Alwin Theobald
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Vielen Dank, Frau Präsidentin. Es ist tatsächlich so, dass der Kollege ab der konstituierenden Sitzung im Gemeinderat gefehlt hat. Anfangs war das sicherlich wegen einer Erkrankung. In den folgenden fünf Jahren fehlte er aber unentschuldigt beziehungsweise ohne sich abzumelden oder der Frau Bürgermeiste
rin Müller-Closset auch nur irgendetwas Entschuldigendes an die Hand zu geben. Er hätte teilnehmen oder sich entschuldigen können. Die Anmerkung des Kollegen Zimmer ist durchaus berechtigt.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Saarländerinnen und Saarländer, vor allem aber liebe Kolleginnen und Kollegen in der saarländischen Justiz! Der Rechtswissenschaftler Rudolf von Jhering hat im 19. Jahrhundert festgestellt: „Das Recht ist nicht ein bloßer Gedanke, sondern eine lebendige Kraft.“ Doch ist dieser Satz alleine für sich genommen bereits richtig und universell gültig? Ich finde, das Recht braucht, um seine lebendige Kraft auch tatsächlich zum Wohle der Menschen in unserem Land entfalten zu können, ein starkes, ein tragfähiges Fundament. Dieses Fundament ist der Landeshaushalt, den wir hier heute zementieren.
Wir sorgen als Regierungskoalition dafür, dass unsere Justiz auch weiterhin gut aufgestellt bleibt und dass sie, wo immer möglich und nötig, sowohl personell als auch finanziell und baulich noch besser ausgestattet wird.
Unser wichtigstes Pfund für eine zukunfts- und handlungsfähige Justiz sind dabei unsere engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie sind es, die einer hohen Arbeitsbelastung zum Trotz dafür sorgen, dass unabhängig Recht gesprochen und dem Recht auch zuverlässig Geltung verschafft werden kann.
Eines der wichtigsten Ziele für uns als Regierungskoalition war es deshalb, in dem nun vorliegenden Haushaltsentwurf ein weiteres Mal personell nachzusteuern und die Beschäftigten zu entlasten. Es ist nicht zuletzt auch der Pakt für den Rechtstaat, der uns dabei hilft. Wir haben es geschafft, in dem Doppelhaushalt, den wir heute diskutieren, 69 zusätzliche Beamtenstellen zu schaffen und zu finanzieren, ein wichtiges Signal, auf das mein Kollege Ulrich Schnur in seinem Beitrag noch genauer eingehen wird.
Ein ganz persönliches Anliegen, gerade auch von meiner Kollegin Dagmar Heib und mir, war es, auch in diesem Haushalt das Beförderungsbudget für die Bediensteten in der Justiz und im Justizvollzug noch einmal über den ursprünglichen Ansatz hinaus anzuheben. Die Menschen, liebe Kolleginnen und Kollegen, die zuverlässig und hochmotiviert jeden Tag ihren Strang ziehen, brauchen auch eine realistische Aufstiegsperspektive. Dies gilt ganz besonders in so sensiblen und oft herausfordernden Tätigkeiten wie an unseren Gerichten und im Strafvollzug!
Damit erfüllen wir auch eine Hoffnung der Gewerkschaften im Justizbereich, mit denen wir immer wieder in einem engen und vertrauensvollen Austausch stehen und die mit großem Engagement die Interessen der Bediensteten in der saarländischen Justiz und im Justizvollzug vertreten. Ich begrüße an dieser Stelle ganz herzlich Herrn Markus Wollscheid, den Vorsitzenden des Bundes der Strafvollzugsbediensteten im Saarland, und Herrn Dirk Biegel, den Vorsitzenden der Deutschen-Justiz-Gewerkschaft an der Saar, die von der Tribüne aus diese Debatte verfolgen! Vielen Dank für euer Engagement!
Der Mittelansatz, mit dem wir mehr Beförderungen möglich machen wollen, wird im Jahr 2021 von ursprünglich 50.000 Euro um 30.000 auf insgesamt 80.000 Euro erhöht. Und auch für 2022 haben wir den Mittelansatz um 60 Prozent auf dann ebenfalls 80.000 Euro hochgesetzt. Unser Signal an die Bediensteten in der Justiz und im Vollzug lautet auch im Doppelhaushalt 2021/22: Wir stehen an eurer Seite! Wir stehen auch dann an eurer Seite, wenn es gilt, eure Berufsbilder zu stärken und für sie zu werben. Ich begrüße deshalb ganz ausdrücklich die Ausbildungsoffensive des Justizministeriums. Wir wollen die besten Köpfe für uns gewinnen und so die Justiz im Saarland weiter stärken. Unsere Justiz braucht gut ausgebildete Nachwuchskräfte, denen nicht nur die Politik, sondern denen auch unsere Gesellschaft ein hohes Maß an Wertschätzung entgegenbringt.
Ein hohes Maß an Wertschätzung, und hier wende ich mich bewusst an Markus Wollscheid, wollen wir als CDU-Fraktion gerade gegenüber der Arbeit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, meiner Kolleginnen und Kollegen im Vollzug, zum Ausdruck bringen!
Es ist deshalb unser Ziel, möglichst zeitnah in die Erhöhung der Zulage für den Justizvollzug und die Psychiatrie, die sogenannte Gitterzulage, einzusteigen. Wir wollen und werden erste spürbare Schritte einleiten, um die Erschwerniszulagen für unsere Beamtinnen und Beamten in den kommenden Jahren an das Niveau anderer Bundesländer heranzuführen. Auch das vorhandene Delta zu anderen Berufsgruppen in Uniform wollen wir Schritt für Schritt schließen.
Es ist mir gerade als kinderpolitischer Sprecher meiner Fraktion auch ein Herzensanliegen, das Engagement von Justizstaatssekretär Roland Theis für eine kindgerechte Justiz zu unterstützen. Ich spreche sicherlich auch im Namen meiner Kollegen vom Arbeitskreis Justiz der CDU-Landtagsfraktion, wenn
ich sage, das ist ein ganz wichtiger Schwerpunkt unserer gemeinsamen politischen Arbeit.
Es freut mich deshalb sehr, dass das Saarland für die Teilnahme am Bundesmodellprojekt „Gute Kinderschutzverfahren“ ausgewählt wurde. Gemeinsam mit dem Regionalverband beteiligen wir uns als Modellregion an dem Forschungsprojekt des Bundes zur Qualitätsentwicklung und zur Qualitätssicherung für eine kindgerechte Justiz. Ziel dieses Projektes ist es, alle Verfahren, an denen Kinder beteiligt sind, so kindgerecht wie nur irgend möglich zu gestalten, seien es Verfahren an den Familiengerichten oder auch Verfahren der Strafgerichtsbarkeit. Der Austausch zwischen Fachkräften der Justiz und Fachkräften im Kinderschutz soll nachhaltig verbessert werden, entsprechende Fortbildungsmöglichkeiten werden interdisziplinär und auch webbasiert ausgebaut.
Kindgerecht ist das Stichwort auch in Bezug auf den Umbau und die Sanierung der Besuchsabteilung in der JVA Saarbrücken. Ich bin froh, dass bei den dringend notwendigen Bauarbeiten gerade auch an die Kinder gedacht wird und dass das Ministerium der Justiz die UN-Kinderrechtskonvention mit im Blick hat. Kinder haben das Recht auf unmittelbaren Kontakt zu ihren Eltern. Durch die Inhaftierung aber greift der Staat in das Eltern-Kind-Verhältnis ein und hat deshalb eine besondere Verantwortung. Kinder, deren Eltern in Haft sind, befinden sich in einer besonders verletzlichen Lebenslage. Wenn Papa im Gefängnis sitzt, bleibt das nicht ohne Folgen für die betroffene Familie und vor allem nicht für die Kinder.
Dieser wichtige Anspruch, auch im Justizvollzug die Bedürfnisse der Kinder inhaftierter Eltern und der Gefangenen in Straf- und U-Haft im Blick zu haben, ändert allerdings nichts an der Notwendigkeit, ein hohes Maß an Sicherheit in der größten Strafanstalt unseres Bundeslandes zu gewährleisten und gleichzeitig auch die Arbeitsumgebung für die Bediensteten zu optimieren. Deshalb sind die Investitionen in den Umbau und die Sanierung der Besuchsabteilung des Verwaltungsgebäudes und der Außenpforte der JVA Saarbrücken mit einer Gesamtsumme der reinen Baukosten von 13,8 Millionen Euro bis zur Fertigstellung auch zusammengenommen gut angelegtes Geld.
Gleiches gilt für die Erneuerung der Zellenruf- und Hausalarmanlage in der JVA Ottweiler. Auch hier steht die Sicherheit unserer Mitarbeiter und der Gefangenen gleichzeitig im Mittelpunkt.
Jungen Menschen - Mädchen und Jungen -, die auf dem geraden Weg des Erwachsenwerdens gestrauchelt sind, wieder aufzuhelfen und ihnen bessere Perspektiven aufzuzeigen, ist ein weiteres Ziel, das wir uns gesetzt haben, das wir aber nur erreichen können, wenn wir neben dem Jugendstrafvollzug und dem Jugendarrest alternative niederschwellige
und unterstützende Sanktionsmöglichkeiten als eine weitere wichtige Säule vorhalten. Es geht darum, individuell für jeden jungen Menschen das richtige Maß, die richtige Maßnahme zu finden und diese individuell anwenden zu können. Ich bin deshalb auch froh, dass es in diesem Haushalt gelingt, die Mittel für die Häuser des Jugendrechts noch einmal zu erhöhen und neben Projekten in Saarbrücken und Saarlouis auch ein entsprechendes Projekt in meinem Heimatlandkreis, in der Kreisstadt Neunkirchen, zu unterstützen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gäbe noch vieles, was ich gerne über die Ansätze für den Geschäftsbereich der Justiz Saar berichten würde: Über weitere Verbesserungen im Opferschutz, darüber, wie wir eine Radikalisierung Einzelner in der Haft verhindern wollen, über die neue Station in der Saarländischen Klinik für Forensische Psychiatrie und so weiter. Wenn ich den Einzelplan Justiz in wenigen Worten zusammenfassen sollte, so würde ich sagen, er ist bezeichnend für den gesamten Doppelhaushalt. Eine starke, eine gut aufgestellte Justiz gewährleistet zügige Verfahren und leistet ihren Beitrag zur Sicherheit in unserem Land. Sie ist damit ein wichtiger Teil der Daseinsvorsorge und wir investieren in die Daseinsvorsorge.
Eine starke und gut aufgestellte Justiz braucht gute und motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wir investieren in unsere Mitarbeiter. Eine gut aufgestellte Justiz nimmt die Menschen mit, lässt niemanden zurück und bietet auch zweite Chancen. Deshalb investieren wir in den Opferschutz, in die Sozialisierung und Resozialisierung und in Projekte, die uns dabei unterstützen! - Vielen Dank!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach einer repräsentativen Umfrage des Mitteldeutschen Rundfunks würde eine Mehrheit von 60 Prozent der Bundesbürger eine Wiedereinführung der Wehrpflicht in Deutschland als gut und richtig empfinden. Es sind Umfrageergebnisse wie diese, liebe Kolleginnen und Kollegen, die zeigen, dass ein Thema in der Bevölkerung diskutiert wird. Es sind aber auch klare Umfrageergebnisse wie diese, die Populisten in unserem Land glauben lassen, sie könnten ihren ganz persönlichen Honig daraus saugen. So fordern die Herren Dörr und Müller - mehr Abgeordnete sind in der Fraktion der AfD ja nicht übrig geblieben -, dass die Landesregierung sich im Bundesrat dafür einsetzt, die Wehrpflicht wieder zu aktivieren.
Wenn man aber ein derart grundlegendes, ein derart komplexes Thema in einem Parlament zur Diskussion in den Raum wirft, wäre es schon ganz gut, wenn der entsprechende Antrag etwas mehr Substanz vorweisen würde. Wer fordert, die Wehrpflicht solle reaktiviert werden, sollte auch deutlich machen, was das bedeutet. Er sollte deutlich machen, warum unser Land die Wehrpflicht seiner Meinung nach wieder braucht, und muss insbesondere gute und überzeugende Argumente dafür haben, warum ein junger Mann ein Jahr seines Lebens für unser Land, für unsere Gesellschaft investieren sollte. Außerdem, das wissen Sie, Herr Müller, ist der Einsatz der Bundeswehr zur Gefahrenabwehr im Inneren von unserem Grundgesetz nicht angedacht. Das ist Aufgabe der Polizei, der Verfassungsschützer, aber nicht der Bundeswehr.
Die Argumente, die es gebraucht hätte, haben Sie nicht zu Papier gebracht. Sie haben sich also, Herr Kollege Müller, auch bei diesem Antrag nicht ernsthaft bemüht, sich mit den Hintergründen zu beschäftigen. Sie sagen nicht konkret, warum Sie die Wehrpflicht wieder aktivieren wollen, Sie sagen nicht, was Sie sich davon versprechen und Sie sagen erst recht nicht, wie ein solches Vorhaben umgesetzt werden könnte in einer Bundeswehr, die aktuell gar nicht die Ausbildungskapazitäten hat, die für eine umfassende Wehrpflicht notwendig wären.
Ihnen reichen als Begründung die Voraussetzungen der Verteidigungspolitik, die sich geändert hätten, dass mehr Mittel zum Einsatz kommen und die Ausrüstung verbessert werden müsse - und Punkt! Zwei Sätze und ein Halbsatz, mehr enthält Ihr Antrag nicht. Ganz ehrlich: Das ist mir zu wenig, das ist uns als CDU zu wenig. Es ist vor allen Dingen zu wenig, um jungen Menschen zu erklären, warum sie wieder
zum Dienst in der Bundeswehr oder zu einem Ersatzdienst verpflichtet werden sollen.
Ich wiederhole, Sie haben sich wieder einmal nicht inhaltlich tiefergehend mit einem Thema beschäftigt, Sie sind die Partei der Überschriften, aber Sie sind nicht die Partei der ernsthaften inhaltlichen Diskussionen.
Dabei hätten Sie es gerade bei diesem Thema so einfach gehabt, denn es gibt tatsächlich gute Gründe, einen gesellschaftlichen Diskurs zu suchen. Ich bin mir sicher, die Wehrpflicht hat elementar dazu beigetragen, dass unsere Bundeswehr heute noch fest in der Mitte unserer Gesellschaft verwurzelt ist. Sie ist unsere Armee in der Demokratie, sie ist stets bereit, Bündnisverpflichtungen zu übernehmen oder sich in den Dienst der Vereinten Nationen zu stellen. Sie steht auch bereit, wenn es darum geht, humanitäre Hilfe in Katastrophengebieten zu leisten oder darum, beispielsweise im Rahmen von EVAC-OPMissionen, Deutsche im Notfall aus dem Ausland zurückzuholen.
Unsere Bundeswehr ist aber auch da, wenn Städte, Gemeinden und Landkreise um Hilfe rufen, wenn sie wie bei der Oder-Flut von Katastrophen bedroht sind oder wenn wir, wie heute, in den Gesundheitsämtern und Testzentren die Hilfe unserer Soldatinnen und Soldaten des Landeskommandos Saarland sowohl aus dem aktiven Dienst als auch aus der Reserve benötigen. Auch wenn unser geschätzter Herr Lafontaine vielleicht wieder befürchtet, wir seien kein Landes-, sondern ein Dankesparlament, sage ich an dieser Stelle aus voller Überzeugung unseren Soldatinnen und Soldaten ein ganz herzliches Wort des Dankes.
Viele von denen, die heute als Reservisten oder Berufssoldaten ihren Dienst tun, haben die Bundeswehr als Wehrpflichtige kennengelernt und unterstützen deshalb die Truppe heute noch aus Überzeugung. Die Wehrpflicht hat die personelle Basis der Bundeswehr gestärkt, das ist unstrittig. Der Pflichtwehrdienst war darüber hinaus aber auch deshalb eine wichtige Institution für unser Land und unsere Gesellschaft, weil es Alternativen zu ihm gab: Unzählige junge Männer haben einen Wehrersatzdienst geleistet in Pflegeeinrichtungen, in Krankenhäusern, in sozialen Diensten. Viele von ihnen sind in diesem System hängen geblieben, haben nach ihrem Ersatzdienst eine Ausbildung als Kranken- oder Altenpfleger absolviert oder sich beispielsweise dafür entschieden, ihr berufliches Leben der Arbeit mit behinderten Menschen oder anderen Bereichen der sozialen Arbeit zu widmen. Sie waren und sind bis heute eine wichtige Stütze des Systems, auch ihnen gebührt Dank.
Die Zivis entlasteten das Pflegepersonal, sie schafften Freiräume und schafften es vor allem, dass neben der Versorgung stets ein ganz hohes Maß an Betreuung gewährleistet war. Andere haben sich so wie ich - für zehn Jahre dem Katastrophenschutz verpflichtet. Sie haben in dieser Zeit und darüber hinaus ehrenamtlich dem Deutschen Roten Kreuz, dem THW, den Freiwilligen Feuerwehren, den Rettungsdiensten und anderen Hilfs- und Katastrophenschutzorganisationen zur Verfügung gestanden. Auch das war eine wichtige Alternative zum Wehrdienst. Es ist für mich eine bleibende Erinnerung, wie schnell und wie gut wir als DRK-Ortsverein von November 1989 bis in das Jahr 1990 hinein es geschafft haben, Betreuungsstellen aufzubauen, um den Flüchtlingen aus der damaligen DDR, den Flüchtlingen vor dem real existierenden Sozialismus nach dem Mauerfall, unter anderem in den großen Hallen in Illingen und Neunkirchen Unterkunft und Verpflegung zu bieten. Auch da waren wir Freigestellten eine wichtige Stütze. Ich könnte endlos weitere Beispiele aufzählen.
Natürlich können all diese guten Argumente dazu verführen, das Rad zurückdrehen zu wollen, wie es die AfD gerne hätte, zurück in eine vermeintlich gute alte Zeit. Aber das wäre zu kurz gesprungen; unsere Gesellschaft hat sich gewandelt, sie steht vor anderen, vor neuen Herausforderungen. Viele Rezepte von früher, Herr Kollege Müller, sind längst nicht mehr dazu geeignet, Antworten auf die Fragen und Herausforderungen von heute zu geben. Umso wichtiger wäre es, nicht mehr im Gestern und Vorgestern zu verharren, sondern neu zu denken.
Auf dem Weg zu einem neuen Grundsatzprogramm diskutieren wir als CDU deshalb mit unseren Mitgliedern und über unsere Parteigrenzen hinaus in einem breit angelegten Prozess neben vielen anderen Themen auch die Weiterentwicklung der Wehrpflicht zu einem Dienst für unsere Gesellschaft, zu einer neuen Stufe bürgerlichen Engagements für junge Erwachsene. Ich habe zu Beginn berichtet, dass sich laut einer repräsentativen Umfrage des MDR rund 60 Prozent der Befragten für eine neue Auflage der Wehrpflicht ausgesprochen haben. Die Diskussion, die wir als CDU führen, zeigt aber, dass diese Frage der Statistik nach einer Wiederaktivierung der Wehrpflicht längst ebenso zu kurz gesprungen ist wie der vorliegende Antrag der AfD. Das ZDF-Politbarometer hat deshalb aus gutem Grund im Sommer die Frage ein wenig anders gestellt. Die Demoskopen fragten: Sind Sie für eine allgemeine Dienstpflicht, wonach junge Männer und Frauen ein Jahr lang Dienst wahlweise bei der Bundeswehr oder im sozialen Bereich leisten müssten, oder sind Sie dagegen? Das repräsentative Ergebnis war mehr als eindeutig: 77 Prozent der Befragten sprachen sich für eine Wiedereinführung einer allgemeinen Dienstpflicht in Deutschland aus.
Das zeigt mir, worum es vielen Menschen in der breiten Mitte unserer Gesellschaft wirklich geht, nämlich um den Gedanken, ihrem Land und der Gesellschaft etwas zurückgeben zu wollen, um den Gedanken, all das zu bündeln, was in der Vergangenheit Gutes und Stärkendes für unsere Demokratie, für unsere Gesellschaft und für unser soziales Miteinander gebracht hat, egal, ob es im Rahmen des Grundwehrdienstes, des sozialen Engagements im Zivildienst, in den Hilfs- und Rettungsdiensten, im Katastrophenschutz, im FSJ oder im Bundesfreiwilligendienst war. Diesem Gedanken wollen wir mit einem Gesellschaftsjahr, mit einer allgemeinen Dienstpflicht folgen. Wenn wir auch wissen, dass es bis dahin vielleicht ein langer Weg sein mag und möglicherweise eine Änderung des Grundgesetzes erforderlich sein wird, alleine die Diskussion darüber lohnt bereits.
Der vorliegende Antrag hingegen ist auf diesem Weg alles andere als ein Meilenstein. Er ist inhaltsleer, er ist zu dürftig, er wird der Bedeutung des Themas insgesamt nicht einmal ansatzweise gerecht. Wir lehnen ihn ab. - Vielen Dank.
Herr Müller, ich danke Ihnen für Ihre Anmerkungen und möchte nur klarstellen: Die Diskussion läuft in der CDU und in unserer Gesellschaft seit Langem, die haben Sie jetzt nicht angestoßen, die ist schon unterwegs. Ich denke, es braucht nicht zusätzlich Ihren Antrag, der so leer und so dürftig ist, dass man kaum darüber reden mag.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Armut ist ein Gift, das langsam wirkt - und lange. Mit dieser treffenden Beschreibung begann das Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL im November 2018 einen Artikel über sozialen Abstieg, über das Leben am Existenzminimum, aber auch über sozialen Aufstieg. Armut ist ein Gift, das langsam wirkt - und lange. Sie ist ein Gift, das den Menschen den Mut und die Zuversicht raubt, ein Gift, das zermürbt, das Hoffnungen zerstört und denen, die arm sind, Lebenszeit stielt. Vor allem aber ist Armut ein Gift, das stigmatisiert und sich so viel zu oft auf perfide Weise schleichend weiter überträgt an Kinder und Enkel.
Mit dem Aktionsplan zur Bekämpfung von Armut im Saarland machen wir nun einen großen Schritt, um dieses Gift zu bekämpfen und seine Verbreitung einzudämmen. Wer sich mit dem Thema beschäftigt und ernsthaft auseinandersetzt, weiß, dass Armut viele Ursachen und viele Gesichter hat. Sie setzt sich aus den unterschiedlichsten Lebensgeschichten zusammen und doch hängt ganz oft das eine mit dem anderen zusammen. Ich bin unserer Ministerin für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie sehr dankbar, dass sie den Aktionsplan zur Chefinnensache und zu ihrem eigenen Herzensanliegen gemacht hat.
Gerade auch durch das persönliche Engagement von Monika Bachmann ist es gelungen zu zeigen, wie ernst es uns mit der Bekämpfung von Armut im Saarland ist. Es ist gelungen, im Beirat für den Aktionsplan erfolgreich alle Akteure an einen Tisch zu rufen, die es braucht, um wirkliche Fortschritte in diesem Kampf zu erreichen.
Was nun vorliegt, ist eine Gemeinschaftsleistung, mit der wir als Saarland bundesweit Zeichen setzen. Konkrete Maßnahmen und Projekte werden begleitet und finanziell untermauert durch einen Sonder
fonds zur Förderung von Armutsprojekten und Initiativen, einem Sonderfonds, für den bereits im laufenden Doppelhaushalt 500.000 Euro jährlich eingestellt wurden. Mit diesen Maßnahmen können wir vielen Menschen, insbesondere denjenigen, die sich in einer sozial schwierigen Lebenslage befinden, helfen. Wir geben ihnen eine wirksame Hilfestellung zur Bewältigung ihrer Lebenssituation. Wir machen ihnen Mut und geben ihnen als aktivierender Sozialstaat die Kraft zu eigenverantwortlichem Handeln.
Um diese Ziele zu erreichen, haben wir im Aktionsplan quer über alle Politikbereiche hinweg gezielt Schwerpunkte gesetzt. Wir haben die Themen bezahlbarer Wohnraum, Kinderarmut und Bildung, Langzeitarbeitslosigkeit sowie Mobilität und Infrastruktur in den Fokus unseres gemeinschaftlichen Handelns gerückt und aus all den Blickwinkeln beleuchtet, in denen sich die unterschiedlichen Ursachen und Symptome widerspiegeln.
Nehmen wir zunächst einmal den Bereich Wohnen und Armut in den Blick. Die Versorgung mit angemessenem Wohnraum, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist ein elementares Grundbedürfnis jedes Menschen. Eine Unterversorgung mit qualitativ akzeptablem Wohnraum ist eine Erscheinungsform von Armut und stellt häufig eine Einschränkung des täglichen Lebens und der gesellschaftlichen Teilhabe dar. Die Kosten für die Wohnung sind für viele Familien einer der größten Ausgabenblöcke im persönlichen Budget und stellen gerade für armutsgefährdete Haushalte eine schwere Belastung dar.
Umso wichtiger ist es für uns als CDU, dass bezahlbarer Wohnraum zur Verfügung steht und auch das Angebot des sozialen Wohnungsbaus weiter ausgebaut wird, eine Herausforderung, die Bauminister Klaus Bouillon längst angenommen hat, auch wenn es DIE LINKE bei ums im Saarland allem Anschein nach noch nicht gemerkt hat!
Alleine 2019 sind 89 neu gebaute Mietwohnungen mit rund 9,7 Millionen Euro gefördert worden. In diesem Jahr wurden bereits 54 Wohnungen gefördert, für weiter 76 steht die Förderzusage kurz bevor. Mittlerweile liegen zudem, und auch das können Sie im Aktionsplan gerne nachlesen, Interessensbekundungen von sechs Wohnungsbaugesellschaften vor, die eine Neuschaffung von 500 Wohnungen mit einem Fördervolumen von 30 Millionen Euro realistisch erscheinen lassen. Für Neubauvorhaben im Mietwohnungsbau soll in den Städten und Gemeinden, in denen ein entsprechender Bedarf besteht, eine Quotenregelung für Sozialwohnungen geschaffen werden mit dem Ziel, das Angebot an Sozialwohnungen weiter zu verbreitern.
Auch der ländliche Raum ist längst wieder im Blick. Baulücken sollen geschlossen werden und dort, wo Bedarf besteht, auch die Erschließung neuer Baustellen und generationengerechtes Bauen erleichtert werden, während wir innerstädtisch wiederum verstärkt einer drohenden oder bereits zunehmenden Segregation in den unterschiedlichen Quartieren entgegenwirken wollen.
Wenn wir über bezahlbares Wohnen reden, dann endet unser Engagement aber keineswegs beim Wohnraum. Zu den Kosten des Wohnens zählen auch die Kosten für Energie. Und wenn es auch nur noch eines weiteren Beweises bedurft hätte, wie wegweisend, wie konsequent wir als CDU und als Große Koalition armen Familien im Saarland zur Seite stehen, so ist dies unser Konzept einer Energiesicherungsstelle. Wir sind das einzige Bundesland, das künftig armen Familien aktiv zur Seite springt, wenn ihre finanzielle Lage derart prekär ist, dass sie die Rechnung der Elektrizitätswerke nicht mehr bezahlen können und Angst haben müssen, dass ihnen der Strom abgestellt wird.
Mit der neuen Energiesicherungsstelle, die bei der Verbraucherzentrale des Saarlandes angesiedelt wird, und einem Notfallfonds mit einem Volumen von insgesamt 200.000 Euro sollen zukünftig Strom- und Gassperren verhindert werden. Dieses Projekt ist elementar, um ein ganz gefährliches Symptom von Armut zu bekämpfen.
Ich komme, liebe Kolleginnen und Kollegen, deshalb an dieser Stelle nicht umhin, auch ein, zwei Worte zu dem bedruckten Papier zu verlieren, das die Fraktion DIE LINKE zu dieser Sitzung unseres Parlamentes eingereicht hat. Das, was Sie hier Antrag nennen, springt deutlich zu kurz und verblasst vor dem, was längst schon von dieser Regierung beschlossen und finanziert wurde, um Menschen in schwierigen Lebenslagen zu helfen. Sie lamentieren, wo wir als CDU den Familien im Saarland längst zur Seite stehen und handeln, wo Hilfe und Unterstützung gebraucht werden. Das können Sie gerne tun, uns wäre es zu wenig.
Hilfe und Unterstützung, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind auch dort gefragt, wo die Weichen für die Zukunft junger Menschen gestellt werden. Eine gute Bildung und eine gute, qualifizierte Ausbildung oder ein Studium sind auch ein guter Schutz vor Armut. Uns als CDU geht es darum, jungen Menschen den Zugang zu einer selbstbestimmten Lebensführung und zur gesellschaftlichen Teilhabe zu sichern. Gute Bildung darf - auch das ist ein Kernelement unserer Politik - weder von sozialer Herkunft abhängen noch durch sie bestimmt werden. Angefangen mit dem Zugang zu frühkindlicher Bildung in Krippe und Kindergarten über die schulische Ausbildung, die Über
gänge im Bildungssystem und den Einstieg in die berufliche Ausbildung oder Studium sollen alle Kinder, alle Jugendliche unabhängig von ihrer sozialen und ethnischen Herkunft gleiche und gerechte Chancen haben.
Unser Landesprogramm „Frühe Hilfen“, das beitragsfreie Mittagessen für bedürftige Kinder, die weitere Verbesserung der Kindertagesbetreuung, ein guter Übergang von der Kita zur Schule oder von der Schule zur Ausbildung und zum Studium, all das hilft, den Weg für ein Kind in eine gute Zukunft ein Stück leichter zu machen. Und weil ich weiß, dass aus den unterschiedlichsten Gründen eben nicht jeder den geraden Weg beschreitet, muss auch der sogenannte zweite Bildungsweg wieder an Bedeutung gewinnen. Ich bin mir sicher, die Chancen, die wir schaffen und anbieten, werden auch genutzt!
Das gilt auch und im Besonderen bei der Bekämpfung von Langzeitarbeitslosigkeit, dem dritten Kernbereich im Aktionsplan Armutsbekämpfung. Wir als CDU bekennen uns zu dem auch im Aktionsplan definierten Ziel, ohne Einschränkungen alle erwerbsfähige Menschen in Arbeit zu integrieren und dort Beschäftigungschancen zu schaffen, wo die gute konjunkturelle Entwicklung, die wir bis zur Corona-Pandemie hatten, an ihre Grenzen stößt, die sich aber hoffentlich bald wieder fortsetzt.
Wir stehen auch denen zur Seite, die am Ersten Arbeitsmarkt nur geringe oder gar keine Chancen mehr haben. Für Maßnahmen nach § 16i SGB II hat der Bund als zusätzliche Säule zur Finanzierung neben den originären Eingliederungsmitteln der Jobcenter den Passiv-Aktiv-Transfer ermöglicht, ein Projekt, das die Handschrift der saarländischen CDU und unserer CDA trägt und für das alleine im vergangenen Jahr bereits bundesweit 700 Millionen Euro zur Verfügung standen. Auch das erfolgreiche Landesprogramm ASaar wird zielorientiert fortgeführt werden und weiterhin wichtige Maßnahmen zielorientiert flankieren.
Der beste Schutz gegen Armut während des Erwerblebens und in der Rente ist und bleibt gute Arbeit. Wir waren mit dem Tariftreuegesetz Vorreiter im Kampf gegen Lohndumping und wir wollen dieser Vorreiterrolle auch zukünftig nachkommen.
Vorreiter ist auch das Stichwort für den letzten, aber nicht weniger wichtigen Eckpfeiler im Aktionsplan Armutsbekämpfung im Saarland, wenn auch vielleicht nicht wortwörtlich. Nicht das Reiten steht nämlich beim Thema Mobilität im Vordergrund, sondern vielmehr der öffentliche Personennahverkehr und auch der Alltagsradverkehr. So sollen beispielsweise Familien und jugendliche Geringverdiener bei den ÖPNV-Kosten entlastet werden. Die Stichworte hier
sind landesweite Sozialtickets, Geschwisterrabatte bei Schülertickets oder auch eine saarlandweit gültige Monatskarte für 39 Euro als Saarland-Flat.
Mobilität für alle soll dort, wo der ÖPNV noch Lücken hat, das Landesförderprogramm Bürgerbusse garantieren, ein Projekt, das vor allem auch den Menschen im ländlichen Raum zugutekommen soll. Der Alltagsradverkehr soll durch eine Kombination von Fahrrad und ÖPNV weiter gestärkt werden, ein Projekt - diese Bemerkung sei mir gestattet -, das wir uns als CDU übrigens auch in der Gemeinde Eppelborn auf die Fahne geschrieben haben und das erheblich erleichtert wird, wenn auch die Radwegelücke zwischen Habach und Eiweiler geschlossen ist und somit der Brückenschlag von Eppelborn zur Saarbahn gelingen kann.
Sie sehen, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren, wir haben längst damit begonnen, den Aktionsplan zur Bekämpfung von Armut im Saarland mit Leben zu erfüllen. Dabei waren es nur Bruchteile dieser wegweisenden Agenda, die ich Ihnen schildern konnte und von der ich Ihnen allen versprechen kann, sie wird weiterentwickelt werden! Der Beirat zum Aktionsplan wird weiter tagen, er wird darauf achten, dass die Maßnahmen und Projekte umgesetzt werden und gemeinsam auch in Zukunft Schritt für Schritt daran arbeiten, die Symptome von Armut zu lindern und vor allem die Ursachen von Armut nachhaltig zu bekämpfen.
Armut ist ein Gift, habe ich zu Beginn dieser Rede zitiert. Ich möchte mich ganz herzlich für die engagierte Zusammenarbeit der unterschiedlichsten Akteure bedanken und hoffe, dass es uns gemeinsam ein Stück weit gelungen ist, ein Mittel zu entwickeln, das Wirkung entfaltet und dem Gift Armut Schritt für Schritt entgegenwirkt. Damit das gelingt, bitte ich um Ihre Zustimmung zu unserem Antrag. - Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Respekt ist ein wichtiger Eckpfeiler für eine funktionierende soziale Gesellschaft. Respekt vor dem Gegenüber, Empathie, Menschlichkeit, Mitmenschlichkeit und soziale Verantwortung ist das, was Ihrer Rede vollständig fehlt, Herr Müller!
Dabei sind es die Fundamente nicht nur unserer sozialen Marktwirtschaft, sondern des sozialen Zusammenlebens insgesamt in unserem Land.
Wir nehmen vieles als selbstverständlich hin, weil es uns als selbstverständlich scheint, und meistens ist es das auch. Der Respekt voreinander sorgt dafür, dass Kompromisse gefunden werden, bestenfalls sogar Lösungen, von denen alle Seiten profitieren. In diesen Fällen ist es dann meistens auch nicht notwendig, dass wir uns als Politik, als Landtag groß damit beschäftigen. Dort aber, wo es an Respekt fehlt, wo eben nicht die soziale Verantwortung im Mittelpunkt steht, sondern beispielsweise der Zweck, ohne Aufwand möglichst viel Gewinn zu erzielen, dort, wo nicht der ehrbare Kaufmann handelt, sondern ein Ganove Menschen hemmungslos und ohne Skrupel ausbeutet, dort, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind wir gefragt!
Dort haben wir den Auftrag von unseren Wählerinnen und Wählern, als Gesetzgeber die notwendigen Leitplanken zu setzen und zu verhindern, dass Fehlentwicklungen unser Zusammenleben in Gefahr bringen.
Es stimmt, mit dem Saarländischen Wohnungsaufsichtsgesetz, das wir heute in Zweiter Lesung, und damit abschließend, diskutieren, schaffen wir keine Regelung, die tagtäglich breite Schichten der Bevölkerung betreffen wird. Die meisten Menschen im Saarland werden mit dem Wohnungsaufsichtsgesetz wahrscheinlich niemals in Berührung kommen, weil sie weder Schrottimmobilien vermieten noch in einer Schrottimmobilie wohnen und leben müssen. Dennoch glaube ich, es braucht dieses Gesetz.
In unserem Land leben auch Menschen, die zu schwach sind, zu ohnmächtig, um sich alleine aus einer misslichen Lage zu befreien. Gerade auch für diese Menschen sind wir da. Diese Menschen müssen wir sehen, Herr Müller, für diese Menschen müssen wir hinschauen und für diese Menschen müssen wir handeln, und das tun wir als Große Koalition in diesem Land!
Ich will Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren, heute nicht noch einmal von Wohnungen mit kaputten Fensterscheiben ohne Ofen und Heizung erzählen oder von Wohnungen, die weder ein richtiges Bad noch die richtige Stromversorgung für eine funktionierende Küche haben, stattdessen aber zentimeterdicken Schimmel unter der Tapete. Ich will Ihnen nicht noch einmal von Arbeitern erzählen oder von jungen Frauen, die mit falschen Versprechungen hierhergelockt wurden und hofften, in unserer wirtschaftlich hochentwickelten Demokratie ein gutes Auskommen für ihre Familie zu finden, stattdessen aber als Opfer von Ausbeutern in Bruchbuden zusammengepfercht wurden.
Ich habe es bei der Ersten Lesung zu diesem Gesetz bereits deutlich gemacht: Wenn Menschen so leben müssen, wenn Menschen so hausen müssen wie in mancher Bruchbude, dann dürfen wir nicht zuschauen, dann ist es eine Pflicht für uns alle, zu handeln, als Land ebenso wie als kommunale Ebene!
Und das ohne, dass jemand mit dieser Herausforderung alleine gelassen wird. Das schaffen wir mit diesem Gesetzentwurf und darauf bin ich auch ein wenig stolz. Im gelungenen Zusammenspiel von Regierung und Parlament haben wir einen Gesetzentwurf erarbeitet, der, wie ich finde, besser und passgenauer ist als alles das, was es in anderen Ländern hierzu an Regelungen gibt. Unser Saarländisches Wohnungsaufsichtsgesetz ist nicht abgekupfert, liebe Kollegin Schramm, sondern es ist im Gegenteil in wichtigen Punkten weiterentwickelt. Wenn unsere Frau Präsidentin nachher fragt, wer dieser Drucksache mit den beschlossenen Änderungen zustimmt, dann können auch Sie deshalb getrost die Hand heben. Sie stimmen dann für ein Gesetz, das ein Wegweiser sein kann für Städte und Gemeinden, die sich zum Teil seit Jahren mit solchen Schrottimmobilien plagen, aber ebenso auch für Vermieter und Mieter.
Unsere Kommunen erhalten Rechts- und Kostensicherheit, weil alles gut und durchdacht geregelt wird und das Land schützend hinter ihnen steht. Die Mieterinnen und Mieter können Hilfe erwarten, wenn sie unter menschenunwürdigen Verhältnissen hausen müssen und sich nicht aus eigener Kraft befreien können. Die ehrlichen Hausbesitzer können sich sicher sein, dass weder der Wert ihres eigenen Anwesens noch die Wohnqualität in ihrer Straße oder ihrem Viertel sinkt, nur weil gleich nebenan Ausbeuter und Miethaie alles bewusst und vorsätzlich verkommen lassen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich danke ganz herzlich allen, die an diesem Gesetz so konstruktiv mitgearbeitet haben. Ich bedanke mich bei den Fachleuten des Ministeriums von Klaus Bouillon für
wichtige Impulse, bei meinen engagierten Kolleginnen und Kollegen im Innenarbeitskreis der CDU, bei unserem Koalitionspartner und vor allem auch bei unserem Kollegen Dr. Magnus Jung, der das Wohnungsaufsichtsgesetz ebenso wie ich zu seinem Herzensanliegen gemacht hat.
Ich habe anfangs gesagt, dass Respekt ein wichtiger Eckpfeiler in einer funktionierenden sozialen Gesellschaft ist. Dort, wo es diesen Respekt vor dem Gegenüber erkennbar nicht gibt, dort, wo es Mitmenschlichkeit und Verantwortung erkennbar nicht gibt, müssen wir durch ein Gesetz die Leitplanken schaffen, die es braucht, um Menschen vor Ausbeutung, vor Missbrauch, vor aktiver Gewalt und vor passiver Gewalt zu schützen, und das gilt keineswegs nur für das Thema, das wir jetzt gerade debattieren. Das ist verantwortungsvolle politische Arbeit, wie wir sie verstehen.
Frau Schramm hatte dankenswerterweise im Mai dieses Jahr noch einmal daran erinnert, was ich selbst am 18.09.2019 versprochen habe: Wir als CDU-Fraktion wollen und werden gemeinsam mit unserem Koalitionspartner den Städten und Gemeinden in unserem Land wirksame Werkzeuge an die Hand geben, damit sie handeln und Missständen aktiv entgegentreten können. Genau solch ein Werkzeug ist nun dieses Saarländische Wohnungsaufsichtsgesetz. Ich bitte deshalb, stimmen Sie diesem Gesetz zu! - Vielen Dank!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Damen und Herren! Ich will gar nicht auf alles eingehen, was Herr Hecker hier angeführt hat. Vieles wurde heute Morgen in der Diskussion lange beantwortet. Er war nahe dran, den Coronavirus überhaupt zu leugnen. Dabei würde ihm ein einfacher Blick über seinen persönlichen Tellerrand hinaus, über den großen Teich oder nach Südamerika und andere Länder Europas helfen zu erkennen, was alles passieren kann.
Ich beschränke mich auf das, um was es im Antrag eigentlich geht - um eine Abschaffung der Maskenpflicht. In Springfield im US-Bundesstaat Missouri schnitten zwei mit dem Coronavirus infizierte Friseure noch mehr als 140 Kunden die Haare. Aber haben sie jemanden angesteckt? Haben sie jemanden mit COVID-19 infiziert? Die Antwort lautet: nein. Die Behörden in dieser amerikanischen Stadt, in der sogar der Bürgermeister bis zu diesem Ergebnis der Untersuchung ein Maskenskeptiker war, waren verblüfft: Keiner! Nicht ein einziger Kunde wurde infiziert, weil die Mund-Nase-Masken allem Anschein nach eben doch ihre Wirkung zeigen.
Nicht weniger für die Wirksamkeit von Masken spricht auch eine Anfang Juni veröffentlichte deutsch-dänische Studie, wonach in Jena eine dort deutlich früher als anderswo in Deutschland eingeführte Maskenpflicht tatsächlich das Infektionsgeschehen signifikant eindämmte. Schritt für Schritt verfolgte man in dieser Studie die Städte und Landkreise, in denen nach und nach die Maskenpflicht eingeführt wurde. Überall und ausnahmslos sanken nach Einführung der Maskenpflicht die Infektionszahlen.
Das Fazit der Studie ist deshalb mehr als eindeutig und lässt sich mit wenigen Worten zusammenfassen. Die sogenannte Maskenpflicht, also die allge
meine Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes zum Beispiel beim Einkaufen oder in öffentlichen Verkehrsmitteln, trägt deutlich zur Eindämmung der Corona-Pandemie bei. Warum das so ist und warum Masken schützen und im Einzelfall vielleicht sogar Leben retten, verstehen sogar mittlerweile die Kinder im Kindergarten, aber ganz offensichtlich nicht die Herren der AfD.
Ich empfehle Ihnen, Herr Hecker, jetzt nicht, dass Sie sich einmal die Sendung mit der Maus anschauen sollten, obwohl Sinn und Zweck eines Mund-Nasen-Schutzes und damit auch der sogenannten Maskenpflicht dort so wunderbar erklärt sind, dass auch Sie es verstehen würden.
Aber ich frage Sie, würden Sie einem Chirurgen, der Sie vielleicht bei Ihrem nächsten Krankenhausbesuch operiert, vor der OP auffordern, ziehen Sie bitte Ihren Mund-Nasen-Schutz aus, der Nutzen ist doch überhaupt nicht belegt? Ich kann es mir nicht vorstellen, denn ganz entgegen dem, was Sie hier und heute behaupten, wissen auch Sie ganz genau, die Maske schützt vor Infektionen.
Meine Damen und Herren, jeder, der beim Einkauf, in Bus oder Bahn und überall dort, wo sich ein vergleichsweise enger Kontakt nicht ausschließen lässt, einen Mund-Nasen-Schutz trägt, schützt andere und kann sich so darauf verlassen, dass andere ihn schützen. Das stoppt Infektionen und COVID-19 und verhindert möglicherweise auch eine befürchtete zweite Welle.
Ich beende meine Rede an dieser Stelle, denn mehr ist dazu nicht zu sagen. Obwohl ich keine Symptome spüre, kann ich mir ebenso wenig wie Sie, meine Herren von der AfD, nicht sicher sein, dass ich nicht vielleicht doch schon das Virus in mir trage und damit andere infizieren könnte. Deshalb ziehe ich jetzt meine Maske an, bevor ich zurück zu meinem Platz gehe. Ich schütze auf diese Weise Sie alle. Ich kann mich darauf verlassen, dass jeder, der es mit gleichtut, damit auch mich und meine Familie schützt. Sehr geehrte Damen und Herren, ich vertraue auf Sie, ich verlasse mich auf Sie. - Vielen Dank.
Nach dieser doch etwas lauten Rede sollten wir wieder zur Sachebene zurückkommen. - Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren hier und heute zum zweiten Male darüber, wie sich ein sehr ernstes Problem am besten lösen lässt; zum zweiten Mal reden wir darüber, wie man Schrottimmobilien und ausbeuterischen Vermietern wirksam begegnen kann. Es soll sie nicht länger geben, die Wohnungen ohne Heizung oder Ofen, aber mit so dickem Schimmel, dass einem das Grausen kommt. Es soll sie nicht länger geben, die Wohnungen, in denen Menschen aus anderen Ländern, Arbeitskräfte, die in gutem Glauben zu uns kamen, unter unzumutbaren Umständen in engen Räumen zusammengepfercht werden, ohne vernünftige Sanitäranlagen. Solche Wohnungen könnten durch Überbelegung und mangelhafte oder unzureichende sanitäre Anlagen zu Brutstätten von Krankheiten werden und so, wie es sich in drei Landkreisen aktuell in Deutschland zeigt, auch ein Wiederaufflammen der Corona-Pandemie verursachen.
Zum zweiten Mal beschäftigen wir uns mit einem Entwurf eines Wohnungsaufsichtsgesetzes, einem Gesetz, das helfen soll, solchen Lebensverhältnissen, solchen Bruchimmobilien und solchen Miethaien entgegenzutreten. Zum zweiten Male tun wir dies, aber diesmal unter grundlegend anderen Voraussetzungen. Am 18. September des letzten Jahres ging es noch um eine Vorlage - mit Verlaub, Frau Schramm -, die exakt so aussah, als hätte sie jemand aus dem nordrhein-westfälischen Landtag auf dem Kopierer vergessen.
Dieses Mal hingegen liegt Ihnen ein Gesetzentwurf vor, der nicht einfach nur abgekupfert ist, sondern mit dem sich die CDU-Fraktion, aber auch die SPDFraktion, ganz besonders Magnus Jung, intensiv inhaltlich beschäftigt haben. Heute, liebe Kolleginnen und Kollegen, liegt Ihnen ein Gesetzentwurf vor, der auf die Herausforderungen in unserem Land passt. Es ist ein Gesetzentwurf, der nicht einfach nur sagt “Hier, liebe Kommunen, habt ihr ein Gesetz, nun macht mal.“ Dort, wo es in Ihrer Gesetzesvorlage, liebe LINKE, noch lapidar hieß: „Die Gemeinden haben die Wohnungsaufsicht wahrzunehmen“, nimmt unser Gesetzentwurf, der Gesetzentwurf von CDU und SPD, den Kampf gegen Schrottimmobilien und heillos überbelegte Wohnungen als das an, was er auch tatsächlich sein sollte und gerade für uns als christliche Demokraten auch ist, nämlich als gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Das ist eine Aufgabe für uns alle, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Wenn Menschen so leben müssen, wenn sie mit ihren Kindern so hausen müssen wie in mancher Bruchbude und wenn sie selbst zu ohnmächtig sind, um sich aus dieser Misere aus eigener Kraft zu befreien, dann ist es eine Pflicht für uns alle zu handeln, als Land und als kommunale Ebene, und das, ohne dass jemand mit dieser Herausforderung alleine gelassen wird. Unser Gesetzentwurf sieht vor, dass die starken Schultern der Landeshauptstadt und der Kreisstädte den kleineren Kommunen die Last abnehmen. Und er sieht genauso vor, dass die Kostenfrage, die Konnexität, nicht erst umständlich diskutiert und geklärt werden muss, sondern dass das Land und die Regierung klipp und klar sagen: Wir sind für euch da.
Natürlich, sehr geehrte Damen und Herren, haben wir das Rad nicht komplett neu erfunden, warum auch. Manche Regelung und manche Formulierung haben sich ja bereits in anderen Bundesländern tatsächlich bewährt. Aber wir haben es als CDU und SPD gemeinsam rund gemacht, und zwar so, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass es auch wirklich für die Herausforderungen bei uns im Saarland taugt und eben nicht mehr Fragen aufwirft, als es beantwortet.
Manche Kritiker werden wahrscheinlich trotzdem an ihrer Meinung festhalten, dass es eines solchen Gesetzes gar nicht bedurft hätte, dass es schon Eingriffsmöglichkeiten für staatliche Stellen gegeben habe und dass sie vielleicht nur besser hätten genutzt werden müssen. Das mag richtig sein, ich will mich darüber gar nicht streiten. Tatsache ist aber: Weil unser Entwurf eines saarländischen Wohnungsaufsichtsgesetzes vieles bündelt, macht er es zu einem Wegweiser nicht nur für unsere Kommunen und für die zukünftig verantwortlichen Stellen, sondern auch für Mieter und Vermieter. Dabei schützt es auch gleichzeitig alle Seiten. Die Mieterinnen und Mieter können Hilfe erwarten, wenn sie unter menschenunwürdigen Verhältnissen hausen müssen und sich nicht mehr selbst aus dieser Situation befreien können, während Ausbeuter und Miethaie gleichzeitig wissen, welche Maßnahmen ihnen bis hin zu saftigen Geldbußen bei Zuwiderhandlung drohen können.
Trotzdem haben ehrliche Vermieter nicht den Schwarzen Peter. Im Rahmen der in jedem Fall vorgesehenen Sachverhaltsermittlung tritt recht schnell zutage, ob es ein Eigentümer war, der alles verkommen ließ, ob Mietnomaden eine Wohnung ruinierten oder ob möglicherweise gar fachliche Hilfe gebraucht wird, weil jemand am Messie-Syndrom erkrankt ist. Und zu guter Letzt, meine Damen und Herren, ist es auch eine Hilfe für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der zuständigen Behörden, weil auch sie mit diesem Gesetz nun genau wissen, dass es eine Rechtsgrundlage für sie gibt, die nicht erst noch auf den Einzelfall ausgelegt werden muss.
Ich möchte Ihnen noch einen letzten gravierenden Unterschied zu der abgekupferten September-Vorlage der Linksfraktion nennen: Wir sagen nämlich nicht frei nach Bismarck: „Nun sitzt das Gesetz auf dem Pferd, reiten wird es schon können.“ Wir wollen nach einem angemessenen Zeitraum von zwei Jahren nach Inkrafttreten wissen, ob dieses Instrument wirkt. Wir wollen es evaluieren und feststellen, ob wir Veränderungen vornehmen oder noch etwas ergänzen müssen. Wir wollen wissen, in wie vielen Fällen das Gesetz in diesem Zeitraum angewandt wurde, wie vielen Menschen wir helfen konnten und auch, wie sehr unsere Städte bis dahin durch die Ausführung des Gesetzes belastet worden sind. Das ist verantwortliche, das ist verantwortungsvolle politische Arbeit, so wie wir sie verstehen!
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich weiß auch, dass kein Gesetz dieser Welt nur dadurch, dass es beschlossen und veröffentlicht wird, ganz allein von heute auf morgen allumfassend alles zum Guten wendet. Vielmehr müssen wir auch weiterhin in erster Linie gutes, bezahlbares Wohnen möglich machen. Auch dafür steht die CDU im Bund, hier im Land und auch
in unseren saarländischen Kommunen. Für uns ist die Frage des Wohnens eine gesellschaftliche Frage, die auch über den Zusammenhalt entscheidet. Das, was wir als Menschen brauchen, das, was unsere Familien und unsere Kinder brauchen und finden können müssen, ist Lebensqualität. Wer eine Wohnung sucht, muss auch eine Wohnung finden können, denn Wohnen ist ein Menschenrecht. Es kann nicht sein, dass der Lohn harter Arbeit, dass die Rente am Ende eines arbeitsreichen Lebens oder die Unterstützung von Eltern und Staat zum Studium nicht für eine Wohnung reichen. Es kann nicht sein, dass ausgerechnet Familien mit Kindern ohne ausreichend Wohnraum dastehen. Es kann nicht sein, dass ältere Menschen ihr vertrautes Umfeld wegen steigender Mieten verlassen müssen.
Ja, wir stehen im Saarland noch besser da als viele andere Ballungsräume in Deutschland. Aber damit das so bleibt, müssen wir so engagiert weitermachen, wie wir das in den vergangenen Jahren gemacht haben. Wir müssen Investitionen möglich machen, wir müssen weiter arbeiten für Lebensräume, in denen Mensch und Umwelt eins sein können. Ein gutes Lebensumfeld in Stadt und Land muss entstehen können, Wohnraum und Lebensräume müssen neu geschaffen und erschlossen werden können, Altbestände und Kerne weiterentwickelt werden. Wir müssen auch weiterhin immer wieder neue Antworten geben auf die Frage, wie wir den Leerstand in ländlichen Regionen vermeiden. Wir müssen auch weiterhin Antworten geben können, wie wir auch die kleineren Dörfer unseres Landes lebendig halten und wie wir saarlandweit nachhaltig unserem Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse entgegenstreben können. Dafür stehen wir als CDU-Fraktion, und genau in diesem Kontext bewegt sich auch der Gesetzentwurf, den wir heute beraten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin mir sicher, dass wir mit diesem Gesetz, das wir heute in Erster Lesung verabschieden wollen, einen wichtigen Schritt machen, einen Schritt, der den Menschen hilft. Frau Schramm hat es ja dankenswerterweise schon angesprochen, ich hatte Ihnen am 18. September Folgendes versprochen: Wir als CDU-Fraktion wollen und werden gemeinsam mit unserem Koalitionspartner den Städten und Gemeinden in unserem Land wirksame Werkzeuge an die Hand geben, damit sie handeln und Missständen aktiv entgegentreten können. Genau solch ein Werkzeug ist dieses Saarländische Wohnungsaufsichtsgesetz!
Wir als CDU haben gesagt, wir wollen Lösungen, die auch wirklich dazu geeignet sind, Probleme nachhaltig und rechtssicher zu beseitigen. Eine solche Lösung ist dieses Saarländische Wohnungsaufsichtsgesetz. Ich bitte Sie deshalb: Stimmen Sie diesem
Gesetzentwurf in Erster Lesung zu. - Vielen herzlichen Dank.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal möchte ich eines klarstellen: Ich habe nicht den geringsten Zweifel, dass unsere Landesregierung ganz grundsätzlich Recht und Gesetz walten lässt und dies auch in dem Fall gilt, den wir heute hier diskutieren.
Die Wortwahl in der Begründung des vorliegenden Antrages und auch Ihren Beitrag eben, Herr Dörr, finde ich hingegen schon ein Stück weit infam, dreist und anmaßend. Ich würde mir sehr wünschen, liebe Herren von rechts, dass gerade auch manche Anhänger und Vertreter Ihrer Partei in all ihren Äußerungen und all ihrem Auftreten Recht, Gesetz und moralische Maßstäbe des Miteinanders in unserer freiheitlichen und liberalen Demokratie im Blick hätten.
Ja, es ist richtig: Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte dürfen sich in der Öffentlichkeit in Dienstkleidung nicht politisch betätigen. Das sage nicht ich, das sagt unser Saarländisches Beamtengesetz. Auch dort, wo der Status der Beamtinnen und Beamten in den Ländern geregelt ist, dem Beamtenstatusgesetz, steht zu lesen - ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten -: „Beamtinnen und Beamte haben bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergibt.“ Das Beamtenstatusgesetz sagt aber auch - und das sollte nicht verschwiegen werden -: „Beamtinnen und Beamte müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten.“
Warum lese ich Ihnen das vor, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen? - Ich lese es Ihnen vor, weil wir heute über den privaten Facebook-Post eines Polizeibeamten reden, einen Facebook-Post, der augenscheinlich so treffend und zutreffend war, dass eine bestimmte Klientel ein weiteres Mal in sozialen Netzwerken Maß und Ziel verloren hat und durch Beleidigungen und Drohungen möglicherweise zum Teil auch die Grenzen zur Strafbarkeit überschritten hat.
Dabei hat der Beamte nicht viel Neues gesagt. Er hat sich in seinem Facebook-Post vor allem besorgt gezeigt, dass ein fast vergessen geglaubter Hass in neuen Parolen offenbar wieder einen Teil der Bevölkerung erreicht. Er hat sich besorgt gezeigt, weil aus bösen Worten immer öfter auch wieder böse Taten werden. Er hat sich gegen eine Erosion des Rechtsstaats gewandt und somit durchaus etwas getan, was das Beamtenstatusgesetz von ihm fordert. Er bekannte sich zu unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes
und benannte Entwicklungen, die sie in Gefahr bringen könnten.
Weil ich selbst Beamter bin, weiß ich, dass von einem Beamten in Uniform auch erwartet wird, dass er bestimmte, enge Grenzen einhält und dass er keinesfalls den Eindruck erweckt, es gebe in unserem Land eine politische oder zumindest eine politisierte Polizei. Diese Grenzen hat David Maaß am Ende seiner ganz grundsätzlichen Aussagen in einem Satz überschritten. Er hat ein ganz bestimmtes Beispiel für geistige Brandstifter genannt. Auch wenn die Vertreter der Partei, die er namentlich genannt hat, tatsächlich von vielen Menschen als Brandstifter empfunden werden, auch wenn Teile dieser Partei wahrscheinlich nicht ohne guten Grund vom Verfassungsschutz beobachtet werden, in Uniform hat ein Beamter parteipolitisch neutral zu agieren. Mit diesem einen Satz hat David Maaß tatsächlich einer guten Sache einen schlechten Dienst erwiesen.
Landespolizeipräsident Rupp, der Vizepräsident Hugo Müller und das LPP 3 haben die Situation geprüft und ich finde, sie haben angemessen reagiert. Nicht angemessen reagiert, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben alle die, denen es eben nicht ausgereicht hat, auf einen Regelverstoß hinzuweisen. Nicht angemessen reagiert haben alle die, die David Maaß beschimpft und bedroht haben. Sie haben damit eines bewiesen: Ungeachtet, ob David Maaß das, was er gesagt hat, so hätte sagen dürfen, er hat damit wahrscheinlich Recht gehabt.
Deshalb war es richtig, wichtig und angemessen, dass ihn Ministerpräsident Tobias Hans und Innenminister Klaus Bouillon zunächst einmal gegen Hass, Hetze und Gewaltandrohung in Schutz genommen haben. Es war nicht weniger richtig und angemessen, als in einem klärenden dienstlichen Gespräch auf sein Fehlverhalten eindeutig und unmissverständlich hingewiesen wurde. Ich bleibe dabei, ich habe nicht den geringsten Zweifel, dass unsere Polizei und unsere Landesregierung ganz grundsätzlich Recht und Gesetz walten lassen und angemessen reagieren, wenn es erforderlich ist. Das war auch hier der Fall. Ihr Antrag ist es deshalb nicht wert, dass ich noch ein Wort mehr darüber verliere. Wir als CDU lehnen ihn ab.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Kluge Politik ist immer eine Politik, die abwägt. Eine Politik, die auf der einen Seite Herausforderungen klar benennt, die auf der anderen Seite aber auch Lösungen anbietet, Lösungen, die nachvollziehbar, die transparent und im besten Falle auch möglichst nachhaltig in ihrer Wirkung sind. Ich bin fest davon überzeugt, dass der vorliegende Gesetzentwurf diese Ansprüche an eine kluge, an eine vorausschauende Politik zum Wohle unserer Kommunen voll und ganz erfüllt, und zwar ohne, dass wir unseren Städten und Gemeinden ein Korsett überstülpen, das sie allzu sehr einengt. Das Gegenteil ist der Fall!
Uns als CDU-Landtagsfraktion ist die kommunale Selbstverwaltung eminent wichtig. Sie zählt historisch gesehen zu den wesentlichen Grundlagen für die Entwicklung unseres demokratischen Staatswesens in Deutschland. Die kommunale Selbstverwaltung, so wie wir sie verstehen, umfasst dabei nicht nur das Recht, örtliche Angelegenheiten selbst zu entscheiden, sondern auch, eigene Finanzierungsquellen zu erschließen. Das Grundgesetz garantiert den Gemeinden das Recht, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Ein Recht, das auch in unserer saarländischen Landesverfassung verankert ist und dem wir auch heute wieder Rechnung tragen.
Parallel zu den Erleichterungen, die der SaarlandPakt und die Übernahme eines großen Batzens kommunaler Kassenkredite für unsere Städte und Gemeinden mit sich bringt, geben wir deshalb unseren Stadt- und Gemeinderäten und unseren Bürgermeistern mit den Änderungen im Kommunalabgabengesetz und im Kommunalselbstverwaltungsgesetz weitere Werkzeuge an die Hand, mit denen sie gut arbeiten und den Verhältnissen vor Ort punktgenau gerecht werden können.
Bei der Vorbereitung auf diesen Tagesordnungspunkt habe ich mich natürlich auch intensiv damit
beschäftigt, was die Opposition bei der Ersten Lesung des Gesetzentwurfes hier in diesem Hause angemerkt hat. Vielleicht hätte sich ja, wenn schon nicht der Stein der Weisen, so doch wenigstens der eine oder andere Aspekt gefunden, der bedenkenswert gewesen wäre. Der geschätzte Kollege Georgi ist leider im Moment nicht im Saal, ich hätte ihm sonst gesagt: Fehlanzeige! Denn ebenso wie heute hat er schon damals bedauerlicherweise nicht mehr gesagt als eine bloße Umverteilungsrethorik, und er hat gezeigt, wie grundlegend letztlich doch die Unterschiede zwischen unseren politischen Grundansätzen sind.
Sie waren und sind auch heute als LINKE bedauerlicherweise meilenweit davon entfernt, den Menschen in unserem Land reinen Wein zum Thema Steuern und Abgaben einzuschenken und ihnen ehrlich zu sagen, dass notwendige staatliche Ausgaben - wofür auch immer - letztlich immer von der Allgemeinheit, von uns allen getragen werden müssen. Ob die Kosten aus dem Steuersäckel des Bundes oder des Landes beglichen werden oder aus den Haushalten unserer Städte und Gemeinden vor Ort, das Geld muss erst einmal eingenommen werden. Und wenn das nicht über akute Einzelbescheide oder die kontinuierlichen Beiträge passiert, dann eben über Steuern, wie Sie es gerade wieder gefordert haben. Aber, ob letztere dann wieder so vor Ort ankommen, wie es notwendig wäre, um eben genau die „kaputt Stroß in da Habach“ oder in Saarlouis-Roden oder in „Baldaschwilla“ oder in „Owerdal“ wieder in einen guten Zustand zu versetzen, stünde in den Sternen.
Die Zuständigkeit für die Sanierung unserer Gemeindestraßen liegt vor Ort in unseren Kommunen. Deshalb sind die Möglichkeiten, die wir als Große Koalition mit dem vorliegenden Gesetzentwurf im Hinblick auf die Straßenausbaugebühren schaffen, die wir präzisieren und verbessern, wichtig und richtig.
Wir wollen, dass die Finanzverantwortung und die Zuständigkeit für gute Straßen in unseren Dörfern und Stadtteilen in einer Hand liegen, und zwar auf der kommunalen Ebene. Dort, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren, wo unsere Bürgerinnen und Bürger unmittelbar sehen und erleben können, was mit ihrem Geld gemacht wird und wie sich durch kosteneffizientes kommunales Engagement das eigene Wohnumfeld verbessert.
Wir wollen als CDU aber auch, dass die Komplettsanierung einer Straße, so schön und so neu sie auch hinterher aussehen mag, nicht zu einer bösen, finanziell schmerzhaften Überraschung für die Anwohner
wird. Einmalige Ausbaubeiträge können - die Fälle kennen wir - zu einer zuvor unkalkulierbaren Einmalbelastung führen, die möglicherweise manche Grundstückseigentümer finanziell völlig überfordert oder zumindest an ihre Grenzen bringt.
Nehmen wir hier noch einmal das bundesweit in den Medienberichten bereits des Öfteren widergespiegelte Beispiel einer Witwe mit einer geringen Rente. Nachdem sie und ihre Familie ein Leben lang für ihr eigenes Haus gearbeitet haben, muss sie bei einmaligen Ausbaubeiträgen damit rechnen, je nach Größe des Grundstücks, der Beschaffenheit und dem Ausbaustandard der Straße, mit zwischen 3.000 und 12.000 Euro zur Kasse gebeten zu werden.
Indem wir hingegen den Kommunen die Einführung wiederkehrender Beiträge erleichtern, machen wir eine kontinuierliche und besser verträgliche Abgabenbelastung für Familien, Bürgerinnen und Bürger und auch für die als Beispiel genannte Witwe in diesem Beispiel möglich.
Unsere Gesetzesänderung in Bezug auf Straßenausbaugebühren beseitigen, wenn wir sie heute beschließen, genau die Rechtsunsicherheiten, die bisher viele saarländische Kommunen vor der Einführung wiederkehrender Beiträge zurückschrecken ließ. Die Gesetzesänderung ist durchdacht und sie wird den Menschen vor Ort helfen. Das Damoklesschwert in Form von bis zu fünfstelligen Eurobeträgen, die im Einzelfall für Anlieger einer grundsanierten Straße fällig werden können, kann mit Ihrer Zustimmung verschwinden.
Zustimmen können Sie ohne Mehraufwand auch dem zweiten Punkt, den wir im Rahmen der Änderungen im Kommunalabgaben- und Kommunalselbstverwaltungsgesetz umsetzen wollen. Ich habe bereits erwähnt, dass die kommunale Selbstverwaltung, wie wir sie verstehen, eben nicht nur das Recht umfasst, örtliche Angelegenheiten selbst zu entscheiden, sondern auch, eigene Finanzierungsquellen zu erschließen, zielorientiert, zukunftsorientiert und einem klaren Leitbild folgend.
Mit den Erlösen, die beispielsweise durch eine Tourismusabgabe erzielt werden können, könnten unsere saarländischen Kommunen beim Ausbau ihrer touristischen Infrastruktur einen großen Schritt machen. Nicht ohne guten Grund sieht der Koalitionsvertrag unserer Regierungskoalition aus CDU und SPD für die laufende Legislaturperiode vor, dass die Landesregierung - die Kollegin Berg hat es schon gesagt - auf der Grundlage der Tourismuskonzeption 2025 im Saarland zusätzliche Finanzierungsinstru
mente für kommunale Tourismusaufwendungen ermöglichen wird.
Die Zahlen der letzten Jahre zeigen das eindrucksvoll. Das Saarland ist ein attraktives Reiseziel und es wird zunehmend beliebter. 2018 kamen weit über 1 Million Gäste ins Saarland, mehr als 3 Millionen Übernachtungen wurden verzeichnet und es deutet sich an, dass sich der positive Trend auch 2019 fortgesetzt hat.
Der Tourismus hat sich zu einem wirklich stabilen Standbein der saarländischen Wirtschaft entwickelt und auch zu einem Jobmotor. Investitionen in den Tourismus sind deshalb aktive Wirtschaftsförderung, die unsere Region insgesamt stärken. Dies gilt umso mehr, als auch im Saarland die Betriebe, die vom Tourismus profitieren, kleine und mittlere Unternehmen mit standortgebunden Arbeits- und Ausbildungsplätzen sind. Gerade für unsere Kommunen, für die Wertschöpfung vor Ort gewinnt der Fremdenverkehr immer mehr an Bedeutung. Er erhöht aber auch die Anforderungen an die touristische Infrastruktur, gerade auch im ländlichen Raum. Mit der heutigen Änderung des Kommunalabgabengesetzes können wir als saarländischer Landtag die Gemeinden, die sich in diesem Bereich verstärkt profilieren und engagieren möchten, in die Lage versetzen, zusätzliche Mittel einzunehmen, ohne dass wir ihnen ein Korsett überstülpen, das sie allzu sehr einengt. Eine Pflicht zur Einführung dieser Abgabe beziehungsweises dieses Beitrages wird nicht bestehen. Die Regelungen orientieren sich aufgrund des engen Sachzusammenhangs an den jeweils bestehenden Bestimmungen zu Kurabgaben und Kurbeiträgen.
Allerdings werden Menschen, die sich beispielsweise nur als Mitarbeiter im Saarland aufhalten, selbstverständlich nicht belastet. Der Änderungsantrag, der Ihnen vorliegt, macht das deutlich. So soll der Satz „Abhängig Beschäftigte sind von der Abgabenpflicht ausgenommen.“ in den entsprechenden Paragrafen eingefügt werden. Investitionen in die touristische Infrastruktur, in Mobilitätsangebote, in die Gestaltung der Ortskerne und in vieles andere sind Kernkompetenzen unserer Städte und Gemeinden. Es sind Kompetenzen, die durch die Tourismusabgabe einen Turbo-Boost erhalten können, und zwar mit Ihrer Stimme, liebe Kolleginnen und Kollegen, hier und heute. - Vielen Dank!
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unser Grundgesetz ist Vorbild, eine Verfassung, um die uns die Menschen in vielen Ländern dieser Welt beneiden. Entstanden ist unser Grundgesetz vor dem Hintergrund und aus den Erfahrungen einer Zeit, in der Menschenrechte und Bürgerrechte, in der die Rechte von Gemeinschaften wie auch des Einzelnen mit Füßen getreten wurden. Es ist entstanden vor dem Hintergrund einer Zeit, in der Menschen, in der selbst Kinder, nur aufgrund ihrer Herkunft, aufgrund ihres familiären Hintergrundes, ihres Glaubens, ihrer Überzeugung oder aufgrund einer Krankheit oder Behinderung oder aus einem anderen Grund, der nicht in das Weltbild von Nazis und Faschisten passte, ihrer Würde beraubt, gequält, misshandelt und ermordet wurden. Was die Mütter und Väter unseres Grundgesetzes im Wissen und in Verantwortung vor der Geschichte unseres Volkes geschaffen haben, ist eine Verfassung, die mehr ist als nur eine Sammlung von Grundregeln für das Zusammenleben in unserem Land.
Sie ist ein klares Bekenntnis zu unserer sozialen Demokratie und sie ist ein Bekenntnis zu bedingungslosen Menschenrechten. Die Grundrechte gelten für alle Menschen in unserem Land, ob groß oder ob klein. Sie gelten sogar für die, die am liebsten die Grundrechte abschaffen würden.
Unser Grundgesetz gilt längst als eine der großen Verfassungen dieser Welt. Es ist beispielhaft und es diente gerade auch jungen Demokratien als Orientierung und hat andere Staaten wie beispielsweise Südafrika, Polen oder Spanien bei ihrer Verfassungsgebung immer wieder bis in einzelne Formulierungen hinein inspiriert. Es gibt nur wenige Texte, bei denen die Diskrepanz zwischen dem Anspruch und der tatsächlichen Wirkung so ausgeprägt ist wie bei unserer Verfassung. Ein wesentlicher Grund für das Ansehen und für die hohe Akzeptanz des Grundgesetzes ist, dass es sich in den vergangenen sieben Jahrzehnten den gesellschaftlichen wie auch den politischen Veränderungen in unserem Land gewachsen gezeigt hat und immer wieder auch angepasst und weiterentwickelt wurde.
Nicht erst seit gestern oder heute wird aus guten Gründen diskutiert, ob nicht auch die Rechte unserer Kinder explizit und als elementarer Bestandteil in unserer Verfassung widergespiegelt werden sollten. Diese Frage haben sich in den Jahren 1948 und 1949 auch die Mitglieder des Parlamentarischen Rates schon gestellt. Auch sie haben überlegt, ob man und wie man die Rechte von Kindern am besten verankern sollte. Sie haben damals entschieden, dass die Grundrechte letztlich für alle gelten, egal ob für große Menschen oder noch kleine Menschen, für Erwachsene ebenso wie für Kinder, für Jugendliche ebenso wie für Heranwachsende. Kinder sind in ihrer Würde als Mensch geschützt. Kinder haben die gleichen Grundrechte und sie stehen nicht zuletzt auch als Teil der Familie unter dem besonderen Schutz des Grundgesetzes.
Heute wie gestern, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, stellen wir uns doch immer wieder die Frage, ob das reicht. Wenn unser Grundgesetz von den Rechten von Menschen spricht - das wurde auch vom Bundesverfassungsgericht immer wieder so gesehen -, meint es natürlich und ganz selbstverständlich auch die Rechte unserer Kinder. Und trotzdem: Auch wenn wir alle das wissen, weil wir unser Grundgesetz kennen, weil wir fest auf dem Boden unserer Verfassung stehen und weil wir uns eigentlich sicher sein könnten, dass es so ist, wie es ist, beschleichen manchen von uns, wenn wir darüber nachdenken, vielleicht doch manchmal noch leichte Zweifel. Sind Kinder, weil sie nicht eigens und nicht besonders erwähnt sind, vielleicht doch nur mitgemeint? Wäre ein Grundrecht weniger wert, wenn man nur mitgemeint ist? - Nein, so ist es ganz sicher nicht, natürlich nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen, sage ich hier am Rednerpult. Wenn ich dann in den Nachrichten wieder von den schlimmen Missbrauchsvorfällen im nordrhein-westfälischen Lügde höre, wenn ich von den Missbrauchsfällen höre, die aktuell vor dem Landgericht Saarbrücken zur Anklage kamen, oder wenn ich an einer Sitzung des Untersuchungsausschusses „Verdachtsfälle von Missbrauch in der Kinder- und Jugendpsychiatrie Homburg“ teilnehme und es darum geht, wie viel Intimes, wie viel zutiefst Persönliches wir als Abgeordnete von den Kindern, die zu Opfern wurden, wissen müssen und dürfen und wie tief wir in die Privatsphäre eines Opfers eindringen dürfen, ohne es ohne unser Wollen erneut zum Opfer zu machen, dann sind sie doch wieder da, die Zweifel und das Nachdenken. Wie ist es um die Rechte von Kindern bestellt?
Ich bin mir sicher, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass es in die Systematik unseres Grundgesetzes
gut passen würde, unsere Kinder als Träger von Grundrechten explizit zu erwähnen. Ist es denn nicht so, dass die Väter und Mütter unseres Grundgesetzes ganz bewusst die Werte als Garantien in unsere Verfassung aufgenommen haben, die ihnen, die uns allen auch heute noch am wichtigsten erscheinen? Was also, so frage ich Sie, könnte neben dem, was unsere Verfassung uns bereits garantiert, noch wichtiger sein als das Wohl unserer Kinder? Wir im Saarland haben die Frage doch schon einmal für uns selbst beantwortet. Die Abgeordneten des 13. saarländischen Landtages haben bereits am 04. Juli 2007 beschlossen, Artikel 24a der Verfassung mit gesonderten Kinderrechten aufzunehmen. Artikel 24a lautet: „Jedes Kind hat ein Recht auf Achtung seiner Würde, auf Entwicklung und Entfaltung seiner Persönlichkeit, auf Bildung sowie auf gewaltfreie Erziehung zur Eigenverantwortung und zur Gemeinschaftsfähigkeit. (…) Jedes Kind hat ein Recht auf besonderen Schutz vor Gewalt, Vernachlässigung, Ausbeutung sowie leiblicher, geistiger oder sittlicher Verwahrlosung.“ Ziel unserer Kolleginnen und Kollegen war es, die gesellschaftliche Wertschätzung von und die Achtung vor Kindern zu erhöhen. Das ist die Absicht, die auch die Regierungskoalition in der Bundesregierung aktuell und zielorientiert verfolgt.
Damit, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind wir schon ganz nah an dem, was uns die Vereinten Nationen mit auf den Weg gegeben haben und was wir auch teilen. Wir haben als Bundesrepublik Deutschland doch längst die UN-Kinderrechtskonvention ratifiziert, ein Abkommen, in dem die Rechte definiert sind, auf die Kinder überall in der Welt Anspruch haben. Kein Abkommen zum Schutz der Menschenrechte ist jemals auf breitere Akzeptanz gestoßen als die 1989 verabschiedete Kinderrechtskonvention. Die Konvention wurde weltweit von 191 Staaten ratifiziert. Das sind alle Staaten dieser Welt bis auf die USA. Wenn ein Land eine Konvention ratifiziert, verspricht es, die einzelnen Artikel der Konvention in geltendes nationales Recht umzusetzen, soweit dies nicht bereits erfolgt ist. Dieses Versprechen haben wir noch nicht eingelöst, zumindest nicht in unserem Grundgesetz.
Ich will an dieser Stelle noch einmal die zehn Grundrechte zusammenfassen, die die Basis der Kinderrechte laut UNICEF darstellen: Erstens. Das Recht auf Gleichheit. Alle Kinder sind gleich. Niemand darf aufgrund seiner Hautfarbe, seines Geschlechts oder seiner Religion benachteiligt werden. Zweitens. Das Recht auf Gesundheit. Jedes Kind hat das Recht, die Hilfe und Versorgung zu erhalten, die es braucht, wenn es krank ist. Drittens. Das Recht auf Bildung. Jedes Kind hat das Recht, zur Schule zu gehen und
zu lernen, was wichtig ist, zum Beispiel auch die Achtung vor den Menschenrechten und anderen Kulturen. Es ist wichtig, dass Kinder in der Schule ihre Fähigkeiten entwickeln können und dass sie dazu ermutigt werden. Viertens. Das Recht auf Freizeit, Spiel und Erholung. Jedes Kind hat das Recht, zu spielen und in einer gesunden Umgebung aufzuwachsen und zu leben. Fünftens. Das Recht, sich zu informieren, sich mitzuteilen, gehört zu werden und sich zu versammeln. Jedes Kind hat das Recht, seine Gedanken frei zu äußern. Die Meinung der Kinder soll bei allen Dingen, die sie direkt betreffen, beachtet werden. Alle Kinder haben das Recht auf Information und Wissen über ihre Rechte. Jedes Kind hat das Recht, Informationen aus der ganzen Welt durch Radio, TV, Zeitungen und Bücher zu bekommen und Informationen auch an andere weiterzugeben. Sechstens. Das Recht auf gewaltfreie Erziehung. Jedes Kind hat das Recht auf eine Erziehung ohne Anwendung von Gewalt. Siebtens. Das Recht auf Schutz vor wirtschaftlicher und sexueller Ausbeutung. Kein Kind soll schlecht behandelt, ausgebeutet oder vernachlässigt werden. Kein Kind soll zu schädlicher Arbeit gezwungen werden. Achtens. Das Recht auf Schutz im Krieg und auf der Flucht. Ein Kind, das aus seinem Land flüchten musste, hat dieselben Rechte wie alle Kinder in dem neuen Land. Wenn ein Kind ohne seine Eltern oder seine Familie kommt, hat es Recht auf besonderen Schutz und Unterstützung. Wenn es möglich ist, soll es mit seiner Familie wieder zusammengebracht werden. Neuntens. Das Recht auf eine Familie, elterliche Fürsorge und ein sicheres Zuhause. Jedes Kind hat das Recht, mit seiner Mutter und seinem Vater zusammenzuleben, auch wenn diese nicht zusammenwohnen. Eltern haben das Recht, Unterstützung und Entlastung zu bekommen. Als Zehntes, aber bei Weitem nicht zuletzt: Das Recht auf Betreuung bei Behinderung. Jedes Kind hat das Recht auf ein gutes Leben. Ist ein Kind behindert, hat es das Recht auf zusätzliche Unterstützung und Hilfe.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren, diese Rechte, die ich gerade genannt habe, sind für uns und für die übergroße Mehrheit der Kinder in unserem Land eine Selbstverständlichkeit und gelebte Realität, aber eben nicht für alle. Um es mit einem Buchtitel von Johannes Mario Simmel zu sagen: „Die im Dunkeln sieht man nicht“. - Geben wir den Kinderrechten Verfassungsrang. Setzen wir damit auch unsere eigenen Ansprüche noch einmal höher und schaffen eine stete Erinnerung, dass noch immer etwas zu tun ist, dass noch immer etwas mehr getan werden muss. Deshalb ist es richtig, Kinderrechte ins Grundgesetz zu schreiben.
Die klare Marschroute, die unser Grundgesetz bereits vorgibt, bleibt davon unberührt. Kinderrechte im Grundgesetz bedeuten ganz gewiss kein Mehr an Staat. Unser Grundgesetz sagt uns völlig zu Recht, dass Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stehen. Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die ihnen zuvörderst obliegende Pflicht. Artikel 24 unserer saarländischen Verfassung beschreibt es sogar noch etwas genauer: „Die Pflege und die Erziehung der Kinder zur leiblichen, geistigen, seelischen sowie zur gesellschaftlichen Tüchtigkeit sind das natürliche Recht der Eltern und die vorrangig ihnen obliegende Pflicht. Sie achten und fördern die wachsende Fähigkeit der Kinder zu selbstständigem und verantwortlichem Handeln. Bei der Pflege und Erziehung ihrer Kinder genießen sie den Schutz und die Unterstützung des Staates.“
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Familie ist und bleibt die Keimzelle unserer Gesellschaft und steht deshalb unter dem besonderen Schutz des Grundgesetzes. Darüber zu entscheiden, was dem Wohl der Kinder entspricht, ist zu allererst einmal die Aufgabe der Eltern. Das ist Elternpflicht, das ist Elternaufgabe und das ist Elternrecht. Das sage ich - das muss an dieser Stelle erlaubt sein - ganz ausdrücklich und vor allem auch an die Adresse all derjenigen, die meinen, man müsse Eltern nicht informieren, man müsse gegebenenfalls auch Aufsichtsbehörden nicht informieren, wenn Unverzeihliches geschehen ist oder auch nur geschehen sein könnte, wenn das Kindeswohl gefährdet, wenn das Kindeswohl verletzt wurde und wenn Kinder auf welche Weise auch immer seelisch oder körperlich missbraucht wurden.
Schaut in unsere Verfassung, redet mit Eltern, informiert Eltern, handelt nach Recht, handelt nach Gesetz und nach den moralischen Maßstäben, die uns unsere Verfassung und unsere Menschlichkeit vorgeben. Ich sage es noch einmal, weil es auch dann wichtig bleibt, wenn Kinderrechte in unser Grundgesetz aufgenommen werden: „Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht.“ An dieser Grundausrichtung wollen und werden wir als CDU nichts verändern. Der Staat bleibt Wächter, vor allem aber Partner und Unterstützer. Er hat die Aufgabe, Rahmenbedingungen zu schaffen und Angebote zu machen. Er hat nur dann und immer nur im Einzelfall einzugreifen und zu handeln, wenn Eltern nicht willens oder nicht in der Lage sind, die grund
sätzlichen Rechte von Kindern zu wahren und zu schützen und das Kindeswohl zu gewährleisten und zu garantieren.
Im Saarland haben wir deshalb parallel zur Änderung unserer Verfassung 2007 unter anderem die Programme „Frühe Hilfen“ und „Keiner fällt durchs Netz“ ins Leben gerufen, die mittlerweile - das habe ich bereits im letzten Plenum gesagt - bundesweit zum Vorbild genommen wurden. Schon damals war unseren Kolleginnen und Kollegen klar, dass die Aufnahme von Kinderrechten in eine Verfassung niemals nur Symbolpolitik sein darf, sondern dass wir am Ende gefragt werden, ob wir das, was wir vorgeben zu tun, tatsächlich erreicht haben.
Das ist die Verantwortung, die wir haben, wenn wir hier und heute die Forderung der Aufnahme von Kinderrechten in das Grundgesetz in Richtung unserer Kolleginnen und Kollegen im Bundestag richten. Weil es meiner Fraktion und mir wichtig ist und weil kein Gesetz und keine Verfassung uns dieser Verantwortung entheben kann, will ich es abschließend ganz deutlich betonen: Wer in unserem Land etwas für Kinder und Kinderrechte tun will, muss Familien stärken und unterstützen.
Kinderrechte werden immer dann besonders gewahrt, wenn wir starke Familien haben und wenn wir nicht anfangen, Elternrechte und Kinderrechte gegeneinander auszuspielen. Lassen Sie uns deshalb gemeinsam als saarländischer Landtag die Kolleginnen und Kollegen in Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat auf dem Weg bestärken, der im Koalitionsvertrag von CDU und SPD vereinbart ist: die Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz. Vielen Dank.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Armut ist ein Problem, Armut ist real. Dass es Menschen gibt, dass es immer noch Familien gibt, dass es Kinder gibt, die selbst in einem wirtschaftlich starken Land wie Deutschland von Armut bedroht sind, lässt sich nicht wegdiskutieren. Deshalb ist es gut und richtig, dass wir immer und immer wieder unseren Blick mit Empathie und Mitgefühl auf die richten, die unsere Hilfe brauchen, und dass wir denen die Hand reichen, die in Not geraten oder von Sorge und Armut bedroht sind.
Ebenso wie die Große Koalition in Berlin gerade ganz aktuell weitere wichtige Weichenstellungen im Kampf gegen die Armut im Alter vornimmt, arbeiten wir als CDU und SPD auch im Saarland gemeinsam und Hand in Hand mit der Regierung und mit den Wohlfahrtsverbänden und vielen anderen Playern mit Hochdruck an einem Aktionsplan zur Bekämpfung der Armut hier in unserem Bundesland. Ich bin zuversichtlich, dass wir schon zum Jahresbeginn die abschließende Fassung dieses Aktionsplans vorlegen können und anschließend so schnell wie möglich mit der Umsetzung konkreter und weiterer wirksamer Maßnahmen beginnen.
Umso dankbarer bin ich, dass die Kolleginnen und Kollegen der Fraktion DIE LINKE eine acht Monate alte Antwort der Landesregierung auf eine Große Anfrage zum Thema Armut und Ungleichheit im Saarland hervorgekramt hat und das wichtige Thema Armutsbekämpfung ein weiteres Mal auf die Tagesordnung einer Plenarsitzung gesetzt hat.
Sie geben mir die Möglichkeit, ein weiteres Mal deutlich zu machen, dass die Koalition aus CDU und SPD sowohl im Bund als auch im Land alles tut, um die Situation für Kinder, für Familien und auch für ältere Menschen immer weiter zu verbessern.
Zunächst einmal will ich aber auch ganz deutlich sagen, dass ich nicht glücklich darüber bin, dass die LINKE das so eminent wichtige Thema Armutsbekämpfung durch die Hintertür immer wieder dazu benutzt, ja geradezu missbraucht, um ideologisch motivierte Neiddebatten anzuzetteln, um zum Beispiel immer wieder der verfassungswidrigen Vermögenssteuer das Wort zu reden, statt sich dem eigentlichen Thema zu widmen und hier eigene Ideen und konstruktive Lösungsvorschläge zu entwickeln.
Ich bin fest überzeugt, die Menschen, die von Armut bedroht sind, deren Arbeitsplatz vielleicht auf dem Spiel steht, denen aufgrund befristeter oder prekärer Arbeitsverhältnisse eine gesicherte Zukunftsperspektive fehlt oder die ihren Kindern beste Bildungsund Ausbildungschancen ermöglichen wollen, ist es zunächst einmal ziemlich egal, ob die Zahl der Millionäre im Saarland von 2012 auf 2013 um sieben gesunken ist oder dass es in diesem Jahr im Saar
land durch Lottogewinne schon wieder zwei Millionäre mehr gibt.
Viel wichtiger ist es doch den allermeisten, dass sich ihre eigene Situation, dass sich die Situation ihrer Familie, ihrer Kinder, ihrer Enkel verbessert, dass ihre Kinder es - einfach gesagt - einmal besser haben als sie.
Dass sich die Armutsgefährdungsquote im Saarland entgegen dem Bundestrend durch eine gute wirtschaftliche Entwicklung und vor allem auch durch die Rahmenbedingungen, die diese Große Koalition in den vergangenen Jahren geschaffen hat, deutlich von 16,6 in 2016 auf 15,7 Prozent in 2017 verringert hat, ist vor diesem Hintergrund ein gutes Zeichen. Am stärksten gesunken ist die Quote der Menschen, die von Armut bedroht sind, bei den jungen Leuten, den Berufsanfängern, im Alter von 18 bis 25 Jahren. Auch das ist ein wichtiges und gutes Signal.
Die Zahl der privaten Insolvenzen ist im Saarland ebenfalls seit Jahren rückläufig. Auch das zeigt die Antwort der Landesregierung. 2017 wurde ein Tiefststand erreicht und die Entwicklung setzt sich fort. Im Saarland haben im ersten Halbjahr dieses Jahres knapp 8 Prozent weniger Privatinsolvenz angemeldet als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Bundesweit war das nach Thüringen und Bayern der stärkste Rückgang.
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, es wird also besser. Weil aber „besser“ hier wie so oft noch lange nicht „gut“ ist, werden wir nicht ruhen und Armutsrisiken für die Menschen in unserem Land weiter minimieren. Das gilt auch und im Besonderen, weil - auch das will ich Ihnen nicht verschweigen - in der Altersstufe der 25- bis 50-Jährigen die Armutsgefährdungsquote wieder von 14,5 auf 15,1 Prozent gestiegen ist. Armut aber ist, wie ich schon in meiner ersten Rede hier in diesem Hohen Hause deutlich gemacht habe, immer relativ. So sind auch viele der Zahlen, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landesregierung in der Antwort auf Ihre Frage in mühsamer Kleinarbeit zusammengetragen haben, in vielen Fällen relativ.
Warum sage ich das? - Ich sage das, liebe Kolleginnen und Kollegen, weil die Armutsgefährdungsquote im Saarland im vergangenen Jahr zwar wieder um 0,3 Prozent angestiegen ist, es aber für diesen Anstieg einen durchaus erfreulichen Grund gibt. Die Ar
mutsgefährdungsschwelle richtet sich nämlich stets nach dem monatlichen Äquivalenzeinkommen der Bevölkerung in Privathaushalten. Steigen also die Löhne und Gehälter im Saarland auf breiter Front, so erhöht sich auch die Schwelle, ab der man als armutsgefährdet gilt. Im letzten Jahr hat die Armutsgefährdungsschwelle deshalb den größten Sprung nach oben seit Beginn der Sozialberichterstattung gemacht, weil Löhne und Gehälter deutlich angestiegen sind, weil die Zahl der Arbeitslosen weiter gesunken ist und weil vielleicht so viele Menschen wie nie zuvor im Saarland in Lohn und Arbeit waren.
Die Zahl der Kernerwerbstätigen ist seit 2003 von damals 394.000 um 44.000 auf heute 430.000 gestiegen. Galt ein Einpersonenhaushalt 2017 noch mit einem Einkommen von netto 975 Euro monatlich als armutsgefährdet, so zählte er im vergangenen Jahr bereits als armutsgefährdet, wenn das monatliche Nettoeinkommen weniger als 1.035 Euro betrug. Eine Familie aus zwei Erwachsenen und zwei Kindern unter 14 Jahren galt 2018 als armutsgefährdet, wenn das Familieneinkommen monatlich bei weniger als 2.174 Euro netto lag.
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, um es Ihnen noch etwas anschaulicher zu machen, was das konkret bedeutet und wie relativ Armut definiert werden kann, nenne ich ein Beispiel. Ein Straßenwärter ist bei uns im Saarland im Landesbetrieb für Straßenbau in der Entgeltgruppe 5 eingruppiert. Solche Beschäftigte haben wir viele im Land und bei unseren Kommunen. In der höchsten Erfahrungsstufe und als Vater von zwei Kindern erhält unser gut ausgebildeter Straßenwärter ein monatliches Netto von 2.152 Euro, also 20 Euro unter der neuen Armutsgefährdungsschwelle des vergangenen Jahres. Wenn seine Frau oder Lebensgefährtin nicht berufstätig ist, weil die Kinder noch klein sind, ist es ausschließlich das Erziehungs- und Kindergeld, das diese Familie noch über der aktuellen Schwelle zur Armutsgefährdung hält. Trotzdem wird sich diese Familie wahrscheinlich aber nicht direkt als besonders armutsgefährdet ansehen. Die Erhöhungen des Kindergeldes, die die CDU seit 2009 durchgesetzt hat und die sich zusammengerechnet mittlerweile auf 40 Euro im Monat für jedes Kind belaufen, sind nämlich eine spürbare Leistung, die unmittelbar bei dieser jungen Familie ankommt. Das nunmehr auf 204 Euro monatlich erhöhte Kindergeld bedeutet für diese Familie mit ihren beiden Kindern wichtige 4.896 Euro im Jahr und damit 960 Euro mehr als noch 2009. Das ist eines der Beispiele, die zeigen, dass wir von der CDU uns nicht sinnlos in Neiddebatten verzetteln, sondern dass wir handeln. Wir unterstützen und entlasten
Familien, wir suchen und finden Wege, wie wir Menschen helfen können.
Nehmen wir das Familienstärkungsgesetz, mit dem wir Kinderarmut zielorientiert entgegengetreten sind, und zwar mit passgenauen Maßnahmen und nicht wie von einigen Parteien gewünscht - mit dem Gießkannenprinzip. Mit diesem Werkzeug unterstützen wir Familien mit geringem Einkommen und bauen die Chancen der Kinder auf Bildung und Teilhabe aus. Beim Kinderzuschlag wurde die bislang komplizierte Antragstellung erleichtert, künftig kann der Kinderzuschlag bei der Familienkasse digital beantragt werden. Das von der CDU eingeführte Erziehungsgeld wurde in der vergangenen Legislaturperiode um das ElterngeldPlus erweitert. So ermöglichen wir Eltern in den ersten Lebensjahren ihres Kindes mehr Flexibilität bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Wir haben den Ausbau der Kinderbetreuung vorangetrieben. Bundesweit wurden in den letzten Jahren mehr als 5 Milliarden Euro in den Bau und Betrieb von Kindertagesstätten investiert, vieles von diesem Geld im Saarland. Im Rahmen des Gute-KiTa-Gesetzes werden nun bis 2022 weitere 5,5 Milliarden Euro investiert für mehr Qualität und geringere Gebühren für die Eltern. Auch das ist eine familienpolitische Leistung, die zeigt, dass CDU und SPD für Familien, gegen Armut und Armutsgefährdung handeln.
In die gleiche Kerbe, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, schlägt auch das nach wie vor erfolgreiche Programm „Frühe Hilfen - Keiner fällt durchs Netz“, das unter der CDUAlleinregierung 2007 im Saarland ins Leben gerufen wurde und das mittlerweile bundesweit kopiert wird. Das Programm bietet psychosoziale Unterstützungsangebote für Familien ab Beginn der Schwangerschaft bis zum dritten Lebensjahr des Kindes. Allen Kindern von Beginn an die gleichen Chancen auf eine möglichst optimale und gesunde Entwicklung zu ermöglichen und möglichst früh Gefahren aufzudecken, sind Zielsetzungen der „Frühen Hilfen“ im Saarland. Konzeptuelles Leitbild ist dabei die Verbindung von Prävention und Kinderschutz, von Angeboten der Elternbildung in einem System frühzeitig einsetzender Hilfen und von Angeboten für stark belastete Familien.
Ich nenne Ihnen auch die Veranstaltungsreihe „wir im Verein mit dir“, die ebenfalls bundesweite Beachtung findet. Durch diese Veranstaltung werden seit
Jahren Kinder erfolgreich zum Eintritt in Sportvereine motiviert. Während die Kinder selbst in den Gruppen, Teams und Mannschaften gesunde Bewegung und soziales Lernen erfahren, hilft der begeisterungsfähige Nachwuchs gleichzeitig unseren Vereinen, ihre Strukturen in der Kinder- und Jugendarbeit zu stabilisieren, auszubauen und neue Angebote zu schaffen, damit alle Kinder am Vereinsleben teilhaben können. Mittlerweile sind manche Kinder, die an den ersten Veranstaltungen von „wir im Verein mit dir“ teilgenommen haben selbst schon wieder ehrenamtlich tätig und trainieren und betreuen die nächste Generation Kinder.
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich mache an dieser Stelle einen Schnitt, obwohl ich Ihnen noch viele unterschiedliche kleine und große Projekte nennen könnte, wie wir in unserem Land Menschen sozialen Aufstieg und ein Entkommen aus der Armutsfalle ermöglichen und wie wir Zusammenhalt und Miteinander fördern, denn alles hängt ja mit allem zusammen. Sie haben sicherlich gemerkt, dass ich keine Stellung dazu bezogen habe, was engagierte Vertreterinnen und Vertreter von sozialen Verbänden und unterschiedlichsten Institutionen in vielen Stunden an Maßnahmen und Projekten für den Aktionsplan zur Armutsbekämpfung entwickelt haben. Ich will der Präsentation dieses Aktionsplans, der sicherlich Zeichen setzen wird, aus Respekt vor dieser Arbeit nicht vorgreifen, bedanke mich aber jetzt schon von Herzen für all das, was im Beirat für den Aktionsplan zur Armutsbekämpfung und seinen Arbeitsgruppen geleistet wurde.
Ich bedanke mich nicht weniger von Herzen auch bei Ministerin Monika Bachmann, die den Aktionsplan nicht nur zur Chefsache, sondern vor allem zu ihrer ganz persönlichen Herzensangelegenheit gemacht hat.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren heute ein ernstes Problem. Wir diskutieren darüber, dass es Wohnungen und Häuser gibt, in denen von uns ganz sicher niemand wohnen möchte und in denen trotzdem Menschen leben oder vielmehr hausen müssen. Ja, in Saarbrücken sind 50 Häuser betroffen - Frau Schramm hat es gesagt - von 100.000 Haushalten. Es ist also nicht an der Tagesordnung, aber es ist ein Problem, mit dem wir uns beschäftigen müssen. Denn das gibt es ja auch bei uns im Saarland, die Schrottimmobilien mit Schimmel, mit nassen Wänden, undichten Dächern, kaputten Fenstern und defekten Abwasserleitungen, heillos überbelegte Wohnungen, in denen Menschen in prekären Verhältnissen leben, oft Wanderarbeiter und vermeintlich billige Hilfskräfte aus dem benachbarten Ausland.
Leider gibt es auch die Nachbarn, in deren Küche sich nicht nur schmutziges Geschirr und vergammel
te Lebensmittel stapeln, sondern die ihr Zuhause und die Umgebung zumüllen und deren Kinder möglicherweise statt mit Hund, Katze und Hamster mit Ratten und Kakerlaken unter einem Dach leben müssen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das sind Zustände, die wir nicht dulden wollen und nicht dulden werden. Wir als CDU-Fraktion wollen und werden deshalb gemeinsam mit unserem Koalitionspartner den Städten und Gemeinden in unserem Land wirksame Werkzeuge an die Hand geben, damit sie handeln und derartigen Missständen aktiv entgegentreten können.
Aber auch hier, liebe Kolleginnen und Kollegen, gilt das, was die Menschen in unserem Land von uns erwarten. Wir wollen Lösungen, die auch wirklich dazu geeignet sind, Probleme nachhaltig und rechtssicher zu beseitigen. Wir wollen Lösungen, die nicht schon in dem Moment, in dem wir darüber entscheiden, Lücken und Verbesserungsbedarf aufweisen. Aus diesem Grund gilt auch hier Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Erst vor wenigen Tagen sollte im Rahmen einer Anhörung mit vielen Beteiligten die soziale Situation von EU-Ausländern aus Rumänien und Bulgarien näher beleuchtet werden. Diese Menschen wandern aus extremer Armut und auf der Suche nach Arbeit zu. Sie folgen großen Versprechungen, landen aber oft in ausbeutenden Unternehmen, werden als Frauen nicht selten zur Prostitution gezwungen.
Viele dieser Menschen treffen dann auch auf skrupellose Immobilienbesitzer. Der deutschen Sprache oft kaum mächtig und damit nahezu hilflos ausgeliefert, werden sie in alten Kaschemmen untergebracht, wohnen dort zu horrenden Mieten. Aus diesem Grund stand in der Anhörung letztlich vor allem eine Frage im Mittelpunkt: Wie können wir gegen solche menschenunwürdigen Lebensverhältnisse und Wohnverhältnisse vorgehen?
Die Ergebnisse dieser Anhörung, die wie gesagt erst vor wenigen Tagen stattfand, liegen noch nicht vor. Die Impulse, die unterschiedlichen Aspekte sind noch nicht diskutiert und aufgearbeitet, auch noch nicht zusammengefasst, da legen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der LINKEN, bereits einen Gesetzentwurf vor, gerade so, als sei es völlig egal, was da am 03. September diskutiert wurde und als käme es nicht darauf an, ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Vielmehr geht es Ihnen darum, parteipolitisch als Erstes ein Thema zu besetzen, um die große Schlagzeile in der Presse für sich reklamieren zu können. Sie haben sich schnell festgelegt. Das, was
Sie hier so eilfertig vorschlagen, scheint die einfachste Lösung für ein komplexes Problem.
Das erinnert mich ein wenig an ein Zitat, das auch Umberto Eco in seinem Roman „Das Foucaultsche Pendel“ in etwas abgewandelter Form verwandt hat: Stets weiß man für jedes menschliche Problem eine Lösung - sauber, einleuchtend und falsch.
Nun möchte ich Ihnen beim besten Willen nicht unterstellen, der Gesetzentwurf sei grundlegend falsch. Das ist er nicht, denn immerhin wurde er in Nordrhein-Westfalen bereits vor mehr als fünf Jahren nahezu wortgleich verabschiedet und anschließend auch mehr oder weniger erfolgreich umgesetzt. Sie haben es sich also bloß etwas einfach gemacht und schlicht den erstbesten Gedanken übernommen, der Ihnen vor die Füße gefallen ist.
Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist mir allerdings zu wenig, zumal es auch jetzt schon rechtliche Möglichkeiten gibt, die unsere Städte und Gemeinden im Kampf gegen verwahrloste Wohnungen und die Nutzung sogenannter Schrottimmobilien zur Unterbringung billiger Arbeitskräfte ausschöpfen könnten.
Sei es beispielsweise zur Gefahrenabwehr, sei es mit Unterstützung der Bauaufsicht oder dem Zoll, sei es gemeinsam mit den Gesundheitsämtern oder sei es aus Gründen des Brandschutzes. Ich habe es vorhin bereits gesagt und ich wiederhole es gerne, die Lösungen, die wir als Koalition finden wollen, müssen vorhandene Möglichkeiten zielgerichtet ergänzen und verstärken. Sie dürfen sich nicht im Theoretischen erschöpfen, sondern müssen den Kommunen konkrete weitere Handlungsmöglichkeiten bieten, Handlungsmöglichkeiten, liebe Kolleginnen und Kollegen, die wirklich dazu geeignet sind, Probleme nachhaltig und rechtssicher - ich habe es gesagt - zu beseitigen und die nicht wie Ihr Gesetzentwurf erst noch einen 56-seitigen Leitfaden erfordern, einen Leitfaden wie in Nordrhein-Westfalen, in dem den Gemeinden dann erklärt werden muss, was denn mit den einzelnen Paragrafen im Gesetz überhaupt gemeint ist.
Wir wollen Lösungen, die den Problemen gerecht werden und nicht ein Gesetz, das möglicherweise neue Ungerechtigkeiten schafft. Ihr Gesetzentwurf schreibt beispielsweise vor, dass Eigentümer Schäden an Wohnungen umgehend beseitigen müssen.
Das gilt selbst dann - es steht nicht anders im Gesetz -, wenn der Mieter sie mutwillig verursacht hat.
Viele von Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wissen, wovon ich spreche, wenn ich sage, jeder, der einmal in seinem Bekannten- und Freundeskreis oder gar in seiner Familie miterlebt hat, was manche Mieter aus einer Wohnung machen können und wie sie sie zurichten, muss über diese nicht differenzierende Gesetzesformulierung entsetzt sein. Ja, wir müssen handeln und wir müssen es ermöglichen, dass unsere Städte und Gemeinden Mietern überall dort zur Seite stehen können, wo dieses Handeln nötig und notwendig ist. Aber wir wollen gleichzeitig, dass auch sogenannte Kleinvermieter, dass auch ältere Menschen sich noch trauen, in Zeiten knappen Wohnraums Wohnungen zur Verfügung zu stellen. Deshalb dürfen wir diese eben nicht einseitig belasten und alleine im Regen stehen lassen. Das gilt insbesondere und umso mehr auch in unseren eher ländlich gelegenen Kommunen, wo das Bild vom geldgierigen Miethai glücklicherweise noch weniger zutreffend ist als in manchen Ballungsräumen.
Es wäre ohnehin eine sehr eindimensionale Sicht der Dinge, denn die Gründe, warum es zu einem Sanierungsstau in einem Mietshaus kommen kann, sind ebenso vielfältig wie die Werkzeuge, die wir benötigen, um Mietwucher, um Schrottimmobilien wirksam entgegentreten zu können. Weit weniger als die Hälfte der Kommunen in Nordrhein-Westfalen, gerade einmal 44 Prozent, haben deshalb bis zum Zeitpunkt einer Evaluation im April dieses Jahres die Möglichkeiten ihres Wohnungsaufsichtsgesetzes überhaupt genutzt, die meisten davon nur in Einzelfällen, unter anderem, weil sie erkannt haben, dass in bestimmten Fällen eben tatsächlich Ungerechtigkeiten die Folge gewesen wären oder andererseits dort, wo es wünschenswert gewesen wäre, eine abschreckende Wirkung nicht festzustellen war.
Schaut man sich die Evaluation also en détail an, merkt man schnell, dass es, auch wenn der vorliegende Gesetzentwurf im Großen und Ganzen nützlich erscheinen mag, doch einiges gibt, das man besser machen kann und besser machen muss. Wenn wir unseren Städten und Gemeinden zusätzliche Werkzeuge in die Hand geben wollen, um gegen gravierende Missstände vorgehen zu können, sollten diese Werkzeuge auch genau die Richtigen treffen, die Miethaie und alle die, die ohne Skrupel Menschen ausnutzen, die ohnehin schon reichlich große Sorgen im Gepäck haben.
Genau das ist es, worum ich Sie hier und heute bitte. Lassen Sie uns den vorliegenden Gesetzentwurf
ablehnen. Nehmen wir uns die Zeit, das richtige Maß und den richtigen Weg zu unserem gemeinsamen Ziel zu finden, nehmen wir uns die Zeit, nicht irgendeine sondern möglichst die beste Lösung für diese drängenden Probleme zu finden. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben einen hervorragenden öffentlichen Dienst und wir haben in unserem Land engagierte und motivierte Beamtinnen und Beamte. Die Erfolge, die wir in den vergangenen Jahren beim Abbau der Neuverschuldung entgegen aller Kassandrarufe auch hier aus diesem Hause erreicht haben, wären ohne die Beamtinnen und Beamten und die Beschäftigten im öffentlichen Dienst nicht möglich gewesen.
Der saarländische Weg und die Tatsache, dass es gelungen ist, keine neuen Schulden zu machen und damit die Belastung kommender Generationen, unserer Kinder und Enkel, zumindest in diesem Bereich nicht länger ausufern zu lassen, sind auch und wahrscheinlich vor allem dem Engagement, der Leistungsfähigkeit und der Leistungsbereitschaft unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst zu verdanken.
Die Frauen und Männer in den Ministerien und Behörden, bei der Polizei und in den Justizvollzugsanstalten, in den Schulen ebenso wie in den Verwaltungen und wo sie sonst zuverlässig und verantwortungsbewusst ihren Dienst für unser Land und seine Menschen tun, haben es aus meiner Sicht verdient und wir sind es ihnen schuldig, dass wir ihnen Wertschätzung entgegenbringen. Völlig zu Recht gehen wir aus diesem Grund als Land bei der Umsetzung der Ergebnisse der Einkommensrunde 2019 bis 2021 an die Grenzen dessen, was wir leisten können und was seriös finanzierbar ist.
Die Besoldungserhöhung alleine mit in der Summe 8,1 Prozent mehr Gehalt für Landes- und Kommunalbeamte bis zum April 2021 ist für viele trotzdem kein Grund zu uneingeschränktem Jubel. Umso dankbarer bin ich, dass im Rahmen eines Spitzengesprächs am 16. April zwischen der Landesregie
rung und den gewerkschaftlichen Spitzenorganisationen nach langem Ringen ein Kompromiss erzielt werden konnte, der viel mehr beinhaltet als eben nur eine Besoldungserhöhung. Der nun vorliegende Gesetzentwurf ist deshalb ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.
Der saarländische Weg, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren, kann durch diesen Kompromiss noch einmal ein weiteres, ein wichtiges Stück gemeinsam gegangen werden. Gleichzeitig stellen wir die Weichen so, dass unsere saarländischen Beamtinnen und Beamte trotzdem ein erstes Licht am Ende des Tunnels sehen können und ein perspektivischer Anschluss an die Besoldung der anderen Länder und des Bundes nicht aus den Augen verloren wird, denn das Gesamtvolumen der Besoldungsanpassung liegt über dem Tarifabschluss der Länder. 8,1 Prozent statt 7,4 Prozent bis 2021 für die Landes- und Kommunalbeamten sowie die Versorgungsempfänger in unserem Land sind einer der Schritte in die richtige Richtung, die der gefundene Kompromiss beinhaltet. Diese 8,1 Prozent Gesamtvolumen schlüsseln sich auf - Peter Strobel hat es gesagt - in ein Plus von 3,2 Prozent zum 01. August dieses Jahres, weitere 3,2 Prozent ab dem 01. Juni 2020 und weitere 1,7 Prozent ab dem 01. April 2021.
Was bedeutet das für den Einzelnen? - Ich nenne Ihnen ein Beispiel. Ein Obersekretär im Justizvollzugsdienst, also in der Besoldungsgruppe A 7, der verheiratet ist und drei Kinder hat, erhält aktuell ein monatliches Brutto von 3.251 Euro. Ab dem 01. August steigt sein Bruttogehalt um 3,2 Prozent und damit monatlich um rund 104 Euro auf 3.355 Euro. Ab Juni 2020 erhält er nochmals 3,2 Prozent zusätzlich, bevor zum 01. April 2021 noch einmal 1,7 Prozent hinzukommen. Alles zusammengerechnet erhält der Kollege ab dann ein monatliches Brutto von rund 3.521 Euro, also rund 270 Euro mehr als heute. Sein Bruttojahresgehalt steigt von heute 39.000 Euro um rund 3.240 Euro auf dann 42.258 Euro.
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe es bereits angedeutet, es ist eben nicht nur diese Anpassung, die bloße Erhöhung der Besoldung, die aus dem vorliegenden Gesetzentwurf ein wichtiges Signal macht. Wir beenden - und das ist ein finanzieller Kraftakt, aber trotzdem richtig und wichtig - die Absenkung der Eingangsbesoldung rückwirkend zum 01. April dieses Jahres. Für unsere Berufseinsteiger, für junge Menschen, die eine Familie gründen wollen, die ihre eigenen vier Wände bauen oder erwerben wollen, ist dieser Punkt von enormer Bedeutung. Dazu passt, dass unsere Anwärterinnen und Anwärter rückwir
kend zum 01. Januar monatlich 50 Euro mehr und zum 01. Januar 2020 eine weitere Erhöhung ihres Anwärtergehaltes um 50 Euro erhalten. Auch die Work-Life-Balance für die jungen Menschen wird verbessert. Die Anwärterinnen und Anwärter erhalten ab 2020 jährlich einen Tag mehr Urlaub, ihr Anspruch steigt damit von 29 auf 30 Urlaubstage.
Auch die ruhegehaltsfähige Zulage für Hauptschullehrer an Gemeinschaftsschulen wird in zwei Stufen von je 50 Euro von 200 auf letztlich 300 Euro erhöht. Ein Signal setzen wir auch für unsere Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten. Das Beförderungsbudget wird für die Jahre 2019 und 2020 aufgrund des Zuwachses an Beförderungsstellen ebenfalls erhöht. Auch bei der Beihilfe wird es für alle deutliche positive Änderungen geben. Die Eurosätze im Leistungsverzeichnis zu § 5 Abs. 1 Nr. 8 der saarländischen Beihilfeordnung, die letztmalig 2001 angepasst wurden, werden zum 01. Juli 2019 um deutliche 30 Prozent angehoben.
Nun der vielleicht wichtigste Punkt neben der Besoldungserhöhung selbst: Das Aufschieben von Besoldungserhöhungen, das viele Kolleginnen und Kollegen im öffentlichen Dienst des Saarlandes seit Jahren schmerzt und ärgert, wird nach dieser Besoldungsrunde endlich ein Ende finden. Ab 2022 sollen Tariferhöhungen endlich wieder zeit- und wirkungsgleich auf die Beamten übertragen werden. Dieses Versprechen werden wir einhalten, auch wenn unser Finanzminister deshalb vielleicht jetzt schon einige Schweißperlen auf der Stirn hat.
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir erleben gerade eine Zeit, in der der öffentliche Dienst vor ganz großen Herausforderungen steht, eine Zeit, in der die Ansprüche besonders groß sind und vielleicht auch mehr als je zuvor geltend gemacht werden können. Wir stehen als Land mehr denn je in einem Wettbewerb um die besten Köpfe, und unsere Konkurrenz ist längst nicht mehr allein die freie Wirtschaft, sondern unsere Konkurrenz sind auch die anderen Länder und der Bund. Auch wenn Licht und Schatten bei dem, was wir heute beschließen, vielleicht dicht beieinander liegen und ganz sicher noch mehr wünschenswert gewesen wäre, glaube ich trotzdem und umso mehr daran, dass wir mit diesem Gesetzentwurf ein wichtiges Signal senden.
Ich bin der festen Überzeugung - das sage ich auch in Richtung unserer Beamtinnen und Beamten und ihrer Interessenvertretungen -, dass die Erhöhung von 8,1 Prozent und die vielen guten und wichtigen Dinge, auch die notwendigen Dinge, die darüber hin
aus vereinbart wurden und die nun in Gesetzesform gegossen werden sollen, eine gute Basis bilden, eine Basis, auf der wir in Zukunft weiter aufbauen müssen und werden, damit wir in diesem Land - ich hoffe, das sage ich fraktionsübergreifend - auch in Zukunft einen attraktiven, leistungsfähigen und leistungsbereiten öffentlichen Dienst haben. Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, bitte ich um Zustimmung. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Haushaltsdebatte neigt sich ihrem Ende zu. Über fast alle Bereiche wurde gesprochen, fast alle Haushaltsansätze sind diskutiert. Kurz vor Schluss möchte auch ich die Gelegenheit nutzen, um über Berufsgruppen zu sprechen, die von der Öffentlichkeit nur wahrgenommen werden, wenn etwas schiefgelaufen ist. Die Beamtinnen und Beamten in den Justizvollzugsanstalten, unsere Justizwachtmeisterinnen und Justizwachtmeister und auch die Beschäftigten in der Forensischen Psychiatrie sind die Kollegen, die einen großen Teil ihres Berufsleben selbst hinter Gittern, zumindest aber hauptsächlich mit Straftätern verbringen müssen.
Das ist kein Spaß, aber es ist ein Job, der gemacht werden muss. Denn der Schutz der Bevölkerung vor weiteren Straftaten und damit die sichere Unterbringung von Gefangenen sind ein elementarer Bestandteil der inneren Sicherheit unseres Landes. Dabei soll der Strafvollzug die Inhaftierten nicht nur verwahren, sondern auch dafür sorgen, dass sie auf den Pfad der Tugend zurückkehren. Er soll sie zumindest dazu bringen, unser Wertesystem anzuerkennen.