Olaf Steinbiß
Sitzungen
Letzte Beiträge
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Im Prinzip geht es in Ihrem Antrag um drei Punkte, die ich einmal zusammenfassen möchte.
Zunächst einmal wird die freie Vergabe von Telefonen, genauer Handys, eingefordert. Ich denke, das wird schwierig werden. Wenn man, wie in Hamburg, Abschiebeinhaftierte gemeinsam mit Strafgefangenen untergebracht hat, dann gibt es natürlich im Sport- oder Ambulanzbereich immer wieder Punkte, wo man aufeinandertreffen kann und wo eine Übergabe erfolgen könnte. Deshalb sehe ich da aus Sicherheitsgründen große Schwierigkeiten.
Die Telefonie als solches ist aber noch einmal ein gesondertes Thema.
Freier Internetzugang ist die zweite Frage, die Sie in Ihrem Antrag aufgreifen. Das sollte man durchaus einmal prüfen, das finde ich sehr gut. Es ist auch in anderen Bereichen durchaus möglich, dass es Internetzugang gibt, der aber eingeschränkt ist. Dass es in der Abschiebehaft einen Internetzugang gibt, der völlig frei ist, kann ich mir nicht vorstellen, aber ein Zugang, der den Zugriff auf gewisse Seiten ermöglicht und bei dem, wie es auch in der Sicherungsverwahrung möglich ist, andere Seiten gesperrt sind, ist denkbar.
Als dritten Punkt haben Sie die allgemeine Prüfung der Kosten für die Telefonie insgesamt angesprochen. Auch da stimme ich voll mit Ihnen überein. Ich gehe davon aus oder hoffe zumindest, dass regelmäßig geprüft wird, ob das Telefonieren billiger möglich ist oder nicht. Da bin ich gespannt. Es gibt aber gerade eine aktuelle Schriftliche Kleine Anfrage aus Schleswig-Holstein – ich weiß nicht, ob Sie sie kennen –, in der die Kosten von Telio und Telekom einander gegenübergestellt worden sind, und da hat Telio nicht unbedingt viel schlechter abgeschnitten. Aber ich gebe Ihnen recht: Die Zahlen, die Sie für die Auslandsgespräche nannten, erscheinen mir auch ziemlich hoch. Es wäre schön, wenn man da irgendwie dran drehen könnte. Das muss auf jeden Fall noch einmal auf den Prüfstand.
Wir als SPD haben immer und auch zu Oppositionszeiten schon gesagt, dass gerade in der Abschiebehaft die Haft nur im Hinblick auf Gründe, die in der Abschiebung begründet sind, reglementiert werden darf. Natürlich muss auch die Sicherheit in den Anstalten gewährleistet sein, aber ansonsten müssen die in Abschiebehaft Inhaftierten selbstverständlich ganz andere Möglichkeiten haben als Strafgefangene.
Ich denke, dieses Thema gehört in den Justizausschuss, und da können wir es ordentlich diskutieren. Deshalb stimmen wir der Überweisung zu. – Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Tatsächlich will die Bundesregierung ausgerechnet bei der Prozesskostenhilfe sparen – wieder eine sogenannte Reform, die die finanziell Schwachen trifft. Es handelt sich hier wirklich um die Frage, ob es diese Rechte bald nur noch auf Kredit geben wird. Das darf nicht sein.
Wie Frau Schneider schon erwähnte, wurde noch unter der SPD/FDP-Regierung 1981 dieses Gesetz eingeführt. Federführend war damals Innenminister Baum, der sagte:
"Wir wollten diejenigen, die aus eigener Kraft nicht ihre Rechte wahrnehmen konnten, waffengleich machen."
Dieser Maßstab muss weiterhin gelten. Ob dieses auch in Anbetracht des PKH-Reformgesetzes gewährleistet ist, muss noch kritisch hinterfragt werden. Es ist nämlich beabsichtigt, zum Beispiel in Ehescheidungsverfahren nur dann eine Beiordnung zu bewilligen, wenn die Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage es erfordert. Es wird also den Gerichten ein sehr weiter Spielraum gegeben mit der Gefahr, dass die betreffende Partei schutzlos gestellt wird. Aus meiner Erfahrung aus der täglichen Praxis als Rechtsanwalt kann ich nur bekräftigen, dass zu Beginn eines Rechtsstreits noch gar nicht absehbar ist, wie kompliziert und schwierig letztendlich eine Sache werden kann. Eine Partei aber zunächst in ein Rennen zu schicken und ihr dann auf dem steinigen Weg nach halber Strecke etwa mitzuteilen, dass nun doch ein Rechtsanwalt beigeordnet ist, deckt sich nicht mit meinem Verständnis von Waffengleichheit für alle Prozess- und Verfahrensbeteiligte.
Gleiches gilt natürlich für die beabsichtigten Änderungen bei den arbeitsgerichtlichen Verfahren. Auch hier ist vor dem Gütetermin meist überhaupt nicht absehbar, wie die Erfolgsaussichten in der Sache stehen. Arbeitsgerichtliche Streitigkeiten enden sehr oft mit Vergleichen bereits im Gütetermin, sodass die betroffene Partei dann ohne Schutz und Beratung dastehen würde und Fakten zu ih
rem Nachteil geschaffen sein könnten. Das ist meines Erachtens nicht hinnehmbar.
Sinnvoll ist es sicherlich, dass die Gerichte künftig erweiterte Auskünfte über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragsteller einholen können, aber sehr kritisch ist zu sehen, dass es künftig auch die Gelegenheit zur Stellungnahme für den Antragsgegner geben soll. Hier sehe ich schon Schriftsätze, die höchstwahrscheinlich bis zur Beleidigung hin gehen. Gleichzeitig darf man nicht vergessen, dass dies zu einer weiteren Verzögerung der Verfahren führt, was wir natürlich auch nicht wollen.
Die Bundesjustizministerin verspricht jedenfalls, dass es auch weiterhin eine ratenfreie Prozesskostenhilfe geben werde und sagt weiter, man wolle die Menschen, die in der Lage sind zu zahlen, im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit an Rückzahlungen der gewährten Hilfe beteiligen. Hiermit habe ich auch überhaupt keine Probleme. Aber gleichzeitig wird, wie Frau Schneider schon sagte, durch den Regierungssprecher betont, man wolle auch den Missbrauch staatlicher Hilfe eindämmen. Dazu muss ich sagen: Das ist eine unverschämte Diskreditierung der Ärmsten der Gesellschaft.
Ich kann mich aus meiner gesamten Praxis nicht an einen einzigen Fall erinnern, bei dem sich jemand zu Unrecht Prozesskostenhilfe erschlichen hat. Ich kenne aber sehr viele Fälle, in denen Leute Prozesskostenhilfe erhielten, die ansonsten ihr Recht niemals erhalten hätten. Das müssen wir immer im Auge behalten, auch wenn wir wissen, dass der Kostendruck auf die Justiz sehr stark ist. Wir müssen hier natürlich zusehen, Einsparungen hinzubekommen, aber die Grenze für Einsparungen bildet für mich immer noch die gebotene Waffengleichheit, die weiterhin gelten muss.
Geplant ist zum Beispiel eine Verlängerung der Rückzahlungsphase von 48 auf 72 Monate; dies halte ich für durchaus machbar. Insgesamt halte ich also den gewählten Weg der Prozesskostenhilfeänderung für sehr gefährlich, glaube aber auch, dass es sinnvoll ist, hierüber im Ausschuss noch einmal ausführlich zu diskutieren, und das sollten wir unter Einbeziehung aller Aspekte tun. – Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Etwas weniger Aufregung bei diesem Thema wäre vielleicht ganz angebracht. Es wurde zum Glück schon angesprochen, wem wir die Situation, in der wir uns befinden, zu verdanken haben, dem vielzitierten Herrn Kusch, wobei es, liebe CDU, geradezu Hohn ist zu behaupten, der Strafvollzug habe sich unter Herrn Kusch verbessert, einem Mann, der nach Arizona fuhr,
um sich mit Sheriffs über den Strafvollzug zu unterhalten. Das ist sehr weit hergeholt.
Darüber hinaus war es ein Staatsrat der FDP, der diesen Mammutbau mit zu verantworten hatte.
Natürlich wollten wir erben und wir haben eine ganze Menge geerbt. Leider haben wir auch in diesem Bereich von Ihnen keinen allzu schönen Nachlass bekommen.
Jetzt müssen wir aufräumen; wir sind gerade dabei.
Aus Ihrer Ecke, liebe CDU und FDP, wirkt die angebliche Sorge um die Sicherheitsbedingungen der Frauen doch ziemlich vorgeschoben auf mich. Bedauerlich ist, dass Sie sich bisher nicht einmal die Gegebenheiten in Billwerder angesehen haben. Und dann solche Vorwürfe zu formulieren, Herr Trepoll, finde ich wirklich sehr verwunderlich. Wer sich so weit aus dem Fenster lehnt, sollte sich vorher wenigstens einmal vor Ort informiert haben.
Ich will gar nicht verhehlen, dass auch ich zuerst sehr kritisch war, als ich die ersten Pläne und Zeichnungen sah.
Wenn man Zweifel hat, ist es manchmal eben doch ganz gut, sich vor Ort zu informieren. Für mich ist ganz klar: Männer und Frauen müssen im Strafvollzug räumlich getrennt werden. Aber wenn man selber kein Architekt ist, ist mitunter sehr schwer zu erkennen, was wenige Zentimeter auf einer Skizze oder einem Plan in der Realität bedeuten. Da sind das plötzlich viele, viele Meter zwischen den einzelnen Bauten.
Vielleicht hätten Sie sich tatsächlich einmal die Begebenheiten vor Ort ansehen sollen; mich hat das jedenfalls überzeugt. Auf diesem riesigen Gelände in Billwerder ist genügend Platz für eine abgeschirmte Unterbringung der Frauen.
Auch wir haben die kritischen Stimmen in der Expertenanhörung vernommen, aber das Ganze fußt doch immer auf einer baulichen Grundlage und ist eben nicht nur abstrakt zu beurteilen. Ein Vollzug von Frauen und Männern auf einer Fläche kann funktionieren, muss aber nicht funktionieren.
Nein.
Die Frage ist, wie das Ganze ausgestaltet wird, und dann gibt es JVAs wie in Lübeck oder Bützow, wo die Voraussetzungen nicht so geeignet zu sein scheinen. Die Berichte des Leiters der JVA in Luckau-Duben hingegen haben uns gezeigt, dass es auch gut funktionieren kann, und diese Einrichtung ist räumlich vergleichbar mit Billwerder.
Sicherlich kann man nach der Anhörung der Experten zu unterschiedlichen inhaltlichen Bewertungen kommen, auch wenn diese Einschätzungen abstrakt und nicht aufgrund der Gegebenheiten in Billwerder erfolgten. Keinesfalls reden wir Risiken klein. Wir sind aber der festen Überzeugung, dass Risiken durch die geplanten Vorkehrungen auf ein Minimum reduziert werden können.
Davon haben meine Kollegin Frau Arndt und ich uns vor Ort überzeugen können, und aus diesem Grund haben wir diesen Aspekt in ein Petitum eingebracht, um die Umsetzung der notwendigen Vorkehrungen sicherzustellen.
Und tun Sie bitte nicht so, als wäre es per se nicht möglich, eine gemeinsame Unterbringung zu schaffen, als sei das Teufelszeug. Ein Blick über den Tellerrand zeigt doch: In anderen Bundesländern funktioniert das gut.
Auch wir in Hamburg haben mit der gemeinsamen Unterbringung bereits vernünftige Erfahrungen im offenen Vollzug gemacht.
Über mehrere Jahrzehnte wurde der offene Vollzug im Moritz-Liepmann-Haus problemlos gemeinsam durchgeführt, und auch der gemeinsame offene Vollzug in Glasmoor klappt seit Jahren.
Die Frauen werden in Billwerder in einem von den Männern getrennten Gebäudeteil untergebracht sein. Es gibt einen Hofbereich, der lediglich vom Frauentrakt aus einsehbar ist; schauen Sie es sich einmal an. Außerdem werden die Frauen von den besseren Arbeits- und Qualifikationsmöglichkeiten vor Ort profitieren,
die so in Hahnöfersand nicht vorhanden sind. Im Übrigen ist Billwerder auch zentraler gelegen als Hahnöfersand. Ich weiß nicht, ob sich jemand von
Ihnen schon einmal auf den Weg nach Hahnöfersand gemacht hat; das ist eine ganze Ecke.
Entscheidend bleibt also immer, wie die tatsächlichen Gegebenheiten sind. Ich denke, in der Gesamtabwägung – auch mit Blick auf die genannten Kosteneinsparungen – ist der Schritt vernünftig. Lassen Sie es uns gemeinsam machen, lassen Sie uns nach vorn schauen
und die Fehler der Vergangenheit beheben. – Danke sehr.