Thomas Barth

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............ 7749 Abg. Anke Simon, SPD:............. 7750 Abg. Michael Frisch, AfD:............ 7751, 7753 Abg. Thomas Roth, FDP:............ 7752 Abg. Daniel Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: 7753 Abg. Helga Lerch, fraktionslos:........ 7754 Anne Spiegel, Ministerin für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz: 7755
Überweisung des Antrags – Drucksache 17/13576 – an den Ausschuss für Familie, Jugend, Integration und Verbraucherschutz – federführend – und an den Ausschuss für Bildung....................... 7756
Solidarität mit unseren Einsatzkräften: mit „Schutzschleifen“ demonstrativ ein Zeichen setzen! Antrag der Fraktion der AfD – Drucksache 17/13573 –........... 7756
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche ist nicht nur zutiefst verabscheuenswert, sondern sie kommt einem Mord an der jungen Seele gleich und wurde lange unterschätzt.
In Rheinland-Pfalz gab es im Jahr 2019 insgesamt 647 Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern. 153 davon bezogen sich auf ein Einwirken auf Kinder, beispielsweise mit pornografischen Abbildungen. Ein Großteil der Tatverdächtigen sind Minderjährige, aber auch bei jungen Volljährigen gibt es einen deutlichen Anstieg.
Wir begrüßen deshalb die Initiative der Bundesregierung zur Verschärfung des Strafrechts bei Taten mit sexualisierter Gewalt. Gleiches gilt für die Initiative des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs. Er ruft zu gemeinsamen Anstrengungen gegen sexuellen Missbrauch auf und stellt fest, dass dabei vor allem den Bundesländern eine Schlüsselrolle zukommt.
Neben der Einsetzung eines Missbrauchsbeauftragten werden die Länder aufgefordert, die Einführung und Anwendung schulischer Schutzkonzepte in ihren Schulgesetzen verbindlich zu regeln. Bundesländer wie SchleswigHolstein, Bremen und Bayern haben sich des Themas schon angenommen. Mit unserem Antrag wollen wir, dass Rheinland-Pfalz in dieser Frage nicht hintenansteht.
Meine Damen und Herren, sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche ist ein schwerwiegendes gesellschaftliches Problem; denn aktuelle Studien weisen darauf hin, dass es im Durchschnitt in jeder Schulklasse ein bis zwei Jungen und Mädchen gibt, die sexueller Gewalt oder sexuellem Missbrauch ausgesetzt waren oder es aktuell sind.
Wird sexueller Missbrauch von Lehrkräften verübt, wiegt das besonders schwer, da diese Täter ihr Vertrauens- und Näheverhältnis und ihre Autorität aufgrund ihrer Rechtsstellung zu den Schülerinnen und Schülern sträflichst missbrauchen.
Angesichts dieser Zahl sind die 48 Fälle, also 1 ‰, vergleichsweise gering. Meine Damen und Herren, es muss uns aber allen ein Anliegen sein. Jeder Missbrauchsfall ist einer zu viel.
Ich will es klar sagen: Es geht nicht darum zu skandalisieren, und auch nicht darum, einen ganzen Berufsstand unter Generalverdacht zu stellen. Es geht schlicht und ergreifend
darum, sexuelle Übergriffe von Lehrern auf Schüler frühzeitig zu erkennen, zu identifizieren, aufzuklären und zu ahnden. Jeder Ansatz muss verfolgt und jede rechtsstaatliche Maßnahme genutzt werden, um Missbrauch nach Möglichkeit zu verhindern.
Was passiert, wenn nicht rechtzeitig reagiert wird, zeigt erneut der Fall am Staatlichen Koblenz-Kolleg. Wie jetzt noch einmal deutlich wurde, wurden die dortigen Missstände bereits im Jahr 2012 bei der ADD angezeigt. Erst Anfang des Jahres 2020, nach massiven weiteren Klagen und geschlagenen acht Jahren, griff die Schulaufsicht ein. Dieser Fall, der uns weiterhin im Bildungsausschuss beschäftigen wird, lehrt eines, nämlich dass früher hingesehen werden muss, Lücken im System geschlossen werden müssen und konsequent und konsequenter gehandelt werden muss. Das Staatliche Koblenz-Kolleg ist leider kein Einzelfall.
Ähnlich verhält es sich mit zwei Missbrauchsfällen aus den Jahren 2012 und 2014, die ebenfalls Anfang des Jahres Gegenstand einer von der CDU beantragten Sondersitzung des Bildungsausschusses waren. Seitdem wissen wir, dass ein Lehrer, nachdem er zweimal einschlägig aufgefallen war, zu einer Kultureinrichtung abgeordnet wurde, in der er erneut mit Kindern und Jugendlichen zu tun hatte, und zwar ohne dass dessen Leiter über seine Vergangenheit informiert worden war. Das mag ein Einzelfall sein, ist aber im Grundsatz nicht verständlich und ein gravierendes Versäumnis.
Es kann und darf nicht sein, dass übergriffig auffällig gewordene Lehrer auf dem Verschiebebahnhof der Problemfälle an andere Bildungseinrichtungen versetzt werden. Die ADD und das Bildungsministerium müssen deutlich mehr tun und in der Konsequenz anders und schneller agieren als bislang.
Ich will es klar sagen, und ich denke, wir sind alle einer Meinung: Übergriffige Lehrpersonen haben im Schuldienst und in der direkten Arbeit mit Schutzbefohlenen nichts, aber auch gar nichts zu suchen!
Vor diesem Hintergrund ist es meines Erachtens zwingend erforderlich, über das im Disziplinarrecht verankerte Verwertungsverbot nachzudenken, nach dem Daten zum Beispiel zu sexuellen Übergriffen nach einer bestimmten Frist aus der Personalakte gelöscht werden; denn dieses Verwertungsverbot kann die Nachverfolgung von Missbrauchsfällen und die sich daraus ableitende Prävention durchaus erschweren.
Wenn man bedenkt, dass Lehrkräfte 30 bis 35 Jahre im Schuldienst sind, würde eine längere Aufbewahrungszeit
der Vorfälle helfen, Sexismusvorwürfe länger zurückverfolgen zu können; denn Kindeswohl muss vor Datenschutz gehen.
Gerade im Interesse des Kindeswohls müssen wir über die Schaffung neuer Strukturen nachdenken, wie wir sie in unserem Antrag fordern.
Meine Damen und Herren, die Schule ist ein Ort, an dem man Schutz erwartet. Wir haben es dort mit Schutzbefohlenen und einem durchaus sensiblen Vertrauens- und Abhängigkeitsverhältnis zu tun.
Wenn nicht im für die jungen Menschen so prägenden Lebensraum Schule, wo sonst sollen sich Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene unter staatlicher Aufsicht sicher fühlen können und dürfen? Dafür müssen und wollen wir sorgen. Das muss unser Anspruch sein, und daher stellen wir heute diesen Antrag.
Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wenn die AfD heute bereits zum zweiten Mal von der Bildungswende 2021 spricht, dann macht einem nicht nur schon der Begriff „Bildungswende“ Angst, sondern die AfD stellt auch noch falsche Postulate auf.
Erstens: Nein, AfD, eine frühe Einschulung gefährdet nicht per se den Bildungserfolg.
Zweitens: Nein, AfD, bei der Einschulung in die Grundschule geht es nicht um uneingeschränkten oder eingeschränkten Elternwillen; denn bei der Grundschule greift zum einen die Schulpflicht und zum anderen der in der Regel nicht frei wählbare Schulbezirk.
Meine Damen und Herren, natürlich kann man kritisch hinterfragen, ob ein fünfjähriges Kind in die Grundschule gehört, aber ich bin der Meinung, das kann funktionieren. Es ist für das Kind auch deutlich hilfreicher, wenn dafür die Rahmenbedingungen im Kindergarten und in der Schule stimmen.
Gestern und heute haben wir schon mehrfach gehört, dass wir das zu Recht bezweifeln können.
Lassen Sie mich ein paar Beispiel aus der rahmenpolitischen Bildungsgeschichte geben. Es wurden gesetzlich Rahmenbedingungen verändert, aber man hat es ver
säumt, in dem Maße vor Ort dafür zu sorgen, dass es heute besser ist.
Ein Beispiel dafür ist die Abschaffung der Hauptschulen. Es wurden nicht die notwendigen personellen Ressourcen für die übrigen Realschulen plus in dem Maße geschaffen, dass sie heute gut arbeiten können. Man kann überhaupt nicht mehr das Hauptschullehramt studieren, obwohl Schüler für die Berufsreife völlig anders lernen als Schüler für den mittleren Bildungsabschluss. Heute sehen wir die schwierige Situation an den Realschulen plus.
Beispiel Inklusion: Auch hier wurden die Rahmenbedingungen nicht so angepasst, dass Inklusion mit einem Mehrwert für alle – ich sage alle – Schülerinnen und Schüler sowie Lehrerinnen und Lehrern an Schulen gelingt.
Es fehlen schlichtweg Förderlehrkräfte. Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, dann gelingt auch Bildungsbiografie bei den fünfjährigen Kindern in der 1. Klasse der Grundschule. Dafür setzen wir uns ein.
Das bedeutet natürlich, dass Unterricht stattfindet, die personellen Ressourcen vorhanden sind und Sprachförderung dort ankommt, wo sie gebraucht wird und beantragt wurde. Dazu gehören aber auch verbindliche Sprachstandserhebungen, Sprachentwicklungserhebungen im Vorschulbereich für Vierjährige in der Kita und gezielte Förderungen mit Blick auf den bevorstehenden Grundschuleintritt. Dafür brauchen wir mehr Personal, und dafür brauchen wir neue Bildungsstandards für die Kitas und keine Empfehlungen. Meine Damen und Herren, das Kita-Zukunftsgesetz wird dafür sicherlich nicht sorgen.
Für Eltern spielt, insbesondere weil es das erste Mal ein wichtiges Thema ist – deshalb kann ich die emotionale Betroffenheit bei den Eltern absolut verstehen und nachvollziehen –, der Übergang von der Kita zur Grundschule eine ganz zentrale Rolle, weil hier das wesentliche Scharnier für einen guten Bildungsstart liegt. Die Eltern wollen, dass ihr Kind gut auf die Schule vorbereitet ist. Das können wir voll und ganz verstehen und unterstützen. Daher setzen wir uns als CDU-Fraktion dafür ein, dass jedes Kind zu Beginn und vor Beginn seiner Schullaufbahn bestmöglich gefördert wird.
Wir wollen den Übergang zwischen Kita und Grundschule bestmöglich gestalten. Wir setzen uns dafür ein, dass die Sprachförderung in der Kita und in der Grundschule ausgebaut wird und Bildungsstandards – das habe ich eben schon gesagt – für Sprachstandserhebungen festgeschrieben werden, damit auch ein Kind mit fünf Jahren fit für die Grundschule ist; denn das muss doch unser aller Ansinnen sein, wenn es schon mit fünf Jahren in die Grundschule gehen soll, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Das ist unser Konzept. Liebe AfD, Ihres vermissen wir; denn nur die Änderung des Schuleintritts wird nicht zu besseren Bildungsergebnissen im Primarbereich beitragen. Deswegen lehnen wir Ihren Antrag ab.
Herzlichen Dank.
........ 6488, 6494 Abg. Giorgina Kazungu-Haß, SPD:.... 6490 Abg. Michael Frisch, AfD:......... 6491, 6494....................... 6495 Abg. Helga Lerch, FDP:.......... 6492 Abg. Daniel Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:.................... 6493, 6495 Abg. Gabriele Bublies-Leifert, fraktionslos: 6495 Hans Beckmann, Staatssekretär:..... 6496, 6498 Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD:........ 6497 Abg. Martin Brandl, CDU:......... 6497
Tagesordnungspunkt mit Besprechung erledigt. 6498
Arbeitsmarktintegration von Deutschen, Ausländern und Flüchtlingen in RheinlandPfalz Besprechung der Großen Anfrage der Fraktion der AfD und der Antwort der Landesregierung auf Antrag der Fraktion der AfD – Drucksachen 17/10202/10533/10756 –.. 6498
Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die Sprache ist der Schlüssel zur Welt, und die Grundschule ist der zentrale Ort jeder schulischen Vermittlung. Hier werden unverzichtbare Kulturtechniken wie Lesen, Schreiben und Rechnen vermittelt. Ein großes Hemmnis für gelingende Bildung und Teilhabe sind mangelnde deutsche Sprachkenntnisse. Wer kein Deutsch kann, wer nicht schreiben und lesen kann, dem bleiben viele Bereiche von Bildung und damit reale Zukunftschancen in unserem Land verwehrt.
Das gilt für Kinder mit Migrationshintergrund, aber eben auch für Kinder aus sogenannten bildungsfernen Familien.
In Rheinland-Pfalz ist der Bedarf an Sprachförderung allein an Grundschulen bei rund 22.000 sprachförderbedarffähigen Kindern relativ hoch. Das zeigen die Ergebnisse unserer Großen Anfrage. Weil Sprache und ihre Vermittlung vor allem am Beginn, wenn nicht sogar vor Beginn der Schulzeit das prägendste, das nachhaltigste und wichtigste Werkzeug ist, kann man dieses Thema nicht oft genug zum Gegenstand einer parlamentarischen Debatte machen.
Weil es so zentral, von so fundamentaler Wichtigkeit ist, möchte ich zunächst einmal den großen Dank und die Anerkennung der CDU-Fraktion an all die Lehrerinnen und
Lehrer ausdrücken, die jeden Tag mit viel Eifer und Engagement unseren Kindern die Grundlagen des Lernens vermitteln, darüber hinaus in der Schule begleiten und ihnen unsere Sprache beibringen. Unseren Respekt haben sie mehr als verdient, meine Damen und Herren.
Wir haben uns mit dieser Anfrage eine neue Erkenntnis erhofft. Wir wollten nachvollziehen,
ob sich etwas im Vergleich zur letzten Großen Anfrage entwickelt hat. So stellen wir fest, nein, das ist nicht der Fall. Es gibt keine neuen Erkenntnisse.
Das, obwohl es in der Vorbemerkung zur Antwort der Regierung heißt: „Die Maßnahmen des rheinland-pfälzischen Sprachförderkonzepts werden kontinuierlich weiterentwickelt
und an (...) Bedarfen der Schülerinnen und Schüler ausgerichtet.“ Das darf man wohl zu Recht bezweifeln; denn setzt man die Zahl der Kinder mit Förderbedarf ins Verhältnis zu den tatsächlich dafür bereitgestellten Lehrerwochenstunden, dann zeigt sich, dass es in Rheinland-Pfalz keine Sprachförderung gibt, die sich am tatsächlichen Förderbedarf der Kinder ausrichtet.
Hinzu kommt, die Höhe der zugewiesenen Lehrerwochenstunden für Sprachförderung ist insgesamt gesehen völlig unabhängig von den von den Schulen beantragten Stunden und von der Gesamtzahl der Kinder mit Förderbedarf. Wo es an vereinzelten Standorten erhöhten Bedarf an Stunden gibt, werden diese nicht vollends zugewiesen. Das heißt, es ist kein System erkennbar, inwieweit die von der Schule beantragten Förderstunden mit denen von der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion zugewiesenen korrelieren.
Auffällig ist auch, dass kreisfreie Städte einerseits und Landkreise andererseits mit einer vergleichbaren Schülerschaft sehr unterschiedlich mit Sprachförderstunden bedacht werden, die Zuweisung also in keinem Zusammenhang mit den Anforderungen dieser Kinder steht. Ein Beispiel nur einmal aus dem Bereich der Grundschulen. Vergleicht man die Ergebnisse der Großen Anfrage für das Schuljahr 2017/2018 und jetzt für das Schuljahr 2018/2019, so ergibt sich dort ein Plus von 4,17 % an mehr beantragten Lehrerwochenstunden und gleichzeitig ein Minus von 1 % an weniger bereitgestellten Lehrerwochenstunden,
und das, obwohl 2019 insgesamt mehr Geld in das System gegeben worden ist. Liebe Landesregierung, das müssen Sie uns einmal erklären. Das sieht für uns zu sehr nach Business as usual aus. Das kann aber nicht die Maxime sein; denn Weiterentwicklung bedeutet eben nicht Business as usual.
Mit dieser Haltung jedenfalls kann eine gezielte individuelle bedarfsgerechte Sprachförderung nicht gelingen. Bedenken wir auch, Sprachförderstunden finden immer on top statt, das heißt, es sind Schulstunden, die zusätzlich zu den regulären Stunden erbracht werden.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, wäre es nicht einmal einer ernsthaften Überlegung wert, die Lehrkräfte an den Schulen ein Stück weit zu entlasten?
Schließlich sorgen Aufgaben wie Sprachförderung für eine Mehrbelastung, die zu einer Überlastung führen kann. Die im letzten Bildungsausschuss thematisierten Überlastungsanzeigen haben das eindrücklich belegt.
Wir sind daher der Meinung, dass noch mehr in die vorschulische Spracherziehung zu investieren ist, indem hier landesweit Standards neu definiert und gesetzt werden.
Ich sage Standards und keine Empfehlungen; denn was wir vor der Schule in der Kita als Sprachdefizite von Kindern erkennen, auffangen und korrigieren können, das ist unbestritten, das sparen wir uns später in der Schule, das kann als finanzieller Aufwand dort eingespart werden und die Personalressourcen entsprechend entlasten, meine Damen und Herren.
Wir sind uns doch alle einig, dass die altersangemessene Sprachkompetenz eine wesentliche Voraussetzung für einen erfolgreichen Schulstart ist. Um angehende Erstklässler fit für die Schule zu machen, fordert die CDU-Landtagsfraktion verpflichtende und aussagekräftige Sprachstandstests für alle vierjährigen Kinder. Nur dann haben wir ausreichend Zeit, um auf bestehende Sprachdefizite gezielt reagieren zu können und Schulanfängern gute Startchancen zu ermöglichen. Ich bin mir sicher, dass dadurch Defizite, die wir derzeit bei Viertklässlern, bei Abgängern – ich muss die Zahlen nicht wiederholen, sie sind Ihnen allen bekannt –, beim Lesen, Schreiben und Rechnen haben, dann auch deutlich geringer ausfallen werden, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Ein gutes Beispiel ist Berlin. Dort dokumentieren die Er
zieherinnen und Erzieher in der Kita von Anfang an den Sprachstand ihrer Schützlinge, und 15 Monate vor der Einschulung wird dieser Sprachstand dann abgeglichen mit einer altersgerechten Sprachstandsmatrix. Wenn dann festgestellt wird, dass das Kind in diese Matrix hineinpasst, ist es in Ordnung. Wenn festgestellt wird, es passt nicht hinein, wird ein Sprachförderbedarf angemeldet, der auch verpflichtend von dem Kind wahrzunehmen ist. Wenn das Kind keine Kita besucht, ist auch dann der Sprachstandsfeststellungstest verpflichtend, und die Fördermaßnahmen müssen angenommen werden.
Meine Damen und Herren, alle Kinder haben das Recht, ordentlich lesen und schreiben zu lernen. Dafür haben wir als Land die Rahmenbedingungen zu schaffen, und dafür muss das Land ohne Wenn und Aber Sorge tragen. Das geht aber nur, wenn wir die Probleme frühzeitig erkennen und diese zielgerichteter und frühzeitiger als jetzt – ich sage nicht, dass nichts getan wird – angehen. Ein einfaches „Weiter so“ reicht nicht. Wir als CDU machen uns stark für neue Standards; denn das haben unsere Kinder verdient, nicht mehr und nicht weniger.
Erlauben Sie mir am Ende einen kleinen Schlenker. Die allereinfachste Sprachförderung, die keinen einzigen Cent kostet, aber für große Sicherheit, Nachhaltigkeit und Wirksamkeit zumindest beim Erwerb der rezeptiven und produktiven Schriftkompetenz, Schreibkompetenz sorgt,
ist die landesweite verbindliche Untersagung der Phantommethode Lesen durch Schreiben. Glauben Sie mir, damit können wir spätere Sprachförderung einsparen.
Herzlichen Dank.
Liebe Herr Köbler, weil Sie mir indirekt vorgeworfen haben, ich würde von Dingen erzählen, von denen ich keine Ahnung habe, will ich eine Sache klarstellen: Wenn wir zwei uns hier vorne über Bildung streiten, ist es gut, dass wir das tun. Das machen wir aber aus völlig verschiedenen Sichtweisen. Da sind wir ziemlich unterschiedlich. Während Sie hier vorne beim Thema „Bildung“ aus den Tiefen der bildungsideologischen Theorien philosophieren, bin ich jemand, der aus den Weiten der bildungspragmatischen Praxis berichten kann. Das gilt für mich ebenso wie für die Kollegin Lerch. Das will ich einmal gesagt haben.
Herr Minister, wie kann die einseitige Verteilung der Routen über Rheinhessen durch die DFS begründet werden? Sie haben es erwähnt, es war vorgesehen, dass die Routen eigentlich eine größere Streuung erfahren sollten.
Herr Minister, gibt es Ihrerseits Kenntnisse über BeinaheKollisionen im rheinhessischen Flugraum, was in letzter Zeit wieder verstärkt im öffentlichen Fokus steht?
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute besprechen wir den Bericht des Ausschusses der Regionen bzw. seine Arbeit für die zwei Zeiträume Juli 2017 bis 2018 und 2018 bis 2019. Ein Ausschuss – es wurde eben angesprochen –, der mittlerweile seit einem Vierteljahrhundert existiert, ein kleines Jubiläum feiert und dem bei seiner
Gründung im Vertrag von Maastricht damals vielleicht nicht anzusehen war, welche Bedeutung diese Institution einmal haben würde; denn heute ist der Ausschuss der Regionen unbestritten ein wichtiges Sprachrohr der regionalen und vor allen Dingen kommunalen Familien in Europa, der diesen Ohr und Stimme in politischen Entscheidungsprozessen in Brüssel verleiht.
Meine beiden Vorredner haben es bereits angesprochen, in die Berichtszeiträume sind ganz wesentliche Ereignisse und bedeutende Herausforderungen für die EU gefallen: natürlich die Brexit-Debatte, grenzüberschreitende Zusammenarbeit, Migration, wichtig war auch das Thema „Werte und Grundrechte in der EU“, der Klimaschutz, von zentraler Bedeutung war aber auch der mehrjährige Finanzrahmen für die Zukunft, 2021 bis 2027.
Ein ganz zentrales Element – Herr Kollege Höfer, Sie haben eben von dem Kitt gesprochen, ich glaube, das trifft es im Kern – ist die Kohäsionspolitik nach 2020 als der Politikbereich, in dem die Solidargemeinschaft Europa ihren sichtbarsten Ausdruck findet; denn diese Kohäsionspolitik bündelt die europäischen Investitionen für den wirtschaftlichen, den sozialen und den territorialen Zusammenhalt.
Sie kann Arbeitsplätze schaffen, sorgt für moderne Infrastruktur, stärkt Aus- und Weiterbildung und erhöht so insgesamt die Lebensqualität in allen Ecken unserer schönen Europäischen Union. In ihr manifestiert sich also der Wille der Mitgliedstaaten und der dort befindlichen Untergliederungen zum gemeinschaftlichen Handeln, aber auch zur harmonischen Entwicklung innerhalb unserer Regionen.
All das muss auch in der kommenden Förderperiode gewährleistet sein. Wir Christdemokraten machen uns dafür stark, dass auch in Zukunft allen Regionen in der EU, seien es ihre städtischen oder ihre ländlichen Räume – vor allen Dingen auch Rheinland-Pfalz –, der Zugang zu Fördermitteln aus der Kohäsionspolitik erhalten bleibt.
Meine Damen und Herren, ich sage an dieser Stelle aber auch klar: Kohäsion und Solidarität gehören zusammen, und Kohäsion und grundwertegeleitete Politik gehören zusammen. Es muss also der Anspruch sein, dass nur diejenigen Leistungen der EU in Anspruch nehmen, die sich unverrückbar und unbeirrbar an das europäische rechtsstaatliche Wertefundament halten. Das gilt es in Zukunft verstärkt zu betrachten und konsequent anzuwenden.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, gleichzeitig sollten wir uns aber auch Gedanken darüber machen, wie wir Verwaltungsstrukturen so vereinfachen, dass Fördermittel leichter zu beantragen und somit auch leichter zugänglich und abrufbar sind.
Meine Damen und Herren, der Ausschuss der Regionen
leistet einen wichtigen Beitrag beim Ansinnen, Europa stärker am Willen der Bürger auszurichten, und trägt dazu bei, dass in Europa Entscheidungen über gemeinsame Maßnahmen im Geiste der Solidarität und unter Beachtung des Subsidiaritätsprinzips getroffen werden, so seine Entschließung vom Februar 2017, in der sich die 350 Mitglieder verpflichtet haben, einen umfassenden Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern in der ganzen EU einzuleiten, um ihre Meinungen, Vorschläge und Sorgen direkt an der Basis einzuholen.
Das ist die DNA dieses Ausschusses der Regionen, und das ist in Zeiten von Euroskeptizismus und Tendenzen zu nationalen Alleingängen mehr als geboten, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Der Ausschuss der Regionen ist allerdings leider, auch wenn er für sich in Anspruch nimmt, sich direkt an die Bürgerinnen und Bürger zu richten, bei den allermeisten Menschen noch zu unbekannt. Viele Menschen können mit diesem Begriff gar nichts anfangen. Damit aber die verdienstvolle Arbeit des Ausschusses in der Bevölkerung stärker wahrgenommen wird, müssen wir dessen Wirken verständlicher machen.
Das verstehe ich als Appell an uns alle und nicht nur an uns Europäer, die wir sind, sondern als Volksvertreter im Allgemeinen. Wir sind da besonders gefragt. Jede und jeder von uns kann und muss als Multiplikator fungieren und den Menschen noch stärker ins Bewusstsein rufen, dass und wie sie als EU-Bürger von einer Vielzahl an Maßnahmen aus Brüssel profitieren, die dieser Ausschuss auch ein Stück weit befördert.
Wenn wir Europa stärker am Willen der Bürger ausrichten wollen, müssen wir ihnen vor Augen führen, wie stark Europa durch diesen Ausschuss in ihr Lebensumfeld hineinwirkt und welchen Mehrwert er für sie alle darstellt.
Ich würde mir wünschen, dass wir das, was wir hier drinnen besprechen – ich glaube, da sind wir alle einer Meinung – , stärker nach draußen bringen. Ich habe daher schon einmal die Frage an dieser Stelle aufgeworfen, ob die jährlichen Berichterstattungen im Plenum als einziges geeignetes Format in der Lage sind, die Arbeit angemessen zu würdigen. Ich lade Sie herzlich ein, dass wir darüber einmal gemeinsam nachdenken.
Vielen Dank.
Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die Beherrschung der Sprache ist der Schlüssel für gelingende Integration und für eine erfolgreiche Bildungskarriere. Ich glaube, darin sind wir uns alle einig. Das gilt umso mehr, als gesellschaftliche Entwicklungen allgemein und die Migration im Besonderen dazu geführt haben, dass der Förderbedarf bei Kindern hier enorm gestiegen ist.
Der Grundstein für das Erlernen der deutschen Sprache wird in der Kita, aber vor allem in der Grundschule gelegt. Letztere hat den eindeutigen Bildungsauftrag, Grundkompetenzen im Lesen, Schreiben und Rechnen zu vermitteln. Kurzum, nach vier Jahren Grundschule sollte jedes Kind, das aus der Grundschule kommt, Deutsch sprechen, lesen und schreiben können.
Meine Damen und Herren, wie wir aber alle wissen, ist das nicht so. Es gibt viele Kinder, die erhebliche Sprachdefizite haben – übrigens nicht nur Kinder mit Migrationshintergrund –,
wenn sie aus der Grundschule kommen. Die Gründe dafür sind vielschichtig. Es ist daher notwendig, diese Defizite zu erfassen und ihnen mit entsprechenden Sprachfördermaßnahmen die deutsche Sprache in Wort und Schrift zu vermitteln.
An die Kollegen der AfD gerichtet: Nur weil Sie das Thema zur Aktuellen Debatte erheben, ist es noch lange nicht „Ihr“ Thema.
Schon seit 2014 – dafür hätte ein Blick in OPAL genügt – hat sich die CDU-Fraktion mit Anfragen und Anträgen dieser Problematik in vielfältiger Weise gewidmet.
Im Jahr 2014 gab es die AfD noch gar nicht.
Wir haben bereits mehrfach deutlich gemacht, dass der integrative Ansatz zur Sprachförderung erst greifen kann, wenn die Schülerinnen und Schüler bereits über grundlegende Deutschkenntnisse verfügen. Den Ansatz, den man im Fremdsprachenunterricht wählt, das heißt das Sprachbad – sofort in die Fremdsprache eintauchen, der Kollege kennt das ja auch –, ist da sinnvoll. Aber nicht dort, wo die deutsche Sprache das zentrale Instrument des Lernens und Lehrens ist. Das mag noch bedingt funktionieren in weniger sprachgebundenen Fächern wie Mathematik, Sport, vielleicht auch Musik.
Aber in Sachkunde, den Naturwissenschaften oder Erdkunde sind Grenzen gesetzt. Das ist nun einmal so, meine Damen und Herren.
Wir haben deshalb dafür plädiert – Sie haben den Antrag eben zitiert –, die integrative Sprachförderung für neue zugewanderte schulpflichtige Kinder zugunsten von intensiven Deutschvorkursen umzugestalten; denn auch das ist klar, meine Damen und Herren von der AfD: Schulpflicht ist Schulpflicht.
Schauen wir uns doch einmal die Rahmenbedingungen an, die dieses Land vorgibt, um die Kinder, die den Sprachförderbedarf haben, zu entwickeln. Fangen wir mit den Sprachförderstunden an. Wir haben mit unserer Großen Anfrage gezeigt, dass es bei der Sprachförderung in Rheinland-Pfalz einiges zu bemängeln gibt: dass etwa die Sprachförderung nicht vom individuellen Bedarf der einzelnen Schüler abhängt und in Rheinland-Pfalz kein System erkennbar ist, inwieweit der von der Schule gemeldete Förderbedarf mit den von der ADD zugewiesenen Sprachförderstunden korreliert.
Meine Damen und Herren, wir stellen uns also die Frage: Wo landen denn diese speziellen Stunden? Ich sage Ihnen, wo sie landen: Sie landen im allgemeinen Stundentopf, um Lücken beim Unterrichtsausfall zu stopfen.
Das heißt, die Förderung kommt überhaupt nicht dort an, wo sie hingehört. Wir fordern deswegen, dass es klare und verbindliche Kriterien für die Zuweisung von Lehrerwochenstunden gibt, die an diese Förderstunden gebunden sind, meine Damen und Herren.
Stichwort „Lehrerbildung“. Unterschiedliche individuelle Förderbedarfe stellen höchste Ansprüche an die pädagogische Kompetenz. Die Lehrkräfte müssen so geschult werden und auch dauerhaft geschult sein, dass sie pädagogisch angemessen mit sprachlichen und kulturellen Unterschieden in Lerngruppen umgehen können, und zwar nicht nur im Deutschunterricht.
Wie aus dem Policy-Brief „Lehrerbildung in der Einwanderungsgesellschaft“ des Mercator-Instituts für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache hervorgeht, werden Lehrerinnen und Lehrer nach wie vor unzureichend darauf vorbereitet,
sei es im Studium, sei es im Referendariat oder in der Lehrerfortbildung. Auch hier zeigt Rheinland-Pfalz interessante Zahlen. Der Anteil der Fortbildung zur sprachlichkulturellen Vielfalt in Rheinland-Pfalz ist gemessen an anderen Bundesländern sehr niedrig und die Dauer von entsprechenden Fortbildungen mit durchschnittlich einem Tag deutlich zu kurz.
Meine Damen und Herren, die Lehrerfortbildung ist zwar gesetzlich verpflichtend – das ist auch gut so –, aber es fehlen weitere Vorgaben zu einem Mindestumfang.
Ich möchte als letztes Stichwort die Kitas nennen. Das ist auch gestern ein Thema gewesen. Auch in diesem Bereich muss mehr investiert werden. Wir hatten in den Haushaltsberatungen bereits die finanzielle Aufstockung der Mittelansätze für den Ausbau der Frühförderung in den Kitas beantragt. Sie haben das abgelehnt. Dass Rheinland-Pfalz zu wenig Geld für die Sprachförderung im Vorschulalter ausgibt, verdeutlicht auch die Kita-Novelle. Künftig sollen keine zusätzlichen expliziten Mittel mehr zur Sprachförderung bereitstehen. Entweder sind Sie in der Wundertüte Sozialraumbudget oder in den personellen Ressourcen enthalten.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Ende. Zu wenig Mittel für die Sprachförderung in den Kitas, unzureichende verpflichtende Angebote in der Lehreraus- und -fortbildung, willkürliche Zuweisungen von Sprachförderungen in den Schulen.
Wie soll vor diesem Hintergrund eine bedarfsorientierte und somit erfolgreiche Sprachförderung stattfinden? Das sind keine Voraussetzungen für das Gelingen der Integration.
Ich danke Ihnen.
........ 5260, 5266 Abg. Benedikt Oster, SPD:........ 5261, 5266 Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD:........ 5262, 5267 Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:............. 5263, 5264 Abg. Steven Wink, FDP:.......... 5263 Dr. Volker Wissing, Minister für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau:.. 5265 Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:................. 5267
Die Aktuelle Debatte wird dreigeteilt..... 5267
Jeweils Aussprache gemäß § 101 GOLT... 5267
Landesgesetz über die Weiterentwicklung der Erziehung, Bildung und Betreuung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege (KiTa-Zukunftsgesetz) Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 17/8830 – Erste Beratung
dazu: Gesetzesfolgenabschätzung zum Landesgesetz über die Weiterentwicklung der Erziehung, Bildung und Betreuung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege (KiTa-Zukunftsgesetz) Antrag der Fraktion der CDU auf Ersuchen an die Landesregierung nach § 53 Abs. 4 Satz 1 GOLT – Drucksache 17/9226 –........... 5268
Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Radwege, die im Nirgendwo enden, die auf Wirtschaftswegen verlaufen, Radwege mit gefährlichen Straßenquerungen, ohne ÖPNV-Anbindung, Radwege seit Jahren in der Bauwarteschleife, so beschreiben viele Radfahrerinnen und Radfahrer die Alltagsrealität in Rheinland-Pfalz. Wenn es dafür noch eines Beweises bedurft hätte, dann hat die aktuelle Studie des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs, kurz ADFC, diesen schwarz auf weiß geliefert.
Der ADFC-Fahrradklima-Test, der alle zwei Jahre durchgeführt und auch vom Bundesverkehrsministerium gefördert wird, ist gewissermaßen der Zufriedenheitsindex der Radfahrenden in Deutschland. Meine Damen und Herren, die Ergebnisse sind alarmierend. Die Note für Fahrradfreundlichkeit ist im Vergleich zum Jahr 2016 von 3,81 auf 3,93 gesunken. Das entspricht der Schulnote „ausreichend“.
Auch die Note für das Sicherheitsgefühl hat sich auf eine schwache 4 verschlechtert. 81 % möchten Rad getrennt vom Autoverkehr fahren. Um das Stichwort Alltagsradwegekonzept geht es auch in diesem Beitrag.
Als ob das nicht schon schlimm genug wäre, schauen wir uns Rheinland-Pfalz an. Rheinland-Pfalz bildet in puncto Radverkehr und bei der Zufriedenheit seiner Radfahrerinnen und Radfahrer das Schlusslicht bei diesem Fahrradklima-Test, meine Damen und Herren. Das ist ein Armutszeugnis für das Land und diese Landesregierung.
Es haben Radfahrende aus 18 Kommunen teilgenommen. Von diesen belegt Ingelheim, mein Wahlkreis, Platz 1. Das freut mich sehr. Ingelheim hat die Note 2,71 erhalten. 13 Kommunen erreichten die Note „ausreichend“, drei Kommunen sogar nur die Note „mangelhaft“.
In der Kategorie Familienfreundlichkeit sieht es sogar noch düsterer aus. Ingelheim hat hier gerade noch die Note „befriedigend“ erreicht, und die Landeshauptstadt Mainz schrammt mit der Note „schwach ausreichend“ knapp an der Note „mangelhaft“ vorbei.
Meine Damen und Herren, wenn der 1. Platz in RheinlandPfalz bei den Kommunen gerade einmal die Schulnote 3 erreicht, dann kann das nicht unserem Anspruch an ansprechende, nachhaltige und nutzbare Radverkehrsinfrastruktur gerecht werden.
Es nimmt nicht Wunder; denn auch die verkehrspolitische Bilanz mit Blick auf die Radwege sieht bei der Landesregierung sehr mager aus. Es bewegt sich zu wenig, es fehlen die guten Ideen. Nach wie vor gibt es in Rheinland-Pfalz kein flächendeckendes und zufriedenstellendes Mobilitätskonzept für Alltagsradverkehr; denn damit, Herr Kollege Dr. Braun, könnte das Land zum Beispiel die Gemeinden unterstützen, aktiven Klimaschutz auch lokal zu fördern und durchzusetzen und damit den Autoverkehr einzudämmen.
Nach wie vor fehlen vom Land priorisierte und landesweit übergeordnete Alltagsradwegekonzepte. Sie werden sagen: Radwegebau ist Sache der Kommunen. Das mag so sein, aber das ist Gedankengut von gestern. Wir sind schon einen Schritt weiter. Wir müssen über die Mobilität von morgen nachdenken und uns gedanklich darauf einstellen.
Dass es anders geht, zeigen uns andere Bundesländer. Nordrhein-Westfalen hat zum Beispiel das „Zukunftsnetz Mobilität NRW“ ins Leben gerufen, das die Gemeinden flächendeckend beim Ausbau von Radverkehr und ÖPNV unterstützt. Rheinland-Pfalz: Fehlanzeige.
Hessen baut gerade einen Radschnellweg zwischen Darmstadt und Frankfurt. Rheinland-Pfalz: viel zu langsam.
Dann wird bei uns viel zu einseitig auf die touristische Radförderung gesetzt. Die brauchen wir auch, aber mehr noch brauchen wir ein Alltagsradwegekonzept, und das fehlt völlig.
In Bayern und im Saarland übernimmt das Land beispielsweise die Anmeldegebühren der Kommunen für das STADTRADELN. Rheinland-Pfalz: Fehlanzeige. Es ist, als ob es STADTRADELN hier nicht gäbe, und das mit Grünen
in der Landesregierung. Das kann man gar nicht glauben, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Ein Beispiel: In 15 Bundesländern gibt es einen Landesfahrradbeirat. Nummer 16, Rheinland-Pfalz: Fehlanzeige. Wir brauchen eine Arbeitsgruppe aus Ministerium, Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz (LBM), Verbänden und Kommunen, die Impulse setzt und Strategien entwickelt. Kern könnte als Best Practice-Ansatz zum Beispiel eine AG „Fahrradfreundliche Kommune“ sein.
Es läuft insgesamt zu wenig. Es gibt zu wenige überörtliche Radwege. Es fehlt das flächendeckende Netz. Meine Damen und Herren, der ADFC-Fahrradklima-Test hat eindrucksvoll gezeigt, dass in Rheinland-Pfalz im Bereich Alltagsfahrradverkehr – denn nur darum geht es – einiges im Argen liegt. Ideenlos, konzeptlos, mutlos. Das kann nicht die alternative Verkehrspolitik dieses Landes sein. Das ist zu wenig.
Rheinland-Pfalz kann mehr.
Treten Sie endlich stärker in die Pedale! Entwickeln Sie zukunftsweisende Mobilitätskonzepte, und setzen Sie diese zeitnah um! Denn nur so können wir bewirken,
dass die Menschen ihr Mobilitätsverhalten beim Weg zum Arbeitsplatz überdenken und der ländliche Raum
beim Radverkehr nicht abgehängt wird. Es muss unser Anspruch sein, das zu fördern; denn nur zufriedene Radfahrer steigen aufs Rad um.
Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Dr. Wissing, Sie haben mir mit dem Thema Innenstadtverkehr ein bisschen aus der Seele gesprochen; denn ich glaube – da muss ich Herrn Kollegen Oster korrigieren –, es geht nicht nur um den Innenstadtverkehr. Unser Problem ist hauptsächlich der Verkehr zwischen Dorf A und Dorf B, also der Verkehr zwischen den Gemeinden. Zwischen den Gemeinden liegen Grenzen, Verbandsgemeindegrenzen und Kreisgrenzen. Da hört der Radweg auf.
Ich sage, wir brauchen ein kreisgrenzenübergreifendes Konzept, das Radwege und Mobilität unterstützt.
Ich möchte Ihnen die Geschichte einer Straße erzählen, die zufällig in meiner Heimatgemeinde liegt. Wir liegen 15 km vor Mainz. Eine Straße soll nach Mainz führen, die in den nächsten Jahren ausgebaut werden soll. Das ist eine Landesstraße.
Herr Oster, Sie haben recht, dass man eine Landesstraße gemeinsam mit einem Radweg planen soll. Genau das tut das Land hier nicht. Es wird zuerst die Straße geplant und der Radweg nicht. Der Ausbau der Straße erfolgt vor dem Radweg. Das ist eine Sache, die man nicht erklären kann und nicht wirklich nachvollziehbar ist.
Meine Damen und Herren, um mit den Worten des Herrn Staatssekretärs Dr. Griese zu sprechen: Treten Sie aus dem politischen Tagesgeschäft heraus, entwickeln Sie Visionen. Der Radweg hört nicht an Gemeinde- oder Kreisgrenzen auf. Hängen Sie daher das Hinterland nicht ab. Hängen Sie den ländlichen Raum nicht ab. Tun Sie etwas. Wenn wir Bewegung in die Sache bekommen – ich glaube, das wollen wir alle –, dann bewegen wir mehr Radfahrer und diese besser in unserem Land.
Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es gehört zum parlamentarischen Ritual, dass wir mit Regelmäßigkeit den Bericht der Arbeit des Ausschusses der Regionen besprechen. Ebenso zu diesem Ritual gehört unser regelmäßiger Hinweis, dass seit der ersten Sitzung dieses Ausschusses im Jahr 1994 noch kein einziges Mitglied der CDU-Fraktion in diesem Gremium vertreten war. Wer in einem Gremium nicht vertreten ist, kann über dessen Arbeit schwerlich berichten, aber wir können den Bericht zur Kenntnis nehmen und kommentieren.
Ich persönlich, auch als überzeugter Europäer, halte den AdR für ein ganz entscheidendes und wichtiges Gremium und möchte deswegen die Gelegenheit nutzen, ein paar grundsätzliche Bemerkungen zu diesem Ausschuss zu machen. Ich denke, Kollege Höfer – Sie sind selbst Mitglied in dem Ausschuss der Regionen – wird gleich noch etwas zu den Arbeitsergebnissen sagen und noch einmal die Themenschwerpunkte darstellen.
Es sind wichtige Themen benannt worden: natürlich der Brexit und das 60. Jubiläum der Römischen Verträge, das große Thema „Jugendarbeitslosigkeit“ – an anderen Orten sicherlich präsenter und prägnanter als bei uns –, ganz wichtig das Finanzpaket 2014 bis 2020 und die Kohäsionspolitik. Das sind alles nicht ohne Grund wichtige Themen;
denn der mit dem Vertrag von Maastricht gegründete Ausschuss der Regionen hat in der Tat in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen.
Als Stimme der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften Europas verleiht er den Regionen Europas in den politischen Entscheidungsprozessen der Europäischen Union Gehör. Diese Unmittelbarkeit ist etwas Einzigartiges und sozusagen die DNA dieses Ausschusses der Regionen.
Doch bleibt kritisch zu fragen: Findet die verdienstvolle Arbeit des Ausschusses der Regionen durch einen halbstündigen Tagesordnungspunkt in diesem Hause eine angemessene Berücksichtigung und Anerkennung? Wird der Ausschuss der Regionen überhaupt in der Bevölkerung wahrgenommen? Wäre es nicht zielführender, wenn der Ausschuss seine Arbeit stärker und aktueller in der Öffentlichkeit kommunizieren würde? Die letzte Frage: Ist es in unserer heutigen schnelllebigen Zeit nachvollziehbar, über Arbeitsergebnisse zu sprechen, die zwei Jahre zurückliegen?
In seiner Entschließung vom Februar 2017 schreibt der Ausschuss der Regionen, die EU müsse in der Lage sein, „das Vertrauen seiner Bürger zu stärken, den Schwierigkeiten, die auf Europa und die Welt zukommen, besser zu begegnen und Entscheidungen über gemeinsame Maßnahmen im Geiste der Solidarität und unter Beachtung des Subsidiaritätsprinzips zu treffen“.
Meine Damen und Herren, das ist ein Schlüsselsatz; denn er beinhaltet alles, was den Wesenskern der Europäischen Union ausmacht: Vertrauen, Solidarität und Subsidiarität.
Meine Damen und Herren, aber was nutzen die allerbesten Worte und die allerschönsten Ideen auf dem Papier, wenn diese nicht entsprechend wahrgenommen werden? Ist denn wirklich flächendeckend bekannt, dass viele Gelder für kommunale Projekte vor Ort von der EU kommen? Gerade wir als Volksvertreter müssen den Menschen noch viel stärker in unserem Land ins Bewusstsein rufen, dass sie als EU-Bürger in ihrem unmittelbaren Lebensumfeld von einer Reihe von Maßnahmen aus Brüssel profitieren.
Wenn wir daher Europa stärker am Willen der Bürger ausrichten und gemäß dem Subsidiaritätsprinzip mehr Europa im Großen und weniger Europa im Kleinen wollen – das heißt, Europa im Großen gleich Europa vor Ort und Europa direkt –, dann müssen wir dies auch vor Ort und direkt besser kommunizieren und den Bürgerinnen und Bürgern vor Augen führen, wie stark Europa durch den Ausschuss der Regionen in die Regionen hineinwirkt und welchen Mehrwert er darstellt.
Gerade dieser europäische Mehrwert, den die Menschen landauf landab in der Eifel, im Hunsrück, im Westerwald, in Rheinhessen und in der Pfalz dank der Arbeit des Ausschusses der Regionen mit Händen greifen können, bedarf einer exponierten Vermittlung, etwa dass in der EUFörderperiode 2014 bis 2020 allein rund 600 Millionen Euro kommunale Fördermittel für den ländlichen Raum nach Rheinland-Pfalz fließen, darunter 186 Millionen Euro aus
dem Fonds für regionale Entwicklung, 109 Millionen Euro aus dem Europäischen Sozialfonds und nicht zu vergessen die knapp 300 Millionen Euro aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums.
Das alles sind Förderinstrumente, die es den Regionen ermöglichen, über die Zukunftsgestaltung ihres Lebensumfelds selbst zu entscheiden. Das ist echte Hilfe zur Selbsthilfe. Hier werden regionale Projekte europäisch und erst durch und dank Europa möglich. Erst durch eine stärkere Fokussierung auf die unmittelbaren Bedürfnisse der Menschen vor Ort wird die Idee Europa zur gelebten Wirklichkeit.
Meine Damen und Herren, der Ausschuss der Regionen ist die Institution, in der das Erfordernis, Europa stärker am Willen der Bürger auszurichten, am nachhaltigsten zum Ausdruck kommt. Verdient dieses Gremium nicht eine viel stärkere Außenwahrnehmung, um den Bürgerinnen und Bürgern die unmittelbaren Auswirkungen von dessen Arbeit auf das tägliche Leben vor Ort näherzubringen? Ist der Bericht des rheinland-pfälzischen Mitglieds des Ausschusses der Regionen der Europäischen Union dafür das geeignete Format?
Gerade vor den Europawahlen sollten wir den Menschen im Land viel stärker ins Bewusstsein rufen, wie sehr sie von der Arbeit des Ausschusses der Regionen profitieren.
Das ist die beste Werbung gegen Populismus und Euroskeptizismus. Mit maximal jährlichen Berichterstattungen im Plenum allein erreichen wir dieses Ziel jedenfalls leider nicht.
Vielen Dank.
........ 4085, 4090 Abg. Giorgina Kazungu-Haß, SPD:.... 4086 Abg. Joachim Paul, AfD:......... 4087 Abg. Monika Becker, FDP:........ 4088 Abg. Daniel Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:.................... 4089, 4091 Abg. Michael Frisch, AfD:......... 4090 Dr. Stefanie Hubig, Ministerin für Bildung: 4092
Nach Aussprache mehrheitliche Ablehnung des Antrags der Fraktion der CDU auf Ausschussüberweisung............. 4093
Mehrheitliche Ablehnung des Antrags – Drucksache 17/7043 –............... 4093
Mehrheitliche Annahme des Alternativantrags – Drucksache 17/7098 –........... 4093
Kommunale Straßenbauinvestitionen und Straßenausbaubeiträge Besprechung der Großen Anfrage der Fraktion
der AfD und der Antwort der Landesregierung auf Antrag der Fraktion der AfD – Drucksachen 17/6448/6855/7023 –.... 4093
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Politische Bildung gehört zum Kerngeschäft der Schule. Im Schulalltag von Rheinland-Pfalz allerdings gehört der Politikunterricht zu den eher vernachlässigten Fächern, ein Manko, auf das mich Sozialkundelehrerinnen und -lehrer immer wieder hinweisen. In der Tat wird Sozialkunde ab ihrer Einführung in der Klassenstufe 9 oder 8 – je nachdem, ob G 8 oder G 9 – nur dreistündig in der Woche in der Sekundarstufe I unterrichtet. Es ist somit stundenmäßig das schwächste Fach im Fächerkanon Rheinland-Pfalz, und bundesweit gesehen ist Sozialkunde auf dem drittletzten Platz.
Meine Damen und Herren, man gibt somit ein falsches Bild von der Bedeutung dieses Fachs an die Schülerinnen und Schüler. Deswegen muss es dringend ausgeweitet werden.
2010 hat die Fraktion der CDU daher bereits einen Antrag auf Stärkung der Sozialkunde gestellt, und auch im Mai dieses Jahres hat der Landesverband Rheinland-Pfalz der Deutschen Vereinigung für Politische Bildung (DVPB) dieselbe Forderung aufgestellt. Auf eine unzureichende Stundenausstattung des Fachs Sozialkunde hat auch meine Kollegin Lerch hingewiesen. Ihr Vorschlag, den Sozialkundeunterricht um eine Stunde in der letzten Klasse vor Übertritt in die Oberstufe zu erhöhen und neben der politischen verstärkt auch die ökonomische Bildung zu integrieren, finden wir sehr gut. Deswegen findet er unsere Unterstützung. Unser Antrag geht genau in diese Richtung.
Ich sage auch ganz persönlich, dass ich es wirklich bedauere, dass Kollegin Lerch heute nicht hier sein kann, um persönlich zu diesem Thema zu sprechen. Ich weiß, dass sie erkrankt ist, und ich wünsche ihr deshalb von dieser Stelle aus alles, alles Gute.
Meine Damen und Herren, die Forderung, den Sozialkundeunterricht an den allgemeinbildenden Schulen in Rheinland-Pfalz zu stärken, ist nicht nur dem sachlichen Erfordernis geschuldet, Jugendlichen grundlegende politische und ökonomische Kenntnisse zu vermitteln, nein, diese Forderung entspringt auch dem Wunsch der Jugendlichen selbst. Schüler wollen über Politik reden. Das stelle ich bei meinen Besuchen an Schulen immer wieder fest, und Schüler verlangen auch immer wieder zunehmend wirtschaftliche Kenntnisse im schulischen Alltag, die sie im Sozialkundeunterricht vermissen. Auf die Bankenstu
die des Bankenverbandes sei nur hingewiesen. Sie alle kennen die Zahlen. Wir müssen also das Anliegen der Jugendlichen ernst nehmen und auch die ökonomische Bildung im Sozialkundeunterricht stärken; denn nur so gelingt es uns, den jungen Menschen eine breite Teilhabe an wirtschaftlichen Prozessen zu ermöglichen.
Diese Neuakzentuierung darf aber nicht auf Kosten der politischen Bildung gehen, sondern funktioniert nur durch eine zeitliche Ausweitung des Fachs; denn mit Blick auf das Erstarken von populistischen und extremistischen Tendenzen müssen wir die politische Bildung an unseren Schulen weiterhin nachhaltig sicherstellen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Zwar sollen nach Lehrplan und Handreichungen politische und zum Teil auch ökonomische Bildung in anderen Unterrichtsfächern mit reflektiert werden, allerdings zeigt die Praxis – das ist kein Vorwurf, das ist einfach so –, dass sich die Lehrer in anderen Fächern, die seltenst als zweites Fach Sozialkunde haben, sich darauf verlassen, dass der andere Kollege es entsprechend macht, und am Ende macht es keiner. Deshalb gehört politische und ökonomische Bildung fachgebunden in das Fach Sozialkunde hinein, unterrichtet von eigens dafür ausgebildeten und fortgebildeten Lehrkräften.
Meine Damen und Herren, wie sieht es derzeit aus? – Das Fach Sozialkunde ist gemäß Lehrplan in sieben Lernfelder unterteilt. Davon ist genau eines für die ökonomische Bildung, Wirtschaft, vorgesehen mit einem vielsagenden Titel, der da lautet: Die Jugendlichen als Konsumenten in der globalisierten Welt. –
Meine Damen und Herren, dieser Titel spricht Bände; denn ökonomische Bildung ist doch wirklich mehr als Konsumverhalten oder Globalisierung.
Zum Zweiten sind im Orientierungsrahmen 14 Stunden für dieses wirtschaftliche Thema im Lehrplan vorgesehen. 14 von 88 Stunden Sozialkunde in der Sekundarstufe I sind gerade einmal 16 %, die derzeit für den Bereich Wirtschaft verwandt werden. Das ist unserer Meinung nach eindeutig zu wenig. Deswegen ist es auch gerade in Zeiten von Fake News notwendig, Sozialkunde ganzheitlich aufzuwerten, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Deshalb ist es wichtig und richtig, jetzt darüber nachzudenken, den Sozialkundeunterricht aufzuwerten und die Zahl der Stunden zu erhöhen. Hierzu bedarf es klarer Signale seitens der Politik, die wir mit diesem Antrag geben wollen. Gerade diese Signale jedoch vermisse ich bei der
Landesregierung. Im Gegenteil, widersprüchliche Aussagen aus dem Bildungsministerium tragen sogar noch zur Verunsicherung bei; denn im Newsletter 1/2018 des DVPBLandesverbandes schreibt die Landesvorsitzende, dass Sie, Frau Ministerin, ihm am Rande des Demokratietages persönlich versprochen haben – versprochen ist auch die Wortwahl in diesem Flyer –, dass die Sozialkunde gestärkt werden soll, im Artikel der AZ vom 1. August 2018 lehnen Sie jedoch eine Änderung der Stundentafel kategorisch ab. Was stimmt den nun, Frau Ministerin? Was ist Ihre Richtung? Was ist Ihre Meinung? Warum setzt die DVPB eine Arbeitsgruppe zur Änderung der Stundentafel ein, wenn das Thema laut Ihrer Aussage gar nicht auf der Agenda steht, meine Damen und Herren?
Auch der vorliegende Alternativantrag der Koalition vermag diesen Widerspruch nicht aufzulösen. Wollen Sie denn – wie Sie es vorschlagen – durch weiteres Zerbröseln der Sozialkunde in andere Fächer hinein das Fach Sozialkunde stärken? Meine Damen und Herren, das ist doch Irrsinn, und es ist ein Widerspruch in sich.
Sie schreiben, dass Sie dem Fach Sozialkunde einen sehr hohen Stellenwert beimessen. Sie wussten wohl nicht, dass gerade einmal drei Stunden dafür aufgewandt werden. Ansonsten kann man das wirklich nicht nachvollziehen.
Sie schreiben sinngemäß von einem erfolgreichen Weg zur Stärkung der Sozialkunde, den Sie fortführen wollen. Bevor Sie etwas fortführen wollen, meine Damen und Herren, müssen Sie doch erst einmal damit anfangen, die Sozialkunde zu stärken.
Unser Antrag setzt dieses Stärken ganz klar in den Fokus. Ihr Antrag hingegen ist ideenlos, mutlos und lustlos. Dann schreiben Sie quasi als Krönung von Demokratiebildung in den Kindertagesstätten. Wenn Sie damit nicht meinen – davon gehe ich aus –, dass unsere Jüngsten schon Gewaltenteilung lernen, sondern von Demokratiebildung im Allgemeinen sprechen, dann ist das für uns eine Selbstverständlichkeit, meine Damen und Herren. Dafür braucht es nicht extra einen eigenen Antrag in diese Richtung.
Wie kann man also Ihren Antrag umschreiben? Vielleicht mit den Worten des Dichters Horaz: Der Berg kreißte, und er gebar eine Maus.
Und der Berg kreißte wegen der dicken Luft in der Koalition, wegen des FDP-Vorstoßes, den wir mit unserem Antrag aufgenommen haben, und die Maus, die unter Schmerzen geboren wurde, ist der Antrag, der außer Allgemeinplätzen nichts bereithält.
Meine Damen und Herren, stimmen Sie deswegen unserem Antrag zu. Liebe Kollegen von der FDP, ich bin sehr gespannt, wie Sie sich äußern; denn im Prinzip haben wir Ihre Forderung aufgenommen. Wir laden Sie ein, diesen Antrag gemeinsam und ernsthaft im Ausschuss zu diskutieren.
Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident. Herr Kollege Köbler, Demokratiebildung ist in der Tat mehr als ein Handyvertrag und ein Mietvertrag. Ich sage Ihnen auch, ökonomische Bildung bedeutet für uns, dass wir den Schülern ein wirtschaftliches Denken vermitteln, was derzeit nicht der Fall ist.
Klar ist Demokratiebildung eine Querschnittsaufgabe der Schule. Aber das ist doch jetzt schon der Fall. Oder stellen Sie die Schule hier als einen Hort der Demokratiefeindlichkeit dar? Das möchte ich doch als Lehrer streng zurückweisen. Das ist nicht der Fall.
Wenn Sie in Mathe, Musik, Sport die Klassenleiterstunden sehen, dann werden dort natürlich auch demokratische Elemente gelehrt, geübt und indirekt auf einer emotionalen Ebene vermittelt. Aber auf der fachlichen Ebene gehört dieses Thema in den Sozialkundeunterricht. So ist das nun einmal.
Bei einer Ausweitung des Faches Sozialkunde ist die Frage, wo wir anfangen. Ich sage, in Klasse 9 oder Klasse 8, je nachdem. Das ist mittlerweile schon ein gutes Alter. In Klasse 7 sind die 12- bis 13-Jährigen. Um diese komplexen Dinge auch abstrakt zu erfassen, ist eine gewisse Reife erforderlich. Das haben nun einmal die allermeisten Kinder mit 12 oder 13 Jahren nicht. Deswegen gehört die Sozialkunde an das Ende der Sekundarstufe I.
Ich sage Ihnen auch, wo die Stunde herkommt. Sie kommt nirgendwo her. Sie kommt on top. Ich sage Ihnen auch warum: Weil nämlich in der 10. Klasse – durch die dritte Fremdsprache oder fachbedingt, stundenbedingt oder wie auch immer – die meisten Kinder sowieso schon Nachmittagsunterricht haben.
In der Oberstufe haben sie sowieso ständig Nachmittagsunterricht. Das heißt, das ist für die Kinder beim Übergang von der Sekundarstufe I zur Sekundarstufe II zu verkraften. Deswegen in der 10. Klasse und nicht in der 9. Klasse,
weil das eventuell dazu führen könnte, dass dann die dritte Fremdsprache nicht so belegt wird. Glauben Sie mir, das ist ein bisschen Schulerfahrung, die ich Ihnen mitgeben kann. Wenn Sie einmal in die Schule gehen, werden Ihnen das die Schulkollegen auch so berichten.
Besten Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Dass man zum Schuljahresbeginn eine Aktuelle Debatte über das neue Schuljahr führt, ist völlig in Ordnung. Aber wir fragen uns als CDU-Fraktion, ob auch die Situation in den Schulen vor Ort in Ordnung ist.
Sicherlich nicht. Kann man von einem guten Start ins neue Schuljahr sprechen, wenn kurz vor dem neuen Schuljahr gleich zweimal das Verwaltungsgericht politische Positionen der Landesregierung einkassiert hat?
Auch in diesem Schuljahr bleibt die Zukunftsperspektive – ich nehme zu Anfang das Beispiel kleine Grundschulen heraus – völlig offen. Eine „Zwergreform bei Zwergschulen“ titelte eine Tageszeitung und traf damit den Nagel auf den Kopf.
Meine Damen und Herren, es ist Ihnen allen bekannt, dass sich das Land bei der Schließungsreform der kleinen Grundschulen durch handwerkliche Fehler bis auf die Knochen blamiert hat. Meine Damen und Herren, das Problem bleibt trotz allem auch in 2018/19 bestehen.
Anstatt ein Perspektivmodell zu schaffen, das neue Optionen für kleine Grundschulen schaffte, hat das Ministerium Schließungsentscheidungen ohne ein durchdachtes Konzept durchgezogen und dadurch maximalen Flurschaden angerichtet. Zurück bleiben am Beginn des neuen Schuljahres, auch bei den kleinen Grundschulen, die letzten Endes nicht geschlossen wurden, Tausende völlig unnötig verunsicherte Lehrer, Eltern und Schüler, meine Damen und Herren. Das ist ein Fakt.
Wenn man die Verlautbarungen aus dem Bildungsministerium zu Beginn eines Schuljahres liest, fühlt man sich quasi wie in eine Traumwelt versetzt.
Frau Kollegin Brück, ich habe Ihren Zahlen sehr stark gelauscht. Ich bezweifele nur, dass das alles nachhaltig zu den Resultaten führen wird, die wir uns gerne erhoffen.
Auch hier reicht wieder einmal ein kleiner Ausflug zurück in die Vergangenheit, wie wir mit den Superlativen umzugehen haben.
Im Schuljahr 2016/17 sind landesweit 210.000 Schulstunden ausgefallen.
Frau Ministerin, dennoch sprachen Sie von der besten Unterrichtsversorgung seit Jahren.
Ich hielte das für nicht adäquat.