlung von Arbeit und Qualifizierung. Es geht auch um anspruchsvolle soziale Hilfen. Nur so können die vielfältigen Problemlagen nachhaltig angegangen werden, die häufig Ursache und Wirkung von Langzeitarbeitslosigkeit sind.
Das Ziel der Arbeitsmarktpolitik muss soziale Integration und Teilhabe sein. Dafür sind Kompetenzen auf kommunaler Ebene und Netzwerke unverzichtbar.
Lassen Sie mich nur auf die notwendigen Beziehungen verweisen zwischen der Wirtschaftsförderung, den örtlichen Arbeitgebern sowie den Kammern – Herr Boddenberg –, die Beziehungen zwischen der Sozialverwaltung und den Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege, Leistungen der Jugendberufshilfe, Angebote zur Kinderbetreuung und soziale, psychosoziale und erzieherische Hilfen wie die Familienhilfe,Erziehungsberatung,Schuldnerberatung, Drogen- und Suchtberatung, Wohnungslosenhilfe und nicht zuletzt, das liegt mir persönlich immer besonders am Herzen, den gesamten Bereich der Förderung der Gesundheit.
Das hat die CDU bis heute nicht verstanden, sonst würden Sie selbstkritischer mit den Folgen der „Operation düstere Zukunft“ umgehen; denn gerade in diesen Bereichen haben Sie kommunale Strukturen zerstört, die für die begleitende Arbeit der Arbeitsgemeinschaften und Optionskommunen wichtig wären.
Das Lob, das von der Ministerin zur Agenda 2010 kam – man denkt manchmal, man ist ein bisschen im falschen
Film –, kulminiert in dem Satz im CDU-Antrag: „Zu den Reformen der Agenda 2010 gab und gibt es keine Alternativen.“ – Meine Damen und Herren, ich erinnere mich relativ gut an die Debatten im Jahre 2003 hier im Haus. Ich war hier damals, ganz frisch, auch etwas geschockt über die Diskussionen.
Ich bin immer noch frisch,aber damals war ich doch sehr erstaunt, wie Sie mit dem Thema umgegangen sind.
Sie wollten nicht das, was Sie gerade positiv bewertet haben, das Prinzip des individuellen Förderansatzes.
Sie wollten nicht die Öffnung der Arbeitsmarktprogramme für Langzeitarbeitslose.Sie wollten nicht die Einbeziehung von schwer vermittelbaren Personengruppen in arbeitsmarktpolitische Maßnahmen. Was Sie wollten, waren die Kürzung von sozialen Leistungen,
die Einsparung in der Sozialhilfe, die Etablierung eines Niedriglohnsektors, einer Working-Poor-Class wie in Wisconsin. Ihre Philosophie war: Nur wer arbeitet, bekommt auch zu essen.
Meine Damen und Herren, das war die Diskussion, die wir 2003 geführt haben. Herr Boddenberg, während auf Bundesebene der mühsame Prozess der Umgestaltung angegangen wurde, schwang sich der Hessische Ministerpräsident zum Don Quichotte in der deutschen Arbeitsmarktpolitik auf.
OFFENSIV-Gesetz, Existenzgrundlagengesetz – jede bundespolitische Initiative wurde sozusagen mit einer hessischen gekontert. Wir können alle nur heilfroh sein, dass sich damals die Koch-CDU in dieser Debatte nicht in der Gänze durchgesetzt hat. Bei den Sachen, die Sie umgesetzt haben, der verschärften Regelung zur Zumutbarkeit von Arbeit, in der Frage der schlechteren Zuverdienstmöglichkeiten, haben wir die Probleme bis heute zu spüren.Sie haben wesentlich dazu beigetragen,dass Hartz IV mit sozialer Schieflage verbunden wird. Das geht auf Ihr Konto.
Meine Damen und Herren, in keinem anderen Bundesland wurde so heftig und so lange über die Organisationsform wie in Hessen gestritten.Wir haben nicht vergessen, dass Roland Koch der Verhandlungsführer der CDULänder bei der Verabschiedung der Grundsicherung und dort der Scharfmacher war, auch wenn wir in der jetzigen Debatte um die Neuordnung der Trägerschaft viele Gemeinsamkeiten haben.
Jetzt klatscht einmal, dann kann ich etwas trinken.
Bitte nicht ins Protokoll aufnehmen.
Bedingt durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu den Arbeitsgemeinschaften haben wir heute die Suche nach einer neuen Organisationsform. Zwei Fragen sind ganz wesentlich:Welche Organisationslösung ermöglicht die beste Arbeit für und mit den Arbeitsuchenden, und welche Form bietet die beste Grundlage für die individuellen und nachhaltigen Integrationswege für die Menschen in Hessen? Das sind immerhin 450.000 Menschen in 218.000 Haushalten, die derzeit Leistungen nach dem SGB II beziehen.
Meiner Meinung nach ist das Modell, das von Bundesminister Scholz vorgeschlagen wird, die sogenannten kooperativen Jobcenter, überhaupt nicht geeignet: denn im Grunde genommen handelt es sich um ein Bundesmodell getrennter Trägerschaft, das die Kommunen an den Katzentisch verweist. Ich habe bereits dargestellt, wie wichtig die Kooperation gerade mit den Angeboten der Kommune ist.
Unstreitig ist doch auch, dass sich das Prinzip der Hilfe aus einer Hand bewährt hat. Nur so ist die optimale Verknüpfung arbeitsmarktpolitischer, sozialpolitischer und bildungspolitischer Ansätze möglich, die angesichts der häufig vielfältigen Problemlagen der betroffenen Menschen erforderlich sind. Das scholzsche Modell genügt diesem Anspruch nicht.Da macht wieder jeder seines,und es drohen neue Verschiebebahnhöfe. Das wird es mit uns GRÜNEN nicht geben.
Die Integration und soziale Teilhabe von Arbeitsuchenden und in Bedarfsgemeinschaften lebenden Menschen und der nachhaltige Abbau der Arbeitslosigkeit stellen nach wie vor die zentrale gesellschaftliche Aufgabe in der Bundesrepublik dar. Die Politik muss willens und in der Lage sein, auch die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für die beste Lösung zur Bewältigung dieser Aufgaben zu schaffen. Darum sprechen wir GRÜNE uns für eine gezielte Änderung der Verfassung aus.
Wir begrüßen, dass die Arbeits- und Sozialminister der Länder auf ihrer Sonderkonferenz zur Neuorganisation des Sozialgesetzbuches II vom 14. Juli 2008 einstimmig und im Einvernehmen mit dem Bundesarbeitsministerium eine Verfassungsänderung zur Absicherung der gemeinsamen Aufgabenwahrnehmung durch Bundesagentur und Landkreise bzw. Städte bei gleichzeitiger Absicherung des Optionsmodells beschlossen haben.
Meine Damen und Herren, es ist offensichtlich, dass es kein Patentrezept für alle Kommunen gibt. Wir müssen Platz für Unterschiede schaffen. Nur so kommen wir zu einer verlässlichen und guten Trägerstruktur, die individuelle und nachhaltige Unterstützung der betroffenen Menschen gewährleistet. Nur darauf kommt es am Ende an.
Mit dem Einbringen eines eigenen Gesetzesantrags torpediert aber die geschäftsführende CDU-Landesregierung den gemeinsamen Beschluss und prescht vor, ohne sich mit dem Bund und den Ländern abgestimmt zu ha
ben. Das Ergebnis dieser Initiative ist in jedem Fall, dass die ohnehin politisch aufgeladene und durchaus komplexe und für viele Außenstehende kaum noch nachvollziehbare Diskussion in ein kontroverses Gesetzgebungsverfahren führt, wo Bund und Hessen miteinander konkurrieren. Meine Damen und Herren, das finde ich keine besonders günstige Lösung.
Dieses Vorhaben wird die Legitimität der am Ende gefundenen Regelung eher beschädigen. Deswegen wäre Hessen sicher besser beraten gewesen, seine Vorstellungen in die Beratung der Vorschläge des Bundes einzubringen, als allein mit einem eigenen Vorschlag um die Ecke zu kommen.
Weiterhin ist in dem Vorschlag die Begrenzung der Zahl der Optionskommunen auf 69 zu kritisieren.Wir GRÜNE wollen, dass jede Kommune in Zukunft für sich entscheiden kann, welches die beste Konstruktion zur Betreuung der Bürgerinnen und Bürger in ihrem Zuständigkeitsbereich ist. Letztendlich wird durch die Ewigkeitsgarantie für die bereits zugelassenen 69 Optionskommunen in einem neuen Artikel des Grundgesetzes der Wettbewerb um die besten Angebote für Langzeitarbeitslose erheblich eingeschränkt.
Doch wie auch in den Debatten der vergangenen Jahre weisen wir GRÜNE darauf hin: Man kann ein Gesetz machen, man kann eine Verfassungsänderung initiieren – das ist das eine. Schlussendlich kommt es aber immer auf die Inhalte an.
Deswegen sagen wir: Es kann nach unserer Meinung ein Weiter-so mit Hartz IV nicht mehr geben. Die Chance muss so genutzt werden, um aus den Erfahrungen zu lernen.
Hier ist gerade das Land Hessen gefordert. Es fängt damit an, dass es immer richtig ist, darüber nachzudenken, ob Gesetze richtig sind.Wenn wir uns erinnern, haben wir in der letzten Sitzung dieses Landtages mit großer Einstimmigkeit die Einschränkung von Maßnahmen durch Herrn Scholz abgelehnt. Man muss auch über geltende Gesetze nachdenken. Deswegen ist es notwendig, sich genau anzuschauen, wie sich die Situation in Hessen entwickelt.
Wir haben bislang immer noch nicht – das ist eine der abstrusesten Angelegenheiten – verlässliche Zahlen, um die Arbeit der Optionskommunen mit den Jobcentern, wo Kommunen und Arbeitsagentur zusammenwirken, zu vergleichen.
Für viele ist es ein kleiner Punkt, aber ich finde ihn sehr wichtig. Besonders ärgerlich ist, dass es keine validen Daten in den Optionskommunen zur Situation schwerbehinderter langzeitarbeitsloser Menschen gibt. Wir wissen, dass es sich um einen Bereich handelt, wo Menschen sehr schwer in den ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln sind, wo besondere Hilfen erforderlich sind. Wenn die Optionskommunen nicht in der Lage sind, hierzu entsprechende Statistiken zu liefern, ist das auch ein Armutszeugnis für die Arbeitsmarktpolitik der CDU in diesem Land.
Wir sollten auch nicht verschweigen, dass die Zahlen der hessischen Optionskommunen nicht ganz so gut sind, wie die Landesregierung immer vorgibt. So wies der Leiter der Regionaldirektion Hessen zu Beginn des Jahres darauf hin,dass Hessen im Rechtskreis des Sozialgesetzbuchs II nicht den Bundesdurchschnitt erreicht.
Hier ein paar Zahlen.Im Vergleich von Dezember 2007 zu Dezember 2008 hat sich die Zahl der Arbeitslosen in hessischen Optionskommunen um 15,5 % verringert. Das hört sich erst einmal ganz gut an.
Bei den hessischen Arbeitsgemeinschaften betrug diese Verringerung 16,9 %, in Westdeutschland insgesamt ging die Zahl der Arbeitslosen hingegen um 18,2 % zurück.
Da zeigt sich doch, dass gerade in Hessen einige selbstkritische Worte der Ministerin zu erwarten gewesen wären, wenn man die Arbeitsmarktpolitik zum Hauptthema einer Regierungserklärung macht.
Meine Damen und Herren, wir GRÜNE haben die Stärkung der kommunalen Jobcenter und der kommunalen Arbeitsmarktpolitik immer gewollt. Gerade Langzeitarbeitslose brauchen individuelle Förderansätze und einen überschaubaren Arbeitsmarkt. Dies ist aber auch in der Konstruktion einer Arbeitsgemeinschaft möglich.
Im Gegensatz zur Hessischen Landesregierung akzeptieren wir jede kommunale Entscheidung, z. B. für Arbeitsgemeinschaften, und werden dafür sorgen, dass künftig alle Kommunen, unabhängig von der gewählten Trägerschaft, die gleiche finanzielle und ideelle Unterstützung durch das Land erhalten.
Meine Damen und Herren, die Verknüpfung der arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Ansätze hat sich bewährt. Das soll auch in Zukunft so sein. Wir wollen nicht, dass Menschen wieder von Amt zu Amt laufen, um Hilfe zu erhalten. Sie sollen Leistung und Hilfe aus einer Hand und aus einem Guss erhalten, und das wollen wir auch organisatorisch fördern.
Lassen Sie mich noch Folgendes zur Bundesagentur sagen: Das operative Geschäft darf keinem Durchgriff einer Zentrale in Nürnberg oder sonst wo unterliegen. Selbstverständlich kann man vor Ort autonomer, effektiver und effizienter entscheiden, was der Einzelne und die Einzelne brauchen. Dazu gehören neben lokalen Entscheidungskompetenzen und Vernetzung auch die dezentrale Personal-, Organisations- und Budgethoheit.
Dafür braucht man Gestaltungsfreiheit vor Ort, flexible Instrumente. Meine Damen und Herren, jede Kommune weiß sehr viel besser, welche Angebote es in der Kommune gibt, die den langzeitarbeitslosen Menschen tatsächlich helfen und sie tatsächlich stärken. Das weiß man in Nürnberg nicht, und das wird man dort auch nie wissen.
Zielsetzung aller Angebote und Maßnahmen muss es doch sein, Langzeitarbeitslosen dauerhaft ein eigenständiges und selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.
Deswegen wollen wir den Einfluss der kommunalen Seite gegenüber dem Status quo weiter stärken. Um den Arbeitslosen diesen Ansatz auch wirklich nahezubringen, halten wir eine stärkere Kooperation auch mit anderen Hilfesystemen, z. B. der Jugendhilfe und der Schuldnerberatung, für zwingend erforderlich. Die sozialpolitische Kompetenz der Kommunen ist nicht zu ersetzen und muss
deswegen Teil einer Arbeitsmarktpolitik sein, die wir im Sinne der betroffenen Menschen haben möchten.
Meine Damen und Herren, die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ist und bleibt eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Deshalb darf sich der Bund nicht aus seiner Verantwortung entlassen oder entlassen werden. Nur er kann den Rahmen für günstige Arbeitsmarktbedingungen schaffen. Nur er verfügt über die notwendigen finanziellen Ressourcen für Leistungen und Hilfen. Die finanziellen Lasten, die durch die hohe Arbeitslosigkeit verursacht werden, dürfen nicht auf Kommunen und Länder abgeschoben werden.
Aber auch die Landespolitik steht in der Verantwortung. Arbeitsmarktpolitik muss ganzheitlich betrachtet werden. Die verschiedenen Politikfelder müssen im Zusammenhang gesehen werden.
Dazu sind viele Schritte nötig, und es reicht nicht aus, auf die Arbeitsmarktreform zu verweisen, so wichtig diese auch ist. Lassen Sie mich deswegen auf einige Punkte eingehen, die ich für zentral halte, um hier zu einer wirklichen Verbesserung zu kommen.
Um die strukturelle Arbeitslosigkeit abzubauen, muss vor allem die Qualifikation der Arbeitsuchenden verbessert werden. Deswegen müssen wir unsere Investitionen in Bildung und Ausbildung weiter erhöhen. Das ist und bleibt eine drängende Aufgabe, die Staat und Wirtschaft gemeinsam lösen müssen.
In Deutschland arbeiten inzwischen 6,5 Millionen Beschäftigte für Niedriglöhne. Weit über eine halbe Million sozialversicherungspflichtig Beschäftigte sind auf ergänzende Arbeitslosengeld-II-Zahlungen angewiesen, und es wird geschätzt, dass es noch viele weitere gibt, die aus verschiedenen Gründen diese Angebote nicht wahrnehmen.
Längst ist die Diskussion um die Rahmenbedingungen von Arbeitsverhältnissen zu einer Gerechtigkeitsfrage geworden. Viele Menschen sehen durch die immer weiter auseinanderklaffende Einkommensschere zwischen Arm und Reich den sozialen Frieden bedroht. Deswegen ist es überfällig, die Arbeitsbedingungen der Menschen im Niedriglohnsektor zu verbessern.
Dazu gehört das vom Landtag bereits beschlossene Vergabegesetz. Es muss endlich Rechtskraft erlangen, denn damit soll durchgesetzt werden, was viele Menschen schon für selbstverständlich halten: dass nämlich Unternehmen nur dann an Ausschreibungen öffentlicher Aufträge teilnehmen dürfen, wenn sie auch Tariflöhne zahlen.
Meine Damen und Herren, dass es überhaupt so lange dauert, bis eine solche Selbstverständlichkeit umgesetzt wird, ist schon ein Skandal.
Möglichst rasch brauchen wir flächendeckende Mindestlöhne; regionale und Branchenspezifika können dabei berücksichtigt und festgelegt werden. Dafür schlagen wir eine Kommission nach englischem Vorbild vor.
Der Kollege Rock ist schon auf die Zeitarbeitsfirmen eingegangen. Aber ich rate ihm dringend, sich einmal anzuschauen, wie die Zeitarbeit in anderen europäischen Ländern geregelt ist. Dann würden Sie diesen Vergleich eher scheuen.
Da helfen die Zahlen nämlich nicht weiter. Meine Damen und Herren, worum es geht, ist doch, dass die Zeitarbeitenden in den Unternehmen nicht in Konkurrenz stehen, weil sie billiger sind – sondern wir müssen regeln, dass die Entlohnung nach drei Monaten in einem solchen Betrieb entsprechend der der Stammbelegschaft erfolgt. Damit kann sichergestellt werden, dass hier nicht Sozialabbau durch die Hintertür erfolgt.
Auch in der Landespolitik brauchen wir Impulse für eine grundsätzliche Neuorientierung der Ausbildungs- und Arbeitsmarktprogramme. Sie müssen an die kommunalen Maßnahmen angepasst werden. Meine Damen und Herren, gerade für Jugendliche ist sehr viel zu tun, und viele Programme laufen nebeneinander her. Hier ist auf landespolitischer Ebene noch vieles zu regeln.
Für Jugendliche wollen wir früher eine berufliche Perspektive unterstützen. Wir schlagen vor, dass in Hauptund Berufsschulen ab Klasse 5 ein individuelles Fallmanagement erfolgt, das die Schülerinnen und Schüler tatsächlich auf einen vernünftigen Weg in die Arbeit und Ausbildung unterstützt. Meine Damen und Herren, wir fordern einen sozialen Arbeitsmarkt als Alternative zu 1-c-Jobs. Es ist doch klar, dass wir es mit einer ganzen Reihe von Menschen zu tun haben, die eindeutig mittelund langfristig nicht in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden können. Wir brauchen einen sozialen Arbeitsmarkt, der gerade diesen Menschen sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse verschaffen kann.
Das sind sicher nicht 25.000,aber ich denke,das ist ein Bereich, bei dem man wirklich agieren muss.
Wenn Sie verfolgt haben,was wir in den letzten Jahren immer vorgeschlagen haben, werden Sie feststellen, dass wir davon ausgehen, dass es sich hierbei hessenweit um rund 5.000 Personen handelt.
Herr Boddenberg, ich rede nicht von allen 1-c-Jobbern, sondern von denjenigen, bei denen klar ist, dass sie mittelund langfristig nicht in den ersten Arbeitsmarkt vermittelbar sind. Es ist doch nicht sinnvoll, jemanden für ein halbes Jahr in Arbeit zu vermitteln, wenn man schon vorher weiß, dass er danach in den nächsten Halbjahresjob vermittelt werden muss. Das ist doch der Unfug, den wir im Moment bei den 1-c-Jobs erleben.
Da haben wir mit dem sozialen Arbeitsmarkt ein gutes Programm. Er geht genau auf dieses Problem ein und schlägt hier für eine bestimmte Personengruppe eine gute Lösung vor.
Meine Damen und Herren, in der aktuellen Situation sehen wir, dass sich Deutschland mit der Agenda 2010 bewegt hat. Ich sage hier nochmals ausdrücklich: Wir GRÜNE sind der Meinung, Deutschland hat sich in die richtige Richtung bewegt.
Unstreitig hat die Agenda 2010 zum Abbau der strukturellen Arbeitslosigkeit beigetragen – obwohl dort noch viel zu tun ist. Aber sie bedarf an vielen Punkten der Weiterentwicklung.
Gleichzeitig aber hat sie in unserer Gesellschaft das Gefühl verstärkt, dass es hier nicht gerecht zugeht, dass die Einkommen immer weiter auseinanderklaffen, dass es in Deutschland immer ungleicher und ungerechter zugeht.
Meine Damen und Herren, die Erfolge auf dem Arbeitsmarkt, die Vermittlung von Menschen in Arbeit können nur dann nachhaltig sein, wenn auch das soziale Gleichgewicht gewahrt ist. Hier gibt es noch viel zu tun – packen wir es an.
Erster Vizepräsident Lothar Quanz:
Vielen Dank,Frau Schulz-Asche.– Für die CDU-Fraktion hat sich Frau Müller-Klepper zu Wort gemeldet. Bitte sehr. Sie wissen, die vereinbarte Redezeit beträgt 30 Minuten.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Kinder haben ein Recht darauf, nicht in Armut aufzuwachsen.
Armut heißt nicht nur ein Mangel an Geld, sondern auch ein Mangel an Teilhabe. Dies betrifft die Teilhabe an der Bildung und am gesellschaftlichen Leben. Die Voraussetzungen für die Teilhabe zu schaffen, ist Aufgabe einer guten Sozialpolitik.
Wir dürfen nicht zulassen, dass den Kindern in unseren Schulen und Kindergärten der Magen knurrt. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Kinder kein Schulmaterial haben, an den Ausflügen nicht teilnehmen können, nicht ausreichend bekleidet werden können oder keine Fahrkarten für Bus und Bahn haben. Es gibt Grundvoraussetzungen, um an dem gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können und um gute Startchancen ins Leben zu haben.
Auch der Musikunterricht oder die Mitgliedschaft in einem Verein sind gerade für Kinder wichtige Voraussetzungen dafür, sich als anerkannte Mitglieder der Gesellschaft zu fühlen und tatsächlich auch anerkannte Mitglieder der Gesellschaft zu sein.
Nach Auskunft des Hessischen Statistischen Landesamtes leben in Hessen rund 26 % der Familien in Armut. Der Grund dafür findet sich nach wie vor in unzureichender Kinderbetreuung und schlechten Beschäftigungschancen gerade auch für Frauen mit Kleinkindern. Im Vergleich zu Männern werden Frauen bei gleichwertiger Arbeit geringer bezahlt. Das sind die finanziellen Ursachen der Kinder- und Familienarmut in Hessen.
Ich hoffe, dass wir mit dem Armuts-Reichtums-Bericht noch sehr genauen Aufschluss darüber bekommen, wo diese Probleme ihren Grund haben. Über die Sozialgesetzbücher II und XII ist die Finanzierung des Lebensunterhalts auch von Kindern sicherzustellen, und zwar so, dass Kinder gesetzlich vor Armut geschützt sind. Es herrscht eine große Einigkeit darüber, dass die Regelleistungen für Kinder und Jugendliche derzeit völlig unzureichend sind.
Wir GRÜNE haben übrigens von Anfang an darauf hingewiesen, dass eine grundsätzliche Absicherung gerade für Kinder notwendig ist, und zwar sowohl im SGB II als auch im SGB XII, aber dort nicht gewährleistet ist. Ich danke ausdrücklich an dieser Stelle den Wohlfahrtsverbänden, die nicht müde werden, darauf hinzuweisen, dass hier großer Handlungsbedarf besteht.
Wie groß die Einigkeit inzwischen ist, zeigt auch, dass im Mai dieses Jahres der Bundesrat die Bundesregierung aufgefordert hat, bis Ende 2008 die Regelleistung für Kinder unverzüglich neu zu bemessen und dabei den besonderen Bedarf von Kindern und Jugendlichen zu berücksichtigen. Es gibt also einen breiten Konsens, die Regelleistung zu erhöhen. Die schlechte Nachricht ist allerdings, dass die Bundesregierung keine Anstalten macht, dies zu tun.
Aus diesem Grunde hat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bereits im letzten Jahr hier aktiv in diese Frage eingegriffen, und wir haben einen Härtefonds „Lernen ohne Hunger“ vorgeschlagen, weil deutlich wurde, dass Kinder von Mittagessen in Schulen und Kindergärten abgemeldet wurden. Wir haben festgestellt, dass einige Kommunen versucht haben, auf diesen wachsenden Missstand zu reagieren. Wir haben letztlich eine Landesregierung gehabt, die dieses Problem erkannt, allerdings eine Lösung gefunden hat, die leider nicht die Kinder in den Kindergärten berücksichtigt und auch unzureichend mit den Kommunen abgestimmt ist.Als Landtag haben wir inzwischen ein verbessertes Verfahren auf den Weg gebracht.
Heute beraten wir über einen Antrag der Linksfraktion zum Schulmittelfonds. Es ist tatsächlich so, dass die Eltern, die das Arbeitslosengeld II beziehen, ihren Kindern kaum eine gute Schulausstattung finanzieren können. Wenn man davon ausgeht, dass das bei der Einschulung rund 150 c kostet, dann ist uns allen klar, dass die Mittel, die in Hartz IV dafür vorgesehen sind, nämlich 1,33 c im Monat, bei Weitem nicht ausreichend sind, um den Bedarf zu decken. Das ist ein Skandal. Ich denke, dass man das immer wieder als solchen brandmarken und die Bundesregierung zum Handeln auffordern muss.
Wir sollten auch – darum bitte ich die Linkspartei – nicht vergessen, dass einige Kommunen in diesem Fall bereits angefangen haben, zu reagieren. Dazu gehören Darmstadt und Wiesbaden, um einige Beispiele zu nennen.Wir sollten deswegen nicht den Fehler begehen, mit Anträgen zu kommen,die den gleichen Fehler machen,den die Landesregierung im letzten Jahr gemacht hat, nämlich die Kommunen, die das Problem bereits erkannt haben, mit Beschlüssen des Landtages zu bestrafen.Von daher denke ich,dass wir im Ausschuss ausführlich darüber diskutieren müssen, wie eine solche Regelung im Einzelnen aussehen könnte. Das werden wir auch tun. Wir werden im Sozialpolitischen Ausschuss sehr ausführlich über diesen Antrag beraten müssen.
Wir haben weiter das Problem, dass der Schuljahresbeginn 2008 bereits hinter uns liegt. Das Schuljahr hat begonnen. Wir haben eine Reihe von anderen Problemen, die Sie eher kampagnenartig auch in den Kommunen und wahrscheinlich bald im Landtag einbringen.Es macht keinen Sinn, zum Schuljahresanfang die Schulmittel erhöhen zu wollen, am Winteranfang die Bekleidungshilfe usw. usf. Deshalb sollten wir die verschiedenen Bedarfe im Zusammenhang diskutieren, und zwar mit den Kommunen, denn die sind am Nächsten an der Situation armer Kinder. Deshalb sollten wir zu einer gemeinsamen Lösung kommen. Und das werden wir im Ausschuss auch so anstreben.
Dann sollte man auch vorsichtig sein, denn dieser Antrag, den Sie gestellt haben,hat Haushaltsmittel zur Folge.Deswegen denke ich, dass es ein Antrag ist, der in die Haushaltsberatungen gehört, und zwar dann auch abgestimmt werden kann, wie er finanziert werden kann. Aber das sollten wir in Ruhe beraten. Das ist auch nichts, was sich hier auf die Schnelle entscheiden lässt.
Vor allem aber – das möchte ich ausdrücklich betonen – sollten wir den Bund nicht aus der Verantwortung lassen. Es kann doch nicht sein, dass Landesmittel auf Dauer gebunden werden, als gäbe es keine Verpflichtung des Bundes, für den Abbau der Kinderarmut zu sorgen.
Meine Damen und Herren,es gibt originäre Aufgaben der Landespolitik im Sozialbereich. Diese Härtefonds können nur die akute Not lindern.Aber sie sind kein Beitrag zum nachhaltigen Abbau von Kinderarmut. Dazu brauchen wir ein Bildungssystem, das Kinder individuell fördert, Schularbeit und konkrete Hilfen für Teilhabe am Wohnort. Darauf sollten wir uns alle konzentrieren. Wir brauchen auch konkrete Hilfen für die Eltern.
Arbeitslosigkeit, fehlende Betreuungsmöglichkeiten, Benachteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt – all das sind Punkte, die wir landespolitisch angehen können. Hier gemeinsam wirkungsvolle Maßnahmen zu entwickeln, ist die Aufgabe einer Landesregierung, die sich soziale Gerechtigkeit zum Ziel gesetzt hat.
Meine Damen und Herren, lassen Sie uns deswegen gemeinsam dafür kämpfen, dass die Bundesregierung end
lich ihrer Verantwortung gerecht wird und durch eine bedarfsgerechte Grundsicherung dazu beiträgt, allen Kindern eine Teilhabe am Gemeinschaftsleben zu ermöglichen. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vorhin kam die Frage nach der Telefonnummer der Bundesministerin für Gesundheit auf – die nenne ich Ihnen jetzt: Es ist die 206400, für alle, die hier Gesprächsbedarf haben.
Meine Damen und Herren, ich sage aber gleich dazu: Ich habe nicht nachgeschaut, welches die Durchwahl von Frau Merkel ist. Denn wenn ich mich richtig erinnere, regiert in Berlin eine Große Koalition. Diesen Eindruck hat man hier zurzeit nicht.
Meine Damen und Herren, die Krankenhausfinanzierung ist schon immer ein Problem. Seit über 40 Jahren wird das bei uns diskutiert, und zwar aus einem einfachen Grund: In den Krankenhäusern gibt es einen sehr hohen Personalanteil. Deswegen sind Krankenhäuser teuer.
Ein ganz großer Teil der Menschen, die in den Krankenhäusern arbeiten, ist in der Pflege tätig. Deswegen sind in den letzten Jahren die Versuche, die Kosten in den Krankenhäusern zu reduzieren, zunehmend auf Kosten der Pflege umgesetzt worden.
Deswegen stimme ich dem im Grundsatz völlig zu:Wir haben in den Krankenhäusern eine Situation, in der bei der Pflege akuter Handlungsbedarf besteht.
Als ich 1979 mein Krankenpflegeexamen gemacht habe, war das eigentlich auch schon so.Aber man muss dazusagen: In den letzten Jahren hat sich diese Situation weiter verschärft.
Dazu kommt noch – und das wurde heute noch nicht gesagt –, dass bei der Pflege eine sehr starke Verwissenschaftlichung stattgefunden hat. Heute ist sehr viel klarer geworden, welche Bedeutung die Pflege innerhalb der medizinischen Versorgung hat. Die wissenschaftlichen und die professionellen Anforderungen in der Pflege, die Ansprüche, die man an sich selbst als Krankenschwester oder -pfleger hat, sind sehr stark gestiegen.
Aber auch bei den Patientinnen und Patienten gibt es eine Entwicklung. Sie werden immer älter und brauchen mehr Zuwendung.Auch dies belastet die Pflege zunehmend.
Durch die verkürzten Liegezeiten in den Krankenhäusern haben wir zudem eine Verdichtung der Pflege. Die Patienten sind schwerer erkrankt, wenn sie im Krankenhaus liegen, während sie die Zeit der Besserung bereits außerhalb des Krankenhauses verbringen. Dies belastet die Pflege zusätzlich.
Meine Damen und Herren, all dies hat tatsächlich dazu geführt,dass die Arbeitsbedingungen in den Krankenhäu
sern heute zum Teil unerträglich und nicht länger hinzunehmen sind.
Der zweite Punkt betrifft die aktuelle Finanzkrise der Krankenhäuser. Mehrere Rankings zeigen uns die bedrohliche finanzielle Situation, in der sich viele Krankenhäuser befinden. Dazu gehören sicher die Budgetdeckelung der Krankenhäuser und die Koppelung der Einnahmen an die Grundlohnsumme. Das hat dazu geführt, dass es zu einer absurden Unterfinanzierung der Krankenhäuser gekommen ist.Wir haben die Umstellung auf die Fallpauschalen, d. h., die Gelder werden pro behandelte Patienten berechnet. Einige Krankenhäuser haben diese Umstellung nicht gut hinbekommen, das muss man auch sagen.Gerade in Hessen haben wir auch nach wie vor eine mangelnde Kooperation der Krankenhäuser untereinander, wenn es um effektivere Strukturen der Versorgung geht.
Hier wurde schon mehrfach die Bundesebene angesprochen. Die Gesundheitsreform der Großen Koalition ist missraten. Die absurdeste Maßnahme war das Sonderopfer, für das die Krankenhäuser einfach so 0,5 % ihrer Erlöse abgeben sollten, um die Krankenkassen zu stabilisieren. Meine Damen und Herren, das ist natürlich ein völliger Unfug.
Wenn man sich dann noch anschaut, dass im gleichen Zeitraum die Personalkosten durch die Tarifabschlüsse weiter gestiegen sind, dann lautet das Fazit: Die Große Koalition hat hier einen großen Unfug beschlossen, der zurückgenommen werden muss.
Deswegen haben wir es begrüßt, dass die Gesundheitsministerkonferenz, der auch Ministerin Lautenschläger angehört, im Juli 2008 einen Forderungskatalog vorgelegt hat.
Im Juli hat sie also zum zweiten Mal den Beschluss gefasst, genau diese Forderung, die ich gerade genannt habe, zu unterstützen.
Inzwischen gibt es im Bundesgesundheitsministerium einen Referentenentwurf, der ebenfalls davon ausgeht, dass es für die Krankenhäuser eine zusätzliche Finanzspritze geben muss, kombiniert allerdings mit einer Pauschalierung der Investitionskosten.
Für alle, die sich in diesem Bereich nicht auskennen, muss man sagen, dass die Investitionen Aufgabe des Landes sind. – Herr Rentsch, daher wäre es richtig gewesen, zu sagen, dass sich alle Bundesländer in den letzten Jahren im Bereich der Investitionen sehr zurückgehalten haben. Ich drücke es einmal vorsichtig aus, wenn ich sage, dass Hessen noch einigermaßen gut dasteht. Dennoch hat Hessen seine Verpflichtung nicht erfüllt, das muss hinzugefügt werden. Im Bundesvergleich stehen wir zwar nicht schlecht – –
Frau Ministerin,das hat nichts mit Rot-Grün zu tun,sondern damit, wie ernsthaft sich eine Landesregierung mit der Frage befasst, sowohl die Krankenversorgung im
Krankenhaus als auch die ambulante Pflege miteinander zu verzahnen sowie mit Investitionen dafür zu sorgen, dass beispielsweise durch kürzere Wege in der Pflege Entlastungen stattfinden. Sie haben es als Landesregierung versäumt, diesen Auftrag voll zu übernehmen. Die langen Wege, die baulichen Maßnahmen, die Modernisierungen, die nicht in ausreichendem Maße erfolgt sind, haben dazu geführt, dass die Pflege zusätzlichen Belastungen ausgesetzt wird. Es ist ein Unterschied, ob Sie von einem Raum in einen anderen gehen müssen oder ob Sie die Patienten sogar von einem Haus in ein anderes transportieren müssen, nur um einfachste medizinische Untersuchungen vornehmen zu lassen.
Erster Vizepräsident Lothar Quanz:
Frau Schulz-Asche, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Kollegen Weimar?
Jetzt nicht, da ich meinen Gedankengang, den ich gerade entwickelt habe, zu Ende bringen möchte.
Meine Damen und Herren, nun zum aktuellen Stand. Bisher hat leider noch keiner gesagt, dass wir auch im Moment den üblichen Clinch zwischen dem Bund und den Ländern haben. Dieser muss meiner Meinung nach von einer aktiven Landesregierung gelöst werden. Das heißt nicht, dass man die Interessen des Landes hintenanstellt, sondern dass wir dafür sorgen müssen, dass Bund und Länder so miteinander ins Gespräch kommen, dass sich die Situation in den Krankenhäusern nicht verschlechtert und dass das Sonderprogramm zur Einstellung von Pflegekräften auch tatsächlich realisiert wird.
Es hilft wirklich nicht weiter, wenn die FDP-Fraktion einen Antrag einbringt, der praktisch von dem Antrag abgeschrieben ist, den die FDP-Fraktion auf Bundesebene eingebracht hat, sondern wir brauchen ein wirklich abgestimmtes Vorgehen zwischen dem Bund und den Ländern, um dafür zu sorgen, dass die Entlastung sowohl in der ambulanten Krankenpflege als auch in den Krankenhäusern stattfinden wird. Es macht keinen Sinn, sich gegenseitig die Schuld zuzuschieben, auch wenn ich Ihnen eingangs die Telefonnummer von Frau Schmidt genannt habe.
Erster Vizepräsident Lothar Quanz:
Frau Schulz-Asche, ich frage Sie nochmals, ob Herr Weimar eine Zwischenfrage an Sie richten darf.
Ich möchte nun lieber zu den Richtgrößen kommen, da ich diese für das eigentliche Thema halte. – Ich nehme an, dass Sie noch einmal etwas zur Finanzierung der Investitionen sagen möchten, doch werden Sie mir nichts anderes berichten können, als dass Sie bereits 100 Millionen c ausgegeben haben. Doch sage ich Ihnen, dass es letztlich nicht das gewesen ist, wozu Sie eigentlich verpflichtet gewesen wären. Daher fahre ich mit den Richtgrößen fort.
Sie bringen mich nicht in Schwierigkeiten, das haben Sie bestimmt gemerkt, denn da müssten Sie sich ein bisschen mehr anstrengen. – Es ist ohne jeden Zweifel dringend notwendig, dass in der Pflege personell aufgestockt wird. Für uns stellt sich aber die Frage, ob die Personalmindeststandards eine gute Lösung darstellen, denn gerade im Krankenhausbetrieb gilt: Quantität ist nicht gleich Qualität; und die einfachsten Lösungen sind nicht unbedingt auch die besten. Dennoch werden wir im Sozialpolitischen Ausschuss in Ruhe beraten, was die SPD vorgeschlagen hat.
Meine Damen und Herren, der Druck, der in den Krankenhäusern entstanden ist und der sich nun vor allem bei der Pflege entlädt, hat nicht nur äußere Gründe. Glücklicherweise gibt es immer weniger Krankenhausleitungen, die notwendige Modernisierungen beim Management versäumt haben; das haben im Übrigen auch einige der kommunalen Aufsichtsgremien versäumt. In den Krankenhäusern gibt es noch immer extreme Hierarchien.Wir haben eine gewerkschaftlich untermauerte Unterscheidung zwischen ärztlichem und pflegerischem Bereich, was ich in Anbetracht einer vernünftigen Patientenversorgung für sehr ungünstig halte. Wir haben insgesamt eine fehlende Orientierung am Patienten, der im Mittelpunkt einer solchen Versorgung zu stehen hat.
Meine Damen und Herren,daher müssen wir noch einmal betonen, dass es nicht reicht, einzelne Punkte anzugehen, sondern es muss darum gehen, eine integrierte Versorgung herzustellen. Wir müssen es schaffen, den Patienten in den Mittelpunkt zu stellen, und dazu gehört vor allem eine massive Verbesserung der Schnittstellen zwischen den niedergelassenen Ärzten und den Krankenhäusern. Dazu gehört aber auch, dass die Krankenhäuser sehr viel autonomer darüber entscheiden können müssen, wo und wie sie investieren wollen.Wir brauchen bauliche Modernisierungen – das habe ich bereits angesprochen – und Qualitätsstandards. Wir brauchen gerade für die Patienten mehr Qualitätstransparenz, damit diese besser entscheiden können, welches das geeignete Krankenhaus für sie ist, und damit sie erkennen, welche Leistungen jeweils angeboten werden.
Das ist mit bereits existierenden Personalstrukturinstrumenten, mit welchen modernes Management bereits arbeitet, machbar. Das kann man aber auch über Qualitätsstandards in Fallpauschalen machen. Ich weiß nicht, wie man für alle Fachbereiche übergreifend Mindeststandards für das Personal hinbekommen sollte, denn die Unterschiede in den einzelnen Fachbereichen sind sowohl in Bezug auf die Patientenstruktur als auch auf die Betreuungsschwere so groß,dass ich dies als sehr fraglich ansehe. Dennoch möchte ich das Ergebnis einer solchen Arbeitsgruppe nicht vorwegnehmen.
Wir brauchen – auch das möchte ich noch einmal erwähnen – ganz dringend eine Diskussion über die Abgrenzung sowie Verteilung von ärztlichen und pflegerischen Aufgaben im Krankenhaus.Wir haben hier in der Tat Synergieverluste. Wir wissen, dass die Pflege sehr nah am Menschen arbeitet. Daher brauchen wir in diesem Bereich eine bessere Kooperation, und es ist notwendig, dass von der Pflege zusätzliche Aufgaben übernommen werden. Gerade wenn ältere Menschen im Krankenhaus liegen, wollen diese keinen ständigen Wechsel haben. Daher geht es im Prinzip nicht nur um die Pflegetechnik,sondern um die persönliche Hinwendung des Pflegepersonals zu jedem einzelnen Patienten.
Meine Damen und Herren, alles, was ich gerade gesagt habe, zeigt, dass wir auf Landesebene eine sehr viel engagiertere Gesundheitspolitik brauchen, darauf ausgerichtet, nicht lediglich einzelne Bereiche herauszugreifen, sondern für die Menschen in Hessen in der Tat ein weitgehendes und bedarfsgerechtes Angebot zu entwickeln. Die Krankenhäuser brauchen eine solide Grundlage. Wir wissen, dass ein Teil der Probleme vom Bund kommt, ein anderer vom Land.Wir sind verpflichtet – auch das ist vor dem Hintergrund des demografischen Wandels von besonderer Bedeutung –, langfristig sicherzustellen, dass die medizinische und die pflegerische Versorgung eine Zukunft haben, und zwar eine qualitätsgesicherte Zukunft. Daher ist auch die Gesundheitsversorgung ein Teil nachhaltigen Wirtschaftens. Das wollen wir für die Menschen in Hessen sicherstellen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Erster Vizepräsident Lothar Quanz:
Frau Schulz-Asche, vielen Dank. – Als nächste Rednerin erhält Frau Schott für die Fraktion DIE LINKE das Wort.
Meine Damen und Herren, Herr Präsident! Wir erleben in diesem Landtag wahrlich seltsame und interessante Zeiten.Als ich gerade die Rede von Frau Müller-Klepper gehört und den Antrag der CDU-Fraktion gesehen habe, habe ich mich ausdrücklich gefreut, und zwar deshalb, weil die Weiterentwicklung von Kinderbetreuungseinrichtungen zu Familienzentren ein ganz zentraler Baustein des GRÜNEN-Programms in Sachen Elterkompetenz und Kindeswohl ist. Deswegen können wir alles, was in die Richtung geht, Familien in Hessen das Leben zu erleichtern, nur begrüßen. Daher habe ich mich ausdrücklich gefreut.
Wir GRÜNEN halten die Familienzentren gerade deshalb für besonders wichtig bzw. für einen wesentlichen Baustein für Familien, weil er Beratung und Unterstützung für alle,für jede Familie anbietet und nicht vorher selektiert. Ich glaube, dass solch eine Unterstützung der Familien gerade in den Zeiten besonders wichtig ist, in welchen die Unterstützung der eigenen Familie eher abnimmt oder nicht mehr vorhanden ist und in welchen wir Mobilität fordern,wobei gleichzeitig klar ist,dass dadurch für die Familien ganz erhebliche unterstützende Netzwerke wegbrechen. Unsicherheiten sowie Krisen gibt es bei allen Familien. Wir wissen, dass die meisten Familien solche Unsicherheiten sowie Krisen im Prinzip meistern können. Ich glaube aber, dass es die Aufgabe von Familienzentren sein wird, gerade dieses „Meistern“ zu erleichtern. Deswegen sind die Familienzentren in unserem Programm bzw. für unsere Familienpolitik so wichtig.
Wir müssen sehen, dass die Familien heute ganz unterschiedlichen Krisen sowie Problemen ausgesetzt sind.Das beginnt z. B. mit Partnerschaftsproblemen, die wir nicht
unterschätzen sollten.Wenn die Kinder auf die Welt kommen,verändern sich die Paarbeziehungen.Sie wissen auch alle, wie schwierig es für ein älteres Kind ist, zu akzeptieren,wenn ein weiteres Kind in die Familie kommt.All dies sind Krisen, mit welchen die meisten Familien hervorragend zurechtkommen. Dennoch können akute Krisen wie Krankheiten, Arbeitslosigkeit, Verschuldung usw. hinzukommen.Für all diese Krisensituationen brauchen die Familien Netzwerke. Daher fordern wir seit Jahren so vehement die Familienzentren.
Gerade die Anbindung an Einrichtungen,in welchen auch frühkindliche Bildung angeboten wird, ist für uns ganz wesentlich. Denn Chancengleichheit für alle Kinder besteht zum einen darin – hierauf ist Frau Müller-Klepper bereits eingegangen –, allen Kindern durch frühkindliche Bildung die besten Voraussetzungen für ihr Leben zu geben; zum anderen gehören natürlich zu einer guten Entwicklung auch kompetente Eltern. Erst mit der Komplettierung der Elternkompetenz wird es möglich sein, wirklich alle Kinder gerecht zu fördern.
Darüber hinaus haben wir Familien mit einem besonderen Hilfebedarf;auch diese dürfen wir nicht vergessen.Sie brauchen Angebote, die nicht diskriminierend sind, d. h. welche sie nicht als sogenannte Risikofamilien in Anspruch nehmen müssen, sondern welche sie wohnortnah und problemlos in Anspruch nehmen können. Das ist in Familienzentren besonders gut möglich.
Wir sehen, dass mit dem Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung,der noch nicht veröffentlicht wurde, erneut feststellt wird, dass 26 % der Familien in Deutschland mit einem hohen Armutsrisiko leben. Frau MüllerKlepper, ich denke, das ist ein Zeichen dafür, dass wir nicht über Randgruppen oder Randphänomene reden, sondern dass es sich um einen sehr großen Teil der Bevölkerung handelt, was nicht zu verantworten ist.
Was bei den Familienzentren darüber hinaus besonders interessant ist, ist, dass wir nicht über viele neue Ressourcen reden, sondern es geht darum, vorhandene Ressourcen zusammenzufassen und möglichst nah an die Familien heranzubringen. Ich glaube, das ist ein ganz wesentlicher Punkt, der die Familienzentren auszeichnet. Deswegen halten wir sie für einen so wichtigen Baustein.
Meine Damen und Herren, wir müssen aber auch dafür sorgen, dass das Inseldasein helfender Angebote nicht fortgesetzt wird, sondern dass sich diese Familienzentren, diese Kindergärten tatsächlich nicht nur zu Beratungsund Hilfsangeboten, sondern auch zu Treffpunkten für alle Kinder sowie deren Eltern entwickeln können.In diesem Zusammenhang muss man relativ klar sagen, inwieweit die Kommunen bei dieser Weiterentwicklung unterstützt werden können.
Meine Damen und Herren, es muss auch klar sein, dass wir die Kinderbetreuungseinrichtungen nicht ständig mit neuen Aufgaben belasten können, sondern dass hier zusätzliches Personal sowie zusätzliche Ressourcen notwendig sind.Wir können die Erzieherinnen und Erzieher solcher Kindergärten nicht beliebig belasten. Hierzu fehlen mir in Ihrem Antrag einige klärende Aussagen.
Dies ist übrigens nicht zuletzt aufgrund der negativen Erfahrungen der Fall, die wir in der Vergangenheit gemacht
haben. Ich begrüße, wie ich gesagt habe, Ihren grundsätzlichen Wandel in Bezug auf die Familienpolitik. Wir erinnern uns aber noch gut daran, dass Sie einen Bildungsund Erziehungsplan eingebracht haben, bei dem noch bis heute alle Beteiligten darüber klagen, dass es hierfür keine ausreichenden finanziellen, personellen sowie räumlichen Ressourcen gebe.
Wir erinnern uns an den Mittagessenfonds, der wiederum aktuell diskutiert wird, bei dem Sie ein Verfahren gewählt haben, das sehr stark an den Kommunen vorbeigeht. Wir erinnern uns an die Erfahrungen aufgrund der „Operation düstere Zukunft“, bei der Sie, was die Landesmittel angeht, die Familienbildung sowie die Erziehungsberatung – beide müssten Bestandteile eines solchen Familienzentrums sein – auf null gestrichen haben.Wir erinnern uns natürlich auch an vielfältige Projekte, Preisvergaben sowie sonstige Aktivitäten der Sozialministerin, die eher dazu dienten, die Öffentlichkeitsarbeit der Landesregierung zu gestalten, statt die Familienpolitik tatsächlich voranzubringen. Daher ist der große Wandel, der nun eingetreten ist, umso bemerkenswerter.
Meine Damen und Herren, gute Ideen brauchen Ressourcen. Deswegen versuchen wir mit unserem Änderungsantrag, Ihrem Antrag dazu zu verhelfen, endlich „Butter bei die Fische“ zu tun.
Wir fordern die Landesregierung auf, zum einen die Umsetzung des Bildungs- und Erziehungsplans dahin gehend zu unterstützen, dass die notwendigen Mittel und Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Das habe ich bereits erwähnt. Wenn wir über ein Modellprojekt zu Familienzentren sprechen, brauchen wir aber auch eine längerfristige Perspektive dafür. Das heißt, in diesem Konzept muss auch eine flächendeckende Umsetzung ebenso wie eine Zusammenarbeit mit den Kommunen beinhaltet sein. Es muss die Frage beantwortet werden, wie langfristig Familienzentren möglichst wohnortnah in allen Gemeinden Hessens zur Verfügung stehen können. Wir erwarten, dass wir durch den beantragten Bericht gut vorbereitet werden, in die Haushaltsberatungen für den Haushalt 2009 zu gehen.
Unsere dritte Forderung. Schauen Sie sich die Liste der Aufgaben der Familienzentren an. Die Gesundheitssituation vieler, auch gerade armer Kinder erfordert eine Anbindung von Sozialberatungsangeboten sowie Gesundheitsförderung und -prävention.
Frau Müller-Klepper, ich habe mich ausdrücklich gefreut, dass Sie hier signalisiert haben, dass Sie unserem Änderungsantrag zustimmen können. Ich freue mich daher auch auf die Beratungen im Ausschuss.
Lassen Sie mich zum Abschluss noch etwas zur Einbindung der Familienzentren in das gesamte Konzept der Elternkompetenz sagen. Meiner Meinung nach ist es nicht ausreichend, nur über Familienzentren zu reden. Letztendlich können Familienzentren nur ein Baustein eines Netzwerkes sein. Wir müssen uns einen ganz großen Bereich noch sehr viel näher betrachten: den Bereich vor und rund um die Geburt. Dort sind für junge Familien sehr viele unterstützende Angebote noch nicht vorhanden. Dort gibt es von Familienhebammen bis zu aufsuchenden Hilfen,von Beratung bis hin zu Familien- und Elternschulen einen ganz großen Bereich, den wir, hoffentlich gemeinsam, noch angehen müssen.
Sie wissen, dass wir seit Jahren eine Kindergarten-Eingangsuntersuchung fordern. Denn wir sind der Meinung, dass im Alter zwischen drei und vier Jahren – bei den U 1 bis U 9 gibt es für dieses Alter keine Untersuchung – eine Gesundheitsuntersuchung notwendig ist. KindergartenEingangsuntersuchungen sollen dafür sorgen, die Eltern vernünftig zu beraten, auch was die Auswahl von Kinderbetreuungseinrichtungen angeht. Das ist ein ganz wesentlicher Punkt, auf den ich noch einmal hinweisen muss. Er ist vor allem eine sinnvolle Ergänzung zu Familienzentren. Ich glaube, dass es ein ganz wesentlicher Punkt einer vernünftigen Familienpolitik sein muss, den Eltern durch die Feststellung des Entwicklungsstandes, des Sprachvermögens, der Fähigkeiten eines Kindes bei der Suche eines geeigneten Kindergartens beizustehen und ihnen zu helfen.
Wir brauchen drittens den Aufbau eines präventiven Netzwerkes für Familien in besonderen Lebenslagen. Auch darüber müssen wir auf Landesebene wieder sehr viel ernsthafter sprechen, als das bisher der Fall war. Dazu gehören die flächendeckenden frühen Hilfen, aber, wie gesagt, eben auch eine Weiterentwicklung der Familienzentren.Wenn man hier alle Angebote unter einem Dach hat, dann kann das gerade für Familien, die nach Hilfe suchen und dringend auf Hilfe angewiesen sind, dazu führen, dass man ihnen schneller und eben auch präventiver helfen kann.
Lassen Sie mich zusammenfassen. Familienzentren bündeln vorhandene Ressourcen. Das macht sie besonders interessant.Wir müssen aber auch die Löcher im sozialen Hilfenetz schließen, die in den letzten Jahren aufgerissen wurden. Daran kommen wir nicht vorbei. Es geht hier nicht um Kosmetik, sondern es geht um konkrete Hilfen. Ich denke, dass wir mit der heutigen Beratung auf einem guten Weg sind. Wir hätten es früher machen können. Aber, bitte schön, man freut sich über jeden Schritt in die richtige Richtung.Wir brauchen für alle Familien ein vielseitiges Angebot.Auch das ist notwendig und zu betonen. Denn wir wollen Familien weder bevormunden noch kontrollieren, sondern wir wollen Familien stark machen. Meine Damen und Herren, das gelingt auch mit Familienzentren. Dass wir damit anfangen können, bereitet mir große Freude. Ich hoffe, dass der Antrag mit unseren Änderungen im Ausschuss eine Mehrheit finden wird. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Rentsch, Sie haben sicherlich an einem Punkt recht: Der Gesundheitsfonds ist unnötig, und er ist unsinnig.Aus ihm wird ein bürokratisches Monster und ein Kostentreiber. Er basiert weder auf gesundheitspolitischer noch auf versicherungstechnischer Vernunft.
Aber wenn Sie in dem Zusammenhang den Gesundheitsfonds mit Sozialismus gleichsetzen, empfehle ich Ihnen erstens verbale Abrüstung und zweitens Nachhilfe in politischer Bildung. Ich glaube, das würde Ihnen an dieser Stelle wirklich guttun.
Der Gesundheitsfonds ist tatsächlich der großkoalitionäre Versuch, die Unsinnigkeiten des derzeitigen Systems mit den konträren Vorstellungen von CDU und FDP einerseits und dem SPD-Modell einer Bürgerversicherung unter einen Hut zu bringen. Meine Damen und Herren, wenn man sich das Ergebnis anschaut, muss man sagen, der Versuch ist gescheitert. Mit Gerechtigkeit oder nachhaltiger Sicherung der Krankenversicherung hat der Fonds rein gar nichts zu tun.
Die Festsetzung eines einheitlichen Versicherungsbeitrages wird bereits jetzt zum Spielball von politischen Auseinandersetzungen. Man kann schon darauf warten, was im Bundestagswahlkampf 2009 passieren wird. Der Zusatzbeitrag für die Kassen, die den festgesetzten Beitrag überschreiten müssen, wird gerade die Kassen in Not bringen, die besonders viele Familien – ich erinnere an den Tagesordnungspunkt, den wir vorhin besprochen haben –, ältere und weniger verdienende Menschen zu ihren Versicherten zählen. Es kann nicht unser Interesse sein, dass wir diesen Kassen schaden und eher Probleme bereiten, als sie zu lösen.
Es hat auch nichts mit Unwirtschaftlichkeit einer Kasse zu tun, wenn der Anteil der Älteren oder Familienversicherten besonders hoch ist.Wir wollen ja gerade ein Versicherungssystem, das nicht länger die Konkurrenz von privaten und gesetzlichen Kassen um junge, gut verdienende, alleinstehende Männer schärft, sondern wir wollen eine
nachhaltige gerechte Versicherung, die allen Bürgerinnen und Bürgern und gerade auch Familien und älteren Menschen eine gute Krankenversorgung sichert. Das wird in der jetzigen Konstruktion des Gesundheitsfonds nicht geleistet.
Meine Damen und Herren, gleichzeitig ist mit dem Gesundheitsfonds auch vorgesehen, den sogenannten Morbi-RSA – ein etwas putziger Begriff, hinter dem sich viel verbirgt – einzuführen. Es ist vorgesehen, dass jede Kasse pro Versicherten eine pauschale Zuweisung sowie ergänzende Abschläge und Zuschläge je nach Alter, Geschlecht und Krankheitsbildern der Versicherten erhält. Durch die besondere Berücksichtigung von schwerwiegenden und chronischen Krankheiten trägt ein solcher morbiditätsorientierter Risikostrukturausgleich – ein sperriges Wort – dem unterschiedlichen Bedarf der Kassen Rechnung.
Deswegen begrüßen wir durchaus die Einführung eines solchen Morbi-RSA, weil er den gerechten Ausgleich zwischen den Kassen stärkt. Aber er ist nicht unbedingt an die Einführung eines Gesundheitsfonds gebunden. Von daher denken wir, dass der Gesundheitsfonds abgelehnt werden und der Morbi-RSA trotzdem kommen kann. Meine Damen und Herren, richtig ist es, den verzerrten Wettbewerb, den wir zwischen den Kassen haben, zu regeln.Wir brauchen diesen Morbi-RSA.Wir brauchen aber keinen Gesundheitsfonds.
Was jetzt zusätzlich passiert – der Kollege Rentsch hat es vom Feinsten vorgemacht –, ist die Debatte über die sogenannte Konvergenzklausel. Das ist wirklich ein Beispiel, wo in Ihrer Rede verschwiegen wird, worum es eigentlich geht.Wir haben eine Regelung in § 272 des GKVWettbewerbsstärkungsgesetzes – so heißt das Gesetz, über das wir hier reden, das vor allem auf den Druck von Baden-Württemberg und Bayern zustande gekommen ist und nach dem den in einem Land tätigen Kassen, wohlgemerkt: nicht dem Landeshaushalt, sondern den Kassen, eine zusätzliche Belastung von über 100 Millionen c pro Jahr nicht angelastet werden kann. Herr Kollege Rentsch, die saubere Trennung hätte ich eigentlich von Ihnen erwartet. Dass Sie das nicht tun, ist ein Zeichen, mit welchem populistischen Ansatz Sie da herangehen.
Ich würde Ihnen ganz stark empfehlen, das hier sauber zu diskutieren. Letztendlich geht es nicht um eine Belastung des Landeshaushalts. Ich würde Ihnen empfehlen, nicht diesen Eindruck zu erwecken, wie Sie es vorhin getan haben.
Weil es nicht um die Finanzierung aus dem Landeshaushalt, sondern um die Finanzierung der Kassen geht,
halte ich es für besonders wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Regionalisierung unserem Sozialversicherungssystem im Moment völlig fremd ist und dass die Solidarität zwischen den Bundesländern und der Finanzierung
der Kassen nicht davon abhängig sein kann, wie die Einnahmen und Ausgaben für Gesundheit in einem Land sind. Deswegen haben wir das im Moment auf Bundesebene geregelt. Ich denke, wir sollten uns hier nicht auf eine Diskussion einlassen, die anfängt, zwischen armen und reichen Bundesländern Unterschiede zu machen,und auf einer platten Ebene geführt wird,wie Sie es gerade getan haben.
Der Antrag, den wir heute eingebracht haben, ist im ersten Satz mit dem der FDP identisch. Er bezieht sich darauf,dass wir den Gesundheitsfonds ablehnen und die Landesregierung auffordern, entsprechend im Bundesrat aktiv zu werden. Das können wir durchaus unterstützen, weil wir diesen Gesundheitsfonds für Blödsinn halten. Entschuldigen Sie das strenge Wort Blödsinn.
Ich bekomme Zustimmung von allen Seiten des Hauses. Dann kann es so falsch nicht gewesen sein.
Meine Damen und Herren, aber hier enden auch unsere Gemeinsamkeiten mit der FDP. Ich hätte es übrigens aufgrund der Modelle, die Sie in der Krankenversicherung bevorzugen, ganz sinnvoll gefunden, wenn Sie vielleicht ein paar nachdenkliche Worte über die weltweite Finanzkrise verloren hätten. Wenn man der Meinung ist, dass man ein 80-Millionen-Volk über kapitalgedeckte Beiträge in Privatversicherungen versichern will, dann sollte man vielleicht in einer Situation, wo die Finanzmärkte in Unruhe sind, ab und zu einmal ein selbstkritisches Wort von der FDP erwarten können.
Deswegen haben wir einen zweiten Teil in unserem Antrag,der aufzeigt,in welche Richtung es gehen muss,wenn wir für Familien, für ältere Menschen, für alle Bürgerinnen und Bürger wirklich eine nachhaltige Versicherung gestalten wollen; denn aus unserer Sicht ist die Alternative zum Gesundheitsfonds nicht, die gesetzliche Krankenversicherung zu zerschlagen, wie es die FDP und Teile der CDU wollen. Unsere Alternative heißt Bürgerversicherung.
Unser Antrag enthält mitnichten alle Punkte der grünen Bürgerversicherung – das sage ich ganz offen –,weil es uns eher darum geht, im Haus eine Mehrheit zu finden. Deswegen möchte ich folgende Punkte betonen.
Wir wollen erstens, dass alle Bürgerinnen und Bürger versicherungspflichtig werden. Das heißt, wir wollen Privilegien abbauen, und wir wollen auch die bisher privat Versicherten in eine Bürgerversicherung überführen,wobei die Leistungsansprüche dabei durchaus erhalten bleiben können. Damit sorgt eine solche Bürgerversicherung für mehr soziale Gerechtigkeit,da sie davon ausgeht,dass alle die gleichen Rechte und Ansprüche haben.
Zweitens. Wir wollen, dass alle Einkunftsarten, d. h. auch Vermögen, Gewinne und Mieteinkünfte, bei der Berechnung der Beträge berücksichtigt werden. Das stärkt die Nachhaltigkeit der Finanzbasis vor allem deshalb, weil es die einseitige Anbindung der Krankenversicherung an die abhängige Beschäftigung endlich auflöst und auch an Gewinn und Vermögen koppelt, sodass auch Einkommensarten herangezogen werden, die einen Anteil am Wachstum des Sozialprodukts haben. Das ist eine ganz wesentliche Konstruktion für die Nachhaltigkeit einer Krankenversicherung.
Drittens. Die Parität muss aus unserer Sicht für die Einkommen erhalten bleiben, die sich aus abhängiger Beschäftigung ergeben. Auch das ist eine Frage der sozialen Gerechtigkeit, die sich in unserem Land seit Langem entwickelt hat.