Silke Biendel

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14/9 14/13 14/28

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte noch kurz auf zwei Bereiche eingehen, die schon angesprochen wurden.
Generationenpolitik ist keine Politik für bestimmte Generationen; sie ist vielmehr Politik für alle Generationen. Die Familienpolitik, die Kinder- und Jugendpolitik und die Seniorenpolitik beinhalten die Aufgaben, die zur Generationenpolitik gehören und gleichzeitig darüber hinaus von allgemeiner gesellschaftspolitischer Tragweite sind. In zunehmendem Maße wird jedoch auch erkannt, dass es einen inneren Zusammenhang zwischen diesen Politikfeldern gibt: Sie sind alle eng mit der demografischen Entwicklung verbunden und stehen dementsprechend vor den spezifischen Herausforderungen, die der markante Wandel in den nächsten Jahrzehnten mit sich bringt.
Für den Menschen im höheren Lebensalter kommt für seine Lebensgestaltung dem Wohnumfeld eine zentrale Bedeutung zu. Die meisten älteren Men
schen möchten ihr Wohnumfeld selbstständig unter Nutzung ihrer kreativen Kompetenzen gestalten. Ein Bedarf, das Wohnumfeld anzupassen, entsteht spätestens dann, wenn der körperliche, geistige oder seelische Zustand eines Menschen seine Bewegungsund Gestaltungsfreiheit einschränkt. Der Mensch bedarf dann eines Wohnangebotes, in dem auch die individuell erforderlichen Hilfeleistungen erbracht werden können. Neben älteren Menschen, denen ihr Ruhestandseinkommen die Deckung der Kosten für Servicewohnen gestattet, wird ein erheblicher Teil der älteren Bevölkerung von sinkenden Alterseinkommen und steigenden Wohnkosten betroffen und auf die Aufrechterhaltung eines preiswerten Wohnungsbestandes in den Kommunen angewiesen sein. Es ist daher wichtig, neue und vor allem günstige Wohnformen für ältere Menschen zu schaffen.
Im Koalitionsvertrag steht geschrieben, dass das Förderprogramm „Wohnen im Alter“ beibehalten und im Hinblick auf eine verstärkte Ausrichtung der Kriterien der sozialen Bedürftigkeit weiterentwickelt wird. Papier ist ja bekanntlich geduldig, denn in der Realität sieht das Ganze schon anders aus. Das erfolgreiche Programm „Wohnen im Alter“ ist mit dem Haushaltsentwurf, den die Landesregierung jetzt vorgelegt hat, endgültig gestorben. Übrig bleibt ein kleiner Haushaltstitel zur Förderung der Entwicklung neuer Wohnformen für ältere Menschen. Er wäre wahrscheinlich auch nicht mehr vorhanden, wenn wir nicht den entsprechenden Antrag gestellt hätten. Es ist von großer Bedeutung, dass sich Menschen frühzeitig selbstbestimmt auf ihr Leben im Alter vorbereiten und ihre künftige Wohnsituation vorausschauend planen wollen. Hierfür müssen wir nicht nur ein Bewusstsein schaffen. Wir müssen die Menschen im Land dabei auch finanziell unterstützen und ihnen Möglichkeiten aufzeigen, wie sie ihren Lebensabend planen und verbringen können.
Wir haben an dieser Stelle im Haushalt einen sozial sinnvollen Aufwuchs gefordert; Sie haben es abgelehnt.
Wie bereits eingangs erwähnt, gehört zur Generationenpolitik jedoch nicht nur die Seniorenpolitik. Auch das haben die Koalitionspartner in ihrem Vertrag ja dankenswerterweise schon erkannt und sogar festgeschrieben. Unter dem Punkt „Generationenpolitik und Generationendialog“ findet sich neben der oben erwähnten Seniorenpolitik auch ein Bereich der Jugendpolitik. Wenn wir ein generationengerechtes Saarland schaffen wollen, müssen wir gerade den jungen Menschen, die sich aktiv in die Gesellschaft einbringen, ein entsprechendes Umfeld bieten. Dazu gehört an wichtiger Stelle auch die Sicherung des
Landesjugendrings als elementare Struktur, die ehrenamtliches Engagement junger Menschen möglich macht und unterstützt.
Die Bedeutung von Vernetzung, die Bedeutung der Sicherung der Handlungsfähigkeit des Landesjugendrings ist zumindest laut Koalitionsvertrag auch bei den Regierungsfraktionen angekommen und verstanden worden. Natürlich ist es schön, dass bei der Förderung der Kinder- und Jugendarbeit trotz der finanziellen Lage keine weiteren Kürzungen vorgenommen wurden. Dennoch ist es nicht verständlich, dass die massiven Kürzungen beim Landesjugendring nicht endlich zurückgenommen werden.
Es ist für die ehrenamtlichen Strukturen im Land wichtig, den Landesjugendring finanziell so auszustatten, dass er seine Aufgaben weiterhin ohne Einschränkungen wahrnehmen kann. Wir haben in den Haushaltsberatungen einen Vorschlag dazu gemacht, wie er seine Handlungsfähigkeit behalten kann. Sie haben dagegen gestimmt. Perspektivisch bedeutet dies einen Rückbau beim Personal. Bewährte Strukturen werden von Ihnen und Ihrer kurzsichtigen Politik zerstört.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das sind nur zwei kleine Bereiche aus dem Koalitionsvertrag, zwei kleine Bereiche in einem großen Landeshaushalt. Sie sind jedoch für mich von großer Bedeutung für unsere Gesellschaft, die wir doch für alle Generationen lebens- und liebenswert gestalten wollen. Aber leider ist hier wieder nur Folgendes festzustellen. Jamaika bedeutet: versprochen, gebrochen. Jamaika bedeutet: verfehlte Politik für die Menschen in unserem Land. Jamaika bedeutet: bei schwieriger Haushaltslage die falschen Schwerpunkte setzen. Kurzum, Jamaika bedeutet nichts Gutes. - Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Die vor knapp einem Jahr veröffentlichte Sozialstudie Saar hat uns allen gezeigt, dass viele Saarländerinnen und Saarländer akut durch Armut bedroht sind, und sie hat uns deutlich gemacht, dass in unserem Land weiterer dringender Handlungsbedarf besteht. Darüber haben wir uns bereits im Januar gemeinsam und auch sehr ausführlich hier auseinandergesetzt, wenn auch mit unterschiedlichen Ansatzpunkten. Doch in einem waren wir uns alle einig. Es muss etwas passieren in unserem Land. Es muss gehandelt werden, um die Armut in unserem Land zu bekämpfen.
Es muss gemeinsam dafür Sorge getragen werden, den sozialen Zusammenhalt in unserem Land zu retten und die weitere gesellschaftliche Spaltung zwischen Arm und Reich langfristig zu verhindern.
Danke. - Dazu ist es dringend notwendig, einen gezielten Aktionsplan auszuarbeiten. Dieser muss einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen und vor allem konkrete Maßnahmen benennen. Dazu müssen wir uns gemeinsam mit den Handelnden - also den Sozial- und Wohlfahrtsverbänden, den Betroffenenvertretern, den Gewerkschaften und Arbeitsorganisationen, den Kirchen, den kommunalen Spitzenverbänden und anderen gesellschaftlichen Gruppen - konsequent der Armutsbekämpfung widmen und gemeinsam für die Schwächsten in unserer Gesellschaft einsetzen.
Wie bereits gesagt, waren wir uns darüber alle einig. Auch die Landesregierung war sich darüber im Klaren, dass die Studie analysiert werden muss und aus dieser Analyse Handlungsempfehlungen erarbeitet, vorgelegt und umgesetzt werden müssen. Es freut mich, dass die Koalitionsfraktionen in ihrem Antrag heute - wie im Grunde schon in der Sitzung im Januar beschlossen - erneut die Landesregierung auffordern, einen Aktionsplan zu erstellen. Das sollte eigentlich bereits bis Ostern dieses Jahres geschehen. Doch was ist bisher passiert? Nichts. Es gibt keinen Plan auf Grundlage der Sozialstudie zur Bekämpfung der Armut von Seiten der Landesregierung. Und deshalb sehen wir es für dringend notwendig an, dass die Landesregierung sich endlich in Bewegung setzt und zeigt, dass sie das Problem nicht nur erkannt hat, sondern auch ihre Aufgaben macht und endlich auch handelt.
Die SPD-Landtagsfraktion hat bereits gehandelt, sie hat aus der Analyse der Sozialstudie und nach eigenen Anhörungen der saarländischen Verbände, Organisationen und Vereine sowie vielen Gesprächen mit Experten und Betroffenen zum Thema Armut einen Aktionsplan erstellt, der als Diskussions- und Handlungsgrundlage vorliegt. Ein Punkt ist die Bekämpfung von Einkommensarmut. Armutsgefährdete Menschen in ihren individuellen Lebenslagen bedürfen unserer solidarischen Unterstützung durch besondere Maßnahmen. Es ist wichtig, dass die Menschen in unserem Land eine sichere Arbeitsstelle mit existenzsichernden Löhnen haben.
Nur so kann der Weg aus der Armutsfalle gelingen. Denn Einkommensarmut führt zu Kinderarmut und in späteren Jahren weiter zu Altersarmut. Ein wirkungsvoller Baustein zur Bekämpfung der Einkommensarmut ist hierbei die Einführung von Mindestlöhnen in der Höhe von 8,50 Euro. Denn nur dadurch kann die hohe Zahl der Aufstocker reduziert werden. Es kann nicht sein, dass viele Menschen trotz regulärer Arbeit auf staatliche Hilfen angewiesen sind. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung wurde heute bereits beschlossen. Auch wenn uns das verabschiedete Vergabe- und Tariftreuegesetz nicht
weit genug geht und noch viele Lücken lässt, ist zumindest der gute Wille der Landesregierung zu erkennen.
Ein weiterer Punkt: Bildung. Gute Bildung ist der Schlüssel zur Überwindung von Armut und für gesellschaftliche Teilhabe. Gerade im Bildungsbereich kann bereits präventiv gegen die Armutsentwicklung gekämpft werden. Hierzu benötigen wir ein Bildungs- und Erziehungskonzept, das niemanden zurücklässt und bereits bei den Kleinsten beginnt. Es ist notwendig, die Qualität erheblich zu verbessern. Hierzu werden bereits gemeinsame Gespräche geführt. Deshalb werde ich das nicht weiter vertiefen.
Was in der Sozialstudie ebenfalls festgestellt wurde, ist der Zusammenhang zwischen Gesundheit und Armut. Viele Menschen geben gezwungenermaßen weniger Geld für Gesundheit aus, weil sie sich zusätzliche, aber oft notwendige Leistungen einfach nicht leisten können. Es ist daher notwendig, einkommensschwache Menschen von den Kosten der Gesundheitsversorgung von vornherein freizustellen. Unabhängig vom Einkommen müssen alle Bürgerinnen und Bürger den gleichen Anspruch auf eine gute Versorgung haben. Nur ein solidarisch getragenes Gesundheitssystem kann dieses Recht aller auf eine gute medizinische Versorgung garantieren. Dazu brauchen wir paritätisch finanzierte Beitragssätze. Einkommensunabhängige Zusatzbeiträge oder Kopfpauschalen stehen unserer Vorstellung von einer gerechten Finanzierung des Gesundheitssystems entgegen.
Jetzt lässt die schwarz-gelbe Bundesregierung auch noch Arbeitslose die Zusatzbeiträge der gesetzlichen Krankenkassen selbst bezahlen. Daher muss die Garantie für medizinische Versorgung für alle auf Dauer erreicht werden. Zusätzlich müssen landesweite Programme zur Gesundheitsprävention die Menschen erreichen. Diese Programme müssen aber vor allem wohnortnah angeboten werden, damit auch hier einkommensschwache Menschen daran teilnehmen können. Erfolgreich arbeitende Angebote wie beispielsweise Familienzentren oder Besuche von Familienhebammen müssen dabei ausgebaut werden und vor allem sinnvoll in das Gesamtkonzept des Aktionsplanes integriert werden.
Bei der Armutsbekämpfung ist also ein ganzheitliches Konzept gefordert. Unkoordinierte Einzelmaßnahmen und Herumdoktern an den Symptomen helfen nicht weiter. Nein, wir müssen die Ursachen für Armut wirksam bekämpfen. Dabei muss konkretes politisches Handeln als Querschnittsaufgabe alle Politikfelder abdecken. Besonders Wirtschafts-, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik dürfen nicht als getrennte Bereiche betrachtet werden. Sie müssen aufeinander bezogen sein und bereichsübergreifend
handeln. Grundsätzlich müssen zukünftig alle Entscheidungen der Landesregierung mit dem Ziel der Armutsbekämpfung im Einklang stehen, dies auch insbesondere im Hinblick auf die Aufstellung der Haushaltspläne. Denn gerade hier können die Maßnahmen mit direktem Eingang in die Titel der zukünftigen Haushaltspläne eine dauerhafte finanzielle Absicherung garantieren.
Bei der Erstellung des Aktionsplanes zur Bekämpfung von Armut müssen alle Akteure, wie Organisationen und Verbände, aber auch die Betroffenen selbst beziehungsweise deren Vertreter, einbezogen werden. Ihr Wissen und ihre Erfahrung müssen intensiv genutzt werden. Aber auch darüber hinaus ist die Mitwirkung notwendig, damit gemeinsam die praktische Umsetzung des Aktionsplanes begleitet werden kann. Und es ist wichtig, dass die Sozialstudie Saar keine Eintagsfliege war. Nein, sie muss künftig regelmäßig durchgeführt werden. Sie muss allerdings erweitert werden und als echte Sozialberichterstattung mit Armuts- und Reichtumsbericht durchgeführt werden.
Aber was heute an erster Stelle steht: Wir müssen handeln. Wir müssen jetzt handeln und nicht noch weitere Monate verstreichen lassen. Wir müssen jetzt handeln, um sozial Schwache direkt zu unterstützen, und wir müssen jetzt handeln, um Menschen zukünftig vor Armut zu bewahren. Wir müssen jetzt handeln und einen ganzheitlichen, saarländischen Aktionsplan gegen Armut und Ausgrenzung erarbeiten, damit wir dieses Ziel effektiv und nachhaltig erreichen. Wir müssen gemeinsam handeln gemeinsam mit allen gesellschaftlichen Gruppen, der Politik und der Wirtschaft. Das erwarten die Menschen von uns. Das erwarten sie zu Recht. Danke.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ein Grundsatz, den wir sicherlich alle in diesem Haus teilen, lautet: Alle unsere Kinder und Jugendliche unabhängig von ihrer Herkunft und den sozialen Verhältnissen müssen gleiche Chancen haben, gesund aufzuwachsen, zu lernen und am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Die Realität ist leider eine andere. Immer mehr Kinder und Jugendliche wachsen in schwierigen Verhältnissen auf. Dies ist im Wesentlichen darin begründet, dass leider immer mehr Familien mit sehr geringem Einkommen auskommen müssen. Die Folge ist, dass eben nicht alle Kinder und Jugendlichen die gleichen Chancen haben, gesund aufzuwachsen, zu lernen und am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Wenn man sich den jährlichen exorbitanten Anstieg der Jugendhilfehaushalte der Kreise und Kommunen vergegenwärtigt, wird einem deutlich bewusst, dass hier erheblicher und dringender Handlungsbedarf besteht.
Der Staat darf sich hier nicht nur als Reparaturbetrieb verstehen und versuchen, so weit wie möglich irgendwelche Symptome zu bekämpfen. Wenn es uns nicht gelingt, die Ursachen für diese immer weiter wachsende Chancenungleichheit zu beseitigen, wird sich die Problematik lawinenartig vergrößern. Denn wenn wir nicht allen unseren Kindern die Chance geben, unabhängig vom Geldbeutel ihrer El
tern gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben und im Rahmen ihrer kognitiven, emotionalen Fähigkeiten zu lernen, provozieren wir sozusagen die Probleme von morgen und übermorgen.
Nun ist es ja nicht so, dass der Staat, die Länder und Kommunen in diesem Bereich nichts tun. Das Kinder- und Jugendhilfegesetz zum Beispiel bildet hier einen gesetzlichen Rahmen. Aber darüber hinaus muss noch viel mehr präventiv gearbeitet werden. In der Politik ist grundsätzlich eigentlich jedem klar, dass finanzielles Engagement in die Prävention die einzige Chance ist, erheblich höhere Folgekosten zu vermeiden, einmal abgesehen davon, dass dies auch eine humane Verpflichtung gegenüber den Betroffenen ist, zumindest in der Theorie.
In der Praxis scheitert dies leider oftmals daran, dass es sich im Rahmen unserer Haushaltssituation bei präventiven Projekten um Ausgaben handelt, die im Rahmen der prekären Haushaltslage von der kommunalen Seite her nur schwer getätigt werden können. Aber wie wichtig und zielführend solche Projekte sein können, zeigt das Projekt „Frühe Hilfen“, das vom ehemaligen Stadtverband, dem jetzigen Regionalverband, seinerzeit als ein Modellprojekt zwischen Gesundheitsamt, Jugendamt und der Kinderklinik des Winterbergkrankenhauses initiiert wurde.
In der letzten Legislaturperiode wurde dieses Projekt hier im Plenum debattiert. Die Landesregierung hat vernünftigerweise das Projekt landesweit übernommen und mit dem Bundeskonzept „Keiner fällt durchs Netz“ verkoppelt. Nach meinem Kenntnisstand werden immer mehr junge Familien und vor allem immer mehr junge alleinerziehende Frauen in diesem Projekt betreut, was eindeutig zeigt, wie groß der Bedarf ist, und dass das Land sich in diesem Bereich noch erheblich, auch finanziell, engagieren muss und die Zusammenarbeit mit den Städten und Gemeinden, mit den Landkreisen und dem Regionalverband, verstärken muss.
Ich erwähne dieses Projekt deshalb, weil damit exemplarisch beschrieben wird, wie früh Prävention anfangen muss, wenn sie sinnvoll sein soll, nämlich schon vor der Geburt, indem man die jungen Mütter und Väter, die möglicherweise mit ihrer Situation überfordert sind, nicht alleine lässt. Genau hier müssen wir auch weiter ansetzen. Der Staat hat nicht die Absicht, das Elternhaus zu ersetzen, er ist aber dafür da, die Eltern in die Lage zu versetzen, ein Elternhaus zu bieten, in dem die Kinder gesund aufwachsen können, in dem die Kinder gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilhaben können, in dem die Kinder die Chance haben, nach ihren kognitiven und emotionalen Fähigkeiten zu lernen. Der
Staat ist also dafür da, früh unterstützend tätig zu werden.
Unterstützend tätig zu werden, bedeutet dann auch, dass man den Eltern die Chance geben muss, einer Arbeit nachzugehen. Sie setzt unter anderem voraus, dass die Kinder frühestmöglich durch Kinderkrippen, Kindertageseinrichtungen, Kinderhorte und andere Einrichtungen betreut werden. Diese Betreuung muss für die Eltern finanzierbar bleiben und sie muss einen zeitlichen Umfang haben, der die Aufnahme von Arbeit ermöglicht. Was ich hier sage, ist sicherlich nichts Neues, aber immer noch fehlen an vielen Orten entsprechende Einrichtungen, zum Beispiel für Kinder unter drei Jahren. Hier muss die Landesregierung gemeinsam mit der kommunalen Ebene für einen zügigen Ausbau sorgen.
Die Inanspruchnahme solcher Angebote für Familien mit geringem Einkommen darf dann allerdings nicht daran scheitern, dass bürokratische Probleme entstehen, wie zum Beispiel bei der hier im Hause diskutierten Problematik der Essensfinanzierung.
Betreuungsangebote, vor allem finanzierbare, für die Familien können natürlich nicht enden, wenn die Schulpflicht der Kinder beginnt. Deshalb ist es wichtig, dass die Ganztagsangebote an Grundschulen und weiterführenden Schulen weiter ausgebaut werden, wobei wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten immer die echten Ganztagsschulen meinen. Auch hier kann das Land die kommunale Seite finanziell nicht alleine lassen.
Zu diesem von mir anskizzierten Themenbereich gäbe es sicherlich noch viel zu sagen, aber wegen meiner kurz bemessenen Redezeit will ich es hierbei bewenden lassen. Mir drängt sich allerdings der Eindruck auf, dass die Landesregierung sich ihrer Verantwortung in diesem Bereich keineswegs bewusst ist, wenn es zum Beispiel darum geht, die Kinderund Jugendhilfe gemeinsam mit der kommunalen Seite und den freien Trägern weiterzuentwickeln. Hier war in den letzten Jahren kaum ein Ansatz zu erkennen und so sieht es auch aktuell aus. Eher ist das Gegenteil der Fall.
Gleiches gilt auf der Landesebene, denn wie anders ist es zu interpretieren, dass sieben Monate nach der Landtagswahl der Landesjugendhilfeausschuss noch immer nicht konstituiert ist.
Ernst genommene partnerschaftliche Zusammenarbeit sieht anders aus. Das Land hält seine Versprechen nicht. Beispiele hierfür sieht man im Entwurf des Landeshaushaltes für das Jahr 2010 zur Genüge. Der Regierungsentwurf bricht das Versprechen von „Jamaika“, den Landesjugendring besser zu fördern. Wenn jetzt die Koalitionsfraktionen im Nach
gang zur SPD einen Änderungsantrag stellen, so ist dies nur mit ihrem schlechten Gewissen zu erklären.
Ein weiteres Beispiel. Saarland - wir leben Familie, wir wollen Familien mit Kindern weiter unterstützen, fördern und entlasten, so wird vollmundig erklärt. Fakt ist jedoch, dass gerade in diesem Bereich der Rotstift massiv angesetzt wurde, die Kriterien so angelegt sind, dass finanzschwache Familien mit Kindern keine Chancen auf Förderung zum Beispiel bei Ferienfreizeiten haben. Immer wieder ist zu erkennen, dass von der Regierung viel versprochen wurde, dass es dann aber bei der Einhaltung und Umsetzung hapert oder mit fadenscheinigen Ausreden verzögert wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dass es viel zu tun gibt in diesem Bereich, hat auch das Ergebnis der Sozialstudie Saar gezeigt, auf deren Erscheinen wir alle lange genug warten mussten. Vieles, was dort ausgesagt und an Problemen erkannt wurde, ist Ursache für die gesellschaftliche Chancenungleichheit insbesondere für Kinder und Jugendliche, von denen ich eben gesprochen habe. Diese Sozialstudie ist kein Selbstzweck, sondern sie muss uns gemeinsam auffordern zu handeln. Gerade im Bereich Familien und soziale Netzwerke zeigt die Studie deutlich Lücken in der Fläche des Landes auf, wo es zum Beispiel um Elternberatung und Gemeinwesenarbeit geht. Diese Lücken zu schließen, ist auch Verantwortung des Landes. Deshalb fordern wir ein familien- und jugendpolitisches Konzept der Landesregierung ein.
Nur wenn wir die Familien, insbesondere die jungen Familien, so unterstützen, wie es notwendig ist, bieten wir - um mit meinen einführenden Worten zu enden - allen unseren Kindern und Jugendlichen unabhängig von ihrer Herkunft und sozialen Verhältnissen, in denen sie leben, gleiche Chancen, gesund aufzuwachsen, zu lernen und am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Die Lippenbekenntnisse der Landesregierung hierzu haben wir wohl alle vernommen, doch die Realität ist eine andere, insbesondere die aktuelle Haushaltsrealität. - Ich danke Ihnen.