Helmut Holter

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich hätte nicht gedacht, dass ich mich in dieser Minute etwas verwirrt zeigen muss, denn wir haben eigentlich eine schizophrene Situation. Gehen wir mal nach Neustrelitz.
Vincent Kokert und Lorenz Caffier sind ja dort zu Hause, Herr Butzki auch. Dann kann man in der „Strelitzer Zeitung“ lesen: „fix wie nix“. Neustrelitz macht es vor und sagt, die Telekom setzt weiter auf Vectoring, also nutzt die alten vorhandenen Kupferleitungen, aber Neustrelitz spielt da nicht mit und sagt: Stadtwerke, wir machen Tempo, fix wie nix, machen Glasfaserversorgung und legen eigentlich einen Stil vor, wie ich das hier in den letzten Reden zur Digitalisierung beziehungsweise zum Breitbandausbau immer wieder gefordert habe. Also, gutes Beispiel, es sollten sich viele daran halten.
Die schizophrene Situation besteht genau darin, dass die Telekom – und, Frau Berg, da haben Sie vollkommen recht, dass sich alle daran halten sollten, alle Telekommunikationsunternehmen – weiterhin auf die Kupferleitungen setzt, aber jeder, der sich mit dem Thema auseinandersetzt, weiß, wir brauchen Glasfaser bis in jedes Haus. Das ist ja unser Grundprinzip und da, glaube ich, gibt es auch gar keinen Dissens. Deswegen ist die schizophrene Situation folgende, dass auf der einen Seite ein großer Anbieter, ein Monopolist, weiter auf Vectoring, also Kupfer setzt – im Wesentlichen, natürlich macht er auch Glasfaser – und wir hier seit vielen Monaten, Herr da Cunha, da bin ich Ihnen auch dankbar, Sie seit vielen Monaten, wir seit Jahren hier Glasfaser fordern.
Als Technologe, der ich ja von der Ausbildung her bin, habe ich mal ein Betonwerk mit aufgebaut und die Projektanten haben alles berücksichtigt, bloß die Telefonleitungen nicht. Wir mussten nach Fertigstellung dieses Betonwerkes in der Uckermark dann entscheiden, wie die Telefonleitungen eigentlich in die Erde und dann zu den einzelnen Endpunkten kommen.
Das ist einfach eine Lehre.
Neben der Frage, dass ich Technologe bin und damit die Schritte vorausdenke, die im Einzelnen zu gehen sind – Herr da Cunha hat das ja in seiner Begründung noch mal gemacht –, bin ich auch der Überzeugung, dass wir als Politiker eine vorausschauende Politik betreiben sollten, und die vorausschauende Politik besteht genau in Ihrem Antrag.
Nun will ich aber sagen, woher die Verwirrung kommt. Frau Berg ist im Einzelnen darauf eingegangen. Die EU hat uns 2014 vorgegeben: Kosten senken bei Hochgeschwindigkeitsnetzen. Die Nummer dieser Richtlinie haben Sie ja auch in Ihrem Antrag noch mal mit aufgenommen in der Begründung. Der Bund hat dann reagiert, hat im Herbst 2016 das erwähnte Gesetz, also das Gesetz zur Erleichterung des Ausbaus digitaler Hochge
schwindigkeitsnetze, erlassen – DigiNetz-Gesetz, auch mehrfach erwähnt –, und im April 2016 lief allerdings schon ein Vertragsverletzungsverfahren seitens der EU, weil irgendwie Deutschland gepennt hat.
Dann konnte man feststellen, dass die Länder auch ein Stück Verantwortung haben bei der Umsetzung dieser EU-Richtlinie. Wenn Sie heute – und das ist hier meine Verwirrung –, nachdem der Prozess so durchgelaufen ist, mit dem Antrag sagen, liebe Landesregierung, mach doch mal, sage ich mir, die Genialität, glaube ich, besteht nicht darin zu verkünden, liebe Landesregierung, mach doch mal, sondern noch mal ein klares Zeichen zu setzen, wir stehen jetzt zu Glasfaserausbau in MecklenburgVorpommern und wollen, dass jedes Haus, auch jedes Unternehmen selbstverständlich mit Glasfaser versorgt wird. Das stelle ich mir eigentlich unter einer vorausschauenden Politik und unter dem vor, was eine Regierung zu machen hat, denn Sie hätten auch kurz sagen können, liebe Regierung, mach deinen Job, und dann bräuchten wir diesen Antrag nicht. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, mit Ihrer Genehmigung möchte ich die Gelegenheit nutzen, Tschüs zu sagen. Wie Sie alle erfahren haben, steht ein Wechsel bevor. Ich will mich an Ernest Hemingway halten, der sinngemäß sagte, der Leser wird das Ausgelassene genauso stark empfinden, als hätte der Autor es zu Papier gebracht. Also werde ich alles auslassen und weglassen, was selbstverständlich ist und was Sie sowieso schon wissen.
Nach einer chinesischen Weisheit soll man am Fluss sitzen und geduldig auf das warten, was der Strom mit sich bringt. Bis vor Kurzem ging ich – wie auch Sie – davon aus, dass mein beruflicher und politischer Weg sein Ende hier in Mecklenburg-Vorpommern, in diesem Landtag finden wird. Der Fluss brachte mir eine neue spannende Herausforderung. Wie Sie wissen, kommt der Ruf aus dem Thüringer Wald in die norddeutsche Tiefebene. Ab Mitte August werde ich, so ist der Plan, im rotrot-grünen Kabinett Bodo Ramelows arbeiten. Damit ist die Zeit des Abschieds für mich gekommen, sie hat begonnen.
Ich will Ihnen sagen, dass zwei Tage mein Leben entscheidend beeinflusst haben. Der erste Tag liegt vor meiner Geburt, das ist der 8. Mai 1945. Der Schwur von Buchenwald – „Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!“ – war und bleibt meine Maxime. Der zweite Tag ist der 3. Oktober 1990. Ich habe ihn immer als Chance für ein besseres Deutschland und ein besseres Europa gehalten. Ich halte mich – und ich hoffe, Sie haben es gemerkt – an ein unumstößliches Prinzip: Alles, was ein Mensch macht, sollte mindestens ein Stück besser sein als er selbst. Dieser Grundsatz wurde durch vielfältige Erfahrungen in mehr als einem Vierteljahrhundert politischen Engagements hier in Mecklenburg-Vorpommern ergänzt. Es geht doch nicht nur darum, Gutes zu wollen, sondern es geht darum, gute Ideen und Konzepte umzusetzen.
Wir haben uns hier im Parlament und auch anderswo hart auseinandergesetzt. Die Fetzen flogen, kann man sagen, aber wir haben uns dabei immer als Menschen geachtet. Und da bin ich froh, auch viele gute Freundinnen und Freunde in anderen Parteien zu haben.
Abschied nehmen heißt zu danken. Mein erster Dank gilt denen im Hintergrund. Da möchte ich zuerst die Frauen – und ich habe gestern auch einen Mann getroffen – nennen, die hier saubermachen, die Reinigungskräfte. Ich habe heute Morgen mit einer noch kurz sprechen können. Ich möchte auch den Frauen und Männern des Wachschutzes danken, den Sekretärinnen, den Damen vom Protokoll und in den Ausschusssekretariaten, den Männern aus der Technik, den Kolleginnen und Kollegen der Fahrdienste und nicht zuletzt, das ist nicht vielen bekannt, aber nicht zuletzt den Polizeibeamtinnen und -beamten, die sich um mich gekümmert haben.
Zweitens danke ich allen ausgeschiedenen und den jetzigen Abgeordneten und den Regierungsmitgliedern. Sie alle haben mich herausgefordert und haben mir viel gegeben. Sie alle – aus der Politik, aus der Verwaltung, aus der Gesellschaft – werde ich vermissen. Ja, Sie werden mir fehlen.
Und drittens – ich habe lange überlegt, wen ich noch konkret nenne, da müsste ich viele aufzählen – möchte ich einen Menschen und Politiker besonders hervorheben. Man soll einen Stein nur bewegen, wenn man weiß, was darunterliegt, heißt es. Harald Ringstorff und ich haben Steine bewegt, ohne zu wissen, was uns erwartet. Uns verbindet eine besondere Beziehung, da ist mehr als Freundschaft. Danke, Harald Ringstorff!
In den letzten Tagen erfahre ich eine große Welle der Sympathie. Nicht nur dafür bin ich den Menschen in Mecklenburg-Vorpommern dankbar. Nun gehe ich nach Thüringen, aber eines weiß ich: Man kann MecklenburgVorpommern verlassen, aber Mecklenburg-Vorpommern verlässt einen nie. Alles Gute! – Ich danke Ihnen.
Danke, Frau Präsidentin.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Geschichte des Tariftreue- und Vergabegesetzes Mecklenburg-Vorpommern ist einmalig und sucht ihresgleichen, denn der Ursprung geht auf die rot-rote Koalition zurück. Die Geschichte zeigt auch auf, wie unterschiedlich und widersprüchlich zwei Koalitionspartner sein können. Diejenigen, die damals unter Rot-Rot an der Geschichte mitgewirkt haben, werden sich erinnern. Sie zeigt auch auf, wie sich zwei ehemalige Koalitionspartner annähern können, allerdings nur inhaltlich, und das nach der Koalition, nach der gemeinsamen Koalition, denn der eine Partner hat sich ja neu gebunden. Diese Bindung schränkt seine Freiheit ein, sich für gute Löhne nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten einzusetzen.
„Gute Arbeit und gute Löhne gegen den Fachkräftemangel“ – so hieß der Antrag, den ich für meine Fraktion im Januar 2017 hier eingebracht habe. Nun habe ich in Vorbereitung auf den heutigen Tag und auf diese Rede nochmals nachgeschlagen, warum dieser sehr gute Antrag damals abgelehnt wurde. Die CDU sagte, alles sei in Butter, der Markt regelt das doch. Herr Schulte fand den Antrag eigentlich toll, aber er käme zu zeitig, es seien ja noch vier Jahre Zeit, um all das zu regeln. Und das, was Herr Professor Weber damals gesagt hatte, will ich hier nicht noch mal wiedergeben, dieser Unsinn hatte mich damals schon schockiert. In diesem Antrag haben wir auch eine zügige Novelle des Landesvergabegesetzes eingefordert. Seitdem ist ein halbes Jahr vergangen, ohne dass sich irgendetwas bewegt hat.
Ja, wir haben hier in Mecklenburg-Vorpommern nach langer Diskussion, die, wie gesagt, damals unter Rot-Rot begonnen hatte, ein Vergabegesetz. Wir alle – das hoffe ich zumindest – sind uns einig, der große Wurf ist es nicht. So wird es zu Recht von den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern, von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitsnehmern kritisiert. Außerdem – das wissen wir auch – gilt es nicht für die Kommunen. Die einen sagen, das brauchen wir nicht, die anderen fordern stringente Regeln für öffentliche Aufträge. Und genau darum geht es: Es geht um soziale und ökologische Kriterien für öffentliche Aufträge, es geht aber nicht zuletzt auch um Verfahrensvereinfachung, um Entbürokratisierung.
Dieser Aufgabe hat sich die Linksfraktion gestellt und legt heute ein modernes Tariftreue- und Vergabegesetz vor, welches so gut ist, meine Damen und Herren Abgeordnete, dass Sie gar keine andere Chance haben, als dieses Gesetz in die Ausschüsse zu überweisen,
das umso mehr, nachdem Frau Ministerpräsidentin gestern in ihrer Regierungserklärung als eines ihrer
Ziele „gute Arbeit mit guten Löhnen“ hervorgehoben hat.
Schwenken wir, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, einmal um und riskieren einen Blick in den Koalitionsvertrag. Dort finden Sie auf Seite 10, dass SPD und CDU das Landesvergabegesetz möglichst 2017 novellieren wollen. So weit, so gut. Doch wo ist Ihr Gesetzentwurf? Der Wirtschaftsminister macht sich einen schlanken Fuß und hat bereits angekündigt, dass er keinen Novellierungsbedarf sieht …
Ja, doch!
…, dass er keinen Novellierungsbedarf sieht, er warte auf die SPD. Der Koalitionsvertrag ist ihm offenbar egal.
Herr Schulte, Sie haben im Januar gesagt, dass ich Bauklötzer staunen werde, was da im Laufe des Jahres auf uns zukommen wird. Sie haben angekündigt, dass Sie viel, viel weiter seien als die Linksfraktion. Ja, wo ist denn nun Ihr Entwurf? Ich sehe keinen, da ist nix, wieder mal nur heiße Luft. Eine Novelle des Vergabegesetzes im Jahre 2017 wird es wohl mit SPD und CDU nicht mehr geben, zumindest nicht mit einem Entwurf der Regierungskoalition. Aber wir sind ja auch noch da, Herr Schulte, wir stehen bereit und die Rettung ist damit gegeben.
Wir machen nämlich Ernst.
DIE LINKE steht nicht nur hinter dem Slogan „Gute Arbeit für gute Löhne“,
wir tragen ihn nicht nur vor uns her, sondern wir erfüllen ihn mit Leben, und das ist auch gut so.
Und Sie werden registriert haben, dass wir im ersten Halbjahr sehr wohl dieser Losung nachgegangen sind – mit Anträgen im Landtag, aber auch mit öffentlichen Aktionen in Mecklenburg-Vorpommern in Form unserer Landtour und heute in Form eines neuen, fortschrittlichen und modernen Vergabegesetzes. Jahrelang wurde an die Wirtschaft appelliert, es wurde gebeten und gebettelt, liebe Leute, zahlt doch gute Löhne, sonst verliert ihr den Wettstreit um die Fachkräfte.
Aber was hat das alles bisher geholfen? MecklenburgVorpommern hängt nach wie vor im Lohnkeller. Die Kinderarmut ist allgegenwärtig, es rollt eine riesige Welle der Altersarmut auf uns zu, die Tarifbindung ist unterirdisch, der Fachkräftemangel ist das Topthema bei den Unternehmerinnen und Unternehmern und allgemein in der Gesellschaft. Ich hoffe, dass wir uns zumindest in dieser Frage einig sind, dass wir dieses Übel tatsächlich an der Wurzel packen müssen. Leider – auch das müssen wir feststellen – haben die vielen Unternehmen, die mit gu
tem Beispiel vorangehen, bei öffentlichen Aufträgen auch noch ein Handicap und dabei oftmals das Nachsehen.
Jetzt werden Sie fragen, warum ich das sage und worin denn der Grund besteht. Der Grund liegt genau in diesem von der Landesregierung geschaffenen absurden Vergabesystem. Das ist die Realität, und die müssen wir gemeinsam zur Kenntnis nehmen. Deswegen sind wir der Meinung, es ist endlich Zeit, Ernst zu machen: Schluss mit Appellen, Schluss mit Schönwetterreden, Schluss mit irgendwelchen Ausflüchten! Die Landespolitik muss endlich ihrer Verantwortung gerecht werden. Hören Sie auf, sich wegzuducken und mit dem Finger auf andere zu zeigen! Es wird Zeit, endlich loszulegen, es ist Zeit für Veränderungen. Wir geben Ihnen mit unserem Gesetzentwurf dazu ein Mittel an die Hand, um genau diese Mängel zu beseitigen.
Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte etwas zur Frage des Mindestlohns sagen. Sie alle wissen, dass er zurzeit bei 8,84 Euro in der Stunde liegt, brutto wohlgemerkt. 8,84 Euro brutto, meine Damen und Herren – das reicht weder zum Leben noch zum Sterben, es ist ein Hungerlohn. Die Ministerpräsidentin Frau Schwesig hat gestern an einem Beispiel einer Frau mit zwei Kindern, die 600 Euro für die Kita bezahlen muss, noch mal vorgerechnet, was das für eine solche Familie ganz konkret bedeutet.
11,68 Euro wären notwendig, damit man nach 45 Jahren Arbeit nicht auf Sozialhilfe angewiesen ist. Das sind die Berechnungen der Bundesregierung. Dementsprechend müsste der Mindestlohn bundesweit sofort auf 12 Euro angehoben werden. Das – das wissen wir alle – können wir nicht von hier aus bestimmen. Das sind Forderungen, die politisch erhoben werden, die auch meine Partei im Bundestagswahlkampf erhebt, und das sind Entscheidungen, die auf Bundesebene getroffen werden müssen. Deswegen ist auch die Bundestagswahl am 24. September eine Entscheidung über die Höhe des Mindestlohns, und das entscheiden am Ende die Wählerinnen und Wähler.
Wir im Landtag Mecklenburg-Vorpommern können aber Einfluss darauf nehmen, was Land, Landkreise, Städte und Gemeinden bei öffentlichen Aufträgen den Unternehmen zahlen und diese wiederum ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Es ist doch logisch, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Erbringung der Leistung für die öffentliche Hand mindestens das verdienen, was ein Angestellter im öffentlichen Dienst verdienen würde. Deshalb muss gelten, dass öffentliche Aufträge nur noch an Unternehmen vergeben werden, von denen entweder Tariftreue eingefordert werden kann oder die ein Mindestentgelt entsprechend der untersten Entgeltgruppe des Tarifvertrages der Länder zahlen. Das sind in Mecklenburg-Vorpommern aktuell 10,09 Euro.
Na ja, da bekommen einige von der CDU möglicherweise gleich wieder hektische Flecken und die Schnappatmung beginnt. Herr Waldmüller hat auf Facebook bereits reagiert und hat den Gesetzentwurf als linke, abstruse Gedanken eingestuft. Er tönte dort von der Tarifautonomie. Ich will Sie fragen, Herr Waldmüller – Sie werden ja dann sicherlich sprechen –, ob Sie den Gesetzentwurf überhaupt gelesen haben. Wir definieren einen Mindestlohn bei öffentlichen Aufträgen, der sich auf der Grundlage der Verhandlungen zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretung im öffentlichen Dienst bewegt. Damit stärkt
dieser Gesetzentwurf, damit stärkt DIE LINKE die Tarifautonomie und nicht das Gegenteil ist der Fall.
Ich habe die Vermutung, dass das einfach Reflexe sind. Und ob das Wort „Tarifautonomie“ nun passt oder nicht, es muss erst mal im ersten Satz stehen. Da können Sie diese Passage gleich aus Ihrem Redeentwurf streichen, weil sie einfach falsch ist, sie ist einfach nur Quatsch.
Sie werden mir wahrscheinlich auch gleich erzählen wollen, wie super die Lohnentwicklung ist – das wird Herr Glawe möglicherweise auch machen –, dass der Arbeitsmarkt wie verrückt brummt und was da alles noch so läuft. Ja, das ist auf der einen Seite richtig, aber nehmen Sie doch einmal zur Kenntnis, wie viele Menschen nach wie vor ein, zwei oder drei Jobs haben, sich den Buckel krumm machen, aber am Ende des Tages aufstocken und später eine Mindestrente beantragen müssen! In der Tauberʼschen Realität hätten die Tausenden Menschen ja lediglich etwas Vernünftiges lernen müssen. Das sagt zwar viel über das soziale Grundverständnis in der CDU aus, hat aber mit der Lebensrealität von Beschäftigten, besonders in unserem Land, in Mecklenburg-Vorpommern, wenig zu tun.
Meine Damen und Herren, wir wollen, dass endlich Schluss ist mit der Geiz-ist-geil-Mentalität, denn nach wie vor steht für die öffentliche Vergabe in MecklenburgVorpommern das Motto „Der Preis ist heiß“. Das kann doch nicht der richtige Weg sein. Auch Unternehmerinnen und Unternehmer haben sich in der Evaluierung des Vergabegesetzes dazu negativ geäußert. Sie wollen Gleichberechtigung für alle und deshalb ist es doch längst überfällig, dass in einem Vergabegesetz mal klipp und klar gesagt wird, nicht der Preis allein regiert und bestimmt das Geschäft, soziale und ökologische Aspekte müssen zwingend eine Rolle spielen,
und das mindestens zu 30 Prozent.
Es geht uns mit unserem Gesetzentwurf nicht darum, was ja gern unterstellt wird – ich komme zum Schluss –, dass die Unternehmen schlechtgeredet werden sollen, nein, überhaupt nicht.
Ich möchte, nachdem wir auch mit Verbänden, Gewerkschaften und Kammern gesprochen haben und die unseren Gesetzentwurf unterstützen, dass dieser Gesetzentwurf überwiesen wird und dass wir diesen Entwurf gemeinsam in den Ausschüssen weiterentwickeln. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Ja, es ist – wo ist er jetzt, ich suche Herrn Glawe, ich kann ihn nicht entdecken –, es ist der fünfte Versuch.
Ich finde das auch gut so. Herr Schulte, da sind wir uns einig.
Danke auch für die freundlichen Worte! Ich empfinde die Debatte übrigens auch als vollkommen kollegial von allen Seiten. Die unterschiedlichen Positionen und die Kritiken, die ausgesprochen werden, gehören zum Geschäft, das kann man ja so formulieren.
Das ist der fünfte Versuch und ich kann sagen, es wird nicht der letzte sein, um ein modernes zukunftsfähiges Tariftreue- und Vergabegesetz für Mecklenburg-Vorpommern auf den Weg zu bringen.
Ich will auch den anderen Kolleginnen und Kollegen sagen, ja, dieses Gespräch, von dem Sie zum Schluss berichtet haben, hat es gegeben. Das muss ich jetzt nicht wiederholen. Wir sind aber dabeigeblieben, vor der Sommerpause genau diesen Gesetzentwurf hier einzubringen,
um deutlich zu machen, wofür wir stehen. Ich will auf einzelne Punkte noch mal eingehen, die bisher angesprochen wurden.
Das eine ist: Ist es innovativ oder nicht innovativ? Das ist natürlich eine Bewertung und sei jetzt auch mal dahingestellt. Ich will das an folgendem Beispiel deutlich machen: Wir haben lange darüber diskutiert, welche Lohnuntergrenze wir in dieses Gesetz aufnehmen, das können Sie sich vorstellen. Das hat ja bisher keiner gebracht, dass man sagt, auf der einen Seite fordert die Partei DIE LINKE 12 Euro Mindestlohn, aber in dem eigenen Gesetzentwurf hier in Mecklenburg-Vorpommern sagen sie dann 10,09 Euro, also die unterste Entgeltgruppe des TVL. Berlin hat gerade entschieden – da ist ja eine rot-rotgrüne Koalition –, 9 Euro als unterste Lohnuntergrenze einzuführen. Also es hat ja immer auch etwas mit dem Pragmatismus in den jeweiligen Ländern zu tun. Der Sache sind wir gefolgt und diese unterste Entgeltgruppe in Mecklenburg-Vorpommern beträgt eben 10,09 Euro. Deswegen haben wir die aufgenommen.
Aber es geht nicht um die 10 Euro, sondern es geht auch darum, dass in dem jetzt geltenden Gesetz steht, dass eine Kommission immer wieder an diesem Thema der unteren Entgeltgruppe, also der unteren Gruppe der Lohngrenze, tatsächlich arbeitet. In dem Moment, wo wir sagen, wir orientieren uns am TVL und damit auch an der Stärkung der Tarifautonomie, entfällt alles das, was eine Kommission macht. Also ist es ein Beitrag zur Entbürokratisierung. Ich hoffe, es wird anerkannt, dass, ähnlich wie das bei den Diäten der Landtagsabgeordneten ist, die sich ja gebunden haben an die Besoldung der Richterinnen und Richter nach irgendeiner Gruppe, diese ganze Geschichte einen gewissen Automatismus hat und nicht jedes Mal eine neue Entscheidung durch die Betreffen
den gefällt werden muss. Das halte ich schon für wichtig und deswegen dieser eine Punkt der Entbürokratisierung.
Der zweite Punkt der Entbürokratisierung soll darin bestehen, Herr Obereiner, dass es einen Leitfaden geben soll. Zurzeit ist es so, dass in verschiedenen Dokumenten viele Hinweise und Vorschriften für die Vergabe vorhanden sind. Wenn man also denen, die sich mit öffentlichen Aufträgen beschäftigen, ein Dokument in die Hand gibt und ihnen sozusagen als Serviceleistung erst mal alles komprimiert angeboten wird, um den Menschen, die sich damit befassen, das Leben und die Arbeit zu erleichtern, halte ich das auch für einen Beitrag zur Entbürokratisierung. Wenn dann noch eine Servicestelle – keine neue Abteilung bitte schön – eingerichtet wird, die tatsächlich neben der Auftragsvergabestelle berät, kann auch hier insgesamt Erleichterung geschaffen werden. Wir haben uns sehr wohl darüber Gedanken gemacht, wie denn die Auftragsvergabe erfolgt und wie eine Erleichterung für alle Beteiligten – übrigens sowohl für den Auftraggeber, den öffentlichen Auftraggeber als auch für die Auftragnehmerinnen und Auftragnehmer – erfolgen soll.
Und, Herr Obereiner – das haben Sie dann nicht richtig gelesen oder nicht verstanden, ich will Ihnen da gar nicht zu nahe treten –, wir haben eindeutig im Gesetz formuliert, dass das alles nicht nur für den Haupt- und Generaltauftragnehmer gilt, sondern auch für die Subunternehmen. Jetzt abzuleiten, dass das bei nachgeordneten Aufträgen nicht gilt, können Sie nicht machen, weil es in unserem Gesetz entsprechend formuliert ist.
Ich weiß nicht, warum Minister Glawe jetzt immer gesagt hat, das Wirtschaftsministerium, das Finanzministerium als solche kommen in diesem Gesetzentwurf nicht vor. Da muss ich ehrlich sagen, das halte ich für zweitrangig, ob da Ministerien genannt werden oder nicht genannt werden. Das Prinzip der Sparsamkeit und der Wirtschaftlichkeit – ja, das ist ein Prinzip der Haushaltsführung, selbstverständlich nicht nur hier in Mecklenburg-Vorpommern.
Seit 1994 nehme ich an Foren teil, eigentlich schon davor, aber an den Wahlkampf 1994 kann ich mich erinnern, da haben wir mit Unternehmerinnen und Unternehmern im damaligen Landtagswahlkampf zusammengesessen und genau die Frage diskutiert, wer den Zuschlag bei öffentlicher Auftragsvergabe erhält. Da war immer die Frage: Kennen alle das wirtschaftlichste oder billigste Angebot? Und das war eben der Punkt, dass immer das billigste Angebot den Zuschlag erhalten hat. Das war der Satz „Der Preis ist heiß“, also die Geiz-istgeil-Mentalität nach dem Prinzip der Sparsamkeit und der Wirtschaftlichkeit.
Wenn wir aber wollen, dass tatsächlich andere Kriterien eingeführt werden und der Preis nicht das allein Bestimmende sein darf für die Auftragsvergabe, wenn wir in unserem Gesetzentwurf vorschlagen, nur 70 Prozent – wir könnten ja im Ausschuss darüber reden und sagen, wir senken das sogar weiter ab, da sind wir offen, das war ein Angebot an Sie gewesen, die 70 Prozent, wir senken das noch ab und gehen runter auf 60 Prozent oder 55 Prozent und nehmen die sozialen und ökologischen Kriterien stärker in die Auftragsvergabe hinein, das wäre ja noch ein anderes Bild –, wenn wir tatsächlich
eine Veränderung wollen und wenn wir die Unternehmen stärken wollen, die heute den Kürzeren ziehen, weil sie tarifgebunden sind, weil sie gute Löhne zahlen, weil sie ausbilden, weil sie Menschen mit Behinderungen beschäftigen, weil sie Langzeitarbeitslosen eine Perspektive geben und gute Arbeitsbedingungen schaffen, sie sozusagen in eine Poleposition bringen wollen über diesen Gesetzentwurf, dann bin ich der Überzeugung, das ist in der Tat mutig und innovativ.
Und dann stellt sich die Frage, um auch noch mal auf die untere Lohngrenze zu kommen, ob es gerechtfertigt ist, dass Menschen, die einen öffentlichen Auftrag des Landes Mecklenburg-Vorpommern oder der Kommunen in Mecklenburg-Vorpommern erfüllen, weniger verdienen als die am schlechtesten Bezahlten im öffentlichen Dienst selbst. Das halte ich für falsch, deswegen auch diese untere Lohngruppe dieser unteren Entgeltgruppe aus dem TVL. Das alles hat etwas mit dem Prinzip der Sparsamkeit und der Wirtschaftlichkeit zu tun. Diejenigen, die sich mit öffentlicher Auftragsvergabe beschäftigt haben, wissen, dass oftmals Angebote gemacht werden, die nachgebessert oder nachkalkuliert werden, und am Ende gilt das Angebot gar nicht mehr, sondern es ist eine ganz andere Zahl herausgekommen. Deswegen bin ich der Überzeugung, dass wir durchaus etwas vorgelegt haben, worüber es sich lohnt zu diskutieren.
Wir haben mit dem DGB, mit ver.di, mit der IG Metall und auch mit der Eisenbahngewerkschaft EVG zusammengesessen, wir haben mit der IHK gesprochen und wir sind uns doch wohl alle einig – so habe ich die Ministerpräsidentin verstanden –, Mecklenburg-Vorpommern muss endlich aus dem Lohnkeller herauskommen. Wie soll denn Mecklenburg-Vorpommern das schaffen, wenn wir als Politik nicht selbst – und das ist nun mal die Stellschraube, die die Politik in der Hand hat – diese Stellschraube in die Hand nehmen, daran drehen und sagen, wir geben vor, wie die Arbeitsbedingungen und die Lohnbedingungen bei öffentlichen Aufträgen tatsächlich sein sollen, um deutlich zu zeigen, wir brauchen eine Spirale des Lohns und der Entlohnung insgesamt nach oben. Das wollen wir mit unserem Gesetzentwurf erreichen und das wollen wir auch deutlich machen.
Ich will noch mal auf die gestrige Regierungserklärung zurückkommen. Ja, die Regierungserklärung hat deutlich gemacht, dass Frau Schwesig nicht nur darüber reden will, sondern dass sie mit konkreten Taten nach der Rentenangleichung auch die Lohnangleichung erreichen will. Damit will ich sie fragen, wie sie das denn machen will.
Und wenn dann Ihr Gesetzentwurf, Herr Schulte und, sagen wir mal, Herr Waldmüller, weil Herr Kokert jetzt nicht da ist, Herr Waldmüller, dann sehr wahrscheinlich im Herbst kommt – daran zweifle ich gar nicht, ich wollte Sie ja auch ein Stück weit provozieren, ist ja klar …
Nee, es ist alles gut.
…, ja, ich wollte Sie auch ein Stück weit provozieren, sich hier zu äußern, ob im Herbst ein entsprechender Gesetzentwurf kommt, also er wird kommen –,
dann können Sie doch so großzügig sein und sagen, okay, es liegt ein Gesetzentwurf, ein Angebot der LINKEN vor. Überweisen Sie das doch in den Ausschuss! Es ist sowieso erst mal Sommerpause. Und dann, wenn Ihr Gesetzentwurf vorliegt, können doch beide Gesetzentwürfe in den Ausschüssen beraten werden. Warum denn nicht? Dann würden wir uns auch einfach mal in die Warteposition begeben und auf Ihren Gesetzentwurf warten. Lassen Sie uns aus zwei Dingen etwas Gutes machen! Wir sind der Überzeugung, wir haben etwas Gutes vorgelegt.
Einen Punkt muss ich noch ansprechen, das ist das, was Herr Schulte mit der Tariftreue und mit den repräsentativen Tarifverträgen angesprochen hat. Ich kann mich gut erinnern, Herr Schulte, wir hatten hier irgendwann eine der Debatten zu diesen Gesetzen und da gab es gerade vor der Landtagsdebatte – ich glaube, das war so unmittelbar davor – das Rüffert-Urteil. Das haben Sie uns sehr ausführlich – Sie sind ja nun juristisch geschult und gestählt – und auch sehr engagiert …
Ja, das ist doch gut. Schreiben Sie das in Ihr Tagebuch!
Nein, also, Sie haben ja hier …
Ich kann mich gut daran erinnern, weil Sie als Jurist – dafür bin ich Ihnen auch dankbar – uns hier in der Landtagssitzung die Auswirkungen dieses Rüffert-Urteils erläutert haben. Darauf will ich eigentlich hinaus. Sie haben auch deutlich gemacht, dass diese EU-Regel alles in Deutschland durcheinanderbringt und so manche Dinge, die wir vorhatten, übrigens auch mit dem Gesetzentwurf, ausgehebelt hat, weil dieses Urteil dem praktisch entgegenstand. Das haben wir auch noch mal herangezogen und uns überlegt, was läuft denn hier eigentlich. Können wir, ohne zu beachten, was die EU vorgibt, Stringenz hier reinschreiben oder laufen wir Gefahr, dass dann tatsächlich die EU-Regeln – Klammer auf, Rüffert-Urteil, Klammer zu – dem wieder entgegenstehen? Deswegen haben wir hier solche stringenten Fragen nicht aufgenommen, weil wir einfach Sorge hatten, dass über dieses Urteil bestimmte Dinge wieder ausgehebelt werden.
Wenn es also um gute Löhne und gute Arbeit in Mecklenburg-Vorpommern geht, dann ist DIE LINKE im Januar mit dem besagten Antrag gestartet. Sie werden sich erinnern, es gab damals den Zeitungsartikel, dass auf Rügen und im Erzgebirge am wenigsten in Deutschland verdient wird. Und wir haben auch in der Pressekonferenz die Vereinigung der Unternehmensverbände gehört, was sie unter guter Arbeit versteht, die mehr Werkverträge, die mehr befristete Arbeitsverträge gefordert hat. Wir haben dann am 22. März erfahren – das haben Sie alle zur Kenntnis genommen –, im Wahlcheck des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes steht erneut die Initiative, die Wochenarbeitszeit festzulegen und damit die tägliche Arbeitszeit auszudehnen. Dazu hatten wir wiederum einen Antrag „Hände weg vom Arbeitszeitgesetz“ eingebracht. Herr
Krüger hatte mir auch im Wort zugestimmt, in der Abstimmung dann nicht mehr.
Wir haben gesagt, wir bleiben konsequent. Wir thematisieren etwas im Parlament und wir thematisieren auch etwas auf der Straße. Wir als Fraktion haben im April bei einer Landtour auf Märkten und Plätzen sowohl mit Vertretern der Arbeitgeberseite, DEHOGA und IHK, als auch mit den Gewerkschaften darüber diskutiert. Ja, und wir haben auch Zustimmung gefunden. Wir haben gesagt, wir können nicht bei solchen öffentlichen Appellen stehenbleiben, sondern wir legen etwas vor. Deswegen haben wir dieses Tariftreue- und Vergabegesetz vorgelegt, um deutlich zu machen, die Politik hat Möglichkeiten zu bestimmen, zumindest dort zu bestimmen, wo sie selbst öffentliche Aufträge vergibt. Diese Bestimmung finden Sie in unserem Gesetzentwurf.
Ich möchte Sie nochmals bitten, Ihre Überlegungen zu überdenken und den Gesetzentwurf zu überweisen. Ansonsten kann ich nur sagen, viel Luft, die Frau Schwesig gestern hier verkündet hat, und keine Taten stehen dahinter. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Danke, Frau Präsidentin! Ich will ganz kurz drei Dinge ansprechen. Das eine ist – das habe ich erst nicht erwähnt bei der Einbringung –, uns geht es auch darum, dass die Kommunen in die Wirkung dieses Gesetzes einbezogen werden. Und weil wir das vorschlagen, sagen wir auch, dass die Kommunen dafür eine Entschädigung bekommen. Ja, Aufgabe muss mit Geld verbunden sein. Auch das ist eine Frage, die, glaube ich, zur Ehrlichkeit dazugehört.
Natürlich, Herr Waldmüller – da gebe ich Ihnen vollkommen recht, das will ich auch nicht verhehlen –, hätten wir auch sagen können, ausgehend von dem Gespräch, über das Herr Schulte berichtet hat, warten wir bis zum Herbst und gemeinsam tauchen die dann hier auf. Aber wir haben eine bestimmte Zeit, natürlich,
und die bestimmte Zeit verlangt politisches Agieren. Das würde doch jeder andere auch machen.
Aber auf eins will ich hinaus: Herr Krüger hat hier zu Beginn der Legislatur gesagt, die Koalition will einen anderen Umgang mit der Opposition pflegen. Bisher, …
Da kann ich ja nur lachen!
… bisher habe ich in Bezug auf Gesetzentwürfe, die aus der Opposition kommen, noch keinen anderen Umgang erlebt. Also da müsst ihr den Beweis erst noch liefern, der fehlt.
Das Zweite in diesem Zusammenhang will ich auch noch kurz anmerken. Wenn die Opposition, ich sage mal, einen Antrag macht „Der Landtag möge sich bekennen zu …“ oder „… empfiehlt jenes“ mit einem Satz oder zwei Sätzen, dann kommt sofort reflexartig, jaja, das könnt ihr alles gut machen – ich komme zum Schluss –, aber legt Alternativen vor. Ich kann nur sagen, DIE LINKE macht
keinen Schnellschuss, sie hat eine Alternative für ein Tariftreue- und Vergabegesetz Mecklenburg-Vorpommern vorgelegt,
und das ist gut so. – Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!
Ich würde mir endlich mal wünschen, Herr Waldmüller, meine Damen und Herren der Koalition, wenn Sie das aufschreiben würden, was Sie auch beschlossen haben wollen.
Mein Problem mit mehreren Anträgen, die insbesondere aus der CDU kommen, ist immer, dass Sie das eine ausdrücken und in Ihren Reden etwas hineininterpretieren, was ich so aus dem Antrag gar nicht ableiten kann.
Das ist genau mein Punkt. Wenn man sich mit dem Antrag auseinandersetzt, dann kann man zu Recht, Herr Schulte, mit Grundsätzen anfangen.
Natürlich – dafür bin ich Ihnen auch dankbar, dass Sie es erwähnt haben – stehen DIE LINKE und ich zur Europäischen Union. Wir stehen auch zum gemeinsamen Binnenmarkt. Dass wir auf bestimmte Entwicklungen eine unterschiedliche Sicht haben, darüber sind wir uns sicherlich einig. Es ist auch bekannt, dass die Linksfraktion und generell DIE LINKE seit jeher hinter dem Handwerk stehen und sich immer zu den Freien Berufen bekannt haben. Das ist ein Allgemeingut, das ist ein Allgemeinplatz. Das will ich hier auch noch mal, weil es alle gemacht haben, ausdrücklich betonen.
Wir haben verschiedene Anträge und verschiedene Begehren hier im Landtag immer mitgetragen, um die duale Ausbildung zu stärken und auch die Meisterpflicht zu stärken – selbstverständlich. Und wir haben das mehrfach betont, wir haben diese Position gemeinsam und auch als Wirtschaftsausschuss in der vergangenen Legislaturperiode in Brüssel sehr deutlich gemacht. Aber dieses Mal – deswegen habe ich gerufen, Sie irren sich, Herr Schulte – werden wir den Antrag nicht unterstützen.
Ich will auch begründen, warum. Erst mal darf ich kurz aus dem Antrag zitieren, Zitat: „Unter anderem in den genannten Regularien sieht der Landtag einen Garant für die überaus erfolgreiche Wirtschafts- und Arbeitsmarkt
politik in Mecklenburg-Vorpommern“. Ende des Zitats. Da können Sie nicht erwarten, dass die Linksfraktion den Satz beschließt und Ihnen noch einen Freibrief für Ihre Politik gibt. Das wird nicht funktionieren.
Wir haben über 100.000 Arbeitslose in MecklenburgVorpommern – das sind nicht die, die in der Statistik ausgewiesen sind, sondern das sind die tatsächlichen Arbeitslosen – und damit die höchste Arbeitslosenquote in Deutschland. Von einer selbsttragenden Wirtschaft sind wir noch meilenweit entfernt. Das Wirtschaftswachstum, das Sie stets abfeiern, liegt oftmals unter dem Bundesdurchschnitt und trägt nicht zur Angleichung bei. Unser Land ist nach wie vor im Lohnkeller. Wir haben die niedrigsten Renten. Die ausgeprägte Kinderarmut ist einfach beschämend und Altersarmut hat schon einen Fuß über die Schwelle gesetzt. In Mecklenburg-Vorpommern leben die meisten Langzeitarbeitslosen, die von Ihnen ignoriert werden und die Sie ihrem eigenen Schicksal überlassen.
Das nennen Sie eine überaus erfolgreiche Wirtschaftspolitik?! Nein, das können wir nicht mittragen. Ich kann Ihnen nur sagen: Egal, was Sie nehmen, meine Damen und Herren der Koalition, nehmen Sie etwas weniger davon! Sie können das ja gern bejubeln, was Sie verzapft haben, aber das machen wir definitiv nicht mit. Und deswegen gibt es einen ersten Grund, warum wir diesen Antrag ablehnen. Einen solchen Selbstbetrug und solch ein selbstherrliches Beklatschen werden wir nicht mitmachen, weil Sie damit Menschen in die Arme einer angeblichen Alternative treiben.
Es gibt auch einen zweiten Grund, das ist das Thema Dienstleistungspaket.
Es ist gar nicht mal so sehr, Herr Waldmüller und Herr Schulte, ein inhaltlicher Grund. Die Kritik an den Fragen teilen wir. Der Punkt ist: Warum kommen Sie jetzt im Mai 2017 mit diesem Antrag? Da kann ich nur sagen: Einen schönen guten Morgen, meine Damen und Herren von der Koalition! Grüß Gott, Herr Waldmüller! Der Antrag kommt zu spät. Warum haben Sie den Antrag nicht im März gestellt? Denn
es sind ja Prozesse abgelaufen. Waren Sie im März mit der SPD noch nicht im Klaren? Oder haben Sie die Zeit einfach verpennt?
Wir bekommen ja nun regelmäßig vom Europaausschuss die Dokumente zur Subsidiarität innerhalb der Europäischen Union. Wer die aufmerksam liest, kann dort erfahren, wie das Verfahren zum Dienstleistungspaket eigentlich ablaufen sollte und auch abgelaufen ist. Wenn Sie sich das konkret anschauen, dann werden Sie sehen, dass die Frist für die Subsidiaritätsrüge am 20. März 2017 abgelaufen ist. Die Befassung in den Ausschüssen hätte am 23. Februar oder am 2. März laufen sollen. Warum haben Sie, Herr Waldmüller, Ihre Kollegen in der Fraktion und unseren Ausschussvorsitzenden, Herrn Eifler, nicht gebeten, dieses Thema aufzusetzen? Wir hätten alles im Wirtschaftsausschuss, unter anderem vielleicht auch im Europaausschuss, bereden können.
Wir hätten dann im Landtag – am 8./9. März hatten wir ja Landtagssitzungen – darüber sprechen können, und da hätten wir auch einen gemeinsamen Antrag stellen können.
Aber die Zeiten sind vergangen und deswegen frage ich Sie: Wo war der Antrag im März? Der Zug ist abgefahren. Und wie einzelne Rednerinnen – nee, es waren ja nur Männer –, Redner es schon gesagt haben, der Bundesrat und der Bundestag haben bereits Beschlüsse gefasst. Deutschland hat mit anderen Ländern – die wurden hier erwähnt – eine Subsidiaritätsrüge auf den Weg gebracht mit den Stimmen von CDU, SPD und den LINKEN, worüber wir uns auch wieder einig sind. Im Bundesrat sitzt ja die Landesregierung.
Nun stelle ich mir vor, wir hätten einen vergleichbaren Antrag gemacht. Da hätten Sie doch locker erklärt: „Meine Damen und Herren! Meine lieben Damen und Herren der Linksfraktion!“
„Wir sind schon dran, den Antrag brauchen wir nicht.“ So, jetzt sind wir doch genau an dem Punkt.
Die Bundesregierung und der Bundesrat und damit auch die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern haben bereits gehandelt, sie haben sich verhalten, sie haben die Subsidiaritätsrüge auf den Weg gebracht. Deswegen bin ich der Überzeugung, dass Sie einfach zu spät sind.
Das ändert nichts an der Kritik an diesem Dienstleistungspaket. Aber ich bin der Überzeugung, wir brauchen diesen Antrag nicht. Und ob wir ihn, um das mal umgangssprachlich zu sagen, heute verabschieden oder Pfiffi macht ʼne Wurst, ist am Ende vollkommen egal.
Schaufensteranträge tragen wir nicht mit. Wir brauchen diese sinnlose Schaumschlägerei nicht. Daran werden wir uns nicht beteiligen! Das hilft weder dem Handwerk und den Freien Berufen noch der dualen Ausbildung und der Stärkung des Meisterbriefes. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Panta rhei – alles fließt. Und so ist es auch im Leben. Unternehmen, Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen sich auf veränderte Bedingungen einstellen, auf gesellschaftliche, auf wirtschaftliche, und, ja, auch auf die Bedingungen, die sich im Leben verändern. Viele von diesen Veränderungen wirken sich auch unmittelbar auf den Arbeitsmarkt aus. Viele von Ihnen, wenn man jetzt den Einzelnen oder die Einzelne befragen würde, würden als Erstes „Fachkräftemangel“, „Globalisierung“ oder „Digitalisierung“ sagen.
Ich bin der Überzeugung – und so viel Marx muss sein –, dass wir es mit tief greifenden Veränderungen der Produktivkräfte und auch der Produktionsverhältnisse zu tun haben. Es verändert sich die Technik, es verändern sich die Technologien, es verändern sich aber auch die Rolle und die Stellung des Menschen in der Produktion selbst. Außerdem verändern sich die Werte und die Ansprüche des Einzelnen an sich selbst und an seine Stellung in der Produktion und in der Gesellschaft.
Sie alle kennen den Spruch, dass sich die Generation Z ihr Leben und ihr Arbeiten anders vorstellt als die Vorgängergeneration Y beziehungsweise X. Von denen davor wollen wir mal gar nicht reden. Diese junge Generation betont bei der Arbeitsplatzsuche, in Vorstellungs
gesprächen und überhaupt, dass sie eine geregelte Arbeitszeit möchte, dass sie Planbarkeit möchte, dass sie wissen will, ob sie einen geregelten Feierabend hat und ob das Wochenende für Familie und Freizeit zur Verfügung steht, um das beispielhaft etwas zu untermauern.
All diese Veränderungen, über die ich gerade gesprochen habe oder die ich mehr oder weniger angerissen habe – das wissen wir –, werden heute zusammengefasst in dem Code 4.0.
Da kann man viel hineininterpretieren, aber das ist ja nun so Usus, Herr Krüger, dass wir das so machen.
Wenn wir über die vierte industrielle Revolution sprechen, dann müssen wir auch über Arbeit 4.0 sprechen. Wir müssen also darüber reden, wie wir morgen arbeiten und leben wollen. Genau darauf zielt unser Antrag ab, denn es ist die Frage: Soll es einen entgrenzten Arbeitstag geben oder soll das Verhältnis zwischen Arbeit und Freizeit klar geregelt sein beziehungsweise geregelt bleiben?
Dass es Regeln gibt, das wissen Sie. Diese Regeln ergeben sich aus dem Arbeitszeitgesetz aus dem Jahre 1994. Diese Regeln – so finden wir es als LINKE zumindest –, diese Regeln sind gut.
Diese sollen nach dem Willen von Arbeitergeberverbänden nun verändert werden. Der DEHOGA – das haben wir alle mitbekommen, das hoffe ich zumindest –, der DEHOGA, der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband,
hat am 22. März dazu sogar eine Kampagne gestartet. Diejenigen, die den Wahlkampf 2016 mitgemacht haben, wissen, dass es in den damaligen Wahlchecks des DEHOGA Mecklenburg-Vorpommern einen Punkt gab, der genau darauf abzielte. Und diejenigen, die sich im touristischen und wirtschaftspolitischen Bereich bewegen, kennen diese Diskussion. Aber für mich ist doch die Frage, ob der Achtstundentag, der von der Arbeiterschaft erkämpft wurde,
auf den Haufen der Geschichte geworfen werden soll oder eben nicht. Und da sind wir uns als LINKE – soweit ich weiß, auch die Sozialdemokraten – mit den Gewerkschaften einig: Hände weg vom Arbeitszeitgesetz!
Ich will etwas dazu sagen, das gehört zur Einbringung, wie die Rechtslage ist und was die Arbeitgeberverbände BDA, Nordmetall und DEHOGA – den habe ich als Beispiel schon erwähnt – jetzt nun tatsächlich fordern. Es ist nicht so, dass das Arbeitszeitgesetz in der Vergangenheit nicht novelliert wurde. Es wurde immer wieder angefasst und es regelt die täglichen Arbeits- und Ruhezeiten. Der
Arbeitstag wird normalerweise auf acht Stunden begrenzt, dazu kommen selbstverständlich die Pausen. Zwischen den Beschäftigungen hat eine Ruhezeit von mindestens elf Stunden zu liegen. Sonn- und Feiertage sind für die meisten Beschäftigten arbeitsfrei. So ist es jetzt in dem Arbeitszeitgesetz geregelt und so soll es nach unserer Auffassung auch bleiben.
Die Unternehmerverbände wollen, dass sich die maximale Arbeitszeit nicht mehr auf den Arbeitstag, sondern auf die Arbeitswoche bezieht. Das ist eine Sache, die man tiefgründig betrachten und auch diskutieren muss, denn die Wochenarbeitszeit soll auf 48 Stunden begrenzt werden. Das soll dann analog der europäischen Arbeitszeitrichtlinie erfolgen. Öffnungsklauseln sollen es den Unternehmen zudem erlauben, die bisherige Mindestruhezeit von 11 Stunden zu unterschreiten. Na ja, dann können wir auch zu dem Thema Burnout und anderen gesundheitlichen Belastungen kommen, die sich aus den Verhältnissen, die man – ich bin ja heute ein bisschen bei der Politökonomie – auch Ausbeutung nennt, ergeben.
Die Umsetzung dieser Forderung in deutsches Recht würde es den Unternehmen erlauben, so die Argumentation der Verbände, zeitlich beweglicher im globalen Wettbewerb zu sein und Auftragsspitzen besser abarbeiten zu können. Diese Veränderungen, so die Unternehmerschaft, wären auch im Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Diese könnten angeblich ihre Erwerbs- und Familienarbeit besser miteinander verknüpfen. Ich kann mich gut erinnern, dass wir bereits mehrfach hier im Land über die Vereinbarkeit von Familienleben und Erwerbsarbeit gesprochen haben. Ich bin der Überzeugung, dass es immer zu klein gedacht ist, wenn dann das Homeoffice herangezogen wird. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Kellner oder ein Koch per Homeoffice die Gäste in einem Restaurant tatsächlich befriedigt und bedient.
Also, die Unternehmerschaft ist der Überzeugung, dass man damit auch den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mehr Entscheidungsfreiheit gewähren würde, wann, wo und wie viel sie tatsächlich arbeiten wollen. Ich glaube, es geht aber genau in die umgekehrte Richtung. Wir hatten im Wirtschaftsausschuss – diejenigen Kolleginnen und Kollegen, die dabei waren, haben diese engagierte Diskussion miterlebt – über genau die Ansprüche oder die Absichten zur Veränderung des Arbeitszeitgesetzes unter anderem mit dem DEHOGA diskutiert.
Dass es Menschen gibt, die länger arbeiten wollen, kann ich nachvollziehen. Es hat unter anderem auch seine Ursache darin, dass einige pro Stunde nicht genug verdienen, um damit ihr Leben tatsächlich zu finanzieren.
Es gibt genügend Statistiken, die belegen, dass Teilzeitbeschäftigte gerne wieder in Vollzeit arbeiten wollen. Und da hieß es, Herr Krüger und Herr Schulte, sehr wohl auch bei der SPD in Bezug auf die Bundestagswahl, dass es Initiativen geben soll, die ich übrigens unterstütze, damit wir uns da einig sind, mit denen der Übergang oder die Rückkehr von Teilzeit in Vollzeit erleichtert werden soll. Da bin ich mal gespannt, wie das dann ganz konkret erfolgen soll,
denn zurzeit liegen die Hürden unwahrscheinlich hoch. Da bin ich gespannt, was nach dem 24. September konkret an Gesetzesinitiativen seitens der SPD erfolgt. Aber das bloß am Rande bemerkt.
Spannend ist doch die Frage, ob viele Köche, Kellner und andere Beschäftigte im Hotel- und Gaststättengewerbe oder anderen Branchen dauerhaft über acht Stunden hinaus arbeiten wollen. Da kenne ich andere Aussagen. Meine Kontakte zu diesem Personenkreis, zu diesen Menschen, die in Gaststätten und Hotels arbeiten, sind andere. Die sagen, acht Stunden reichen. Das hat auch etwas damit zu tun, wie hoch die Belastungen im Einzelnen sind. Wenn ich mir dann noch die Statistiken der Rentenversicherung anschaue, erreicht heute noch nicht einmal jeder Zweite die Regelaltersrente. Die meisten Menschen scheiden vorfristig aus ihrem Arbeitsverhältnis aus, weil sie einfach zu kaputt sind, wie der Bundesgesundheitsminister festgestellt hatte. Oder anders gesagt, sie sind Opfer von Arbeitsverdichtung, Überforderung und Stress, und das bei einem Arbeitstag, der auf acht Stunden begrenzt ist. Wie die gesundheitlichen Folgen von täglich zehn Stunden und mehr Arbeitsstunden aussehen, das könnte man jetzt beschreiben, aber ich weigere mich, mir das vorzustellen, weil ich nicht will, dass Menschen durch Arbeit kaputtgemacht werden.
Acht Stunden pro Tag sind zurzeit die Grenze. Das heißt aber nicht, dass es nicht heute bereits Ausnahmen gibt. Es wäre auch schlimm, wenn man hier nicht eine gewisse Flexibilisierung hätte. Bereits heute können die Tarifpartner die Arbeitszeit einvernehmlich auf bis zu zehn Stunden pro Tag verlängern. Das wird übrigens beim DEHOGA auch genutzt. Innerhalb von 24 Wochen darf aber die Gesamtarbeitszeit acht Stunden pro Tag nicht übersteigen. Mit dieser Regelung können Unternehmen auf Auftragsspitzen entsprechend reagieren. Sie sehen also, so starr, wie es von manchem Arbeitgebervertreter dargestellt wird, ist das geltende Arbeitszeitgesetz keineswegs. Wenn sich die Tarifpartner allerdings nicht einigen können, weil es keinen Betriebsrat beziehungsweise keine Tarifbindung gibt, wie es eben in Hotels und Gaststätten durchaus Usus ist, dann kann man das nicht dem Arbeitszeitgesetz anlasten.
Die Befürworter einer Verlängerung der täglichen Arbeitszeit müssen sich auch fragen lassen, warum sie sich auf genau diese Lösung versteifen. Vielleicht wäre die Umverteilung von Arbeit der richtige Weg, dass man tatsächlich einen anderen Ansatz wählt, indem man sagt, okay, es gibt eine Verkürzung der Arbeitszeit und anstelle von einem Beschäftigten, der mehr Arbeit leistet, leisten zwei Beschäftigte in weniger Arbeitszeit, aber dann bei gutem Lohn, die gleiche Arbeit. Es ist doch schlimm, einen Koch zwölf Stunden zu beschäftigen. Es wäre besser, zwei Köche sechs Stunden zu beschäftigen. Das hat aber was mit der Entlohnung zu tun.
Ich komme zum Schluss.
Sie sehen, meine Damen und Herren, es gibt Möglichkeiten, die Ansprüche von Unternehmen zu verwirklichen. Deswegen sind wir der Überzeugung, dass jeder Versuch, das Arbeitszeitgesetz auszuhöhlen, unterbunden werden muss. Hände weg vom Arbeitszeitgesetz! – Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!
Sehr geehrter Herr Waldmüller, Sie sprachen von Klassenkampftönen.
Ich habe mit meiner Einbringung vielleicht auch einen Beitrag dazu geleistet. Ich bin aber auch der Überzeugung,
dass es Zeit wird, Dinge beim Namen zu nennen und Dinge auf die Grundursache des Problems wieder zurückzuführen.
Ich lese gerade ein Buch, vielleicht haben einige von Ihnen das schon gelesen, es wird ja allgemein empfohlen. Ich kann kein Französisch, wenn ich jetzt etwas falsch ausspreche, bitte ich um Nachsicht. Also, Didier Eribon hat das Buch „Rückkehr nach Reims“ geschrieben. Da sagt er an einer Stelle an die Linke orientiert, Zitat: „Nicht mehr von Ausbeutung und Widerstand war die Rede, sondern von ‚notwendigen Reformen‘ und einer ‚Umgestaltung‘ der Gesellschaft. Nicht mehr von Klassenverhältnissen oder sozialem Schicksal, sondern von ‚Zusammenleben‘ und ‚Eigenverantwortung‘.“
Herr Krüger, wenn die Köchin oder die Kolleginnen in der Kantine, mich, uns, auch die Sozialdemokraten verstehen wollen, dann, glaube ich, sollten wir bestimmte Be
griffe und Worte aus unserem Wortschatz – zumindest in der Ansprache der Menschen, um im Lutherjahr zu bleiben – auch anders verwenden, ansonsten entsteht ein Sprachwirrwarr, den die Menschen auf der Straße oder in der Kantine einfach nicht nachvollziehen können. Deswegen sagen wir doch, was ist. Wie Franz Müntefering es formulierte, zeigen wir klare Kante. Genau das wollte ich und wollen wir mit diesem Antrag deutlich machen, dass es – und deswegen auch ein bisschen Politökonomie bei der Einbringung – wirklich um Produktivkräfte und um Produktionsverhältnisse geht. Es geht um eine Klassengesellschaft unter neuen, modernen Bedingungen. Die neuen Bedingungen dürfen die Klassenwidersprüche – ich will das deutlich sagen – nicht verkleistern. Und dafür ist DIE LINKE da, diese Widersprüche zu benennen und deswegen dieser Antrag. Das ist der eine Punkt, den ich nennen will.
Der zweite Punkt: Herr Waldmüller, Sie sprachen davon, dass es um den Arbeitnehmerwillen geht, dass also auch Angestellte, Beschäftigte sich mit dem Arbeitgeber entsprechend einigen können. Und Sie haben das über die Tarifbindung gestellt. Dann will ich Ihren Koalitionspartner und Sie fragen: Wie stehen Sie denn zu Ihrem eigenen Koalitionsvertrag? Im Koalitionsvertrag von SPD und CDU für diese Wahlperiode steht als hoher Anspruch, die Tarifbindung der Unternehmen zu erhöhen. Über die Wege dahin diskutieren wir auch kräftig, aber das ist ein Anspruch der Koalition, der übrigens von uns unterstützt wird. Wenn Herr Waldmüller als Mitglied der CDU-Fraktion, jetzt Generalsekretär der CDU in Mecklenburg-Vorpommern, erklärt, er stellt den Arbeitnehmerwillen über die Tarifbindung, dann ist für mich die Frage: Wie sieht es denn mit dem Koalitionsvertrag hier in Mecklenburg-Vorpommern unter heutigen Bedingungen aus?
Die SPD will ich fragen – Herr Waldmüller hat das angesprochen, dafür bin ich Ihnen dankbar –: Wie halten Sie es denn mit dem, was Frau Nahles dort macht? Herr Krüger, Sie haben das Arbeitszeitgesetz und so weiter betont, das ist ja die gleiche Argumentationsschiene, die ich hier verwendet habe. Und, Herr Waldmüller, Sie haben die Experimentierklausel – oder -phase heißt es ja richtig –, diese Experimentierphase angesprochen. In diesem Weißbuch „Arbeiten 4.0“ wird das entsprechend vorgeschlagen. Das Weißbuch 4.0 ist eine umfassende Studie und Analyse über die Situation am Arbeitsmarkt und in den Unternehmen. Diejenigen, die sich damit befasst haben, wissen das. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist zu der Erkenntnis gekommen, man müsse mal in zwei beziehungsweise drei Jahren ausprobieren, um entsprechende Aufweichungen – so sage ich dazu –, neue Wege gehen zu können.
Weil auch das Argument der Digitalisierung unter anderem immer wieder herangezogen wird, frage ich mich – ich bleibe bewusst beim DEHOGA –, wie sich die Digitalisierung konkret auf die Tätigkeit einer Kellnerin oder eines Kochs auswirkt. Ich kann da keine Auswirkungen erkennen, außer, sagen wir mal, in Bezug auf die Kommunikation, dass also möglicherweise die Bestellung nicht mehr auf den Block geschrieben wird, sondern in ein technisches Gerät, mit dem die Meldung sofort in die Küche gegeben wird, was wir bei der Bestellung aufgegeben haben, oder dass man eben mit einem mobilen EC-Cash-Gerät per Karte seine Rechnung bezahlen kann. Das ist dann aber auch das Einzige. Alles andere hat etwas mit Dienstleistung am und für den Menschen
zu tun und da ist mit Digitalisierung wohl kaum was zu machen.
Deswegen bin ich der Überzeugung – wir haben ja bei dem anderen Tagesordnungspunkt, als der Antrag zu dem Dienstleistungspaket diskutiert wurde, auch schon darüber gesprochen –, es wird immer Menschen geben, die bedienen, die uns die Haare schneiden beziehungsweise föhnen, die mauern, die klempnern, die schrauben, die tischlern. Also die handwerklichen Tätigkeiten bleiben doch. Natürlich wird die Digitalisierung auch deren Arbeitszeit verändern, aber die handwerkliche Tätigkeit bleibt und die unterstützen wir ja auch.
Deswegen bin ich der Überzeugung, dass, wenn es oft heißt, Homeoffice ist das Allheilende und wir können damit Flexibilisierung erreichen, das nicht funktionieren wird. Es wird Menschen geben, die einem geregelten Arbeitstag nachgehen werden müssen und auch nachgehen wollen. Da bin ich – Herr Krüger, Sie haben das mehrfach betont – dabei, dass diese erkämpften Rechte bestehen bleiben müssen und dass auch dieser erkämpfte Schutz bestehen bleiben muss. Über Flexibilisierung und Ausnahmeregelungen haben wir gesprochen. Ja, da würde ich Sie einfach auffordern, auch in der BundesSPD klarzumachen, was Sie hier deutlich gemacht haben. Experimentierphase okay, die läuft gerade, aber Sie haben meine Losung ausgesprochen: Hände weg vom Arbeitszeitgesetz!
Und wenn jetzt – wir reden ja alle über Fachkräftemangel, suchen nach Lösungen, das ist alles vernünftig, und da brauchen wir einen guten Prozess, da sind wir uns, glaube ich, alle einig –, wenn jetzt aber der Fachkräftemangel möglicherweise dazu führt, dass man sagt, wir brauchen andere Wege, um die anfallende Arbeit erledigen zu können, ich unterstelle das jetzt mal, dann kann die Öffnung, die Aufweichung des Arbeitszeitgesetzes nicht der Weg sein. Deswegen bin ich der Überzeugung, dass man den Fachkräftemangel tatsächlich über eine andere Kampagne, über einen anderen Weg bekämpfen sollte. Das ist heute nicht das Thema, deswegen will ich dazu nicht sprechen.
Die SPD, meine Damen und Herren – das will ich abschließend sagen –, hat sich zu eigen gemacht, das hatte der Finanzminister hier mal zum Ausdruck gebracht, Herz und Hand: Im Herzen sind wir bei Ihnen, mit der Hand sind wir bei der Koalition. So, liebe Genossinnen und Genossen der SPD-Landtagsfraktion, funktioniert das nicht.
Nein.
Sie können nicht auf der einen Seite – ich will Ihnen das deutlich sagen –, Sie können nicht auf der einen Seite sagen, wir stehen zu den Beschäftigten in der Kantine des Landtages und wir stehen zu den Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, aber wenn es
darauf ankommt, stellen wir die Koalitionsdisziplin über alles. Das ist Verrat an den Beschäftigten, meine Damen und Herren. – Danke für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!
Herr Schulte, das zeichnet uns beide aus.
Gestern haben wir uns noch konfrontativ auseinandergesetzt und heute blasen wir ins gleiche Horn.
Nach Ihrer Rede, denke ich, haben wir gar keine andere Chance, als dem Antrag zuzustimmen. Das hätten wir auch ohne Ihre Rede getan,
aber herzlichen Dank dafür.
Ich möchte aber ein Prinzip voranstellen und deswegen habe ich das jetzt auch in dieser lockeren Form formuliert. Es gibt Momente in der Politik, da geht es nicht um Koalition, da geht es auch nicht um Opposition, sondern da geht es darum, ob wir als Landtag und als Politik generell alle Botschafterinnen und Botschafter unseres Landes sind. Und in der Beziehung zur Republik Polen, bin ich der Überzeugung, sollten wir als Botschafterinnen
und Botschafter für Mecklenburg-Vorpommern auftreten, denn für eine gute partnerschaftliche Nachbarschaft mit der Republik Polen können wir nicht genug werben, aber nicht nur werben, Herr Krüger, sondern den wohlfeilen Worten sollten auch immer Taten folgen. Das hoffe ich, dass mit diesem Antrag dann auch diese Taten auf den Weg gebracht werden.
Aber – und da, Herr Schulte, bin ich auch bei Ihnen – es geht mehr als um gute Nachbarschaft. Es geht auch heute um ein klares Bekenntnis zur Europäischen Union.
Jegliche nationalistischen Bestrebungen in EU-Mitgliedsstaaten, aus der EU auszutreten, sollten zurückgewiesen werden,
aber auch Debatten, bestimmte Länder aus der EU auszuschließen, sollten zurückgewiesen werden.
Ich glaube, die EU hat sich bewährt. Die 60 Jahre sind ja gestern gewürdigt worden und das sollten wir auch in diesem Zusammenhang, wenn es um zwei Mitgliedsstaaten der EU geht, noch mal betonen, denn ein gutes Verhältnis zu dem jeweiligen Nachbarn ist für mich der Kitt der Europäischen Union.
Mit Ihrem Antrag wollen Sie die deutsch-polnische Zusammenarbeit weiter stärken. Das ist ein wichtiges Anliegen und auch eine sehr gute Idee, gar keine Frage, und schon aus diesem Grunde hatten wir ja in der 5. Legislaturperiode einen Antrag mit dem Titel eingebracht „Grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit Polen weiter vertiefen“. Da hätten wir annehmen sollen, wir liegen politisch auf einer Wellenlänge, endlich einmal. Es hat mich damals überrascht und es ärgert mich heute noch, dass dieser Antrag abgelehnt wurde durch die Koalition, der faktisch inhaltsgleich mit dem heutigen ist. Man muss zugestehen, er wurde nicht deshalb abgelehnt, weil das Anliegen nicht geteilt wurde, sondern es gab andere politische Erwägungen, und die hießen eben, die Regierung habe alles im Griff, alles läuft bestens, zu verbessern gab es auch nichts. Dr. Armin Jäger von der CDU hatte damals gesagt, der Antrag sei so überflüssig wie ein zweiter Kropf, und weil DIE LINKE etwas fordere, was schon längst geschehe, lassen wir es dabei.
Drei Jahre später – und das ist die Debatte, aus der Herr Schulte gerade zitiert hatte – kam dann von der Koalition ein Antrag, der da lautete: „Zusammenarbeit mit Polen weiter vertiefen“. Man hatte also dieses Wort „grenzüberschreitend“ gestrichen und das als eigenen Antrag eingebracht. Der Rest war auch inhaltlich identisch mit dem, im Wesentlichen identisch mit dem, was wir eingebracht hatten, nur das eine Wort „grenzüberschreitend“ wurde gestrichen. Man hätte auch einen Änderungsantrag machen können und dem hätten wir uns sicherlich nicht verschlossen. So weit kurz zu der Geschichte.
Also das Thema „Zusammenarbeit mit Polen“ hat nicht nur Ausschüsse, Regierung, IHKs und andere beschäftigt, sondern wir haben das im Landtag auch ständig
debattiert mit unterschiedlichen Abstimmungsergebnissen. Wir haben uns also den Antrag von 2011 angeschaut und bei Betrachtung des Antrages der Koalition von 2014, dem wir damals zugestimmt haben, wird klar, dass wir auch dem heutigen Antrag zustimmen werden, denn wir haben eine klare Position, die ich zu Anfang formuliert habe. Da haben wir gar keinen Dissens, das ist eine Grundposition, die wir auch in Bezug auf unsere polnischen Nachbarn ganz konkret haben.
Was mich dabei wurmt, ich will das noch mal wiederholen und unterstreichen, wir dürfen nicht nur proklamieren und erklären, dass wir gute Nachbarschaft wollen, sondern wir müssen das auch ganz praktisch in vielen konkreten Projekten und Maßnahmen untermauern. Ich glaube, Freundschaft und Nachbarschaft müssen auch leben für solche Maßnahmen, und das fehlt mir.
Fairerweise, Herr Minister Pegel, muss ich einräumen, dass es bei den Punkten Energie und Verkehr durchaus Bewegung und Ergebnisse gibt. Es ist ja nicht so, dass es nichts gibt, es gibt einiges, aber ich bin der Überzeugung, dass wir da mehr machen können, und das sind Sachen bei grenzüberschreitenden Kooperationen, wo wir insgesamt hinter unseren Möglichkeiten zurückbleiben.
Ich will das an dem Beispiel der Metropolregion Stettin verdeutlichen. In dem Koalitionsvertrag von 2014 war das der zentrale Aufhänger. Herr Eifler ist jetzt nicht da, Herr Eifler hatte damals sehr ausführlich darüber gesprochen und auf die besonderen Chancen hingewiesen. Er forderte eine intensive Zusammenarbeit und den Abbau bestehender Hemmnisse. Das ist auch so weit so gut, da waren wir uns auch alle einig. Die Frage ist, was dann konkret passiert ist. Auch heute fordern Sie im Punkt 3 die Schaffung einer Metropolregion Stettin. Ich kann mich an die Debatte von damals gut erinnern, wir haben sehr wohl auch die Parallelen zur Metropolregion Hamburg gezogen und dafür ist erst jüngst eine Vereinbarung in Hamburg unterzeichnet worden.
Dr. Andrè Brie, der damalige europapolitische Sprecher unserer Fraktion, hat das in dem entsprechenden Ausschuss, im Europa- und Rechtsausschuss, immer wieder angeschoben und thematisiert. Das fand auch die Unterstützung der Koalition, aber so richtig passiert ist da nicht viel. Und das ärgert mich, weil ich der Überzeugung bin, gerade durch die Metropolregion Stettin könnte man unwahrscheinlich viel für Vorpommern tun, nicht nur gefühlt, sondern das auch in der Praxis durch entsprechende Maßnahmen so untersetzen, dass diese Gemeinsamkeit, diese Zusammenarbeit tatsächlich wächst.
Deswegen bin ich der Überzeugung, hier stimmt etwas nicht. Die Koalition – und Herr Dahlemann wird dazu sprechen, die Koalition hat ja dieses Amt des Parlamentarischen Staatssekretärs eingerichtet, das ist jetzt gar keine Wertung über das Amt, Herr Dahlemann – hat das Amt des Parlamentarischen Staatssekretärs eingerichtet und dafür Geld bereitgestellt. Das ist ja auch logisch, das sind eine halbe Million Personalkosten. Für die Metropolregion Stettin stehen 5.000 Euro jährlich im Haushalt. 5.000 Euro! Da stimmt was nicht und da bitte ich die Koalitionäre, bei der Haushaltsaufstellung mal nicht nur nachzuschauen, sondern sozusagen zu arbeiten, dass mehr Geld bereitgestellt wird, weil an diesen Taten muss man das konkret messen. Ich denke, wir sollten nicht nur
reden und proklamieren, sondern wir sollten mit konkreten Maßnahmen dieses Projekt, die Zusammenarbeit mit Polen auch untersetzen. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!
Werter Herr Komning, als Erstes müssen Sie mal erklären, ob Sie denn nun einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk wollen oder ob Sie keinen wollen.
Das habe ich weder bei Ihrem Antrag im Januar noch heute verstanden. Dann können wir darüber reden, wie denn die Finanzierung dieses öffentlich-rechtlichen Rundfunks erfolgen soll. Beide Fragen lassen Sie offen.
Sie setzen bei der – nach Ihren Worten – GEZ, also beim Rundfunkbeitrag an, kommen aber nicht zu der Grundfrage, und da fordere ich Sie einfach auf: Beantworten Sie doch mal die Grundfrage! Sie betonen hier, Sie wollen eine Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, Sie sagen aber nicht, wie nach Ihrer Vorstellung der öffentlich-rechtliche Rundfunk aussehen soll. Und
dieses Bekenntnis brauchen wir mal, dann können wir auch eine andere Diskussion führen.
Zweitens. Die heutige moderne Gesellschaft ist eine andere als die, die Sie gerade gemalt haben. Natürlich gibt es die klassische Familie, die gehört zu unserer Gesellschaft dazu, aber es gibt viele andere Formen des gemeinschaftlichen Lebens und diese anderen Formen des gemeinschaftlichen Lebens sind genau auch in diesem Änderungsvertrag für den Fall des Deutschlandradios abgebildet. Dass Sie das ausblenden und nicht gleichberechtigt behandeln wollen, beweist wieder nur, dass die AfD eine Partei von gestern ist.
Nun zu dem Antrag selbst.
Herr Krüger, ja, ich wollte auch sagen, es ist alles gesagt mit der Einbringung, was dieses Gesetz an Ergebnissen zeigen soll, aber die Rede von Herrn Komning hat mich eben veranlasst, ein paar Dinge mehr zu sagen.
Klar, alle Jahre wieder beschäftigen wir uns mit Änderungsverträgen, Staatsverträgen, die den Rundfunk und das Fernsehen in Deutschland betreffen, und es kann einem die Zustimmung abringen oder die Ablehnung hervorrufen, es kann einem auch egal sein. Am Ende, und das ist nämlich unsere wesentliche Kritik, haben wir als Landtag Mecklenburg-Vorpommern, wie übrigens alle Landtage, null Einfluss darauf, was in diesem Gesetz steht. Wir können dieses Gesetz nicht mehr ändern. Das ist ein Problem. Wenn wir also wollen, dass zukünftig Änderungsverträge zu dem Rundfunk und zum Fernsehen in Deutschland aufgenommen werden in die Gesetze, dann muss die Diskussion viel früher anfangen. Da müssen wir als Landtag Positionen formulieren, die den Ministerpräsidenten beauftragen, in den entsprechenden Verhandlungsrunden Änderungen aufzunehmen. Das ist aber heute, Herr Komning, das müssten Sie als Jurist wissen, praktisch nicht mehr möglich, weil das Gesetz nur noch, wenn man so will, zur Ratifizierung vorliegt, und das wäre unsere Aufgabe, die wir uns als Landtag Mecklenburg-Vorpommern mit den anderen 15 Landesparlamenten tatsächlich erfüllen müssen.
Ja, bitte.
Wir haben mit der Entscheidung des Verfassungsgerichtes – das Bundesverfassungsgericht haben Sie ja zitiert – deutlich einen Auftrag bekommen, als Gesellschaft Veränderungen vorzunehmen. Ich bin der Überzeugung, dass mit der Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes die
Staatsferne genau dokumentiert wird, und diese Eindrittellösung halte ich für richtig.
Damit ist auch ein Punkt gleich beantwortet, den ich noch ausführen wollte. Ich bin der Überzeugung, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk sowie Demokratie und die Medienordnung in Deutschland zusammengehören. Dafür brauchen wir einen zeitgemäßen Auftrag, dafür brauchen wir auch eine auftragsgemäße Finanzierung. Deswegen steht DIE LINKE sowohl zum Beispiel zum rechtlichen Rundfunk als auch zum Rundfunkbeitrag.
Zu einem letzten Punkt, den ich kurz ansprechen will: Sie monieren hier, die Veränderungen im Finanzierungssystem um Arte auszufinanzieren. Ich halte das für einen notwendigen und richtigen Schritt. Ich würde mir wünschen, dass es in Europa noch viel mehr solcher Kooperationen gibt wie zwischen Frankreich und Deutschland, wie am Fernsehsender Arte festzumachen ist. Wir werden ja morgen noch über die Zusammenarbeit mit Polen reden. Warum gibt es nicht eine deutsch-polnische Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Rundfunks und des Fernsehens, um ein Nachbarland zu nennen?
Also wir sind für die Überweisung dieses Antrages, dieses Gesetzentwurfes in den entsprechenden Ausschuss, begleiten ihn und werden dann in der Zweiten Lesung auch diesem Antrag zustimmen. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!
Herr Waldmüller, so einfach mache ich Ihnen das nicht. Also aus der Rede des Ministers habe ich verstanden, dass die Nachhaltigkeitsstrategie der Landesregierung, der Koalition sowohl in der Bilanz für die vorangegangene Wahlperiode als auch im Koalitionsvertrag zu finden sei und dass man sehr wohl an der Umsetzung der bundesdeutschen Nachhaltigkeitsstrategie arbeitet.
Da will ich Sie aber fragen, Herr Minister Glawe: Warum taucht dann Mecklenburg-Vorpommern beim Bund überhaupt nicht auf? Wenn ich mir das jetzt anschaue, dann werden in der Nachhaltigkeitsstrategie des Bundes die Länder aufgezählt, die sich an der Nachhaltigkeitsstrategie beteiligen. Das sind elf, mindestens eins fehlt, und das ist Mecklenburg-Vorpommern. Also das will ich voranstellen.
Zweitens. Jetzt haben alle Rednerinnen und Redner – den Vertreter der AfD lasse ich mal außen vor, Aschermittwoch ist längst vorbei – das Dreieck der Nachhaltigkeit betont. Mit wohlfeilen Worten haben Sie die drei Momente dort genannt. Aber die Betonung dieser drei Ecken eines Dreiecks ist noch keine Strategie. Mir fehlt einfach Ihre Strategie.
Und deswegen, Herr Schulte, es tut mir einfach leid,
Ihr Antrag, der ist arm, der ist unzureichend und ich finde ihn einfach peinlich. Sie schaffen es,
Sie schaffen es, den schönen Dreiklang der Nachhaltigkeit aus Sozialem, Ökologie und Ökonomie in eine Kakofonie umzukehren.
Sie hätten sich mit der ANE, mit der Akademie für Nachhaltige Entwicklung, beraten sollen. Dann wären Sie auf das Leitbild des Gartens der Metropolen gestoßen
und hätten dieses zur Grundlage Ihres Antrages machen können. Alleine Ihre Reaktion, nachdem ich jetzt „Akademie für Nachhaltige Entwicklung“ gesagt habe
und Sie die Stirn gerunzelt haben …
Na gut, in Bezug auf den Garten der Metropolen.
Wenn Sie also alleine mit dem Bild Probleme haben und Sie Nachhaltigkeit, so, wie es die Akademie versteht, na ja, in dem Sinne zumindest infrage stellen – ich will fair sein –,
bin ich der Meinung, Sie hätten hier einen anderen Antrag vorlegen können. Ihr Antrag ist nicht nur schlecht, sondern Sie haben offensichtlich auch keine Ideen, was Sie hier im Landtag debattieren wollen.
Und Sie machen sich das sehr einfach. Sie kopieren Ihren Koalitionsvertrag, Nummer 15, Herr Glawe ist darauf eingegangen. Ich finde die Formulierung Nummer 15
vollkommen in Ordnung. Den Auftrag haben Sie sich ja gegeben, setzen Sie ihn doch um! Und Sie fordern Ihre eigene Regierung zum Handeln auf. Warum denn eigentlich? Wenn wir als Opposition das gemacht hätten, hätten Sie reflexartig geantwortet: Brauchen wir nicht, steht doch im Koalitionsvertrag.
Setzen wir schon längst um! Und wenn Sie das machen, Herr Waldmüller und Herr Schulte, dann sollen alle klatschen und vor Freude an die Decke springen.