Peter Zamory
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Frau Präsidentin, meine Damen und Herren!
Herr Wersich, bei Ihrer Rede habe ich wirklich gestaunt, denn ich konnte eigentlich vermuten, daß Sie sich in der Stadt geirrt und über Berlin und nicht über Hamburg gesprochen haben. Dort gibt es marode Kliniken. Sie sind so marode, daß es einen Versuch gegeben hat, Herrn Lohmann nach Berlin abzuwerben. Ich bin froh, daß er in Hamburg geblieben ist.
Was Sie hier erzählen, ist einfach unglaublich. Der LBK hat – wie mein Vorredner schon ausführte – die Hauptbürde des Bettenabbaus geleistet und ohne betriebsbedingte Kündigungen 2500 Arbeitsplätze sozialverträglich abgebaut. Im Marien-Krankenhaus, einem gemeinnützigen Krankenhaus, war das nicht möglich. Das Küchenpersonal wurde betriebsbedingt gekündigt.
Wir müssen, wie ich denke, einen allgemein gültigen Maßstab anlegen. Das Wichtigste an dem vorliegenden Krankenhausplan ist für mich nicht nur das Ergebnis, sondern die Methode, die Art und Weise, wie er zustande gekommen ist. Das erste Mal in der Geschichte der Bundesrepublik hat es ein moderiertes Verfahren zwischen Krankenkassen, Krankenhausträgern und Behörde gegeben, mit einem Moderator, der von allen akzeptiert wurde. Deshalb haben wir in der Anhörung, die wir im Gesundheitsausschuß zum Krankenhausplan durchgeführt haben, auch so wenig substantielle Kritik gehört. Diejenigen, die Kritik geübt haben, sind die CardioClinik, weil sie sich viel zu spät in die Planung eingebracht hat, und die Klinik Edmundsthal-Siemerswalde. Aber ich höre immer nur von Ihnen die Kritik, von dem Verband der gemeinnützigen Krankenhäuser in Hamburg; von der Hamburger Krankenhausgesellschaft höre ich diese Kritik nicht. Also vermute ich, daß Sie damit im Moment ein Wahlkampfsüppchen kochen wollen. Aber die Suppe wird Ihnen versalzen.
Gehen wir ins Detail. Im Krankenhausplan sind die verschiedenen Fusionen dargestellt, die abgeschlossene zwischen Bergedorf und Bethesda sowie die geplanten Fusionen, die schon aufgeführt wurden. Wir werden das AK Barmbek verkleinert neu bauen, nicht für 320 Millionen DM, sondern für 298 Millionen DM, für 22 Millionen DM weniger als ursprünglich geplant. Das Besondere daran ist ein bisher einzigartiges Ausschreibungs- und Finanzierungsverfahren, wonach der Senat nicht jeden einzelnen Bauabschnitt des AK Barmbek sofort bezahlen muß, sondern die Gesamtsumme im Jahre 2006. Dadurch wird eine zweistellige Millionensumme gespart, die anderen Krankenhäusern zur Verfügung steht.
Wir werden das neue Diakonie-Krankenhaus bekommen und genau beobachten, wie die Kooperation zwischen den Häusern AK Harburg und dem Krankenhaus Mariahilf im Hamburger Süden letztlich umgesetzt wird. Beide Krankenhäuser mit je einer chirurgischen und gynäkologischen Abteilung werden nicht überlebensfähig sein. Deshalb wird es notwendig sein, auch diese Krankenhäuser dazu zu bringen, über ihren Schatten zu springen und zu kooperieren, wie es in Bergedorf möglich gewesen ist.
Ein sehr wichtiger Punkt für die Grünen ist die Frage der Psychiatrie. Wir werden in Hamburgs Süden eine Kinderund Jugendpsychiatrie neu hinzubekommen, die Psychiatrie im Krankenhaus Rissen wird ausgebaut, und das Albertinen-Krankenhaus wird eine neue psychiatrische Abteilung bekommen. Das wird ein Fortschritt für die psychiatrische Versorgung in Hamburg sein.
Ein Kritikpunkt für uns und die Zukunftsaufgabe ist die Palliativmedizin. Sie ist im Krankenhausplan leider nicht ein
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zeln ausgewiesen, sondern verschwindet unter dem Punkt Psychosomatik und Schmerztherapie. Die Palliativmedizin und Sterbebegleitung ist für uns so wichtig, daß sie mit den vorhandenen Betten, die ausgebaut werden müssen, direkt im Krankenhausplan auftauchen sollte.
Grundsätzlich ist zu sagen, daß mit diesem Planungsverfahren, das tatsächlich schwierig war, weil so viele Interessen miteinander in Einklang gebracht werden mußten, erreicht wird, daß Hamburg zwei im Grunde genommen neue, hochtechnisierte und qualifizierte Krankenhäuser bekommt und gleichzeitig dem Ziel einer integrierten Versorgung, nämlich Krankenhäuser zu Gesundheitszentren zu machen, ein wichtiger Weg gewiesen wird.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das UKE steht heute vor einem entscheidenden Schritt seiner Verselbständigung vom staatlichen Regiebetrieb zur Selbstverantwortung. Das ist ein dringend notwendiger Schritt, um das UKE vorzubereiten auf die ökonomischen Herausforderungen der nächsten Jahre, auf die diagnosebezogenen Abrechnungsgruppen und um letztlich beim Wettbewerb in der Krankenversorgung mit anderen Hamburger und norddeutschen Krankenhäusern wirklich konkurrenzfähig zu sein und zu bleiben. Wir haben das UKE über die Jahre im Wissenschaftsausschuß mehr als kritisch begleiten müssen, und mir ist klar, daß mit diesem Gesetz allenfalls wichtige Voraussetzungen und Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden, daß wir uns hoffentlich in Zukunft weniger mit dem UKE werden beschäftigen müssen. Es hängt vom UKE ab, von den dort arbeitenden Wissenschaftlern, aber letztlich von allen Mitarbeitern, ob das UKE die Chancen, die dieses Gesetz bietet, nutzt, um seinem eigenen Anspruch, in Zukunft im ersten Drittel aller medizinischen Fakultäten der Republik qualitätsmäßig vertreten zu sein, wirklich gerecht zu werden.
Dieses Gesetz – ich fasse noch einmal die wichtigsten Punkte zusammen – sorgt dafür, daß der Anregung des Wissenschaftsrats gefolgt wird, Forschung und Lehre in der Universität verbleiben zu lassen und die Krankenversorgung davon zu trennen, was auch dazu führt, daß Dekan und Ärztlicher Direktor nicht mehr ein und dieselbe Person sein werden; ein sehr wichtiger Punkt.
Außerdem ermöglicht das neue Gesetz die Zentrenbildung innerhalb des UKE mit der Möglichkeit, kollegiale Leitungen zu installieren und damit auch etwas zur Enthierarchisierung beizutragen; es ist eine Chance. Ein Abteilungsleiter einer medizinischen Abteilung muß nicht unbedingt gleichzeitig C4-Professor, das heißt Lehrstuhlinhaber, sein. Auch das ist ein Schritt in Richtung Arbeitsteilung und kollegialer Leitung.
Ein weiterer Punkt, der hier immer strittig diskutiert wurde, ist die Zusammenführung der Personalräte in einen Personalrat. Ich weiß, daß das ein Punkt gewesen ist, der besonders hart und widersprüchlich innerhalb des UKE, aber natürlich auch bei uns im Ausschuß und im Parlament diskutiert wurde. Die Beibehaltung eines nichtwissenschaftlichen und eines wissenschaftlichen Personalrats damit zu begründen, daß es den wissenschaftlichen Mitarbeitern zeitlich nicht zumutbar sei, sich um die Belange der nichtwissenschaftlichen Mitarbeiter zu kümmern, halte ich für nicht akzeptabel.
Wenn es den wissenschaftlichen Mitarbeitern nicht einmal gelingt, die basisdemokratischen und gewerkschaftlichen Rechte gegenüber ihren Vorgesetzten durchzusetzen, stellt sich für mich die Frage, wie sie überhaupt Mitarbeiterinteressen vertreten wollen.
Eine weitere Nebelkerze geistert im Moment durch die Stadt, die Frage des Widerspruchsrechts.
Im Moment nicht.
Wenn die Besitzstandswahrung für die momentanen Arbeits- und Entgeltbedingungen abgesichert ist, und das ist sie, dann ist ein Widerspruchsrecht in der Form nicht nötig. Es wird dann nötig, wenn vollständig privatisiert wird. Im LBK, das möchte ich einmal als Vergleichsbeispiel nennen, sind 22 Gesellschaften ausgegliedert worden, ohne daß es irgendein Problem mit dem Personalrat gegeben hat. Man hat sich geeinigt und das tarifrechtlich entsprechend verhandelt.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die finanzielle Absicherung des UKE durch die Übereignung der Grundstücke. Ein Punkt, der auch in der Debatte in der letzten Zeit wichtig geworden ist, ist, daß alle Beschäftigten des UKE demnächst der personalärztlichen Untersuchung des UKE unterstehen. Da gibt es nicht mehr den Unterschied zwischen beamteten Ärzten oder Gastärzten oder nichtbeamteten Mitarbeitern.
Das Gesetz leistet die Rahmenbedingungen für die Umsetzung des General- und Masterplans des UKE. Und gerade weil wir uns über acht Jahre im Wissenschaftsausschuß von allen Universitätsteilen am meisten mit dem UKE aus den leidlich bekannten Gründen beschäftigt haben, ist es um so wichtiger, deutlich zu machen, worauf es jetzt in der Umsetzung dieses Gesetzes im UKE selber ankommt. Da ist es wenig hilfreich, wenn Herr von Beust in seinem Zehn-Punkte-Programm darauf rekurriert, daß ein Hauptgrund für die Novellierung des Gesetzes nach einer beabsichtigten Übernahme des Senats sein soll, ärztlichen Sachverstand im Kuratorium einzuführen. Herr von Beust ist leider nicht hier, aber ich sage es auch noch einmal an die Adresse der CDU gerichtet:
Ein paar mehr. – Ärztlichen Sachverstand gibt es im UKE genug, und jeder Wissenschaftssenator oder jede -senatorin der Zukunft kann in das Kuratorium selbstverständlich auch Ärzte berufen. Aber was das UKE im Moment braucht, ist psychologische und kommunikationswissenschaftliche Beratung und Sachkompetenz, denn in der letzten Wissenschaftsausschußsitzung hat der Kaufmännische Direktor deutlich gemacht, daß dort die schlimmsten Defizite des UKE liegen. Die Hierarchien, die einzelnen Berufsgruppen reden kaum miteinander, und wenn es dem UKE nicht gelingt, das grundlegend auf allen Ebenen zu verändern, werden sie ihre selbstgesteckten Ziele nicht erreichen. Eine neue Unternehmenskultur ist notwendig, und deshalb ist es wichtig, in den jetzt folgenden Ziel- und Leistungsvereinbarungen zwischen Senat und UKE Patientenschutz und Qualitätssicherung zu einem der zentralen Punkte zu machen. Patientenschutz, Patienteninteressen müssen im UKE weiter umgesetzt und durchgesetzt
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werden. Dazu ist dieses Gesetz weder der richtige Ort noch das richtige Mittel. Aber es wird Maßnahmen geben – die Senatorin wird dazu nachher noch etwas sagen –, um dies von Anfang an wirklich durchzusetzen. Bei der Berufung des Ärztlichen Direktors der Zukunft und auch bei der Berufung der Abteilungsleiter muß die Fähigkeit zu einer kollegialen Personalführung und der Wille zu einem umfassenden Qualitätsmanagement mindestens ein genauso wichtiges Kriterium sein wie die wissenschaftliche Qualifikation.
Wenn das im UKE zunehmend Wirklichkeit wird, wenn sich ein Generationswechsel vollzieht, dann habe ich Hoffnung, daß das UKE den selbstgesteckten Zielen in Zukunft gerecht werden wird.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Salchow, wenn Sie mit uns das Interesse teilen, daß das UKE wirklich seinen Ansprüchen gerecht und Spitze wird, wenn Sie unser Ansinnen teilen, daß sich das, was wir in den letzten Tagen zu beklagen haben, nicht wiederholt, dann hören Sie auf, dieses Gesetz zu verzögern,
denn mehr als eine Verzögerung um ein oder eineinhalb Monate werden Sie mit Ihrer Methode nicht schaffen.
Frau Fischer-Menzel hat zu dem Gesetz schon Wesentliches gesagt, deswegen kann ich mich darauf konzentrieren, Ihnen zu antworten, Herr Salchow. Es geht nicht um eine Kooperationslösung, sondern um eine Integrationslösung, die wir gefunden und auf die wir uns geeinigt haben, wonach Forschung und Lehre in der Universität verbleiben und das UKE als Gesamtkomplex für Forschung, Lehre und Krankenversorgung verantwortlich bleibt. Das ist richtig so.
Was den Generalplan anbelangt, haben wir durchgesetzt, daß Änderungen vorgenommen wurden, beispielsweise die wichtige Zahnprävention, wo eine Einigung möglich war, sowie den Verbleib der Medizinsoziologie im UKE. Auch das sind Punkte, die den Koalitionsfraktionen wichtig waren und die wir besprochen haben. Grundsätzlich sagt der Generalplan, daß sie überdurchschnittlich werden wollen, und an diesem Anspruch muß sich das UKE messen lassen. Dazu braucht es unsere Unterstützung und Hilfe. Wenn Sie gestern forderten, der Staat solle das UKE mehr kontrollieren, und heute sagen, das Kuratorium solle durch wen auch immer besetzt werden, dann ist es ein Widerspruch, dessen Auflösung Sie uns schuldig sind.
Wenn der Staat dem UKE für die wesentlichen Punkte Forschung und Lehre Geld gibt, wenn er die Haftung behält, dann muß er selbstverständlich auch die Kontrolle behalten. Wer im Kuratorium die Kontrolle mit der Senatorin zusammen ausübt, werden wir sehen. Es wird sicher genug Sachverstand vorhanden sein. Da bin ich mir ganz sicher.
Das UKE muß durch die Übertragung der Grundstücke und der Gebäude finanziell abgesichert werden. Für das UKE
ist damit ein wesentlicher Schritt erreicht worden. Durch die Umstellung der Altersversorgung auf Unterstützungskasse und Direktversicherung für die Zukunft – Beamte ausgeschlossen – ist auch dieses Problem zufriedenstellend gelöst. Was die Schadensregulierung des Strahlenskandals anbelangt, hat es das UKE bisher durch eigene Kraft geschafft, dafür Rückstellungen zu bilden. Das ist eine große Leistung und auch notwendig, gemessen an der Größe des Schadens in der Vergangenheit. Aber das jetzt zu instrumentalisieren und dieses Gesetz zu torpedieren ist schlicht unlauter.
Ich möchte noch etwas zum Personalrat sagen. Auf der ersten Seite seiner Presseerklärung hat der wissenschaftliche Personalrat sehr zutreffend – mein Kollege Herr de Lorent hat das gestern zitiert – die Situation im UKE beschrieben. Auf der zweiten Seite gibt es einen Satz, den ich zitieren möchte:
„An Stelle des wissenschaftlichen Personalrats wird es einen sogenannten gemeinsamen Personalrat mit dem nicht wissenschaftlichen Personal geben, in dem aufgrund der Umstände“
die nicht weiter erläutert sind –
„so gut wie keine Ärzte beziehungsweise Wissenschaftler vertreten sein werden.“
Was sind das für Umstände? Uns wurde gesagt, daß die Arbeit in einem gemeinsamen Personalrat wahrscheinlich acht Stunden pro Woche kosten würde. Wenn der wissenschaftliche Personalrat, der mit dem anderen Personalrat noch ein Jahr Zeit hat – so lange geht ihre Amtszeit –, sich auf die neue Situation einzustellen, es nicht schafft, den Chefs klarzumachen, daß ein gewählter Personalvertreter diese Zeit braucht, wie weit her ist es dann mit der Interessenvertretung der Ärzte und der Wissenschaftler?
Nein. Ich war Vertrauensmann in einem Krankenhaus und habe mich zuständig gefühlt auch für die Belange türkischer Putzfrauen und nicht ärztlicher Mitarbeiter. Das ist ein ständisches Auftreten, das wir nicht unterstützen können.
Es müssen beide Personalräte – und sie haben ein Jahr Zeit dafür – gemeinsam dafür sorgen, daß es eine effiziente Personalvertretung aller Mitarbeiter geben wird. Unter diesem Anspruch können wir sie auch nicht entlassen.
Es geht bei den Leitungsstrukturen – da haben wir Wesentliches geändert – um die Trennung der Zuständigkeit für Forschung und Lehre. Es wird einen Studiendekan geben aus den Reihen derer, die lehren und forschen, und es wird einen Ärztlichen Direktor geben, der vom Kuratorium eingesetzt wird. Dieser Ärztliche Direktor muß so stark sein, daß es endlich möglich ist, mit Qualitätssicherung in allen Bereichen des UKE wirklich ernst zu machen. Daran wird diese Person gemessen werden. Und wenn diese Person diese Ansprüche nicht erfüllt, wird sie ausgetauscht werden müssen. Aber ich gehe davon aus, daß es selbstverständlich möglich sein wird, einen starken Ärztlichen Direktor zu finden.
Des weiteren ist es als Prophylaxe für weitere unerwünschte Ereignisse notwendig, daß im UKE Zentren ge
bildet werden. Es gibt bereits ein Zentrum in der psychosozialen Medizin, aber auch andere Zentren können gebildet und kollegial geleitet werden, wenn die Betroffenen es selbst wünschen. Außerdem ist auf Abteilungsleiterebene eine Trennung möglich zwischen dem C4-Professor, der für Forschung und Lehre zuständig ist, und dem Abteilungsleiter, der für Krankenversorgung zuständig ist. Auch das ermöglicht kollegiale Leitungsstrukturen, wenn es gewünscht ist. Das können wir nicht verordnen, das liegt an den Menschen, die diese Position ausfüllen, und wie sie sich in Zukunft ihre Leitungsverantwortung vorstellen. Den Rahmen dafür geben wir vor. Aber das sind die Maßnahmen, die zumindest einen Schritt in die Richtung sind, dafür zu sorgen, daß sich das, was wir gestern beklagt haben, nicht wiederholt.
Zusammenfassend möchte ich folgendes sagen: Das UKE leistet in vielen Dingen bereits wirklich Avantgardistisches. Es geht überhaupt nicht darum, die Leistung des UKE klein- oder schlechtzureden. Aber das, was an Unternehmenskultur im Moment vorhanden ist, wie Frau FischerMenzel richtig sagte, ist ein Punkt, an dem weiter gearbeitet werden muß. Dazu liefert dieses Gesetz, das Sie verzögern wollen, den Rahmen. Sie werden es nicht schaffen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst etwas zu Frau Koppke sagen. Sie haben die Senatorin verunglimpft; das war unter Ihrem Niveau; und Sie haben mich politisch angegriffen; das ist Ihr gutes Recht. Aber Patientenrechte gehören dort hin, wo sie tagtäglich kontrolliert werden müssen – ins UKE. Ein Gesetz der Verselbständigung ist in den Punkten nicht der Ort, das zu regeln.
Es ist so, daß die Senatorin – da waren Sie nicht im Ausschuß, Frau Koppke – erklärt hat, daß eine der ersten Aufgaben des neuen Kuratoriums sein wird, die Prinzipien des Hamburger Modells der Schadensabwicklung auch zur Richtlinie des Vorstandes des UKE zu machen. Damit ist gewährleistet, daß der Maßstab dessen, was an außergerichtlichen Einigungen bei Schadensfällen möglich ist –
Unterstützung der Patienten unter Zuhilfenahme eines Anwalts und der Zurverfügungstellung von 1000 DM für die ersten Anwaltskosten und so weiter –, weiter gewährleistet bleibt. Damit sind wesentliche Patientenrechte gewährleistet. Als das im Ausschuß verhandelt und beantwortet wurde, waren Sie nicht da, und Sie haben sich nicht informiert.
Ein weiterer Punkt ist, daß die Senatorin im Ausschuß zu Protokoll gegeben hat, daß auch die Aufsicht für die beamteten Ärzte an die Ärztekammer übergehen wird. Ein wesentlicher Punkt, der häufig gefordert wurde und was gewährleistet wird.
Über die Weiterentwicklung von Patientenrechten müssen wir uns immer wieder neu unterhalten. Insofern ist die Frage, inwieweit ein Ombudsmann, zumal, wenn er schon sechs, sieben Jahre an ein und demselben Krankenhaus tätig ist, nicht vielleicht rotieren sollte. Ich bin der Meinung, daß es da auch noch Verbesserungsmöglichkeiten gibt. Wir haben uns für die nächste Legislaturperiode vorgenommen, für alle großen Hamburger Krankenhäuser unabhängige Patientenbeschwerdestellen einzurichten, wo die Menschen innerhalb dieser Beschwerdestellen in einem Zeitraum von zwei Jahren rotieren, um wirklich Patienteninteressen zu vertreten.
Ich möchte noch ein Wort zu dem Kollegium sagen, Herr Beuß. Das ist wirklich Albernheit pur. Auf der einen Seite haben Sie – bezogen auf das UKE – mehr staatliche Kontrolle gefordert, und auf der anderen Seite wollen Sie dem Gremium, den C4-Professoren, die als Kollektiv bisher nun wirklich nicht an der Speerspitze der Qualitätssicherung gestanden haben,
Macht im Vorstand geben. Das – kann ich nur sagen – nicht mit uns. Ich bin vor geraumer Zeit – damals noch mit Herrn Jörß zusammen – von dem Kollegium einmal eingeladen worden, und wir haben über die Zukunft des UKE diskutiert. Das ist schon fünf, sechs Jahre her, aber ich erinnere mich noch genau daran. Ich habe damals zu ihnen gesagt, daß sie mir vorkämen wie das ZK der SED im Frühjahr 1989: Die Macht bröckelt schon, aber sie wollen es nicht wahrhaben. Jetzt schlägt die Stunde der Wahrheit. Ein starker Ärztlicher Direktor, gestärkt durch das Kuratorium, muß Qualitätssicherung mit Berichtswesen und allen Einzelheiten durchsetzen. Daran wird der Ärztliche Direktor gemessen werden.
Zu der angeblichen Unwahrheit der Senatorin im Ausschuß kann ich nur folgendes sagen: Wir haben über die Rückstellungen für den Strahlenskandal diskutiert. Sie haben bis heute nicht begriffen, daß das UKE in den vergangenen Jahren aus eigener Kraft Rückstellungen dafür gebildet hat und auch weiter diese notwendigen Zahlungen leisten wird.
Auf Ihre Frage, ob es weitere Schadensfälle gibt, haben Sie sich auf den Strahlenskandal bezogen.
Serienschäden gibt es – Gott sei Dank – in dem Umfang nicht und hoffentlich auch in der nächsten Zukunft nicht.
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Mit der Herzchirurgie ist das überhaupt kein Klacks. Das ist ein sehr bedauerlicher Schaden, aber es ist kein Serienschaden. Von den 120 Operationen sind uns bisher fünf Komplikationen bekannt, die schlimm genug sind, aber ein Serienschaden wie beim Strahlenskandal existiert nicht.
Da muß man wirklich genau differenzieren.
Das Organisationsversagen – da haben Sie recht – liegt in dem mangelndem Berichtswesen zwischen der Abteilung und dem Ärztlichen Direktor. Das ist etwas, was auf jeden Fall verbessert werden muß. Aber das klappt auch nur bei den besten Bestimmungen, wenn die Betroffenen dann auch wirklich mitmachen und unerwünschte Ereignisse schnell dem Ärztlichen Direktor und auch der politischen Leitung weitermelden.
Wenn das unterbleibt, wie in diesem Fall, wenn die Wahrheit vom UKE nur scheibenweise an den Tag kommt, dann ist das allerdings eine Katastrophe, die so nicht bleiben kann.
Noch einmal zum Personalrat. Ich möchte an die Diskussion vor fünf, sechs Jahren um das Betreiben des nicht mehr in Aktivität befindlichen Therapiesimulators erinnern. Damals gab es eine große Presseanzeige von Mitarbeitern des UKE, die sich als Opfer einer Pressekampagne dargestellt haben. Da habe ich Worte der Kritik von den Personalräten vermißt. Es ist so, daß auch Personalräte, wenn sie mit bestimmten Ansprüchen auftreten, sich daran messen lassen müssen, was sie in der Vergangenheit nach innen wie nach außen zur Enthierarchisierung beigetragen haben. Wir stützen – das sage ich noch einmal – keine ständischen Interessen, sondern wir möchten eine einheitliche Interessenvertretung, und beide Personalräte haben ein Jahr Zeit, sich darauf vorzubereiten. Patientenrechte müssen an allen Hamburger Krankenhäusern gewahrt und weiterentwickelt werden.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Leider hat die Novellierung des Gesetzes über den Öffentlichen Gesundheitsdienst nicht dieselbe Aufmerksamkeit im Parlament und anscheinend auch nicht bei den Medien wie das Gesetz, das wir vorhin diskutiert haben, obwohl heute wahrlich ein historischer Tag ist, weil das Gesetz, das wir jetzt ablösen, noch aus der Nazizeit stammt und über die Jahrzehnte immer fortgeschrieben wurde. Das weiterhin Bemerkenswerte ist, daß zunächst die Koalitionsfraktionen Eckpunkte festgelegt haben, die BAGS einen Gesetzesvorschlag gemacht hat und wir dann fraktionsübergreifend im Ausschuß noch weitere Verbesserungen vorgenommen haben, so daß ich davon ausgehe, daß wir dieses Gesetz heute einvernehmlich beschließen können.
Während das historische, frühere Gesetz zum Öffentlichen Gesundheitsdienst ein Seuchenpolizeigesetz war, ist dieses Gesetz jetzt ein Gesetz zum Schutz von Patienten, zum Schutz älterer Menschen, psychisch Kranker, chronisch Kranker und Behinderter geworden. Der Hauptgedanke dieses Gesetzes liegt darin, Prävention, Selbsthilfe, Gesundheitsberichtserstattung, Gesundheitsschutz und Infektionsschutz umzusetzen. Wie effektiv der Öffentliche Gesundheitsdienst ist, mußte er leider gerade in Wandsbek beweisen. Im Ausschuß ist uns über das Vorgehen gegen die Meningitis berichtet worden.
Es ist so, daß auch der Öffentliche Gesundheitsdienst zum Dienstleister wird. Ich möchte das am Beispiel der Änderungen deutlich machen, die den Schulärztlichen Dienst betreffen. Früher war es so, daß der Schulärztliche Dienst Reihenuntersuchungen in den Schulen durchführte. Das ist sicher auch heute noch seine Aufgabe, aber darüber hinaus wird der Schularzt zum Betriebsarzt für die jeweilige Schule, zuständig für Gesundheitsförderung an der Schule und Berater und Ansprechpartner für Schüler, Lehrer und Eltern. Das ist ein wesentlicher Fortschritt.
Weiterhin ist es so, daß das Infektionsschutzgesetz, das auf Bundesebene geändert wurde, in Hamburg dadurch hervorragend umgesetzt wird, daß die Verantwortung beim Hygiene-Institut gebündelt wird und die einzelnen Gesundheits- und Umweltämter meldepflichtige Erkrankungen dorthin weitermelden, und das auch sehr kurzfristig, weil auch wir Ärzte entsprechend anders melden müssen als in der Vergangenheit.
Es ist möglich, in einzelnen Bezirken Gesundheits- und Pflegekonferenzen einzurichten, um vor Ort umweltmedi
zinische, präventionsmedizinische Gedanken besser umzusetzen. Das ist keine Mußbestimmung, sondern eine Kannbestimmung und soll Initiativen fördern. Es soll nichts übergestülpt und aufgesetzt werden, aber es ist eine Chance, die auf bezirklicher Ebene aufgegriffen werden kann.
Ein wesentlicher Punkt ist die Gesundheitsberichtserstattung, die verbindlich für alle fünf Jahre festgelegt wird und uns, wie jetzt jüngst schon am Bespiel der Stadtdiagnose geschehen, einen Überblick über Gesundheitsprobleme, gekoppelt zu einzelnen Bevölkerungsgruppen und Stadtteilen in dieser Stadt, gibt. Das gibt uns die Möglichkeit, ganz anders über Prävention nicht nur nachzudenken, sondern auch Konzepte zu erstellen, die dann Krankheiten besser entgegenwirken.
Ein ganz wichtiger Punkt ist, daß es mit diesem Gesetz möglich sein wird, nicht nur die stationäre Pflege der Heimaufsicht, sondern auch die ambulante Pflege viel besser zu kontrollieren, wenn gefährliche Pflege gemeldet wird. Es wird dann so sein, daß die Behörde auch den Pflegediensten Rechtssicherheit über eine Verordnung geben wird, wie genau diese Kontrolle stattfinden wird und nach welchen Kriterien, sicher in Anlehnung an die Kriterien des Medizinischen Dienstes zur Kontrolle der stationären Pflege. Das ist aber bundesweit im Gegensatz zur stationären Pflege noch nicht geregelt. Da ist Hamburg Vorreiter, und das ist ein bedeutender Fortschritt und eine bessere Absicherung auch für ältere Menschen, die auf Pflege angewiesen sind. Das Gesetz für den Öffentlichen Gesundheitsdienst fördert die Patientenrechte durch unabhängige Beschwerdestellen, unabhängig von Leistungsanbietern und Kostenträgern.
Insgesamt läßt sich zusammenfassend sagen: Dieses Gesetz bietet einen Rahmen für Prävention und Schutz von Menschen, die durch die anderen zwei Säulen, nämlich die ambulante und stationäre Versorgung, immer noch benachteiligt sind. Es regelt verbindlich die Gesundheitsberichtserstattung und die Kontrolle der ambulanten Pflege, es bietet jede Menge Chancen, auf bezirklicher Ebene tätig zu werden, Gesundheit weiter zu fördern. Wir können stolz auf dieses Gesetz sein.
Herr Salchow, in der Kritik der Ärzte am UKE stimmen wir völlig überein; dort hat sich seit acht Jahren nichts geändert. Wir erleben Selbstüberschätzung und Hybris bei dem betreffenden Operateur selbst und Feigheit und Duckmäusertum bei seinen umstehenden Kollegen und all denen, die davon gewußt haben.
Das ist eine bittere Bilanz nach all dem, was wir – Herr Marx hat es gesagt – in den letzten acht Jahren immer wieder am UKE untersucht haben. Aber genau da hört auch der Vergleich mit dem Strahlenskandal auf, weil es sich bisher – dem Himmel sei Dank – nicht um einen Serienschaden handelt und weil der Fall des Jungen, der allerhöchst zu bedauern ist, in die Schadensregelung der Haftpflichtversicherung des Operateurs fällt und weitere Fälle von der Staatsanwaltschaft untersucht werden.
Deshalb hat sich die Senatorin darauf konzentriert, den unglaublichen Umstand zu regeln, daß jemand, der nach schwerer Krankheit in den OP zurückkehren wollte, bisher nicht personalärztlich untersucht werden mußte. Sie hat dafür gesorgt, daß ab sofort ein fachärztliches Gutachten Auskunft geben muß, ob derjenige wirklich in der Lage ist, an den Arbeitsplatz zurückzukehren. Das ist eine Frage, wie im öffentlichen Dienst mit jemandem umgegangen wird, der schwer erkrankt ist und an seinen Arbeitsplatz zurückkehrt. Ich bin davon ausgegangen, daß der Personalärztliche Dienst nach einem Schlaganfall bei jedem Müllwerker genauso wie bei einem C4-Professor zu untersuchen hat, ob die Person in der Lage ist, den Job so zu machen wie vorher. Das ist jetzt geregelt worden, und man muß auch für alle anderen Krankenhäuser und Institutionen des öffentlichen Dienstes sehen, wie das in Zukunft sinnvoll gemacht werden kann.
Zum Thema Qualitätssicherung: Wir haben uns im Wissenschaftsausschuß in langen Anhörungen, mehrfach auch im UKE selbst, intensiv bemüht zu sehen, was dort passiert. Aber die besten Qualitätssicherungsprogramme scheitern, wenn bei der Führung kein Wille vorhanden ist, sie umzusetzen. Herr Leichtweiß, das ist deutlich geworden, hat mehrfach ausgebremst – zuletzt sogar unseren interfraktionellen bürgerschaftlichen Antrag –, aber nicht erfolgreich, und das ist entscheidend.
Deswegen ist das neue UKE-Gesetz mit der Trennung von Dekan und Ärztlichem Direktor in dieser Funktion endlich ein Fortschritt...
... um dafür zu sorgen, daß jemand an die Spitze gesetzt wird, der mit Qualitätssicherung am UKE wirklich flächendeckend Ernst macht.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Akupunktur ist eine 5000 Jahre alte Erfahrungsmedizin, wie man sagen muß, daß die Medizin insgesamt keine exakte Wissenschaft, sondern eine Erfahrungswissenschaft ist. Aber bei der Akupunktur ist es in den letzten 20 Jahren durchaus gelungen, ihre Wirkungsweise und ihren Mechanismus zu erforschen und wissenschaftlich zu belegen. Das hat dazu geführt, daß es in den USA Gerichtsverfahren für Drogenabhängige gibt, die erstmals straffällig geworden sind – nicht Gewaltstraftaten, aber gegen das dortige Betäubungsmittelrecht verstoßen haben –, die die Möglichkeit haben, zu wählen, ins Gefängnis zu gehen oder innerhalb von drei Monaten mit Hilfe einer regelmäßig durchgeführten Akupunktur clean zu werden.
Dieses Prinzip, das eine richtige Bewegung ausgelöst hat, wird als strenge Liebe, tough love, beschrieben, und dazu gehört ein weiterer Spruch: Im Urin liegt die Wahrheit. Das heißt, sie müssen alle vierzehn Tage vor dem sie verurteilenden Richter mit einer Urinprobe nachweisen, daß sie clean sind.
In Deutschland haben wir nun – Gott sei Dank, würde ich sagen – mehr Möglichkeiten, Therapie vor Strafe wirksam werden zu lassen, aber Suchtakupunktur ist ein sinnvoller Mosaikstein in der Hilfe zur Überwindung von beispielsweise Alkoholsucht, Kokainsucht und Heroinsucht. Auch das Crack-Problem ist bei Süchtigen durch die Anwendung dieser Form von Akupunktur zu lindern und zu bekämpfen.
Es ist das Verdienst der NADA, der Nationalen Akupunktur-Entgiftungs-Assoziation – so die deutsche Übersetzung –, und deren deutscher Sektion, diese Methode nach Deutschland gebracht und inzwischen viele Ärzte und medizinische Hilfskräfte diesbezüglich ausgebildet zu haben. Der Nutzen liegt auf der Hand. Es ist eine günstige und wenig zeit- und personalaufwendige Methode, um die Entgiftung voranzubringen, den Suchtdruck bei Betroffenen zu senken, den Beikonsum zu reduzieren und um Probleme bei der Entgiftung wie Schwitzen oder Schlafstörungen, Entzugserscheinungen insgesamt abzumildern.
Es ist das große Verdienst des Hamburger Senats, insbesondere der Sozialbehörde, zumindest den über das Landessozialamt Versicherten die Möglichkeit zu geben, sich von qualifizierten Kräften akupunktieren zu lassen. Die Behandlung wird mit 50 DM pro Sitzung dotiert, und es werden 25 Sitzungen, manchmal auch mehr, für Menschen bewilligt, die auf diese Art und Weise entgiften können oder auch langsam aus dem Methadon-Programm aussteigen wollen.
In keinem anderen Bundesland ist das so gehandhabt worden. Hinzu kommt, daß in den Hamburger Gefängnissen 20 Suchtakupunkturplätze bereitgestellt wurden. Das heißt, daß Hamburg in diesem Fall wirklich wichtige Pionierarbeit geleistet hat.
Das Problem ist, daß die Finanzierung durch die Krankenkassen bis heute nicht gesichert und akzeptiert ist. Der Bundesausschuß der Krankenkassen und die Bundesärztekammer haben zwar jetzt einen Modellversuch aufgelegt, um noch einmal die Wirksamkeit von Akupunktur zu untersuchen, jedoch leider nur für die Schmerzakupunktur und nicht für die Suchtakupunktur. Trotz der intensiven Bemühungen der Gesundheitssenatorin ist es leider nicht gelungen, auch dieses in dem Modellversuch zu verankern. In Hamburg führen niedergelassene Ärzte und Institutionen wie „Hummel“, die Marthastiftung, die Akupunkturambulanz, „Palette“-Akupunktur-Projekt in der Amandastraße wie auch die Fachklinik Bokholt Suchtakupunktur durch. Es ist eine Methode, die im Umkreis von Hamburg durchaus intensiv eingesetzt wird und deutlich dazu beigetragen hat, daß stationäre Entgiftungsplätze nicht in dem Maße wie bisher in Anspruch genommen werden mußten.
Die Krankenkassen dürfen selbstverständlich nicht aus ihrer Pflicht entlassen werden, diese sinnvolle Methode zu finanzieren. Auch wenn sie nicht bereit sind, speziell die Suchtakupunktur zu überprüfen, so ist es bei dem Besuch der neuen Drogenbeauftragten, Frau Caspers-Merk, hier in Hamburg gelungen, die Zusage zu bekommen, daß weitere Akupunkturvorhaben auch mit Bundesmitteln wissenschaftlich begleitet werden sollen.
Insofern bin ich vorsichtig optimistisch, daß es in der nächsten Zukunft möglich sein wird, neue Projekte, die Akupunktur umsetzen, zum Teil aus Hamburgs Steuermitteln als auch aus Bundesmitteln zu finanzieren. Dies ist jedenfalls ein sinnvoller Ansatz, dem Hilfesystem einen weiteren Mosaikstein hinzuzufügen.
Frau Senatorin! Sie haben dargestellt, daß jetzt andere Archive – ich vermute, auch die Zentralstelle zur Verfolgung von NS-Verbrechen, Ludwigsburg – herangezogen wurden, um weitere Informationen zu bekommen. Deswegen möchte ich Sie fragen, warum dies nicht 1969, 1997 und 1998 bereits geschehen ist?
Meine zweite Frage: Nachdem Italien 1997 nicht auf die Bitte geantwortet hat, Akten für die Akteneinsicht zur Verfügung zu stellen, warum ist nicht ein Staatsanwalt aus Hamburg nach Italien gefahren, um das Verfahren zu beschleunigen?
Meine erste Frage ist noch nicht vollständig beantwortet, weil die Frage war, warum 1997 und 1998 nicht mit Ludwigsburg Kontakt aufgenommen wurde.
Meine zweite Frage lautete: Wenn es nach der Vernehmung von Engel 1997 Probleme mit der Antwort aus Italien gab, um Akten für die Akteneinsicht zu beschaffen, warum ist nicht ein Staatsanwaltschaft aus Hamburg nach Italien gefahren, um das Verfahren zu beschleunigen?
Frau Senatorin, könnten Sie uns darstellen, wie der Öffentliche Gesundheitsdienst die Tuberkulosefürsorge zentralisiert hat? Kann der Öffentliche Gesundheitsdienst auch eigenständig Röntgenuntersuchungen durchführen?
Herr Wersich, Sie haben richtig berichtet, daß Herr Petersen, Sie und ich von den KV-Ärzten in Wilhelmsburg eingeladen wurden, um Probleme zu besprechen.
Die Resolution, die uns dort vorgelegt wurde, hat sicher überwiegend richtige Kritiken und Beschreibungen erbracht, daß es nämlich notwendig ist, der Verelendung und auch der drohend schlechter zu werdenden medizinischen Versorgung entgegenzutreten. Eine Zielsetzung war, populistische Rechtsparteien soweit es geht aus Wilhelmsburg herauszuhalten beziehungsweise ihren Einfluß zu mindern.
Das Problem war, daß die Ärzte diese richtigen Forderungen auch unter anderem damit verknüpft haben, daß wir sie unterstützen sollen, einen besonderen Punktwert innerhalb der KV-Abrechnung zu erhalten. Der antirassistische Kampf sollte aber nicht mit Gehaltsforderungen verknüpft werden!
Deswegen habe ich erklärt, daß die Grünen mit der generellen Linie des vorliegenden Papiers durchaus übereinstimmen, aber damit Probleme haben. Herr Petersen und ich haben dem deshalb so nicht zustimmen können. Das haben wir dort auch gesagt. Das betrifft nicht nur Wilhelmsburg.
Wenn wir uns an die Fragestunde erinnern, in der Herr Scheurell für einen anderen Stadtteil erfragt hat: Was ist,
wenn Ärzte aus einem unterversorgten Stadtteil wegziehen und ihre Niederlassungsmöglichkeit nach Blankenese mitnehmen? Das ist das Problem, dem entgegenzutreten ist und das mit den Kassen und der KV im Zulassungsausschuß besprochen werden muß. Die BAGS hat dort sicherlich eine wichtige Moderatorenfunktion. All dies mit den Problemen in Wilhelmsburg zu verknüpfen, ist problematisch.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Am 1. Januar ist das neue Infektionsschutzgesetz in der Bundesrepublik in Kraft getreten; es hat das alte Bundesseuchengesetz abgelöst.
Es gibt wichtige Neuerungen bei der Meldung von Krankheitserregern, von Krankheiten und von anonymen Krankheitsmeldungen wie beispielsweise Aids, die bundesweit direkt an das Robert-Koch-Institut weitergeleitet werden. Sie geben einen genaueren Überblick der Neuinfektionen, aber nicht unbedingt einen Aufschluß über die Neuerkrankungen wie den Ausbruch von HIV-Infektionen.
Eine Meldung erfolgt von zwei Seiten. Es wird jetzt doppelt gemeldet. Jetzt müssen sowohl die Ärzte als auch die Labore melden, und zwar 24 Stunden nach Kenntnisnahme. Ihre Meldungen erfolgen nicht nur als Informationen, sondern es ist auch die Krankheitsgeschichte des Patienten abzugeben. Dazu sind von den Ärzten 15 Fragen zu beantworten. Damit wird es möglich sein, epidemiologisch einen erheblich genaueren Überblick über den Stand der Infektionskrankheiten in unserer Stadt zu bekommen.
Wie wichtig das ist, kann man an der vor 20 Jahren geführten Diskussion ablesen, als die Illusion geschürt wurde, die wichtigsten Infektionskrankheiten seien besiegt. Wir mußten aber in den achtziger Jahren erleben, daß Infektionskrankheiten viralen Ursprungs – wie die HIVInfektion, aber auch Hepatitis C – in der Bevölkerung immens um sich gegriffen haben und daß auch in Hamburg die Meldungen in der Vergangenheit nicht die realistische Situation abbilden konnten.
Deswegen ist es wichtig, daß in Hamburg jetzt die bei den einzelnen Gesundheits- und Umweltämtern der Bezirke eingehenden Meldungen beim Hygiene-Institut zusammenlaufen, dort aufgearbeitet werden, um dann präventiv verwertet zu werden. Das ist eine wichtige Konsequenz. Insofern stellt uns diese Antwort in unserer Großen Anfrage zufrieden.
Es ist wichtig, sich nicht nur, was die HIV-Infektion anbelangt, einen epidemiologischen Überblick über Infektionskrankheiten zu verschaffen. In unserer Stadt gibt es auch Armut und Elend, so daß die Tuberkulose wieder im Ansteigen begriffen ist. Die Tropenerkrankungen durch Fernreisen nehmen ebenfalls zu. Darunter befinden sich auch Viruserkrankungen, die gemeldet werden müssen.
Für die Zukunft ist es wichtig für uns, mit der Reform des Gesetzes über den Öffentlichen Gesundheitsdienst und die damit verbundene Gesundheitsberichtserstattung sowie mit dem genauen epidemiologischen Überblick zu gezielten Präventionsmaßnahmen zu kommen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte noch einen Aspekt etwas genauer beleuchten: Das Versagen der alltäglichen ambulanten und in Krankenhäusern praktizierten Medizin. Dieses Versagen, das Sterben in ihre Handlungsabläufe und ihre Arbeit zu integrieren, macht es erst möglich, in so verschiedene Richtungen zu diskutieren, wie wir es eben getan haben. Das heißt, auf der einen Seite diskutieren wir in die positive Richtung – Palliativmedizin und Hospiz – und auf der anderen Seite über die – das ist nach wie vor meine Meinung – abzulehnende Variante der Tötung auf Verlangen.
Aber auch die Hospize, so positiv sie sind und so sehr wir sie immer unterstützt haben, sind ein Spiegelbild des Versagens der Krankenhäuser.
Es reicht nicht aus, Frau Senatorin – ich glaube auch nicht, daß das Ihre Position ist –, den Sterbeprozeß in Spezialistenhände der Hospize zu geben, sondern es kommt darauf an, dafür zu sorgen, daß humanes Sterben auch in den Krankenhäusern Hamburgs möglich ist.
Wie widerspruchsvoll und auch schmerzvoll diese Diskussion ist, haben einige Abgeordnete erlebt, als sie vor eineinhalb Jahr zum Jahrestreffen der gemeinnützigen Krankenhäuser eingeladen waren, die genau dieses Thema diskutierten. Professor Braun vom Amalie-Sieveking-Krankenhaus und Professor Meier-Baumgartner vom Albertinen-Krankenhaus bemühen sich – das weiß ich, weil ich unter beiden als Assistenzarzt gearbeitet habe –, das Ster
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ben in den stationären Alltag zu integrieren und würdig zu gestalten. Für sie war es eine besondere Kränkung, zu erleben, daß die Hospizbewegung so erfolgreich und notwendig ist, weil ihr Ansatz nicht generell in den Krankenhäusern umgesetzt wurde. Das ist eine spannende und wichtige Frage.
Woran liegt es, daß das Sterben im Alltag, im Krankenhaus möglich zu machen, so schwerfällt oder auch so abfällig behandelt wird? Ein Grund ist, daß die Geburt bei der Ausbildung der Ärzte eine wesentliche Bedeutung hat, das Sterben, der Tod aber eben nicht oder kaum.
Ein anderer Punkt ist – das ist vielleicht eine gewagte These –, daß männliche Ärzte in diesem Land nicht sehr alt werden. Die Lebenserwartung beträgt durchschnittlich 63 Jahre. Ich kann verstehen, warum Ärzte eine besondere Angst vor dem Sterben und dem Tod haben.
Mir sind sowohl während meines medizinischen als auch meines politischen Werdegangs sehr merkwürdige Dinge in Hamburg begegnet. Das Albertinen-Krankenhaus bietet seit zehn Jahren dem UKE einen Stiftungslehrstuhl für Geriatrie an. Erst jetzt ist das UKE bereit, dieses Angebot zu akzeptieren. Bisher waren die Internisten der Auffassung, daß sie, wenn sie alte Menschen behandeln, damit auch Geriater seien. Somit sei dieser Lehrstuhl überflüssig. Diese Art von Geringschätzung ist meiner Meinung nach auch ein Ausdruck dafür, warum Sterben im Berufsalltag dieser Ärzte eher als narzißtische Kränkung denn als Herausforderung angesehen wird.
Ein anderes Beispiel: Als die Strahlentherapie vor mehr als zehn Jahren im AK Altona geschlossen wurde, lautete das Hauptargument des Ärztlichen Direktors auf einer Deputationssitzung: Dann haben wir nur noch alte Patienten. Diese Dinge sind unerträglich und müssen sich im Bewußtsein der Mediziner und bei denen ändern, die das finanzieren müssen. Die Schulmedizin schafft das Vakuum, daß wir sowohl in Richtung Hospiz als auch in die andere Richtung diskutieren.
Es ist notwendig – diese Forderungen sind auch schon genannt worden; ich kann sie noch einmal unterstreichen –, Lehrstühle für die Palliativmedizin und die Geriatrie einzurichten und den Sterbeprozeß in die Ausbildung von Ärzten und Pflegekräften genauso zu integrieren wie andere wichtige Lebensabschnitte sowie die Schmerztherapie endlich gebührend umzusetzen. In Deutschland werden erheblich weniger Opiate verschrieben als in vergleichbaren anderen europäischen Ländern. Das ist ein Skandal, es ist eine unterlassene Hilfeleistung.
Es geht darum, das Sterben in unseren medizinischen – Krankenhaus- – Alltag
zurückzuholen.
Um ehrlich zu sein, bezweifele ich, ob sich der Patriotismus eines Hamburgers in Marktbeherrschung zeigt. Das halte ich nicht für das entscheidende Kriterium.
Aber inhaltlich geht es darum, den LBK in die Lage zu versetzen, ambulant und stationär zum Beispiel auf seinen Krankenhausgeländen zu verzahnen und aus Krankenhäusern Gesundheitszentren zu machen.
Das ist durch dieses Gesetz möglich geworden. Niemand hindert andere Krankenhäuser daran, ähnliches zu tun. Mehr ist dazu nicht zu sagen.
Das von Herrn Scheurell geschilderte Phänomen betrifft auch andere Stadtteile wie beispielsweise Wilhelmsburg.
Gibt es für die BAGS als dienstaufsichtsführende Behörde die Möglichkeit, die KV an ihren Sicherstellungsauftrag zu erinnern oder ihn zu erzwingen, wenn sie eine Unterversorgung in einem Stadtteil feststellt?
Ist dies in den letzten fünf Jahren schon einmal vorgekommen? Wie und bei welchen Kriterien beobachtet die BAGS die Minderversorgung in den einzelnen Stadtteilen?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Fuchs, Sie sorgen immer wieder für Erstaunen. Das ist ja auch gut, aber ich möchte das Thema wieder etwas ernsthafter behandelt wissen. Wenn die CDU der Kriminalisierung von Cannabiskonsumenten entgegentritt, dann höre ich das gern. Um das kurz zu klären, obwohl wir hier die Freigabedebatte nicht führen wollten an diesem Punkt, auch die GAL tritt in ihrem Wahlprogramm für die Freigabe von Cannabis ein.
Es ist eine grüne Forderung seit 20 Jahren. Aber das ist heute nicht das Thema, sondern Thema ist die Gleichbehandlung durch die Straßenverkehrordnung, die Gleichbehandlung durch die Fahrerlaubnisverordnung. Da haben die Länder einen Ermessensspielraum in der Umsetzung dieser Fahrerlaubnisverordnung. Wir mußten die Erfahrung machen, daß in Hamburg skurrile Dinge passiert sind.
Ein junges Paar wird auf einer Autobahnraststätte in Nordrhein-Westfalen kontrolliert, und es werden bei der Beifahrerin 0,7 Gramm Cannabis gefunden. Daraufhin bekommt sie vier Wochen später von der Führerscheinstelle Hamburg einen Brief, daß sie ihren Führerschein abliefern müsse. Sie schreibt zurück, sie besäße gar keinen Führerschein, weil sie noch keinen gemacht habe. Daraufhin bekommt sie wiederum einen Brief der Führerscheinstelle, die ihr das Führen von nichtgenehmigungspflichtigen Verkehrsmitteln in der Öffentlichkeit verbieten will. Also: Tretroller, Fahrrad, Inlineskating und das Führen von Haustieren in der Öffentlichkeit.
Wir haben hierzu eine Kleine Anfrage gestellt. Die Anfrage war noch nicht beantwortet, da bekam die junge Frau einen Brief der Führerscheinstelle, daß das Verfahren eingestellt sei.
Was ist der Hintergrund dieser Geschichte? Junge Menschen, die vor einer Diskothek in eine Kontrolle geraten, gar nicht aktuell Cannabis konsumiert haben, aber bei ihnen festgestellt wird, daß sie vor längerer Zeit Cannabis konsumiert haben, verlieren beispielsweise ihren Führerschein. Das mag in der Großstadt noch nicht existenz
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bedrohend sein, auf dem flachen Land kann es dazu führen, daß sie ihre Schule oder ihre Lehrstelle nicht mehr erreichen. Das hat einen ernsten Hintergrund und muß geändert werden, auch wenn Rotgrün für die Einsetzung dieser von der CDU formulierten Fahrerlaubnisverordnung zuständig war.
Ich möchte einen Mitarbeiter des Kriminalistischen Instituts des Bundeskriminalamts zitieren, Dr. Jürgen Stock, der gesagt hat:
„Die polizeiliche Verfolgungspraxis im Betäubungsmittelbereich muß sich daher in gewissem Umfange den Vorwurf der Willkür gefallen lassen. Der verfassungsrechtliche Gleichheitsgrundsatz wird vor allem bei der Verfolgung von Konsumenten und Kleindealern teils grob verletzt.“
Worüber sprechen wir genau? 50 000 junge Menschen unter 23 Jahren sind seit 1999 von der Polizei wegen des Besitzes von Cannabis festgenommen worden. Seit 1987 wurden knapp dreihundertvierzigtausendmal Jugendliche wegen des Besitzes von Cannabis kriminalisiert. Das kann nicht ernsthaft unser Ansatz sein, mit diesem Problem umzugehen.
Es muß deutlich gesagt werden – ich kann es nur wiederholen –, Drogen haben – in welcher Form auch immer – im Straßenverkehr in den Köpfen der Menschen nichts zu suchen. Das muß geahndet werden. Aber ein Cannabisrausch macht – das ist wissenschaftlich inzwischen erwiesen – zwei bis vier Stunden fahrunfähig, dann nicht mehr. Wenn jemand deswegen kriminalisiert wird, weil er eventuell Wochen oder Monate vorher Cannabis konsumiert hat, ist das verfassungsrechtlich nicht korrekt und höchst bedenklich. Darauf wollten wir hinweisen, da gibt es Handlungsbedarf.
Es scheint so, daß Sie eben für die Abschaffung des Parlamentarischen Abends eingetreten sind.
Aber, ich möchte noch einmal aus einem Artikel des Hamburger Psychoanalytikers Karl Nedelmann im „Deutschen Ärzteblatt“ vom Oktober des letzten Jahres zitieren. Der sagte zur Verkehrssicherheit von Cannabis:
„Schon in der zweiten Stunde nach Rauschbeginn bessern sich die Leistungsdefizite. In der vierten Stunde zeigen sich keine signifikanten Verschlechterungen mehr. Es gibt Resultate, die andeuten, daß häufige Cannabiskonsumenten schneller zu ihrer Ausgangsleistung zurückfinden als seltene Konsumenten. Die Verkehrsmedizin hat experimentell bestätigt, daß durch cannabisbedingte Leistungsdefizite, wie sie für das Autofahren relevant sind, durch Kontrollfunktionen in anderen Bereichen so gut ausgeglichen werden, daß das Unfallrisiko durch Cannabis verringert wird, also nicht zu-, sondern abnimmt.“
„Das ist in einer Feldstudie von 1994...“
So ist es.
Ich benötige keine Dopingmittel in der Bürgerschaft.
„In einer Feldstudie von 1994 fuhren 0,5 Prozent der Fahrer mit Alkohol ab 0,8 Promille. Ebenso viele fuhren mit Cannabiskonzentrationen, die auch vom wochenlang zurückliegenden Konsum stammen konnten. Die Alkoholiker waren dann mit 11,2 Prozent aller Unfälle mit schwerem Sach- oder Personalschaden beteiligt. Die Cannabis-Fahrer lagen nach Unfallhäufigkeit und -schwere unter oder höchstens im Normbereich.“
Das ist die wissenschaftliche Realität, und die können Sie nicht ignorieren.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir brauchen mehr Koordination zwischen den Säulen der Drogenpolitik, die wir in Hamburg vereinbart
haben. Es gibt viele Runden, das ist schon dargestellt worden. Eine kompetente Entscheidungsrunde, wie sie in der „Welt“ am Samstag dargestellt wurde, ist ein Schritt in die richtige Richtung.
Wenn wir uns erinnern, hat es so eine Runde im Ansatz in Hamburg auch schon mal gegeben. Ende der achtziger Jahre gab es eine Runde von Suchthilfeträgern, Drogenreferat, Landesstelle gegen Suchtgefahren, Polizei und Staatsanwaltschaft, die aber dann, als Herr Bossong Drogenbeauftragter wurde, nicht weitergeführt wurde. Ich denke, daß die jüngsten Ereignisse in Hohenfelde deutlich zeigen, daß es Akzeptanzprobleme gibt, die besser gelöst werden können, wenn sich die Beteiligten – dazu rechnen wir auch die Suchthilfeträger – verbindlich absprechen und auch gemeinsam handeln.
Ich möchte noch einmal darstellen, was in Frankfurt über zwölf Jahre so gut geklappt hat. Das erste war, daß die dort Beteiligten einander vertrauten und deshalb Alltagsprobleme besser, einvernehmlicher und schneller regeln konnten. Sie haben aber mehr getan. In dieser legendären Frankfurter Montagsrunde war es möglich, einen Rahmenplan zur Gestaltung der Drogenpolitik zu erstellen und auch die Weiterentwicklung des Suchthilfesystems ständig zu diskutieren und dann auch umzusetzen. In der Montagsrunde erging innerhalb eines dreiviertel Jahres der Auftrag an das Drogenreferat der Stadt Frankfurt, einen Vorschlag zur Behandlung der Crackproblematik zu machen, und ein dreiviertel Jahr später gab es den Ruheraum mit der sogenannten nachlaufenden Straßensozialarbeit, bei der Crackpatienten, wenn sie in die Erschöpfungsphase fielen, in diesem Ruheraum quasi begleitet werden konnten und vielleicht erstmalig für das Hilfesystem ansprechbar waren.
All das sind Erfolge, die sich, wie ich meine, auch in Hamburg – auch wenn Hamburg größer ist – wieder lohnen ins Leben zu rufen beziehungsweise sie neu auszuprobieren. Deshalb begrüßen wir es, egal wie sie heißt, daß diese Runde auf Hamburger Ebene wieder neu geschaffen werden soll. Wir werden sehr genau beobachten, welche Erfolge und Wirkungen wir dadurch erzielen, und werden des weiteren darauf achtgeben, damit die Suchthilfeträger, wenn es um solche Themen geht, wenigstens mit einbezogen werden.
All das reicht noch nicht aus. Ich möchte an die Gesundheitsausschußsitzung erinnern, in der die Suchtwissenschaftler aus Hamburg zu Gast waren, die vorgeschlagen hatten, neben einer solchen Entscheidungsrunde auch eine Diskussions- und Austauschrunde zu schaffen, in der sie ihre Erkenntnisse mit den Praktikern vor Ort diskutieren können. Das sind jedoch nicht nur die Suchthilfeträger, sondern selbstverständlich auch die Polizisten wie auch wir Politiker – wenn auch nicht als Praktiker – als Verantwortliche auf Bürgerschafts- und Bezirksebene.
Ich möchte vorschlagen, daß die Drogenbeauftragte vierteljährlich zu einem Jour fixe einlädt, bei dem Suchtwissenschaftler, Politiker der Bezirke und der Bürgerschaft sowie Polizisten und Suchthilfeträger miteinander ein bestimmtes Thema diskutieren. Das dient dazu, sich auszutauschen, sich kennenzulernen, und ich denke, daß auch dieser weiche Punkt der Koordination zusätzlich sinnvoll ist. Die Hamburger Drogenpolitik muß sich nicht verstecken, sie kann aber noch verbessert werden. Wenn sie an Effizienz und Schlagkraft zunimmt, um aktuelle Probleme zu lösen, finden wir das großartig. Zu glauben, Herr Wersich, daß die Repression allein besser umgesetzt wer
den kann, greift zu kurz. Die Drogenszene in Hamburg ist mit Repression allein und selbst mit besser koordinierter Repression nicht einfach wegzubeten oder unsichtbar zu machen.
Das sage ich Ihnen.
Trotzdem ist es auch eine bittere Lehre, die wir aus der Diskussion um den Standort Hohenfelde ziehen, daß mehr Kontakt mit den betroffenen Bürgern nötig ist, um die Akzeptanz für die Hamburger Drogenpolitik zu erhöhen. Das steht für uns außer Zweifel.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Wersich, was Sie am Beispiel der offenen Drogenszene beschrieben haben, ist die Folge der Prohibition. Darüber müssen wir uns unterhalten. Wenn wir über die offene Drogenszene in Hamburg reden, dann reden Sie möglicherweise über die Situation vor dem „Drob Inn“, die allerdings hochproblematisch ist, aber nicht über das Stuttgarter Weinfest, was vom Wirtschaftssenator eingeweiht wird; das ist auch eine offene Drogenszene. Das ist kein Witz.
Das Problem ist, daß wir in diesem Land 80 000 Tote verbuchen müssen, die an Nikotinkonsum versterben, 42 000, die an Alkoholfolgen sterben, und 2023 Menschen, die im letzten Jahr an illegalen Drogen verstorben sind. Das sind die Relationen, über die wir reden. Wenn wir über offene Drogenszenen und die Situation vor dem „Drob Inn“ reden – und das ist die unglaubliche Heuchelei in dieser Stadt –, sind alle froh, daß sich die Szene vom Hauptbahnhof zum Besenbinderhof verlagert hat und sich dort konzentriert, was die Arbeitsbedingungen für die Drogenhilfseinrichtung des „Drob Inn“ fast unerträglich belastet. Niemand sagt aber, wo diese Menschen hin sollen. Ich erinnere an die Bauwagendebatte, die wir geführt haben, in der der Bausenator Sie von der CDU zu Recht gefragt hat: „Wo sollen sie denn hin?“
Diese Frage haben Sie nicht beantwortet. Weil es dafür keine einfachen Lösungen gibt, sollten wir uns gemeinsam überlegen, welche Konzepte greifen. Da hilft es uns überhaupt nicht weiter, wenn wir die Debatte über Brechmittel von vor zwei Jahren wieder auflegen. Bei der Anwendung dieser Methode gibt es medizinische Bedenken, die der Rechtsmediziner Püschel schon vor zehn Jahren zu Protokoll gegeben hat. Es gibt juristische Einwendungen von einem Oberlandesgericht in Frankfurt, das später relativiert wurde, aber die Methode ist eben juristisch umstritten. In Hamburg ist von der Justiz und der Innenbehörde gemeinsam deutlich gemacht worden, wie überflüssig diese Debatte ist.
Wenn Ihre Lösung für dieses real existierende Problem der offenen illegalen Drogenszene darin besteht, zwölf Dealern pro Jahr Brechmittel zu verabreichen, wie in Frankfurt, dann zeigt das Ihre tiefe Hilflosigkeit diesem Thema gegenüber.
Uns geht es darum, das Zusammenleben von süchtigen und nichtsüchtigen Bürgern in dieser Stadt für alle Beteiligten erträglich zu gestalten. Da gibt es ein hochentwickeltes Hilfekonzept, das sicher noch weiterentwicklungsbedürftig ist. Wir brauchen Ruheräume für Crackkonsumenten, die durch nachlaufende Straßensozialarbeit in ihren Erschöpfungsphasen in diese Räume gebracht werden, dort medizinisch beraten und behandelt werden und Akupunktur angeboten wird. Das ist ein Punkt, der kommen wird.
Es ist außerdem nötig, daß wir den vier Säulen der Drogenpolitik, auf die wir uns als Koalitionspartner im Koalitionsvertrag geeinigt haben, eine fünfte Säule hinzufügen. Diese fünfte Säule heißt Kooperation. Das heißt, wir brauchen ein Gremium – wir müssen es nicht Montagsrunde nennen –, in dem sich Staatsanwaltschaft, Polizei, Drogenbeauftragte und vor allen Dingen auch die Suchthilfeträger regelmäßig treffen, um die Probleme vor Ort zu besprechen, zu entscheiden und auch umzusetzen.
Das ist ein offener Punkt, den wir weiter einfordern. Es gibt durchaus Signale, daß sich dort etwas bewegen wird.
Die Situation ist unbefriedigend und wird es bleiben, weil sie Drogenabhängige, die durch die Prohibition in Illegalität und Verelendung getrieben werden, nicht einfach unsichtbar macht oder zum Verschwinden bringen kann. Also geht es darum, die Belastungen durch Polizeimaßnahmen abzumildern. Daß die Polizei dieses Problem nicht lösen kann, können Sie in der Drucksache zum Thema Hauptbahnhof nachlesen; das hat der Innensenator darin schon deutlich gemacht.
Deswegen ist der Weg, dieses Problem grundsätzlicher zu lösen, richtig, den beispielsweise die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristen auf ihrer Tagung im letzten Mai hier in Hamburg vorgeschlagen hat, nämlich eine konsequente Entkriminalisierung von Drogenkonsum und -besitz aller illegalen Drogen. Ich weiß, daß das ein schwieriger Weg ist, aber dazu sind Vorschläge gemacht worden, wie dies zu erreichen ist. Denn nur dadurch – über kapitalistische Marktgesetze muß ich die Kollegen von der CDU wahrscheinlich nicht belehren –
kann erreicht werden, den illegalen Drogenmarkt trockenzulegen. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die GAL-Fraktion hat dieses Thema nicht angemeldet, um eine Diskussion abzuschließen, sondern um sie zu beginnen. Das ist uns wichtig. Es rechtfertigt auch die heutige Anmeldung.
Die Entschlüsselung des Humangenoms ist mit der Erfindung des Buchdrucks oder mit der Mondlandung verglichen worden. Ich denke, daß die Entschlüsselung des menschlichen Genoms unser Leben in den nächsten zehn oder 20 Jahren möglicherweise grundlegend verändern wird. Ob zum Besseren, das ist noch offen.
In diesem Zusammenhang ist es wichtig, überhaupt zu fragen, wer über die kommenden Informationen verfügen kann. Es ist sehr wichtig, daß immerhin der deutsche Wis
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senschaftler Professor Andre Rosenthal, Genforscher aus Jena, mit anderen Kollegen aus Deutschland, Japan, England und den USA Mitte der neunziger Jahre dafür sorgte, daß zumindest die staatlich und öffentlich geförderten Forschungsergebnisse innerhalb von 24 Stunden ins Internet gestellt werden und damit allen zugänglich sind. Diese Gruppe hat sich verpflichtet, auf die Patentanmeldung von Rohsequenzen menschlicher Gene zu verzichten. Das ist sehr verantwortungsvoll, denn es hat ermöglicht, daß auch ein Druck auf die Firmen entsteht, die in diesem Bereich forschen, ihre Ergebnisse ebenfalls zu veröffentlichen.
Nichtsdestotrotz sind Heilserwartungen auch für die Medizin nicht angebracht. Es wird fünf bis zehn Jahre dauern, bis zum Beispiel für Krebs aus diesen Erkenntnissen überhaupt direkte Therapiekonzepte abgeleitet werden können. Es besteht die Gefahr – darauf ist hingewiesen worden –, daß Menschen, die sich beispielsweise bewußt dafür entscheiden, ein Embryo, das möglicherweise später zu einem mongoloiden Kind wird, weil es eine Trisomie 21 hat, von der Gesellschaft nach dem Motto diskriminiert werden: Das wäre doch nicht nötig gewesen. Solche Tendenzen gibt es bereits schon heute; ihnen müssen wir ganz entscheidend entgegentreten. Es gibt auch ein Recht auf Krankheit.
Herr Jobs hat zu Recht darauf hingewiesen, daß auch im Versicherungs- oder im arbeitsmedizinischen Bereich die Testung von Genen zu Diskriminierungen führen kann. Insofern ist es wichtig, eine breite gesellschaftliche Debatte um Möglichkeiten und auch Begrenzungen dieser Erkenntnisse zu führen. Hier teilen wir durchaus die Sorgen, die Herr Salchow angeführt hat. Wir sollten diese Debatte kontinuierlich weiterführen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Woher nehmen Sie, werte Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion, eigentlich die Hybris, hier so aufzutreten, wo Ihre Landwirtschaftsminister, Ihre Bundestagsfraktion und auch Ihre Bundeslandwirtschaftsminister über Jahre verharmlost, falsch informiert und die BSE-Problematik kleingeredet haben?
Ich finde, daß Sie allen Grund haben, die Kirche im Dorf zu lassen. Die Gefahr ist da. Das Schlimme ist, daß nicht einmal die Tests, die dem Hygiene-Institut in Hamburg zur Verfügung stehen, sicher erscheinen. Die Gefahr ist bedrohlich, weil wir leider sagen müssen, wie wenig wir letztlich wissenschaftlich abgesichert wissen. Darauf werde ich bei der Begründung unserer medizinischen Anträge noch genauer eingehen.
Hier in der Aktuellen Stunde geht es um die Frage des Verbraucherschutzes und darum, wie beispielsweise die CDU Ihren Anspruch auf Aufklärung einlöst. Frau Jürs, ich frage Sie einmal direkt. Sie haben hier vor wenigen Wochen an dieser Stelle darauf bestanden – das war der „Morgenpost“ eine Schlagzeile wert –, daß neue Creutzfeldt-JakobErkrankungen hier in Hamburg existieren. Sie haben diese Behauptung hier aufgestellt und sie im Gesundheitsausschuß, in einer Sondersitzung während der Haushaltsberatungen, wiederholt. Sie sind hier und im Ausschuß mehrfach aufgefordert worden, diese Fälle für die Behörden nachvollziehbar zu belegen, denn das, was Sie geschildert haben, ist ein sehr ernster Vorgang. Warum ist das bis heute nicht passiert?
Wir Ärzte sind – Sie können sich nachher noch einmal melden – nach dem neuen...
So ist es.
Wir Ärzte sind nach dem neuen Infektionsschutzgesetz, das seit dem 1. Januar 2001 gilt, verpflichtet, innerhalb von 24 Stunden nach Kenntnisnahme Krankheitserreger und Krankheiten zu melden, und werden mit bis zu 25 000 Euro bestraft, wenn wir dieser Meldepflicht nicht nachkommen. Für Abgeordnete gibt es diese Meldepflicht nicht, das ist klar. Aber wenn Sie diese Behauptung aufstellen, dann erwarten wir, daß Sie der Behörde die Möglichkeit geben, Ihre Behauptung zu überprüfen.
Man kann sich von der Schweigepflicht entbinden lassen.
Wenn diese Schweigepflichtentbindung nicht kommt, dann kann man das ebenfalls öffentlich machen, ohne damit diejenigen in irgendeiner Weise bloßzustellen. Es geht hier aber um die Seriosität Ihrer Oppositionspolitik, und die ist in diesem Punkt bisher nicht gegeben.
So kann man mit solchen Behauptungen bei so ernsten Themen nicht umgehen.
Wenn man dem nicht nachgehen kann, muß man aber ebenfalls öffentlich sagen warum; das ist das Mindeste.
Außerdem, Herr Wersich, kritisieren Sie die Senatorin dafür, daß die Hersteller, Vertreiber und Händler falsch oder nicht deklarierter Wurst bisher nicht öffentlich gemacht wurden. Ich gebe zu, auch wir Grüne waren zunächst über das Verhalten der Senatorin irritiert. Aber wir haben uns kundig gemacht, auf welcher gesetzlichen Grundlage Meldungen überhaupt hätten erfolgen können. Dabei sind wir auf ein Gesetz gestoßen, nämlich das Produktsicherheitsgesetz, das Ihre Bundestagsfraktion 1997, drei Jahre nach der entsprechenden EU-Richtlinie, also reichlich spät, im Bundestag mehrheitlich verabschiedet hat. Dieses Gesetz ist schlecht und novellierungsbedürftig. Der Vorwurf an die rotgrüne Fraktion im Bund hätte lauten können, daß wir es bisher nicht novelliert haben. Sie können die Senatorin dafür, daß sie Ihr Gesetz einhält, nicht kritisieren.
Ich zitiere einmal aus diesem Gesetz:
„Paragraph 8: Warnung vor nicht sicheren Produkten.
Die Behörde selbst darf die Öffentlichkeit warnen, wenn bei Gefahr im Verzug andere, ebenso wirksame Maßnahmen, insbesondere Warnungen durch den Hersteller, nicht getroffen werden können.“
Da ist der Hersteller als Sicherung eingebaut.
„Paragraph 9: Rückruf nicht sicherer Produkte.
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damit ist die zuständige Behörde gemeint –
„sieht von diesen Maßnahmen ab, wenn die Abwehr der von dem Produkt ausgehenden Gefahr durch eigene Maßnahmen des Herstellers und des Händlers sichergestellt wird.“
Da wird den Herstellern und Händlern eine Bremsfunktion eingeräumt, und das muß aus diesem Gesetz verschwinden. Ich bin sicher, daß die neue VerbraucherschutzMinisterin in Berlin das prioritär angehen wird.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es tut mir leid, aber mit dem Niveau dieser Reimerei kann ich leider nicht mithalten.
Das Problem ist vielschichtiger. Ich kann einigen Äußerungen von vornherein erst einmal nicht unbedingt zustimmen. Der Krankheitsbegriff bei nichtstoffgebundenen Süchten ist noch nicht eindeutig geklärt. Ich bin darauf gespannt, wenn wir es am 6. Februar 2001 im Gesundheitsausschuß mit den Suchtwissenschaftlern diskutieren, wie sie Sucht definieren und in welcher Form sie die Spielsucht dazurechnen. Die Frage ist auch, ob man nicht die süchtigen Börsenspekulanten ebenfalls hinzurechnen muß.
Ferner stellt sich auch die Frage, ob jede Spielsucht gleich in Banküberfällen endet beziehungsweise ob es wirklich die teuerste Sucht ist. Ich würde das bestreiten. Ein Kokain- oder Heroinsüchtiger wird möglicherweise auch sein Vermögen, wenn er denn eine Existenz hat, aufgeben; ich habe das bei meinen Patienten erlebt. Der Geldaufwand zur Befriedigung dieser Süchte ist mindestens ebenso groß wie bei der möglichen Spielsucht. Der Punkt ist, daß der Staat an bestimmten Süchten mitverdient – das ist sicher bei der Spielsucht so –, aber auch bei Nikotin und Alkohol.
Diesen Widerspruch aufzulösen, wird mit der gesellschaftlichen Verankerung und Akzeptanz dieser Süchte so nicht gelingen. Die Frage ist auch, ob das ein sinnvolles Ziel ist.
Die Behauptung der REGENBOGEN-Gruppe, daß es keinerlei Hilfsangebote in der Stadt gibt, ist schlicht falsch. Es gibt bei der „Boje“ im Laufgraben, bei „Kodrobs“ in Bergedorf, in der verhaltenstherapeutischen Ambulanz im UKE und natürlich bei den Anonymen Spielern sehr wohl Hilfsangebote, die allerdings – da stimme ich der REGENBOGEN-Gruppe zu – durchaus koordinierungsbedürftig sind. Ein Handlungskonzept steht noch aus, muß aber auch wissenschaftlich abgesichert sein.
Es wurde bereits gesagt, daß dem Antrag zum jetzigen Zeitpunkt aus haushaltspolitischen Gründen nicht zuzustimmen ist. Ich sage aber auch deutlich, daß ich der Meinung bin, daß wichtige Anregungen in diesem Antrag
stecken, die wir am 6. Februar in der Ausschußdiskussion mit den Suchtwissenschaftlern überprüfen und dann neu aufgreifen können.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte anders als in der Debatte vorhin, den Schwerpunkt jetzt auf die medizinischen Auswirkungen der BSE-Erkrankung für unseren Alltag und auf die Arzneimittelsicherheit setzen. Grundsätzlich ist zu sagen, wir wissen, daß wir zur Zeit sehr wenig wissen und vieles, was sicher geglaubt schien, sich inzwischen als falsch und verharmlosend erwiesen hat.