Jürgen Petzold
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit der Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie im Freistaat Sachsen, die im kommenden Tagesordnungspunkt eine besondere Rolle spielt, geht auch die Schaffung eines einheitlichen Ansprechpartners für europäische Dienstleistungsunternehmer einher. Ziel ist es, den europäischen Dienstleistern möglichst einheitliche Bedingungen in Europa zu schaffen, um die Ausübung ihrer Geschäftstätigkeit in Deutschland ebenso unkompliziert und positiv zu gewährleisten wie in anderen EU-Ländern auch.
Selbstständige Erwerbsarbeit kann mit dem Abbau von Hemmnissen und der Erhöhung der Transparenz erleichtert werden. Positiv hervorzuheben ist im sächsischen
Gesetzentwurf die verankerte Öffnung des einheitlichen Ansprechpartners für Inländer. Mit der Gleichbehandlung von gründungswilligen Inländern und Ausländern werden Wettbewerbsnachteile für einheimische Dienstleister vermieden.
Dass ein einheitlicher Ansprechpartner zeitnah eingerichtet werden muss, ist unstrittig. Es stellt sich nur die Frage: Wo? Unsere Fraktion hat sich sehr frühzeitig mit den unterschiedlichen Modellen auseinandergesetzt und mit Kammern, Verbänden, Vertretern der kommunalen Spitzenverbände sowie mit Dienstleistungsunternehmen diskutiert, um eine möglichst sinnvolle Variante für den einheitlichen Ansprechpartner – ich sage der Einfachheit halber EA – im Freistaat Sachsen zu finden.
Nun gibt es für alle Varianten Pro und Kontra, und die anderen Bundesländer gehen auch völlig verschiedene Wege. Ich möchte an dieser Stelle nicht verhehlen, dass
sich unsere Fachpolitiker sehr wohl in der Diskussion anfangs positiv gegenüber einer Verortung des einheitlichen Ansprechpartners auf der Basis des sogenannten Allkammermodells ausgesprochen haben, würde doch dieses Modell die größte Nähe zur Wirtschaft und zu Dienstleistungsunternehmen an sich gewährleisten. Für die Ansiedlung bei einer Mittelbehörde sprechen ein bereits breit angelegtes Aufgabenspektrum sowie die Rechts- und Fachaufsicht – sprich: auch der Zugriff auf potenziell ausführende Ebenen.
Die Staatsregierung hat uns die Entscheidungsfindung nicht unbedingt leicht gemacht. Ihre Argumentation und der Auftritt der Kammern in der Anhörung differieren doch teilweise. Gleichwohl ist es die Aufgabe dieses Hohen Hauses, die Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie und damit auch die Installation des EA fristgemäß bis Ende des Jahres 2009 zu gewährleisten. Die Verortung bei einer Landesdirektion, wie im Gesetz verankert, ist sicher ein gangbarer Weg, den wir grundsätzlich mittragen können und auch werden.
Zur Frage des Standortes Leipzig haben wir im vorausgegangenen Verfahren einige Bedenken geäußert, uns aber letztlich dem Vorschlag der Staatsregierung angeschlossen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir wissen ebenso wenig wie unsere europäischen Nachbarn, welches Antragsvolumen und welcher Arbeitsaufwand auf den EA zukommen wird. Wir können auf keine Erfahrungswerte zurückgreifen. Insofern sollten wir den ersten Schritt der Verortung in der Landesdirektion Leipzig gemeinsam tragen und gehen. Wir müssen aber auch im Interesse der Dienstleistungsunternehmen in Europa – besonders in Deutschland und Sachsen – darauf achten, dass diese Entscheidung zur Verortung auch tatsächlich die gewollten Effekte bringt. Insofern haben wir uns in der Koalition darauf verständigt, im Gesetz eine Evaluierung nach zwei Jahren vorzusehen, um prüfen zu können, ob die Wahl der Landesdirektion per se die richtige Entscheidung war oder ein Allkammermodell unter einem gemeinsamen Dach vielleicht doch bessere Ergebnisse erzielen kann und ob der Standort Leipzig die Anforderungen erfüllt, die wir an einen leistungsfähigen und flexiblen Dienstleistungserbringer für Unternehmen stellen.
Übrigens: Die Erfahrungen mit dem EA im Dienstleistungsbereich sollten für weitere sogenannte One-stepagencies als zentrale Anlaufstellen für Bürger und Unternehmen schnell genutzt werden.
Dass wir uns diese Option auch künftig offenhalten, ist aus unserer Sicht ein guter Kompromiss. Wir möchten daher auch die anderen Fraktionen dieses Hohen Hauses ausdrücklich bitten, den Gesetzentwurf in der vorliegenden Fassung mitzutragen.
Vielen Dank.
Kollege Morlok, ist Ihnen bekannt, dass die VSW das Mittelbehördenmodell in der Anhörung als sehr plausibel angesehen hat? Welche Schlussfolgerungen ziehen Sie daraus?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor dem Inkrafttreten der Arbeitnehmerfreizügigkeit brauchen sich die sächsischen Bürger nicht zu fürchten. Ihre Horrorszenarien werden gottlob nicht eintreten.
Wir stehen zu einem auch für uns existenziell notwendigen Europa ohne Schranken. Wir werden Ihren Antrag ablehnen.
Meinen Redebeitrag gebe ich zu Protokoll.
Danke, meine Herrschaften der NPD-Fraktion, dass Sie mit dem heute vorliegenden Antrag wieder einmal mehr unter Beweis stellen, wie wenig Sie in der Lage sind, Demokratie zu verstehen und zu leben und stattdessen ihrer verirrten braunen Gesinnung nachgehen, die der Aufgabe und dem Anspruch dieses Hohen Hauses in keiner Weise auch nur annähernd gerecht werden kann. Gleichfalls zeigen Sie wieder einmal, dass Ihnen wirtschaftliche Zusammenhänge in keiner Weise bekannt sind.
Und es steht Ihnen auch nicht zu, Ihre Unkenntnis und politische Verwirrtheit dazu zu benutzen, um unserem Ministerpräsidenten eine Missbilligung aussprechen zu wollen.
Vor dem Inkrafttreten der Arbeitnehmerfreizügigkeit braucht sich Sachsen und brauchen sich die sächsischen Bürger nicht zu fürchten. Die Horrorszenarien Ihres Propagandavereins werden nicht eintreten.
Europa wächst zusammen, und wir Sachsen spüren dies doch am allerdeutlichsten, liegen wir doch in unmittelbarer Nachbarschaft zu gleich zwei neuen Mitgliedern der Europäischen Union.
Sächsische Unternehmen, besonders der Baubranche und des klassischen Handwerks, werden aufgrund ihrer Zuverlässigkeit, ihrer Erfahrung und ihrer Kompetenz mehr und mehr in den Grenzregionen Tschechiens und Polens, aber auch darüber hinaus nachgefragt. Gerade dort, in den Grenzregionen der Oberlausitz und meiner Heimat, dem Vogtland, findet bereits heute ein reger Austausch von Dienstleistungen und Waren statt. Warum soll dies beim Austausch von Arbeitskräften nicht genauso sein?
Bereits heute sind Fachkräfte aus Sachsen bei der Weiterentwicklung tschechischer und polnischer Unternehmen
gleichermaßen gefragt, wie der sächsische Mittelstand ebenfalls auf Fachkräfte der europäischen Nachbarländer reflektiert, die er am eigenen Arbeitsmarkt trotz größter Anstrengungen kaum findet.
Was sollte uns also daran hindern, den Arbeitsmarkt zu öffnen? Nicht einmal die verwirrte Weltanschauung, meine Herrschaften der NPD, wird daran etwas ändern.
Und einem weiteren Märchen Ihres Antrages möchte ich ein Ende setzen, nämlich dem, dass Sie befürchten, dass gering qualifizierte Arbeitskräfte aus den europäischen Nachbarländern in unseren Freistaat strömen und den Menschen die Beschäftigung nehmen.
Die Zahl der Arbeitsplätze für Geringqualifizierte hat in den letzten Jahren sukzessive abgenommen. Stattdessen hat der Freistaat Sachsen auf Zukunftstechnologien und Entwicklungsbranchen gesetzt. Und für diese Branchen und die dort tätigen Unternehmen brauchen wir gut ausgebildetes und motiviertes Personal. Deshalb haben wir auch unsere Anstrengungen in den letzten Jahren verstärkt, um unsere Sachsen gezielt und marktgerecht zu qualifizieren und der sächsischen Wirtschaft als Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen. Dass dies funktioniert, zeigen die rückläufigen Arbeitslosenzahlen.
Wo, so frage ich Sie, sollen die von Ihnen heraufbeschworenen Heere an Geringqualifizierten denn eine Perspektive in Sachsen sehen? Sie werden mir die Frage wieder einmal nicht beantworten können, denn braune Parolen geben bei näherer Betrachtung nun mal keine Antworten.
Hören Sie auf, uns mit unsinnigen Anträgen zu konfrontieren und unterlassen Sie es, dieses Haus für fremdenfeindliche und diffamierende Debatten zu benutzen! Wir stehen zu Europa und zu unseren europäischen Nachbarn.
Danke, liebe Kollegin Runge.
Ich zitiere aus Ihrem sogenannten alternativen Haushalt: „Da die mit milliardenschweren Subventionen geförderten Leuchttürme der Chipindustrie in Dresden ins Wanken geraten sind, erinnert sich mancher an unsere alternativen Konzepte nachhaltiger Produktionsketten in den Regionen.“
Ich frage, liebe Kollegin Runge: Wie erklären Sie sich, dass Sie auf der einen Seite die Ansiedlung der Chipindustrie beklagen und auf der anderen Seite heute die Förderung unter allen Umständen vorantreiben wollen?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Vorwort zum Jahresbericht der Arbeitsschutzallianz Sachsen 2006 heißt es blumig – ich zitiere –: „25 % weniger Arbeitsunfälle bis zum Jahre 2012, so lautet das ehrgeizige Ziel der neuen Gemeinschaftsstrategie der EU für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz. Gemeint ist damit die Zahl der Arbeitsunfälle bezogen auf die Zahl der Arbeitnehmer. In Deutschland ging diese Zahl von 110 meldepflichtigen Arbeitsunfällen je 1 000 Vollarbeiter im Jahre 1960 auf 28,3 im Jahre 2006 zurück. Das ist ein Rückgang um durchschnittlich 1,6 % pro Jahr.“
Sehen Sie, liebe Kollegen der FDP, so schön kann Statistik sein. Während nämlich die Antwort auf Ihre Kleine Anfrage vom 29. Mai dieses Jahres die Zunahme schwerer Arbeitsunfälle in Sachsen im Fünfjahresvergleich feststellt, kommt die Arbeitsschutzallianz Sachsen zu einem positiven Ergebnis über einen Betrachtungszeitraum von 47 Jahren.
Sicherlich, wenn man über lange Zeiträume Durchschnittswerte bildet, technischen Fortschritt und zunehmende Komplexität von Tätigkeiten sowie die Entwicklung von Arbeitsplätzen allgemein außer Acht lässt, dann kann man ein solches Ergebnis wie im besagten Vorwort erzeugen.
Ja, gern.
Herr Morlok, wenn Sie meinen Ausführungen weiter lauschen, dann werden Sie auch eine Antwort auf Ihre Frage herausfinden.
Glaubhaft, meine Damen und Herren, ist es für mich nicht, schon gar nicht unter dem Blickwinkel, dass zusätzliche oder fortgeschriebene gesetzliche Regelungen, wie das Arbeitschutzgesetz, das Arbeitnehmerentsendegesetz, das Gesetz zur Erleichterung der Verfolgung illegaler Beschäftigung, die Baustellen- und Betriebssicherheitsverordnung oder auch die Viel- oder ich sollte schon sagen, Unzahl berufsgenossenschaftlicher Vorschriften eine erhebliche Verbesserung der Situation erwarten lassen müssten.
Fakt ist – und da bin ich Ihnen, werter Kollege Morlok, für Ihre Kleine Anfrage dankbar –: Die Zahl schwerer Unfälle hat in Sachsen in den letzten Jahren erheblich zugenommen, und zwar um mehr als 45 %. Sie sagten es. Positiv zu betrachten ist dabei die Abnahme tödlicher Unfälle, auch wenn jeder zu registrierende Unfall immer noch einer zu viel ist. Auch die sonstigen meldepflichtigen Arbeitsunfälle – das möchte ich positiv benennen – sind in den letzten Jahren zurückgegangen. Tatsache bleibt jedoch, dass wir uns ernsthaft mit der Situation auseinandersetzen müssen.
Seit 1994 verfügt der Freistaat Sachsen über das „Aktionsprogramm Baustellen“, welches besonders dem hohen Anteil von Unfällen auf dem Bau gerecht werden soll. Leider wird dieses Programm aus unserer Sicht noch zu wenig genutzt oder vielleicht auch falsch angewendet. Auf eine Kleine Anfrage meines Fraktionskollegen Thomas Hermsdorfer vom August 2006 zu den Ergebnissen des Aktionsprogramms antwortete die Staatsregierung am 15. September 2006 wie folgt:
„Feststellbar ist, dass nach einem deutlichen Rückgang der Zahl der tödlichen und schweren Arbeitsunfälle seit Einführung des ‚Aktionsprogramms Baustellen’ bis zum Jahr 2002 ab dem Jahr 2004 die Unfallzahlen auf Baustellen wieder zugenommen haben. Diese Entwicklung ist umso gravierender, weil im Vergleichszeitraum 2002 bis 2005 die Anzahl der im Baugewerbe Beschäftigten weiter zurückgegangen ist. Von wenigen Beschäftigten auf Baustellen gehen auch seit 2002 mehr tödliche und schwere Arbeitsunfälle aus.“
Nun schreiben wir das Jahr 2008, und in den Jahren 2006 und 2007 hat sich die Zahl der schweren Unfälle weiter nach oben entwickelt – und das trotz der Tatsache, dass nunmehr zusätzlich im November 2005 die „Arbeitsschutzallianz Sachsen“ gegründet wurde. Gut gemeint ist
wohl doch nicht immer gut gemacht. Wir sollten uns um die Belange des Arbeitsschutzes intensiver und wohl auch gezielter bemühen, als es bisher der Fall ist. Die jetzige Situation auf diesem Gebiet kann kaum befriedigen.
Wir sollten auch aufhören, den Schwarzen Peter vorschnell anderen zuzuschieben. Wie sonst ist der Workshop des DGB zu betrachten, der auf der Internetseite der Arbeitsschutzverwaltung des Freistaates Sachsen resümiert: „Schuld an den steigenden schweren Arbeitsunfällen in Sachsen sind die prekären Beschäftigungsverhältnisse“, die dann auch noch definiert werden als Beschäftigungen unter 7,50 Euro, Ein-Euro-Jobs und Zeitarbeitsplätze. Heißt das also, wer zu wenig verdient, verursacht mehr Unfälle? Eine äußerst zweifelhafte Argumentation aus meiner Sicht, die dann auch noch so weit geht, die Zeitarbeit als Schuldige zu erkennen. Aber Zeitarbeit ist in der am stärksten betroffenen Baubranche gar nicht erlaubt und die Baubranche verfügt zudem – das ist allgemein bekannt – über allgemein verbindlich erklärte Mindestlöhne. Dieser Workshop dient wohl kaum der Verbesserung des Arbeitsschutzes in Sachsen und hat somit aus meiner Sicht auch nichts auf der Homepage unserer Arbeitsschutzverwaltung zu suchen.
Wenn wir den Arbeitsschutz ernst nehmen wollen – und das tut unsere Fraktion, denn unter unserem früheren Wirtschaftsminister Kajo Schommer wurde das „Aktionsprogramm Baustellen“ in Sachsen eingeführt und über viele Jahre erfolgreich praktiziert –, dann müssen wir mehr tun, als uns Statistiken um die Ohren zu hauen oder Alibiveranstaltungen zu organisieren.
Zur Verbesserung des Arbeitsschutzes im Interesse sächsischer Arbeitnehmer und zur Vermeidung des mit den Unfällen im Zusammenhang stehenden volkswirtschaftlichen Schadens – und des menschlichen Leids, Herr Morlok, jawohl – ergeben sich aus unserer Sicht folgende Forderungen:
Erstens. Die gezielte Durchführung von Arbeitsschutzkontrollen im Freistaat Sachsen ist zu erhöhen, und zwar besonders in den sensiblen Branchen.
Hierfür benötigt der Freistaat Sachsen ausreichend und gut qualifiziertes Personal. Es bringt uns aber wenig, den Angestellten im öffentlichen Dienst zu kontrollieren, ob er sein Computerkabel richtig verlegt hat, statt die Absturzsicherung an Gerüsten auf Großbaustellen zu kontrollieren. Die Prävention muss dabei einen nicht unerheblichen Teil der Betriebsbesuche einnehmen. Es nützt uns aber wenig, nur negativen Hinweisen nachzugehen.
Zweitens. Ursache von Unfällen ist weniger der Zustand von Arbeitsmitteln oder das Fehlen von Arbeitsschutzmitteln, als vielmehr das Fehlverhalten von Arbeitnehmern. Auch das ist der Kleinen Anfrage zu entnehmen. Hier sollten die Berufsgenossenschaften, aber auch Betriebsräte und Sicherheitsfachkräfte noch stärker in Schulungen
und Unterweisungen auf richtiges Verhalten und die Beachtung betrieblicher Vorschriften hinweisen. Eine gute Qualifizierung dieser Mitarbeiter ist zwingend erforderlich. Hier sollte auch der Schwerpunkt der „Arbeitsschutzallianz Sachsen“ gesucht werden.
Drittens. Darüber hinaus müssen die sächsischen Unternehmen gezielt und verstärkt über Neuerungen, Rahmenbedingungen und Möglichkeiten des Arbeitsschutzes informiert werden. Hier erwarten wir ein noch intensiveres Zusammenspiel zwischen den Berufsgenossenschaften, der Staatsregierung und der „Arbeitsschutzallianz Sachsen“. Die Möglichkeiten von Arbeitsschutzmanagementsystemen müssen noch stärker publiziert werden. Sie ermöglichen den Unternehmen die Definition klarer Strukturen, ohne dass ein erheblicher Mehraufwand entsteht. Die staatliche Zertifizierung ermöglicht auch im Hinblick auf betriebliche Versicherungen und Absicherung des Personals mehr Transparenz.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Arbeitsschutz in Sachsen ist verbesserungswürdig. Zumindest zeigen uns das die vorliegenden Statistiken zur Entwicklung von schweren und tödlichen Arbeitsunfällen. Wir haben aber hierfür die erforderlichen Instrumente und Regelungen – Kontrolle ist nur die eine Seite –; an uns ist es, diese im Interesse der Arbeitssicherheit auch zu nutzen. Dies betrifft Arbeitgeber und Arbeitnehmer wie das SMWA als oberste Landesbehörde gleichermaßen.
Die Schaffung der betrieblichen Voraussetzungen auf der einen Seite und der verantwortliche und weitsichtige Umgang am Arbeitsplatz auf der anderen Seite führen dazu, dass wir in Sachsen tatsächlich Erfolge erzielen können. Daher müssen wir Ihren Antrag, werte Kolleginnen und Kollegen der FDP, ablehnen. Das „sächsische Orchester Arbeitsschutz“ hat alle erforderlichen Instrumente und Musiker; Sie müssen nur gemeinsam richtig spielen. Einer zusätzlichen Analyse der Situation und der Erarbeitung geeigneter Maßnahmen bedarf es aus heutiger Sicht nicht.
Danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die positiven Meldungen zum Arbeits- und Ausbildungsmarkt scheinen sich in den letzten Wochen regelrecht zu überschlagen: „Arbeitsmarktentwicklung mehr als positiv“ oder „Jeder Jugendliche soll eine Ausbildung bekommen“. Erstmals seit vielen Jahren wird der Ausbildungsmarkt in Sachsen für das Schuljahr 2008/2009 mehr Ausbildungsplätze anbieten, als Schulabgänger und damit Bewerber zur Verfügung stehen.
Das stimmt zunächst positiv. Wie oft haben wir in den letzten Jahren in diesem Hohen Haus besorgt über die
vielen Jugendlichen debattiert, die keinen Ausbildungsplatz erhalten und eine „Ehrenrunde“ drehen durften, um sich im darauffolgenden Jahr wieder um die Möglichkeit einer guten und zukunftsfähigen Berufsausbildung zu bemühen. Die Zahl der Altbewerber ging zwar in den letzten Jahren kontinuierlich zurück; trotzdem kann uns eine Zahl von über 11 000 jungen Menschen, die bereits ein Jahr auf einen Ausbildungsplatz warten, und weiteren fast 15 000, die sogar länger als ein Jahr um eine berufliche Ausbildungs- und damit Zukunftschance kämpfen, nicht befriedigen.
Der Umbruch am sächsischen Ausbildungsmarkt wird gravierend sein und er ist es bereits. Dort, wo in den vergangenen Jahren noch ausreichend Bewerber für Ausbildungsplätze zur Verfügung standen und die Unternehmen Chancen hatten, sich den besten auszusuchen, stehen potenzielle Bewerber kaum noch zur Verfügung.
Bereits im vergangenen Jahr konnten 15 % der sächsischen Betriebe ihre Ausbildungsplätze nicht mit geeigneten Schulabgängern besetzen. Diese Zahl, meine sehr verehrten Damen und Herren, wird sich in den nächsten Jahren noch vergrößern. Sinkende Schülerzahlen auf der einen Seite und die überaus positive Entwicklung unserer sächsischen Wirtschaft auf der anderen Seite werden dazu führen, dass sich die Schere zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Ausbildungsmarkt noch rasanter öffnen wird, als bisher angenommen.
Das stellt uns, meine sehr geehrten Damen und Herren, vor neue Herausforderungen. Nicht mehr jeder Jugendliche soll nur eine Ausbildung bekommen, sondern jeder Jugendliche soll eine zukunftsfähige und bedarfsgerechte Ausbildung bekommen.
Was heißt das konkret? Mit zurückgehenden Schülerzahlen und einem erhöhten Bedarf unserer sächsischen Wirtschaft wird sich der Mangel an gut ausgebildeten Fachkräften weiter verschärfen. Unser Ziel muss es daher sein, nicht jedem irgendeine Ausbildung um der Statistik willen zu vermitteln; es muss uns darum gehen, Ausbildungsplätze anzubieten, die in der sächsischen Wirtschaft und Verwaltung tatsächlich nachgefragt werden und für die zukunftssichere und attraktive Arbeitsplätze zur Verfügung stehen. Was nützt es uns, den tausendsten KfzMechaniker oder die hundertste Bürokauffrau auszubilden, wenn ein Bedarf nach derartigen Fachkräften in Sachsen nicht besteht.
Wir müssen umsteuern, meine sehr verehrten Damen und Herren. Es ist schon sehr viel passiert, aber wir müssen uns diesem Fokus noch mehr widmen.
Erstens. Die positive wirtschaftliche Entwicklung animiert größere Unternehmen, aber auch kleine und mittlere Unternehmen und das Handwerk, zusätzliche betriebliche Ausbildungsplätze bereitzustellen. Diesem Trend müssen wir folgen. Unsere Forderung nach dem Vorrang dualer Ausbildung ist aktueller denn je. Wir müssen bei unserer Förderung gezielt auf diesen Trend eingehen. Nicht die Förderung vollzeitschulischer Angebote – vielleicht noch in Berufen, die niemand in Sachsen nachfragt – muss im Fokus stehen, sondern praxisnahe Ausbildung.
Zweitens. Wir brauchen eine noch bessere und realitätsnahe Berufsorientierung, die verbindlich gestaltet ist und Perspektiven vermittelt, die auch tatsächlich vorhanden sind. Diese muss noch frühzeitiger als bisher ansetzen und unmittelbarer Bestandteil des Unterrichts sein. Der Berufswunsch eines Kindes in der 1. Klasse ist sicher noch vom Elternhaus und aktuellen Einflüssen geprägt, ob es nun der Feuerwehrmann, der Busfahrer oder der Lokführer ist. Ab Klasse 5 bestehen jedoch schon gute Voraussetzungen, die Kinder mit einer sinnvollen Berufs
orientierung an ihren zukünftigen Beruf heranzuführen, und nicht erst in Klasse 8 oder 9, wo altersbedingt andere Schwerpunkte im Fokus der pubertierenden Jugend stehen, die zudem von medialen Schönwetterkampagnen beeinflusst werden. Lehrer müssen dabei noch stärker die Möglichkeit erhalten, den Dialog mit der Wirtschaft – auch im eigenen Interesse – zu führen und somit zu erkennen, wo die Schwerpunkte der beruflichen Erstausbildung liegen. Es darf uns nicht darum gehen, einen Lehrplanbestandteil abzurechnen. Wir tragen an dieser Stelle eine besondere Verantwortung für unsere Kinder und Jugendlichen.
Drittens. Es muss uns gleichzeitig gelingen, die Ausbildungsfähigkeit unserer jungen Menschen zu verbessern und die Zahl der Geringqualifizierten zu verringern. Noch heute verlassen – hier die aktuelle Zahl – 5,5 % unserer Mittelschüler die Schule ohne Abschluss. Das waren vor einigen Jahren noch 10 %, aber auch 5,5 % sind noch zu viel.
20 bis 25 % der Schulabgänger – –
Ja, bitte. Entschuldigung, ich möchte den Satz noch zu Ende führen dürfen.
20 bis 25 % der Schulabgänger sind nur bedingt ausbildungsfähig und müssen mit hohem Aufwand nachqualifiziert werden. – Bitte schön.
Nein, natürlich nicht. Unser Schulsystem ist gut aufgestellt und kann diese Aufgabe, die ich jetzt formuliert habe und die vor uns gemeinsam steht, meistern. Das ist überhaupt keine Frage.
Gehen Sie bitte ans Mikrofon, wenn Sie eine Frage stellen wollen.
Wir müssen aber über das normale Maß der schulischen Bildung hinausgehen, wenn wir die Zahl der Schüler ohne Abschluss und mit bedingter Ausbildungsfähigkeit minimieren wollen. Wir müssen leistungsschwache Schüler noch individueller fördern, Teamarbeit in den Schulen noch stärker zum Bestandteil des Unterrichts machen und Sozialkompetenzen, wie Leistungsorientierung und Lernmotivation, entwickeln.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sachsen befindet sich beim Thema Berufsausbildung im Umbruch. Wir
müssen uns von alten Rezepten und dem Willen, jedem Schulabgänger irgendeinen Ausbildungsplatz zu vermitteln, lösen. Nur so wird es uns gelingen, den Zwiespalt zwischen Demografie und Entwicklung unserer Wirtschaft im Hinblick auf den Bedarf –
– an gut ausgebildeten Fachkräften zu überwinden.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eigentlich wollte ich, da ich schon im Innenausschuss gesprochen habe, das heute nicht noch vor dem Parlament tun. Ich möchte aus regionaler Sicht sprechen, und zwar eine andere regionale Sicht darstellen; denn man kann das so nicht stehen lassen.
Ich selbst bin der tiefen Überzeugung, dass es für die Region das Beste ist, wenn wir das Vogtland als einheitliches Vogtland betrachten – auch von der Verwaltungsseite her.
Das möchte ich noch einmal relativieren, da immer von einem Kreistagsbeschluss gesprochen wurde. Der Kreistagsbeschluss ist sinngemäß so formuliert: Zum ersten Kreistagsbeschluss ist im Rahmen der Anhörung ein Erkenntnisprozess passiert, und zwar dass das vogtländische Modell ein möglicher Weg ist, wenn er leitbildgerecht ist und die rechtlichen Bedenken ausgeräumt sind. Diese Bedenken sind durch die Änderungsanträge nicht ausgeräumt worden.
Ich möchte das nicht noch einmal differenzieren, aber in eure Richtung sei gesagt: Für das Vogtland – auch für die wirtschaftliche Entwicklung – wäre es tödlich, wenn wir uns auf Experimentierklauseln einlassen. Das einheitliche Vogtland ohne Wenn und Aber und Plauen als unbestritten größte und wichtigste Stadt der Region werden davon partizipieren. Davon bin ich voll und ganz überzeugt.
Das macht unsere Region wettbewerbsfähig. Das ist meine tiefe Überzeugung. Von meiner Seite gibt es keinen Fraktionszwang oder Ähnliches. Nach Gesprächen mit vielen Bürgern habe ich festgestellt, dass der überwiegende Teil der Bürger diese Auffassung, die ich versucht habe rüberzubringen, auch teilt – zumindest wenn ich für den ländlichen Raum des Vogtlandes spreche.
Wenn man uns schon als „kleines, zänkisches Bergvolk am Rande des Erzgebirges“ bezeichnet – Wörterbuch aus dem Jahr 1898 –, dann sollte man uns nicht – ich möchte bewusst etwas überzeichnen – zur Spielwiese für fragwürdige Experimentierklauseln machen.
Es ist zumindest versucht worden, Herr Dr. Friedrich und Frau Roth, das zu durchdenken und die Dinge aus der
Anhörung mitzunehmen. Wenn dort Experimentierklauseln drinstehen und wenn wir 2012 feststellen – ich bin der festen Überzeugung, dass das so ist –, dass das System nicht funktioniert, dann ist die Post im Land Sachsen schon längst abgefahren. Das soll den vogtländischen Bürgern bitte erspart bleiben.
Danke.
(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung – Sebastian Scheel, Linksfraktion: Experimentierklausel – man sollte die Gemeindeordnung gleich mal ändern!)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich begrüße gleichfalls den harten Kern der Abgeordnetenkolleginnen und -kollegen.
Bei dem Gesetz, das wir hier einbringen, handelt es sich nichtsdestotrotz um ein sehr wichtiges Gesetz. Der vorliegende Entwurf der Staatsregierung soll die Versicherungsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Versorgungswerke der Freien Berufe in Sachsen auf eine einheitliche rechtliche Basis stellen und noch bestehende Verwerfungen zwischen den Versorgungswerken beheben.
Freie Berufe spielen auch in Sachsen eine nicht unerhebliche Rolle. Mehr als 20 000 Angehörige der Freien Berufe – Steuerberater, Architekten, Apotheker, Rechtsanwälte, Ärzte und Zahnärzte – erwirtschaften über 9 % des Bruttoinlandsproduktes, sichern darüber hinaus 70 000 Arbeitsplätze und gewährleisten 3 000 Ausbildungsplätze. Insofern bilden die Freien Berufe einen nicht zu unterschätzenden Anteil an unserer Wirtschaftskraft.
Die Sicherung der Altersbezüge für die Angehörigen der Freien Berufe zu gewährleisten ist Aufgabe der sechs in Sachsen angesiedelten Versorgungswerke. Da der Freistaat Sachsen über diese Versorgungswerke die Versicherungsaufsicht wahrnehmen muss, ist eine einheitliche Rechtsgrundlage für diese Aufgaben ein sinnvolles Instrument, um Transparenz und unbürokratisches Handeln zu gewährleisten. Gleichzeitig soll mit dem vorliegenden Gesetzentwurf sichergestellt werden, dass für die Gebührenregelung eine einheitliche und rechtssichere Grundlage geschaffen wird.
Zum Gesetzentwurf der Staatsregierung hat die Koalition im federführenden Ausschuss einen Änderungsantrag vorgelegt, der neben der Rechtskonformität auch sicherstellt, dass die Versorgungswerke eigenständig die neuen Altersgrenzen in der Rentenversicherung in ihre Satzungen übernehmen können, um somit auch der Gesetzgebung des Bundes folgen zu können.
Durch den Wegfall der 45-Jahres-Grenze beim Versorgungswerk der Steuerberater wird zukünftig jeder Person die Möglichkeit zu Begründung der Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk gegeben, die die Mitgliedschaft in der Steuerberaterkammer des Freistaates Sachsen begründet. Eine Ausnahme wird für diejenigen Personen vorgesehen, die zu einem früheren Zeitpunkt bereits die Möglichkeit hatten, Pflichtmitglied auf Antrag des Versorgungswerks zu werden, diese Möglichkeit aber nicht genutzt haben. Diese werden auch in Zukunft, zum Beispiel bei der Wiederbestellung als Steuerberater, nach einem vorherigen Verzicht auf Bestellung nicht Pflichtmitglied des Versorgungswerkes.
Darüber hinaus wird mit der Neuregelung im Gesetz auch die Gruppe von Personen ausgeschlossen, die sich bei der Gründung des Versorgungswerkes auf eigenen Antrag, das heißt aufgrund eigener ausreichender Absicherung, von der Pflichtmitgliedschaft haben befreien lassen. Da Befreiungen von der Mitgliedschaft im Versorgungswerk aber nicht nur für den Gründungsbestand des Versorgungswerkes vorgesehen waren und sind, sondern auch aktuell aufgrund der Satzung des Versorgungswerkes immer noch ausgesprochen werden, kann daraus der allgemeine Rechtsgedanke abgeleitet werden, dass, wer sich in der Vergangenheit bereits einmal vom Versorgungswerk oder einer anderen berufsständischen öffentlich-rechtlichen Versicherungs- und Versorgungseinrichtung auf eigenen Wunsch hat befreien lassen, zeit seines Arbeitslebens an diese Entscheidung gebunden bleiben soll, das heißt, nicht mehr Mitglied im Versorgungswerk werden kann.
Neben den Änderungen im Bereich des Versorgungswerkes der Steuerberater wird auch im Versorgungswerk der Rechtsanwälte der Wegfall der 45-Jahres-Grenze geregelt. Mit der im Änderungsantrag vorgenommenen Verlängerung der Übergangsfrist bis 2012 wollen wir sicherstellen, dass dem Versorgungswerk keine wirtschaftlichen Probleme entstehen und ausreichend Zeit bleibt, die versicherungsmathematischen Grundlagen des Versorgungswerkes angemessen und ohne finanzielle Einbußen an die neue Situation anzupassen.
Wir gehen davon aus, dass der nun vorliegende Gesetzentwurf ausgewogen ist, die wirtschaftlichen und organisatorischen Besonderheiten der sächsischen Versorgungswerke der Freien Berufe berücksichtigt und über die notwendige Rechtskonformität verfügt.
Wir bitten Sie um Zustimmung zum Gesetzentwurf.
Frau Präsidentin, Sie haben es geahnt: Ich gebe meine Rede zu Protokoll.
Die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ ist und bleibt nach wie vor das wichtigste Förderinstrument des Freistaates Sachsen, um Unternehmen in ihrer Entwicklung zu unterstützen, neu anzusiedeln und die strukturschwachen Regionen in ihren Bestrebungen zu unterstützen, Nachteile zu überwinden und einen wirtschaftlichen selbsttragenden Aufschwung zu initiieren. Kein Förderinstrument, noch nicht einmal die Investitionszulage, erlaubt eine derart punktgenaue und wirtschafts- und branchenspezifische Unterstützung.
Mit der Anmeldung zum 36. Rahmenplan wird den veränderten Rahmenbedingungen und der positiven
Entwicklung der sächsischen Wirtschaft und einer Vielzahl von Regionen Rechnung getragen. Lassen Sie mich an dieser Stelle auf die einzelnen Punkte der vorliegenden Unterrichtung der Staatsregierung eingehen:
Zunächst können wir positiv konstatieren, dass sich besonders unser verarbeitendes Gewerbe, das zu Beginn der Neunzigerjahre mit gravierenden Veränderungen und einem Einbruch der wirtschaftlichen Basis zu kämpfen hatte, nunmehr einen positiven Trend nimmt und mit einem realen Anstieg der Bruttowertschöpfung von 7,8 % in Sachsen im Jahre 2005 besonders stark gewachsen ist. Diese Entwicklung hat sich auch im Jahre 2006 fortgesetzt.
Tatsache ist aber auch, dass unsere Unternehmensstruktur in hohem Maße von mittelständischen Unternehmen geprägt ist, die zu 95 % über weniger als 250 Beschäftigte verfügen. Damit ist eines besonders deutlich: Unser Investitionsbedarf und die Notwendigkeit der einzelbetrieblichen Förderung müssen auf den Mittelstand ausgerichtet sein. Dort befindet sich unser Entwicklungspotential für Zuwächse in der Bruttowertschöpfung und dem Export sowie für zusätzliche Arbeitsplätze für unsere Bürgerinnen und Bürger.
Ich möchte keineswegs Zweifel an der Richtigkeit unserer Entscheidungen für die wirtschaftlichen Leuchttürme in Dresden, Leipzig oder Zwickau aufkommen lassen. Auch deren Entwicklung gilt es weiterhin zu befördern, da sie umfangreiche Innovationen sichern, Arbeitsplätze schaffen und auch auf die Regionen überaus positiv wirken. Der Mittelstand muss jedoch im Fokus unserer Wirtschaftspolitik bleiben.
Wichtig ist vor allem, dass die vorliegenden Anträge zügig bearbeitet werden und eine Entscheidung schnell getroffen wird, um die Investitionen entsprechend zu beschleunigen und damit auch für die betroffenen Unternehmen schnell Klarheit zu bringen. In diesem Zusammenhang möchte ich die gute Arbeit der Sächsischen Aufbaubank, bei der Anträge schnell und kompetent bearbeitet werden, nachdrücklich herausstellen und unterstreichen. Ich möchte mich an dieser Stelle bei den Mitarbeitern bedanken.
Klarheit brauchen die Firmen aber auch im Hinblick auf die festgesetzten Fördersätze und Schwerpunkte. Die Ausweisung der Höchstfördersätze, besonders für die ländlichen Regionen, begrüßen wir ausdrücklich. Diese Entscheidung schafft eine gute Voraussetzung für die Ansiedlung von Unternehmen und gewährleistet Wettbewerb zu Regionen angrenzender Länder auf gleicher Augenhöhe.
Die angesprochenen benachteiligten Regionen aber auch in ihrer infrastrukturellen Entwicklung weiterhin zu unterstützen muss die Aufgabe der GA Infra in den kommenden Jahren sein. Besonders die Grenzregionen zu Tschechien und Polen wie auch die Gebiete entlang der Landesgrenze zu Bayern leiden nach wie vor an infra
strukturellen Nachteilen, die wir für eine harmonische Gesamtentwicklung unseres Freistaates ausgleichen müssen. Nach wie vor müssen wir einen Bedarf an zusätzlichen Gewerbeflächen und deren Erschließung, die Errichtung von Infrastrukturen zum Anschluss an überregionale Verkehrswege und die Notwendigkeit der Schaffung weiterer touristischer Basiseinrichtungen konstatieren. Die Regionen benötigen hier eine umfassende Unterstützung auf weiterhin hohem Niveau. Auch im Hinblick auf eine abgestimmte regionale Wirtschaftsförderung aus einem Guss müssen diese Aspekte in der künftigen Richtlinie ihren Niederschlag finden.
Die weitere Förderung von Regionalen Entwicklungskonzepten begrüßen wir ausdrücklich. Damit werden die Regionen ermutigt, mit Ideen und Vorschlägen ihrer Bürger, Unternehmen und Kommunen eine eigene praxisnahe Wirtschaftsförderung auf die Beine zu stellen.
Einen weiteren Schwerpunkt der Förderung muss die Förderung unserer Forschungs- und Entwicklungskapazitäten in der sächsischen Wirtschaft bilden. Die Feststellung, dass wir mit einem Anteil von nur 4,9 FuE-Beschäftigten pro 1 000 Mitarbeiter gegenüber dem Bundesdurchschnitt von 7,8 FuE-Beschäftigten pro 1 000 Mitarbeiter noch weit hinter den alten Bundesländern liegen, muss für uns Ansporn sein, weitere Kapazitäten zu schaffen und deren Etablierung in der Wirtschaft zu unterstützen. Dies bedeutet, dass wir neben der einzelbetrieblichen Forschung und Entwicklung auch die Verbundprojektforschung sowie die Projekte im Rahmen des Technologietransfers zielgerichtet fortführen.
Wir begrüßen ausdrücklich die Maßnahmen für kooperative Netzwerke und Clustermanagement, haben sie doch gezeigt, dass eine Vielzahl von Innovationen und Firmenkooperationen herausgebildet werden konnten, die unserer Wirtschaft zum Vorteil gereichen. Die Fortführung der Netzwerkarbeit ist sinnvoll und sollte unter Berücksichtigung einer notwendigen Evaluierung der einzelnen Projekte gesichert werden. In diesem Zusammenhang sehen wir positive Entwicklungen bei der Netzwerkgestaltung für die Bereiche Luft- und Raumfahrt, Dienstleistungen und der Wachstumsbranche Logistik und Markteinführung innovativer Produkte.
Zur Förderung von Investitionen gemeinnütziger außeruniversitärer Forschungs-GmbHs: Sie bilden nach unserem Dafürhalten eine gute und in Sachsen wohl einzigartige Basis, auf hohem Niveau Technologietransfer zu betreiben, und sie bilden ein hervorragendes Bindeglied zwischen Hochschulen und Universitäten und der sächsischen Wirtschaft. Die Förderung der Forschungs-GmbHs im Rahmen der GA ist zu begrüßen, aber nach unserer Auffassung nicht ausreichend. Wir regen an, dass die Staatsregierung im Laufe des Jahres eine Aufnahme dieser Einrichtungen als Antragsteller bei Technologietransfers prüft.
Alles in allem kann ich jedoch mit den vorangegangenen Hinweisen der Anmeldung des Freistaates Sachsen für den 36. Rahmenplan ein positives Zeugnis ausstellen.
Schwerpunkt all unseres Handelns für die Entwicklung unserer Wirtschaft muss nach wie vor die einzelbetriebliche Förderung sein. Dort schaffen wir mit jedem eingesetzten Euro Beschäftigung und Einkommen für unsere Menschen und sichern den Regionen und Städten wirtschaftlichen Erfolg und finanzielle Sicherheit. In diesem Sinne nehmen wir die Unterrichtung der Staatsregierung zustimmend zur Kenntnis.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Gestaltung der Strukturfonds ist hier im Plenum nichts Neues. Wir diskutieren heute zum wiederholten Male darüber. Aber durch laufende Wiederholungen im Plenum wird die Diskussion darüber unserer Ansicht nach nicht gehaltvoller. Auf den Antrag zum Strukturfonds wird mein Kollege Thomas Hermsdorfer eingehen. Ich möchte mich dem insofern neuen Aspekt „Regionale Wirtschaftsförderungsfonds schaffen – Regionalbudgets einrichten“ widmen.
Hierzu möchte ich einen ganz anderen Ansatzpunkt wählen. Die Konkurrenz sächsischer Wirtschaftsstandorte ist groß. Eine Vielzahl infrastrukturell hervorragend ausgebauter Industrie- und Gewerbegebiete buhlt um die Gunst von Investoren, deren Anzahl in den letzten Jahren geringer geworden ist. Der kommunalpolitische Erfolgsdruck ist hoch und die Flächenvorhaltung für gewünschte Ansiedlungen drückt den kommunalen Haushalt mitunter mächtig. – Dies ist, grob umrissen, die Situation der Wirtschaftsförderung vor Ort.
Die Entwicklung verlief in den ersten Jahren aufgrund fehlender regionaler Abstimmungen und Landesplanungen oft disharmonisch und führte letztendlich zu Fehlentwicklungen und Flächenüberangeboten. Mit dem Landesentwicklungsplan hat der Freistaat Sachsen erstmals die Rahmenbedingungen für eine zielgerichtete Entwicklung geschaffen. Unterstützt wird dies durch die darauf ausgerichtete Förderpolitik und die geschaffenen zentralen Instrumente zur Unterstützung der Wirtschaftsförderung vor Ort, wie beispielsweise die Wirtschaftsförderung Sachsen GmbH und die SAB.
Das System funktioniert. Der Landesvergleich zeigt: Sachsen ist bei Industrie- und Gewerbeansiedlungen Spitze. Wirtschaftsstandorte sehen sich jedoch immer
mehr einem verstärkten Wettbewerb ausgesetzt. Die Schaffung von regionalen Wirtschaftsförderungsfonds würde diese Situation auf Landesebene aus unserer Sicht nachhaltig verschärfen. Denn während die Standorte bisher in der Hauptsache durch Vergleich der infrastrukturellen Rahmenbedingungen, Grundstücks- und Arbeitskosten sowie der so genannten weichen Standortfaktoren konkurrieren, würde mit der Einführung von Regionalfonds ein Subventionswettlauf entstehen, der erhebliche Mehraufwendungen nach sich ziehen würde.
Darüber hinaus ist zu erwarten, dass die Einrichtung von regionalen Wirtschaftsförderungsfonds erhebliche Mehraufwendungen für die jährliche Bereitstellung und Ausreichung der Mittel und deren Abrechnung und Verwendungsnachweisführung nach sich ziehen würde. Auch die von der Linksfraktion.PDS im Antrag geforderten Ausschüsse in den Regionen werden zusätzliche Kosten verursachen; und, liebe Kollegin Mattern, in einem Modellprojekt im Land Brandenburg, das Sie aufgeführt haben, welches die Ausweisung von Regionalfonds zum Inhalt hatte, wurde bereits in der Startphase auf den zu erwartenden Mehraufwand bei der Umsetzung dieses Vorhabens hingewiesen.
Vor dem Hintergrund fehlender Effekte, befürchteter Subventionskonkurrenz und hohen Aufwandes lehnen wir die Einrichtung regionaler Wirtschaftsförderungsfonds ab.
Ich werde das noch näher ausführen. – Die bestehende Struktur der Wirtschaftsförderung im Zusammenspiel mit vorhandenen – auch europäischen – Förderprogrammen im Konsens mit den Vorgaben der Landesentwicklungsplanung stellt ein erfolgreiches Instrument für die Wirtschaftsentwicklung des Freistaates dar.
Das integrierte Förderprogramm „Regionales Wachstum“ und auch der Rahmenplan zur GA-Förderung ermöglichen die Förderung regionaler Netzwerke und Kooperationen im nichtinvestiven Bereich sowie Zuschuss- und Finanzierungsmöglichkeiten an Unternehmen zur regionalen Ausrichtung im investiven Bereich. Diese Instrumente bieten Möglichkeiten gezielter regionaler Entwicklung. Das Förderprogramm „Regionales Wachstum“ wird seit Einführung im vergangenen Jahr auch hinreichend genutzt. Insofern kommen Sie, meine Damen und Herren von der PDS, mit Ihrem Ansinnen reichlich spät und haben auch den falschen Ansatz gewählt.
Darüber hinaus ist der Ansatz Ihres Antrages zur Bildung von Regionalfonds – wie in der Antwort der Staatsregierung dokumentiert – nicht mit den aktuellen rechtlichen Rahmenbedingungen zur Bewilligung und Ausreichung der Mittel vereinbar, auf welche Ihr Antrag abzielt. Eine Ausnahme bilden dabei lediglich die NUTS-II-Gebiete, sprich: die Ebene der Regierungspräsidien. Aber selbst wenn die rechtlichen Vorgaben geändert werden würden, wäre das von Ihnen verfolgte Ziel wenig sinnvoll. Wirtschaft entwickelt sich über Regionen hinaus und vollzieht
Kooperationen, die nicht an vorgegebenen Regionalgrenzen Halt machen.
Die entstandenen Cluster in Sachsen – VEMAS, AMZ, um nur zwei Beispiele zu nennen – tragen bedeutsam zur regionalen wirtschaftlichen Entwicklung bei, aber über die Regionalgrenzen hinweg. Sie zu unterstützen und ihre Entwicklung nachhaltig zu fördern ist eine sächsische Aufgabe im Interesse der Regionen. Dort soll diese Aufgabe auch bleiben, da nur so Effizienzverluste durch eingeengte Betrachtungsweisen vermieden werden. F + E für neue Produkte und deren Implementierung in die sächsische Wirtschaft lassen sich nicht an räumlichen Grenzen festmachen, sondern müssen zielgerichtet gefördert werden. Hierfür sind Regionalbudgets nicht geeignet.
Dieser Tatsache, meine Damen und Herren der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, entspricht auch Ihr Änderungsantrag nicht. Auch die Übertragung von „nur“ 10 % der Mittel der europäischen Strukturfonds auf regionale Budgets ist ebenso kontraproduktiv – gerade für die optimale Entwicklung der Regionen – wie das Ausrufen von Ideenwettbewerben. Sie „verschlimmbessern“ den Antrag der Linksfraktion sogar noch, indem jeder Landkreis und jede Gemeinde im Freistaat zum Wettbewerb aufgerufen wird und somit regionalbudgetfähig wäre. Dann entscheidet vielleicht wieder eine zentrale Kommission, wer Gewinner ist und einen Zuschuss von 10 % – wovon eigentlich? – erhält.
Wir zweifeln keinesfalls an der örtlichen Kompetenz. Wir sind auch der Meinung, dass die Harmonisierung der Entwicklung im Freistaat Sachsen und eine ausgewogene Förderpolitik, an der jeder Verantwortungsträger, auch in den Regionen, mitwirken kann, oberste Priorität haben muss. Daher erfüllt auch Ihr Änderungsantrag nicht die notwendigen Voraussetzungen, um regionale Entwicklung nachhaltig und positiv zu befördern. Vielmehr sollten bei der Gestaltung der Operationellen Programme alle, auch die regionalen Akteure, einbezogen werden.
Die Antwort der Staatsregierung auf den Antrag Drucksache 4/4423 lässt dies erwarten. Sächsische Wirtschaftsförderung und die sächsische Förderkulisse für Wirtschaftsentwicklung sind Instrumente, die sich bewährt haben.
Diese durch die Einrichtung von regionalen Wirtschaftsförderungsfonds in ihrem Erfolg zu gefährden ist aus unserer Sicht der falsche Ansatz. Deshalb werden wir den Antrag der Linksfraktion.PDS sowie den Änderungsantrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ablehnen.
Danke.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Vogtländische Gerber Spitzen & Stickereien GmbH Rebesgrün, ein Familienbetrieb in der dritten Generation mit 50 Beschäftigten, steht im knallharten Wettbewerb mit der asiatischen Konkurrenz. Der so genannte Overhead besteht aus zwei Personen, aus dem Geschäftsführer Gerber und seiner Frau. Der Betrieb hat 20 Erhebungen monatlich bzw. vierteljährlich bei diversen Stellen abzugeben. Das sind Erhebungen über Unternehmenskooperationen, Förderinitiativen von KfW und DTA, Bundesstatistik verarbeitendes Gewerbe, Produktionserhebung verarbeitendes Gewerbe, Investitionsförderung, Wissenschaftsstatistik, Gewerbemehraufkommen, Material- und Wareneingangserhebungen und, und, und.
Diese und andere Berichtspflichten rauben der Gerber GmbH und allen anderen Mittelständlern geschätzte vier Tage pro Monat Arbeitszeit – Zeit, die für Kundenakquise, Erzeugnisentwicklung und strategische Unternehmensplanung verloren geht.
Deutsche Bürokratie verursacht den Unternehmen zusätzliche Kosten von 46 Milliarden Euro pro Jahr. 2 % des gesamten BIP gehen auf Grundlage von Überorganisation, Statistikdschungel und einer Unzahl von Verwaltungsvorschriften, vielleicht auch sächsischen, nutzlos verloren. 84 % davon entfallen auf kleine und mittlere Unternehmen, also Betriebe, die das wirtschaftliche Bild Sachsens prägen. Ihr Aufwand ist in den letzten zwölf Jahren um
14 % gestiegen. Lassen Sie sich die Situation an wenigen Beispielen verdeutlichen.
Eine Lohnsteueranmeldung kostet im Einzelfall zehn Euro, eine Umsatzsteuervoranmeldung 16 Euro, eine Zollanmeldung 32 Euro. Sie meinen, nicht viel? Hochgerechnet auf Gesamtdeutschland sind das 229 Millionen Euro, 544 Millionen Euro und 766 Millionen Euro. Es liegt mir fern, Sie mit statistischen Erhebungen langweilen zu wollen, aber ich wollte Ihnen am praktischen Beispiel nahe bringen, welche Kosten beispielsweise durch solch einen einfach anmutenden und für das Finanzamt selbstverständlich erscheinenden Vorgang wie die Umsatzsteuervoranmeldung durch die deutsche Wirtschaft zu tragen sind und somit für Wachstum und Beschäftigung nicht mehr zur Verfügung stehen. Die Wirtschaft erstickt in Bürokratie und Reglementierung. Selbstständigkeit und wirtschaftliche Risikobereitschaft werden zum Kampf mit dem Amtsschimmel.
Statistiken und Erhebungen stehlen dem Unternehmer Zeit und binden Personal, die sie teuer bezahlen müssen. Damit muss Schluss sein. Viel zu lange ist von Bürokratieabbau gesprochen und offensichtlich nicht genügend gehandelt worden.
Unsere politische Aufgabe ist es, die seit Jahren nach oben führende Kostenspirale für bürokratischen Aufwand zu senken und dieser unheilvollen Entwicklung entgegenzuwirken.
Besonders unser Mittelstand muss nachhaltige Kostenentlastung erfahren, um sich am Markt nachhaltig behaupten zu können. Statistiken müssen umgehend auf ihre Sinnfälligkeit und Vereinfachung hin geprüft werden. Doppelerhebungen gilt es grundsätzlich zu vermeiden. Der Dschungel an Gesetzen und Verordnungen und deren Durchführungsbestimmungen muss zügig und umgehend gelichtet werden. Anstehende Gesetzesinitiativen und geplante Verordnungen müssen auf durch sie verursachte Kosten überprüft werden, auch im Land Sachsen. Das Standardkostenmodell könnte dies leisten und zum Entscheidungsprozess die wichtige Komponente der Folgekosten bringen. Mein Fraktionskollege Peter Schowtka wird darauf noch eingehen.
Wir wollen Bürokratiekosten in Sachsen senken. Wir wollen Verwaltungsabläufe und Statistiken vereinfachen. Wir wollen Gesetzeswust abbauen, um Unternehmen Zeit zu wirtschaftlicher Betätigung zu geben und die Möglichkeit zu schaffen, Wachstum zu erreichen und Beschäftigung zu sichern. So verstehen wir Bürokratieabbau und fordern auch die Landesregierung auf, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um dieses Ziel für Sachsen und für unsere Wirtschaft, aber auch für Bürger und Verwaltungen zu erreichen.
Nun sitzen die Hauptverantwortlichen an wuchernder Bürokratie in Brüssel und Berlin. Lassen Sie uns den Pfahl im Auge dieser Administration deutlich benennen,
aber den Splitter aus unserem sächsischen Auge selbst ziehen.
Danke.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Um es vorwegzunehmen: Von nachlassender Wirtschaftsdynamik in Sachsen kann keine Rede sein.
Überhaupt halten wir die Behandlung dieses komplexen Themas für eine Aktuelle Debatte als höchst ungeeignet. Die Antragstellerin denkt, entgegen ihren sonstigen wirtschaftspolitischen Ansprüchen, in kleinen Karos. Zunächst einmal muss für eine seriöse Aussage zur wirtschaftlichen Entwicklung von einem längeren Zeitraum ausgegangen werden.
Es ist unbestreitbar – Herr Morlok, Sie selbst haben es gesagt –, dass Sachsen in den Jahren 2002 bis 2004 als
Bundesland mit der größten Wirtschaftsdynamik ausgewiesen wurde. Ich verweise auf das bekannte Ranking der „Wirtschaftswoche“: „Im Betrachtungszeitraum hat der Freistaat Sachsen mit 3,3 % Zuwachsrate das stärkste Wirtschaftswachstum.“ Zugleich waren wir das einzige Bundesland, in dem die Arbeitslosenquote nicht stieg. Besonders von den übrigen neuen Bundesländern haben wir uns deutlich abgehoben. Stärkster Anstieg der Arbeitsproduktivität, das geringste Plus bei der Pro-KopfVerschuldung sind dafür Zeugnis. Sachsen ist dabei mit dem Prädikat versehen, in der Politik die richtigen Prioritäten bei Wirtschaft, Bildung und Ansiedlung von Unternehmen zu setzen. Hier von verfehlter Wirtschaftspolitik zu sprechen ist schlicht und einfach falsch.
Auch im insgesamt schlechteren Jahr 2005 muss man sich schon der Mühe unterziehen zu differenzieren. Im verarbeitenden Gewerbe hatten wir mit plus 7,6 % Bruttowertschöpfung wieder solide Zuwachsraten und deutschlandweite Spitzenwerte.
Auch die produktionsnahen Dienstleistungen legten zu. Selbst Handel und Gastgewerbe entwickelten sich positiv.
Das verhaltene Konjunkturergebnis des Jahres 2005 begründet sich hauptsächlich mit einem drastischen Rückgang der Umsätze im Baubereich und im Tagesgeschäft in ganz normalen Absatzschwächen im ersten Quartal 2005. Ein nach wie vor nicht abgeschlossener Konsolidierungsprozess und der Wegfall der flutbedingten Sonderaufträge sind Ursachen beim Bau.
Mit einer nach wie vor hohen Investitionsquote und höchstmöglichen Vergaben der öffentlichen Hand an die einheimischen Bauunternehmen hat das Land das ihm Mögliche getan. Schon im zweiten Halbjahr 2005 hat sich die konjunkturelle Dynamik wieder merklich verstärkt, angetrieben von industrie- und wirtschaftsnahen Dienstleistungen. Alle Prognosen sprechen dafür, dass sich dieser positive Trend auch in diesem Jahr fortsetzt. 17 % der Unternehmen planen, ihre Investitionsausgaben aufzustocken. Die Auftragslage der Industriebetriebe stimmt positiv. Unternehmensnahe Dienstleistungen profitieren davon. Ich zitiere den Konjunkturexperten Gerit Vogt im heutigen Interview mit der ddp: „Sachsens rückläufiges Wirtschaftswachstum im vergangenen Jahr bleibt eine Ausnahme.“ Es werde die Wirtschaft im Freistaat in diesem Jahr wieder überdurchschnittlich stark wachsen. Aufgrund anhaltend starker Exporte und der steigenden Binnennachfrage werde für das Jahr 2006 ein Zuwachs von 2,1 % erwartet. Der Freistaat liegt damit deutlich über dem erwarteten Bundesdurchschnitt von 1,7 %. – Alles klar?
Werte Kolleginnen und Kollegen von der FDP! Vielleicht sollten Sie an bestimmte Themen nicht so flüchtig herangehen. Dann erscheint Ihnen vielleicht der Landtag auch
nicht als ein Raumschiff, von dem aus Sie die Erde betrachten.
Dass die Binnenkonjunktur weiter lahmt und davon die verbrauchsorientierten Branchen, zum Beispiel der Einzelhandel, betroffen sind, ist kein sächsisches Sonderproblem, sondern nur bundespolitisch zu lösen. Auch hier haben wir positive Tendenzen bei Investitionen in langlebige Konsumgüter und auch durch die Fußball-WM.
Unter den gegebenen Umständen hat die Wirtschaftsdynamik nur bedingten Einfluss auf den Arbeitsmarkt. So gehen beispielsweise in der Bauwirtschaft mehr Arbeitsplätze verloren als im kapitalintensiv produzierenden Gewerbe. Wir sind in hohem Maße abhängig von den Reformen auf Bundesebene.
Sie können versichert sein, dass die Koalition im Freistaat die erfolgreiche Wirtschaftspolitik der letzten Jahre fortsetzen wird: solide Haushaltspolitik, Innovation, Bildung, Infrastruktur, effektiver Einsatz der Mittel, einfach Ausspielung der Vorteile des Wirtschaftsstandortes Sachsen. Darauf setzen wir auch weiter.
Noch etwas: Ein Großteil der wirtschaftlichen Entscheidungen – das wissen Sie auch – wird aus dem Bauch getroffen, sind Vertrauen der Unternehmer und Mitarbeiter in die Zukunft. Mit Ihrer Schwarzmalerei erweisen Sie, werte Kollegen von der FDP, der sächsischen Wirtschaft einen Bärendienst. Es ist nur gut, dass niemand darauf hört.
Danke.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Förderung im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Regionale Wirtschaftsentwicklung“ und die Investitionszulage sind das Herzstück der Wirtschaftsförderung in den neuen Bundesländern. Dies haben wir im Plenum oft genug thematisiert und es bedarf wohl keiner näheren Erläuterung.
Beide Förderinstrumente, GA-Förderung und I-Zulage, sind fester Bestandteil der Koalitionsvereinbarung zwischen CDU/CSU und SPD. Dort steht unter dem Punkt „Aufbau Ost voranbringen“: „Die GA wird in gleicher Höhe fortgesetzt.“ An anderer Stelle steht: „Die Koalition bekennt sich zur Fortführung der Investitionszulage.“
Wir erwarten, dass dies so, wie es abgeschlossen wurde, umgesetzt wird. Wir fordern eine Fortführung der in den letzten Jahren ohnehin drastisch zurückgefahrenen GA-Förderung auf dem bisherigen Niveau sowie schnelle Klarheit über die künftige Gestaltung der Investitionszulage.
Ich möchte einen weiteren Punkt anfügen. Sachsen braucht so bald wie möglich Festlegungen zum Korb 2 des Solidarpaktes. Angesichts drastisch zurückgehender EU-Strukturfondsmittel ist dies erforderlicher denn je. Für unsere Wirtschaft ist Planungssicherheit für ihre Entwicklung von entscheidender Bedeutung. Eine Abweichung hiervon können wir uns unter keinem der hier genannten Eckpunkte von vornherein leisten. Daher war die auf der Arbeitsebene im Planungsausschuss der GA gegebene Zustimmung für meine Fraktion nicht nachvollziehbar, auch wenn der Beschluss nur eine Quotierung auf sechs Siebentel auf die neuen Bundesländer und ein Siebentel auf die alten Bundesländer vorsieht, auch wenn die Westländer versuchen, Druck auszuüben, und die Zustimmung zur Investitionszulage von Zugeständnissen bei der GA abhängig machen.
Wir haben im Unterschied zum Jahre 2004 jetzt auch eine andere Situation. Es gibt eine klare Koalitionsvereinbarung, es gibt klare Aussagen der Genshagener Bundeskabinettstagung und es gibt eine Bundeskanzlerin Angela Merkel, die sich deutlich für eine ungeschmälerte Ostförderung ausgesprochen hat. Insofern ist die sächsische Verhandlungsposition durch den Beschluss des Planungsausschusses nicht einfacher geworden.
Umso mehr bedanken wir uns bei der Staatsregierung und besonders beim Ministerpräsidenten Georg Milbradt, beim Kanzleramtschef Thomas de Maizière und bei den sächsischen Koalitions-Bundestagsabgeordneten für ihren Einsatz. Danach sollen die zugesagten Mittel sowohl für die GA als auch für die Investitionszulage in der zugesagten Höhe fließen. Wenn es tatsächlich gelingen sollte, die Gesamtsumme für die GA im Bundeshaushalt nicht zu kürzen, wäre die Kuh vom Eis, das heißt, keine Reduzierung in Ost und West, und der Planungsausschuss müsste seinen Beschluss nicht einmal revidieren.
Schon aus diesem Grund müsste der PDS-Antrag abgelehnt werden, wie überhaupt der Antrag der FDP eine andere Qualität aufweist.
Die Signale aus Berlin und die heutigen Presseaussagen unseres Ministerpräsidenten stimmen sehr optimistisch. Ein positives Ergebnis ist zu erwarten. Insofern stehen wir nicht vor einem Scherbenhaufen. Danach bedarf es keiner weiteren Beschlüsse dieses Hauses. Unter diesem Blickwinkel und unter Berücksichtigung der Koalitionsvereinbarung des Landes wird die CDU-Fraktion beide Anträge ablehnen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sachsen ist Spitze, das wissen wir alle, leider auch bei den Strom- und Gaspreisen. Vor wenigen Tagen konnten wir es wieder schwarz auf weiß nachlesen, dass Leipzig mit knapp 643 Euro auf 3 000 Kilowattstunden bundesweit mit die höchsten Strompreise hat; Dresden ist nicht viel besser. Leider sind trotz der Liberalisierung des Strommarktes die Strompreise gestiegen, weil monopolartige Strukturen auch dort den
Markt beherrschen und insbesondere über erhöhte Nutzungsentgelte den Wettbewerb bremsen.
Noch dramatischer ist die Preisproblematik auf dem Gasmarkt einzuschätzen. Hier sind die privaten Endverbraucher nach wie vor völlig vom Wettbewerb ausgeschlossen. Ein Versorgerwechsel von einem teueren zu einem preiswerteren Anbieter ist nicht möglich.
Seit 2004 gab es bei den sächsischen Gasversorgern Preiserhöhungen bis zu über 40 %. Zum Beispiel verlangen die Stadtwerke Leipzig als trauriger deutschlandweiter Spitzenreiter 35 % mehr als RWE in Niedersachsen. Die Auswirkungen dieser Preispolitik erfüllen uns mit großer Sorge. Wie sollen Bürger Vertrauen in notwendige Reformen im Zuge der Marktwirtschaft gewinnen, wenn sie zugleich in der Energiebranche erleben, wie Marktmacht auf Kosten der kleinen Leute ausgenutzt und Kaufkraft entzogen wird? Auch für die sächsische Wirtschaft wird die Energiepreisspirale zunehmend zu einem großen Wettbewerbsnachteil im europäischen und innerdeutschen Maßstab. Natürlich wissen wir um die explodierenden Preise auf den Rohstoffmärkten. Staatliche Regulierungen wie Ökosteuer verteuern aktuell die Energiekosten. Dennoch können wir ganz praktisch die Stromerhöhungen der letzten Zeit nicht ganz nachvollziehen.
In Sachsen wird Strom zu 85 % aus heimischer Braunkohle gedeckt. Preissteigerungen beim Brennstoff Braunkohle sind uns nicht bekannt. Die Begründungen mit steigenden Weltmarktpreisen bei Öl, Gas und Importkohle sind also in diesem Falle nicht stichhaltig. Wir als CDUFraktion haben uns immer für den Vorrang des Energieträgers heimische Braunkohle eingesetzt, auch gegen die linke Opposition, und werden dies auch künftig tun. Investitionen in Kraftwerke hat Sachsen großzügig mit Steuergeldern unterstützt. Da ist es nicht nachvollziehbar, die Strompreise im Verweis auf steigende Rohstoffpreise in die Höhe zu schrauben.
Noch eines. Die Kraftwerksbetreiber haben 93 % der jetzt erforderlichen CO2-Zertifikate zum Nulltarif erhalten. Dennoch werden die nicht entstandenen Kosten – man spricht deutschlandweit von fünf Milliarden Euro – offensichtlich an die Stromkunden weitergegeben. Das ist für uns schlichtweg unsittliches Verhalten. Wir plädieren dafür, dass solche Praktiken künftig gesetzlich unterbunden werden.
Es ist schon jetzt festzustellen, dass die in der Vergangenheit zu beobachtende Neigung der Gasversorger, sich wie kritikresistente Monopolisten zu verhalten, ins Bröckeln gerät. Leider sind die bisherigen Informationen der Gasversorger noch immer nicht nachvollziehbar, sodass bis zur Erreichung einer größeren Transparenz der Preisgestaltung sicher weiter Druck ausgeübt werden muss. Die Sammelklagen der Verbraucherzentralen Sachsen werden diesen Prozess sicher vorantreiben. Herzlichen Dank an die sächsischen Verbraucherschützer für ihr
Engagement, das im Übrigen auch von der Staatsregierung und der Koalition voll unterstützt wird.
Auch wenn wir wissen, dass die Einflussmöglichkeiten der Staatsregierung beschränkt sind, auch wenn die linke Opposition teilweise anderes suggeriert, so bitten wir sie dennoch, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um einen weiteren Anstieg der Preise für Strom, Gas und Energieträger zu verhindern. Hierzu zählt für uns, sich für ein Verbot der Einrechnung kostenlos erteilter Emissionszertifikate für die Kostenkalkulation der Stromerzeuger auf Bundesebene stark zu machen – man kann sich hier eine Bundesratsinitiative vorstellen –, die Energieversorger zu einer Offenlegung ihrer Kalkulation zu drängen und durch die Ausschöpfung aller kartellrechtlichen Möglichkeiten ungerechtfertigte Preiserhöhungen auszuschließen. Hier müssen die Bundes- und Landeskartellbehörden im wahrsten Sinne des Wortes Gas geben. Wir wissen, dass die Staatsregierung hier auf einem guten Weg ist. Verweisen möchte ich dabei auch auf die in der Plenarsitzung am 22.09.2005 beschlossenen Anträge der Koalitionsfraktionen zu Strom- und Gaspreisen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die energiepolitischen Ziele Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit, Wettbewerbsfähigkeit und Umweltverträglichkeit müssen gleichrangig verfolgt werden. Energiepolitik muss auch dem Wirtschaftsstandort Sachsen verpflichtet sein. Hierzu gehören bezahlbare wettbewerbsfähige Preise für Bürger und Unternehmen.
Danke für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben drei Anträge von vier Fraktionen, die Neuland in der Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit beschreiten wollen. Das ist tatsächlich etwas Neues in diesem Hohen Hause und ich wünsche mir, dass wir uns behutsam und vorbehaltlos an die Kernfrage herantasten, wie wir vor allem Langzeitarbeitslosen eine echte Perspektive bieten können. Hohe Erwartungen einerseits, aber auch deutliche Skepsis seit Wochen im Blätterwald andererseits, wenn über das Thema Kombilohn diskutiert wird.
Unser Antrag „Wege für mehr Beschäftigung“ will zunächst einmal Ordnung in die verwirrende Diskussion bringen. Hierzu soll die Staatsregierung darlegen, was im Einzelnen derzeit in Wirtschaftsförderung, Wirtschaftsforschung und Politik zur Beschäftigungssteigerung diskutiert wird, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede diese Modelle aufweisen. Ich glaube, das ist für uns alle ein notwendiges Fundament, um die Debatte sachorientiert und im Interesse der arbeitslosen Menschen führen zu können. Meine Vermutung ist, es gibt unter den Fach
leuten viel mehr Gemeinsamkeiten, als wir allgemein vermuten möchten. Man muss das Rad nicht überall neu erfinden. Deswegen lohnt ein Blick auf die Länder, die weit erfolgreicher als wir in der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit sind und insbesondere gering Qualifizierten auch eine echte Chance gegeben haben.
Ein Blick in die Statistik zeigt: Beschäftigung ist auch für diesen Personenkreis möglich. Während deutschlandweit die Arbeitslosenquote von gering Qualifizierten 18 % beträgt – in Ostdeutschland ist sie übrigens bedauerlicherweise 50 % –, so sind es in Österreich, Dänemark und der Schweiz nicht einmal 8 %. Die banale Erkenntnis lautet also: Auch in hochentwickelten Industrieländern ist Beschäftigung selbst für gering Qualifizierte möglich. Weil dies möglich erscheint, hat die Politik die Pflicht und Schuldigkeit, diesen Menschen endlich eine echte Perspektive aufzuzeigen.
Voraussetzung dafür ist, dass wir die bisherigen Denkkategorien verlassen und vorbehaltlos eigene Fehler, vielleicht auch Trägheiten in der Politik eingestehen. Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung, sagt bereits der Volksmund. Daran möchte ich anknüpfen. Zu lange haben wir an der Illusion festgehalten, mit Wirtschaftswachstum und konjunktureller Erholung könnte man Dauerarbeitslosig
keit, gerade auch von gering Qualifizierten, in den Griff bekommen. Zwischenzeitlich wächst jedoch die Erkenntnis, dass dies ein Trugschluss ist. Immer höher wird die so genannte Sockelarbeitslosigkeit, die nach einer konjunkturellen Erholung übrig bleibt.
Auch Sachsen hat trotz bundesweiten Spitzenwachstums sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse verloren. Umsatzwachstum in der Industrie und Erfolge beim Export schlagen sich nicht automatisch in zusätzlichen Arbeitsplätzen nieder. Es ist eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für die weitere Entwicklung unserer Wirtschaft und des Arbeitsmarktes. Das hilft lediglich, vorhandene Arbeitsplätze zu sichern.
Wirklich mehr Beschäftigung verlangt deswegen andere Rezepte. Die Ökonomen sind sich in der Diagnose weitgehend einig: Zur Verbesserung der Beschäftigungschancen müssen sich Arbeitskosten von gering Qualifizierten an deren Produktivität angleichen, sprich: sie müssen sinken, damit neue Jobs entstehen. Damit die sozialstaatliche Balance gewahrt bleibt, ist der Staat gefordert, mittels Transfereinkommen den politisch definierten notwendigen Lebensstandard zu sichern. Das heißt ganz klar: Wer zusätzliche Arbeitsplätze für gering Qualifizierte will, muss bereit sein, diese teilweise dauerhaft zu subventionieren. Davor schreckt die Politik, aber auch die Wirtschaft bisher zurück.
Ich plädiere dafür, diese mentale Barriere niederzureißen. Lasst uns lieber zusätzliche Arbeitsplätze durch Transferleistungen schaffen, als Dauerarbeitslosigkeit finanzieren. Staatlich geförderte Arbeit ist besser als gar keine Arbeit, zumindest dann, wenn die staatlich geförderte Arbeit nicht teurer ist als die Arbeitslosigkeit. Natürlich müssen Mitnahme- und Drehtüreffekte sowie eine Behinderung des ersten Arbeitsmarktes ausgeschlossen werden. Ist das unbezahlbar? Ich denke nein, wenn man es richtig anstellt. Eine Bedarfsgemeinschaft nach SGB II erhält monatlich rund 800 Euro vom Staat und das ohne eine echte Perspektive in Richtung Beschäftigung. Auch die Ein-Euro-Jobs dienen in erster Linie dazu, aus der sozialen Isolation herauszukommen, aber als Einstieg in die Beschäftigung erweisen sie sich mehrheitlich als ungeeignet. Das kann Ihnen jede ARGE und jede optierende Kommune bestätigen.
Nehmen wir also lieber die 800 Euro und verbilligen damit Arbeit! Machen wir Arbeit wieder bezahlbar! Ich bin überzeugt davon, dass das viele zusätzliche Arbeitsplätze schaffen kann. Warum soll es nicht wieder Straßenbahnschaffner wie früher geben, die neben Fahrscheinverkauf und -kontrolle auch ein Auge auf die Sicherheit der Fahrgäste werfen? Müssen an jedem Bahnhof Fahrkartenschalter durch Automaten ersetzt und die Bahnangestellten in die Arbeitslosigkeit geschickt werden? Mit Sicherheit gäbe es im Handel mehr Verkäufer, die Zeit für Kundenberatung hätten. Früher wurde man an Tankstellen bedient. In Österreich gibt es das heute noch, warum nicht auch bei uns?
Das sind sicher unkonventionelle Denkansätze, aber wir müssen auch über diese Dinge nachdenken. Viele alte Menschen wollen so lange wie möglich in ihrer Wohnung leben, können sich aber nicht selbst versorgen. Manche heuern dafür illegale Haushaltshilfen aus Osteuropa an. Können das nicht auch reguläre Arbeitskräfte aus Sachsen tun? Obendrein würden unsere Kommunen von teuren Heimkosten entlastet werden. Auch so mancher Schwarzarbeiter-Job könnte in die Legalität überführt werden.
Meine Damen und Herren! All das sind Beispiele dafür, dass es auch bei uns genug Arbeit gibt, und man könnte sicher noch weitere aufzählen. Wir haben Ideen für Arbeit und gleichzeitig hohe Arbeitslosigkeit. Warum? Weil die Gesamtarbeitskosten für solche Tätigkeiten oft höher sind als die Kosten für Maschinen. Deswegen wurden und werden solche Arbeitsplätze wegrationalisiert bzw. entstehen gar nicht erst oder werden ins Ausland verlagert. Die Firma spart dabei Kosten, die Gesellschaft als Ganzes dabei aber nicht; denn stattdessen muss die Gemeinschaft, müssen die Steuerzahler Arbeitslosigkeit finanzieren. Die Tarifpartner haben dabei nicht immer eine rühmliche Rolle gespielt und auch die Politik – ich möchte die CDU da nicht ausnehmen – hat dieses Verhalten toleriert und mit einer saftigen Steigerung der Lohnnebenkosten dazu beigetragen, dass einfache Arbeiten und damit viele Arbeitsplätze in Deutschland einfach verschwunden sind.
Derzeit fließen mehr als vier von zehn verdienten Euro in die Sozialversicherungssysteme, 1950 waren es noch zwei Euro und 1975 drei Euro. Mehrbelastungen durch zusätzliche Bürokratie oder durch einseitig ausgerichtete Energiepolitik sind sicher weitere Faktoren. Die naive Antwort der Politik hieß bisher Geld aus dem Staatssäckel, sprich Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe. Doch damit wird ein Mindestlebensstandard gewährleistet, aber eben keine Perspektive für die Arbeitslosen in Richtung mehr Beschäftigung geschaffen. Hiervor haben wir uns einfach – ich sage es einmal drastisch – gedrückt.
Wenn wir diese Tatsachen nüchtern analysieren, stellen wir fest, dass sich alle Beteiligten an sich logisch verhalten. Hohe Arbeitskosten für Arbeitsplätze mit geringer Produktivität erhöhen den Rationalisierungsdruck für Unternehmen. Teure Handwerksleistungen lassen Schwarzarbeit und Heimwerkermärkte boomen. Ein Durchbrechen dieses Teufelskreises kann nur gelingen, wenn die ökonomischen Anreize auf mehr Beschäftigung ausgerichtet werden. Solange sich die Anschaffung einer neuen Maschine eher rechnet als die Einstellung eines neuen Mitarbeiters, so lange entsteht kein neuer Arbeitsplatz. Solange Handwerkerstunden von 30 Euro und mehr die Regel sind, so lange wird sich die große Masse der Bevölkerung auf ein Minimum an Handwerksleistungen beschränken, beschränken müssen.
Haben wir also den Mut, Arbeitsleistungen mittels staatlicher Transferleistungen sinken zu lassen. Haben wir den Mut, mit einem dauerhaften staatlichen Zuschuss zusätzliche Arbeitsplätze auf dem ersten Arbeitsmarkt für
weniger gut qualifizierte Langzeitarbeitslose entstehen zu lassen. Gewiss, damit kann man nicht reich werden. Aber Menschen werden wieder gebraucht, werden als Person und als Teil der Gesellschaft ernst genommen.
Das ist allemal besser, als Perspektivlosigkeit zu zementieren.
Wir ermutigen mit unserem Antrag die Staatsregierung, sich konkret Gedanken zu machen, unter welchen Rahmenbedingungen man diesen Systemwechsel in Sachsen austesten kann. Theoriedebatten sind genug geführt worden. Was fehlt, sind praktische Erfahrungen – auch Auswertungen von bisher nicht so gut gelungenen Modellen – mit Projekten, deren Anreize sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer richtig gesetzt sind. Hierzu will unser Antrag den Startschuss geben.
Danke.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte doch noch eine Bemerkung zur NPD-Fraktion machen. Herr Leichsenring, Sie haben sich selbst entlarvt, indem Sie sich als legitimen Nachfolger der Nazis bezeichnet haben. Wohin eine so genannte Wirtschafts- und Finanzpolitik eines Hjalmar Schacht geführt hat, das wissen wir alle. Ersparen Sie uns weitere Debatten dazu!
Die Debatte hat gezeigt, dass die Frage nach ökonomisch sinnvollen staatlichen Anreizen für mehr Beschäftigung vor allem von weniger qualifizierten Arbeitslosen ganz oben auf der politischen Agenda steht. Wir tun gut daran, dieses Thema sachlich zu vertiefen. Erster Arbeitsmarkt ja, Wirtschaftsförderung ja, aber wir werden die Arbeitslosigkeit – davor dürfen wir die Augen nicht verschließen – dauerhaft nicht bekämpfen können, vor allen Dingen für Langzeitarbeitslose und gering Qualifizierte. Es gibt Bewegung auf dem Arbeitsmarkt, aber sie reicht nicht aus. Wir müssen darüber diskutieren, diese Arbeit bezahlbar zu machen. Wir müssen diese Arbeit gefragt machen für Menschen, die sonst keine Chance auf dem ersten Arbeitsmarkt haben.
Der Denkanstoß unserer heutigen Debatte ist, dass man über Modelle reden kann. Warum beispielsweise das Mainzer oder das Saarländer Modell gescheitert sind,
möchte ich jetzt nicht vertiefen. Das hatte Ursachen, zum Beispiel traten Effekte auf, die so nicht beabsichtigt waren. Zudem wurde ein ganzheitlicher Ansatz verfehlt. Das Saarländer Modell war beispielsweise für Arbeitgeber lohnend, für Arbeitnehmer nicht. Das Mainzer Modell lohnte sich nur bei niedrigen Zusatzverdiensten. Insofern müssen wir auf eine komplexe Herangehensweise achten.
Wir werden uns, Herr Zais, sicher zu keiner einheitlichen Meinung zusammenfinden – das kann gar nicht sein –, aber auf jeden Fall sollten wir im Ausschuss diskutieren. Sofern der Antrag gestellt wird, sind wir dafür, Ihren Antrag an den Ausschuss zu überweisen. Dasselbe gilt für den FDP-Antrag, wobei der PDS-Antrag strukturelle Schwächen hat. Beispielsweise geht er davon aus, dass es schon ein komplexes Modell gibt. Das gibt es nicht. Es soll jetzt diskutiert werden. Sie müssen sich nächstens von vornherein überlegen, welche Anträge Sie ins Plenum einbringen, und dann auf einmal an den Ausschuss überweisen.
Unseren Antrag werden wir zur Abstimmung bringen. Wir bitten darum, positiv zu votieren, weil unser Antrag die Grundlage für die weitere Diskussion bietet. Die Staatsregierung wird gebeten und beauftragt, belastbare Vergleichszahlen zu nennen. Herr Morlok, ich bewundere Sie, dass Sie als Halbtagsparlamentarier auch diese Vergleichsdinge noch leisten können. Wir brauchen auf alle Fälle diese Arbeitsgruppe mit ihrem Sachverstand und deren Ergebnisse. Insofern macht unser Antrag Sinn, denn er ist die Diskussionsgrundlage im Parlament. Wir tun gut daran, uns als Sachsen aktiv in die Bundesdebatte einzubringen und sinnvolle Dinge in Bezug auf Modellregionen auf den Weg zu bringen. Deswegen bitten wir, über unseren Antrag als Grundlage für die Diskussion abzustimmen.