Christian Wulff

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„Das ist keine geschlossene Anstalt.“
Dadurch wird doch deutlich, dass Sie geschlossene Anstalten wollen. Ich kann mich auch nicht des Eindrucks erwehren - wie das Frau Janssen-Kucz hier vorgetragen hat -, dass es in Richtung Kinderknast geht. Das wollen wir nicht, meine Damen und Herren!
- Herr Gabriel hat heute sehr deutlich vorgetragen, dass wir für die wenigen Fälle, in denen es notwendig ist, eine Inobhutnahme haben bzw., wenn es erforderlich ist, in einem solchen Heim - wie es vorgetragen wurde - mit einem guten therapeutischen und pädagogischen Förderplan. Er hat auch vorgetragen, dass wir, wenn wir in Niedersachsen den Bedarf an solchen Plätzen haben, diese dann auch vorhalten werden. Wir werden aber so lange andere Plätze belegen - wenn es überhaupt notwendig ist -, solange sie frei sind. Wir liegen da völlig auf einer Linie. Es wird Ihnen nicht gelingen, uns auseinander zu dividieren.
Meine Damen und Herren, ich möchte Ihnen noch vortragen, was die Deutsche Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfe, Landesgruppe Niedersachsen, dazu vorträgt:
„Die wohlfeile Forderung nach härteren Strafen ist Ausdruck der Ratlosigkeit, fehlenden Wissens über Ursachen und Verlauf von Jugendkriminalität und insbesondere irriger Vorstellungen über die Wirkung strafrechtlicher Sanktionen. Strafen, je formeller und schärfer sie sind, insbesondere freiheitsentziehende Sanktionen wie der geforderte Arrest, erhöhen das Risiko einer erneuten Straf
fälligkeit und dienen gerade deshalb nicht dem Opferschutz.“
Herr Wulff, das ist ein Beispiel dafür, dass Sie in die völlig falsche Richtung laufen. Alle Fachleute haben - auch in der Expertenanhörung - gesagt, dass Großeinrichtungen oder Einrichtungen, in denen man viele Kinder unter einem Dach betreut, der falsche Weg sind. Wir sind für kurzfristige Inobhutnahme in eine geschlossene Einrichtung mit guter therapeutischer Betreuung, aber nur wenn es notwendig ist.
Meine Damen und Herren, ich möchte darauf zurückkommen: Was passiert eigentlich, bevor der erste Ladendiebstahl, die erste massive Gewalt, der erste Vandalismus festgestellt wird? Was passiert, bevor sieben-, acht- oder neunjährige Kinder dabei ertappt werden? - Darum geht es doch. Es geht doch nicht darum, dass wir über das Ende einer solchen Entwicklung diskutieren, wenn möglicherweise eine Heimeinweisung nötig ist, sondern wir müssen über die Entwicklung unserer Kinder reden. Wir müssen darüber reden, was man tun kann, damit solche negativen Entwicklungen überhaupt nicht eintreten.
Da stelle ich fest: Diese Landesregierung hat in den letzten Jahren sehr viel auf den Weg gebracht. Sie hat sehr viele Initiativen und Aktivität entwickelt, um die Erziehungskompetenz zu stärken, um Gewaltprävention voranzutreiben und um die Situation der Familien zu verbessern.
Herr Gabriel hat Ihnen heute Morgen gesagt, er könnte drei DIN-A 4-Seiten, einzeilig bedruckt, eng beschrieben und ohne Rand vorlesen. Ich mache nur einen kleinen Ausschnitt dieser Bilanz, weil ich zu wenig Zeit habe, um alles vorzutragen. Es gibt
über 130 Präventionsräte, initiiert durch die Landesregierung; diverse Gewaltpräventionsprojekte im ganzen Land; PRINT-Programm, das Präventions- und Integrationsprogramm, 77 Stellen im ganzen Land; Impulsprogramme zur Gewaltprävention; 1 700 Beratungslehrer an den Schulen, die das Feld beackern; Konfliktlotsen an den Schulen; Schulpartnerschaften mit der örtlichen Polizei; Schule und Jugendhilfe arbeiten verstärkt zusammen; Hilfen für Erziehungsberatungsstellen und Suchtberatungsstellen vom Land; Ausbildung der Erzieherinnen mit Schwerpunkt der Gewaltprä
vention; 140 Millionen Euro zur Unterstützung der Kindergärten, zur Unterstützung von Bildung und Erziehung für die Kleinsten; 90 Millionen Euro für die Heimerziehung; das Bündnis für ein Leben mit Kindern in Niedersachsen, die „Aktion Niedersachsen – Kinderland“; die Moderatorenausbildung zur Erhöhung der Erziehungskompetenz und, meine Damen und Herren, vieles mehr.
Zum Schluss möchte ich noch deutlich machen: Wir können über das alles diskutieren. Diese vielen staatlichen Maßnahmen - ob vom Land, vom Bund oder von der Kommune initiiert - sind notwendig; keine Frage. Aber am Schluss bleibt immer noch die Feststellung: Die erste Erziehungs- und Sozialisationsinstanz ist die Familie.
Alle Kinder haben Eltern. Eltern haben dafür zu sorgen, dass ihre Kinder mit Liebe, Fürsorge und Zärtlichkeit, aber auch mit Konsequenz erzogen werden, dass Werte und Normen vermittelt werden, dass Sitten und Kultur vermittelt werden und vieles andere mehr. Wir müssen den Eltern helfen, die Schwierigkeiten haben, diese Aufgabe zu meistern. Aber wir müssen auch an sie appellieren: Liebe Eltern, verstärkt eure Erziehungsbemühungen, damit es nicht zu solchen Entwicklungen kommt! - Danke schön.