Renate Schmidt
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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist erfreulich, dass der Landtag von Sachsen-Anhalt die Themen „Gewalt gegen Frauen“ und „Gewalt im häuslichen Nahbereich“ in letzter Zeit mehrmals behandelt hat. Das unterstreicht die Bedeutung des Themenkreises.
Mindestens ebenso erfreulich ist es festzustellen, dass auch die CDU grundsätzlich lernfähig ist bzw. dass sich bei ihr im Hinblick auf die Instrumente zur Bekämpfung häuslicher Gewalt gegen Frauen ein der Sache prinzipiell dienlicher Sinneswandel eingestellt hat,
der mit dem heute abzustimmenden Entwurf der CDUFraktion zum Gewaltschutzgesetz dokumentiert wird.
Vor gut einem Jahr, am 25. Januar 2001, hat Frau Liebrecht im Plenum noch gefragt, welche polizeilichen Eingriffsbefugnisse eigentlich zusätzlich zu den im § 36 SOG vorhandenen benötigt würden, und, zugegebenermaßen in Unkenntnis der Realität, dafür plädiert, dass das Opfer bei der Wegweisung des Täters mitentscheiden können müsse und dies nicht ausschließlich in die Entscheidungskompetenz der Polizei gestellt werden dürfe.
Sei es drum. Die CDU hat sich durchgerungen und einen Gesetzentwurf zur Änderung des SOG vorgelegt, mit dem sie die Polizei ermächtigen will, den Gewalttäter bis zu sieben Tagen aus der Wohnung und aus deren Umkreis wegzuweisen. Die Begründung dafür war, den Opferinteressen solle mit dem Gesetzentwurf Vorrang eingeräumt und der Opferschutz entscheidend verbessert werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! An dieser Stelle hört die Lernfähigkeit der CDU leider schon wieder auf. Ich frage Sie: Wie kann man oder Frau, wenn man sich auch nur minimal mit der Problematik der häuslichen Gewalt befasst hat, einen solch minimalistischen Gesetzentwurf vorlegen? Wie kann man nach der qualitativ hochwertigen Anhörung im Innenausschuss zur Frage der Notwendigkeit einer Änderung des SOG und zu den Voraussetzungen für eine wirksame Bekämpfung dieses Phänomens noch an einem derartigen Gesetzentwurf festhalten?
Oder - das möchte ich Ihnen eigentlich nicht unterstellen - geht es der CDU in erster Linie gar nicht um die Opfer,
sondern eventuell um ein wahltaktisches Manöver? Das wäre im höchsten Maße zu bedauern, ja schlimm; denn dafür steht für die Betroffenen zu viel auf dem Spiel.
Hierbei geht es um Schicksale von misshandelten Menschen, Frauen und Kindern, an denen wir alle, Politikerinnen und Politiker, grundsätzlich etwas zum Guten ändern können. Aber dann muss man es richtig anpacken und nicht etwas tun, was ihnen mehr schaden als helfen wird.
Eines ist sicher, meine Damen und Herren von der Opposition, und die angehörten Expertinnen und Experten haben es Ihnen mehr als deutlich gesagt: Ein effektives Konzept zur Bekämpfung häuslicher Gewalt ist nicht einfach durch das sofortige Erlassen eines neuen Rechts zu verwirklichen, sondern bedarf flankierender Instrumente und sorgfältiger Vorbereitung. Diese Aussage traf ein Vertreter des Justizministeriums aus Österreich.
Der Entwurf eines Gewaltschutzgesetzes, den die CDULandtagsfraktion im Mai 2001 eingebracht hat, ist in mehrfacher Hinsicht kritikwürdig. So soll die Befugnis zur Wegweisung neben der Polizei auch den Verwaltungsbehörden übertragen werden. Jede kleine Verwaltungsgemeinschaft nimmt Aufgaben der Gefahrenabwehr als allgemeine Verwaltungsbehörde wahr.
Als es vor zwei Jahren um die Videobeobachtung bestimmter öffentlicher Plätze ging, haben wir den Vorschlag der CDU-Fraktion verworfen, diese Befugnis neben der Polizei auch Verwaltungsbehörden einzuräumen. Dies muss hier erst recht gelten, weil es um einen erheblichen Eingriff in das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung geht.
Die Bedrohung des Opfers muss klar und stark sein, damit es gerechtfertigt ist, den Täter aus der Wohnung zu weisen. Wenn dies geschieht, bedarf es verfahrensrechtlicher Regelungen, die sowohl dem Opfer als auch dem Täter ein Höchstmaß an effektivem Grundrechtsschutz gewähren. Dazu ist in dem Entwurf der CDUFraktion nichts zu lesen.
Im Kern geht es darum, dass künftig nicht mehr das Opfer dem Täter, das Recht dem Unrecht weichen muss. Der Minister sprach über die Befugnisse der Polizei und auch über die inneren Probleme, die viele Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte dabei haben. Inzwischen wird es langsam besser. Aber bisher haben die Opfer eine klare staatliche Bewertung des Fehlverhaltens vermisst. Sie fühlen sich im Stich gelassen. Statt dem Täter eine deutliche Grenze aufzuzeigen, hielt sich der Staat zurück und überließ es dem Opfer, das Feld zu räumen. Sie müssen ins Frauenhaus oder irgendwo anders hingehen.
Mittlerweile tut er das immer weniger. Ich verweise auf das Modellprojekt in Halle mit den entsprechenden Ergebnissen. Statt wie bisher faktisch das Opfer einen Platzverweis erleiden zu lassen, soll dieser künftig dem Täter erteilt werden. Das ist völlig richtig. Es soll auch geschehen, aber nicht zu diesem Zeitpunkt und nicht mit diesem Gesetzentwurf.
Der Wohnungsverweis ist auch der Grundgedanke des vom Bund erlassenen, zum Jahresanfang in Kraft getretenen Gewaltschutzgesetzes. Es enthält zivilrechtliche Regelungen, die aber erst greifen können, nachdem ein Gericht tätig geworden ist.
Es ist in Ordnung, dass die Justiz über eine längerfristige Zuordnung der Wohnung an das Opfer und über einen Ausschluss des Täters nicht von heute auf morgen entscheidet. Aber solange noch keine Erfahrungen mit diesem Gesetz vorliegen, ist es schwer abzuschätzen, welchen Zeitraum die Entscheidung des Gerichtes in Anspruch nehmen wird.
Die CDU hat bei der abschließenden Beratung ihres Entwurfs im Innenausschuss vorgeschlagenen, anstelle der vorgesehenen siebentägigen Dauer der Wohnungsverweisung und des Rückkehrverbots 14 Tage vorzuschreiben. In Nordrhein-Westfalen hat man sich sogar für 20 Tage entschieden, wenn ein Antrag auf zivilrechtlichen Schutz gestellt, aber noch nicht beschieden wurde.
Es geht bei der Änderung des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes auch darum, einen zeitlichen Lückenschluss zu vollziehen. Zwischen dem Zeitpunkt, zu dem die Polizei vor Ort ist, und dem Zeitpunkt einer gerichtlichen Entscheidung bzw. der Entscheidung, das Gericht nicht anzurufen, soll die gefährdete Person in ihrer Entscheidungsfreiheit vor Einwirkungen durch den Täter geschützt werden. Es geht darum, das Zeitmaß zu finden, das den Lückenschluss gewährleistet.
Am Rande bemerkt, finde ich es ebenso wie der Vertreter des nordrhein-westfälischen Innenministeriums erstaunlich, mit welch kurzer und knapper Formulierung im Vergleich zum Umfang sonstiger polizeilicher Befugnisnormen die CDU-Fraktion den Eingriff in bedeutende Grundrechte, wie Freizügigkeit und Unverletzlichkeit der Wohnung etc., abdecken will. - Das war die polizeirechtliche Seite.
Zur Notwendigkeit flankierender Maßnahmen. Bei unterschiedlichen Anlässen ist betont worden - die Expertinnen und Experten haben es in der Anhörung ebenso bestätigt -, dass wir eine ganze Interventionskette benötigen, wenn wir Frauen und Kinder wirklich vor häuslicher Gewalt und den Folgen der Gewalt schützen wollen. Das heißt, wir benötigen eine Beratungsinfrastruktur für Frauen, wenn die polizeiliche Intervention nicht ins Leere laufen soll bzw. die Wegweisung nicht zu einer zusätzlichen Gefährdung für die Frauen führen soll.
Der von Ihnen vorgelegte Gesetzentwurf ist nicht nur wegen inhaltlicher Mängel - ein Stichwort ist die unzureichende Siebentagefrist -, sondern auch wegen der fehlenden Einbettung in das Gesamtkonzept abzulehnen. Seine In-Kraft-Setzung zum jetzigen Zeitpunkt wäre fahrlässig.
Die vorliegende Beschlussempfehlung des Gleichstellungsausschusses hingegen ist ausdrücklich zu begrüßen. Sie unterstützt die Auffassung, dass es bei der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen eines umfassenden Gesamtkonzepts bedarf, um einen nachhaltigen Erfolg zu erzielen. Das schließt die Wegweisung aus der Wohnung ein.
Die vorliegende Beschlussempfehlung nimmt unter anderem, aber nicht ausschließlich die strukturelle Gewalt gegen Frauen im Allgemeinen ins Visier, sowie darüber hinaus, wie auch im Landesprogramm dargelegt, Gewalt gegen spezielle Gruppen von Frauen, die nicht nur auf
grund ihres weiblichen Geschlechts der Gewalt ausgesetzt sind, sondern auch aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe. Im Einzelnen handelt es sich zum Beispiel um ältere Frauen, um Frauen und Mädchen mit Behinderungen, um ausländische Frauen und um Frauen aus gleichgeschlechtlichen Beziehungen.
Mit der vorliegenden Beschlussempfehlung des Gleichstellungsausschusses wird diesem Anliegen Rechnung getragen. Deshalb bitte ich, beiden vorliegenden Beschlussempfehlungen zuzustimmen. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur kurz etwas sagen. In der Einbringungsrede ist erläutert worden, worum es geht.
Ich bin froh darüber, dass die Landesregierung eingesehen hat - „sich breitschlagen lassen“ klingt etwas seltsam -, dass in diesem Bereich weiterhin Bedarf besteht. Ich kann mich auch daran erinnern, dass die Berufsbetreuer, als das Berufsvormündervergütungsgesetz geschaffen wurde, zumindest die, die mir bekannt sind, sehr froh waren, dass - auch auf Betreiben unserer Landesregierung hin - diese Ermächtigungsmöglichkeit überhaupt in das Gesetz hineingekommen ist.
Ich bin auch froh darüber, dass wir dem jetzt zustimmen können. Die genannten Zahlen weichen etwas von den mir vorliegenden ab, aber die Größenordnung stimmt zumindest. Wenn die Landesregierung die Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2002 verlängert, dann gibt es immerhin noch drei Prüfungsmöglichkeiten, die die Berufsbetreuer wahrnehmen können.
Es hängt auch nicht damit zusammen, dass sie faul sind, sondern es hing unter anderem damit zusammen, dass
die Verordnung erst sehr spät kam und eine notwendige Qualifizierung oder Vorbereitung auf die Prüfung gewissermaßen ins Blaue hinein kam und niemand - auch nicht diejenigen, die die Schulungen durchführen sollten -, wusste, worum es überhaupt geht.
Wir stimmen dem Antrag zu. Ich habe mit Herrn Remmers gesprochen und möchte in seinem Namen mitteilen, dass auch die CDU diesem Antrag zustimmt.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Über die schwierige rechtliche Lage bezüglich dieser Problematik ist schon eine ganze Menge gesprochen worden. Seit dem 1. Juli 1977 gilt im Westen für alle Ehescheidungen das Prinzip des Versorgungsausgleiches. Es ist vorhin schon gesagt worden, dass damit auch eine Absicherung der Frauen, die sich dort der Familie gewidmet haben, gewährleistet ist. Leider ist diese Regelung bei uns erst im Jahr 1992 eingeführt worden.
Ich muss für diese genannten ca. 800 000 Frauen, von denen ca. 400 000 Frauen weniger als 1 000 DM Rente bekommen, sagen, dass sie sich auch im Einigungsvertrag vergessen fühlen. Dort hat es aber die erste Chance gegeben, eine Regelung für diese Frauen zu finden. Ich muss darauf leider hinweisen.
Herr Bergner, ich glaube Ihnen gerne, dass sie in Regierungszeiten von CDU und FDP versucht haben, Regelungen für diese Frauen zu finden. Die erste Chance dazu war, glaube ich, im Einigungsvertrag. Ich glaube den Frauen. Ich denke, wir reden hierbei alle von dem gleichen Artikel,
den wir der Diskussion zugrunde legen, und darüber, dass sich die Frauen auch heute noch vernachlässigt fühlen.
Ich muss aber in diesem Zusammenhang erwähnen - die Ministerin sprach bereits über das zu erwartende Gesetz -, dass ich über das Gesetz eigentlich sehr froh bin; denn es ist das erste Mal, dass Rentnerinnen und Rentner, deren Auskommen zum Leben nicht ausreicht, nicht zum Sozialamt gehen müssen. Ich wäre sehr froh darüber, wenn mit dem Gesetz erreicht würde, dass das von den Rentenstellen übernommen wird. Ich bin auch sehr froh darüber, dass die Einkommen der Kinder nicht mehr herangezogen werden. Wir haben schon in der letzten Debatte über diese Problematik geredet.
Ich muss aber auch der Aussage zustimmen, dass die gesamte Problematik - ich werde darauf nicht noch weiter eingehen - juristisch für die Frauen, die vor 1977 geschieden sind, also für die so genannten altgeschiedenen Frauen, für die es ja weder die Altgeschiedenenrente noch den Versorgungsausgleich gibt, wirklich sehr kompliziert ist. Ich muss unterstreichen, dass ich in dieser Hinsicht auch verfassungsrechtliche Bedenken habe, weil es auch ein Eingriff in das grundrechtlich geschützte Eigentum der Männer ist. Es geht hier nicht nur darum, den Frauen zu helfen, sondern auch darum, dass die
Männer einen Anspruch auf das haben, was sie besitzen.
Herr Dr. Bergner, es gibt einen Punkt, bei dem ich nicht ganz mit Ihnen übereinstimme. Sie sprachen immer von einem Versorgungsrecht, das mit dem Gesetz für Geschiedene größer ist. Vielleicht habe ich Sie auch nur falsch verstanden; ich weiß es nicht.
Sie sprachen davon, dass mit dem Gesetz die staatliche Rente der Geschiedenen aufgewertet werden soll gegenüber den nicht Geschiedenen.
Wir wollen mit dem Gesetz nichts aufwerten und schon gar nicht die Geschiedenen höher stellen als die anderen. Vielmehr sollen die Frauen und die Männer einfach nur menschenwürdig leben können. Ich denke, vielleicht wird mit diesem neuen Versorgungsgesetz, das verabschiedet werden soll, in dieser Hinsicht ein Schritt vorwärts gemacht.
Die rechtliche Problematik ist wahnsinnig schwierig, aber ich bin trotzdem allein aus sozialen Gründen der Meinung, dass eine Lösung für diese Frauen gefunden werden muss.
Das Beispiel, das Frau Dirlich angeführt hat, ist mir auch bekannt. Ich denke, wir kennen alle eine ganze Menge solcher Einzelbeispiele. Ich glaube nicht, dass wir das Problem heute im Rahmen einer Fünfminutendebatte ausdiskutieren können. Darum stimme ich einer Überweisung in die Ausschüsse zu.
Ich möchte aber eine Erweiterung zu dem Antrag auf Überweisung bringen. Die PDS-Fraktion hat bereits eine Überweisung in den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales verlangt. Ich möchte aber auch eine Überweisung in den Gleichstellungsausschuss beantragen, da es sich in diesem Fall hauptsächlich um Frauen handelt. Der federführende Ausschuss soll, wenn beide Fraktionen, CDU und PDS, das so wollen, der Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales bleiben. - Ich danke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Thema häusliche Gewalt, Gewalt im sozialen Nahraum, Gewalt gegen Frauen ist nicht zum ersten Mal Thema in diesem Hohen Hause. Leider ist es immer noch aktuell.
Statistisch gesehen wird jede siebente Frau Gewaltopfer ihres Partners. Die betroffenen Frauen müssen mit den Gewalterfahrungen umgehen und dazu auch noch ihr gewohntes Umfeld verlassen, während der Täter in der gemeinsamen Wohnung verbleibt.
Ein richtiger und wichtiger Schritt, das zu ändern, ist der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Verbesserung des zivilrechtlichen Schutzes bei Gewalttaten. Eine Beschränkung auf den zivilrechtlichen Schutz allein reicht aber nicht aus. Notwendig sind polizeiliche Maßnahmen, die den von Gewalt betroffenen Frauen kurzfristig helfen.
Österreich ist diesen Weg gegangen. Dort gibt es seit 1997 das Gesetz zum Schutz vor Gewalt im sozialen Nahraum. Dort hat eine von Gewalt bedrohte Person die Möglichkeit, einen Menschen, von dem die Gefahr eines Angriffs auf ihr Leben, auf ihre Gesundheit oder auf ihre
Freiheit ausgeht, polizeilich aus der Wohnung weisen bzw. ihm das Betreten der Wohnung verbieten zu lassen.
Auch in Sachsen-Anhalt geht es darum, zur Bekämpfung von häuslicher Gewalt und opferorientierter Problemlösung auf verschiedenen Ebenen aktiv zu werden. Neben der akuten Krisenintervention durch die Polizei geht es um schnellen gerichtlichen Schutz und um gezielte Opferberatung durch öffentliche und private Einrichtungen.
Alle Maßnahmen zum Schutz der Opfer durchbrechen nicht die Gewaltkette. Der Täter muss erkennen, dass körperliche und seelische Gewalt nicht eine interne Angelegenheit ist, sondern dass er vielmehr eine Straftat begangen hat. Auch Täter müssen beraten werden; denn sie müssen erkennen, dass ihr Verhalten zu ändern ist.
Deswegen ist es sinnvoll, dem Täter auf der Grundlage der Regelung der vorläufigen Einstellung des Strafverfahrens nach § 153 a der Strafprozessordnung eine Beratungsauflage zu erteilen. Es ist notwendig, dass in der Praxis von der Möglichkeit der Beratungsauflage verstärkt Gebrauch gemacht wird. Außerdem bietet eine derartige Anordnung für den Täter die Chance, mit professioneller Hilfe einen Weg aus der Gewaltspirale zu finden.
Wir haben in Sachsen-Anhalt bereits die Beratungsstelle „Pro Mann“, die eine sehr erfolgreiche Arbeit leistet.
In anderen Bundesländern gibt es bereits Programme und Modelle zum Schutz vor häuslicher Gewalt, so in Mecklenburg-Vorpommern und in Baden-Württemberg. Ich begrüße sehr, dass es auch im Land Sachsen-Anhalt ein Programm zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen geben soll.
In Baden-Württemberg laufen seit dem 1. Juni 2000 in Zusammenarbeit mit dem Städte- und Gemeindetag, mit dem Innen-, dem Justiz- sowie dem Sozialministerium und den Beratungsstellen in über 40 Städten Modellversuche, um das so genannte österreichische Modell zu übernehmen. Dabei ist eine enge Zusammenarbeit mit der Ortspolizei vonnöten, um Platzverweise zu überwachen.
Eine enge Zusammenarbeit mit Beratungs- und Hilfseinrichtungen ist wichtiger Bestandteil der Modellversuche. Es wurden Schulungsunterlagen und Handreichungen für die Polizei entwickelt. Diese geben Hilfestellungen, damit Polizeibeamte den speziellen Anforderungen an Polizeiarbeit beim Auftreten von Gewalt im sozialen Nahbereich gerecht werden können.
Wegweisungsrecht und Wohnungsverweise machen aber - das belegen erste Auswertungen in Baden-Württemberg - Frauen- und Kinderschutzhäuser nicht überflüssig. Darauf sei noch einmal ausdrücklich hingewiesen. Diese Häuser bieten weiterhin Zuflucht, wenn andere Möglichkeiten der Gewaltabwehr nicht greifen.
Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum Schutz vor häuslicher Gewalt ist getan. In verschiedenen Ministerien wird im Rahmen eines Gesamtkonzepts an strukturellen Veränderungen im Bereich der Bekämpfung von Gewalt im sozialen Nahbereich gearbeitet. Für den Bereich von Polizei und Justiz wurden bereits gezielte Aus- und Fortbildungsprogramme initiiert.
Der Antrag der SPD-Fraktion knüpft in seiner Zielstellung an den Gedanken dieses Gesamtkonzepts an. Des
halb ergeht an die Landesregierung die Aufforderung, zu prüfen, wie polizeiliche Mittel noch effektiver auszugestalten sind, wie Aus- und Fortbildungsprogramme weiterentwickelt werden können und inwieweit die Möglichkeit besteht, spezielle Interventionsstellen zu schaffen, die die von häuslicher Gewalt betroffenen Personen unterstützen und beraten. - Ich bitte darum, unserem Antrag zuzustimmen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meines Erachtens haben die Fraktionen im Prinzip Zustimmung zu unserem Antrag signalisiert. Es ist auch nicht verkehrt, öfter darüber zu reden.
Das Einzige, wo wir ein bisschen auseinander liegen, ist: Wir haben um eine Direktabstimmung über den Antrag gebeten; denn es ist ein Prüfauftrag an die Landesregierung. Die CDU hat die Ausschussüberweisung beantragt. Ich bin weiterhin dafür, dass wir über diesen Antrag direkt abstimmen, und bitte Sie, dem zuzustimmen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Lebenspartnerschaft ist eine gegenseitige Einstehens- und Ver
antwortungsgemeinschaft. Das Europäische Parlament hat bereits am 8. Februar 1994 eine Entschließung angenommen, nach der die ungleiche Behandlung von Personen mit gleichgeschlechtlicher Orientierung in den Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu vermeiden ist.
Wenn wir uns bei unseren europäischen Nachbarn umschauen, werden wir feststellen, dass wir bisher sehr rückschrittlich gewesen sind. Darum hoffe ich, dass das Gesetz sehr schnell durchkommt.
Zum Beispiel haben Belgien, die Niederlande und Frankreich bereits Regelungen getroffen, die ähnlich wie bei uns eine Gleichbehandlung bringen. Dänemark, Norwegen und Schweden gehen noch viel weiter. Sie gehen in ihren Vorschriften so weit, die Lebenspartnerschaft so zu behandeln, wie es bei uns hinsichtlich der Ehe üblich ist.
Das können wir bei uns nicht. Darüber ist heute schon mehrfach gesprochen worden. Es gibt ein Urteil, und wir haben ein Grundgesetz, das immer noch die Ehe und die Familie in dem heutigen Bestand sichert.
- Sie sagen „glücklicherweise“. Es kann sein. Das Gesetz ist auch dazu da.
Aber ich habe nicht verstanden - ich gehe jetzt darauf ein -, wieso das Gleichgewicht zwischen einer eingetragenen Partnerschaft und der Familie außer Kraft gesetzt wird. Warum wird die Waage verschoben? Ich denke, mit der eingetragenen Lebenspartnerschaft bekommen wir überhaupt erst einmal etwas Gleichgewicht.
Wir holen nämlich die Menschen, die bisher am Rande stehen und sich kaum trauen, ihr Anderssein zuzugeben, in die gleiche oder zumindest etwa gleiche Position. Was soll - ohne auf die einzelnen Punkte des Gesetzes einzugehen - ein Mensch machen, wenn der Partner oder die Partnerin ein Kind in die Gemeinschaft mitbringt? Wenn das Kind krank wird, kann sich der Mensch nicht darum kümmern, er darf es gar nicht.
Ich muss Ihnen zum Thema Ehe und Familie sagen, es gibt heute genügend Menschen, die die Ehe als viel zu starr ablehnen. Warum ist der Begriff „Familie“ immer mit einer Ehe verbunden? Ich war - ich sage „war“, weil meine Tochter erwachsen ist - eine allein erziehende Mutter. Ich sage ehrlich, ich habe mich mit ihr immer als eine Familie gefühlt, auch ohne verheiratet zu sein.
Ich glaube nicht, dass mit der Nichtdiskriminierung von Lesben und Schwulen der Schutz des Grundgesetzes infrage gestellt wird oder ein Rückschritt in Bezug auf den Staat und die Freiheit anderer Menschen verbunden ist.
Ich kenne sogar Lesben und Schwule, die die Partnerschaft ablehnen, weil sie wie andere junge Menschen denken, die die Ehe als zu starr ablehnen. Aber es gibt Regelungen, sodass es zum Teil nicht anders geht. Das ist das Erbschaftsrecht, das Zeugnisverweigerungsrecht, das Auskunftsrecht usw.
Ich kann nicht mehr begreifen, dass es in einige Köpfe nicht hineingeht, dass es neben der normalen Heterosexualität noch etwas anderes gibt. Liebe Kolleginnen
und Kollegen, es handelt sich hierbei nicht um eine Krankheit.
Es ist eben nur etwas anderes.
Wir müssen uns langsam damit abfinden. Ich hatte vor einigen Jahren auch noch Probleme, mit diesem Thema umzugehen. Da bin ich ganz ehrlich. Aber inzwischen kenne ich sehr viele Menschen, war auf vielen Veranstaltungen und habe mit vielen Menschen darüber diskutiert. Ich sehe das heute ganz anders, das muss ich ehrlich sagen. Diese Menschen müssen sich bisher am Rande der Gesellschaft bewegen.
Wir haben bereits darüber diskutiert. Wenn das Gesetz im Bundestag und auch im Bundesrat durchkommt, brauchen wir uns auch um binationale Partnerschaften keine Sorgen mehr zu machen, obwohl wir, Gott sei Dank, im Land Sachsen-Anhalt eine vernünftige Regelung gefunden haben, auch Dank der Kollegen des Innenausschusses.
Ich bitte Sie noch einmal, diesem Antrag zuzustimmen und von der Vorstellung abzugehen, dass die eingetragenen Lebenspartnerschaften Ehen kaputtmachen würden. Sie werden auch das Grundgesetz nicht schädigen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bereits in der Landtagssitzung am 20. Januar 2000 haben wir über einen Landesaktionsplan zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen debattiert. Bereits dort wurde erklärt, daß körperliche Gewalt in mindestens 90 % aller Fälle von Männern ausgeübt wird. Der größte Teil aller Gewalttaten gegen Frauen und Kinder findet im sozialen Nahraum statt. Jedoch ist das Thema - anders als es die Zwischenrufe nahelegen - immer noch weitgehend tabu.
Häusliche Gewalt ist keine Privatsache und keine Familienangelegenheit.
Die Öffentlichkeit, die Justiz und die Polizei müssen sensibilisiert werden. Täter häuslicher Gewalt müssen verfolgt werden und sollen mit staatlichen Sanktionen zu rechnen haben. Bereits 1997 wurde innerhalb der Frauenministerkonferenz gefordert, daß in allen Fällen häuslicher Gewalt das besondere öffentliche Interesse an einer Strafverfolgung grundsätzlich zu bejahen ist.
Erfahrungen aus dem Berliner Interventionsprogramm gegen häusliche Gewalt zeigen, daß die Verurteilungsrate bei Tätern häuslicher Gewalt äußerst gering ist. Es gibt aber nicht nur körperliche Gewalt, sondern auch seelische Gewalt innerhalb des sozialen Nahraums. Dieser Bereich ist noch schwieriger zu greifen und für Außenstehende manchmal überhaupt nicht nachzuvollziehen.
Wir haben in Sachsen-Anhalt flächendeckend 27 Frauenhäuser und geschützte Wohnungen. Das sind ca. 200 Plätze für Frauen und ca. 330 Plätze für Kinder.
Durchschnittlich 1 100 Frauen suchen pro Jahr Zuflucht in diesen Frauenhäusern. Bestandteil der Frauenhausarbeit ist die Beratungstätigkeit für Frauen. Aber leider müssen immer noch die Opfer die Wohnung verlassen, und die Täter werden nicht aus der Wohnung entfernt.
Wir haben in Magdeburg inzwischen aber auch eine Beratungsstelle für gewaltbereite Männer, die Beratungsstelle „Pro Mann“. Das ist gut und wichtig, eine Chance, die Gewaltbereitschaft einzudämmen.
Die Bundesregierung hat einen Aktionsplan zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen aufgelegt. Ein Punkt davon ist die Prävention. Diese muß bereits in der Schule ansetzen, um den Kreislauf der Gewalt über Generationen hinweg zu durchbrechen; denn Gewalt wird auch in der Familie gelernt.
Das Aktionsprogramm fordert die Vernetzung von Polizei, Justiz, Jugendamt, Beratungsstellen und Frauenhäusern; die Ministerin hat eben darauf hingewiesen. Daß diese Vernetzung äußerst notwendig ist, möchte ich Ihnen an einem Beispiel erläutern.
Trotz der heute schon genannten zentralen Weiterbildung gibt es nämlich viele Defizite. Aufgrund einer Abendveranstaltung mit der Polizei während der Aktionswoche in Merseburg zum Thema Gewalt wurde die Leiterin des Frauenhauses in das Polizeirevier Merseburg zu einer Schulungs- und Informationsreihe eingeladen. Es wurden große Mißverständnisse, auch Unkenntnis über Sinn und Zweck der Frauenhausarbeit deutlich. Für einen Teil der Polizisten war es zum Beispiel nicht nachvollziehbar, warum Frauen oft mehrmals wieder nach Hause zurückkehren, die Polizei wieder gerufen wird und die Frauen dann wieder in die Frauenhäuser gehen. Die Sensibilisierung für dieses Thema ist also äußerst dringend geboten.
Nun liegt zu dem Antrag der PDS ein Änderungsantrag der CDU vor. Wir werden diesem Änderungsantrag zustimmen. Ich bringe mündlich noch eine Erweiterung dazu ein. Ich möchte den Kreis der Ausschüsse, in denen eine Berichterstattung erfolgen soll, nämlich im Gleichstellungsausschuß und im Innenausschuß, um den Ausschuß für Recht und Verfassung erweitern, weil viele der Punkte, die hier genannt worden sind, auch in den Bereich der Justiz fallen.
Ich bitte um Zustimmung zu diesem Antrag.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß zunächst sagen, daß ich mich darüber gewundert habe, daß zu diesem Thema noch einmal eine Debatte vorgesehen wurde. Wir waren uns im Ausschuß an sich einig darüber, daß über die Ausschußempfehlung ohne Debatte abgestimmt werden sollte. Nun gut, jetzt ist es so. Ich möchte mich sehr kurz fassen, da das Thema in der 12. Sitzung bereits ausführlich debattiert worden ist.
Die Ausschußsitzungen waren schwierig genug, und ich bin froh darüber, daß wir zu einer Einigung, wie sie in der Beschlußempfehlung vorliegt, gekommen sind.
Es ist wieder darüber gesprochen worden, daß eine Regelung nicht erforderlich sei. In diesem Zusammenhang möchte ich noch einmal auf die Anhörung hinweisen, die dazu stattgefunden hat. Daß eine Regelung notwendig ist, hat gerade diese Anhörung gezeigt. Vielleicht kommt dabei die Dunkelziffer, die wir alle nicht richtig einschätzen können, die aber nach Aussagen der Verbände sehr hoch ist, mit zum Tragen.
Ich bin jedenfalls froh, daß wir diese Beschlußempfehlung erarbeiten konnten. Unsere Fraktion wird ihr selbstverständlich zustimmen, damit die Ermessensregelung vom Tisch kommt und eine Verwaltungsvorschrift erarbeitet wird.
Ich höre gern, daß die Landesregierung bereits daran arbeitet; denn es gibt einen sehr engen Terminrahmen, und ich würde schon darum bitten, daß er eingehalten wird. Leider mußten wir uns erst letztens wieder mit einem Fall befassen, den wir schon eine Weile vor uns herschieben. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich denke, es nimmt mir nach diesem Beitrag keiner übel, wenn ich darauf nicht eingehe;
denn das war zu harter Tobak. Ich will mich nicht noch anders ausdrücken.
Leider ist heute die alltägliche Gewalt gegen Frauen noch immer gang und gäbe. Deshalb bin auch ich froh, daß die Bundesregierung jetzt einen Aktionsplan zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen erstellt hat. Das ist das erstemal, daß ein Konzept für alle Ebenen der Gewaltbekämpfung in den Bereichen Prävention, Recht, Kooperation zwischen Institutionen und Projekten, Vernetzung von Hilfsangeboten, Täterarbeit, Sensibilisierung von Fachleuten und Öffentlichkeit - ich denke, das ist ganz wichtig - sowie internationale Zusammenarbeit vorgelegt wird.
In Sachsen-Anhalt gibt es seit 1991 200 Plätze für Frauen und 330 Plätze für Kinder in 27 Frauenhäusern und in Frauenschutzwohnungen. Leider, muß ich sagen, brauchen wir diese sicherlich noch sehr lange; denn nicht alle Frauen haben das Selbstbewußtsein, sich konsequent sofort von ihren Männern zu trennen.
Leider müssen sie heute noch die Wohnung verlassen. Ich warte genauso wie die Ministerin - sie hat darauf hingewiesen - auf das neue Gesetz, nach dem die Männer der Wohnung verwiesen werden.
Das ist auch ein Punkt, weshalb ich mich heute sehr kurz fasse. Dieses Programm und diese ganze Proble
matik beinhaltet so viele Punkte, daß wir, denke ich, darüber in vielen Ausschüssen sprechen sollten.
Allerdings muß ich auch eines sagen: Der vorliegende Antrag hat mich etwas erschüttert; denn er suggeriert in einigen Details - Frau Ferchland, Sie schütteln den Kopf -, daß bisher in Sachsen-Anhalt nichts getan wurde.
Ich muß auch noch einmal, wie die Ministerin, auf unser Programm hinweisen, das sehr viele Punkte davon und vor allen Dingen auch die Punkte aufgreift, über die heute, glaube ich, bisher noch nicht sehr viel gesprochen wurde.
Wir haben von häuslicher Gewalt gesprochen, einem fürchterlich großen Bereich. Wir haben auch von Gewalt in der Öffentlichkeit, auf der Straße gesprochen. Aber es wurde wenig über die Gewalt an ausländischen Frauen, an Asylbewerberinnen und darüber, welche Gründe dafür vorliegen, gesprochen. Ich bin froh, daß SachsenAnhalt ein Frauenschutzhaus für ausländische Frauen hat, zumal es sich in meinem Wohnort befindet. Es ist gut so.
Ich denke, wir müssen noch sehr viel darüber reden. Die Ministerin hat vieles von dem, was auf meinem Manuskript steht, schon vorweggenommen.
Wir brauchen auch die Polizei im Boot; denn ein neues Gesetz, mit dem Männer aus der Wohnung verbannt und eventuell Verbote zur Annäherung an die Frauen ausgesprochen werden können, nützt uns nichts, wenn die Polizei nicht dahinter steht. Deshalb beantrage ich im Namen meiner Fraktion die Überweisung dieses Antrags in die Ausschüsse für Gleichstellung, Kinder, Jugend und Sport, für Inneres, für Recht und Verfassung und wegen der Prävention auch in den Ausschuß für Bildung und Wissenschaft. Die Federführung soll dem Gleichstellungsausschuß übertragen werden. - Danke schön.