Irmgard Vogelsang
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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte - weil dies sicherlich nur die Älteren hier im Hause wissen - vorausschicken, dass ich zu den ersten zehn Frauenbeauftragten im Lande Niedersachsen gehört habe.
Frau Schuster-Barkau weiß dies sehr genau, weil wir im Landkreis Osnabrück zusammen auf diesem Gebiet gearbeitet haben. Wir haben aufgrund der Tatsache, dass ich diese Tätigkeit zunächst als Kreistagsabgeordnete ausgeübt habe, erreicht, dass alle Gemeinden des Landkreises Osnabrück - der ist ja nun nicht so klein - innerhalb von vier Jahren - also innerhalb einer Legislaturperiode - Frauenbeauftragte eingestellt haben. Ich hatte die Möglichkeit, in die Kommunen hineinzugehen. Wenn ich hauptamtlich angestellt gewesen wäre, hätte ich diese Möglichkeit nicht gehabt.
Ich möchte jetzt die Ministerin fragen, ob sie mir darin zustimmt, dass sich die Arbeit der Frauenbeauftragten im Laufe der Zeit erheblich verändert hat und dass die Gemeinden und die Kommunen - wie ich schon vor 20 Jahren gesagt habe - völlig unterschiedliche Strukturen aufweisen. In einigen Kommunen ist der soziale Bereich sehr ausgeprägt, in anderen Kommunen ist das Vereinswesen sehr ausgeprägt, und in anderen Kommunen wiederum braucht man hauptamtliche Kräfte. Von daher sind wir nach wie vor der Auffassung, dass die Kommunen hier frei entscheiden können sollten. Meines Erachtens kann auf diese Weise effektiver gearbeitet werden. - Danke.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten und Medien empfiehlt Ihnen in der Drucksache 2002, dem Gesetzentwurf und damit auch dem Ihnen vorliegenden Staatsvertrag zuzustimmen. Diese Empfehlung wird von den Ausschussmitgliedern der Fraktionen der CDU und der FDP getragen; die Ausschussmitglieder der Fraktionen der SPD und der Grünen haben dagegen gestimmt. Dieser Empfehlung hat sich auch der mitberatende Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen mit demselben Stimmverhältnis angeschlossen.
Die Ausschussberatungen über den direkt überwiesenen Gesetzentwurf begannen mit dessen Einbringung durch die Staatskanzlei in der öffentlichen Erörterung. Der Regierungsvertreter fasste die Inhalte des Änderungsstaatsvertrages in fünf Punkten zusammen. Einerseits gehe es dabei um notwendig gewordene Anpassungen von Regelungen an den Rundfunkstaatsvertrag bzw. an den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag. Außerdem habe sich Niedersachsen für eine stärkere Berücksichtigung der Belange der norddeutschen Regionen eingesetzt. Drittens sei um Änderungen hinsichtlich der Gremienzusammensetzung verhandelt worden; dabei hätten die Vertragsländer ausweislich der Protokollnotiz grundsätzlich Einigkeit über eine Verkleinerung des Rundfunkrats erzielt. Durch die Ergänzung des Verwaltungsrats um Vertreter der Regierungen der Vertragsländer würden sowohl die Informationsmöglichkeiten des NDR als auch die der Landesregierungen verbessert. Außerdem wies der Vertreter der Staatskanzlei auf die erweiterten Prüfungsrechte zugunsten der Rechnungshöfe für Tochtergesell
schaften des NDR und auf die in einer weiteren Protokollnotiz angesprochene Erweiterung barrierefreier Rundfunkangebote hin.
Der Sprecher der CDU-Fraktion begrüßte die vorliegenden Änderungen des NDR-Staatsvertrages und bewertete sie als eine Stärkung des Norddeutschen Rundfunks, die zugleich auch im Interesse der Zuschauer und der Regionen liege. Diese positive Bewertung werde auch vom NDR und von Landesregierungen mit anderer politischer Zusammensetzung geteilt.
Die Ausschussvertreter der SPD erklärten, dass die Landesregierung mit weitergehenden Vorstellungen, die sie mit ihrer politischen Initiative verbunden habe, z. B. hinsichtlich der Gremienbesetzung, gescheitert sei. Die vorliegende Änderung zur Berücksichtigung der Regionen in den Programmen falle aus rechtlicher Sicht eher dürftig aus. Im Übrigen äußerte ein Ausschussmitglied der SPD-Fraktion sein Unverständnis über die rechtstechnischen Mängel bezüglich der Anpassung des Vertragswerks an den Rundfunkstaatsvertrag.
Das Ausschussmitglied der Grünen sah in dem Vertragswerk auch positive Aspekte, z. B. hinsichtlich der erweiterten Prüfungsrechte der Rechnungshöfe, erblickte aber einen Widerspruch zwischen dem Bestreben zur stärkeren Berücksichtigung der Regionen im Programm und der kürzlich erfolgten Teilablehnung der Sachverständigenempfehlung zur Höhe der Rundfunkgebühr.
Das Ausschussmitglied der FDP-Fraktion erklärte, dass der vorliegende Staatsvertrag aus der Sicht der Gebührenzahler als Fortschritt zu bewerten sei, und sprach sich für eine weitere Verkleinerung des Rundfunkrats unter dem in der Protokollnotiz umschriebenen Rahmen von 45 bis 48 Mitgliedern aus.
- Ich komme sofort zum Schluss, Frau Präsidentin. Aber ich meine, dieser Sachverhalt ist so wichtig, dass alle ihn zur Kenntnis nehmen sollten.
Die Vertreter der Staatskanzlei räumten ein, dass die rechtstechnische Anpassung an den Rundfunkstaatsvertrag nicht in allen Punkten gelungen sei, hielten dies allerdings rechtlich für unschädlich, weil der Rundfunkstaatsvertrag auch für den NDR seine Geltung behalte. Es sei beabsichtigt, insoweit im Rahmen der anstehenden weiteren
Überarbeitung des NDR-Staatsvertrages Nachbesserungen vorzusehen.
Damit bin ich am Schluss meines Berichts angekommen. Ich bitte Sie namens und im Auftrag des federführenden Ausschusses für Bundesund Europaangelegenheiten und Medien um die Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf der Landesregierung und gleichzeitig zu dem Ihnen vorliegenden Staatsvertrag. - Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem uns von der Landesregierung vorgelegten Entwurf eines Gesetzes über die „Stiftung niedersächsische Gedenkstätten“ will und wird die Regierung einen Meilenstein zur verlässlichen und abgesicherten Förderung der Erinnerungs- und Lernarbeit, die an den Stätten unvorstellbarer Grausamkeiten, unvorstellbarer Verbrechen in Niedersachsen seit vielen Jahren geleistet wird, sichern, und das auch in Zeiten leerer Kassen, in denen sonst jede freiwillige Leistung nicht nur auf den Prüfstand gestellt wird, sondern häufig auch dem Rotstift zum Opfer fällt.
Mit der Zustimmung zum vorliegenden Gesetzentwurf bekräftigt der Landtag seinen einstimmig gefassten Beschluss vom 18. April 1985, den der Minister und auch Frau Korter bereits zitiert haben, die Gedenkstätte Bergen-Belsen neu zu gestalten und Besucher insbesondere durch die Erarbeitung einer umfassenden Ausstellung und durch die Einrichtung eines Besucherdienstes über die Geschichte des Lagers zu informieren. Ebenso sollen mit dem Gesetz die nachfolgenden Beschlüsse des Landtages umgesetzt werden.
Wir sind sehr froh darüber, dass es in der Zwischenzeit nicht nur zu einem erheblichen Ausbau der Gedenkstätte Bergen-Belsen gekommen ist,
sondern dass auch die Forschungsarbeit einen breiten Raum eingenommen hat.
Das Bemühen, den Toten Namen zu geben, sie quasi im Buch der Namen festzuhalten, hat nach dem Fall des eisernen Vorhangs eine besondere Beschleunigung erfahren. Plötzlich öffneten sich Archive, Kontakte zu ehemaligen Häftlingen und Insassen des Lagers und deren Angehörigen in aller Welt konnten geknüpft werden, und das nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass in BergenBelsen viele junge Menschen waren, dass dort allein 2 000 Kinder geboren wurden - Kinder, die dort aufgewachsen sind, die dort leben mussten, weil ihre Eltern dort leben mussten oder keine Chance hatten, wieder den Rückweg anzutreten.
Heute sind die damaligen Kinder in alle Welt verstreut. Sie wissen - zum Teil aus eigenem Erleben, zum Teil aus Erzählungen ihrer Eltern und Verwandten - um die Grausamkeiten während der Zeit des Hitler-Terrors beispielsweise in BergenBelsen. Sie wissen aber auch um die erbärmliche Lebenssituation in den Zeiten danach.
Bergen-Belsen steht in seiner ersten Phase als Kriegsgefangenenlager, in der zweiten Phase als Aufenthaltslager für Austauschjuden, die das Ausland freikaufen sollte. Bergen-Belsen diente als Durchgangslager für viele Häftlinge, die in andere KZ geschickt wurden. Es wurde zynischerweise als „Erholungslager“ bezeichnet, während es in Wahrheit nichts anderes als ein Todeslager für nicht mehr arbeitsfähige Häftlinge war. Bergen-Belsen war in seiner letzten Phase Endstation für Evakuierungstransporte und Todesmärsche. BergenBelsen heißt: 70 000 Tote aus 40 Nationen. Bergen-Belsen heißt: 40 000 überlebende Menschen mit tiefsitzenden körperlichen und seelischen Schäden. Bergen-Belsen, das sind Millionen von Angehörigen. Bergen-Belsen, das ist die ständige Mahnung, niemanden aus der menschlichen Gesellschaft auszustoßen, dafür zu sorgen, dass so etwas nie wieder geschieht.
Daneben gab es die vielen vom Hitler-Regime eingerichteten Lager und Arbeitsstätten im Land. Wir hörten schon die Auflistung von den EmslandLagern über den Augusta-Schacht bis hin zu Moringen, Sandbostel und vielen weiteren, die hier ohne Priorität genannt werden sollen.
Darüber hinaus gab es Wolfenbüttel, eine Haftanstalt, in der tausende von Menschen, insbesondere aus dem westlichen Europa, die geistige Füh
rungselite einer ganzen Region, im Minutentakt hingerichtet wurden.
Ich führe diese Beispiele bewusst an, um deutlich zu machen, dass die Erinnerungs- und Lernarbeit, die an diesen Orten des Schreckens geleistet wird, auf keinen Fall den finanziellen Engpässen, unter denen wir gegenwärtig auf allen Ebenen schwer zu leiden haben, zum Opfer fallen darf. Noch leben frühere Häftlinge, ihre Kinder und Verwandten noch leben sie. In wenigen Jahren aber werden wir nur noch auf Archive zurückgreifen können. Ich meine, das macht deutlich, dass hier und jetzt verlässlich gehandelt werden muss und dass diese Arbeit keinen Aufschub bis zu einem Zeitpunkt duldet, an dem es uns vielleicht finanziell wieder besser geht.
Ich begrüße deshalb namens der CDU-Fraktion ausdrücklich die Absicht der Landesregierung, durch ein Gedenkstättengesetz der Gedenkstättenarbeit in Niedersachsen in der Rechtsform einer Stiftung des öffentlichen Rechts eine neue Zukunft zu ermöglichen, einer Stiftung, in die die nicht unerheblichen Mittel des Bundes einfließen sollen. Diese Mittel laufen bislang leider nur als Projektförderung; wir hoffen aber, dass es eine institutionelle Förderung werden wird. Es sollen aber auch Mittel vom Land in die Stiftung eingespeist werden, die darin bestehen, dass nicht nur hunderttausende von Quadratmetern an Grund und Boden in das Vermögen der Stiftung einfließen werden, sondern auch die Gebäude übertragen werden sollen. Ebenso werden die Gelder übertragen, die heute schon für den Bereich der Gedenkstättenarbeit aufgewendet werden. Das heißt sehr deutlich: Es wird nicht gekürzt. Im Gegenteil: Es wird langfristig festgeschrieben, dass die Mittel für diese wichtige Arbeit weiter in vollem Umfang fließen sollen.
Die geplante Rechtsform einer Stiftung des öffentlichen Rechts - auch das wurde bereits deutlich ermöglicht es, Drittmittel einzuwerben. Auch das ist ein guter Ansatz, um zu zeigen, dass die Förderung der Gedenkstättenarbeit, die Förderung des Erinnerns, des Lernens aus der Vergangenheit eine Angelegenheit nicht nur des Staates, sondern aller Bürgerinnen und Bürger unseres Landes ist, also wir alle betroffen sind.
Wir hörten vorhin, dass die Gedenkstättenarbeit mit dem Weg in die Selbständigkeit das Dach der Landeszentrale für politische Bildung verlassen
wird. Ich muss gestehen, dass es mir, obwohl ich seit einiger Zeit als Vorsitzende dem Kuratorium angehöre, in keiner Weise schwer fällt, zu sehen, dass die Gedenkstättenarbeit jetzt in eine neue Zukunft entlassen wird und von daher nicht mehr durch die Haushaltsordnung und ähnliche Dinge gebunden ist. Ich finde es sehr gut, dass sich die gleichen Aufgaben in neuen Strukturen weiterentwickeln können.
Bislang - lassen Sie mich das noch kurz erwähnen - umfasste die Aufgabe des Kuratoriums die inhaltliche Begleitung der Arbeit der Gedenkstätten. In der Vergangenheit war nicht angedacht, den Stiftungsrat entsprechend zu ergänzen. Der Minister hat vorhin gesagt - darüber bin ich sehr froh -, dass es für ihn überhaupt keine Frage ist, dass man darüber sprechen kann und sollte und dass auch das Landtagsplenum - in welcher Form auch immer - daran beteiligt sein sollte.
Denn eines ist sicher: In dem Moment kann sich auch der Landtag aus dieser außerordentlich wichtigen Arbeit nicht zurückziehen und sie in Richtung Stiftung abschieben, sondern muss sich auch weiterhin damit beschäftigen.
Ich bin froh darüber, dass wir auf diesem Weg ein gutes Stück vorangegangen sind, und bin sicher, dass die Zukunft der Gedenkstättenarbeit, die Zukunft von Erinnern, von Lernen, von Nichtvergessen auch künftig in guten Händen ist. - Danke schön.