Stefan Brangs

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6/1 6/2 6/3

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, auch ich habe zu denjenigen in diesem Haus gehört, die sich zunächst ein wenig gewundert haben, dass wir heute einen Tag nach Ihrer Vereidigung und nachdem gerade das neue Kabinett vereidigt wurde, eine Regierungserklärung von Ihnen hören. Aber nach meiner Verwunderung kam dann sehr schnell Freude, und zwar deshalb, weil ich jetzt hier stehen und die Replik unserer Fraktion auf diese Regierungserklärung geben kann. Es ist natürlich auch eine Ehre, dass ich als Parlamentarischer Geschäftsführer dieses zum ersten Mal und voraussichtlich auch zum letzten Mal tun darf.
Normalerweise würde mein Fraktionsvorsitzender hier stehen, aber er ist gerade zum Staatsminister für Wirtschaft und Arbeit ernannt worden. Es gehört aus unserer Sicht zur guten politischen Kultur, dass man die Trennung zwischen erster und zweiter Gewalt deutlich macht.
Deshalb zunächst an dieser Stelle, lieber Martin, liebe Eva, liebe Petra und auch liebe Kolleginnen und Kollegen
der CDU-Fraktion in neuer Verantwortung: Herzlichen Glückwunsch für die Übernahme der neuen Funktionen!
Ich bin aber auch in einer anderen neuen, alten Rolle. Ich habe von 2004 bis 2009 als Koalitionspartner bereits miterleben dürfen, wie es ist, regierungstragende Fraktion zu sein. Dazwischen gab es eine Episode, die ich mit den Worten eines bekannten SPD-Politikers umschreiben würde: „Und jetzt stehen wir wieder hier in Regierungsverantwortung.“
Aber ich glaube auch, dass die Zeit von 2004 bis 2009 nicht vergleichbar ist. Es gibt sehr, sehr viele Unterschiede. Sie alle kennen ja sicherlich das Sprichwort, dass man niemals in denselben Fluss einsteigen sollte. Das machen wir auch nicht, denn seit 2004 hat sich in der Tat viel verändert. Es gibt viele neue Herausforderungen und es gibt viele neue Sichtweisen auf Themen und deren Lösungsansätze. Natürlich haben sich auch die Stimmgewichte verschoben. Wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten gehen jetzt gestärkt, aber auch mit Respekt und mit einem gewissen Selbstbewusstsein in die neue Regierung.
Ein wichtiger Unterschied zu 2004 ist für mich, dass wir in den nächsten Jahren versuchen wollen, eine andere politische Kultur im Umgang miteinander zu finden. Damit meine ich nicht nur die gestrige Debatte zur Geschäftsordnung – das ist ein Beispiel dafür –, sondern ich meine, dass wir das als Koalition aus SPD und CDU vorleben könnten. Und das sollten wir auch tun.
Ich habe die Koalitionsverhandlungen, an denen ich mitgewirkt habe, in sehr konstruktiver Atmosphäre erlebt. Ich würde mir wünschen, dass wir genau dieses Miteinander, das wir praktiziert haben, fortführen. Wir haben eben nicht versucht, den einen oder anderen zu bekehren, sondern wir haben versucht, gemeinsam Lösungen zu finden, um das Land nach vorn zu bringen. Das sollte der Geist dieser neuen Koalition sein.
Natürlich gab es dabei auch Phasen, in denen wir uns gefragt haben, ob man da wirklich noch eine Einigung erzielen kann, weil wir sehr weit auseinander waren. Aber das ist für mich vollkommen klar und das ist auch gut so. Um es mit den Worten eines Regierenden Bürgermeisters zu sagen: Wir sind unterschiedliche Parteien, wir haben unterschiedliche Standpunkte und wir haben unterschiedliche Lösungsansätze. Aber trotzdem haben wir einen gemeinsamen Koalitionsvertrag verabschiedet, der sich sehen lassen kann. Davon bin ich fest überzeugt.
Klar ist auch, dass solche Koalitionsverhandlungen keine Wunschveranstaltungen sind, sondern dass dort auch immer ein Kompromiss mitschwingt. Es wurde aus meiner Sicht nie der Punkt erreicht, an dem ich gedacht habe, jetzt geht es nicht weiter und hier werden wir uns so
weit auseinander bewegen, dass es keine Einigung gibt. Wir sollten diese Gemeinsamkeiten immer in den Mittelpunkt stellen und diese konstruktive Zusammenarbeit über die Koalitionsverhandlungen hinaus als Grundlage nehmen.
Ich bin davon überzeugt, dass wir mit diesem Koalitionsvertrag eine gute Basis geschaffen haben. Es freut mich, dass insbesondere die Themen Gerechtigkeit und Zukunftssicherung in Sachsen ein wesentlicher Teil in diesem Koalitionsvertrag sind.
Ich möchte auf die einzelnen Häuser zu sprechen kommen, die wir als SPD stellen. In einer gemeinsamen Regierung haben wir aus meiner Sicht Zukunftsthemen besetzt, und wir haben mit der Aufteilung der Ministerien diese Zukunftsthemen dokumentiert.
Uns allen muss klar sein, dass wir nach wie vor ein Riesenproblem mit der Arbeitslosigkeit haben. Sie sinkt zwar, aber wir sollten alles daran setzen, gemeinsam, in unterschiedlichen Rollen, dazu beizutragen, dass wir mehr junge Leute zu einem Schulabschluss und in Ausbildung bringen. Wir müssen dazu beitragen, dass Mädchen und Jungen in Sachsen die Chance bekommen, hier eine Perspektive zu haben. Trotz der guten Zahlen auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt haben wir ein Riesenproblem: Das ist das Thema Langzeitarbeitslosigkeit. Diesem Problem müssen wir uns stellen, auch wenn wir wissen, dass die sächsische Wirtschaft gut dasteht. Manche sagen sogar, dass sie brummen würde.
In diesem Koalitionsvertrag haben wir über das hinaus, was ich hier beschrieben habe, sehr viele gute Punkte benannt. Einige möchte ich nennen: Wir haben uns darauf verständigt – das freut mich sehr –, dass wir den Mittelstand stark fördern und in den Mittelstand investieren wollen. Wir haben das erfolgreiche Förderprogramm „Regionales Wachstum“ neu aufgelegt.
Viele Unternehmerinnen und Unternehmer haben mit uns gesprochen und wir haben darauf reagiert, indem wir das Thema Unternehmensnachfolge als wichtigen Punkt in dem Koalitionsvertrag angesprochen haben. Wir werden einen Fusionsfonds schaffen, damit sich kleinere Unternehmen besser zusammenschließen können und somit mehr Arbeitsplätze und Firmensitze erhalten werden können. Richtig und wichtig ist, dass wir die Gründerinnen und Gründer in diesem Land stärken werden.
Nicht zuletzt – das sei mir gestattet – bin ich sehr froh darüber, dass wir diese Eierscheckenphilosophie beim Thema Fachkräfte endlich beerdigen.
Ich denke, allen muss klar sein, dass man es mit Kaffeekränzchen und Kuchen nicht leisten kann, eine Antwort auf dieses wichtige Thema zu geben. Wir werden es nur dann leisten, wenn wir eine echte Fachkräfteallianz weiterentwickeln zu einer Fachkräftestrategie. Das muss einhergehen mit einem klaren Bekenntnis für Weiterbildung und Bildung.
Es muss ein klares Bekenntnis zur dualen Ausbildung in Betrieb und Berufsschule geben. Allen muss doch klar sein: Es ist schon sehr seltsam, dass China und Spanien unser Modell kopiert haben, und wir selbst haben Probleme, die Zukunft der dualen Ausbildung sicherzustellen. Deshalb ist es gut und richtig, dass wir die duale Ausbildung stärken und absichern wollen. Ich finde es ebenso gut, dass wir den heimischen Mittelstand mit dem Kultusbereich, mit den Schulklassen zusammenbringen und dass wir gemeinsam darüber nachgedacht haben, sie ab der 7. Klasse verpflichtend zueinander zu bringen und das Thema in die Schulen zu transportieren. Das ist ein wichtiger, guter Punkt.
Wenn die Kollegen der LINKEN das auch so sehen, dann würde ich mich sehr freuen.
Das ist wahrscheinlich nur ein Teil des Problems, warum wir eine außerparlamentarische Opposition haben, die von linkem Zeitgeist spricht. Ich finde, das ist eine Auszeichnung, und ich kann damit sehr gut leben. Wenn Holger Zastrow meint, es sei linker Zeitgeist, dass man sich für Gerechtigkeit, Solidarität und Soziales engagiert, dann machen wir alles richtig.
Wir sind uns einig – und das freut mich –, dass wir in diesem Koalitionsvertrag gemeinsam gesagt haben, Sachsen steht für gute Löhne und Sachsen steht für gute Arbeit, und dass das die Grundsätze in der zukünftigen Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik sein sollen. Ich freue mich auch, dass wir uns darauf verständigt haben, dass wir im Rahmen der europäischen Anpassung das Thema Vergabegesetz noch einmal aufrufen werden. Wir werden uns dann genau anschauen, welche Form von sozialen und ökologischen Kriterien dabei eine Rolle spielt.
Wichtig ist auch, dass wir das Thema des aktiven Arbeitsmarktes wieder stärker in den Fokus rücken. Ich will ein Beispiel bringen: Es gibt leider Gottes die Situation, dass Unternehmen pleite gehen. Das wollen wir alle nicht, und wir versuchen alles zu tun, dass es nicht dazu kommt. Wir haben mit einer Lösung – mit Transfergesellschaften – ein wichtiges Angebot im Koalitionsvertrag formuliert, indem wir versuchen wollen, mit solchen Transfergesellschaften Arbeitsplätze zu sichern und sie als Zwischenlösung anzubieten.
Wir haben ein weiteres Ministerium, das Ministerium für Wissenschaft, Kultur und Kunst, übernommen. Dabei geht es auch um die Frage der Zukunft, denn auch das ist ein Zukunftsministerium. Hier geht es darum, den Wissenschaftsstandort Sachsen weiter zu stärken und ihn attraktiver zu machen, dass wir uns für gute Forschung, Entwicklung und für Fachkräfte und Unternehmensgründung einsetzen werden.
Es ist gut und richtig, dass wir uns eindeutig zu den Studentenwerken bekannt und ein deutliches Signal gesetzt haben, dieses Geld aufzustocken. Ein richtiger Weg ist auch, dass der Stellenabbau im Bereich der Hochschulen zurückgenommen wird, wenn eine entsprechende Hochschulentwicklungsplanung 2025 bis zum Jahr 2016 vorliegt.
Richtig ist, dass Bildung und Kultur wichtige Standortfaktoren und die Grundvoraussetzung dafür sind, dass man glücklich und sehr zufrieden in Sachsen leben kann. Deshalb ist es folgerichtig, dass die Rolle der Kultur in diesem Koalitionsvertrag ebenfalls gestärkt worden ist und dass die Kulturraummittel um 5 Millionen Euro erhöht werden. Ebenso wichtig ist die Tatsache, dass wir das Thema Rechtsextremismus und weltoffenes Sachsen gestärkt haben.
Mit einem Ministerium zu der wichtigen Frage der Integration und Gleichstellung verbinden wir natürlich, dass wir endlich aufhören, menschenfeindliche Propaganda in Sachsen zuzulassen. Wir müssen alles daran setzen, dass wir für das Zusammenleben eine Willkommenskultur etablieren, dass die Menschen im positiven Sinne gerne zu uns kommen, und dafür kann dieses Ministerium einen großen Beitrag leisten.
Dass die AfD dieses Ministerium bereits kritisiert hat, überrascht mich überhaupt nicht. Als rechtskonservative Partei – wenn ich es einmal freundlich formulieren möchte – ist mir klar, dass Sie nicht sonderlich an Gleichstellung und Integration interessiert sind
und dass Sie natürlich auch die Erfolge der letzten Jahre infrage stellen. Aber ich denke, zu der Wahrheit würde auch ein bisschen mehr Mut gehören. Vielleicht sollten Sie sich auch einmal mit der rassistischen Hetze in sozialen Netzwerken und auf Ihren Seiten und auf Ihren Veranstaltungen auseinandersetzen.
Da wird wenig richtiggestellt und wenig zurückgenommen, und Sie reiten ein wenig auf dieser Welle der Bürgerwut. Ich sage es einmal mit meinen Worten: Mir ist klar, dass man als Brandstifter gegen die Einführung einer Feuerwehrabgabe ist.
Wir haben darüber hinaus auch viele Punkte im Bereich der Bildung geregelt; der Ministerpräsident ist schon ausführlich darauf eingegangen und ich will das jetzt
nicht alles wiederholen. Ihnen muss klar sein, dass das Thema Lehrkräfte für uns eine entscheidende Rolle gespielt hat genauso wie Kita oder kostengünstige Bildungstickets.
Lassen Sie mich noch ein, zwei Sätze zum Thema Sicherheit sagen. Wir haben alle im Wahlkampf mitbekommen, dass die Menschen Angst verspüren und dass doch Ängste vorhanden sind. Darauf müssen wir auch eine Antwort geben. Wir haben richtigerweise darauf reagiert, was die Polizei anbelangt, und das ist ein richtiger Weg.
Wir haben auch darauf reagiert, dass wir uns genau anschauen wollen, wie und wo wir zukünftig das Personal im diesem Bereich einsetzen. Wir wollen eine fachliche Aufgabendebatte führen. Ebenso wollen wir diese Debatte auch für den Bereich des öffentlichen Dienstes führen, und es ist gut, dass der ab 2010 beschlossene Abbau von 800 Stellen gestoppt worden ist.
Auch Sie haben sicherlich Briefe bekommen – hoffe ich einmal –; wir haben sehr viele bekommen. Wir haben sehr viel Zuspruch bekommen. Die eigene Partei, der ich angehöre, hat mit 82 % dem Koalitionsvertrag zugestimmt, aber auch Verbände, Gewerkschaften, Arbeitgeber und SSG haben gesagt, da ist etwas Gutes zustande gekommen. Ich glaube auch, dass wir stolz sein können auf das, was wir vorgelegt haben. Mir ist natürlich klar, dass die Opposition diesen Koalitionsvertrag nicht loben kann.
Das ist auch nicht Aufgabe der Opposition. Es ist auch klar, dass Kritik an Regierungsarbeit angebracht ist. Ich finde das alles vollkommen in Ordnung.
Ich würde mir nur wünschen, dass wir gemeinsam – Kollege Scheel, ich denke, auch da kannst du mitgehen – alles daransetzen, dass wir das Vertrauen in demokratische Institutionen wieder stärken
und gemeinsam versuchen, eine politische Kultur zu pflegen. Wir alle gemeinsam wissen, dass wir als demokratische Parteien gefordert sind, und sollten nicht über Misstrauen darauf abstellen, dass wir vielleicht zugunsten irgendwelcher Umfrageergebnisse ganz gut dastehen, aber dann leidet das gesamte System darunter.
Mich hat sehr erschreckt, dass wir – gerade was die Wahlbeteiligung anbelangt – in sozial schwachen Bereichen eine sehr geringe Wahlbeteiligung hatten. Wir hatten ungefähr 30 % weniger als in den Regionen, in denen es den Menschen etwas besser geht, wo man von gut situierten Wohngebieten spricht. Das heißt, da ist etwas ins Ungleichgewicht gekommen, da ist etwas aus der Waage geraten. Wir sollten uns dringend alle gemeinsam überlegen, wie wir das ändern können.
Es liegen viele Herausforderungen vor uns und wir als SPD sind bereit, gemeinsam mit der CDU Verantwortung zu übernehmen. Ich hoffe auf eine gute und faire Zusammenarbeit im Parlament und hoffe, dass das zwischen den Regierungsfraktionen genauso geschieht wie zwischen der Regierung und der Opposition.
Lassen Sie mich zum Schluss eine persönliche Anmerkung machen, die mir hoffentlich gestattet ist: Meine Zeit wird hier auch irgendwann zu Ende gehen. Ich habe zehn Jahre diesem Parlament angehört. Das war eine Zeit, als ich gemeinsam mit Martin Dulig in den Landtag gewählt worden bin. Ich werde mit Martin Dulig jetzt einen Schritt weiter gehen.
Vielleicht bin ich in den letzten zehn Jahren dem einen oder anderen auf die Füße getreten,
vielleicht war ich zu laut, zu direkt.
Aber ich hoffe jedenfalls, dass ich immer ein sehr verlässlicher, ein ehrlicher Kollege war
und dass Sie mir glauben, dass mein Politikstil nicht hintenherum war, sondern eher geradeheraus. Ich danke sehr für diese zehn Jahre. Ich bedanke mich bei all denen, die ich hier kennenlernen durfte. Ich bin nicht aus der Welt, aber es ist für mich schon ein sehr wichtiger Moment. Ich werde weiterhin – wenn auch in anderer Funktion – das Thema Arbeit zum Zentrum meines politischen Wirkens machen und ich hoffe weiterhin auf Ihre Unterstützung und möchte mich bei all jenen bedanken, die mich in den letzten zehn Jahren dabei unterstützt haben.
Herzlichen Dank.
(Starker, anhaltender Beifall bei der SPD, der CDU, den LINKEN, vereinzelt bei den GRÜNEN und Beifall bei der Staatsregierung – Die Abgeordneten der SPD erheben sich von ihren Plätzen.)
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann nahtlos dort anschließen, wo mein Kollege Piwarz geendet hat. Ich denke, dass wir mit der Debatte um die Geschäftsordnung bereits gezeigt haben, dass wir darum bemüht waren, als neue Koalition
eine neue Kultur im Umgang miteinander zu pflegen. Wir sind dabei sehr transparent miteinander zu Werke gegangen. Das war für den einen oder anderen vielleicht etwas Neuland, aber ich glaube, das ist der richtige Weg, und wir sollten auch weiter auf diesem Weg bleiben.
Ich denke auch, dass es richtig war, dass wir sehr früh alle gemeinsam versucht haben, darüber nachzudenken, wie wir eine lebendigere Debattenkultur im Landtag etablieren können. Das Problem ist aber: Das ist nicht so einfach, weil wir wahrscheinlich nicht die Ersten sind, die sich über die Bedingungen, die wir hier vorfinden – sowohl die rechtlichen als auch die Frage, was man überhaupt noch ausgestalten kann –, Gedanken gemacht haben, und wir werden auch nicht die Letzten sein, die das tun. Viele andere Landesparlamente haben ähnliche Debatten geführt, und es ist nun einmal nicht so einfach, am Ende einen Weg, ein neues Element zu finden. Mein Kollege hat schon zwei, drei dieser Punkte genannt, die sich in dieser Geschäftsordnung neu wiederfinden, und ich denke, dass das richtig und gut so ist.
Ich möchte noch zwei, drei andere Punkte anführen. Ich meine, dass es gut und richtig ist, dass wir mit dem Mittel eines prioritären Antrages nach einer Aktuellen Debatte dazu beitragen werden, dass man ein wenig lebendiger und aktueller diskutieren kann. Dadurch werden der gesamte Tagesordnungspunkt „Aktuelle Debatte“ und im Anschluss noch ein Antrag, der prioritär ist, dazu führen – das hoffe ich zumindest –, dass auch die Öffentlichkeit stärker von unseren Debatten Notiz nimmt. Ich hoffe auch, dass wir durch diese Möglichkeit eines zusätzlichen Antrages dazu beitragen, dass wir uns hier miteinander ganz aktuell über Probleme auseinandersetzen, die das Land bewegen.
Wir haben darüber hinaus eine Regelung gefunden, die sich aus unserer Sicht ebenfalls mit dem demokratischen Grundverständnis sowie dem politischen Selbstverständnis beschäftigt, das wir in diesem Hause haben sollten. Das ist die Frage, wie wir mit der Position der Vizepräsidenten umgehen. Wir haben als Koalition damit ein deutliches Zeichen gesetzt, dass wir gesagt haben, dass die zweitstärkste Fraktion einen Anspruch darauf erhält. Das ist, denke ich, gut und richtig so, und ich hoffe, dass es dazu beiträgt, dass die Gesamtwürdigung dieses vorliegenden Vorschlages im Kontext all dieser Punkte gesehen wird, die wir verändert haben, und es nicht dazu kommt, dass man einzelne Punkte herausgreift, die man nicht umsetzen konnte, und das zum Anlass nimmt, der Geschäftsordnung dann vielleicht doch nicht seine Zustimmung zu geben.
Ich weiß, es gibt eine Vielzahl von Änderungsanträgen. Diese sind alle in den Runden mit den Parlamentarischen Geschäftsführern diskutiert worden, an denen auch die Verwaltung teilgenommen hat. Deshalb möchte ich mich an dieser Stelle anschließen und bedanke mich bei meinen Kolleginnen und Kollegen für die gute Atmosphäre, die wir in den Gesprächen hatten.
Wir haben, was die Vizepräsidenten betrifft, natürlich auch hier die Gelegenheit, noch einmal darauf hinzuweisen, dass wir 2004 einen Sonderfall hatten: Wir hatten sechs Fraktionen in diesem Landtag, und wir sollten daraus lernen, dass man, wenn sich die Fraktionsanzahl verkleinert, auch über die Aufgaben sprechen muss, ob sich deren Umfang ebenfalls verkleinert, sodass es dann nicht nur noch zwei Repräsentanten unseres Hauses gibt, sondern zwei Vizepräsidenten und den Präsidenten, der natürlich unbestritten ohnehin der Erste Mann im Staate ist.
Darüber hinaus haben wir eine Regelung gefunden, was das Thema Ausländer- bzw. Integrationsbeauftragte(r) betrifft. Wir haben dort bereits das Thema Integrationsbeauftragte(r) eingeführt. Das ist uns wichtig. Es ist ein Anliegen, das wir auch im Koalitionsvertrag formuliert haben, und ich will deutlich sagen: Das ist keine Geringschätzung und keine Abkehr von der bisherigen Arbeit des Ausländerbeauftragten, ganz im Gegenteil. An dieser Stelle möchte ich mich herzlich beim Kollegen Dr. Gillo für die geleistete Arbeit als Ausländerbeauftragter bedanken.
Wir werden das Gesetz anfassen und dazu übergehen, dass wir aus dem Ausländerbeauftragten einen Integrationsbeauftragten machen; damit ist die Geschäftsordnung schon auf diesen Fall eingestellt. Deshalb haben wir diesen Weg gewählt, und ich denke auch, dass es richtig ist, dass wir ihn so gehen, zumal wir mit der neuen Zuordnung der Staatsministerien beim Thema Gleichstellung und Integration einen Staatsminister/eine Staatsministerin haben werden. Wir sind hier das Parlament, das ist die erste Gewalt, drüben ist die zweite Gewalt, und diese müssen miteinander ein so wichtiges Thema bearbeiten. Ich denke, das ist eines der wesentlichen Zukunftsthemen, auch für Sachsen. Wir müssen alle gemeinsam ein Interesse daran haben, dass wir in diesem Land eine Willkommenskultur schaffen, die Menschen hier willkommen heißen und das Thema Integration für uns ein Zukunftsthema sein sollte.
Jetzt wird es darum gehen, das sowohl von meinem Kollegen als auch von mir Gesagte mit Leben zu erfüllen. Ich fordere Sie alle herzlich auf, dazu beizutragen, dass es hier etwas lebendiger wird, und ich hoffe, dass wir mit diesem Vorschlag der Koalition einen Beitrag dazu leisten konnten.
Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Scheel, wenn man eine neue Debattenkultur haben möchte, dann sollte man sich überlegen, wie man diese erreichen kann. Ich denke, wir können sie eher dadurch erreichen, dass wir in den Ausschüssen alle eine wirkliche Debatte über die Argumente führen, dass wir uns dort die Zeit dazu nehmen, uns auszutauschen, dass wir dort nicht so agieren, dass es Mehrheit und Minderheit gibt.
Ich denke, wenn wir einen Schritt in diese Richtung gehen und uns jetzt alle gemeinsam vornehmen, in den Ausschüssen eine andere Debattenkultur herzustellen und für einen anderen Umgang miteinander zu sorgen, dann ist die Frage, ob das öffentlich stattfinden muss oder nicht. Darüber gibt es unterschiedliche Auffassungen, auch in meiner Fraktion. Es gibt im Übrigen auch unterschiedliche Auffassungen mit den Erfahrungen in anderen Bundesländern dazu, ob es so glücklich ist, dass man zweimal diese Schaufensterdebatten hält.
Deshalb ist die Frage, ob wir das jetzt zum Gegenstand einer Gewissensentscheidung machen müssen – davon wurde ja heute schon gesprochen –, oder ob wir sagen, wir wollen eine praktikable Lösung für die Geschäftsordnung. Wir sollten dazu übergehen, uns alle gemeinsam vorzunehmen, eine andere Debattenkultur in den Ausschüssen zu pflegen, und darüber nachdenken, ob wir diesen Weg gemeinsam gehen können. Zum jetzigen Zeitpunkt halten wir daran fest, dass es aus gutem Grund öffentliche und nicht öffentliche Sitzungen gibt.
Deshalb möchten wir bei der jetzigen Regelung bleiben und den Antrag ablehnen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dahinter verbirgt sich eine andere Herangehensweise und eine Entkopplung der bisherigen Praxis. Das ist klar. Dahinter verbirgt sich auch die Debatte zu d'Hondt oder nicht d'Hondt, die wir gerade geführt haben. Auch das ist klar. Wir haben uns entschieden, bei den Vizepräsidenten einen anderen Weg zu gehen. Sie müssen uns zugestehen, dass es eine Änderung in der Geschäftsordnung gegenüber der bisherigen gibt. Das ist ein erster Schritt. Deshalb bleiben wir bei der von uns vorgeschlagenen Regelung und konterkarieren diese nicht, indem wir Ihre jetzt annehmen. Deshalb lehnen wir Ihren Vorschlag ab.
Liebe Frau Petry, ich muss Ihnen ehrlicherweise sagen, dass ich ein wenig überrascht wegen dieses Antrags war. Wenn ich gesehen und gehört habe, wie Sie im Wahlkampf agiert und über den Landtag geurteilt haben, ohne dass Sie Mitglied dieses Landtags waren, indem Sie der Auffassung waren, dass er zu groß wäre, zu viel Geld kosten würde und zu viele Posten vergeben werden, dann war es überraschend, nachdem wir schon die Anzahl der Vizepräsidenten reduzieren, dass Sie für eine Ausweitung der Plenartage sind – was höhere Kosten bedeutet.
Dieses Unterfangen ist schon ein bisschen seltsam. Das liegt vielleicht daran – das haben Sie selbst eingeräumt –, dass Sie manche Abläufe noch nicht kennen und selbst darauf hingewiesen haben, dass Sie sich als Neuling erst einmal hier einarbeiten. Sie sollten aber auch Ihre grundsätzliche Haltung überprüfen. Ich hoffe, auch da gibt es ein wenig Bewegung. Vielleicht haben Sie nach fünf Jahren ein anderes Bild.
Wir werden Ihren Antrag ablehnen.
Ja.