Winfried Schittges
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Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Herrmann, ich kann Ihnen nur sagen: Sie leben in einer Welt, die von uns so nicht wahrgenommen wird.
Das kann ich nur mit aller Deutlichkeit sagen. Das zeigt wieder, wie Sie in dieser Runde, in diesem Parlament platziert sind.
Wer behauptet, Videoüberwachung sei Ressourcenverschwendung, der sollte sich einmal mit öffentlichen Nahverkehrsunternehmen beschäftigen, und sehen, was durch den Einsatz im öffentlichen und privaten Raum verhindert wird. Ich bin seit der Zeit, in der es erstmalig Erkenntnisse darüber gab, was Videoüberwachung bedeutet, Anhänger einer solchen. Die Frankfurter Verkehrsunternehmen hatten vor Jahren – den Artikel habe ich an alle Kollegen weitergegeben, die damals im Innenausschuss waren – Schäden in Höhe von 20 Millionen €. Nach einem Jahr der Nutzung der Videoüberwachung wurde das halbiert und weiter abgesenkt.
Deshalb, was immer passiert: Sie leben in einer Welt, Herr Hermann – das merke ich auch im Innenausschuss –, na ja. Seit gestern, meine Damen und Herren, habe ich zumindest den Eindruck, dass die Piraten ein schwieriges, ein gestörtes Verhältnis zum Bildmaterial haben.
Man muss sich das einmal vorstellen. Da werden von der Zuschauertribüne aus Kollegen für die eigene Verwendung fotografiert. Für die eigene Verwendung! Und dann hat man den Eindruck, dass man sich, nachdem die Präsidentin das Ganze nach der Sitzungsunterbrechung entsprechend beantwortet hat, übergangen fühlt. Ich saß hier an meinem Platz und habe mich gefragt: Wo bin ich eigentlich? In welcher Veranstaltung bin ich?
Und dann schaue ich heute den Antrag durch. Darin steht – das muss man sich mal vorstellen; in welcher Runde bin ich eigentlich? –: „Eine Einschränkung von Grundrechten“ – die berührt ja auch die Kollegen dieser Fraktion; das ist überhaupt keine Frage – „darf nur vorgenommen werden, wenn ein sorgfältiger Abwägungsprozess stattgefunden hat und selbst dann nur, wenn die Einschränkung zweckmäßig, notwendig und verhältnismäßig ist.“ Das muss man sich mal vorstellen: So etwas wird in dem Antrag formuliert – und dann dieses Auftreten gestern Abend! Das muss man doch mal in ausreichender Weise beantworten.
Dann ist die Rede von Grundrechten der Betroffenen und berechtigten Interessen der Betreiber von Überwachungsanlagen. Mit Blick auf die Realität geht es nicht nur darum, Leben und Gesundheit zu sichern, sondern auch darum, sachgerechte Entscheidungen zu treffen. In einem Artikel vom 28. Januar 2017 – da wird darüber berichtet, dass der Bundestag das
Ganze beraten hat und auch die Diskussion der Videoüberwachung stattgefunden hat – steht:
„Videoüberwachung in der Bahn immer erfolgreicher.“
Jetzt kommt es:
„Die Videoüberwachung in der Bahn wirkt! Die Bundespolizei hat … im Jahr 2016 genau 1.888 Straf- und Gewalttaten (2015: 1.536) ‚mittels stationärer Videotechnik in Zügen und auf den Bahnanlagen des Bundes‘ aufgeklärt. …
Darunter fallen 827 Gewalttaten (2015: 543) wie Körperverletzung …, Raub …, Widerstand gegen Polizeibeamte …“.
Auch Diebstähle und dergleichen wurden aufgeklärt. Dass die Hälfte der verursachten Straftaten von Deutschen begangen wird, ergänzt das Ganze.
Da sagt der Bundesinnenminister bei Vorlage seines Gesetzentwurfs:
„Uns ist allen klar, dass Videotechnik kein Allheilmittel ist, sie ist aber auch kein Dämon“.
Ich bin schon sehr dankbar, meine Kolleginnen und Kollegen, dass wir die Videoüberwachung haben. Daher freue ich mich sehr, dass der Bundesrat den Gesetzentwurf von Thomas de Maizière in diesen Tagen hat passieren lassen.
Insofern sage ich – das war mein Bemerken, als mir die Bitte angetragen wurde, zu diesem Thema zu reden –: Was hier heute stattfindet, findet völlig zur Unzeit statt.
Eine Bemerkung gleichwohl noch zu Ihrem Ansinnen, neuerlich eine wissenschaftliche Untersuchung zu den Auswirkungen der Videoüberwachung erstellen zu lassen: Liebe Mitstreiter aus der Piratenfraktion, ich glaube, offen und ehrlich gesagt, dass das nicht viel bringen wird. Erstens gibt es zahlreiche Studien zu dem Thema, und die Ergebnisse sind mehr als eindeutig. Zweitens glaube ich nicht – und das geht in Ihre Richtung –, dass ein weiterer Stapel bedrucktes Papier dort Erkenntnisbereitschaft wecken wird, wo sie immer noch nicht vorhanden ist.
Das geht in Ihre Richtung als Antragsteller, meine Damen und Herren. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Antrag der
Piratenfraktion darf ich zuerst sagen, dass der Abschied von der gefühlten Sicherheit genau das ist, was in Nordrhein-Westfalen zurzeit passiert. Als das Thema „Kölner Silvesternacht“ in den Medien allgegenwärtig war, gehörte beim Internethändler Amazon Pfefferspray zu den zehn meistverkauften Artikeln im Bereich Sport und Freizeit.
In verschiedenen Kommunen – das wissen Sie alle – schlagen sich die Verwaltungen derzeit mit neu gegründeten Bürgerwehren herum. Dem kann man entgegenhalten, dass die Zahl der sexuellen Übergriffe und der angezeigten Vergewaltigungen seit gut einem Jahrzehnt quasi unverändert ist.
Die Wahrnehmung in einem Teil der Bevölkerung ist eine andere – nicht erst seit Silvester. Viele Menschen sind besorgt und reagieren darauf in der geschilderten Weise. Das kann und darf nicht in unserem Interesse sein. Dem Gewaltmonopol des Staates laufen Ereignisse wie an Silvester dramatisch entgegen. Aber auch eine Selbstbewaffnung sogenannter rechtschaffener Zeitgenossen widerspricht unserem Verständnis vom rechtschaffenden Staat.
Vieles an der derzeitigen Debatte ist, wie wir alle wissen, irrational – ohne Frage. Aber ich kann Menschen verstehen, die ein krasses Missverhältnis zwischen der Zahl der Täter, die an Silvester unterwegs waren, und der Zahl der ermittelten Verdächtigen beklagen. Natürlich haben die Menschen die Bilder im Fernsehen gesehen, aufgenommen von den vielen Handykameras und Smartphones, schlecht belichtet und verwackelt, auf deren Basis man kaum einen Verantwortlichen identifizieren kann. Deshalb – das haben Sie alle den Medien entnommen – arbeiten sachverständige Mitarbeiter des Landes Nordrhein-Westfalen sich jetzt bei Scotland Yard ein.
Die Piratenfraktion beantragt nun, nach tragischen Ereignissen keine schnelle Lösung zu verlangen. – Dem stimme ich ausdrücklich zu. Aber wir als CDU rufen auch nicht urplötzlich nach der schnellen Lösung. Vielmehr setzen wir uns schon seit Jahren gegen alle Widerstände – auch ohne ein unmittelbares tragisches Ereignis – für eine Ausweitung der Videoüberwachung ein.
Insbesondere die Politiker wissen von den Praktikern der Polizei, dass der Einsatz von Videogeräten auf öffentlichen Plätzen zu einer Reduzierung der Straftaten führt – in dramatischem Umfang.
Das mag, Herr Herrmann, bei sogenannten Affekttaten weniger ausgeprägt sein; da gebe ich Ihnen recht. Aber das, was wir in Köln und anderswo erlebt haben, waren keine Taten aus dem Affekt
heraus. Nein, das war geplant und organisiert, wie wir meinen und immer wieder sagen.
Gerade gegen solche Verbrechen hat sich der Staat als wehrhaft zu erweisen.
Zeugenaussagen helfen im Übrigen bei solchen Fällen wenig, wenn die Täter zahlreich sind, dem Opfer unbekannt, wenn es dunkel ist und bei den Betroffenen Panik ausbricht. Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen stellt keine anderen Informationen bereit als jene, die die Leute auch gewinnen können, denen ich auf der Domplatte oder anderswo begegne.
Ich gebe dem Kollegen Bialas völlig recht: Videoüberwachung ist keine Wunderwaffe. Da kann ich Sie nur unterstützen.
Der Antrag der Piraten, zunächst einmal wissenschaftlich zu ergründen, ob Videoüberwachung etwas bringt oder nicht, führt also nicht weiter. Die wissenschaftliche Evidenz ist erstens längst gegeben, und zweitens geht es Ihnen – bei allem Respekt gegenüber verschiedenen Kollegen Ihrer Fraktion – auch nicht um Wissenschaft, sondern um die Verzögerung der Einführung von Maßnahmen, die Ihrer ideologischen Position entgegenlaufen.
Wir als CDU-Fraktion sind immer und wollen immer wieder geschlossen für eine Ausweitung der Videoüberwachung für mehr gefühlte Sicherheit eingetreten, ohne die es tatsächliche Sicherheit auf Dauer nicht geben kann.
Wir lehnen den Antrag der Piratenfraktion selbstverständlich ab. – Danke schön.
Vielen Dank, Herr Kollege Mostofizadeh, dass Sie mir die Möglichkeit geben, eine Zwischenfrage zu stellen. Die Ministerpräsidentin hat vor einigen Monaten den Wunsch geäußert, dass die beiden öffentlich-rechtlichen Versicherungen, die Provinzial Rheinland und die Westfälische, fusionieren.
Die Sparkassen sind sofort auf dem Plan erschienen und eifrig hinterher, diese Fusion zu betreiben. Aussage der „Rheinischen Post“: Da sind erhebliche Synergieeffekte zu erzielen, aber auch bei einer Fusion der Sparkassenverbände. – Können Sie diese Auffassung teilen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In dem vorliegenden Änderungstext steht vieles, Herr Kollege Stotko, was wir als CDU-Fraktion so mitunterschreiben würden. Das möchte ich bewusst an den Anfang meiner Ausführungen stellen.
Wenn wir dennoch einen Änderungsantrag formuliert haben, so bezieht sich dieser denn auch nur auf eine weitere Befristung der Videoüberwachung an Kriminalitätsschwerpunkten.
Es ist ein Evaluationsbericht zu den Erfahrungen mit diesem Instrument abgegeben worden – das darf ich sagen, Herr Minister –, der an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lässt. Ganz klar werden darin die Erfolge entsprechender polizeilicher Maßnahmen hervorgehoben. Wir als CDU haben immer gesagt, dass wir in der Nutzung der Videotechnik allerdings kein Allheilmittel sehen. Diese Sichtweise wird auch vom vorliegenden Bericht des Innenministers ausdrücklich bestätigt. Aber die Videoüberwachung, meine Kolleginnen und Kollegen, stellt dennoch einen unverzichtbaren Teil einer erfolgversprechenden Strategie zur Kriminalitätsvorbeugung und zur Kriminalitätsbekämpfung dar.
Der Bericht, Herr Stotko, nennt die Städte Düsseldorf und Mönchengladbach – was einem nahe ist, kommt auch so einmal zum Ausdruck –, in denen auch weiterhin auf die Videoüberwachung an Schwerpunktstätten krimineller Handlungen gesetzt werden soll.
In der Düsseldorfer Altstadt haben die dort eingesetzten Kameras, meine Damen und Herren, dazu geführt, dass die Interventionszeit der Polizei auf 40 Sekunden verkürzt werden konnte. Für Mönchengladbach – das weiß der Kollege sicherlich auch – wurde hervorgehoben, dass vor der Einrich
tung der Videoüberwachung getroffene Maßnahmen im Rahmen der Ordnungspartnerschaft Altstadt nicht den gewünschten Erfolg gebracht haben. Seit der Kamerainstallierung gewinnen die dort vor Ort tätigen Polizisten schneller einen Überblick. Daher können sie speziell die Schwere von Gewaltdelikten beizeiten eindämmen.
Noch erfreulicher scheint mir die Tatsache zu sein, dass drei Kommunen – ich sage das ganz bewusst –, die auf die Videoüberwachung gesetzt haben, davon mittlerweile abgekommen sind. Aber nicht deshalb, meine Damen und Herren, weil die Überwachung nichts genutzt hätte, sondern im Gegenteil: Die Kameras konnten dabei helfen, Kriminalitätsschwerpunkte zu beseitigen und den Menschen subjektiv wie objektiv eine größere Sicherheit zu verschaffen. Daher werden sie zu dieser Zeit schlichtweg nicht mehr benötigt.
In Aachen ist die Drogenkriminalität im überwachten Bereich um fast 60 % zurückgegangenen – in Verbindung, das soll erwähnt werden, mit geeigneten städtebaulichen Maßnahmen. In Bielefeld konnte der Drogenhandel im Sichtfeld der Kameras in Kombination mit einem Drogenhilfezentrum ebenfalls reduziert werden. In Coesfeld, meine Damen und Herren, sind Fahrraddiebstahl deutlich seltener geworden – was damit zusammenhängt, dass solche Taten nicht mehr unbeobachtet bleiben und aufgeklärt werden.
So war es also, meine Damen und Herren, nie die Videoüberwachung allein, die diesen Effekt erzielt hat. Es waren weitere politische Entscheidungen an den einzelnen Standorten. Sie war jedoch zumindest ein wichtiges Element in einem Bündel der auf die Verhältnisse vor Ort abgestimmten Maßnahmen.
Gerade weil die Hoffnung besteht, damit die Kriminalität zu verringern, sollten wir uns heute vielleicht alle einmal ein Herz fassen und die Befristung einer solchen Maßnahme beenden, die in unserem Land seit nunmehr 13 Jahren geltendes Recht ist. Deshalb lautet mein Appell an die parlamentarische Mehrheit hier im Hause: Lassen Sie sich ein wenig auf unseren Änderungsvorschlag ein und stimmen Sie einer unbefristeten Verlängerung des Instruments der Videoüberwachung zu.
Wir wissen alle, dass der Chef der Deutschen Bahn vor Kurzem erklärt hat, dass man zukünftig an allen Bahnhöfen Videoüberwachung haben werde – also im privaten Bereich.
Dann kommt einer aus dem videoüberwachten Bahnhof heraus und draußen vor dem Bahnhof wird ihm die Geldbörse geklaut, weil keine Überwachung stattfindet und nichts Abschreckendes vorhanden ist.
Deshalb noch einmal: Ich halte die Videoüberwachung nicht für das allseligmachende Element, aber ich bin der Auffassung, dass sie hilfreich sein kann. Die Privatsphäre wird dennoch in jeder Hinsicht im öffentlichen Raum ein hohes Gut für uns bleiben, und darauf legen wir auch Wert.
So, meine Damen und Herren, dann möchte ich noch etwas zum Antrag der Piraten sagen – das hat auch Herr Kollege Stotko bereits erwähnt. Ich bin davon überzeugt, dass eine Auskunftsverpflichtung für Anbieter entsprechender Telemediendienste ratsam und richtig ist. Die Abfrage solcher Daten ist inzwischen ein unverzichtbares Mittel zur Gefahrenabwehr geworden.
Gerade in Fällen – auch das haben Sie bereits erwähnt und ich möchte es noch einmal deutlich sagen –, in denen in Internetforen Straftaten oder Suizide angekündigt werden, wird eine Gefahrenabwehr durch entsprechende Befugnisse überhaupt erst möglich. Von daher meine ich, dass man dagegen keine Einwände haben kann. Wir werden diesen Änderungsantrag der Piraten also ablehnen.
Ansonsten bitte ich natürlich das Hohe Haus um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag. – Danke vielmals.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wer bei allen Beiträgen aufmerksam zugehört hat, der kann nur sagen, dass es bei diesem Thema mehr an Gemeinsamkeiten gibt, als man es erwarten konnte. Herr Kollege Körfges, ich danke Ihnen ausdrücklich, dass Sie noch einmal das Wort zu diesem Thema ergriffen haben.
Die Menschen erwarten auch, dass wir im Parlament Gemeinsamkeiten herausarbeiten, unabhängig von der Frage, ob eine 27-Jährige mit dem gefühlten Lebensverständnis einer 50-Jährigen hier auftritt
und Bekundungen zu diesem Thema abgibt, die ich – ich sage es ganz offen – nicht verkraftet bekomme.
Frau Kollegin Velte, Sie haben mir gutgetan mit Ihrer Ansprache. Das will ich Ihnen offen sagen. Man merkt, auch aus Ihrer Fraktion gibt es Ansätze von Gemeinsamkeiten, die wir gut verarbeitet bekommen und die die Menschen verstehen.
Aber mit Blick auf das Thema „NPD-Verbot“ darf ich Ihnen Folgendes sagen: Ich bin engagiert dagegen; bin es immer gewesen. Ich habe damals die SRPVerbotskartei mitbekommen. Ich habe das „Erwachsenwerden“ der NPD in den 1969er-Jahren mitbekommen. Ein schlimmer Vorgang!
Was die Demokratie beim Extremismus abgearbeitet hat, das macht mich stolz mit Blick auf die Ordnung, die wir haben. Ich habe das gestern Abend noch auf einer Veranstaltung gesagt.
Meine Damen und Herren, ich war dabei, als die NPD in Krefeld auftrat und die Medien Sorge hatten, dass sie die Fünfprozenthürde bei der Bundestagswahl 1969 überschreiten würde. Ich war selbst in dem Saal in der Königsburg und bin rausgeschmissen worden, nachdem ich eine Frage gestellt habe. Ich habe mit Stolz gesehen, dass die NPD dann bei der Landtagswahl 1970 richtig verloren hat. Aber ein Verbot kam schon damals für mich nicht infrage, weil ich der Auffassung war: Das bekommt diese Ordnung hin.
Sie werden immer wieder feststellen, dass es ein Aufflackern von Extremismus gibt, rechts oder links. Den abzuarbeiten, das hat die Gesellschaft verstanden, und das ist die Demokratie nach meinem Verständnis wert.
Ich sage Ihnen: Klar, das Thema lässt sich nicht ausweisen. Das ist überhaupt keine Frage. Vier Fünftel der extremistischen Salafisten sind mit einem deutschen Pass ausgestattet, sodass sich das nicht abschieben lässt.
Es ist ein – wenn Sie so wollen – importiertes Phänomen, das wir ausreichend diskutieren müssen. Wir müssen ein waches Auge bei diesem Thema haben. Herr Minister, vermittelnd waren Sie dabei, wenn auch diese erste politische Auseinandersetzung zu diesem Thema hier im Parlament den einen oder anderen in seiner Ansprache etwas überborden lässt. Gemeinsamkeiten gibt es genug. Ich kann nur empfehlen, das nach außen zu tragen. Das müssen die Menschen hören.
Das müssen die Menschen vermittelt bekommen. Deshalb sage ich Ihnen ein Dankeschön für alle Ansätze, die vermittelnden Charakter haben. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Minister, ich habe Ihre Ausführungen zuletzt nicht ganz verstanden. Aber Sie haben über große Schiffe gesprochen, auf denen Sie waren und die Sie begleitet haben. Damit ich Ihre Biografie richtig einschätzen kann, frage ich: Würden Sie uns sagen, auf welchen Schiffen Sie waren?
Herr Präsident! „Hase“ ist – mit Verlaub gesagt – bei mir etwas schwierig anzuwenden.
Herr Minister, wir tauschen uns darüber noch aus.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist schon lange her, dass ich zu einem Antrag reden durfte, in dem so viele falsche Tatsachen behauptet werden und so viele verdrehte Darstellungen enthalten sind wie in dem vorliegenden Text der Piratenfraktion.
Ich beginne der Einfachheit halber bei Zeile 1: Ein – ich betone – möglicher versuchter Bombenanschlag auf dem Bonner Hauptbahnhof soll es gewesen sein. Vermutlich begründen die Piraten diese Einschränkung mit der Unschuldsvermutung. Aber deshalb darf man doch nicht den Tatbestand relativieren.
Dass ein Bombenanschlag versucht wurde, steht wohl außer Frage. Oder weshalb rennt sonst jemand mit einem selbst gebauten Sprengsatz durch die Gegend? Welchem Ziel – frage ich mich – dient die Verharmlosung gleich im ersten Satz?
Der Grund wird im Folgenden deutlich. Überwachungskameras sind kein Mittel, Straftaten zu verhindern. So Ihre Behauptung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Piratenfraktion, das mag eine Mehrheitsmeinung in einschlägigen Internetforen sein.
Die Praktiker des wirklichen Lebens, mit denen man hin und wieder reden sollte, sagen das Gegenteil.
Meine Kolleginnen und Kollegen, seit der Hauptbahnhof in meiner Heimatstadt mit Kameras überwacht wird, gibt es mit der Kriminalität keine Probleme mehr. So berichten mir übereinstimmend Bundespolizei und Bahnhofsverwaltung.
Ähnliches gilt auch für die Züge. Die Zahl der Übergriffe geht nachweislich zurück. Ich darf auf die 81 % aufmerksam machen. Die ARD hat das als Nachricht nicht nur dargestellt, sondern hat es auch
unter dem Gesichtspunkt verarbeitet, dass der überwiegende Teil der Deutschen, und zwar 81 % nach Infratest dimap, mit der Ausweisung und Ausweitung der Videoüberwachung nicht nur im Schienenverkehr, sondern auch in der allgemeinen Öffentlichkeit keine Probleme hat.
Das widerspricht Ihrer Behauptung, Kameras würden das subjektive Sicherheitsgefühl nicht steigern. Offensichtlich ist das Gegenteil der Fall.
Zumindest hat die Videotechnik erkennbar keine abschreckende Wirkung auf die Menschen. Zahlreiche Hinweisschilder zeigen an, dass überwacht wird. Augenscheinlich hält sich die Zahl derjenigen, die deshalb nicht in den Zug einsteigen, in Grenzen. Die Zunahme der Personenbeförderungszahlen macht es deutlich.
In Ihrem Antrag erwähnen Sie eine Studie aus London, nach der es keinen Zusammenhang zwischen Videoüberwachung und Verbrechensaufklärung
gibt. Sie haben wahrscheinlich lange im Netz suchen müssen, bis Sie diese Studie gefunden haben. Doch die Realität widerlegt Sie auch hier.
Die Aufklärung des bereits erwähnten Anschlagsversuchs in Bonn ist deshalb ins Stocken geraten, weil geeignetes Videomaterial fehlte. Gerade wir in NRW werden nicht ausreichend kontrolliert und bewacht. Deshalb müssen unsere tüchtigen Polizisten auf Bildmaterial aus einem Schnellrestaurant zurückgreifen.
Positive Beispiele finden sich dagegen oft in Bayern.
Der Mord an dem mutigen Dominik Brunner im Jahr 2009, der uns alle erfasst hat, konnte schnell geklärt werden, weil die Münchener Polizei genügend Videoaufzeichnungen zur Verfügung hatte.
Außerdem konnte die Staatsanwaltschaft in einem anderen Fall belegen, dass die Täter eben nicht betrunken waren, wie von der Verteidigung behauptet wurde. Meine Damen und Herren, Sie erinnern sich sicherlich alle noch – auch auf einem Bahnhof in München vorgefallen – an diese Aktion, die dazu führte, dass in einer strafrechtlich vernünftigen Weise überführt werden konnte.
Grotesk liest sich die weitere Behauptung von Ihnen, Passanten würden Verbrechensopfer ignorieren, wenn Videokameras angebracht sind, weil Sie vermuten, die Polizei komme sowieso.
Hilfe für Kriminalitätsopfer, meine Damen und Herren, scheitert oft an Zivilcourage, an Angst oder an Gleichgültigkeit. Aber mit Sicherheit scheitert sie nicht daran, dass man beim Helfen gefilmt wird. Und mit Sicherheit – auch davon dürfen Sie ausgehen – haben die Behörden noch anderes zu tun, als mit Videotechnik anderer Leute SMS zu lesen. Die Vor
stellung ist so ähnlich wie die vom Postboten, der permanent Urlaubspostkarten liest.
Ein Gegenargument zu Ihrem Antrag: Die Kosten der Kriminalitätsbekämpfung werden durch Videoüberwachung natürlich nicht steigen, sondern sie werden vielmehr reduziert.
Kamerasysteme können helfen, Personal- und Sachmittelkosten zu begrenzen und sie zu vermindern, auch die volkswirtschaftlichen Kosten, die durch Straftaten entstehen.
Meine Damen und Herren, es ist von daher klar – die Argumente in fünf Minuten auszutauschen, reicht nicht –, dass wir Ihren Antrag heute insgesamt, aber auch in den Einzelpunkten ablehnen.
Natürlich haben Sie recht: Auch eine entsprechende bauliche Gestaltung von Bahnhöfen wie die Belebung durch Geschäfte und zügige Beseitigung von Verschmutzungen können helfen, das Sicherheitsgefühl der Menschen zu erhöhen. Um all das bemüht sich die Bahn schon seit Langem. Sie sollte auf diesem Weg weiter voranschreiten.
Wir sehen: Zur Videoüberwachung gibt es keine Alternative – ganz im Gegenteil. Wenn wir den Menschen wirklich ein Sicherheitsempfinden geben wollen, müssen wir diesen Weg weiter gehen, nicht nur im privaten Bereich. Das ist meine Sicht, und dabei bleibe ich auch.
Das ist nicht der Einstieg in den Orwell’schen Überwachungsstaat – ganz im Gegenteil. Ich sage das noch mal, alle wissen ja, was damals unter diesem Vorzeichen geschah. Da war die Technik nicht so weit, da war die Kriminalitätsentwicklung nicht so weit. Heute wissen wir genau, wir brauchen technische Hilfsmittel, um den Menschen Sicherheit auf den Straßen und insbesondere auf den Bahnhöfen zu geben. Deshalb: Wer der Wirklichkeit ins Auge sieht, weiß genau, dass wir nur diese Chance haben, den Menschen ein Sicherheitsgefühl zu geben.
In diesem Sinne lehnen wir Ihren Antrag ab. – Danke schön.