Sylvia Wowretzko
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Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Hebammen und auch Entbindungspfleger sind längst zu einer integralen Stütze unseres Gesundheitssystems geworden. Durch die Wahrnehmung vielfältiger Aufgaben vor, während und nach der Geburt leisten sie einen unerlässlichen Beitrag dazu, dass werdende Mütter und ihre Familien in jeder Phase der Schwangerschaft und auch hinterher gut betreut und beraten werden.
Die Arbeit von Hebammen wird immer anspruchsvoller und ihre Bedeutung steigt. Gleichzeitig kommt Hebammen gerade in Hamburg eine ganz besondere Rolle in dem so wichtigen System der frühen Hilfen zu. Wir sind auch froh darüber, dass
die Ausbildung von Hebammen so attraktiv ist. Das ist ein Aspekt, auf den ich gleich noch einmal zurückkommen werde. Die SPD-Fraktion weiß um die gute Arbeit von Hebammen, und wir meinen, dass es höchste Zeit ist, ihre Arbeit auf ein dauerhaft sicheres Fundament zu stellen.
Im Zentrum muss dabei stehen – das ist längst einer breiten Öffentlichkeit bekannt –, eine Lösung für die Berufshaftpflichtversicherung zu finden. Bei dieser Diskussion gibt es zwei, wenn nicht drei zentrale Missverständnisse. Zum einen hat nicht die Häufigkeit oder Zunahme von Schadensfällen zu dem Anstieg der Prämien geführt; es war vor allem dem medizinischen Fortschritt und der damit einhergehenden gestiegenen Lebenserwartung von geschädigten Kindern geschuldet – Tatsachen, die wir eigentlich begrüßen sollten. Mit dem Wegfall eines wesentlichen Versicherungskonsortiums stand nicht nur die Geburtshilfe infrage, sondern das gesamte Leistungsspektrum und damit ein Hilfesystem, auf das wir weder verzichten können noch wollen. Und schließlich: Schon die bisher stetig steigenden Kosten der Berufshaftpflicht werden zu einem Hindernis für das Engagement vieler Hebammen, auch in Hamburg. Folgerichtig hat Hamburg der Entschließung des Bundesrats zur Absicherung der Geburtshilfesituation zugestimmt.
Endlich liegen auch Vorschläge der interministeriellen Arbeitsgruppe zu dieser Problematik vor und die ersten Schritte stimmen optimistisch. Insbesondere der Sicherstellungszuschlag für Hebammen, die weniger Geburten betreuen, ist ein wichtiger Schritt zu einer flächendeckenden Versorgung auch mit Geburtshilfe. Die zunächst befristete Verlängerung eines Haftpflichtangebots verschafft ein wenig Zeit und Luft für eine echte Reform. Wir müssen aber festhalten, dass eine Lösung für diese Frage nur auf Bundesebene gefunden werden kann, und der Bundesgesundheitsminister ist hier gefordert, eine dauerhafte tragfähige Lösung vorzustellen.
Lassen Sie mich, auch ob der vorgerückten Stunde und der Ereignisse, die dieser Tage rundherum stattfinden, zügig zu der eigentlichen Frage kommen: Was können und was sollten wir in Hamburg tun? Mit unserem Antrag zu einer Datenerhebung kommen wir einer zentralen Forderung des Hamburger Hebammenverbandes nach, mit dem wir im Übrigen in regem Austausch stehen. Dort würde, ein Hinweis an DIE LINKE, sich übrigens niemand der Schwarzmalerei aus dem Änderungsantrag der Fraktion der LINKEN annehmen. Das Interesse besteht vielmehr an den wesentlichen Fakten. Weder sehen wir die Stillquote und den Stand von Zertifizierungen als wesentlichen Gradmesser für
die Versorgungssituation, noch hilft es uns weiter, wenn wir Äpfel mit Birnen vergleichen. Uns interessiert weniger, wo Hebammen leben, uns interessiert, wo sie ihre Leistungen erbringen und wo es eben eine tatsächliche Unterversorgung gibt. Genau dieser Frage entsprechend ist unser Antrag gestellt, und dem werden wir nachgehen.
Unzutreffende Analogien zu räumlichen Disparitäten bei der hausärztlichen Versorgung etwa sind hier fehl am Platz.
Und schließlich zur Ausgangssituation: Wir können festhalten, dass schon heute die große Mehrheit der Hebammen in Ausbildung über Hochschulreife verfügt und damit auch zukünftigen Herausforderungen gewachsen ist. Das betrifft sowohl Fortbildungen als auch die begrüßenswerte Entwicklung hin zu einer stärkeren Akademisierung in diesem Zweig, die auch in Hamburg voranschreitet – eine Entwicklung, die die anstehende Reform des Hebammengesetzes prägen sollte. Hamburg tut gut daran, sich wie bisher in diesem Sinne zu engagieren. Es sei doch daran erinnert, dass die Hebammenausbildung selbst bundespolitisch geregelt werden muss.
Die in Ihrem Änderungsantrag getroffenen Feststellungen sind auch im Hinblick auf die Zahl der zur Verfügung gestellten Ausbildungsplätze nicht ganz zutreffend. Der Landesausschuss für Krankenhaus- und Investitionsplanung hat im September 2013 30 zusätzlichen Ausbildungsplätzen zugestimmt, die im Marienkrankenhaus, AlbertinenKrankenhaus, Amalie Sieveking-Krankenhaus und im UKE angebunden sein werden. Damit wird es künftig 30 weitere Ausbildungsplätze für Hebammen geben, die auch finanziert werden.
Das ist ein wichtiger Verhandlungserfolg, der noch einmal verdeutlicht, dass Hebammenleistungen in Hamburg eine große Aufmerksamkeit genießen. Insgesamt sind wir so in Hamburg gut aufgestellt und wollen dennoch einen weiteren Beitrag dazu leisten, eine flächendeckende Versorgung mit Hebammenleistungen zu gewährleisten. Ich denke, es wäre ein gutes Signal, sich diesem Bemühen anzuschließen und unserem Antrag zuzustimmen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Fast ein Drittel aller in Hamburg lebenden Menschen hat nach Aussage des Statistikamts Nord einen Migrationshintergrund. Heute sprechen wir über die gesundheitlichen Versorgungsstrukturen für diese Mitmenschen, die aus den unterschiedlichsten Teilen der Welt zu uns nach Hamburg gekommen sind. Sie gehören seit Kurzem oder schon seit Langem zu unserer Gesellschaft. Sie gehören der ersten, zweiten, dritten oder vierten Generation von Migranten an. Sie sind unterschiedlichen Alters, sie haben unterschiedliche gesundheitliche Voraussetzungen, manche verfügen über gute Deutschkenntnisse, andere nicht. All diese Menschen, so unterschiedlich sie auch sind, stellen einen Gewinn für unsere Gesellschaft dar. Wir sehen sie als Bereicherung für unsere Stadt, denn sie beschenken uns mit Vielfalt.
Der SPD-geführte Senat hat in den letzten zwei Jahren mit verschiedenen Schritten eindrucksvoll gezeigt, dass er gewillt ist, diese Vielfalt in allen Bereichen zu würdigen und zu fördern. Vor allem das Konzept Teilhabe, interkulturelle Öffnung und Zusammenhalt, besser bekannt als Hamburger Integrationskonzept, hebt drei Aspekte hervor: Willkommenskultur, Vielfalt und Zusammenhalt. Mit diesem Konzept sorgen wir dafür, dass erstmals alle zentralen Themenfelder von Integration mit Indikatoren und Zielwerten überprüft werden. Und unsere Stadt tut gut daran, auch ihre gesundheitlichen Versorgungsstrukturen immer wieder auf die interkulturelle Kompetenz hin zu untersuchen. Daher haben wir als SPD-Fraktion mit unserem Antrag vom 25. Januar 2012 den Senat um einen differenzierten und umfassenden Überblick über die derzeit vorhandenen Angebote gebeten. Unter anderem war es uns wichtig zu erfragen, welche Erkenntnisse es über besondere gesundheitliche Risiken von Menschen mit Migrationshintergrund gibt und wie es um den Zugang zu den Angeboten im Bereich der gesundheitlichen Prävention steht, auch vor dem Hintergrund von Genderfragen und Sprachbarrieren. Die detaillierte Antwort des Senats zeigt, dass wir in Hamburg schon jetzt über ein nachfrageorientiertes und interkulturell kompetentes Angebot verfügen.
Das möchte ich Ihnen gern an drei Beispielen verdeutlichen. Erstens mit dem Keyperson-Projekt,
das im Bereich der Suchthilfe muttersprachlich darüber informiert, welche Angebote es in der Suchtprävention gibt und mit der Muttersprachlichkeit Menschen mit geringen Deutschkenntnissen den Zugang zum Hamburger Suchthilfesystem ebnet. Im Bereich der fremdsprachlichen psychotherapeutischen Betreuung erhalten Menschen mit Migrationshintergrund Unterstützung in unterschiedlichen Sprachen von Farsi über Türkisch, Schwedisch, Dari und so weiter. Einen weiteren Schritt in die richtige Richtung erleben wir beim Thema Pflege ganz konkret in Harburg. Seit 2011 sind im dortigen Pflegestützpunkt je eine Beraterin aus dem türkischen und dem russischen Sprach- und Kulturkreis beschäftigt.
Die Antwort des Senats zeigt, dass interkulturelle Kompetenz in einer dynamischen Gesellschaft mit vielen unterschiedlichen Kulturen unverzichtbar ist, um auf die Bedürfnisse der Menschen eingehen zu können und unsere Angebote für alle Menschen offen und zugänglich zu halten. Auch stellt die von mir erwähnte Vielfalt eine Bereicherung für unsere Stadt dar.
Lassen Sie mich das noch einmal unterstreichen. Die Förderung der interkulturellen Kompetenz, also die kultursensible Überprüfung von Standards und Routinen und die Integration von Fähigkeiten wie Mehrsprachlichkeit und kulturelles Wissen, steigert die Qualität und Leistungsfähigkeit unseres Gesundheitssystems.
Wie die Mitteilung des Senats zeigt, ist unser Gesundheitssystem bereits jetzt gut auf die von mir eingangs erwähnte Heterogenität eingestellt. Gleichwohl ist die Stärkung der interkulturellen Kompetenz in unserem Gesundheitswesen eine dauerhafte Aufgabe. Die Drucksache enthält eine ganze Reihe interessanter Punkte, die wir im Gesundheitsausschuss vertiefen sollten. Ich bitte Sie deshalb um Zustimmung für eine Überweisung an den Gesundheitsausschuss und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.