Benno Lemke

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Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die CDUMehrheit in diesem Haus wird heute eine Änderung des Thüringer Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr beschließen. Meine Fraktion wird dieser Änderung, wie bereits in der ersten Lesung angekündigt, nicht zustimmen. Die Begründung für unsere Ablehnung hatte ich in der ersten Beratung bereits gegeben. Die Ausschuss
beratung hat so, wie zu erwarten war, nicht dazu beigetragen, unsere Zweifel und Bedenken zu zerstreuen. Sie wurden eher erhärtet. Die von der Landesregierung zur Stellungnahme aufgeforderten Institutionen, wie Gemeinde- und Städtebund, Landkreistag und der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen, haben mehr oder weniger große Bedenken angemeldet. Da stimmt das nicht, was Sie gesagt haben, Frau Wackernagel, Sie hätten sich das mal durchlesen sollen, was uns in der Ausschuss-Sitzung in die Hand gegeben wurde. Ich werde mal daraus zitieren, mit Ihrer Genehmigung, Frau Präsidentin.
Verband Deutscher Verkehrsunternehmen, ich zitiere: "Unsere Einwände wurden leider bei der Änderung des Thüringer Haushaltsgesetzes 2003/2004 nicht berücksichtigt, so dass wir im Interesse einer stabilen Finanzierung von Ausgleichsleistungen für den Ausbildungsverkehr einer Änderung des Thüringer ÖPNV-Gesetzes notgedrungen zustimmen müssen." Ich zitiere aus dem Aktenvermerk des Ministeriums, als der Gemeinde- und Städtebund sich zu dieser Änderung geäußert hat. Der Gemeinde- und Städtebund sagt in diesem Telefonat, was hier als Aktenvermerk dokumentiert wurde: "In diesem Gespräch kritisierte der Vertreter des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen die vorgesehene Umverteilung der Regionalisierungsmittel für Ausgleichsleistungen gemäß § 45 a Personenbeförderungsgesetz." Auch hier gibt es Bedenken, die sind dann in dem Telefonat mit dem Hinweis, dass ja längst alles beschlossen wurde im Haushaltsgesetz und hier lediglich abzusegnen war, was als Tatsache bereits auf dem Tisch lag. Das sollte hier vom Gemeinde- und Städtebund sanktioniert werden mit dem Hinweis, wenn ihr das nicht tut, dann ist die Förderung insgesamt in Frage gestellt. Und letztendlich - Ergebnis dieses Gesprächs - erfolgte die Zustimmung genau unter diesen Prämissen. Also, Frau Wackernagel, es ist nicht ganz richtig, was Sie gesagt haben.
Wir bekommen nun diese Änderung, obwohl alle Angehörten damit Probleme haben, alle auf die Problematik verwiesen haben, dass es doch prekär wäre, diese Förderung des ÖPNV an Bundesmittel zu koppeln. Aber das interessiert diese Landesregierung nicht und die CDUFraktion wird diesem Entwurf trotzdem zustimmen. Unserem Antrag im Ausschuss, man möge doch bitte mal den Bundesgesetzgeber um eine Stellungnahme bitten und ihn fragen, ob er denn genau diese Auslegung zulässt, wie sie hier von der Landesregierung vorgenommen wird, ob man Regionalisierungsmittel denn einfach umwidmen kann, dem ist überhaupt nicht nachgekommen worden und Sie wissen auch warum. Denn wir haben uns im Ministerium kundig gemacht. Das Ministerium sagt mit Hinweis auf den Bundesrechnungshof, genau diese Auslegungen sind es, die bisher vom Bundesrechnungshof mit 18 Prozent Zweckentfremdung benannt worden sind. Durch die Thüringer Änderung werden die 18 Prozent noch erhöht. Genau das wird 2007 die Grund
lage dafür sein, wenn dieses Gesetz auf dem Prüfstand des Bundes steht, dann geht es genau um diese Prozente, um die die Mittel zweckentfremdet verwendet worden sind. Um diesen Prozentsatz wird dann gekürzt. Was machen Sie dann, Herr Minister? Ich nehme an, Sie werden mir das vielleicht in Ihrem Redebeitrag sagen, was Sie dann machen. Genau darauf weisen auch die von Ihnen aufgeforderten Institutionen Thüringens hin, genau auf diese Problematik. Was machen Sie? Sie ignorieren alles. Unsere Bedenken, dass die Kürzungen bei SPNV-Mitteln zu Stau beim SPNV insgesamt führen, Investitionsstau usw., das haben Sie als Panikmache bezeichnet und versichert, es gibt diese Einschnitte nicht. Auch hier haben wir uns selbstverständlich kundig gemacht und von der Nahverkehr Service GmbH folgende Mitteilung dazu erhalten: Durch die Kürzung wird definitiv ein 10 Millionen-Euro-Loch bei Investitionen im SPNV entstehen. Der Zustand des Netzes wird damit weiter verschlechtert. Auf Strecken wie Gotha-Leinefelde, Gera-Mehlteuer, Gera-Saalfeld wird es eine Zunahme der Langsamfahrstellen geben. Bei der Mitte-Deutschland-Schienenverbindung wird es vor dem Knoten Weimar bei Mellingen zu einer Standzeit im Regionalverkehr von 13 Minuten kommen, weil der Streckenzustand dieses notwendig macht und die Mittel für dringend notwendige Investitionen einfach fehlen. Das negieren Sie, Sie tun so, als ob trotzdem im SPNV alles in Ordnung sei. Genau deshalb, meine Damen und Herren, werden wir diesem Gesetzentwurf so nicht zustimmen. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Minister, lassen Sie mich zum Anfang auf Ihre Anhörung eingehen, die Sie haben machen lassen. Mit welcher Perspektive, mit welchen Alternativen haben Sie denn diese Anhörung machen lassen - was hatten die Anzuhörenden für eine Wahl? Entweder dem Gesetz zuzustimmen oder in Kauf zu nehmen, dass ihnen später immer weniger Leistungen erstattet werden oder gar keine mehr. Wenn Sie schon Beispiele bringen, wo das Gesetz so gehandhabt wird, dann sollten Sie genau recherchieren. In Brandenburg wird das genau so nicht gemacht. Brandenburg geht sogar noch einen Schritt weiter als Sie es hier vorhaben. In Brandenburg gibt es ein so genanntes Kommunales Entlastungsgesetz, in dem man diese Kosten den Kommunen aufs Auge drückt. Gott sei Dank sind wir hier so weit noch nicht, aber genau dahin geht Ihr Weg.
Zum Gesetzesvorhaben allgemein: Nach nur knapp zweieinhalb Jahren liegt uns erneut ein Gesetzentwurf vor, der eine erneute Änderung des Thüringer Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr zum Ziel hat. Die Begründung, Herr Minister, ist im Übrigen identisch mit der aus dem Jahr 2001, denn wieder heißt es: Mit der beabsichtigten Neuregelung des Thüringer Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr als landesrechtliche Vorschrift soll auf Bundesrecht abgestimmt werden.
Was steckt nun im Detail hinter der geplanten Änderung? Auch in diesem Punkt ähneln sich die Ausgangslagen. Ein Landesgesetz soll mit Hilfe einer mehr als abenteuerlichen Auslegung - die Auslegung, die Sie hier in Sachen Regionalisierungsgesetz machen, ist schon mehr als abenteuerlich -, auf alle Fälle legen Sie es so aus, um sich selbst von der Zahlung hoheitlicher Aufgaben zu befreien. Das, meine Damen und Herren, kann nicht die Aufgabe dieses Hauses sein, dieses auch noch im Gesetz zu zementieren.
Was hat das für Auswirkungen? Die Landesregierung verabschiedet sich zulasten des Schienenpersonennahverkehrs und auf Kosten des Bundes aus ihrer Verantwortung, den Schülerverkehr im Freistaat durch Ausgleichszahlungen an die Unternehmen zu fördern. Sie tun das, wohl wissend, dass der § 45 a im Personenbeförderungsgesetz mit dem Titel "Ausgleichspflicht" überschrieben ist - Ausgleichs
pflicht -, und er nennt auch den, der in der Verpflichtung steht, es ist das Land und nicht der Bund, Herr Minister.
Durch die geplante Änderung werden dem Schienenpersonennahverkehr erneut dringend benötigte Mittel entzogen. Der Investitionsbedarf auf Thüringer Eisenbahnstrecken ist hoch, die Sicherheit auf einigen Strecken Besorgnis erregend. Die jüngsten Unglücke sprechen eine deutliche Sprache. Alles das hindert diese Landesregierung nicht daran, weiter gierig in Richtung Bundesmittel zu greifen. Die Ergebnisse, die sich die Landesregierung durch diese Gesetzesänderung verspricht, sind andere, als sie uns glauben machen will. Nicht die Absicherung des Schülerverkehrs ist das Ziel, diese suggerierte Zielvorgabe soll nur Mittel zum Zweck sein. Die wahren Ziele sind ganz andere. Die erste Gesetzesänderung spricht da eine deutliche Sprache. Die Landesregierung hat es in ihrer damaligen Begründung verstanden, die Abgeordneten davon zu überzeugen, dass es mit der vorgesehenen Gesetzesänderung möglich sei, die Fahrpreise im straßengebundenen ÖPNV stabil zu halten. Die Umwidmung von Regionalisierungsmitteln sei dafür die geeignete und deshalb notwendige Maßnahme. Zweieinhalb Jahre nach der Änderung müssen wir feststellen, das Fahrpreisniveau konnte nicht gehalten werden. Die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel wird aufgrund von Tariferhöhungen durch viele Menschen als unattraktiv bewertet. Die Folgen sind mehr Individualverkehr und eine Verschlechterung der Verkehrssicherheit. Der Innenminister hat eine Verkehrssicherheitsbilanz des letzten Jahres vorgelegt, die Ihnen eigentlich den Schreck in die Glieder jagen müsste.
Dieses, meine Damen und Herren, sind die Ergebnisse. Das versprochene Ziel hätte dabei durchaus erreicht werden können,
aber dazu wäre es nötig und sinnvoll gewesen, wenn die Landesregierung die durch die Gesetzesänderung frei gewordenen Gelder aus den Regionalisierungsmitteln als Kofinanzierung zum Ausgleich der Betriebskostendefizite verwandt hätte. Diese Landesregierung hat die Änderung genutzt, um sich aus der Verantwortung zu stehlen und die dafür vorgesehenen Landesmittel anders einzusetzen.
Wo sind eigentlich die von der Landesregierung eingesparten Mittel geblieben? Ich will es Ihnen sagen. Sie sind in den großen Haushaltslöchern verschwunden, die diese Landesregierung mit ihrer verfehlten Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik erzeugt.
Die ungebremste Abwanderung von Thüringerinnen und Thüringern wegen fehlender Ausbildungs- und Arbeitsplätze führt dazu, dass Steuereinnahmen nicht im erhofften Umfang erzielt werden können. Ihre verfehlte Politik führt zu enormen Mindereinnahmen.
Die dadurch entstandenen Haushaltslöcher stopfen Sie über die Zweckentfremdung von Bundesmitteln. Ihre verfehlte Verkehrspolitik war und ist immer noch Schuld daran, dass die Betriebskostendefizite so hoch sind wie sie sind. Ein Nahverkehr unter Ihrer Verantwortung ist nicht so, wie Sie ihn hier gezeichnet haben. Ein Nahverkehr unter Ihrer Verantwortung ist gekennzeichnet durch Tarifsteigerungen, durch Streckenausdünnung, Streckenstilllegung, durch schlechte Vernetzung und Vertaktung, Abkopplung des ländlichen Raumes und vieles andere ließe sich noch aufzählen. Die Folge davon sind verunsicherte Fahrgäste. Sie haben mit Ihren Entscheidungen dafür gesorgt, dass die Nutzung des ÖPNV auf Schiene und Straße für die Menschen in Thüringen immer unattraktiver geworden ist. Sie sind verantwortlich für den Fahrgastschwund, und damit haben Sie es zu verantworten, dass die Unternehmen weniger Einnahmen zu registrieren haben.
Bei der uns nun vorliegenden Gesetzesänderung kommt zu den bereits genannten politischen Fehlleistungen noch eine völlig verfehlte Bildungspolitik dazu.
Durch Schulschließungen werden die Wege für Schülerinnen und Schüler immer weiter.
Damit ist ein höherer Bedarf an Ausgleichszahlungen für den Schülerverkehr die logische Folge. Ihre Reaktion auf die von Ihnen zu verantwortende Fehlentwicklung ist nicht etwa die Revidierung dieser falschen Entscheidung. Nein, Sie suchen nach Möglichkeiten, Ihre politischen Fehler durch Bundesmittel auszugleichen. Meine Damen und Herren der Landesregierung, wir werden Ihrem Gesetzentwurf nicht zustimmen.
Mit dem, was Sie uns hier vorgelegt haben, haben Sie erneut einen Beweis dafür geliefert, dass Sie politisch am Ende sind.
Ich hoffe, die Wählerinnen und Wähler haben am 13.06.2004 ein Einsehen und entlassen Sie aus der Sie überfordernden Verantwortung für dieses Land.
Und, meine Damen und Herren der CDU-Fraktion, obwohl zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu erkennen ist - aus dem Redebeitrag des Ministers auch nicht -, wie Sie diesen Gesetzentwurf noch so qualifizieren wollen, dass man ihm zustimmen kann, werden wir uns trotzdem einer Ausschussüberweisung nicht verschließen, denn die Hoffnung stirbt zum Schluss. Vielleicht kommt ja tatsächlich noch etwas Sinnvolles, Niveauvolles für das Land dabei raus. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Herr Minister und Herr Kollege Schugens, ganz so einfach kann man sich das nicht machen, wie Sie es hier versucht haben. Warum kann in einem Vertrag, in dem ich Leistung bei der Deutschen Bahn bestelle, nicht das Wort "Sicherheit" drinstehen. Ich bestelle eine Leistung, bei der es mir egal ist, ob die Sicherheit gewährleistet ist oder nicht, das glauben Sie doch wohl selber nicht.
Nein, das kann er mir nicht erklären. Dann ist es ein Makel dieses Vertrags. Im Übrigen steht dieser Vertrag sowieso - wie Sie vielleicht wissen - momentan unter einem sehr ungünstigen Stern, denn die Europäische Kommission stellt diesen Vertrag in Frage. Aber das nur am Rande.
Herr Lippmann, der Verkehrsvertrag zwischen Freistaat und DB Regio existiert, aber der existiert vielleicht für die CDU-Fraktion und - wie ich höre - auch für die SPDFraktion. Uns ist es bisher verweigert worden, ihn in die Hand zu bekommen. Deswegen kann man hier nicht davon ausgehen, dass wir den Inhalt dieses Vertrags kennen. Wir kennen ihn, aber nicht, weil diese Landesregierung es gewünscht hat, dass wir ihn kennen. Uns ist er nicht zugänglich gemacht worden.
Diese Landesregierung hat es bis jetzt immer offiziell abgelehnt, uns diesen Vertrag zur Verfügung zu stellen. Das ist der Fakt, Herr Kretschmer, und da können Sie nicht vorbei.
Zum zweiten Mal innerhalb kürzester Zeit hat es auf diesem eingleisigen Streckenabschnitt einen Unfall gegeben. Zum zweiten Mal sind Personen verunglückt. Zum zweiten Mal ist technische Ausrüstung beschädigt worden. Meine Damen und Herren, wir müssen uns dabei vor Augen halten, dass die Auswirkungen dieses Zugzusammenstoßes zwischen Holzdorf und Obergrunstedt nicht größer geworden sind wegen der zum einen äußerst geringen Fahrgastzahl und zum anderen, weil das Erkennen des Gegenzugs auf gerader Strecke, weil Licht eingeschaltet und es dunkel war, das Abbremsen auf 20 km/h ermöglicht hat. Damit ist Schlimmeres vermieden worden. Wir müssen schlechthin feststellen, dass die der Verkehrssicherheit auf dem eingleisigen Streckenabschnitt zugrunde liegenden telefonischen Meldebeziehungen und Streckenfreigaben zwischen Triebwagenführern und Fahrdienstleitern die Unfälle nicht verhindert haben. Deswegen hilft der Verweis nicht, dass die alle gut geschult sind. Es hat schlicht nicht ausgereicht, so wie es bis jetzt läuft. Hier ist ein Mangel im Regime des Betreibens dieser Strecke vorhanden. Das können wir einfach nicht wegdiskutieren und deswegen müssen wir uns hier damit befassen.
Meine Damen und Herren, wir wollen darauf hinweisen, dass es den Betroffenen der Katastrophe und allgemeinen Nutzern des SPNV nicht egal sein kann, wie die Sicherheit gewährleistet ist. Wir stimmen mit dem Standpunkt von Ihnen, Herr Minister, völlig überein, dass die Verkehrsleistungen sicherer sein müssen und dass dies der Aufgabenträger und die Fahrgäste verlangen können. Dann tun Sie es doch oder Sie hätten es besser gleich in diesen Vertrag reinschreiben sollen und wenn Sie, Herr Minister Reinholz, das zuständige Überwachungsorgan, das Eisenbahnbundesamt auffordern, die Bahn in Thüringen zum Handeln zu zwingen, dann unterstützen wir auch diese Forderung. Vor allem vor dem Hintergrund
der Haltung von DB Regio in Thüringen - für uns unfassbar - wird von der Bahn darauf hingewiesen, dass sich das Zugmeldeverfahren über Jahrzehnte bewährt hat und nach dem jetzigen Zweitunglück die Meldebestimmungen verschärft wurden. Ja und? Wir nehmen trotzdem billigend in Kauf, dass Menschen verletzt werden, dass es Tote gibt. Wenn die Bahnsprecherin ausweislich der Meldung in der TLZ vom 2. März dabei noch anfügt, dass die Bahn mit dem praktizierten Zugleitsystem kein Problem hat und es sich eben nur um eine Nebenstrecke handele, dann wird die Meinung des Dienstleisters über die Schäden von Personen gestellt und das können Sie ja wohl schlecht wollen.
Wenn die Bahn kein Problem hat, dann verkennt sie die Probleme bei den bisher 31 Verletzten und den Angehörigen der getöteten Frau. Und wenn die Bahn meint, dass auf Nebenstrecken keine ausreichende Sicherheit geschaffen werden muss, und auf die unfallfreien eingleisigen Streckenabschnitte im Schwarzatal verweist, dann ist das nach dem zweiten Unglück im Bereich Weimar völlig irrelevant.
Meine Damen und Herren, unsere Auffassung nach höherer Sicherheit im SPNV, insbesondere auf eingleisigen Streckenabschnitten, deckt sich mit der Forderung des Verkehrsministers an das Eisenbahnbundesamt. Aber, Herr Minister Reinholz, der Freistaat ist auch Vertragspartner zur DB Regio. In dem uns bis heute vorenthaltenen Vertragswerk, ich hatte das schon gesagt, werden zwar Art und Umfang sowie Qualitätsmerkmale der von der DB Region zu erbringenden Verkehrsleistung ebenso wie die nach allgemeinem Eisenbahngesetz geltenden Voraussetzungen zur Erbringung der Verkehrsleistung durch die DB Regio geregelt und die Erstellung eines monatlichen Statusberichts zur Einhaltung der Qualitätsstandards festgelegt, aber direkte Sicherheitsanforderungen durch den Besteller der Verkehrsdienstleistungen sind nicht explizit vereinbart. Das - das wiederhole ich gern ist ein Makel dieses Vertrags. Da können Sie lachen: ich denke, das Thema ist nicht zum Lachen. Deshalb, Herr Minister, sind wir der Auffassung, dass Ihr Haus neben der Einschaltung des Eisenbahnbundesamts auch gegenüber der DB Regio zur Erweiterung des Vertragstextes aktiv wird. Dabei ist nach unserer Auffassung unbedingt zu beachten, dass im Verkehrsvertrag ein Zuschuss pro von der DB Regio erbrachten Zugkilometerleistung vereinbart ist, der nicht zwischen Haupt- und Nebenstrecken unterscheidet und deutlich über den Zuschüssen an die in Thüringen ebenfalls tätigen nicht bundeseigenen Eisenbahnunternehmen liegt. Ich hatte Ihnen das gestern schon in einem anderen Redebeitrag gesagt. Deshalb, Herr Minister, sind wir der Auffassung, dass es nicht der DB Regio zugestanden werden kann, auf unterschiedliche Sicherheitsanforderungen an Haupt- und Nebenstrecken abzustellen. Für den Freistaat als Besteller einer Dienstleistung darf Sicherheit an Hauptstrecken nicht wichtiger
sein als auf Nebenstrecken. Diese beiden Unglücke weisen nachhaltig darauf hin. Deshalb fordern wir von der Landesregierung darauf Einfluss zu nehmen, dass die eingleisigen Streckenabschnitte mit Zugleitsystemen durch Fahrdienstleister gegenüber den Triebwagenführern technisch nachgerüstet werden müssen. Da gibt es schon was, Herr Minister, und Sie wissen es, ich sage nur als Stichwort "PCB-punktförmige Zugbeeinflussung". Wer auf Hauptstrecken zu schnell ist oder Signale überfährt, wird durch diese technischen Möglichkeiten zwangsweise gebremst. Diese Art der Zugbeeinflussung ist also hinlänglich erprobt und für den Einsatz freigegeben. Es muss nur eingesetzt werden auf der Strecke Weimar-Kranichfeld und gegebenenfalls im Schwarzatal, da ist nur zum Glück noch nichts passiert.
Meine Damen und Herren, wenn der DB Regio im Vertrag eingeräumt wird, dass Streckensperrungen bzw. -stilllegungen durch die DB Netz infolge unzumutbarer Infrastrukturqualität möglich sind, dann meinen wir, dass es im Ergebnis zweier Unfälle - einer Toten und 31 Verletzter - allemal rechtens ist, dass der Freistaat die Unzumutbarkeit der Sicherheitsmaßnahmen feststellt und Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit durch technische Nachrüstung einfordert. Da Schulung und Training nach dem ersten Unfallgeschehen nicht den zweiten Unfall vermieden haben, sind wir der Auffassung, dass im Interesse der Fahrgäste und des Images der DB Regio bis zur Nachrüstung der Strecke Schienenersatzverkehr einzufordern ist, dies jedoch zeitlich sehr stark befristet. Selbst die Einführung des so abfälligig in Beschimpfungstelefonaten an unsere Fraktion genannten russischen Signalsystems, Übergabe eines Stocks oder eines Teddybären - Sie lächeln, es ist ja vielleicht ein bisschen lächerlich -, aber selbst das ist noch sicherer als das jetzige System. Denn damit wäre die Sicherheit deutlich über dem momentan vorhandenen Status quo, wie die beiden Unfälle zeigen, allemal sicherer als die momentan existierende telefonische Verbindung.
Sehr deutlich will ich an dieser Stelle sagen, bevor mir das wieder aus der Mitte des Hauses vorgeworfen wird: Ich und meine Fraktion haben große Hochachtung
vor der Leistung der Beschäftigten der Deutschen Bahn, egal ob es Fahrzeugführer, Zugbegleiter, Fahrkartenverkäufer oder Servicekräfte sind. Es sind die Menschen, die täglich tausende Fahrgäste sicher an das Ziel bringen und freundlich begleiten. Sie sind es aber auch, die auf dem Weg zum Börsengang der Deutschen Bahn die erhöhten Lasten infolge des Personalabbaus zu tragen und die psychologischen Folgen solcher Unfälle zu verarbeiten haben. Um Ihnen deutlich zu machen, was Personalabbau konkret für die betroffenen Relationen bedeutet, will ich Ihnen hier nur sagen, dass es teilweise dazu kommt, dass der Zugführer verpflichtet wird, auch noch Fahrkarten zu verkaufen, weil diese Züge nicht so ausgerüstet sind,
wie Sie es sagen. Ich finde es deshalb fatal, wenn bei solchen Unfällen oft sehr schnell und lapidar festgestellt wird, es handelt sich um menschliches Versagen. Da hat man sehr schnell Schuldige und die lässt man mit der ihnen angedichteten Schuld allein. Den wahren Ursachen wird dann nur noch unzureichend nachgegangen und irgendwann wird es dann unter den Tisch gekehrt.
Sie wissen das, Herr Wunderlich. Erzählen Sie das mal den Betroffenen, dass Sie das alles für Unsinn halten.
Meine Damen und Herren, ich selbst habe an dieser Stelle in der 2. Legislaturperiode über Qualität, Pünktlichkeit, Tarifentwicklung und Personalabbau gesprochen. Die Landesregierung und die Mehrzahl der Abgeordneten ist meinen namens der Fraktion vorgetragenen Vorschlägen und Forderungen allerdings nicht nachgekommen. Nehmen Sie bitte heute nach einem zweiten Zusammenstoß zweier Nahverkehrszüge mit einer Toten und weiteren Verletzten unseren Antrag so ernst, dass Sie ihn bestätigen. Er leistet einen eigenständigen Beitrag des Freistaats als Aufgabenträger und Besteller gegenüber der Deutschen Bahn Regio und nimmt eine weitere Last von den auf eingleisigen Strecken eingesetzten Deutsche-Bahn-Bediensteten. Er stärkt das Vertrauen der Fahrgäste in die Handlungsfähigkeit von Parlament und Regierung und vor allem in die Sicherheit des SPNV. Da gebe ich Ihnen Recht, Herr Kollege Lippmann, der SPNV wie auch der übrige ÖPNV sind allemal sicherer als andere Verkehrsmittel. Das ist völlig unbestritten. Dass das möglichst weiter so bleibt, dafür sollten wir hier die entsprechenden Zeichen setzen. Deshalb bitte ich Sie nochmals anhand der aufgezählten Gründe, diesem Antrag zuzustimmen. Vielen Dank.
Herr Minister, können Sie mir die Gründe dafür nennen, warum CDU-Fraktion und SPD-Fraktion diesen Vertrag erhalten haben und die PDS-Fraktion nicht?
Der Kollege Lippmann, wenn Sie zugehört haben, was Sie mir unterstellt haben, ich hätte nicht zugehört, wenn Sie zugehört haben bei der Rede des Kollegen Lippmann, hätten Sie gehört, dass er gesagt hat: im DB-Vertrag, der uns allen vorgelegen hat - uns nicht.
Sie haben sich auf den Vertrag bezogen, Herr Lippmann.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Herr Minister, vielen Dank, dass Sie einen Sofortbericht abgeliefert haben. Selbstverständlich kann man nicht auf alle Zahlen und Fakten, die Sie hier genannt haben, sofort
reagieren, deswegen würde ich zum Schluss gern beantragen, dass wir es uns im Ausschuss noch mal gemeinsam anschauen, denn da gibt es sicherlich einige Punkte, die diskutabel sind. Nichtsdestotrotz möchte ich trotzdem einige Ausführungen machen: Seit In-Kraft-Treten des Regionalisierungsgesetzes am 1. Januar 1996 liegt die Aufgaben- und Finanzverantwortung für den Schienenpersonennahverkehr bei den Ländern. Die Umsetzung der Regionalisierung erfolgt durch die Gesetze der Bundesländer. In dem Gesetz ist die Aufgabenträgerschaft genauso geregelt wie die Zusammenarbeit zwischen den Aufgabenträgern, die Finanzierung bzw. die Verwendung der Regionalisierungsmittel nach dem schon erwähnten Regionalisierungsgesetz sowie die Planung und Koordinierung des Nahverkehrs. Mit In-Kraft-Treten des Ersten Gesetzes zur Änderung des Regionalisierungsgesetztes am 1. Juli 2002 wurden die im Regionalisierungsgesetz verankerten Aufträge zur Revision umgesetzt. Im Ergebnis dessen sollten die Länder vom Bund bis zum Jahr 2007 jährlich um 1,5 Prozent steigende Mittelzuweisungen erhalten. Sie hatten es erwähnt. Das Grundangebot im Schienenpersonennahverkehr der Länder sollte damit gesichert und die Qualität der Leistungen erhöht werden. Die Verwendung der Mittel ist auf Ausgaben bestimmter Titel begrenzt. Der § 7 Regionalisierungsgesetz legt fest, dass die Mittel insbesondere für die Bestellung von Nahverkehrsleistungen im Schienenpersonennahverkehr zu verwenden sind, aber auch im investiven Bereich des übrigen ÖPNV eingesetzt werden können. Diese Novellierung des Gesetzes sicherte Bund und Ländern Planungssicherheit für einen Zeitraum von fünf Jahren. Im Jahr 2008 ist eine erneute Prüfung bzw. eine erneute Novellierung geplant. Kurze Zeit vor In-Kraft-Treten der Novelle änderte der Thüringer Landtag sein ÖPNV-Gesetz. Der zu diesem Zeitpunkt zuständige Minister begründete die geplante Änderung folgendermaßen - ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis: "Nach der derzeitig noch gültigen Fassung des Thüringer ÖPNV-Gesetzes ist vorgesehen, dass die zur Verfügung stehenden Regionalisierungsmittel ausschließlich für die Bestellung, Planung, Organisation des SPNV sowie für Investitionen im ÖPNV zu verwenden sind. Das Bundesrecht lässt neben der Finanzierung des SPNV auch die Finanzierung des allgemeinen ÖPNV aus Regionalisierungsmitteln zu, soweit nicht durch den Mitteleinsatz für den allgemeinen ÖPNV das Verkehrsangebot im SPNV beeinträchtigt wird." Die geplante Änderung sollte dem Land die Möglichkeit eröffnen, Regionalisierungsmittel auch zur Deckung von Betriebskostendefiziten zu nutzen. Die von allen Fraktionen beschlossene Änderung ist aus heutiger Sicht mindestens zu hinterfragen. Der Kollege Lippmann hegte zwar in der 52. Sitzung am 9. November Zweifel daran, ob es denn legitim sei, den allgemeinen ÖPNV aus Regionalisierungsmitteln zu finanzieren und damit den Landeshaushalt zulasten des Bundes und zulasten der Schiene zu entlasten. Ich bin der Meinung, er wäre besser bei seinen Zweifeln geblieben und meine Fraktion hätte sich diesen angeschlossen. Aber es war schon sehr verlockend, einer Regelung zuzustimmen, die nach ihrer Umsetzung stabile Tarife im ÖPNV, effizientere Abstimmungen zwischen
den Aufgabenträgern mit dem Ergebnis verbesserter Leistungsangebote und mehr Qualität und Quantität versprochen hat. Die genannten Zielstellungen waren es wert, der geplanten Änderung zuzustimmen und die Umsetzung anzugehen. Wie wir jedoch heute wissen, konnten die Zielstellungen nicht erreicht werden. Es drängt sich folgerichtig die Frage auf, hat der SPNV durch den Mittelentzug nicht insgesamt Schaden genommen? Viele Investitionen konnten nicht begonnen werden. Bestimmte Strecken stehen aufgrund gravierender Mängel zur Disposition. Beispielhaft zu nennen wären: Kyffhäuser-Bahn, Pfefferminzbahn. Auf anderen Strecken haben wir Langsamfahrstellen. Bei der Erschaffung neuer Bahnübergänge stecken wir im Stau - alles Beispiele dafür, dass eigentlich aus den Regionalisierungsmitteln kein einziger Euro für andere Zwecke entbehrlich ist. Und, der Minister hat es angekündigt, demnächst steht uns wieder eine Gesetzesänderung ins Haus. Der Schülerverkehr soll aus Regionalisierungsmitteln bezahlt werden. Der Umgang des Freistaats mit den vom Bund zur Verfügung gestellten Regionalisierungsmitteln ist weder als innovativ, zukunftsorientiert noch als zielführend zu bezeichnen.
Das Land Thüringen zählt zur Minderheit der Bundesländer, welche weiterhin einen Globalvertrag mit der Deutschen Bahn abgeschlossen hat. Andere Bundesländer haben klare Wettbewerbskonzepte und eindeutige Wettbewerbsstrategien beschlossen. In Schleswig-Holstein beispielsweise sind inzwischen 25 Prozent der Bestellungen ausgeschrieben und bis 2011 sollen stufenweise sämtliche Zugleistungen ausgeschrieben werden. In Thüringen sind wir bis 2011 vertraglich an die DB gebunden. Abbestellungen sind laut Vertrag bis maximal 5 Prozent im Jahr möglich. Wettbewerb, meine Damen und Herren der CDU, von Ihnen zu allen passenden und oftmals auch unpassenden Gelegenheiten gefordert, den haben Sie im Thüringer SPNV bis Ende 2011 de facto ausgeschlossen. Dabei führt der Wettbewerbsdruck gerade im Schienenverkehr zu sehr innovativen und effizienten Lösungen. Die bundesweiten Erfahrungswerte sagen aus, dass Kostenreduzierungen für die Besteller von rund 20 Prozent möglich sind gegenüber den ursprünglichen Bestellkosten bei der Deutschen Bahn. Trotz des niedrigen Preises ist das Angebot qualitativ meist erheblich besser. Neue Fahrzeuge kommen zum Einsatz, positive Beispiele haben wir in Thüringen: Erfurter Industriebahn und Südthüringen-Bahn Leuchttürme im tristen Thüringer Bahnalltag. Die Lobbypolitik der Landesregierung zugunsten der Deutschen Bahn AG wird besonders deutlich, wenn man die Zuschüsse pro Zugkilometer vergleicht. Bei gleichen Leistungsangeboten mit gleichen Standards betragen sie in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein 5 bis 7  in Brandenburg 8,5 bis 9  +ringen jedoch 9,7  Damit nicht genug, denn der Vertrag zwischen Freistaat und Deutscher Bahn Regio sieht eine jährliche Dynamisierung der Zuschüsse vor - der Minister hat es auch angekündigt, dieses Jahr fallen sie aus -, die mindestens in
Höhe der Inflationsrate liegen muss. Die wenigen anderen Unternehmen wie z.B. Erfurter Industriebahn und Südthüringen-Bahn bekommen einen weitaus geringeren Zuschuss pro Zugkilometer.
Meine Damen und Herren, wie Sie unschwer erkennen können, geht Thüringen sehr großzügig mit den Regionalisierungsmitteln um. Dieses geht vor allem zu Lasten des Leistungsumfangs und der Qualität. Beides ließe sich bei mehr Wettbewerb deutlich verbessern. Und nun, meine Damen und Herren, kamen im Rahmen der so genannten Reformvorhaben des Bundes auch die Regionalisierungsmittel in den großen Topf der Verhandlungsmasse. Sie kamen dabei jedoch nicht nur auf den Prüfstand, nein, sie kamen auch noch ins Gerede. Der Bundesrechnungshof hatte nämlich moniert, das etwa 18 Prozent der Regionalisierungsmittel zweckentfremdet verwendet worden sind. Ich habe in den Ausführungen des Ministers dazu überhaupt nichts gehört. Die fast logische Schlussfolgerung bei der angespannten Haushaltslage war, die Regionalisierungsmittel um eben diese 18 Prozent zu kürzen. Glücklicherweise scheint das momentan vom Tisch zu sein. In diesem Zusammenhang erinnere ich noch einmal daran, dass die Änderung des Thüringer ÖPNV-Gesetzes damit begründet wurde, dass im Regionalisierungsgesetz steht "... insbesondere für die Bestellung von Nahverkehrsleistungen im SPNV zu verwenden." Die Thüringer Landesregierung hat daraus abgeleitet, dass auch andere Optionen zugunsten des Landes möglich sind. Möglicherweise ist Thüringen durch diese Auslegung unter denen, die Regionalisierungsmittel zweckentfremdet haben. Herr Minister, darauf müssen Sie, denke ich, noch Antworten geben. Die Thüringer Auslegung des Gesetzestextes könnte möglicherweise mit den Intentionen des Gesetzgebers nicht übereinstimmen. Alles Spekulationen, könnte man meinen, aber was, wenn sie zutreffen? Rückzahlungen oder andere Sanktionen wären eventuell denkbar.
Aber zurück zu den harten Fakten: Realität ist, seit dem 19. Dezember 2003 gibt es den Beschluss des Bundesrates und des Bundestages, dass die Regionalisierungsmittel für 2004 einmalig, wie es heißt, um 2 Prozent gekürzt werden. Aber eigentlich sind es ja 3,5 Prozent, auch darauf haben Sie hingewiesen, denn die jährliche Steigerung um 1,5 Prozent ist ja gleich mit weggefallen. Wie nun mit den Kürzungen umgehen? Wo muss der Rotstift angesetzt werden? Sie haben es angedeutet. Der Schienenpersonennahverkehr, der schon jetzt darunter zu leiden hat, dass durch Mindereinnahmen des Bundes viele geplante Investitionen ins Schienennetz auf Eis gelegt werden mussten, darf nicht noch mehr an Attraktvität verlieren. Es gibt viel zu beraten und zu diskutieren, um das zu verhindern. Deshalb beantrage ich namens meiner Fraktion die Überweisung an den Ausschuss Wirtschaft, Arbeit und Infrastruktur. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, beim Unfall im Landkreis Gotha ließ ein 19-Jähriger sein Leben. Insgesamt kam es am Wochenende auf Thüringens Straßen zu 217 Unfällen. So lautete eine Mitteilung in der Rubrik "Kurz und Knapp" in der "Thüringer Allgemeinen" am letzten Montag. Mitteilungen, wie sie an jedem Montag zur Kenntnis gegeben werden, zur Kenntnis genommen werden und dann wird zur Tagesordnung übergegangen, dem vielleicht - vielleicht - noch ein bedauerndes Kopfschütteln vorausgegangen war. 294 Menschen verloren im Jahr 2003 auf Thüringer Straßen ihr Leben. Das sind 29 mehr als ein Jahr zuvor, ein Anstieg um 10,9 Prozent. In keinem anderen Bundesland, die Stadtstaaten ausgenommen, ist eine schlechtere Entwicklung zu verzeichnen. Der Rückgang der Anzahl der Unfälle um 5,7 Prozent im gleichen Zeitraum macht deutlich, dass die Schwere der Unfälle deutlich zugenommen hat. Wir haben es in Thüringen mit einem Anstieg bei schwereren Verkehrsunfällen um mehr als 12 Prozent zu tun. Die Anzahl der Menschen, die bei Unfällen ihr Leben lassen mussten, bei denen Alkohol im Spiel war, stieg um 7 Prozent.
Meine Damen und Herren, diese Zahlen sprechen eine sehr deutliche Sprache und hinter ihnen verbirgt sich viel Schmerz und Leid. Die Landesregierung ist aufgefordert, dieser Entwicklung endlich mit Entschiedenheit entgegenzuwirken. Geeignete Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit und zur Senkung des Unfallgeschehens sind gefragt. Verkehrssicherheit muss als Problem der ganzen Gesellschaft verstanden werden. Mutige Neuregelungen oder die Wiedereinführung bereits früher einmal geltender Normen sind nötig. Die Landesregierung sollte sich der Ernsthaftigkeit dieses Problems endlich bewusst werden und die notwendigen Initiativen ergreifen. Es reicht nicht aus, die Lösung dieses Problems auf die Schultern einiger Verkehrsspezialisten oder auf die Polizei zu verlagern. Neue Regelungen des Straßenverkehrsrechts sind gefragt. Dabei muss man nichts Neues erfinden, denn es gibt eine Fülle von Erfahrungen, die in anderen Ländern zu positiven Ergebnissen geführt haben. Aus meiner Sicht gehören
mindestens die nachfolgend genannten dazu:
1. Weg mit der Alkoholtoleranz. 0,0 Promille müssen zum Gesetz werden. In allen Ländern, in denen diese Regelung gilt, ist die Anzahl der Verkehrsunfälle, bei denen Alkohol im Spiel war, deutlich unter der Zahl, die in Deutschland verursacht werden. Bei dem negativen Trend würde ein Vorstoß im Bundesrat Thüringen gut zu Gesicht stehen. Auf meine Kleine Anfrage antwortete der zuständige Minister in Drucksache 3/3939 sinngemäß: Die Promillegrenze ist Empfehlung der Europäischen Kommission und Fahren unter Alkohol kommt nur bei jungen Männern, regelmäßig Trinkenden und Gelegenheitstrinkern vor. Weil das so ist, brauchen wir keine neuen Regelungen.
Herr Minister, es ist - wie Sie selber feststellen - eine Empfehlung der Kommission. Nichts verbietet der Bundesrepublik, unter der Empfehlung zu bleiben, so wie andere Länder es bereits praktizieren. Der Beschreibung der aus Ihrer Sicht infrage kommenden Tätergruppe ist fast nichts hinzuzufügen, außer der Tatsache, dass es im realen Leben bei diesem Delikt leider mit der Gleichberechtigung besser bestellt ist als in anderen Bereichen, wo es mehr gewünscht wäre.
2. Schluss mit der ungehinderten Raserei. 130 km/h auf der Autobahn und 80 km/h auf Landstraßen sind genug. Jede Geschwindigkeitskontrolle ist willkommen, da sie hilft Leben zu schützen. In diesem Falle immer wieder von Abzockerei zu sprechen, halte ich für völlig falsch. Da ja nur der mit Bestrafung rechnen muss, der sich nicht den Regeln und Normen entsprechend verhält.
3. Mehr Sicherheit durch Sichtbarkeit. Das Fahren mit Licht am Tage sollte zur Regel werden. Der Minister antwortete auf meine diesbezügliche Frage in o.g. Drucksache wie folgt: "Die Einführung einer generellen Lichtpflicht für alle Kraftfahrzeuge wird nach jetzigem Stand der Erkenntnisse nicht befürwortet." Weiter sagt er sinngemäß, eine abschließende Beurteilung ist erst nach Vorlage wissenschaftlicher Erkenntnisse möglich.
Herr Minister Reinholz, wie viele Erkenntnisse benötigen Sie denn, um handeln zu können? Ihre Kollegen in der Europäischen Verkehrsministerkonferenz stellen nach der Auswertung von 24 Tagesfahrlichtstudien fest, dass durch das Einschalten des Fahrlichts auch am Tage jährlich 2 Mio. Verkehrsunfälle mit 155.000 Verletzten und 5.500 Toten und Folgekosten in Höhe von rund 5 Mrd.  vermieden werden können.
Ich frage mich, ob diese großen Zahlen Sie überfordern oder ob Sie die Brisanz, die hinter den Zahlen steht, nicht erfassen. In beiden Fällen sollten Sie diese Aufgabe dann
besser anderen überlassen. Aber ich will Ihnen noch mehr gesicherte Daten zukommen lassen. In neun europäischen Ländern ist Fahren mit Licht am Tage Pflicht. In drei weiteren ist es zu bestimmten Jahreszeiten Pflicht. In Niedersachsen, wo bekanntlich die CDU die Regierung stellt, sind alle Fahrzeuge von Landesbehörden auch am Tage mit Licht unterwegs, weil man dort die Richtigkeit dieses Mittels als Beitrag zur Erhöhung der Verkehrssicherheit erkannt hat und danach handelt. In Thüringen passiert nichts.
Thüringen braucht ein Verkehrssicherheitsprogramm
und da bringt es auch nichts, wenn wir einen Antrag der CDU mit Drucksache 3/1935 hier im Landtag behandelt haben, der appellarischen Charakter hatte, aber im Grunde nichts, aber auch gar nichts für die Zukunft und schon gar nichts Nachhaltiges für mehr Sicherheit auf Thüringens Straßen bewirkt. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich werde es wie der Kollege Lippmann halten, aber erst zum Schluss allgemein was zu diesem Thema sagen. Ich möchte erst einmal sagen: Ich hatte eigentlich damit gerechnet, dass die CDU-Fraktion das Thema zurückzieht, denn, meine Damen und Herren, ich darf doch sicher davon ausgehen, dass Ihnen ebenso wie mir und meiner Fraktion bekannt ist, dass im Ergebnis der Verhandlungen am 28. und 29. Februar zwischen Bundesregierung und Toll Collect Konsortium Übereinstimmung zur Weiterführung des Projekts der satellitengestützten Mauterhebung erzielt wurde.
Und Ihrem Parteikollegen Manfred Karstens, seines Zeichens Vorsitzender des Haushaltsausschusses, ist es schon im Schreiben vom 2. März mitgeteilt worden. Ich meine, wenn wir das wissen, könnten Sie das eventuell auch wissen.
Es ist dort mitgeteilt worden, dass die Mittel freigegeben sind und damit dieses Thema eigentlich nicht mehr hier hätte behandelt werden müssen, aber ich vermute mal, Sie wollen, wie Sie das zu jeder Gelegenheit immer mal so tun, im gewohnten Kontext Rotgrün in Berlin angreifen. Oder wollen Sie weiterhin Unsicherheit über die Thüringer Entwicklung im Wahlkampfvorfeld säen, um sich dann im personalisierten Wahlkampf als Retter des Freistaats aufzuspielen? Eine andere Motivation fällt mir dazu gar nicht ein.
Die Luft ist raus, meine Damen und Herren, das Thema ist mit den Sätzen, die der Kollege Lippmann zum Schluss gebracht hat, beendet. Auswirkungen für Thüringen keine.
Aber lassen Sie mich abschließend trotzdem noch zur Maut ein paar Bemerkungen machen. Mit diesem Thema hat sich die Bundesrepublik sowohl national, aber, was noch viel schlimmer ist, auch international der Lächerlichkeit preisgegeben. Das Trauerspiel war geprägt von politischer Unfähigkeit und Dilettantismus einerseits und von Gier und grenzenloser Selbstüberschätzung andererseits. Die Akteure auf der einen Seite: Zwei Bundesminister schließen Verträge, die das Papier nicht wert sind, auf dem sie gedruckt waren, und lassen sich dann anschließend mo
natelang wie Tanzbären im Zirkus am Nasenring durch die Öffentlichkeit führen, anstatt mit klaren Entscheidungen diesem Desaster ein Ende zu bereiten. Auf der anderen Seite haben wir es mit so genannten deutschen Vorzeigeunternehmen zu tun, die sich in ihrer Gier nach einem Großauftrag dermaßen selbst überschätzen, dass sie sich anschließend an diesem dicken Brocken verschlucken. Die viel gepriesene Leistungsfähigkeit dieser Vorzeigeunternehmen wird natürlich jetzt verstärkt hinterfragt werden. Die Großmäuligkeit im Vorfeld und der Katzenjammer nach dem Debakel hat nun verständlicherweise bei der internationalen Konkurrenz für Häme gesorgt, aber jetzt scheint ja dieses Trauerspiel in den letzten Akt eingetreten zu sein, an dessen Ende dann ein abschließendes Ergebnis vorliegen soll. Wir sind sehr gespannt. Das Thema hätten Sie besser für heute wieder abgesetzt. Vielen Dank.