Inge Hannemann

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Was sagen denn die GRÜNEN zu einer wirklichen Parität bei den Beiträgen zur Rentenversicherung? Das heißt, ein tatsächlicher Ausgleich, ein gleicher Ausgleich zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber?
Das ist alles schön und recht. Eine Frage: Sie sagen, wer länger arbeitet, soll auch länger Rente oder eine höhere Rente bekommen, und wer nicht, der nicht. Jetzt nehme ich nur einmal einen Berufszweig heraus, den ganzen Care-Bereich. Ich glaube, wir können nicht erwarten, dass die Menschen bis 65, 67 oder gar 70 Jahren arbeiten, das funktioniert nicht. Das heißt, wir haben hier nur eine Gruppe von Menschen, die sich wirklich für andere Menschen aufopfert, sowohl körperlich als auch psychisch, und die Menschen sollen dann nach Ihrer Vorstellung oder der Vorstellung der FDP entsprechend weniger Rente bekommen, weil sie früher in Rente gehen, da sie nicht mehr arbeiten können. Gibt es da einen Ausgleich zum Beispiel im Care-Bereich oder für Bauarbeiter oder den Handwerksbereich?
Kurze Nachfrage. Analog dann … – Glocke)
Vielen Dank. Das bedeutet zum Beispiel bei dieser Menschengruppe, dass sie so viel Rente bekommt wie jemand, der einfach, weil er es schafft, später aufhört zu arbeiten? Habe ich das jetzt richtig verstanden? Das heißt, er bekommt einen solidarischen Ausgleich, weil er aufgrund dessen, dass er nicht länger arbeiten kann, früher aufhören muss.
Wertes Präsidium, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Erst einmal lobe ich den Senat – ja, das gibt es auch – wegen seiner vielen kreativen Ideen, um Geflüchtete zu unterstützen, in den Arbeitsmarkt oder in eine Qualifikation zu kommen und die deutsche Sprache zu erlernen. Das sehen auch wir als LINKE durchaus sehr positiv.
Trotzdem haben wir ein paar Anmerkungen, und zwar natürlich einmal im Hinblick auf das Jobcenter. Ich vertrete die Meinung, dass sowohl der Senat als auch die Koalition sich in einer Traumwelt bewegen, solange die Strukturen in den Jobcentern, die vielen Kann-Bestimmungen und die zum Teil vorherrschende Willkür nicht begriffen und nicht gesehen werden. Davon ist auch die Behandlung der Geflüchteten abhängig, das ist nun einmal Fakt. Warum sollte sich das Jobcenter plötzlich um 360 Grad drehen und sagen, wir ändern alles? Dann hätte Frau Nahles das endlich mal geändert. Das können sie nicht. Das können sie auch leider nicht gegenüber Geflüchteten, und das muss uns bewusst sein. Das ist ein bedeutender Kernpunkt.
Aber ich komme einmal zu Punkt 3 des Petitums, Zugänge zu Förderleistungen wie Nachqualifizierungen und Weiterbildungen aus dem Vermittlungsbudget der BA von Anfang an zu gewähren. Dem stimme ich ohne Bedenken zu. Allerdings fordere ich, dass die Eingliederungsmittel für alle aufgestockt werden. Die neuen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit für 2017 sehen das sowohl bundesweit als auch in Hamburg vor. Das hat mich etwas beruhigt. Mit dieser Forderung gehe ich natürlich mit. Aber eines haben SPD und GRÜNE vergessen in diesem Petitum: Fordern Sie doch bitte auch gleich die Erhöhung des Personal- und Verwaltungsetats, denn solange die Jobcenter Gelder aus diesem Topf benötigen und sich die Gelder aus den Eingliederungsmitteln der Erwerbslosen sozusagen klauen, haben wir überhaupt nichts gewonnen, und Sie als Senat auch nicht.
Zu Petitumspunkt 12, Status quo der Betreuungsschlüssel im Jobcenter. Das ist immer ein kritischer Punkt. Es muss nicht der Status quo erhalten werden, sondern der tatsächliche Betreuungsschlüssel muss reduziert werden. Ich möchte Ihnen auch erklären, warum. Frau Dr. Leonhard, Sie brachen Ihr Versprechen und stockten die Jobcenter eben nicht um 216 Mitarbeiter auf, wie im Januar groß getönt, auch wenn der Senat nur 108 Stellen übernimmt. Stattdessen wird vergessen, dass wir eine hohe Fluktuation in den Jobcentern haben, dass viele nicht entfristet werden, dass viele von sich aus gehen. Das ist ein Punkt in der Drucksache,
durchaus. Wir müssen davon ausgehen, dass die Anzahl der Geflüchteten sich nicht reduziert hat, stattdessen sind rund 72 Prozent von ihnen, so schätzt die Drucksache, im Jobcenter. Das Personal dort, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ist am Rand seiner Kräfte, die Stimmung dort kocht aus mehreren Gründen. Das ist nun einmal auch Fakt, so ist die Rückmeldung von meinen Ex-Kolleginnen und Ex-Kollegen aus den Hamburger Jobcentern. Es sind mehr als genug, die mich inzwischen um Hilfe bitten, damit endlich eine Änderung kommt, weil sie sehen, dass im Grunde nur DIE LINKE etwas macht, ein bisschen ver.di, und das war es dann.
In der Drucksache steht, dass rund 9,4 Millionen Euro in den Verwaltungsetat investiert würden. Ich frage mich: Wo sind die Gelder? Wenn nicht in Personal investiert wird, wo sind sie? Haben sie neue Computer in den Jobcentern? Ich weiß, sie haben neue Räume, aber ich sehe nicht mehr Personal. Diese Frage möchte ich bitte irgendwann noch einmal geklärt haben.
Positiv bewerte ich die Aufstockung der ESF-Mittel für berufsbezogene Sprachförderung und ebenso den Einsatz des Senats für die Öffnung der Integrationskurse für alle Geflüchteten und Geduldeten mit guter Bleibeperspektive sowie einen damit verbundenen Rechtsanspruch. Dieser Punkt ist wichtig: Damit es nicht eine Kann-Bestimmung bleibt, fordert der Senat einen Rechtsanspruch. Da laufe ich hundertprozentig konform mit; eine sehr, sehr gute, sinnvolle Forderung.
Zum Programm "Ausbildung: Deine Wahl! Deine Chance!". Frau Prien, das ist ein Programm für Menschen bis 35, das ist durchaus erwähnt auf Seite 10 und 11. Ein ähnliches Programm gab es schon einmal: "AusBILDUNG wird was – Spätstarter gesucht" von der Bundesagentur für Arbeit. Auch dieses Programm war für Menschen bis 35. Jetzt hat es einen neuen Namen. Es war nicht sehr erfolgreich, muss man sagen. Das lag aber eher daran, dass die Jobcenter mit der Vergabe und der Förderung sehr geizig waren. Ich hoffe, dass das bei diesem Programm ein bisschen anders wird.
Der Senat spricht davon, dass der Hamburger Arbeitsmarkt für Helfertätigkeiten kaum offen sei. Herr Fock von der Arbeitsagentur bestätigte das in einem Interview. Trotzdem spricht der Senat davon, dass rund zwei Drittel – 62,8 Prozent – der Geflüchteten nur in Helferberufen eingesetzt werden könnten. Der Hamburger Arbeitsmarkt ist ein hochqualifizierter Arbeitsmarkt, was ich zum Teil sehr bedauere, weil Menschen, die nicht hochqualifiziert sind, kaum mehr eine Chance haben. Trotzdem spricht der Senat davon, dass rund 12 Prozent der rund 900 000 sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisse dem Helferbereich zuzuordnen seien. Er vergisst aber zu erwähnen, dass genau diese Berufe oftmals in der Leiharbeit inte
griert sind oder in Beschäftigungsverhältnissen, die saisonal bedingt sind, und zwar im Garten- und Landschaftsbau – das steht ganz oben – und in der Gastronomie. Das heißt, wir haben hier nicht wirklich viel gewonnen. Aus diesem Grund fordern wir die Beschleunigung und Entbürokratisierung bei der Anerkennung und Weiterentwicklung der bestehenden beruflichen Qualifikationen bei Geflüchteten,
insbesondere unter dem Aspekt, dass laut Drucksache über die Hälfte der Geflüchteten über eine berufliche oder akademische Ausbildung verfügen und auch über eine langjährige Berufserfahrung und Schulerfahrung. Das muss unbedingt berücksichtigt werden.
Der Senat schreibt aber auch, dass die bereits bei den Jobcentern und der Arbeitsagentur Hamburg erfassten Arbeitslosen – in Anführungszeichen – schon länger als zwei Jahre in Hamburg leben, also vor dem Flüchtlingsstrom in 2015/2016, und die Quote der erwerbslosen Migranten bis heute im Vergleich zu deutschen Erwerbslosen mit knapp 38 Prozent sehr, sehr hoch ist. Das zeigt nichts anderes, als dass diese Menschen kaum Vermittlungschancen haben und wir hier eine viel größere Anstrengung an den Tag legen müssen.
Der Senat fordert mit B2 eine Erweiterung der Sprachkurse über B1 hinaus. Wunderbar, da laufen wir mit, unbedingt. Das ist wichtig und notwendig. Ebenfalls fordert er eine Aufstockung der Angebote des BAMF betreffend der Sprachförderung für alle Asylsuchenden, bei denen nach individuellen Maßstäben von einer guten Bleibeperspektive ausgegangen wird, Afghanen zum Beispiel. Auch das ist positiv.
Wir finden sehr positiv, dass die Drucksache an den Sozialausschuss überwiesen wird.
Ich glaube, es ist wichtig, dass wir uns dort noch einmal ausführlich über die Punkte, auch die kritischen Punkte vonseiten der CDU, unterhalten und zu einem sinnvollen Ergebnis kommen.
Sehr verehrtes Präsidium, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir stellen heute den Antrag auf Anpassung der Kosten der Unterkunft für Sozialleistungsempfängerinnen und -empfänger am Hamburger Wohnungsmarkt. Seit dem 1. März 2016 gelten neue Miethöchstgrenzen, angelehnt an den Mietspiegel von 2015.
Wenn man das umrechnet, liegt der Quadratmeterpreis, den eine Wohnung maximal kosten darf, zwischen 6,89 Euro und 7,74 Euro, je nach Haushaltsgröße. Laut BASFI entspricht das einer Erhöhung der Höchstwerte von 22,50 Euro bis 116,63 Euro gegenüber 2014. Das klingt erst einmal gut, ist aber nicht gut.
Das SGB II – für die Hartz-IV-Empfänger, zur Erläuterung für diejenigen, die den anderen Begriff noch nicht kennen – und das SGB XII – das ist die Grundsicherung – sehen für die Leistungsberechtigten die Übernahme der tatsächlichen Miet- und Heizkosten als existenzsichernde Leistungen vor, soweit sie angemessen sind. Träger dieser Leistungen sind entweder die Städte oder die Kreise. Sie bestimmen in eigener Zuständigkeit die in ihrem Gebiet angemessenen Kosten. Das gilt sowohl für SGB II als auch für SGB XII, sofern nicht im Rahmen nach SGB XII im Alter und bei Erwerbsminderung der Bund nach SGB XII das Kapitel erbringt. Dort haben wir die einzige Ausnahme.
Kommen wir zum kritischen Punkt: Das klingt so weit noch angenehm bürokratisch. Bis heute ist die rechtssichere Ausgestaltung der kommunalen Richtlinien beziehungsweise Verwaltungsanweisungen in diesem Bereich allerdings schwierig und konfliktreich. Das zeigt schon die Masse an Klagen und Widersprüchen im Bereich SGB II, aber auch SGB XII. Wenn man bedenkt, dass in beiden Bereichen jede vierte Klage gewinnt, dann zeigt das nichts mehr als eine große Rechtsunsicherheit wie auch ein entsprechendes falsches Agieren in den Jobcentern oder in den Grundsicherungsämtern.
Ein wichtiger Punkt bei den Widersprüchen wie auch bei den Klagen ist die Frage nach dem schlüssigen Konzept. Das SGB II, aber auch das SGB XII, unterlässt es leider bis heute, die Angemessenheit zu konkretisieren. Vielmehr weist es sogar darauf hin, dass Hamburg diese durch eine Satzung bestimmen kann. Das ist übrigens eine der wenigen Ausnahmen mit der Stadt Hamburg.
Das ist – das weiß ich aus eigener Erfahrung, wenn ich mir all die Widersprüche und Klagen ansehe – der Freibrief dafür, dass Hamburg die Höchstgrenze nach eigenem Gutdünken festlegen kann und dies leider auch tut. Auch wenn das Bundessozialgericht bis heute ein schlüssiges Konzept
verlangt, ist der Senat nicht willig und wohl auch nicht in der Lage, solch ein Konzept vorzulegen. Sowohl auf Schriftliche Kleine Anfragen unserer Partei als auch auf Anfragen nach dem Transparenzgesetz als auch auf Wunsch von Leistungsberechtigten, wenn sie eine Kostensenkungsaufforderung bekommen, verweigert der Senat die Herausgabe des schlüssigen Konzepts.
Zum Teil sind 3 Euro der Grund, warum Menschen ausziehen müssen. Menschen müssen ausziehen, wenn die Höchstgrenze um 3 Euro überschritten wird. Das ist wirklich lächerlich.
Allerdings wundert es mich, wenn ich im Sozialgericht oder im Jobcenter mitbekomme – gerade solche Fälle begleite ich bereits seit fünf Jahren –, dass die Jobcenter plötzlich einlenken, wenn die Betroffenen das schlüssige Konzept fordern und anfangen, mit einer Klage zu drohen, dass durch die Befassung des Sozialgerichts das schlüssige Konzept herausgerückt werden muss. Auf einmal lenken die Jobcenter ein. Da frage ich mich wirklich, was dahintersteckt. Warum lenken die Jobcenter plötzlich ein, bevor sie das schlüssige Konzept herausrücken? Irgendetwas kann da nicht stimmen.
Richtig ist, wenn der Senat in seiner Fachanweisung zu den Mietkosten auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts verweist. Das ist korrekt, das muss er auch, aber mehr verrät er leider nicht. Er bezieht sich immer nur darauf, dass es ein Konzept gebe, aber nicht, wo und durch wen. Ich frage mich, warum die Betroffenen für dumm verkauft werden. Das akzeptieren wir definitiv nicht.
Aus diesem Grund fordern wir, das Konzept endlich offenzulegen, damit die Menschen einen Rechtsanspruch erlangen. Wenn die Menschen nicht wissen, wie die Miete berechnet ist, wie sie angesetzt ist, wie sie sich kommunal auf die verschiedenen Gebiete verteilt, worauf sollen sie dann klagen, worauf sollen sie ihre Begründungen vor Gericht oder in den Widersprüchen setzen? Das funktioniert nicht. Das heißt, der Senat tut nichts anderes, als diesen Menschen den Rechtsanspruch komplett zu entziehen, und das ist absolut undemokratisch und rechtswidrig.
Ich komme zu dem Punkt der geringen Übernahmen der Mietkosten. Wir fordern eine Anpassung an den Mietspiegel. Wenn eine Wohnung maximal 7,74 Euro pro Quadratmeter kosten darf, dann frage ich Sie ernsthaft: Wo gibt es diese Wohnungen?
Wir haben den Bedarf eben nicht. Das betrifft nicht nur Sozialleistungsempfängerinnen oder -empfänger, sondern auch die Geflüchteten und Menschen, die sehr prekär verdienen und entsprechend arbeiten.
Der Senat vergisst, dass zwar dieses Jahr 2 000 Sozialwohnungen gebaut werden sollen, dies aber gleichzeitig nicht den Wegfall vorhandener Sozialwohnungen aufwiegt. Es fallen inzwischen jährlich mehr Wohnungen aus der Bindung heraus, als der Zubau kompensiert. Gleichzeitig steigt der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum auf dem ersten Förderweg. Selbst wenn ich den großzügigen 10-Prozent-Aufschlag für teurere Wohngegenden nach der Fachanweisung Paragraf 22 SGB II berechne, um die sozialverträgliche Mischung in den Stadtteilen zu erreichen, ist dies nicht ausreichend.
Rund 38 Prozent aller Hamburger Haushalte haben durch ihr geringes Einkommen einen Anspruch auf eine geförderte Wohnung. Ich spreche von 382 000 Haushalten. Dem gegenüber stehen derzeit nur noch knapp 88 000 Sozialwohnungen, Tendenz sinkend. Das heißt, rund 294 000 Haushalte haben Wohnungen, die sie sich eigentlich nicht leisten können. Es gibt eine Möbelkette, die fragt: Lebst du schon oder wohnst du noch? Beides scheint in Hamburg nicht möglich zu sein.
Das ist ein Armutszeugnis.
Wenn Sie jetzt auf den Drittelmix verweisen: Ich kann es langsam nicht mehr hören, denn der Drittelmix an Sozialwohnungen ist völlig unzureichend.
Wenn jetzt nur noch ein Fünftel der Neubauwohnungen öffentlich gefördert wird, wird Wohnen für immer mehr Menschen unbezahlbar.
Für viele ist es das schon. Das belegen auch die hohen Zahlen der Menschen ohne festen Wohnsitz. Aus diesem Grund fordern wir, die Fachanweisung für wohnungslose Menschen bereits ab dem ersten Tag der Obdachlosigkeit oder drohenden Obdachlosigkeit von 15 Prozent auf 30 Prozent zu erhöhen, um dieser einen Riegel vorzuschieben.
Weiterhin fordern wir, die Höchstwerte für Mietkosten für die Empfängerinnen und Empfänger von Sozialleistungen und nach dem Asylbewerberleistungsgesetz an die Mietentwicklung zu koppeln.
Die Gettoisierung von Menschen mit geringem Einkommen muss gestoppt werden,
unter anderem auch, um den sozialen Frieden zu gewährleisten. Es geht um Menschen,
denen das Grundrecht auf Wohnen nicht verwehrt werden darf. Es geht um ein Grundrecht, um ein Wohnrecht.
Es geht um ein Grundrecht auf Wohnen, um nicht mehr, aber auch um nicht weniger. – Danke.
Sie machen es mir relativ einfach, ich kann nämlich alles zusammenfassen. SPD, CDU und FDP, schauen Sie einmal ins Gesetz, was ein schlüssiges Konzept ist. Der Mietenspiegel allein ist nicht das schlüssige Konzept.
Das ist ein Punkt von sieben Punkten. Das schlüssige Konzept – das sich der Senat bis heute weigert offenzulegen, vermutlich, weil es von der Firma Analyse & Konzepte kommt, das liegt mir nämlich vor – verliert in der Regel vor Gericht. Da ist die Panik natürlich groß. Was das schlüssige Konzept weiterhin beinhalten muss – was Frau Bekeris sagte, findet man auf der Webseite –, ist eben da nicht drin: Die Datenerhebung muss genau den Zeitraum eingrenzen, unter anderem einen gesamten Vergleichsraum, eben keine Ghettobildung, es muss eine nachvollziehbare Definition unter Beobachtung geben, also welche Art von Wohnung, Differenzierung nach Standard, Brutto- und Nettomiete, Angabe des Beobachtungszeitraums, Repräsentativität, Validität und so weiter. Es ist sehr umfangreich. Darüber findet man nichts im Netz.
Ich glaube, man befürchtet, dass man dann offenlegt, dass dieses schlüssige Konzept so nicht korrekt ist. Wenn ich die Antwort bekomme, man handele nach dem Bundessozialgerichtsurteil von 2009, ist das schon ein bisschen schwammig. Also bitte informieren Sie uns, was ein schlüssiges Konzept ist.
Frau Grunwaldt, ich freue mich, dass Sie bei Punkt 1 und 2 mit mir konform gehen. Sie fragten nach der Finanzierung. Ich möchte fragen: Wie wurde denn die Olympia-Werbekampagne finanziert? Wie wird G20 finanziert? Dort werden Millionen Euro hineingebuttert, und wir reden hier über eine eventuelle 30-prozentige respektive 20-prozentige Erhöhung. Das ist ein Klacks dagegen, aber wir geben Gelder aus für irgendwelche Wirtschaftsminister mit einem hohen Sicherheitsstandard, wir werden eingekesselt von Sicherheitsstandards, aber für Menschen, die keine Wohnung haben, tun wir das nicht.
Dann komme ich zu Frau Dutschke. Sie sagen, wenn die Obdachlosen und andere womöglich auch noch die 30 Prozent bekämen, was werde dann auf dem Wohnungsmarkt los sein. Dann lassen wir doch lieber die 30 Prozent den Obdachlosen, den anderen lassen wir gar nichts, dann passiert auch nichts.
Es ist polarisierend, ich weiß, ich überspitze.
Aber das ist die Wohnungsmarktsituation, die wir in Hamburg haben. Wir haben Menschen, die wegen 3 Euro ausziehen müssen.
Ich war heute in einem Jobcenter mit einer Frau, die wegen einer 35-Euro-Telefonrechnung kein Geld mehr bekommt, weil der Sachbearbeiter sagt, die Telefonrechnung sei 5 Euro zu teuer. Sie bekommt seit vier Monaten kein Geld mehr, sie steht demnächst vor der Obdachlosigkeit. Sie sagt selbst, sie werde keine Wohnung finden im Rahmen von 7 Euro. Das ist die Situation in Hamburg, und das macht mich unwahrscheinlich wütend. Es empört mich und es macht mich traurig, wenn ich genau diese Menschen da draußen sehe und ich weiß, ich kann ihnen nicht helfen und ich habe hier eine Regierung, die genau das verhindert. Denken Sie darüber bitte einmal nach.
Frau Möller, ich finde es toll, dass Sie anbringen, dass die GRÜNEN dies anscheinend schon einmal gefordert haben. Mir sind die Beschlüsse natürlich bekannt. Ich frage ich mich aber, warum Sie heute nicht dem Antrag zustimmen, wenn Sie sagen, das gäbe es doch schon alles, das sei doch alles logisch, und Sie wollten nicht, dass die Menschen sanktioniert würden.
Ich glaube, Sie verkennen die derzeitige politische Lage im Bundestag um die sogenannten Rechtsvereinfachungen.
Ich weiß, wir sind in der Bürgerschaft, aber ich weiß auch, dass die Bürgerschaft am 9. Dezember 2015, wenn das Thema dort zur Debatte auf der Tagesordnung steht, durchaus Einfluss hat
Bisher sieht es leider nicht so aus, dass die SPD Hamburg da mitzieht. Es ist nicht nur Herr Seehofer von der CSU, sondern auch die SPD in Hamburg. Deswegen gibt es diesen Antrag.
Es ist kein Unterschied.
Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg (unter- brechend): Meine Damen und Herren! Nur Frau Hannemann spricht. Wenn Sie sich zu Wort melden wollen, nehme ich gern Wortmeldungen entgegen. Ansonsten hören Sie bittezu oder gehen hinaus. – Frau Hannemann, bitte.
Ich finde es immer wieder schön, dass ich hier für Stimmung sorge. Damit scheine ich wohl Ihren Nerv zu treffen. Ich bitte um Ruhe von rechts. Wenn ich zynisch sein wollte, würde ich sagen, dass Sie das Thema gar nicht interessiert.
Nein, ich bin überhaupt nicht zynisch, und ich bitte darum, dass Sie diesem Antrag zustimmen.
Ich bitte noch einmal um Ruhe von rechts, ansonsten gebe ich auch keine Ruhe. Wenn Sie Ruhe geben, bin ich früher fertig.
Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg (unter- brechend): Meine Damen und Herren! Herr Kruse zum Beispiel und andere, nur Frau Hannemann hat das Wort. – Bitte, Frau Hannemann.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Nochmals mein Aufruf: Wenn Sie so sozial sind, wenn es für Sie selbstverständlich ist, dass die Sanktionen entschärft werden sollen und dass es den Erwerbslosen besser geht, dann stimmen Sie doch einfach jetzt öffentlich für den Antrag mit ab.
Stärken Sie den Betroffenen den Rücken, und zeigen Sie, dass Sie als SPD, GRÜNE und CDU – mehr Fraktionen möchte ich leider nicht erwäh
nen – auf deren Seite sind. Zeigen Sie, dass Sie nicht wollen, dass die Leute weiter durch das Jobcenter sanktioniert und bedroht werden, eventuell bis zum Existenzminimum. – Vielen Dank.
Verehrtes Präsidium, verehrte Damen und Herren! Heute ist der 11.11. Wir haben Fastnacht, auf alemannisch gesagt, oder Fasching oder Karneval. Ich könnte auch sagen, wir haben den 1. April, wenn ich mir den Zusatzantrag der GRÜNEN und der SPD ansehe,
mit einer Zuschusserhöhung um 40 Cent. Ich traute meinen Augen nicht. Wissen Sie eigentlich, wie zynisch das ist? Wie menschenverachtend es ist, dass Sie Menschen ausgrenzen, die sowieso schon kaum Geld haben und doppelt so viel an Zuschuss für das derzeitige Sozialticket bezahlen müssen, wie sie erhalten? Und dann kommen Sie mit 40 Cent. Sie sollten sich wirklich schämen.
Es scheint noch nicht einmal für 1 Euro gereicht zu haben. Aber vielleicht haben Sie nie von Transferleistungen gelebt oder nie selbst ein Monatsticket kaufen müssen. Dann verliert man natürlich die Realität aus den Augen.
Was tun Sie? Sie grenzen die Menschen aus. Sie grenzen sie doppelt aus, nachdem schon die Arbeitsmarktpolitik gescheitert ist und die Sozialpolitik in Hamburg seit Jahren ohnehin. Doppelt schämen, bitte.
Es gibt Städte, da funktioniert es, man glaubt es kaum. Ich nenne einmal Braunschweig. Dort gibt es ein Sozialticket für 14 Euro. In Hamburg entspräche das zwei Zonen. In Bielefeld gibt es 48 Prozent Nachlass auf den Normalpreis für die Inhaber oder Inhaberinnen eines Sozialpasses. Und selbst in München, stellen Sie sich das einmal vor – gut, München ist SPD-regiert, und das ist eine andere SPD als hier –, kann man, außer mit einer dreistündigen Ausnahme, im Stadtgebiet für 28 Euro im Monat mit einem Sozialticket fahren. Meine Damen und Herren, das sind Sozialpreise. Das sind Preise, die sich an den Menschen orientieren, und nicht, wie in Hamburg, die Menschen ausgrenzen. Und sie grenzen nicht nur die Menschen aus, die von Sozialleistungen leben, son
dern auch die Menschen in sogenannten Schwellenhaushalten, die prekär arbeiten, gerade einmal so über dem Sozialsatz leben müssen und trotzdem den vollen Preis bezahlen.
Vizepräsidentin Christiane Schneider (unterbre- chend): Einen Augenblick bitte, Frau Hannemann. – Es sind zwar nicht viele Abgeordnete im Raum, aber die sind dafür deutlich zu laut, einige von Ihnen auf jeden Fall. Jetzt hat es sich schon gelegt, schönen Dank. Bitte bleiben Sie so leise, und hören Sie der Rednerin zu.
Interessant ist, dass Hamburg sich sogenannte Leuchtturmprojekte leisten will, dass es sagt, es sei eine offene Weltstadt, aber seine eigenen Bürgerinnen und Bürger vergisst.
Bis 2003, ich weiß nicht, ob Sie sich erinnern, war in Hamburg übrigens die Fahrt mit einem Sozialticket möglich, zuletzt für 17,50 Euro. Es war zwar die CC-Karte zu lösen, aber es war möglich. Inzwischen gehört Hamburg zu den teuersten Städten im ganzen Bundesgebiet, was die ermäßigten Karten betrifft. Sie nehmen damit in Kauf, dass Menschen verhaftet werden und eine Strafe absitzen, weil sie schwarzfahren. Das kostet monatlich rund 500 000 Euro. Mit Sicherheit fahren auch Menschen mit einem günstigen Sozialticket schwarz, aber ich glaube, nicht so viel. 1998, meine Damen und Herren von der rot-grünen Koalition, haben Sie selbst ein ermäßigtes Ticket gefordert, um das Schwarzfahren zu reduzieren, weil Sie das unsozial fanden. Inzwischen haben Sie das vergessen, wie überhaupt vieles im sozialen Bereich.
Weiterhin ist anzumerken, dass das HVV-Preissystem vereinfacht werden muss. Berlin bietet dafür eine gute Orientierung. Dort gibt es drei Ringe. Das ist deutlich transparenter und im Vergleich sogar auch deutlich günstiger. Das möchte ich nur einmal am Rande erwähnen.
Aber noch einmal zurück zu dem Zusatzantrag der GRÜNEN und der SPD. Wir als LINKE werden uns enthalten. Das ist einfach nur peinlich, und diese Peinlichkeit möchten wir nicht unterstützen. Aber wir LINKEN sind nicht immer gegen alles. Wir sind kompromissbereit.
Ich schlage vor, dass Sie in jeder kommenden Bürgerschaftssitzung – nächstes Jahr sind es 28 – Ihren Zusatzantrag erneut einbringen. Dann hätten wir nächstes Jahr schon einmal 11,20 Euro mehr. Um den tatsächlich benötigten Zuschuss zu erreichen, bräuchten wir zwar mehr als zwei Jahre, aber die Wahlperiode läuft ja noch ein bisschen. Oder Sie schwenken um, werden menschlich und
denken an die Bürgerinnen und Bürger in dieser Stadt, die sozial ausgegrenzt sind und denen Sie keine gesellschaftliche Teilhabe gönnen. Diese Menschen können sich keine Bahnfahrt mehr leisten, oder sie müssen das Geld dafür an anderer Stelle einsparen. Ich möchte, dass Sie einmal nachvollziehen, wie es Ihnen ginge, wenn Sie die 6 Euro für ein Tagesticket einsparen müssten. Ich weiß, Sie würden das nicht merken; wir sind davon zum Glück nicht betroffen. Aber vielleicht ist doch so viel Empathie übrig, dass Sie sich dort hineinversetzen können.
Wir fordern ein echtes Sozialticket. Echt heißt, an den Menschen orientiert, ohne zeitliche Einschränkung, für den gesamten HVV-Großbereich, und das maximal zu einem Preis, der dem entspricht, was in den Sozialleistungen dafür im kommenden Jahr berücksichtigt wird. Wir fordern dieses Sozialticket auch für die sogenannten Schwellenhaushalte, deren Einkommen maximal 20 Prozent über dem derzeitigen Regelsatz liegt, damit auch diese Menschen wieder Bahn fahren können, und zwar frei und fröhlich.
– Ich bleibe sitzen, wenn ich in Rente gehe. Ich gehe noch nicht in Rente.
Diese Kleinkrämerei, ob Sozialticket oder Sozialkarte, ist Kinderkram. Sie wissen genau, dass es vom Inhalt her dasselbe ist.
Sozialleistungsempfänger bekommen rund 25 Euro im Regelsatz. Jetzt kommen Sie mit der CC-Karte, die derzeit 33,40 Euro kostet. Wenn ich die 25 Euro abziehe, dann bleiben – ich runde auf – 8 Euro. Von der CDU kommt dann der Hinweis, dass es noch ein Plus von rund 13 Euro gäbe. Das CC-Ticket hat begrenzte Zeiten. Es gibt Termine, die sind vor 9 Uhr wahrzunehmen.
Ich erinnere an Termine im Jobcenter, an Termine bei der Grundsicherung, beim Bezirksamt oder
beim Arzt. Diese Kosten müssen die Menschen vorab auslegen und bekommen sie nicht unbedingt zurück.
Vizepräsidentin Christiane Schneider (unterbre- chend): Frau Hannemann, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Buschhüter?
Ja, ich habe heute meinen guten Tag.
Nach dem Sozialkartenrabatt sind es 13 Euro.
Ich habe nicht gesagt, dass es weniger ist. Das haben Sie richtig gerechnet.
Aber die Leute haben auch Termine außerhalb der Zeiten des CC-Tickets. Ich glaube, das berücksichtigen Sie einfach nicht. Die Menschen haben Freunde, sie haben Verwandte, zu denen sie fahren müssen, das liegt auch nicht unbedingt innerhalb der erlaubten Zeiten. Wir können stundenlang herumrechnen und das kleinrechnen,
das ist Kinderkram.
Ich finde es schön, dass sich die rechte Ecke hier äußert, ich verstehe Sie nur leider nicht.
Vizepräsidentin Christiane Schneider (unterbre- chend): Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass jetzt die Rednerin das Wort hat und sonst niemand.
Ich möchte auf eine Aussage von Herrn Thering Bezug nehmen: sozial schwach. Wenn ich das schon höre – noch diskriminierender geht es nicht. "Sozial schwach" ist diskriminierend, stigmatisierend und impliziert tatsächlich, dass Menschen mit wenig Einkommen auch soziale Probleme haben. Das ist offener, gelebter Sozialdarwinismus.
Sozial schwach ist ein Land oder eine Stadt dann, wenn sich dieses Land oder diese Stadt nicht um die Menschen kümmert, die von Armut betroffen sind, und diese Armut nicht beendet, und dabei bleibe ich auch.
Zu dem Wortbeitrag von … Der Name ist mir leider entfallen.
Genau.
Ich komme sehr gern in den Verkehrsausschuss und debattiere erneut mit Ihnen.
Weil Sie so auf den Verkehrsausschuss bestehen, möchte ich darauf hinweisen, dass das ein soziales Thema ist. Das ist kein rein rechnerisches Verkehrsthema.
Sie rechnen die Menschen herunter auf Zahlen, auf HVV und öffentliche Verkehrsmittel. Aber es ist ein soziales Thema, das Menschen angeht, die von Armut betroffen sind, die von Sozialleistungen abhängig sind oder mit einem Mindestlohn von 8,50 Euro knapp über den Regelsatz von Hartz IV oder die Grundsicherung kommen. – Vielen Dank.