Ute Dreckmann
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Die FDP-Fraktion befürwortet Studiengebühren. Den Antrag der Grünen lehnen wir deshalb entschieden ab.
Mit dem Hochschulfreiheitsgesetz vom 1. Januar 2007 hat diese Regierung den Universitäten und Fachhochschulen in Nordrhein-Westfalen die Möglichkeit gegeben, Studienbeiträge von maximal 500 € pro Semester zu erheben. Jede Hochschule kann also frei entscheiden, ob sie überhaupt Studiengebühren erhebt und, wenn ja, in welcher Höhe. Von der Möglichkeit, Studienbeiträge zu erheben, haben mittlerweile die meisten Hochschulen Gebrauch gemacht. Dadurch ist kein Rückgang bei der Studierendenzahl zu verzeichnen. Die Anzahl der Studierenden hat sich sogar erhöht.
Wenn Frau Kollegin Seidl in der letzten Ausschusssitzung am vergangenen Donnerstag beklagt, dass gerade Frauen und Angehörige bildungsferner Schichten die Aufnahme des Studiums kritisch sehen, sind das reine Vermutungen. Es gibt darüber keine verlässlichen Daten. Herr Schultheis hat vorhin auch noch mal gerade die Frauen angesprochen.
Frauen unterschätzen sich noch immer. Viele Frauen suchen laut Meldung der „Ruhr Nachrichten“ vom 22. März, also von gestern, wegen familiärer und persönlicher Verpflichtungen noch immer ganz gezielt eine Teilzeitbeschäftigung oder sind mehr oder weniger gezwungen, eine solche anzunehmen.
Mit dieser Berufsperspektive macht sich frau natürlich schon Gedanken darüber, ob sie studieren will oder nicht. Dies zu ändern, ist aber Sache der Frauenpolitik und Aufgabe der Schulen.
Ähnliches gilt für die bildungsfernen Schichten. Wenn die Aufnahme eines Studiums innerhalb der Familie nicht als selbstverständlich angesehen wird, kann dies ein Hindernis sein. Studienbeiträge sind es nicht. Die Studierquote in den bildungsfernen Schichten ist in den letzten Jahren zudem gestiegen, mehr gestiegen als in den bildungsnahen Schichten.
Wenn Studienberechtigte auf ein Studium verzichten, sehe ich das primär als Rechtfertigungsgrund für diese Entscheidung. Schon immer haben sich Studienberechtigte aus welchem Grund auch immer gegen ein Studium entschieden oder erst eine andere Ausbildung begonnen –entweder, um früher Geld zu verdienen, oder aus Unsicherheit, was sie überhaupt machen oder studieren wollen.
Nach einem „WAZ“-Bericht von gestern besagt eine HIS-Befragung, dass sich knapp jeder zweite Oberstufenschüler erst ein Jahr vor dem Abitur Gedanken über die berufliche Zukunft macht und sich sogar jeder zehnte ein halbes Jahr vor dem Abi noch nicht mit diesem Thema beschäftigt. Vor Einführung der Studienbeiträge wurde diese Entscheidungsfindungsphase gern mit der Aufnahme eines Studiums überbrückt. Die Wahl der Fächer war zweitrangig, bestenfalls orientierte man sich an den Schulnoten. Studienabschluss oder Abschlussart waren meist ungewiss.
Bei dieser Art der Aufnahme eines Studiums können Studienbeiträge natürlich nachdenklich stimmen. Das ist auch richtig so, meine Damen und Herren.
Das Studienbeitragsgesetz in Nordrhein-Westfalen ist das sozialverträglichste in Deutschland. Wenn die Studierenden das ihnen zustehende Darlehen der NRW.BANK in Anspruch nehmen, müssen sie es erst nach einer zweijährigen Karenzphase nach Abschluss des Studiums zurückzahlen und auch nur bei hinreichendem Einkommen. Die zurückzuzahlende Darlehenssumme ist zusammen mit dem Darlehensanteil des BAföG auf einen Gesamtbetrag von 10.000 € begrenzt. Aufgrund dieser Regelung musste im vergangenen Wintersemester im Schnitt nur jeder Zweite den Studienkredit zurückzahlen, die andere Hälfte war komplett von der Rückzahlung der Studienbeiträge befreit.
Die Behauptung in dem vorliegenden Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Studienbeiträge
würden zu sozialer Selektion führen, ist nicht belegbar und damit unseriös.
Meine Damen und Herren, die Studienbeiträge haben maßgeblich zur Verbesserung der Studienbedingungen an unseren Hochschulen geführt.
Zudem bieten Mittel aus Studienbeiträgen im Gegensatz zu Landesmitteln den Vorteil, dass sie nicht kapazitätsrelevant sind. Die Studienbeiträge sichern den Hochschulen jährlich zusätzliche Einnahmen von bis zu 280 Millionen € für die Verbesserung der Studienbedingungen und der Lehre. Diese Mittel brauchen die Hochschulen dringend. Wir dürfen den Hochschulen dieses Geld nicht wieder wegnehmen oder infrage stellen; denn unsere Hochschulen brauchen dringend finanzielle Planungssicherheit.
Wir Liberalen haben deshalb mit Freude gelesen, dass nun auch die SPD-Landes- und -Fraktionsvorsitzende Kraft erkannt hat, dass sie die Studiengebühren nicht von heute auf morgen streichen kann.
Frau Kraft hat noch in den „Ruhr Nachrichten“ vom vergangenen Mittwoch erklärt, sie möchte den Hochschulen das Geld aus Studienbeiträgen jedenfalls vorerst nicht wegnehmen, sondern erst in der Mitte der nächsten Legislaturperiode.
Eben. Sie hat nicht mit Herrn Schultheis gesprochen. Ich habe mich vorhin auch über die Meinungsfindung innerhalb der SPD gewundert.
Denn bereits am vergangenen Donnerstag, also nur einen Tag später, haben SPD und Grüne in der Ausschusssitzung gemeinsam dem Antrag der Fraktion der Grünen zugestimmt. Ich möchte gern von Herrn Schultheis wissen, ob er die Aussage, die er heute getroffen hat, mit seiner Fraktions- und Landesvorsitzenden abgesprochen hat.
Es wäre schön, wenn Frau Kraft auch hier wäre. Herr Schultheis, mir ist immer noch nicht klar geworden, woher Sie die Landesmittel bekommen und wie Sie die Kapazitätsrelevanz verhindern wollen.
Ja, gerne.
Ich sehe gerade, meine Redezeit ist zu Ende. Daher komme ich zum Schluss: Die FDP ist klipp und klar für die Studiengebühren.
Den Antrag der Grünen lehnen wir deshalb klipp und klar ab. Die chronische Unterfinanzierung der nordrhein-westfälischen Hochschulen ist zum Glück vorbei und wird mit der FDP auch nicht zurückkehren.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit dem Haushaltsentwurf für das Jahr 2010 setzen CDU und FDP den seit 2005 eingeschlagenen Kurs fort, Schwerpunkte im Feld von Wissenschaft und Innovation zu setzen. Dies zeigt sich gerade am Beispiel des Einzelplans 06. Während nach dem Haushaltsentwurf 2010 das Gesamtvolumen des Haushalts gegenüber 2009 zurückgeht, werden die Ausgaben für Wissenschaft, Forschung und Innovation auf über 5,8 Milliarden €, also um 3,8 %, steigen; der Kollege Brinkmeier hat dies gerade schon angesprochen.
Dies zeigt deutlich, in welchen Bereichen die Landespolitik Schwerpunkte setzt. Ein Großteil des Geldes, nämlich über 3,2 Milliarden €, bekommen die Hochschulen. Damit entfallen auf die Hochschulen des Landes im Jahr 2010 über 161 Millionen € mehr als noch 2009. Das ist eine Steigerung um 4,1 %. 931,7 Millionen € fließen in gesetzliche Verpflichtungen, rund 950 Millionen € sind für den hochschulmedizinischen Bereich vorgesehen.
Neben diesen Strukturdaten möchte ich Ihnen die gewachsene Bedeutung des Bereiches zeigen und einzelne wichtige Projekte aus dem Einzelplan 06 hervorheben, zunächst aus dem Bereich Innovation:
Mit der Idee von regionalen zdi-Zentren, die die Gemeinschaftsoffensive Zukunft durch Innovation.NRW erfolgreich umgesetzt hat, werden nachhaltige Strukturen für die wirkungsvolle Förderung des technisch-naturwissenschaftlichen Nachwuchses vor Ort geschaffen. Mit mittlerweile 18 zdiZentren – das letzte wurde jüngst im November in Dortmund eingeweiht – setzen wir auf Zukunftsperspektiven aus eigener Kraft. In Dortmund zum Beispiel lautet das Motto: „Wissenschaft zum Anfassen“. In dem zdi-Zentrum in Mülheim an der Ruhr werden Roboterkurse für Mädchen angeboten. Mit anspruchsvollen Angeboten wollen wir möglichst viele Schülerinnen und Schüler für ein ingenieur- und naturwissenschaftliches Studium begeistern. Kinder und Jugendliche sollen ihr technisches und naturwissenschaftliches Talent entdecken und nutzen. So trägt diese Initiative dazu bei, die Innovationskraft des Landes langfristig zu sichern und dem Fachkräftemangel gerade im MINT-Bereich entgegenzuwirken.
Ich komme nun zur Forschung: Im Bereich Forschung ist zu betonen, dass in den vergangenen drei Jahren in Nordrhein-Westfalen 19 neue Spitzenforschungsinstitute, High-Tech-Labore und Denkfabriken eingerichtet wurden. So viel Wissenschaftsexzellenz hat es in den letzten Jahren in keinem anderen Bundesland gegeben. Viele der neuen Spitzenforschungsinstitute stammen aus den Forschungsdisziplinen Biotechnologie, medizinische Forschung und Medizintechnik, innovative Werkstoffe sowie Energie- und Umweltforschung. Wir können also durchaus mit Stolz behaupten: Unser Konzept des Setzens neuer Anreize, gepaart mit einem anspruchsvollen Wettbewerb und der Schaffung eines forschungsfördernden Umfeldes, zeigt Wirkung.
Der Ausbau der Fachhochschulen ist Teil des Gesamtkonzeptes der Landesregierung zur Weiterentwicklung der nordrhein-westfälischen Hochschullandschaft im kommenden Jahrzehnt. Mit den dann neu gegründeten Fachhochschulen, dem Ausbau der acht bestehenden Fachhochschulen und dem Gesundheitscampus Bochum werden in den kommenden Jahren über 11.000 neue Studienplätze geschaffen. Bis 2020 werden zur Finanzierung des Fachhochschulausbaus zusätzliche Landesmittel in Höhe von rund 1,3 Milliarden € bereitgestellt.
Die Förderung der Gesundheits- und Pflegeberufe sowie die Forschung auf den entsprechenden Gebieten ist unzweifelhaft eine wichtige Zukunftsaufgabe und gerade im Hinblick auf die demografische Entwicklung notwendig. Neben der Bedeutung für die Hochschullandschaft Nordrhein-Westfalens und die Wissenschaft bin ich davon überzeugt, dass in der Umgebung dieser neuen Fachhochschule für Gesundheitsberufe zum Beispiel in meiner Heimatstadt Bochum zahlreiche neue und zukunftsfähige Arbeitsplätze entstehen werden. Ich bin froh, dass dies in Bochum passiert; denn wir alle wissen ja, dass Bochum unter dem Weggang von Nokia und unter der Opel-Krise schwer zu leiden hat.
Nun komme ich zu einem anderen zentralen Punkt unserer Hochschulpolitik, der Hochschulfreiheit. Wer in Zukunft erfolgreich sein will, braucht im internationalen Wettbewerb die klügsten Köpfe. Aus diesem Grund hat die Landesregierung Studienbeiträge eingeführt. Wir wollen den Wettbewerb an den einzelnen Hochschulen verstärken und die Finanzierung unseres Hochschulwesens auf eine solide Grundlage stellen. Mit dem am 1. Januar 2007 in Kraft getretenen Hochschulfreiheitsgesetz haben die Universitäten und Fachhochschulen in Nordrhein-Westfalen ihre Eigenständigkeit erhalten. Sie haben echte Autonomie und sind verpflichtet, eigenverantwortlich zu agieren. Zudem wurde es ihnen ermöglicht, Studienbeiträge zu erheben, deren Umfang jeweils von den einzelnen Hochschulen festgelegt wird, die aber 500 € pro Semester nicht überschreiten dürfen. Ferner haben wir festgelegt, dass das Geld für eine Verbesserung der Lehre
eingesetzt werden muss. Von der Möglichkeit, Studienbeiträge zu erheben, haben mittlerweile 31 der 36 staatlichen Hochschulen Gebrauch gemacht.
Trotzdem haben wir in diesem Wintersemester mit einer Anzahl von 77.600 mehr Studienanfänger als jemals zuvor. Die Gesamtzahl der Studenten erhöht sich um fast 23.000 auf gut 501.000 Studierende. Diese Zahlen belegen, dass nicht von einer abschreckenden Wirkung gesprochen werden kann. Vielmehr erkennen die Studierenden, dass sie durch die Gebühren ein viel größeres Gewicht und auch mehr Einfluss erhalten. Die Lenkungswirkung der Beiträge hat dafür gesorgt, dass die Bedingungen an den Universitäten und Fachhochschulen deutlich besser geworden sind. Die Öffnungszeiten der Bibliotheken haben sich verbessert, die Lernapparate sind besser ausgestattet, und es werden mehr Tutorien angeboten. An der Universität zu Köln zum Beispiel haben die Studienbeiträge dafür gesorgt, dass ein Repetitorium für Studenten der Rechtswissenschaften eingerichtet werden konnte. Zudem muss betont werden, dass die Hochschulen die Gelder aus den Studienbeiträgen zusätzlich zu den Landesmitteln erhalten.
Angesichts der erwähnten steigenden Studentenzahl haben wir überdies einen Haushaltsänderungsantrag eingebracht, der über 1,2 Millionen € mehr für die Studentenwerke vorsieht. Mit der Erhöhung dieses Ansatzes wollen wir die Studentenwerke bei der Verbesserung ihrer Aufgabenerfüllung und insbesondere beim Schaffen der nötigen Infrastruktur für den Ausbau und Aufbau der Fachhochschullandschaft unterstützen.
Ferner – das muss auch betont werden – hatten die nordrhein-westfälischen Hochschulen noch nie so viel Mittel zur Verfügung wie heute. Die Landeszuschüsse sind in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen und betragen für das Jahr 2010 über 3,2 Milliarden €. Dies sind rund 400 Millionen € mehr als im Jahr 2005. Erstmals – ich zitiere sinngemäß den Vorsitzenden der Landesrektorenkonferenz, Prof. Dr. Axel Freimuth – verfügen die Hochschulen in Nordrhein-Westfalen über eine angemessene finanzielle Ausstattung.
Zudem hat sich gezeigt, dass die von der Opposition so oft ins Feld geführte ökonomische Regulierung der Universitäten mit dem Hochschulfreiheitsgesetz bzw. der marktförmige Wettbewerb den Hochschulen nicht geschadet hat. Vielmehr sind die Hochschulen von hemmenden Regularien und überflüssigen Vorschriften befreit worden, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.
Aus einer Untersuchung der Unternehmensberatung Ernst&Young, Stand November 2009, geht hervor, dass über 60 % der staatlichen Hochschulen in Nordrhein-Westfalen mit dem Grad ihrer Selbstständigkeit zufrieden sind; 27 % könnten sich vorstellen, den Grad ihrer Selbstständigkeit sogar noch zu erhöhen. Dies belegt: Die Hoch
schulen von heute sind handlungsfähiger und schätzen ihre Selbstständigkeit und Autonomie in der Personal- und Finanzwirtschaft.
Noch ein paar Worte zum Hochschulmodernisierungsprogramm. Trotz der überaus schwierigen Finanzsituation baut die nordrhein-westfälische Landesregierung den von den Vorgängerregierungen hinterlassenen Investitionsstau an den Hochschulen ab. Wir verbessern damit die Bedingungen für Lehre und Forschung für Studenten und für Lehrende. Hierfür setzen wir erhebliche Haushaltsmittel ein. Insgesamt geben wir bis 2015 neben geplanten 3 Milliarden € für Neubauten an Hochschulen und Baumaßnahmen an Universitätskliniken zusätzlich 2 Milliarden € aus für die Modernisierung und die Sanierung der nordrheinwestfälischen Hochschulen. Wir stärken damit ihre Konkurrenzfähigkeit im globalen Wettbewerb um die besten Köpfe, aber auch um Drittmittel. Dies bedeutet, dass die jährlich vorgesehenen Investitionen im Bereich der Hochschulmodernisierung rund zwei Drittel über den Ausgaben der Jahre bis 2005 liegen.
Wer nach alledem immer noch behauptet, wir würden an den Hochschulen unseres Landes sparen, verschließt die Augen vor der Wirklichkeit, meine Damen und Herren. 700 Millionen € geschätzter Sanierungsbedarf an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf und 1,3 Milliarden € Sanierungsbedarf an der marodesten Universität im Land – das ist die Ruhr-Universität Bochum, die ich ganz gut kenne – sind nicht in den letzten fünf Jahren entstanden. Die Hochschulen in unserem Land stecken seit Jahren im Sanierungsstau.
In diesem Zusammenhang möchte ich den Generalsekretär des Wissenschaftsrats zitieren: Es gibt nicht viele Bundesländer, die sich ähnlich intensiv wie Nordrhein-Westfalen um die maroden Unis und Fachhochschulen kümmern. – Die ist ein ausdrückliches Lob für unsere Regierungsarbeit. Wir werden weiter daran arbeiten, die jahrzehntelangen Versäumnisse aufzuarbeiten.
Gerade in finanziell angespannten Zeiten ist dies ein Kraftakt. Wir müssen und werden ihn bewältigen, um unsere Hochschulen auf den neuesten Stand der Technik bringen.
Meine Damen und Herren, der Haushaltsentwurf für das Jahr 2010 stellt sicher, dass NordrheinWestfalen auch künftig exzellente Rahmenbedingungen für Innovation, Lehre und Forschung sowie für eine Verbesserung der Studienbedingungen zur Verfügung stellt. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der 2008 veröffentliche Enquetebericht „Chancen für Kinder“ mahnt es als eine zentrale Aufgabe der Politik an, Strukturen zu schaffen, die jedem Kind in Nordrhein-Westfalen eine erfolgreiche Bildungsbiografie ermöglichen.
Eine besondere Bedeutung fällt dabei dem Bereich der frühkindlichen Bildung zu. Wissenschaftler sind sich hierüber seit Langem einig, und auch unter Politikern hat sich diese Erkenntnis mittlerweile weitgehend durchgesetzt. Entsprechend hat sich das Thema „Frühkindliche Bildung“ seit 2005 als ein Schwerpunktthema dieser Regierung herauskristallisiert.
In kaum einem anderen Politikfeld wurden die Weichen mit derart viel Nachdruck neu gestellt wie bei der Kinderbetreuung. Insbesondere das zum 1. August 2008 in Kraft getretene Kinderbildungsgesetz – kurz: KiBiz – hat sich dabei als richtungsweisend herausgestellt.
Kinderbetreuung auf hohem Niveau hat aber ihren Preis, und aus diesem Grund stellt der Haushaltsentwurf 2010 wieder mehr Mittel als jedes andere deutsche Bundesland für die Betreuung seiner Kleinsten zur Verfügung; insgesamt sind es über 1,2 Milliarden €.
Mit dem KiBiz haben wir das Betreuungsangebot für unter Dreijährige in kürzester Zeit deutlich verbessert. Gestartet sind wir 2005 bei 11.800 Betreuungsplätzen, die uns Rot-Grün hinterlassen hat. Die Erhebung des Statistischen Bundesamtes hat gezeigt, dass es bereits Anfang dieses Jahres rund fünf Mal so viele Betreuungsplätze gegeben hat.
Wie das statistische Landesamt im November mitgeteilt hat,
wurde im Vergleich zum Vorjahr fast ein Viertel mehr Kinder unter drei Jahren betreut. Binnen eines Jahres haben wir es geschafft, den Betreuungsanteil um 23,2 % zu steigern.
Wir müssen das Tempo des Ausbaus aber weiter beschleunigen, um unsere Ziele zu erreichen. Im kommenden Jahr werden sich viel mehr Kinder in Betreuungseinrichtungen befinden als noch unter Rot-Grün. Diese Entwicklung ist das Resultat einer ebenso familien- wie bildungsfreundlichen Politik in Nordrhein-Westfalen seit 2005. Die FDP möchte dieses Engagement weiter intensivieren.
Die Koalition hat die gesetzliche Verankerung einer „Platzgarantie ab zwei“ zum Kindergartenjahr 2010/2011 im Landtag verbindlich beschlossen. Damit wir unsere Zusage an die Eltern und den Auftrag des Landtags in einem geordneten Gesetzgebungsverfahren einhalten können, ermuntern wir Herrn Minister Laschet, nun bald einen Gesetzentwurf vorzulegen.
Hinsichtlich der Elternbeiträge für Kindergärten möchte ich klarstellen, dass es Kommunen mit ausgeglichenem Haushalt gestattet ist, Kindergartenplätze kostenlos anzubieten. Vorreiter ist hier unsere Landeshauptstadt Düsseldorf. Dort wird seit dem 1. August 2009 allen drei bis sechsjährigen Kindern der Kindergartenbesuch kostenfrei ermöglicht.
Da diese Möglichkeit der Beitragsfreiheit im neuen Kinderbildungsgesetz nicht ausdrücklich vorgesehen ist, fordern wir für die Kommunen Rechtssicherheit. Die FDP möchte deshalb das KiBiz in § 23 so ergänzen, dass Auslegungsschwierigkeiten beseitigt werden.
Für Städte, die am Rande der Überschuldung stehen, kann das bedeuten, dass der Verzicht auf Elternbeiträge erst einmal nicht infrage kommt. Der Ausbau von Kinderbetreuung und ein Anspruch auf Betreuung müssen Priorität haben.
Für die FDP ist die kostenfreie Kinderbetreuung aber ein Ziel. Kurzfristig fordern wir, mindestens das letzte Jahr beitragsfrei zu gestalten.
Um möglichst allen Kindern einen bestmöglichen Start in die Schule zu ermöglichen, setzt die Landesregierung bereits in den Kindertageseinrichtungen auf eine frühzeitige Sprachförderung.
Wir wollen gleiche Chancen für alle Kinder. Aus diesem Grund haben wir mit dem Kinderbildungsgesetz auch die hohe Bedeutung der frühkindlichen Bildung hervorgehoben und die zusätzliche vorschulische Sprachförderung finanziell deutlich aufgestockt. Mit 29,9 Millionen € stellen wir vier Mal so viel Geld für die frühkindliche Sprachförderung zur Verfügung wie noch Rot-Grün im Jahr 2005. So wird gewährleistet, dass tatsächlich alle Kinder bereits vor Schulbeginn eine ihren individuellen Fähigkeiten und Begabungen angemessene Förderung erhalten und mögliche Defizite frühzeitig behoben werden. In unseren Augen ist dies ein wichtiger
Beitrag zu mehr Chancengerechtigkeit für alle Kinder in Nordrhein-Westfalen.
Nun zu den Familienzentren. Das gilt auch für die Weiterentwicklung von Kindertageseinrichtungen zu Familienzentren, die von der Landesregierung seit ihrem Regierungsantritt konsequent vorangetrieben wird. Gut 1.750 Familienzentren wurden seither ins Leben gerufen. Bis zum Jahr 2012 werden es 3.000 sein.
Damit die Familienzentren ihren wichtigen Auftrag weiterhin gut erfüllen können und der Ausbau schnell vorangetrieben wird, haben wir die Mittel für die Familienbetreuung für das Jahr 2010 in unserem Änderungsantrag um 4,5 Millionen € – und das sind keine Luftbuchungen – auf insgesamt 24.141.400 € erhöht. Damit profitieren immer mehr Eltern und Kinder von der Möglichkeit, das Angebot sowohl der Kinderbetreuung als auch der Bildungs- und Beratungsangebote aus einer Hand unter einem Dach wahrnehmen zu können.
Dies kommt den Eltern zugute, deren Erziehungskompetenz gestärkt wird, da ihnen bei Fragen der Erziehung jederzeit ein erfahrenes Betreuerteam mit Rat und Tat zur Seite steht, und es kommt vor allem denjenigen Kindern zugute, deren Eltern, die mit ihrem Bildungsauftrag alleingelassen werden, rasch an ihre Grenzen stoßen.
Einen weiteren wichtigen Bereich, den ich hier noch ansprechen möchte, sind die Mittel des Kinder- und Jugendförderplans. Im Haushaltjahr 2010 werden wie im Vorjahr 80.225.000 € bereitgestellt. Für die nicht verausgabten Gelder haben wir genau wie in diesem Haushaltsjahr die Garantie, dass sie ins nächste Jahr übertragen werden.
Wir möchten junge Menschen auch außerhalb von Familie und Schule angemessen fördern. Die Organisationen der Kinder- und Jugendhilfe sowie Fachorganisationen der Kinder- und Jugendarbeit leisten wertvolle Arbeit.
Die Jugendverbandsarbeit, die offene Jugendarbeit und die kulturelle Jugendarbeit sind wichtige Bezugspunkte für junge Menschen. Es sind Treffpunkte und zugleich Orte der Bildung, der Unterstützung und der Hilfe für Kinder und Jugendliche. Die über den Kinder- und Jugendförderplan geförderten Maßnahmen, Träger und Angebote zeigen sehr deutlich, dass gerade die Jugendarbeit wesentliche Beiträge zur sozialen und kulturellen Kompetenz und auch zur Persönlichkeitsentwicklung leistet, und zwar deutlich über das Lernen in der Schule hinaus.
Meine Damen und Herren, leider müssen wir in diesem Jahr feststellen, dass die Zahl der misshandelten und getöteten Kinder um ca. 10 % angestiegen ist. Es gibt immer mehr Eltern, die mit der Erziehung der Kinder völlig überfordert sind.
Aus diesem Grund haben wir in unserem Änderungsantrag festgelegt, dass 75.000 € für die Förderung der Kompetenzstelle „Kinderschutz“ reserviert sein sollen. Diese Kompetenzstelle soll zukünftig zentrale Ressourcen für den Schutz von Kindern vor Schädigung und Gefährdung recherchieren, bündeln, gegebenenfalls weiterentwickeln und landesweit für Kinder, Jugend und Familie nutzbar machen.
Sie sehen, meine Damen und Herren, die Gelder für den Politikbereich Generationen, Familie, Kinder und Jugend sind in diesem Haushalt gut angelegt. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für die FDP-Landtagsfraktion ist Integration von Zuwanderern eine zentrale Zukunftsaufgabe. Integration ist für uns eine gesamtgesellschaftliche Kernaufgabe, die das Gemeinsame unterschiedlicher Menschen anerkennt und dadurch ein friedliches und respektvolles Miteinander fördert auf der Basis der von allen Seiten getragenen demokratischen Werte und Rechtsordnungen.
Für mehr als jeden fünften Einwohner NordrheinWestfalens ist Migration Teil der eigenen oder familiären Geschichte. Die Integration der Zugewanderten in Nordrhein-Westfalen ist deshalb eine der ganz wichtigen Aufgaben der Landespolitik.
Von den Neugeborenen in Nordrhein-Westfalen haben ca. 35 – 40 % eine Zuwanderungsgeschichte. In manchen Stadtteilen unserer Großstädte liegt der Prozentsatz sogar bei über 50 %. Deshalb legen wir, ohne die länger hier lebenden Migranten zu vergessen, einen Schwerpunkt auf die Verbesserung der Lebenschancen junger Menschen mit Zuwanderungsgeschichte.
Voraussetzung für die gleichberechtigte Teilhabe ist die Kenntnis der deutschen Sprache und das erfolgreiche Durchlaufen unseres Bildungssystems. Für die Integrationsförderung stehen im Haushaltsjahr 2010 rund 26,2 Millionen € allein im Haushalt des Ministeriums für Generationen, Familie, Frauen und Integration zur Verfügung.
In Nordrhein-Westfalen gibt es eine Vielzahl von unterschiedlichen Maßnahmen, die der Integration von zugewanderten Menschen dienen, angefangen bei der vorschulischen Sprachförderung über die
Integrationsagenturen, Integrationsinitiativen, Integrationsprogramme und der Reform des Gesetzes zur Förderung der politischen Partizipation von Ausländern und Bürgern mit Migrationshintergrund vom 24. Juni 2009. Nordrhein-Westfalen wird so Zug um Zug zum Land neuer Integrationschancen.
Als gutes Beispiel für gelungene Integrationsprojekte möchte ich die Ausbildung von Integrationslotsen nennen. In Duisburg oder Ibbenbüren zum Beispiel unterstützen Integrationslotsen mit Migrationshintergrund ehrenamtlich den Prozess der Integration. Sie nehmen auf kommunaler Ebene eine Brückenfunktion wahr und tragen gleichzeitig dazu bei, die Eigenverantwortung der Migranten zu stärken. Sie begleiten ausländische Mitbürger zu Ämtern, Banken oder anderen Institutionen, aber auch zum Arzt oder bei Besuchen im Krankenhaus.
Kommen wir nun zum Bereich Eine-Welt: Dazu möchte ich ausführen, dass wir als Bundesland Nordrhein-Westfalen mittlerweile auch auf der bundespolitischen und der internationalen Bühne eine wichtige Rolle spielen. Die im Jahr 2007 ins Leben gerufene Bonner Konferenz für Entwicklungspolitik am einzigen deutschen UN-Standort in Bonn ist dabei, sich zu etablieren, und gibt wichtige Impulse für die internationale Entwicklungszusammenarbeit.
Nordrhein-Westfalen ist ein starkes Land und ein starker Akteur in der Eine-Welt-Politik. Dennoch werden wir als FDP-Landtagsfraktion aus ordnungspolitischen Gründen weiter darauf achten, die klare Kompetenzzuordnung nicht zu verlassen. Entwicklungspolitik ist in erster Linie eine Aufgabe der europäischen Staatengemeinschaft und der Bundesrepublik Deutschland. Dort aber, wo das Land Nordrhein-Westfalen im Rahmen seiner Möglichen einen konkreten Beitrag leisten kann, wollen wir das gerne tun.
Im Bereich der Kinder- und Jugendpolitik fördern wir den internationalen Jugendaustausch mit unserem Partnerland Ghana, mit der Türkei und mit Israel. Die internationale Jugendarbeit leistet einen wichtigen Beitrag für die Sozialisation der heranwachsenden Generation. Sie zielt darauf ab, das gegenseitige Verständnis, die Offenheit gegenüber anderen Kulturen und interkulturelle Kompetenz zu fördern.
Meine Damen und Herren, Nordrhein-Westfalen nimmt in der Integrationspolitik und auch in der Entwicklungspolitik bundesweit eine Vorreiterrolle ein. Mit diesem Haushalt sorgen wir dafür, dass das so bleibt. – Herzlichen Dank.