Jan-Hinrich Fock
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Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zunächst einmal ein Kompliment an Herrn Schinnenburg. Sie haben es fertig bekommen, keine persönlichen Angriffe gegen Senatoren oder Bürgermeister zu fahren. Das ist doch schon einmal einen Applaus wert, finde ich.
Er kann auch anders, das haben wir heute gesehen.
Zu Beginn eine Richtigstellung. Der ZOB wurde von Herrn Mettbach eingeweiht, der war von der Schill-Partei. Ich kann mich nicht erinnern, dass er zur FDP gegangen wäre. Das der FDP zuzuord
nen, ist völlig daneben, aber es war ansonsten eine fast sachliche Rede, abgesehen davon, dass wieder die üblichen Verdächtigungen gegenüber den Sozis vorgebracht wurden, weil wir Staatskonzerne schützen wollen. Es tut mir schon fast leid, Ihnen mitteilen zu müssen, dass wir Ihren Antrag ablehnen.
Wenn Sie unseren Antrag gelesen haben, dann werden Sie feststellen, dass er sehr viel umfangreicher, umfassender und detailreicher ist. In Ihrem Petitum finden sich eigentlich nur zwei Dinge. Einmal fordern Sie, dass eine Frist gesetzt wird. Das will ich, auch unter Berücksichtigung des 15. Februar, vernachlässigen. Ich weiß nicht, ob das so sinnvoll ist. Außerdem soll der Senat weitere Standorte für Fernbushaltestellen suchen. Warum eigentlich der Senat? In der Realität stellen tatsächlich die Fernbusbetreiber Anträge, und dann wird das von der Fachbehörde abgearbeitet. Marktwirtschaftlich ist das sehr viel besser, als wenn der Senat das alles bestimmen würde.
Zweitens geht es um Kostenbeteiligungen an Bau und Betrieb der Haltestellen. Warum eigentlich nur der Haltestellen? Es gibt natürlich auch Überlegungen, die Kostenbeteiligung an die Konzessionsvergabe zu binden. Dies geht nicht, sondern es ist an und für sich nur möglich, wenn privatwirtschaftliche Verträge geschlossen werden; dann kann man die Betreiber an den Kosten beteiligen.
Hält man also unseren Antrag dagegen, dann ist festzustellen, dass unsere Schwerpunkte zum einen mehr auf den sozialen und sicherheitsrelevanten Aspekten und zum anderen auf der Kostensituation liegen, da wir möchten, wie Sie völlig richtig festgestellt haben, dass es zu einem fairen Wettbewerb zwischen Bus und Bahn kommen kann. Bisher ist es so, dass die Bahn die Infrastrukturkosten allein trägt, der Fernbus dagegen nicht, und zwar gilt das für alles Mögliche. Man denke nur an die großen Bahnhofsvorhaben, die die Bahn schultern muss.
Ich nenne als Stichwort nur Stuttgart 21 und Verlegung des Altonaer Bahnhofs nach Diebsteich; das wollen wir doch auch alle.
In den Punkten 1 und 2 unseres Petitums geht es um die Kontrollen der vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten und der Bedienungs- und Aufzeichnungspflichten. Hierzu gibt es eine Schriftliche Kleine Anfrage von Herrn Buschhüter vom Juni
dieses Jahres, die auch beantwortet worden ist. Es wurde festgestellt, dass dort sehr viel vom Gewerbeaufsichtsamt kontrolliert und etliche Verstöße festgestellt wurden, zwar keine gravierenden, aber es waren Verstöße. Ich hätte vielleicht noch gesagt, das sei nicht so entscheidend, wenn nicht dieser Beitrag in "Frontal21" gestern gewesen wäre. Dort wurde geschildert, unter welchen Bedingungen – fast frühkapitalistischen, kann man sagen – die Fahrer arbeiten müssen, dass sie nicht nur die richtigen Ruhezeiten nicht bekommen, sondern innerhalb der Ruhezeiten Reparaturen ausführen müssen, Müll sammeln, Gepäck stauen und was weiß ich nicht alles. Das hat natürlich auch Auswirkungen auf die Sicherheit der Fahrgäste. Man wundert sich eigentlich, nachdem man das gesehen hat, dass noch keine schweren Unfälle vorgekommen sind. Diese Zustände sind – das haben Sie auch gesagt – der sogenannten Goldgräberstimmung geschuldet. Es gibt einen ruinösen Wettbewerb der Fernbusunternehmen mit Dumping-Preisen und das alles auf dem Rücken der Fahrer und der Fahrgäste. Wenn auch nur die Hälfte der dokumentierten Verstöße stimmen, dann ist das ein unglaublicher Skandal, um einmal mit Herrn Ohlsen zu sprechen.
Das bezieht sich sowohl auf die Arbeitsbedingungen der Fahrer als auch auf die Sicherheit der Fahrgäste. Wir würden hier einen staatlichen Eingriff befürworten, aber er kann nur auf Grundlage des sogenannten Zuverlässigkeitsprinzips erfolgen, und das scheint mir hier durchaus nötig zu sein.
In den Punkten 3 und 4 beschäftigen wir uns mit den Infrastrukturkosten und gehen über die Forderung nach Beteiligung an den Haltestellenkosten weit hinaus, indem uns vorschwebt, die Fernbusse mautpflichtig zu machen. Hierzu sind erste Ansätze in Berlin schon gemacht worden, die gilt es weiter zu verfolgen. Im Übrigen würde auch Punkt 5, die geforderte Angleichung der Fahrgastrechte, in Richtung eines fairen Wettbewerbs zwischen Bus und Bahn gehen.
Meine Damen und Herren! Wie ich verdeutlicht habe, ist der SPD-Antrag sehr viel umfassender als der der FDP und nimmt natürlich auch aktuelle Entwicklungen auf. Daher bitte ich um Ihre Zustimmung. – Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Gute Senatspolitik ist ein Problem für die Opposition.
Das gilt insbesondere für die Schulpolitik. Ich darf darauf hinweisen, dass beispielsweise der Bildungsmonitor der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft,
die nicht der SPD nahesteht, sondern eher der CDU und der FDP, Hamburg auf Platz 5 im Bun
desranking gesetzt hat. Das ist ein Plus von 3,3 Punkten. Darauf können wir stolz sein.
Aber was macht die Opposition?
Ich verkneife mir, dazu etwas zu sagen.
Sie sucht Haare in der Suppe, und das Ganze geht eher in Richtung Totalopposition, alles ist schlecht. Mit Ausnahme von Ihnen, Frau Heyenn, habe ich eben das erste Mal etwas in der Art gehört, die Schulpolitik habe doch gute Aspekte. Die Opposition hätte die Gelegenheit gehabt, am vergangenen Donnerstag noch einmal in ein früheres Problemfeld, die berufliche Bildung, einzusteigen. Ausgangspunkt für unsere Reform der beruflichen Bildung war die berühmte Drucksache 19/8472 aus der vorigen Legislaturperiode. Dort ist ziemlich genau formuliert, wohin wir wollen und wie wir das hinbekommen. Es geht darum, dass das Übergangssystem Schule/Beruf erneuert wird, dualisiert wird. Die Jugendberufsagentur macht Beratung, und zusätzlich kommt noch die Schulentwicklungsplanung der beruflichen Schulen dazu. Wie weit sind wir? Wir haben nun die Berufsagenturen überall eingesetzt. Zu diesem Thema haben wir eine Große Anfrage gestellt, und ich bin mir sicher, dass wir gute Antworten bekommen.
Frau Schneider, das gefällt Ihnen nicht, ich weiß das, aber so ist das nun einmal.
Wir haben mit dem Schulentwicklungsplan ein Konzept für die nächsten – mindestens – zehn Jahre auf den Weg gebracht und durchgeführt, das auch wieder sehr viel Geld kostet und nun eine feste Struktur in Hamburg beinhaltet.
Kommen wir noch einmal zu dieser denkwürdigen Pressekonferenz, denkwürdig deshalb, weil sich Berufsbildung eigentlich nicht für parteipolitische Dinge eignet. Das hat sich im Übrigen auch bei der Pressekonferenz gezeigt. Neben dem Schulsenator waren der Hauptgeschäftsführer der Handelskammer als Arbeitgebervertreter und Herr Schlüter als DGB-Vertreter anwesend. Das heißt, es waren alle an Bord, Schule, Arbeitgeber und Gewerkschaften. Es wurde festgestellt, dass wir in dem Bemühen "Keiner darf verloren gehen" einen großen Sprung nach vorn gemacht haben. Von den Schülern ohne Beschäftigung können 47 Prozent dank der dualen Ausbildungsvorbereitung nach einem Jahr in Ausbildung oder Beschäftigung gehen. Das ist sehr wichtig. Die Zahl der Anfänger im Übergangsbereich ist erheblich gesunken. Früher waren das die Warteschleifen, Endlosschleifen,
die zu nichts führten. Hat sich denn früher jemand darum gekümmert, was aus den Jugendlichen ohne Ausbildung wird? Man hat sie bis zur Volljährigkeit noch einmal beschult in allen möglichen Dingen – im Übrigen sehr engagiert von den Kollegen, das weiß ich –, aber es führte doch nur zu sehr wenig. Es wurde der untaugliche Versuch gemacht, Menschen mit schulischen Defiziten, die von der Schule die Nase voll hatten, wiederum mit mehr Schule zu beglücken. Dies ging schief. Wir haben es nun geschafft, die Zahl der Anfängerinnen und Anfänger im Übergangsbereich von 6327 in 2007/2008 auf 2691 zu senken.
Das ist schade, dass wir nur fünf Minuten haben. Ich hätte gern weitergeredet, um Ihnen zu zeigen, dass es sich durchaus lohnt, die Fakten zur Kenntnis zu nehmen. – Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die CDU spricht hier ein sehr schwieriges Thema an – schwierig deshalb, weil wir es mit der öffentlichen Zurschaustellung von menschlichem Elend zu tun haben, was möglicherweise dann auch noch gewerblich ausgenutzt wird. Ein widerliches Geschäft, da sind wir uns einig. Aber wenn man einen solchen Antrag stellt, Herr de Vries, dann muss man auch belastbare Fakten und Zahlen haben, und die haben Sie nicht.
Sowohl in Ihrer Kleinen Anfrage vom April dieses Jahres als auch in Ihrem Antrag sprechen Sie davon, dass dieses Betteln kontinuierlich zugenommen habe, und berufen sich auf Medienbeobachtungen und -berichte. Das ist ein bisschen dünn.
Ich habe mir mit meinen Mitarbeitern einmal die Mühe gemacht, die einschlägigen Einrichtungen durchzutelefonieren, ob sie bestätigen könnten, dass es zu einer Zunahme von Bettelei gekommen sei. Keine einzige dieser Organisationen konnte das bestätigen. Ich will Ihnen nur einmal "Hinz&Kunzt" nennen, eine unabhängige Organisation, die mir sagte, es sei nicht zu beobachten, dass es zu einer Zunahme kam und kommt, die Polizei gehe im Gegenteil rigoros gegen gewalttätige Bettler und auch Rosenverkäufer vor. Das heißt also, dass die Faktenlage sehr dünn ist, wenn Sie hier zum Großangriff gegen die Bettelei aufrufen wollen.
Aber wie geht man jetzt mit dem Thema um? Dazu ist mir am Wochenende in der "Harburger Rundschau" ein Artikel des ehemaligen Michel-Pastors Helge Adolphsen in die Hände gefallen, der sich mit dem ganzen Thema, auch mit Ihrem Antrag auseinandersetzt. Er geht zunächst einmal von seinen persönlichen Erfahrungen aus, die er mit Bettlern hatte. Auch vor dem Hauptportal des Michels gab es Bettler – keine gewalttätigen, aber betrunkene und pöbelnde – und er hat sie dort gelassen, auch in der Auseinandersetzung mit Mitgliedern seiner Gemeinde. Er ließ den Platz nicht räumen und hat es nachher einigermaßen in den Griff bekommen. Er hatte leider Gottes auch mit gewerblichen Bettlern zu tun, insbesondere um Heiligabend herum, und konnte es nicht in den Griff bekommen, das sagt er selbst. Er hat aber über "Hinz&Kunzt" die Information bekommen, dass man dort anders vorgeht. "Hinz&Kunzt" haben für osteuropäische Bettler gerade aus diesem Milieu 50 Verkäuferplätze eingerichtet, und "Hinz&Kunzt" betreut diese Menschen sehr intensiv. Das heißt, es gibt neben der Repression, die Sie wollen und die aufgrund dieser Faktenlage außerordentlich fraglich ist, auch eine soziale Komponente, und ich
glaube, dass dies an und für sich die Lösung ist. Schon aus dem Grunde, dass Sie die soziale Komponente völlig auslassen, muss dieser Antrag eigentlich abgelehnt werden.
Aber ich will noch etwas zu Ihrem Petitum sagen. Allein im ersten Punkt haben Sie in einem Satz mindestens drei Problematiken drin, die einfach so nicht stimmen. Es solle sichergestellt werden,
"dass die zuständigen Stellen auf Basis des Hamburgischen Wegegesetzes entschlossen gegen mutmaßlich gewerbsmäßig organisierte Bettler in der […] Innenstadt vorgehen."
Wenn wir auf Basis des Hamburgischen Wegegesetzes vorgehen, dann muss vorher eine Sondernutzungsgenehmigung vorliegen, die dann widerrufen wird. Diese Sondernutzungsgenehmigung kann nur auf Antrag erteilt werden. Und welcher osteuropäische Mafiaboss der Bettler wird hier einen Antrag stellen? Ich glaube, dass wir das schon einmal vergessen können.
Tatsächlich ist es so, dass nicht auf Basis des Hamburgischen Wegegesetzes, sondern polizeilich gegen aggressives Betteln vorgegangen wird, und dies ist im Übrigen auch sehr erfolgreich, wie man mir bei "Hinz&Kunzt" sagte.
Zweitens geht es um mutmaßlich gewerbsmäßig organisierte Bettler. Nun sagen Sie mir, wie ein Mensch mutmaßlich gewerblich organisierte Bettler definieren soll. Er sieht dort jemanden liegen, und der ist mutmaßlich organisiert? Ich weiß nicht, wie das geht. Das ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, und wenn wir schon mit Platzverweisen arbeiten und dort staatlich eingreifen, dann muss das rechtssicher sein. In diesem Fall sehe ich überhaupt keine Rechtssicherheit. Und im Übrigen: Wieso soll man nur in der Hamburger Innenstadt vorgehen? Warum ist es nicht möglich, in Gesamt-Hamburg vorzugehen?
Nein, danke schön, ich möchte das nicht. Ich habe hier noch einiges zu sagen, das wird sonst zu lang.
Das glaube ich gerne, Herr Ritter. Für Sie wäre es vielleicht auch ganz gut, wenn Sie sich einmal vor Ort umsehen würden.
Ja, ja.
Die personelle Ausstattung in dem Bereich wollen Sie reflexhaft wieder einmal erhöhen entsprechend der Doppelstrategie, mal zu sparen, aber hier im Kleinen auch wieder zu erhöhen. Das ist unglaubwürdig. Wie Sie wissen, greift diese Neuorganisation des BOD ab 1. Januar. Bestimmte polizeiliche Aufgaben wie etwa die Parkraumbewirtschaftung werden jetzt von der Innenbehörde übernommen. Das Bezirksamt selbst hat, wie ich eben schon deutlich gemacht habe, dort kaum Eingriffsmöglichkeiten nach dem Wegegesetz, sondern es ist eine polizeiliche Arbeit, und die wird auch sehr erfolgreich umgesetzt.
Beim dritten Petitumspunkt fasst man sich an den Kopf: Es solle sichergestellt werden, dass diese mutmaßlichen, gewerbsmäßigen Bettler nicht mehr in das Winternotprogramm transportiert werden. Herr Gott noch mal, was wollen Sie denn? Wollen Sie tatsächlich, dass die Leute dann erfrieren? Wollen Sie sie dort lassen? Stellen Sie sich einmal vor, wir haben Minusgrade oder es ist um null Grad, dann kommen Mitarbeiter des Transportbusses an und sagen, du bist gewerbsmäßig organisiert, dich nehmen wir nicht mit. Das ist doch völlig unmöglich. Ich frage mich wirklich, was dahinter steht. Wenn Sie sich tatsächlich profilieren wollen in Law and Order, dann nehmen Sie doch bitte schön andere Bereiche und nicht immer den Rand der Gesellschaft.
Ich finde diese Haltung völlig unmöglich.
Aber Sie haben auch noch ein Recht zu erfahren, wie meine Fraktion darüber denkt.
Es gibt immer diese zwei Möglichkeiten: Repression und soziale Fürsorge. Repression ist nur dann sinnvoll, wenn es wirklich zu erheblichen Übergriffen kommt. Da hat Markus Schreiber sicherlich vor sieben oder acht Jahren richtig gehandelt, das war auch in Ordnung. Aber jetzt ist die Sachlage nicht gegeben, außer, dass wir demnächst Wahlkampf haben.
Ich halte davon nichts. Ich halte sehr viel davon, dass man sich kümmert und versucht, die Bettler zu betreuen, wie "Hinz&Kunzt" es macht. Es gibt im Übrigen auch von der Sozialbehörde bezahlte Menschen, die die Personen in ihren Heimatsprachen ansprechen können.
Insgesamt gesehen ist Ihr Antrag überhaupt nicht zustimmungsfähig. Repression allein kann das Problem nicht lösen. Wenn wir etwas tun wollen, dann müssen wir in beide Richtungen fahren. Wir werden Ihren Antrag deshalb ablehnen. – Danke schön für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe zum Teil Verständnis für die Opposition, wenn sie fehlendes Geld oder zu wenig Personal kritisiert. Wenn der Streit um Zahlen geht, ist alles gewissermaßen in Ordnung, das ist unser täglich Brot und das ist auch Ihr Job. Ich habe aber etwas dagegen, wenn das Grundprinzip infrage gestellt wird wie bei der LINKEN. Wenn Sie fordern, Frau Heyenn, dass wir die außerbetriebliche Ausbildung ausweiten sollen, dann geht das gegen das Grundprinzip, und das ist bitterböse.
Ich bin hier, um Ihnen einmal aus der Praxis deutlich zu machen, welche Erfahrungen die Berufsschulen mit außerbetrieblicher Ausbildung gemacht haben. Es ist doch nicht so, dass alles wieder neu vom Himmel fällt. Wir haben vor 30 Jahren eine ähnliche Situation gehabt wie jetzt. Es gab die Berufswahl, die sich nur auf wenige Berufe bezog. Deshalb haben wir als Berufsschullehrer gesagt – immerhin war ich 38 Jahre Berufsschullehrer –, dass wir das dann eben selbst machen. Wir wollten im Zweiten Arbeitsmarkt über freie Träger eine Ausbildung schaffen. Ich war beispielsweise im Bereich Kfz-Mechanik tätig, es gab andere Kollegen aus dem kaufmännischen Bereich, und wir haben in der Schule auch eine Vollzeitausbildung gehabt.
Ich will Ihnen einmal erzählen, wie der Alltag in so einer Klasse aussah. Ich ging da rein, schlug das Klassenbuch auf und sah nur noch Striche, das heißt Abwesenheit.
Das müssen Sie sich einmal anhören.
Für die Praxis ist dies ganz wichtig, denn ich ziehe nachher Rückschlüsse.
Ich sah nur noch Fehlzeiten, und die Stimmung in der Klasse war sehr, sehr schlecht, lethargisch, zum Teil aggressiv. Wenn man die Jugendlichen nach dem Grund fragte, dann sagten sie, sie seien abgestempelt, sie seien nach wie vor in einer Sackgasse, denn sie wüssten nicht, wie es weitergehen solle. Daraus haben wir den Schluss gezogen, dass wir uns auf jeden Fall in den Ersten Arbeitsmarkt orientieren müssen.
Es ist keine Lösung zu sagen, die Stadt oder die freien Träger machen das dann eben selbst mit entsprechendem Geld. Es führt zu nichts und wir verlieren die Leute. Die betriebliche Praxis muss man im wahrsten Sinne des Wortes erleben, Schule kann die nicht abbilden. Deshalb ist es ein Fehler, Frau Heyenn, wenn Sie sagen, die außerbetriebliche Ausbildung solle ausgeweitet werden. Bei aller Kritik an den Maßnahmen der Jugendberufsagentur müssen wir dabei beachten, dass wir hier eine einheitliche Meinung haben. Es wäre sehr schön, wenn Sie das noch einmal deutlich machen könnten.
Wir haben deutlich gemacht, dass wir uns bei der Berufsorientierung von der achten bis zur zehnten Klasse am Ersten Arbeitsmarkt orientieren. Es läuft in enger Abstimmung mit den Betrieben, und die Betriebe machen Gott sei Dank mit. Es gibt Patenschaften, es werden Berufsschullehrer in die Stadtteilschulen kommen. Die Patenschaften mit den Betrieben werden ausgebaut, und es wird dann später an die Jugendberufsagentur gehen. Herr Hackbusch, wenn Sie jetzt Zahlen vom Mai nennen, dann nehme ich die gern zur Kenntnis, aber die Ausbildungszahlen selbst sind doch sehr dynamisch.
Es gibt einige Bewerber, es kann sich jeden Tag etwas ändern. Wir haben zum Beispiel in der BQ, in der Berufsqualifizierung, 480 Plätze, die wir in der Regel noch nicht einmal besetzen können; wir besetzen da ungefähr knapp 200 Plätze. Wenn man das alles zusammen sieht und sich auch einmal die Tendenz anschaut, dann erkennt man, dass wirklich keiner verloren geht, dass es immer mehr gibt – Sie können doch nicht erwarten, dass es über Nacht anders wird – und dass immer weniger Menschen ohne Berufsausbildung sind, dass nach wie vor nachgefragt wird, auch über das 18. Lebensjahr hinaus.
Auch von der Jugendberufsagentur muss beispielsweise einem Jugendlichen gesagt werden: Vielleicht ist es gar nicht so gut, wenn du mal Schifffahrtskaufmann bist, vielleicht könntest du aber überlegen, ob du nicht Klempner wirst; das muss auch geschehen.
Ich weiß nicht, was Sie gegen Klempner haben.
Das ist ein ehrenvoller Beruf, und es gibt sehr viele ehrenvolle Berufe, über 320 in Hamburg. Es muss doch möglich sein, das zusammenzubringen, wenn wir auf der einen Seite einen Pool von Ausbildungsplätzen haben, die die Wirtschaft zur Verfügung stellt, und auf der anderen Seite eine ungefähr gleichgewichtige Anzahl von Bewerbern. Ich ärgere mich jedes Mal, wenn am Ende des Schul
jahres wieder Bewerber ohne Lehrstelle dastehen und es andererseits Ausbildungsplätze gibt, die nicht besetzt sind. Ich finde, hier sollten wir ein gemeinsames Ziel haben. – Danke schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren!
Herr Ritter, wenn Sie das Wort haben wollen, dann melden Sie sich bitte.
Ich möchte noch etwas richtigstellen, was Herr Yildiz hier gesagt hat und auch Frau Heyenn. Wenn man eine Fünfminutenrede hält, dann muss man bestimmte Dinge pointieren. Ich möchte noch einmal betonen, dass bei einer außerbetrieblichen
Ausbildung nicht alles schlecht ist. Die Kollegen – ich selber gehörte auch dazu – haben sich sehr große Mühe gegeben und es gab auch positive Resonanz. Es gab aber nicht die Resonanz, die wir uns eigentlich versprochen hatten; das zum einen.
Es gab aber auch etwas, das man deutlich sehen muss: Es gab Übergänge vom zweiten Ausbildungsmarkt in den ersten Ausbildungsmarkt. Ich habe erlebt, wie sich Menschen verändern konnten, wie sie positiv reagiert haben und ein Selbstwertgefühl erhielten, weil sie nicht mehr außen vor standen. Das hat uns veranlasst, jetzt ganz klar eine Orientierung am ersten Arbeitsmarkt vorzunehmen. Das heißt nicht, dass alles schlecht ist bei der außerbetrieblichen Ausbildung, aber sie auszuweiten und gegen den ersten Arbeitsmarkt auszuspielen, ist falsch.
Deshalb appelliere ich an Sie, dass unser gemeinsames Ziel sein muss: Ausbildung im ersten Arbeitsmarkt und Orientierung am ersten Arbeitsmarkt. – Danke schön.
Herr Bill, Ihr Antrag kommt eigentlich sehr sympathisch rüber,
aber das betrifft in erster Linie die Lyrik Ihres Prologs. Beim Petitum ist es dann tatsächlich schon wieder anders. Dort steht etwas von Rückbau und Sperrung von Straßen – und dann nehmen Sie auch noch ausgerechnet den Ballindamm. Kein Wort darüber, wohin der Verkehr fließen soll, wenn er oder andere Straßen gesperrt sind.
Man kann über den Individualverkehr unterschiedlicher Meinung sein – ich persönlich bin da näher bei Ihnen, als Sie es sich vorstellen können –,
aber ohne zu sagen, was mit dem Individualverkehr passiert, geht das nicht. Wir haben das Problem, dass der Individualverkehr sich dann selbst Wege sucht, und häufig sind das dann die Wege, die wir nicht wollen. Außerdem wäre das auch wieder mit Staus und Ärger verbunden, ausgerechnet in einer Situation, in der die Stadt ohnehin stöhnt angesichts der notwendigen Baumaßnahmen, die natürlich mit Staus verbunden sind. Wir machen uns im Verkehrsausschuss Gedanken über gutes Baustellenmanagement, haben dort Expertenanhörungen gehabt und erfahren, Herr Hesse, dass das Baustellenmanagement in Hamburg ausgezeichnet ist.
Das muss einmal deutlich gesagt werden.
Im Übrigen muss, wenn es um Straßensperrungen geht, ein Verkehrskonzept hinterlegt werden. Als wir vor ungefähr 20 Jahren den Individualverkehr aus der Mönckebergstraße herausgenommen haben, sah das Konzept vor, dass man zum einen durch die Steinstraße fahren kann und zum anderen durch den Ballindamm. Dieses Konzept hat sich bewährt. Der Ballindamm ist als Durchgangsstraße momentan nicht wegzudenken. Zum Ferdinandstor haben wir außerdem noch die Möglichkeit, Stauraum zu haben. Ich halte von dieser Geschichte also wenig, das ist ziemlich abenteuerlich. Außerdem weise ich darauf hin, dass dann auch das Alstervergnügen auf der Kippe steht, wenn wir das machen.
Das heißt nun nicht, dass wir, wenn wir Ihren Antrag ablehnen, alles in Ordnung finden, wie es ist. Wir sehen durchaus Ansätze, den Radverkehr und den Fußgängerverkehr rund um die Alster zu optimieren. Das haben wir mit dem Antrag, den mein Kollege Pochnicht im Oktober eingebracht hat, deutlich gemacht. Und das geschieht auch, aber es muss mit Augenmaß geschehen. Insofern plädiere ich für Ablehnung. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! 30 Jahre musste Hamburg
darauf warten, dass ein neuer Schulentwicklungsplan für die beruflichen Schulen fertiggestellt wird. Der letzte ist von 1985 – ich kann mich noch gut daran erinnern.
Aber die Welt schreitet gerade in der beruflichen Bildung fort, also muss man sich neu aufstellen, und das ist jetzt passiert. Zwei Jahre wurde geplant, beraten und abgestimmt, und ich und alle anderen Fraktionen – bis auf die LINKEN, wenn ich das richtig sehe, Frau Heyenn – finden das Ergebnis auch gut.
Wir sind dabei, das umzusetzen, was im Arbeitsprogramm des Senats vom 10. Mai 2011 steht: Die Berufsschulen sollen zu Kompetenz- beziehungsweise Berufsbildungszentren entwickelt werden. Das sind sie zwar auch jetzt schon, aber sie werden natürlich noch mehr entwickelt.
Wir haben diese Debatte angemeldet, um einmal Gelegenheit zu haben, das Positive dieses Schulentwicklungsplans darzustellen. Leider ist es mit diesem Thema in der medialen Realität nicht so weit her. Das Thema hat es gerade auf Seite 11 des "Hamburger Abendblatts" geschafft. Es hätte, finde ich, auf jeden Fall mehr verdient.
Die Fakten sprechen schon eine deutliche Sprache: Aus bisher 44 Berufsschulen werden bis 2017 32 Schulen, 17 Gebäude werden fast vollständig neu gebaut, 10 Gebäude komplett saniert. Und jetzt kommen wir zu den Mitteln: Bis 2017 werden Mittel in Höhe von 475 Millionen Euro eingesetzt. Insgesamt wird für den Schulbau der beruflichen Schulen bis 2024 die stolze Summe von über 676 Millionen Euro ausgegeben – das ist fast die gesamte Elbphilharmonie.
Das nur, um einmal deutlich zu machen, dass wir durchaus die berufliche Bildung in den Mittelpunkt stellen.
Was ist neu? Es werden einige zersplitterte Ausbildungsgänge gebündelt und so die fachlichen Kompetenzen in den einzelnen Schulen deutlich erhöht. Zugleich werden den jungen Menschen durch bessere Ausbildungsbedingungen verbesserte berufliche Perspektiven geboten und dem
Wahlergebnis siehe Seite 5541.
drohenden Fachkräftemangel in der Wirtschaft entgegengewirkt.
Als im Frühjahr 2011 klar war, dass in der 20. Legislaturperiode ein Berufsschulentwicklungsplan in Angriff genommen werden und dieser noch in 2013 endgültig beschlossen werden sollte, hatte ich arge Bedenken. Das war ein sportliches Unternehmen, denn Schulentwicklung ist in Hamburg kein leichtes Feld und geht schnell mit Krawall einher; in diesem Fall war das aber nicht so. Das heißt, wir haben nicht nur ein gutes Ergebnis, sondern auch der Weg dorthin ist vorbildlich gewesen.
An einer Neuorganisation der schulischen beruflichen Bildung führte kein Weg vorbei. Es wurde höchste Zeit, dass das Fachschulprinzip, eine Fachrichtung für eine Schule also, konsequent durchgesetzt wird. Damit verbunden ist die Weiterentwicklung der Schulen hinsichtlich der Fachlichkeit, aber auch der Funktionalität und der Größe. Etwa 80 Kollegen sollten an einer Schule unterrichten und werden das wohl auch – plus/minus irgendwas. Es kann davon ausgegangen werden, dass diese Schulen auch langfristig überlebensfähig sind. Klar war von Anfang an aber auch, dass das ohne zusätzliche Baumaßnahmen nicht machbar sein konnte. So ist dieser neue Schulentwicklungsplan kein Sparmodell, sondern wir investieren richtig viel Geld.
475 Millionen Euro beziehungsweise 676 Millionen Euro sind kein Pappenstiel, sondern zeigen, wie wichtig dem Senat und auch der Bürgerschaft die berufliche Bildung ist.
Kommen wir noch einmal zurück auf den Schulentwicklungsplan, um Ihnen einen Einblick in die Vielfalt und Heterogenität der an ihm beteiligten Gremien zu geben. Ich erspare es mir, das alles vorzulesen. Es mussten 13 Gremien beteiligt werden. Hinzu kommen informelle Gremien wie Fachgruppen, schulinterne und außerschulische Gruppen, und, ganz wichtig, die Innungen, Kammern und Prüfungsausschüsse. Da lag die Befürchtung nahe, dass das alles nicht so richtig in Einklang zu bringen sei.
Insgesamt gingen 70 Stellungnahmen ein, die alle ernst genommen und ordentlich abgearbeitet wurden. Es zeigte sich, dass im HIBB, dem Landesbetrieb Hamburger Institut für Berufliche Bildung, offenbar einige Kommunikationskünstler vorhanden waren, die es fertigbrachten, in ungezählten Gesprächen mit den beteiligten Akteuren ein Ergebnis zu erarbeiten, das nun völlig zu Recht von fast allen Seiten gelobt wird. Alle Veränderungen wurden in enger Abstimmung mit den Beteiligten beschlossen. Bedenken wurden ernst genommen und führ
ten vor allem in einem Fall zu einer gravierenden Planänderung. Die Fachschule für Sozialpädagogik an der Wagnerstraße, die FSP1, sollte mit der Beruflichen Schule Uferstraße, der W2, fusionieren. Wir haben im Schulausschuss und auch mit der Behörde darüber diskutiert. Weil die W2 ein inklusives Konzept aufgebaut hatte, fanden wir es richtig, dass diese Fusion zunächst einmal nicht durchgeführt wird. Dieses Beispiel zeigt, dass fast alle Beteiligten mitgenommen werden konnten. Allen Akteuren und besonders den Mitarbeitern des HIBB ist zu danken; vielleicht kann der eine und andere sich auch beim diplomatischen Dienst bewerben.
Lassen Sie mich noch auf einen besonderen Aspekt eingehen, nämlich auf die Inklusion im beruflichen Schulwesen. Hier haben die Berufsschulen, wenn wir den Begriff der Inklusion sehr weit fassen, eine große Erfahrung. Die Kolleginnen und Kollegen haben bereits Inklusion praktiziert, als es den Begriff eigentlich noch gar nicht gab. Es war selbstverständlich, dass auch die Inklusionsschüler individualisiert und mit allen anderen Schülerinnen und Schülern gemeinsam beschult wurden.
Wir kannten den Begriff zwar nicht, haben es aber gemacht. Dies soll nun im Rahmen eines ESF-Projekts systematisiert und weiterentwickelt werden. Und wir sind zuversichtlich, dass wir dann auch ein vernünftiges offizielles inklusives Konzept haben werden.
Insgesamt kann ich feststellen, dass dieser Schulentwicklungsplan ein weiterer, sehr bedeutender Mosaikstein für gute berufliche Bildung ist. Angefangen mit der Berufsorientierung in den allgemeinbildenden Schulen und der Jugendberufsagentur als Ansprechpartner der Schüler über die konsequent dualisierte Ausbildungsvorbereitung – hier sei nur das Stichwort Hamburger Ausbildungsmodell genannt – bis hin zu den doppelqualifizierenden dualen Ausbildungsgängen setzt Hamburg durchaus neue Maßstäbe in der Berufsbildung.
Ich hoffe, dass das Ganze jetzt auch mit Leben gefüllt wird. Bisher ist es nur ein Plan, aber dieser Plan ist die Voraussetzung, um zu einer guten Berufsbildung in Hamburg zu kommen. – Vielen Dank.
Ich habe es vorhin nicht gesagt: Ein Grund dafür, dass es so gut geklappt hat, ist vielleicht, dass die Ernsthaftigkeit aller Beteiligten im Berufsschulwesen sehr groß ist. Ich will nicht sagen, dass wir vernünftiger sind als die anderen, aber vielleicht liegt es auch daran.
Das habe ich nun nicht gesagt. Aber es ist in der Tat so, dass man eine gewisse Hysterie nicht hat.
Ich möchte generell etwas zu Frau Prien und Frau von Berg sagen. Der Sieg hat viele Väter, die Niederlage ist eine Waise. Das nehme ich mal so hin. Sicherlich ist es so, dass die positive Entwicklung im Berufsschulwesen auch in der Vergangenheit wurzelt, aber so massiv, was Geld angeht, haben wir noch nie eingegriffen. Es ist eine verdammt harte Sache, die Steuergelder da hinzubringen, und wir sollten verantwortlich damit umgehen und sagen, das ist gut so.
Frau Prien, noch etwas zum Thema HIBB. Einen Landesbetrieb für berufliche Bildung konnte ich mir bis 2007 nicht vorstellen, das muss ich ehrlich sagen. Meine Fraktion in der Bürgerschaft war dagegen – aus gutem Grund. Nach fast 100 Jahren Berufsschulwesen in Hamburg konnte man sich eine privatwirtschaftlich organisierte Unternehmensform nicht vorstellen. Mittlerweile sind wir klüger geworden. Ich finde, es läuft gut beim HIBB. Die sind sehr flexibel und haben gute Leute. Wir sollten das beibehalten, und das war auch von Anfang an unser Wille.
Nun noch einmal zu Frau Heyenn. Es stimmt, dass sich die Fläche der Berufsschulen um 11 Prozent verkleinert. Es stimmt, dass frei werdende Immobi
lien veräußert und marode Schulgebäude saniert werden. Ich weiß nicht, was daran schlecht sein soll. Tatsächlich ist es so, dass man sich gerade im Berufsschulwesen die einzelnen berufsspezifischen Schulen genau ansehen muss. In den Handelsschulen, die in der Regel Kaufleute beschulen, ist der Flächenbedarf natürlich nicht so groß wie zum Beispiel im Bereich Metall- und Maschinentechnik, in dem ich tätig bin. Dort haben wir es mit großen Werkstätten zu tun, mit Werkzeugmaschinen und computergesteuerten Automaten, die Platz brauchen. Wenn wir jetzt versuchen, bestimmte Berufszweige zusammenzulegen, dann ergeben sich auch flächenmäßig Synergieeffekte.
Ich will Ihnen ein Beispiel geben. Die Abteilung Industriemechaniker an der G17, der Gewerbeschule in der Dratelnstraße, geht 2016 an die G1 in der Angerstraße. Dort werden die gesamten Industriemechaniker zusammengenommen; die Flächen sind da, die Maschinen sind da, die Labors sind da. Natürlich werden in der G17 dann Flächen frei. Dorthin werden die Klempner, die jetzt an der G2 in der Bundesstraße sind, gehen. Sie sparen also die Fläche einer ganzen Schule. Die G17 mit ihren industriemechanikergeprägten Werkstätten wird natürlich umgebaut, es wird neu gebaut. Ich denke, dass diese Synergieeffekte vernünftig sind, und ich weiß nicht, weshalb wir das nicht nutzen sollten.
Tatsächlich kommt es in diesem Fall zu einer deutlichen Verbesserung der beruflichen Bildung.
Lassen Sie mich noch ein Thema ansprechen, das mir sehr am Herzen liegt. Seit Anfang der Siebzigerjahre wurden die schwierigen Schüler ohne Ausbildungsvertrag in bestimmten Schulen – ich nenne nur die G20 und die G8 – konzentriert. Das war eine sehr unglückliche Lösung und hatte mit Inklusion, wenn wir sie sehr weit fassen, nichts zu tun, sondern mit Separierung. Das wird nun aufgehoben. Diese schwierigen Schüler werden auf die einzelnen Schulen verteilt, sodass zumindest die Chance besteht, dass sie im Kontakt mit den normalen Auszubildenden auch einmal eine Änderung, eine Perspektive erfahren. Ich halte das für eine ausgesprochen positive Maßnahme, auch, wenn man das sehr weit fasst, unter inklusiven Gesichtspunkten.
Frau Heyenn, Sie sagten eben, die alten Warteschleifen würden durch neue ersetzt. So ist es nicht. Die alten Warteschleifen kenne ich sehr wohl. In ihnen wurden die Jugendlichen ohne Ausbildungsvertrag ohne Perspektive beschult, bis sie 18 waren, und dann Tschüss. Das ist vorbei. Wir gehen den Hamburger Weg. Wir gehen in duale Systeme hinein mit Praktika und allem Drum und Dran. Wenn dort die Möglichkeit besteht, einen Ausbildungsvertrag abzuschließen, dann wird das auch gemacht, ansonsten läuft es trägergestützt.
Trägergestützte Ausbildungen gibt es dort sehr viele. Ich selber bin im Prüfungsausschuss der Maschinen- und Anlagenführer und sehe, dass die Jugendlichen eine positive Entwicklung durchmachen. Das sind Praktiker, das sind vollwertige Arbeitnehmer mit sozialversicherungspflichtigem Hintergrund; ich finde das gut.
Im Übrigen, Frau von Berg, ist natürlich diese anachronistische W-Bezeichnung mehr als überflüssig. Wir haben das eine Zeitlang hingenommen, ohne darüber nachzudenken. Das mag auch an der Männerdominierung vieler Berufsschulen liegen.
Für eine Umbenennung ist es höchste Zeit, und selbstverständlich wird das auch passieren. Ich glaube, da sind wir uns einig. – Danke schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Voet van Vormizeele, großes Theater, genau wie vor einem halben Jahr, am 26. September letzten Jahres. Ich kann die Kollegen verstehen, die jetzt nicht mehr im Haus sind; das ist absolut nichts Neues, was Sie vorbringen.
Ich könnte jetzt natürlich meine Rede vom 26. September rekurrieren
und sagen, dass alles gesagt ist und wir Ihren Antrag ablehnen. Aber ich will noch einmal versuchen, die Konsequenzen Ihres Antrags genau zu untersuchen, und zwar unter einem Worst-CaseSzenario. Worst Case ist, wenn wir diesem Antrag zustimmen.
Das kann ich Ihnen genau sagen.
Nächste Woche haben wir den Evangelischen Kirchentag zu Gast. Es werden Hunderttausende Menschen in dieser Stadt sein. Sie werden diskutieren über politische, gesellschaftspolitische, religiöse Themen, friedlich und tolerant, weltoffen. Die Stadt zeigt sich von ihrem besten Gesicht, und wenn dann das Wetter noch gut ist, gehen Bilder um die Welt, auf die wir alle stolz sein können. Aber was passiert dann? Vielleicht drei Wochen später kommt die Stadt mit dem hässlichen Gesicht, es soll geräumt werden auf dem Gertrudenkirchhof.
Sie glauben doch wohl nicht im Ernst, dass das alles friedlich zugeht. Wir sehen doch jetzt schon, was in der Schanze passiert ist. Wir werden die Schwarzvermummten sehen, wir werden die Auseinandersetzungen mit der Polizei haben, es werden Wasserwerfer auffahren und Räumfahrzeuge, und die Polizisten werden wieder ihre Haut zu Markte tragen für Fehler der Politik, ich sage das ganz deutlich: Ihrer Politik.
Das ist im Übrigen auch völlig unnötig,
denn worum geht es eigentlich?
Vor einem halben Jahr haben Sie unterstellt, der Gerhart-Hauptmann-Platz würde nicht geräumt werden von Occupy; er ist geräumt worden. Die Gespräche des Bezirksamts mit den Occupy-Leuten sind, wie ich höre, sehr konstruktiv. Sie sind zuverlässig und die Beschwerdelage ist – dies an die FDP gerichtet – recht dünn. Es geht um ruhestörenden Lärm,
um den Rauch irgendwelcher Feuer und um Gerümpel, Fahrräder und dergleichen. Und jedes Mal, wenn der Beauftragte des Bezirksamts mit den Occupy-Leuten vor Ort im Gespräch war, ist alles weggeräumt worden.
Im Übrigen ist der Gertrudenkirchhof um mindestens die Hälfte geschrumpft. An den Stirnseiten ist Platz für Außengastronomie, und auch die geschwungenen Bänke sind für ganz normale Menschen nutzbar; ich habe es mir selber angesehen. Dort halten sich junge Menschen auf und freuen sich, dass das Wetter so schön ist.
Jetzt zur rechtlichen Lage. Sie behaupten in Ihrem Antrag, die Nutzung sei illegal. Tatsächlich ist in den vielen Antworten auf Ihre Schriftlichen Kleinen Anfragen vom Bezirksamt immer wieder gesagt worden, dass die geduldete Sondernutzung gilt. Sie wollen eine Räumung ohne rechtliche Grundlage. Das halte ich für sehr bedenklich.
Der Senat soll unter diesen Voraussetzungen also per Einzelanweisung oder besser noch per Evokation dem Bezirk die Angelegenheit wegnehmen und sie an sich ziehen.
Tatsächlich ist das Bezirksamt in einem konstruktiven Dialog, und, noch viel wichtiger, das Bezirksamt Hamburg-Mitte und die Bezirksversammlung haben Erfahrung im Umgang mit solchen Dingen. Ich erinnere daran, dass wir vor ungefähr zehn, 15 Jahren im Karolinenviertel in der Vorwerkstraße die Bambule hatten, und Bambule war schon ein bisschen Hardcore, das ist mit Occupy nicht zu vergleichen. Was haben wir gemacht? Wir hatten damals eine Große Koalition, und die beiden Fraktionsvorsitzenden sitzen heute noch in der
Bürgerschaft, das waren Herr Hamann und ich. Wir haben ganz cool und entgegen vieler Ratschläge
Herr Hamann, damals waren Sie noch cool – nicht geräumt, sondern das, wenn man so will, auslaufen lassen. Wenn ich jetzt durch die Stadt fahre und verblassende "Bambule bleibt!"-Graffiti sehe, denke ich immer, dass es richtig gewesen ist, was wir gemacht haben. Und auf diesem Weg sind die Kollegen im Bezirksamt Hamburg-Mitte.
Ich kann also nur zusammenfassend darum bitten: Lassen Sie diese Anträge oder ähnliche Provokationen und üben Sie zur Abwechslung einmal ganz entspannt Großstadtpolitik.
Wir werden Ihnen dabei helfen und Ihren Antrag ablehnen.
Herr Warnholz, ich möchte das gerne zu Ende führen.
Ja, als Geburtstagskind. Entschuldigung, ich habe nicht mehr daran gedacht.
Jetzt komme ich zum Thema FDP. Die FDP geht nicht so drastisch vor. Sie benutzt das böse RWort nicht, also räumen, will diese Angelegenheit aber trotzdem dem Bezirk wegnehmen, und das halte ich für falsch. Der Senat muss nicht evozieren. Ich vertraue darauf, dass die rot-gelbe Fraktion sehr sensibel mit dieser Angelegenheit umgeht, und darum werden wir auch diesen Antrag ablehnen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Voet van Vormizeele, Sie kennen den Begriff der Verhältnismäßigkeit, nicht wahr? Wir haben es mit einem kleinen Camp zu tun, einer Mücke, daraus muss man keinen Elefanten machen
und exemplarisch den großen Rechtstaat und die Polizei ins Spiel bringen. Es geht darum, in dieser großen Stadt ein kleines Camp auf einem versteckten kleinen Platz hinten am Gertrudenkirchhof zu ertragen; mehr ist es nicht. Es passieren dort keine Verbrechen oder sonstige Dinge, es passiert im Grunde genommen gar nichts. Ich hoffe, dass es auch weiterhin so friedlich bleibt. – Danke schön.
Herr Hamann, wir hatten einmal eine Große Koalition, wie ich mich erinnere, und da hieß unser Thema Bambule. Das haben wir nicht mit großen Worten und Geschrei und Theaterdonner hinbekommen, sondern das Problem hat sich eigentlich sehr gut von selbst gelöst. Ich möchte einmal Revue passieren lassen, was Sie, Herr van Vormizeele, gesagt haben. Sie unterstellen den Sozis, dass sie die ganze Stadt vernachlässigen würden. Dazu haben Sie einen großen Bogen geschlagen vom Hauptbahnhof bis zum Stadtpark. Ich darf einmal darauf hinweisen, was Sie in Ihrem Antrag fordern. In Nummer 1 fordern Sie, der Gerhard-Hauptmann-Platz solle geräumt werden, wenn die Occupy-Bewegung den Platz nicht spätestens bis zum 1. Oktober 2012 verlässt. Nun liegt dieser Antrag – das musste ja nach den drei Schriftlichen Kleinen Anfragen von Ihnen so kommen – hier vor. Das war so sicher wie das Amen in der Kirche und ist auch Theaterdonner. Haben Sie eigentlich einmal mit den Beteiligten gesprochen?
Herr van Vormizeele, unter Beteiligten verstehe ich, dass man einmal mit den Aktivisten der Occupy-Bewegung spricht.
Ich habe das getan, und es war an und für sich ein sehr konstruktives Gespräch. Ich habe gefragt, ob sie den Gerhard-Hauptmann-Platz zum 1. Oktober verlassen und Platz für den Handwerkermarkt und anschließend für den Weihnachmarkt machen wollen oder nicht. Natürlich machen sie Platz. Vielleicht kommen sie danach wieder zurück – das ist noch nicht ganz raus –, aber auf jeden Fall werden sie diesen Platz verlassen, sodass dieses Argument schon einmal völlig entfällt.
Hören Sie sich das doch ruhig einmal an.
Ich habe dann mit diesen Menschen gesprochen und gefragt, ob sie wüssten, dass die CDU diesen Antrag gestellt habe.
Die haben den Antrag gelesen und völlig zu Recht gefragt: Was soll das, wir gehen doch freiwillig? Die Antwort haben Sie eben selbst gegeben. Sie wollen, dass geräumt wird, raus aus der Stadt mit diesen Schmuddelkindern von Occupy. Wohlweislich, Occupy ist eine Organisation, die große Sympathien hat etwa bei der SPD, den GRÜNEN, der LINKEN, ob auch bei der FDP, das weiß ich nicht.
Ich höre auch vom Bundesfinanzminister und von der Bundeskanzlerin, dass sie durchaus Sympathie haben und die Bewegung gut finden. Jetzt wollen Sie aber erst einmal alles platt machen, das Camp soll weg, es soll geräumt werden. Ich habe natürlich auch mit den Verantwortlichen der HSH gesprochen und zu hören bekommen, dass diese ziemlich entspannt mit der gesamten Situation umgehen. Es ist so, dass dort auch die Toilette benutzt werden kann.
Darf ich eben noch meinen Satz zu Ende bringen?
Erster Vizepräsident Frank Schira (unterbre- chend): Nein, jetzt habe ich das Wort.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Voet van Vormizeele?
Ja.
Die Situation in Frankfurt ist eine andere. Herr van Vormizeele, es ist schon ein Unterschied, wenn so etwas großflächig vor der EZB passiert. Ich möchte, lassen Sie mich das noch einmal erläutern, dass diese Situation in Hamburg nicht eintritt.
Ich war stehengeblieben, als ich gesagt habe, dass ich mit den Verantwortlichen der HSH gesprochen habe. Die sagten, an und für sich gingen sie mit der Situation recht entspannt um.
Natürlich werden Occupy und HSH niemals Freunde werden in diesem Leben, aber es sieht so aus, dass sie auf jeden Fall etwas nicht wollen. Sie wollen nicht, dass dort bürgerkriegsähnliche Zustände,
die bei einer Räumung offensichtlich unabdingbar sind, vor ihrer Haustür passieren – das auf jeden Fall nicht. Das hat auch diese Stadt nicht verdient, das muss man auch einmal klar und deutlich sagen.
Wenn wir jetzt Ihren Antrag einmal beurteilen, dann muss man das in diesem Kontext tun. Das Erste ist die Zuständigkeit. Zuständig, das haben Sie auch schon gesagt, ist das Bezirksamt beziehungsweise die Bezirksversammlung HamburgMitte. Von der dortigen CDU habe ich keine Impulse vernommen, die sich damit befassen, dass Occupy weg soll. Einen Anlass sehe ich auch nicht. Natürlich gibt es dort einige Vorkommnisse, aber ob die nun alle Occupy zugerechnet werden können, sei dahingestellt. Es gab einen schwerwiegenden Anlass, das war die Stürmung der Deutsche-Bank-Filiale am Adolphsplatz, und das sind Dinge, die werden wir nicht gutheißen. Es ist sicherlich richtig, dass die Deutsche Bank Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch erstattet hat.
Das hat mit Sympathie nichts zu tun. Es ist auch nicht das Ziel von Occupy, Banken zu stürmen, das ist völlig unsinnig.
Jetzt kommen wir zur juristischen Beurteilung. Im Grunde genommen geht es um die Frage, ob die Occupy-Besetzung – in Anführungsstrichen – des Gerhard-Hauptmann-Platzes eine Versammlung im Sinne des Artikels 8 Grundgesetz ist. Das bleibt unklar, jedenfalls nach meinen Informationen. Rechtlich ist es tatsächlich eine vom Bezirksamt geduldete Nutzung ohne formale Genehmigung. Im Grunde genommen bringt uns diese juristische Beurteilung nicht weiter.
Ich komme zu der politischen Würdigung. Die CDU will räumen, und damit provozieren Sie eine Eskalation, die in keiner Weise dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht; das muss man mit aller Klarheit deutlich machen. Haben Sie sich eigentlich Gedanken gemacht, was Ihr Antrag auslösen kann? Ich kann mir vorstellen, dass sich schon ei
nige Touri-Chaoten in Berlin oder Frankfurt die Stiefel schnüren, um nach Hamburg zu kommen. Es werden bei einer Räumung Bilder von Hamburg möglicherweise um die Welt gehen, die mit der Weltoffenheit und Toleranz dieser Stadt in keiner Weise vereinbar sind.
Im Übrigen – Herr Wersich, hören Sie einmal zu – meine ich, dass Ihr Antrag auch den Bemühungen um eine moderne Großstadtpartei, die die CDU sein will, entgegensteht. Sie machen im Grunde genommen genau das Gegenteil von dem, was der Zielsetzung der modernen Großstadtpartei entsprechen würde.
Auf den Punkt gebracht lautet die Frage: Geht es um Scharfmacherei oder um Besonnenheit? Wir wählen die Besonnenheit und werden Ihren Antrag ablehnen.
Im Übrigen hoffen wir, dass weiterhin alles friedlich verläuft. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau von Berg, dieses Thema hätte es natürlich verdient, dass wir es sehr intensiv diskutieren, aber ich will davon absehen. In der Zielrichtung sind wir uns einig: Wir wollen eine paritätische Besetzung des HIBB-Kuratoriums. Es geht darum, wie wir das erreichen. Uns ist wichtig, dass wir das im Konsens machen.
Sie wissen, dass gerade das Thema berufliche Bildung von Konsens und Einvernehmen lebt. Bisher sind Beschlüsse und Stellungnahmen im Kuratorium einstimmig gefällt worden, und das soll auch so bleiben. Natürlich ist es schwierig, das in den Verhandlungen hinzubekommen. Wir sind noch nicht so weit, das sage ich ganz deutlich, möchten die Tür aber auch nicht zuschlagen. Wenn wir jetzt eine Frist setzen, Frau von Berg, dann ist das kontraproduktiv im Hinblick auf einen Konsens. Uns geht Konsens vor Schnelligkeit,
deshalb bitte ich darum, unserem Antrag zuzustimmen und Ihren Antrag abzulehnen.
Ihr Zusatzantrag ist ohnehin etwas merkwürdig. Das ist kein Zusatzantrag, sondern ein Änderungsantrag des SPD-Antrags. An und für sich ist es so, dass der Antragsteller entscheidet, was er ändert und was nicht. Wir lehnen diese Frist ab.
Im Übrigen kann ich mich Ihnen nur anschließen: Das Wort "DGB-Gewerkschaften" ist eine unzulässige Einschränkung; wir werden das mit "Gewerkschaften" so belassen. – Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Ausbildungsreport liegt vor. Ich darf in diesem Zusammenhang darauf verweisen – das ist auch der einzige Ausflug, den ich in die Vergangenheit unternehme –, dass es meine Fraktion war, damals noch in der Opposition, die in einem Antrag 2008 forderte,
dass man wieder einen Ausbildungsreport vorlegen möge. Dieser wurde einstimmig angenommen. Große Einigkeit ist ohnehin ein konstituierendes Merkmal der beruflichen Bildung besonders in Hamburg. Sie brauchen auch nicht zu befürchten, dass die SPD, die diese Debatte angemeldet hat, die zweifellos vorhandenen Erfolge den jetzt Regierenden zurechnen will. Es ist das Verdienst aller Akteure, das Thema eignet sich überhaupt nicht für eine parteipolitische Profilierung.
Das wird schon im Vorwort des Senators deutlich, wo er trotz des guten Ergebnisses auf die Problemzone Übergang Schule – Beruf und deren Lösungsansätze, ausgehend von der berühmten Drucksache 19/8472 verweist, die in der heißen Phase des Wahlkampfs im Februar dieses Jahres übrigens interfraktionell und sehr einmütig verabschiedet wurde. Die Stellungnahme des Landesausschusses für Berufsbildung zum Ausbildungsreport ist ebenfalls beispielhaft. Immerhin haben sich 18 Menschen aus verschiedenen Institutionen zu einem einstimmigen Votum durchgerungen und das ist auch gut so. Dies drückt sich in der Qualität des Berichtes aus. Es erfolgt nicht nur eine Bestandsaufnahme und Analyse des Ist-Zustandes, sondern es gibt auch einen Ausblick auf die künftigen Probleme, besonders auf den drohenden Fachkräftemangel in Hamburg. Hier liegt auch eine Chance, denn die Ausbildungsfirmen müssen die Maßstäbe, die sie an die Lehrstellenbewerber legen, überprüfen. Da es aus demografischen Gründen aus dem Umland immer weniger Bewerber gibt, sind wir auf die Hamburger Bewerber angewiesen und diese müssen gut versorgt werden. Wir müssen die Firmen bitten, alle ins Boot zu holen. Dies wird hoffentlich bei vielen Bewerbern zu einer höheren Motivation führen. Das Schlimmste, was ich in meiner beruflichen Laufbahn erlebt habe – Sie wissen, ich bin Gewerbelehrer gewesen –, waren resignierende Jugendliche, die sagten, das schafften sie nicht, sie hätten keinen Bock mehr und jetzt sei Schluss. Das darf nicht passieren.
Der Ausbildungsreport ist von einer sehr hohen Informationsdichte gekennzeichnet. Es gibt fast unüberschaubare Maßnahmen in der Berufsausbildung; hier den Überblick zu bekommen und behalten ist sehr schwer. So werde ich mich nicht mit allen Details beschäftigen können. Ich will auch keinen zweiten oder dritten Aufguss zur Hamburger Erfolgsgeschichte der Berufsbildung machen, obwohl anzumerken ist, dass der Abschluss 2011 mit fast 17 000 Ausbildungsverträgen schon sehr beachtlich ist. Leider gehen aber immer noch 337 von 729 Bewerbern leer aus, dafür bleiben 99 Ausbildungsstellen unbesetzt. Aber diese jungen Menschen erhalten zum Februar 2012 eine zweite
Chance. Immerhin sind zu diesem Zeitpunkt 1500 Angebote bei der Arbeitsagentur gemeldet, sie haben also durchaus eine zweite Chance. – Ich schaue auf die Zuhörer, auch das ist interessant für diese jungen Menschen.
Viele sind verantwortlich für das Erfolgsmodell der dualen Ausbildung. Besonders hervorheben möchte ich die ehrenamtlich Tätigen in den Prüfungsausschüssen und in der alltäglichen Arbeit mit den Azubis. Das ist nicht selbstverständlich und wir schulden ihnen großen Dank, den ich von dieser Stelle aus auch aussprechen möchte.
Wir haben vor zwei Tagen in der Handelskammer die Veranstaltung "Azubi des Jahres" miterleben dürfen; das war sehr interessant. Die Auszubildenden waren sehr motiviert, aber ich habe mein Augenmerk mehr auf die Ausbilder gelegt und festgestellt, dass ihnen die Ausbildung der Jugendlichen keine Pflicht war, sondern Herzensangelegenheit. Dafür gebührt ihnen auch an dieser Stelle Dank.
An der Spitze der dualen Ausbildung bieten wir "Dual Plus" an, das heißt, es soll mit der Berufsausbildung die Fachhochschulreife erworben werden können, und es sind gewissermaßen die beruflichen Gymnasien, sprich Wirtschaftsgymnasium und Technisches Gymnasium, am Leben geblieben, die die schwarz-grüne Koalition abschaffen wollte. Wir haben sie so gelassen, wie sie sind; allerdings werden die Zugangsberechtigungen überdacht und vielleicht verschärft. Ob das im Technischen Gymnasium richtig ist, wage ich zu bezweifeln.
Bezüglich der MINT-Fächer Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik ist das vernünftig. Diese Jugendlichen sollen später eine Ingenieurausbildung machen, entweder an der TU oder an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften. Wir wollen keine Schriftsteller – ich sage das so platt – aus ihnen machen, deshalb sollte man mit den geisteswissenschaftlichen und sprachlichen Fächern ein wenig nachsichtiger sein; das als persönliche Anmerkung.
Ich möchte nicht verschweigen, dass die duale Ausbildung auch Schattenseiten hat. Dazu zählt der Übergang Schule – Beruf. Diese Problemzone ist in zwei Teile geteilt, erstens geht es um die Berufsorientierung in der allgemeinbildenden Schule, sprich Stadtteilschule, und zweitens um die Schnittstelle zwischen Schule und Beruf, also um die passgenaue Vermittlung der Schulabgänger in duale Ausbildungsstellen.
Fangen wir mit der Berufsorientierung an. Es ist nichts Neues, dass es so etwas gibt. Dies wird von
Kammern, Verbänden, Innungen, einzelnen Betrieben und so weiter bereits praktiziert. Es gibt Lehrstellenbörsen und -märkte, bei denen die Betriebe sich vorstellen. Die Berufsorientierung sollte weiterentwickelt, systematisiert und mit Stellen der BSB unterfüttert werden.
In der Drucksache 19/8472 sind für 2012 28 Stellen, aufwachsend auf 120 Stellen im Jahr 2015/ 2016 vorgesehen. Dieses ist umso nötiger, da sich 40 Prozent der Bewerber auf zehn von ungefähr 300 Berufen konzentrieren. Hier ist ein Informationsdefizit vorhanden. Auch die Flexibilität der Bewerber muss sich verändern, es muss nicht jeder in einen Beruf, in dem man sich die Hände nicht schmutzig zu machen braucht. Ich vermisse, dass die Jugendlichen ins Handwerk gehen und halte das für nötig. Warum soll der Beruf des Klempners – der heißt natürlich anders und hat einen hochtrabenden Namen, Herr Stemmann, Sie werden das sicherlich wissen – oder der Beruf eines Bäckers schlechter sein als der eines Informatikers. Das muss von den Handwerkskammern so gesehen werden und es gehört eine realistische Selbsteinschätzung der Bewerber dazu.
Nun zu der passgenauen Vermittlung Schnittstelle Schule – Beruf. In der berühmten Drucksache wurde die Jugendberufsagentur ins Spiel gebracht, die zum Schuljahr 2012/2013 arbeitsfähig sein soll. Ich will die Notwendigkeit an einem Beispiel zeigen. Laut des Ausbildungsreports gab es, Stand Ende Juni, 3000 offene Ausbildungsstellen, die mit einer relativ hohen Anzahl an Bewerbern korrespondierten mit dem Schwerpunkt mittlerer Bildungsabschluss. Das hat mich sehr überrascht, denn das bedeutet im Klartext, dass das Potenzial der Bewerber nicht gehoben worden ist. Es hat sich zwar zurechtgeschüttelt, wie wir wissen, aber so kurz vor Toresschluss diese Situation zu haben, muss zum Nachdenken zwingen. Das ruft geradezu nach der Institution Jugendberufsagentur mit der Arbeitsagentur, team.arbeit, HIBB, Kammern, Gewerkschaften und, was ich besonders wichtig finde, den Initiatoren des Hamburger Hauptschulprojekts, initiiert von Michael Otto, ein tolles Projekt, das vor zwei Monaten zehnjähriges Bestehen gefeiert hat. Vor zehn Jahren haben lediglich 5 Prozent der Hauptschüler eine Lehrstelle bekommen, jetzt sind es fast 30 Prozent. Das hört sich nicht gewaltig und nach einem spektakulären Erfolg an, ist aber eine tolle Leistung aller Beteiligten und man muss des Lobes voll sein.
Die Jugendberufsagentur soll dafür sorgen, dass unser ehrgeiziges Ziel, jeder soll Abitur oder eine berufliche Ausbildung machen, realisiert wird. Das heißt, die Jugendlichen müssen natürlich Schlüsselqualifikationen mitbringen; das lassen wir einmal dahingestellt sein.
Natürlich bleiben noch immer Jugendliche übrig, die in keiner Ausbildung sind. Es geht um die Aus
bildungsvorbereitung. In der Vergangenheit hat man gesagt, diese seien schulmüde, sie müssten noch mehr Schule haben. Das ist natürlich Unsinn und hat dazu geführt, diese Jugendlichen zu demotivieren. Wir werden dafür sorgen, dass keiner verloren geht und werden eine Ausbildungsvorbereitung durchführen, die immer den ersten Arbeitsmarkt im Blick hat. Damit ist Motivation gewährleistet.
Mein Fraktionsgeschäftsführer gibt mir deutliche Zeichen, deshalb komme ich zum Fazit. Ich sage dies auch zu den Zuhörern.
In dieser männlichen Variante sind die weiblichen immer mitgemeint.
Die Tür zu einer dualen Berufsausbildung steht weit offen. Sie ist Voraussetzung für ein selbstbestimmtes Leben. Ihr müsst dieses Tor nur passieren. Es kann natürlich vorkommen, dass wir ein wenig schubsen müssen, aber es steht allen eine geöffnete Tür zur Verfügung. Die LINKE möchte das Ganze noch einmal an den Schulausschuss überweisen. Ich frage mich, warum.
Das werden Sie gleich natürlich sagen.
Der Ausbildungsreport liegt Ihnen vor, jede Fraktion kann ihre Stellungnahme abgeben. Ich finde das unsinnig und halte es für sinnvoll, Frau Heyenn, nach dem Februar 2012 noch einmal im Schulausschuss im Rahmen einer Selbstbefassung zu schauen, inwieweit die Instrumente, die in der Drucksache 19/8472 benannt wurden, gewirkt haben. Zum jetzigen Zeitpunkt halte ich das für überflüssig. – Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nachdem wir die letzten Tagesordnungspunkte im Ergebnis fast in großer Einmütigkeit behandelt haben, schaffen wir das vielleicht mit diesem Antrag auch, zumal dieser Antrag die logische Folge des berühmten Berufsbildungsantrags 19/8472 ist, der selbst in der heißen Phase des Wahlkampfs in diesem Jahr einstimmig von der Bürgerschaft verabschiedet wurde. Sie wissen, dass in diesem Antrag ein besonderer Fokus auf die jungen Menschen gelegt wurde, die ausbildungswillig sind, jedoch Schwierigkeiten auf dem Weg dorthin haben und Hilfe dabei benötigen.
Wir haben nach wie vor das Problem, dass viele Jugendliche, die eine Ausbildung wollen, diese Schwierigkeiten haben. Ich möchte in diesem Zusammenhang einmal den Begriff "Ausbildungswilligkeit" deutlich machen im Gegensatz zur Ausbildungsfähigkeit. In den vergangenen Jahren war von Ausbildungsfähigkeit die Rede mit der Konsequenz, dass Berufsvorbereitungsmaßnahmen durchgeführt wurden, die zu nichts geführt haben, es sei denn zu Warteschleifen und zu größerem Frust der jungen Menschen.
Der Begriff der "Ausbildungswilligkeit" ist tatsächlich ein Paradigmenwechsel. Lassen Sie mich aus meiner persönlichen Erfahrung – fast 40 Jahre Gewerbelehrer im Fach Metall- und Maschinentechnik – sagen, dass mir im dualen System kein einziger Fall untergekommen ist, in dem ein junger Mensch, der ausbildungswillig war, die entsprechenden Kammerprüfungen nicht geschafft hat. Es gab immer sehr viel Frust, es gab sehr viele Probleme – teilweise wurde auch eine Prüfung wiederholt – und es gab sehr viele Mühen. Aber letztlich ging es gut und das macht Hoffnung.
Also wollen wir Ausbildungsmaßnahmen passgenau für diese Jugendlichen machen. Diese Ausbildungsmaßnahmen sind nicht nur staatlicher Art, sondern natürlich auch von den Sozialpartnern beziehungsweise den Kammern, Gewerkschaften und letztlich den Ausbildungsbetrieben zu leisten. Diese müssen angemessen gesteuert werden, sodass wir durchaus in der Lage sind, dies zu machen. Derzeit brauchen wir eine Ausbildungsstatistik, einen Ausbildungsreport, wie es in der Vergangenheit schon einmal der Fall war.
Ich möchte unseren Antrag nicht weiter erläutern, auch aufgrund der fortgeschrittenen Zeit. Ich möchte mich stattdessen einmal dem Antrag der LINKEN zuwenden, der gegenüber unserem Antrag eigentlich nur noch Marginalien beinhaltet.
Finde ich schon, es ist nicht so zentral, Frau Heyenn, das glaube ich nicht.
Sie fordern in Punkt 1 des Petitums eine integrierte Schulstatistik. Das ist vernünftig, aber es gibt sie bereits. Die BSB wird diese integrierte Schulstatistik so schnell wie möglich im Herbst vorlegen. Natürlich ist sie aussagefähig; insofern ist dieser Punkt abgehandelt. Aber vielleicht meinen Sie auch eine integrierte Ausbildungsstatistik. Diese integrierte Ausbildungsstatistik wird im Rahmen der Jugendberufsagentur abgehandelt. Es gibt dort noch ein Problem, das betrifft die Jugendlichen, die über 18 Jahre alt sind. Aber wir werden dies lösen, es sind Ansätze vorhanden und wir werden das auch im Schulausschuss diskutieren. Insofern ist Punkt 1 überflüssig.
Zu Punkt 2, die Fortschreibung der Ausbildungsstatistik, ist integrierter Bestandteil des SPD-Antrags.
Als letzten Punkt wollen Sie, dass die BSB und auch die ARGE ihre jeweilige Statistik vorlegen. Die BSB wird dieses vorlegen, die ARGE kann dies selbst veranlassen.
Wenn man es also genau nimmt, sind alle Petita erfüllt.
Das können Sie gleich noch einmal deutlich machen.
Es ist das zentrale Anliegen unserer Bildungspolitik, dass jeder Jugendliche, der im entsprechenden Alter ist, entweder Abitur macht oder eine Ausbildung auf dem ersten Arbeitsmarkt erhält. Wir wollen, dass die Ausbildungsberichterstattung eine vernünftige Möglichkeit ist, die Unterstützung dafür zielgenau anzubieten. Wir wollen dies auch im engen Dialog mit den Fraktionen und natürlich auch mit den Akteuren der Berufsausbildung machen.
Im Übrigen weise ich darauf hin, dass der Landesausschuss Berufsbildung mit immerhin 36 Mitgliedern diese Schulstatistik einstimmig befürwortet hat. Ich denke, wir sollten uns daran ein Beispiel nehmen. Insofern bitte ich um Zustimmung für den Antrag und bitte darum, den Antrag der LINKEN
abzulehnen, weil er im Grunde genommen überflüssig ist.
Ich bin gespannt, was die CDU nun zur Überweisung sagt. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Danke schön.