Jens Krumpe

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Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Herren und Damen Abgeordnete, ich beantrage gemäß § 42 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung die getrennte Abstimmung der Antragsbereiche I bis III. Dass wir mit einer Abstimmung eine Willenserklärung zur Digitalisierung der Wirtschaft und im Weiteren Handlungsmaßnahmen zum gleichen Thema beschließen, welche wir vorab hinsichtlich ihrer Effektivität noch nicht debattiert haben, geht mir etwas zu schnell.
Zu I: Unter der Begrifflichkeit „Industrie 4.0“ versteht man die intelligente Vernetzung der Produktentwicklung, Produktion, Logistik und Endkunden. Dabei treten autonome und situativ sich selbst organisierende intelligente Systeme in Form von Softoder Hardware und im Letzteren in der Gestalt von Sensoren oder Robotern immer mehr in den Vordergrund. Bereits im Bundestagswahljahr 2013 hat der Hightech-Verband Bitkom die Parteien aufgefordert, die Digitalisierung der Wirtschaft politisch stärker zu unterstützen. Netzpolitik ist Wirtschaftspolitik, meine Damen und Herren, und deshalb schließt sich die AfD-Fraktion der gemeinsamen Willenserklärung des Landtags an, der Verstetigung der Digitalisierung in Gesellschaft und Wirtschaft einen besonderen Nachdruck zu verleihen. Ich bin allerdings über die Forderungen der regierungstragenden Fraktionen bezüglich des notwendigen Maßnahmenpakets zur Digitalisierung von Verwaltungsprozessen einschließlich der Bereitstellung von Schnittstellen zwischen Verwaltung und Bürger sehr verwundert. Rot-Rot-Grün hat am Anfang des Jahres die Einsetzung einer Enquetekommission abgelehnt, die genau darauf abzielte, die Digitalisierung der Verwaltung mithilfe von beratenden Akteuren aus Politik, Verwaltung, Wissenschaft und Wirtschaft voranzutreiben.
Rot-Rot-Grün hat in der letzten Plenarsitzung, also gerade mal vor einem Monat, die Bereitstellung von Schnittstellen zwischen Verwaltung und Bürger sowie Wirtschaft verhindert, indem man dem Antrag zur Änderung des Thüringer Geodateninfrastrukturgesetzes nicht zugestimmt hat. Zur Erinnerung: Interoperable Schnittstellen sind die Kernforderung der INSPIRE-Richtlinie und des Thüringer Geodateninfrastrukturgesetzes. Vielleicht meint aber RotRot-Grün weder die Umsetzung von Open-Government-Konzepten auf Landesebene noch die Bereitstellung von Schnittstellen zum Datenaustausch. Aber genau hier ist das Problem: Wenn wir Nägel mit Köpfen machen wollen, dann müssen wir nicht nur unsere Bürger über die Wegmarken und Terminierungen unserer politischen Initiativen informieren, sondern wir müssen auch handeln. Aus diesem Grund unterstütze ich persönlich den sehr sachbezogenen Antrag meines Kollegen Helmerich, der heute Morgen leider abgelehnt worden ist. Wir müssen in unseren Willenserklärungen konkreter werden, und wenn die Digitalisierung von Verwaltungsprozessen zum Ziel hat, moderne Verwaltungsdienstleistungen per Internet für den Bürger bereitzustellen oder Verwaltungsdaten endlich als Open Data zu deklarieren oder per Kreditkarte Verwaltungsdienstleistungen in einem virtuellen 24 Stunden lang geöffneten Rathaus zu konsumieren oder mit Hilfe von IT-gestützten effizienten Verwaltungsprozessen den Personalabbau in unseren Verwaltungen zu kompensieren, dann ist das nur zu unterstützen. Jeden Cent, den wir mit einer schlanken und effizient arbeitenden öffentlichen Verwaltung sparen, können wir in die Wirtschaft oder in die Hochschulförderung für technologiegetriebene Innovationsprojekte stecken.
Zu III: Die AfD-Fraktion ist der Meinung, dass der Antrag, wie er jetzt hier vorliegt, der anspruchsvollen Aufgabe einer Förderung der „Wirtschaft 4.0“ in Thüringen nicht gerecht wird. Diese Kritik lässt sich sehr einfach an drei Punkten festmachen. Das sind allesamt Punkte, die auf eine Schwäche im Umgang mit dem Thema „Wirtschaft 4.0“ hier im Freistaat Thüringen verweisen.
Punkt 1 – fehlende Voraussetzungen: Thüringen fehlt es an Breitband.
Punkt 2 – fehlende Mittel: Die Landesregierung nimmt für alle Belange zu wenig Geld in die Hand.
Und Punkt 3 – fehlendes Know-how: Es ist fraglich, ob die Landesregierung der richtige Akteur für „Industrie 4.0“ ist.
Aber kommen wir zu den einzelnen Punkten: Eine Digitalisierung – egal ob im Bereich der Gesellschaft, Verwaltung oder Wirtschaft – erfordert eine leistungsfähige Breitbandinfrastruktur. Wenn wir auf die Zahlen schauen, stellen wir fest: In vielen Regionen fehlt eine Verfügbarkeit von über 50 Mbit pro Sekunde, im ländlichen Raum sind es sogar nur
10 Prozent aller Haushalte. Für einen flächendeckenden Breitbandausbau benötigt Thüringen mehr als 2 Milliarden Euro. Doch wie viel steckt der Freistaat Thüringen in den Ausbau der Breitbandversorgung? Von Oktober 2013 bis September 2014 hat das Thüringer Wirtschaftsministerium Fördermittel nach der Richtlinie Breitbandinfrastrukturausbau für Ausbauvorhaben von 113 Ortslagen bereitgestellt. Diese Zuwendungen beliefen sich insgesamt auf 3,3 Millionen Euro. Auch im aktuellen Haushaltsentwurf spielt der Breitbandausbau in Thüringen eine untergeordnete Rolle. Das ist viel zu wenig Geld für die notwendigen Investitionen. Bezieht man die damit angestoßenen Effekte bei den privaten Investitionen ein, dann dauert es statistisch noch 130 Jahre, bis eine flächendeckende Breitbandversorgung – also mindestens 50 Mbit pro Sekunde – vorliegt.
Der Deutsche Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik – VDE – hat deutschlandweit eine Befragung zu „Industrie 4.0“ durchgeführt. Aus der Befragung geht hervor: Das Haupthindernis für den Fortschritt in diesem Bereich sind fehlende Informations- und Kommunikationsinfrastrukturen. Diese Kritik hat leider auch in Thüringen Bestand. Herr Wirtschaftsminister Tiefensee hat während des Breitbandgipfels und auch heute hier im Haus seine Ziele der aktuellen Landesregierung dargelegt, nämlich bis zum Jahr 2020 thüringenweit 30 Mbit pro Sekunde bereitzustellen. Dieser Offenbarungseid steht im klaren Widerspruch zu den Intentionen des hier vorliegenden Antrags, nämlich „Industrie 4.0“ im Rahmen der Thüringer Wirtschaftspolitik besonders zu fördern. Das Internet der Dinge ist die Schlüsseltechnologie von „Industrie 4.0“. Wie wollen Sie dieses wichtige Wirtschaftsfeld fördern, wenn bereits heute feststeht, dass die Thüringer Landesregierung den Ausbau des Breitbands in Thüringen derart niedrig priorisiert angeht? Das heißt, Sie müssen viel mehr Priorität darauf legen, dass eine prosperierende Digitalwirtschaft sich zeitnah hier in Thüringen etablieren kann.
Dieser Offenbarungseid steht weiterhin im Widerspruch zu der bundesweiten Vorgabe, bis 2018 50 Mbit pro Sekunde zu realisieren. Wenn die Thüringer Landesregierung der Auffassung ist, dass 20 Mbit pro Sekunde weniger ausreichend seien, und sich darüber hinaus noch zwei Jahre länger für eine im Bundesdurchschnitt schlechtere Netzqualität im Ausbau genehmigt, dann sage ich Ihnen eins voraus: dass sich in Thüringen keine Digitalwirtschaft etablieren kann, zumindest nicht in dieser Legislaturperiode. Entweder die Landesregierung priorisiert ihre politischen Schwerpunktfelder neu – und darum bitten wir sehr eindringlich, denn die Wirtschaft ist nun mal das Rückgrat unserer Gesellschaft – oder Sie müssen bis 2020 andere Wege
beschreiten, um Thüringen für einen digitalen Wirtschaftsstandort vorzubereiten.
Frau König, Ihre Vorhaben, Einzelprojekte mit Bezug zu „Industrie 4.0“-Konzepten mit der Gießkanne im Rahmen der Regionalen Forschungs- und Innovationsstrategie – RIS3 – zu fördern, wird keine industrielle Revolution hier in Thüringen hervorrufen. Sie müssen sich über eins klar werden: „Industrie 4.0“ gibt es nicht von der Stange, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Es ist auch nicht verkehrt, Daten und IT-Sicherheit zu einem ausschließlichen Thüringer Problem zu machen. Die Problemlösung wird bereits mit Steuergeldern angegangen. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik bietet hervorragende und zeitgemäße Dienstleistungen zum Thema „Daten- und IT-Sicherheitsaufklärung“ an, die jedes Unternehmen beanspruchen kann. Ein weiterer Punkt, warum wir es mit der Umsetzung von „Industrie 4.0“ nicht allzu eilig haben, ist die Tatsache, dass der VDE zu diesem Thema jüngst eine Umfrage durchgeführt hat. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass nur ein Fünftel der Betriebe glaubt, dass sich „Industrie 4.0“ vor 2020 durchsetzen wird. Wer hier flächendeckende Fortentwicklung ad hoc erwartet, der schätzt die Entwicklung falsch ein.
Wie kann man also die Digitalisierung der Wirtschaft in Thüringen vorbereiten? Es liegt zunächst einmal sehr nahe, ein umfassendes Konzept zur Innovationsförderung in Thüringen zu erarbeiten. In diesem Zusammenhang muss die effektive Verwendung von EU- und Bundesmitteln für Forschungs- und Entwicklungsvorhaben evaluiert und gegebenenfalls neu justiert werden. Dabei muss auch die Wirksamkeit bestehender Forschungsnetzwerke und Beratungsangebote vor der Zielstellung einer zukünftigen Digitalwirtschaft untersucht werden. Die Thüringer Aufbaubank als leistungsfähiger Partner der Forschungs-, Technologie- und Innovationsförderung soll Überlegungen anstellen, durch die Setzung neuer Schwerpunkte die Förderung von „Industrie 4.0“-Konzepten voranzutreiben. Auch für die Start-up-Szene hier in Thüringen sollen die steuerlichen Rahmenbedingungen für privates Wagniskapital erheblich verbessert werden. Wir brauchen im Weiteren eine neue Unternehmer- und Gründerkultur, die bereits in der Schule gelehrt und erlernt werden kann. Hierzu gehört meines Erachtens, dass Informatik als Querschnittsdisziplin und Teil der Allgemeinbildung verstanden wird und im Pflichtfach im Thüringer Sekundarbereich verankert werden muss. Natürlich muss auch der Fortbildung gemäß dem Motto „lebenslanges Lernen“ durch eine breite Bildungsoffensive begegnet werden. Stärken Sie darüber hinaus die Hochschulen. Es muss mehr Geld in neue Professuren und die damit verbundene angewandte Forschung im Bereich der Informationsverarbeitung, Robotik oder cyber-physischer Systeme fließen. Mit der Förderung von
Technologie- und Gründerzentren kann dann das an Thüringer Hochschulen erarbeitete und erworbene Wissen konzentriert in die heimische Wirtschaft fließen.
Zum Thema „Anti-Stress-Verordnung“: Ja, durch neue Technologien werden organisatorische und damit auch personelle Veränderungen induziert. Stressbedingte Erkrankungen bei den Beschäftigten können innerhalb eines intelligenten Produktionsbetriebs natürlich entstehen, aber auch psychische Erkrankungen von Angestellten, denen Arbeitsplatzverlust, Herr Tiefensee nannte es Substitution, durch die technische Rationalisierung droht, oder Angestellte, die dequalifiziert werden, werden zunehmen. Übrigens warnte auch die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft – ver.di – vor psychischen Erkrankungen. Der Vollständigkeit halber müssen auch diese Überlegungen und vor allem Lösungsvorschläge für die Vermeidung psychischer Erkrankungen dem Antrag noch hinzugefügt werden.
Um kurz die Position der AfD-Fraktion zusammenzufassen: Dem Antragsbereich I hätten wir in Kombination mit dem Änderungsantrag von Herrn Helmerich zugestimmt. Den Antragsbereich III lehnen wir ab, weil die Stimulation der Digitalwirtschaft von der Digitalisierung der Wirtschaft in Thüringen durch Einzelprojektförderung uns bei den gegenwärtigen Rahmenbedingungen nicht effektiv genug erscheint. Herzlichen Dank.
Ja, ich stehe auch schon eine Zeit hier.
Frau Henfling, wo in diesem Antrag werden denn Rahmenbedingungen geschaffen? Sie wollen zeitlich befristet...
Frau Henfling, an welcher Stelle in diesem Antrag werden Rahmenbedingungen geschaffen? Sie wollen lediglich zeitlich befristet innovative Projekte, die einen Bezug auf „Industrie 4.0“ aufweisen, fördern, mehr nicht. Das sind keine Rahmenbedingungen.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete!
Energie- und umweltpolitische Konsequenzen aus dem Ausbau erneuerbarer Energien
Die Landesregierung plant eine Verdreifachung der Stromerzeugung aus Windenergie. 2040 soll der Freistaat Thüringen seinen Stromverbrauch komplett aus erneuerbaren Energien decken. Stromerzeugung aus Windkraft ist nicht grundlastfähig und führt zu einer sporadischen Stromeinspeisung in die Netze.
Ich frage die Landesregierung:
1. Mit welcher Speichertechnik will die Landesregierung im Falle von Wetterlagen, bei denen die Stromeinspeisung durch Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen nicht gewährleistet werden kann, die Grundlast sichern?
2. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass durch Errichtung von Pumpspeicher- und Druckluftkraftwerken eine dauerhafte Sicherung der Grundlast ohne Zukauf von Strom aus konventionellen Kraftwerken gewährleistet werden kann, und wie begründet die Landesregierung ihre jeweilige Auffassung?
3. Sofern Frage 2 bejaht wird, wie viele Pumpspeicher- und Druckluftkraftwerke wären notwendig, um die Grundlast in Thüringen zu sichern?
4. Ist in der geplanten Verdreifachung der für die Windkraftnutzung verfügbaren Landesfläche von 0,3 auf 1 Prozent bereits der Flächenverbrauch für den notwendigen Netzanschluss einschließlich der Zuwegungen für den Bau der Anlagen, begehbare Flächen für Erdkabel, zusätzliche Freileitungsschneisen für 20-kV- und 110-kV-Stromleitungen, Umspannwerke, Transformatoren sowie Energiespeicher wie Pumpspeicher oder Druckluftspeicher inbegriffen?
Herr Staatssekretär Möller, habe ich Sie richtig verstanden, dass es Aufgabe der Bundesnetzagentur ist, Ideen aufzuzeigen, wie die Landesregierung bis 2040 vollständig aus erneuerbaren Energien den Energiebedarf decken kann?
Können Sie es bitte noch einmal ausführen?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Herren und Damen Abgeordnete, den mit der Änderung des UVP-Gesetzes bezweckten Schutz von Mensch und Natur unterstützen wir ausdrücklich. Bereits in der ersten Lesung wurden die wesentlichen Aspekte dieser Gesetzesänderung dargelegt. Diese Anpassung ist zum einen notwendig, um die europäischen Vorgaben umzusetzen und das hier vorliegende Änderungsgesetz der Landesregierung dient zur Klarstellung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung und damit eine Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen ist, wenn in der Vorprüfung festgestellt wird, dass das Risiko eines schweren Unfalls mit gefährlichen Stoffen im Sinne der EURichtlinie besteht. Spannend war noch einmal die Ausschussberatung um den Änderungsantrag der regierungstragenden Fraktionen und die damit verbundene Windkraftdebatte. Nun könnten wir dem Änderungsantrag und der darin aufgeführten Argumentation folgen, dass nämlich das Landesrecht an das Bundesrecht angepasst wird. Inwieweit der Bundesgesetzgeber wirklich alle Fragen im Zusammenhang mit der Errichtung von Windkraftanlagen abschließend normiert, bleibt aus unserer Sicht fraglich. Diese Zweifel werden auch in den Stellungnahmen der Naturschutzverbände bestätigt. Wir hätten es begrüßt, wenn die Anpassung des Landesrechts an das Bundesrecht, was die Vereinfachung des Genehmigungsverfahrens von Windkraftanlagen betrifft, durch ein separates Gesetzgebungsverfahren abgehandelt worden wäre. Das wäre ein wirklicher Ausdruck von Transparenz und vor allem Nachvollziehbarkeit bei Ihren Gesetzesinitiativen gewesen. Die regierungstragenden Fraktionen müssen sich nun den Vorwurf gefallen lassen, ihre wahren Absichten hinter einem notwendigen Gesetzgebungsverfahren zu verschleiern. Der vorliegende Gesetzentwurf ist auch ein Ausdruck von bundespolitischem Zwang, die Energiewende an der Bevölkerung vorbei durchzupeitschen. So macht sich die rot-rot-grüne Regierung hier im Land zum willfährigen Vollstrecker der Bundespolitik. Es geht im eigentlichen Sinne darum, den Bürgern möglichst wenig Mitsprache in Fragen der Errichtung von Windkraftanlagen zu geben. Die Beschneidung von Bürgerrechten lehnen wir entschieden ab. Der Umsetzung der EU-Richtlinie hingegen stimmen wir zu.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Herren und Damen Abgeordnete, zunächst einmal möchte ich auf die Wortmeldung der ersten Gesetzeslesung zu sprechen kommen. Frau Scheringer-Wright hat im letzten Plenum für die Regierungsfraktionen ohne jegliche Begründung ausgeführt, dass der Gesetzentwurf das Ziel einer Demokratisierung der Geodaten nicht verfolge und dass unser Entwurf wirtschaftliches Eigeninteresse von bestimmten Lobbygruppen stärke. Will man diesen Ausführungen einen Sinn abgewinnen, dann mag man unter Demokratisierung der Geodaten eine Demokratisierung des Zugangs zu Geodatenbeständen verstehen und darum geht es hier sehr wohl. Denn damit ist gemeint, dass natürliche und juristische Personen öffentliche Umweltdaten, die bereits über Steuern finanziert wurden, nutzen dürfen und gerade nicht ausschließlich diejenigen, die über ein ganz besonders großes Geldpolster verfügen.
Ich kenne kein innovatives kleines Unternehmen, welches sich für ein innovatives Softwareprojekt die Geotopografie Gesamtdeutschlands leisten kann – Google hingegen schon. Oder mit anderen Worten: Statt öffentlich finanzierte Produkte mit den Auftraggebern ihrer Verwaltung – nämlich den Bürgern – zu teilen, werden Global Player quersubventioniert. Genau das findet Frau Scheringer-Wright auch noch richtig, wenn sie meint: „Wer mit den Datensätzen weiteres Handeln ermöglichen oder damit Geld verdienen will, muss dieses natürlich auch selbst finanzieren.“ Mit dieser Auffassung katapultiert uns die Koalition zurück in das Zeitalter des Web 1.0,
obwohl sich die Landesverwaltung seit Jahren organisatorisch und technisch auf das Web 2.0 vorbereitet, welches sich im behördlichen Umfeld dadurch kennzeichnet, dass auf Grundlage von geteiltem Wissen ein interaktives Zusammenwirken mit der Gesellschaft über das Internet ermöglicht wird. Bereits zum zweiten Mal – das erste Mal war die Ablehnung der Enquetekommission zum Open Government – werden von den regierungstragenden Fraktionen Konzepte eines offenen und transparenten Verwaltungs- und Regierungshandelns abge
lehnt. Ich weiß nicht, ob es Ihnen, Frau ScheringerWright, klar ist, dass Sie Ihrem eigenen Koalitionsvertrag damit widersprechen. Da steht nämlich: „Thüringen wird sich umfangreich an der bundesweiten Datenplattform ‚GovData‘ beteiligen [...].“ Dort steht auch, dass die Koalition beabsichtigt, ein zentrales Informationsregister
aufzubauen, das den Open Data-Prinzipien völlig entspricht. Aus den zehn Open Data-Prinzipien auf GovData kann man entnehmen, dass Sie die Erhebung von Nutzungsgebühren, die Weiterverarbeitung von Daten, die Wirtschaftswachstum und Steuereinnahmen generieren, von vornherein ausschließen. Mit anderen Worten: Laut GovData sollen explizit auf Grundlage entgeltbefreiter öffentlicher Daten neue Geschäftsmodelle entwickelt werden. Ja, und da haben Sie auch Recht, öffentliche Daten können Investitionen, Werte, Gewinne zur Folge haben. Aber daran sollten wir alle ja wohl ein gesamtwirtschaftliches Interesse haben, anstatt von Gelddruckmaschinen zu fabulieren, Frau Scheringer-Wright. Eben diesem Interesse kommt unser Gesetzentwurf nach, indem die vorgeschlagenen Lizenzbedingungen völlig diskriminierungsfrei gestaltet worden sind.
Frau Scheringer-Wright ist im Namen der gesamten Koalition der Auffassung, Interoperabilität sei ein technischer Begriff. Die Landesregierung selbst hat in der Drucksache 6/67 allerdings festgehalten, dass Gesetzestexte und die darin verwendeten Begrifflichkeiten wie Interoperabilität abstrakte Regelungen darstellen, die einer rechtskonformen Auslegung unterliegen, die sich aus der Rechtsprechung oder ergänzenden amtlichen Begründungen ergeben. Nun wurde die Interoperabilität als abstrakter Begriff bereits durch ein ganzes Bündel an Spezifizierungen wie zum Beispiel auch die rechtliche Interoperabilität konkretisiert, und zwar durch amtliche Begründungen unter anderem durch die Drucksache 17/12495 des Deutschen Bundestags oder durch den Europäischen Interoperabilitätsrahmen. Ich glaube nicht, dass die Thüringer Landesregierung beabsichtigt, bereits bestehende amtliche Begründungen neu zu erklären.
Frau Scheringer-Wright, Interoperabilität ist kein technischer, sondern ein abstrakter Rechtsbegriff, und damit erweisen sich Ihre Ausführungen als völlig haltlos.
Frau Scheringer-Wright, Herr Malsch, Frau Ministerin Keller, Sie drei haben dafür plädiert, dass wir mit einer Änderung des Thüringer GDIG so lange warten sollten, bis die Vorstufe eines EU-Vertragsverletzungsverfahrens abgeschlossen ist. Ich nenne Ihnen fünf Gründe, warum es jetzt an der Zeit ist, dieses Gesetz zu ändern. Der erste Grund ist banal. Ein EU-Pilotverfahren kritisiert nicht den Gesetzesvollzug, sondern die Gesetzgebung. Aus die
sem Grund muss nach unserer Auffassung der Verfahrensanlass mit sachkundigen Mitarbeitern und Mitgliedern im entsprechenden Ausschuss besprochen werden.
Der zweite Grund ist nicht weniger banal. Wir alle können lesen und sind dadurch befähigt, Regelungen auf der europäischen Ebene mit denen auf der Landesebene abzugleichen, und zwar Buchstabe für Buchstabe. Man braucht keine zusätzliche Instanz oder ein EU-Pilotverfahren, um herauszufinden, was richtig oder was falsch ist. Das Pilotverfahren ist übrigens nicht Anlass dieser Debatte, sondern stützt zusätzlich unsere Kritik am Thüringer GDIG.
Der dritte Grund ist, dass gemäß Thüringer Umweltinformationsgesetz und Thüringer Informationsfreiheitsgesetz alle Bürger einen Zugang zu amtlichen Informationen haben sollen. Beide Gesetze bilden den kleinsten gemeinsamen Nenner im Zugang zu Umweltinformationen. Nach Auffassung der Landesregierung in der Drucksache 6/308 besteht kein Regelungsbedarf, um die Weiterverwendung der vom Thüringer GDIG betroffenen Umweltdaten für außerbehördliche oder natürliche Personen zu gewährleisten. Diese Auffassung steht im Widerspruch zum Thüringer UIG, dem Thüringer IFG und widerspricht logischerweise auch dem Absatz 8 der Präambel der INSPIRE-Richtlinie und dem damit verbundenen Informationsweiterverwendungsgesetz (IWG). Die Novellierung des IWG Mitte dieses Jahres fordert explizit die Verwendung von Standardlizenzen für die Weiterverwendung von Daten im elektronischen Rechtsverkehr. Gesetzgebungen, die sich gegenseitig behindern oder widersprechen, verursachen aus unserer Sicht einen enormen Verwaltungsaufwand und gehören schon deshalb auf den Prüfstand.
Zum vierten Grund: Die 2014 vorgestellte Strategie für E-Government und IT des Freistaats Thüringen fordert im Abschnitt 2, dass Verwaltungsangelegenheiten prozessorientiert und durchgängig elektronisch bearbeitet werden sollen. Im Thüringer GDIG fehlt aber genau das, nämlich eine Berücksichtigung der Bestimmung, dass die Kombination und Interaktion von Geodaten ohne wiederholtes manuelles Eingreifen möglich und mit einem Zusatznutzen verbunden sein muss – so die Richtlinie. Genau aus diesem Grund können Geodaten auch nach sechs Jahren Thüringer GDIG nicht elektronisch durchgängig und prozessorientiert konsumiert werden.
Der fünfte Grund ist der folgende: Der Europäischen Kommission ist es völlig gleichgültig, ob der Anwendungsbereich des Landesgesetzes über die Festlegungen der Richtlinie hinausgeht. Die Richtlinie wird dadurch nicht weniger erfüllt. Wenn aber die weiter gehenden Anwendungsbereiche dazu
führen, dass das Gesetz von den Kommunen gar nicht und von der Landesverwaltung nur unzureichend vollzogen wird, dann muss man nach Ursachen fragen. Dazu sagten mir viele Bürgermeister, dass der Erfüllungsaufwand für die Daueraufgabe des Vollzugs des Thüringer GDIG gemäß dem Konnexitätsprinzip überhaupt noch nicht verhandelt worden ist. Die Bürger teilen auch nicht die Auffassung der Landesregierung, wonach die Verwendung der Geodateninfrastruktur den Erfüllungsaufwand der Kommunen aufwiege. Der initiale Erfüllungsaufwand dieses Gesetzes liegt bei knapp 100 Millionen Euro unter Berücksichtigung des TVöD und ohne Folgekosten. Die Grundlage meiner Rechnung kann aus dem Protokoll der ersten Lesung entnommen werden. Es obliegt nun der Landesregierung, 100 Millionen Euro zusätzlich aufzubringen oder das Gesetz so zu ändern, dass es der Richtlinie entspricht, aber zugleich die Kommunen entlastet.
Frau Ministerin Keller, nun zum angeblichen Widerspruch, unser Gesetzentwurf schmälere die Vielfalt der verfügbaren Geodaten. Frau Ministerin, wenn die Koalition sich der AfD-Forderung eines offenen Regierungs- und Verwaltungshandelns anschließt, worunter auch eine Open-Data-Politik fällt – und das geht ja erfreulicherweise aus dem Koalitionsvertrag hervor –, dann werden alle Daten aus den Verwaltungen, egal ob es Haushaltsdaten oder Geodaten sind, nach den Kriterien der Open-DataCharta der G8-Staaten der Öffentlichkeit zugängig sein. Unser Gesetzentwurf schmälert nicht die Verfügbarkeit von Geodaten, er schmälert allenfalls die Verfügbarkeit von Daten, die dem INSPIRE-Pseudostandard entsprechen. Pseudostandard deshalb, weil für den ausschließlichen Zweck einer gemeinschaftlichen Umweltpolitik bestimmte und zum Teil sehr komplizierte Datenformate festgelegt wurden, die keinerlei Relevanz außerhalb der politisch gesteuerten Verwaltungsarbeit besitzen. Der Erfüllungsaufwand des Thüringer GDIG wird aber maßgeblich durch diese Pseudostandards beeinflusst. Es zwingt den Verwaltungen Softwaretechnologien von Monopolisten auf und erfordert ganz spezialisiertes Personal.
Die AfD fordert die Entlastung der Kommunen, da diese, wie die Landesregierung bereits bestätigte, nicht von der Richtlinie betroffen sind und weil die kommunale Maßstabsebene für eine europäische Umweltpolitik kaum eine Rolle spielt. Wir halten es stattdessen für viel nachhaltiger, wenn kommunale Daten einem offenen Industriestandard folgen. Damit erhöhen wir nämlich die Nachnutzbarkeit durch eine breite Kompatibilität für Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft bei zeitgleicher Verringerung der Erfüllungskosten.
Meine sehr verehrten Kollegen Abgeordneten, ich habe dargelegt, dass die Landesregierung sich unglaubwürdig macht, wenn sie ein Transparenzregis
ter nach Hamburger Vorbild fordert, aber für eine Teilmenge von Verwaltungsdaten offene Lizenzen ablehnt, wenn die Landesregierung den Empfehlungen im Tätigkeitsbericht des Informationsfreiheitsbeauftragten, Dr. Hasse, nicht Folge leistet und Geoinformationen kostenfrei in das Transparenzregister einstellt, wenn Frau Ministerin Keller davon spricht, dass sich das Gesetz bisher als praxistauglich erwiesen hat, obwohl nach sechs Jahren keine einzige Kommune das Gesetz vollzogen hat und die Landesverwaltung aufgrund fehlender Download- und Transformationsdienste den Systemstatus Prototyp noch nicht einmal erreicht hat, wenn die Landesregierung sich zum E-Government bekennt, sich aber weigert, ein Gesetz zu machen, das Datenaustausch ohne wiederholtes manuelles Eingreifen ermöglicht, und wenn die Landesregierung am derzeitigen Gesetzestext festhält, ohne 100 Millionen Euro zusätzlich im Haushalt für die Kommunen zu veranschlagen.
Liebe Kollegen, zeigen Sie unseren Bürgern, dass wir in der Gesetzgebung Vernunft walten lassen, das heißt, dass wir bei Themen wie Informationsfreiheit und Steuergeldeinsparung zum Wohle Thüringens an einem Strang ziehen. Aus diesem Grund bitten wir um eine Beratung des Entwurfs im Ausschuss für Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten als federführendem. Im Weiteren bitte ich um die Publizierung unseres Gesetzentwurfs im Landtagsforum. Sollte wider Erwarten der Ausschussüberweisung nicht zugestimmt werden, werde ich Ministerin Keller persönlich zur größten deutschsprachigen Wissenschaftskonferenz am 8. Juli nach Salzburg einladen. Ich habe mir dort einen Vortragsblock reservieren lassen mit dem Titel „GDI Deutschland – ein Prototyp vor dem Aus“. Dort sollen dann insbesondere die paradoxen Auffassungen der regierungstragenden Fraktionen führenden Wissenschaftlern vorgetragen werden. Das stimmt mich hoffnungsvoll, dass der Nachhall in der Fachpresse zum Umdenken bewegt. Herzlichen Dank.
Informationsangebot der Landesregierung
Auf der Webseite von „thueringen.de“ findet sich der Hinweis, dass 80 Prozent aller Informationen, die wir tagtäglich verarbeiten, einen Raumbezug besitzen.
Unter die 80 Prozent fallen unter anderem Geobasisdaten, die im Automatisierten Liegenschaftskataster von den Beschäftigten des Landesamts für Vermessung und Geobasisinformation dokumentiert werden. Siehe Fußnote.
Eine im Jahr 2012 durchgeführte Studie gelangte zur Erkenntnis, dass lediglich 60 Prozent aller Informationen einen Raumbezug besitzen.
Ich frage die Landesregierung:
1. Welche Umstände führen im Freistaat Thüringen dazu, dass 80 Prozent aller Informationen einen Raumbezug besitzen?
2. Auf welche empirische Untersuchung stützt sich die Landesregierung bei Ihrer Aussage, dass 80 Prozent aller Informationen einen Raumbezug besitzen (bitte Angabe einer verlässlichen, das heißt auf empirischen Untersuchungen basierenden Literaturquelle)?
3. Führt das Ergebnis, dass lediglich 60 Prozent aller Informationen einen Raumbezug besitzen, dazu, dass in Zukunft Personalkosten im Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation eingespart werden können und wie begründet die Landesregierung ihre Antwort?
Eigentlich ist es keine Nachfrage, sondern eine Empfehlung. Denn hier sitzen – da oben sind viele Schüler, die natürlich auch das Informationsangebot der Landesregierung, sprich die Webseiten nutzen, um …
Okay, dann eine Nachfrage: Warum stützt sich das Informationsangebot der Landesregierung auf allgemein akzeptierte Grundlagen und nicht auf empirisch belegte Studien wie in dem vorliegenden Fall?
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Herren und Damen Abgeordnete, bekanntlich hinkt Deutschland beim sogenannten Netzausbau hinterher. Damit die Kluft zu anderen Hochtechnologiestaaten nicht zunehmend größer wird, ist die Erarbeitung einer umfassenden Digitalisierungsstrategie auch für den Freistaat Thüringen eine der drängendsten Aufgaben. Vor diesem Hintergrund begrüßt die AfD-Fraktion den Antrag der CDU-Fraktion zur Digitalisierungsstrategie 2020. Darin wird die Landesregierung aufgefordert, wettbewerbsfähige digitale Infrastrukturen zu schaffen. Allerdings halten wir den Ansatz der Union in manchen Punkten noch für verbesserungswürdig. Daher schlagen wir einige Änderungen vor.
Wir setzen uns für eine Änderung dahin gehend ein, dass eine Konvergenz zum Zeitplan der Bundesregierung hergestellt wird. Demnach ist der Breitbandausbau mit mindestens 50 Megabit pro Sekunde bis 2018 stabil und flächendeckend, das heißt für alle Haushalte in der Bundesrepublik, fertigzustellen. Es gibt unseres Erachtens keinen vernünftigen Grund, den Zeitplan für den Thüringer Netzausbau bis zum Jahr 2019 zu strecken. Erst eine klare zeitliche Bestimmtheit ermöglicht es über
haupt, einen verlässlichen Rahmen für die Koordination der beteiligten Akteure, die Definition weiterer Meilensteine sowie strukturierte und aufeinander abgestimmte Arbeitspakete mit einer entsprechenden Terminierung zu schaffen.
Der Meilenstein „Fertigstellung“ muss also im Jahr 2018, und zwar tagesgenau, terminiert werden. Dies ist aus unserer Sicht eine wesentliche Voraussetzung für die erfolgreiche Durchführung von Projekten, insbesondere des wichtigen Infrastrukturprojekts „Breitbandausbau Thüringen 2018“. In diesem Sinne sind die von uns eingebrachten Änderungen des CDU-Antrags zu verstehen.
Lassen Sie mich bitte ein paar Worte zum Entschließungsantrag der AfD ausführen. Meine Damen, meine Herren, es ist doch wohl zu wenig, unter einer landesweiten Digitalisierungsstrategie lediglich den Ausbau der Breitbandinfrastruktur, ein kostenloses öffentliches WLAN oder die Förderung von Industrie-4.0-Konzepten zu verstehen. Die Landesregierung muss sich schon stärker engagieren, damit Thüringens Digital- und Netzpolitik attraktiv auf Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft wirkt. Vergessen wir zunächst nicht: Der zügige Ausbau des Breitbands ist in der Tat der Wachstumsfaktor für die Wirtschaft im 21. Jahrhundert. Die allgemeine gesellschaftliche Relevanz eines stabilen Hochgeschwindigkeitsnetzes ist unbestritten. Wer den rechtzeitigen Anschluss an die digitale Welt verpasst, wird isoliert. Und einer Isolation von gesellschaftlichen Gruppen oder innovativen Wirtschaftszweigen treten wir entschieden entgegen.
Meine Damen, meine Herren, lassen Sie mich an dieser Stelle die Überlegungen mit dem Vergleich weiterführen: Die Schaffung einer digitalen Infrastruktur lässt sich nämlich mit der Schaffung einer …
Die Schaffung einer digitalen Infrastruktur lässt sich nämlich mit der Schaffung einer Verkehrsinfrastruktur vergleichen. Dann bedeutet der Breitbandausbau so viel wie die Schaffung eines leistungsfähigen und zukunftsträchtigen Straßen- und Schienennetzes. Um nun von einer funktionierenden Verkehrsinfrastruktur zu sprechen, müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden etwa mit Blick auf die Verkehrssicherheit, die einzuhaltenden Verkehrsregeln, die physischen und kognitiven Min
destanforderungen an die Verkehrsteilnehmer, Nutzungsgebühren usw. Dies gilt nicht minder für die digitale Infrastruktur. Auch hier ist entscheidend, die richtigen Regelungen, Rahmenbedingungen als Grundlage für eine digitale Grundversorgung eines jeden Bürgers und für wettbewerbsfähige Nutzungsszenarien zu schaffen. Es bedarf der Regelung natürlich auch, damit das Internet nicht zur Gefahr für Individuen und Gesellschaft wird. In diesem Sinne ergänzt der Entschließungsantrag der AfDFraktion den Antrag der CDU insoweit, als wir die Landesregierung nach Zustimmung des Antrags bitten:
1. an der Umsetzung des Nationalen Aktionsplans der Bundesregierung zur Umsetzung der Open-Data-Charta der G8-Staaten aktiv mitzuwirken,
2. den Ausbau und die Verdichtung digitaler Dienstleistungsangebote in den Thüringer Verwaltungen voranzutreiben, insbesondere durch die Schaffung eines Transparenz- und E-Government-Gesetzes,
3. die Sensibilisierung der Gesellschaft und Wirtschaft zum Thema IT-Sicherheit konsequent voranzutreiben.
Herzlichen Dank.
Ganz kurz zu Frau Marx, um Ihre Schlagwortliste zu komplettieren: Smart Cities kam nicht vor, Kryptografie kam nicht vor, Big Data Analytics kam auch nicht vor. Was ich damit sagen wollte, ist, kein Antrag hier im Plenum zum Thema „Digitalisierungsstrategie 2020“ – oder wie auch immer – wird vollumfassend sein. Deshalb ist es doch wohl völlig logisch, dass man die Kompetenzen aus allen Fraktionen in einem Ausschuss vereint, um über eine Digitalisierungsstrategie 2020, die wirklich zukunftsgewandt und wirklich nachhaltig ist, zu sprechen, nicht mehr und nicht weniger. Dann verstehe ich nicht, dass Sie hier wirklich mit an den Haaren herbeigezogenen Argumenten versuchen, drei Anträge abzuschmettern. Also das verschlägt mir jetzt wirklich die Sprache.
Frau Henfling, Frau Marx, es wurde hier mehrmals von Ihnen angemahnt, dass die IT-Sicherheit in dem Antrag zu kurz kommt. Deshalb hat die AfD einen Änderungsantrag und einen Ergänzungsantrag gestellt. Im Ergänzungsantrag steht: „Entwicklung und Fortschreibung eines Thüringer Sicherheitskonzepts zur Sensibilisierung der Gesellschaft und Wirtschaft zum Thema IT-Sicherheit“. Ich würde sagen und würde Sie alle auch bitten, dem Antrag zuzustimmen, auch unserem Ergänzungsantrag zuzustimmen, und dann ergibt diese Antragsmenge einen ganz sinnvollen Antrag, den wir dann im Ausschuss weiterbesprechen können.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, …
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Herren und Damen Abgeordnete, Sie haben sich sicher im Vorfeld des Plenums gefragt, welche Relevanz das Geodateninfrastrukturgesetz auf den sehr bald zu verabschiedenden Haushalt oder auf den Entwurf des Hochwasserschutzprogramms oder auf die Vulnerabilität der Landwirtschaft oder der Wirtschaft im Allgemeinen hat. Bevor ich darauf zu sprechen komme, möchte ich kurz auf den Hintergrund des eigentlichen Gesetzes bzw. der Richtlinie eingehen. Die europäische INSPIRE-Richtlinie wurde im Jahr 2007 für Zwecke einer gemeinschaftlichen Umweltpolitik erlassen. Mit ihr wird das Ziel verfolgt, raumbezogene Umweltdaten technisch und rechtlich so zu harmonisieren, dass ein grenzübergreifender Datenaustausch stattfinden kann. Es geht letztendlich darum, dass zwischen Datenbereitsteller und Datennutzer keine umständlichen Absprachen mehr stattfinden müssen. Stellen Sie sich ein Hochwasserszenario vor und fragen Sie sich, was passiert, wenn tagelang über ein geeignetes Datenformat, über den Datenzugang oder über Nutzungsentgelte debattiert wird. Solche Probleme entstehen aber genau dann, wenn wir das Thüringer Geodateninfrastrukturgesetz trotz seiner gravierenden Umsetzungslücken nicht verändern. Es fehlt im Gesetz die verpflichtende Regelung, dass Daten ohne wiederholtes manuelles Eingreifen austauschbar sein müssen, und zwar in einer Weise, dass die Ergebnisse kohärent sind und der Zusatznutzen der Daten damit erhöht wird. Diese Umsetzungslücken führen dazu, dass raumbezogene Umweltdaten in Thüringen nicht austauschbar sind, weil es an Nutzungs- und Lizenzregelungen für Verwaltung, Wirtschaft und Gesellschaft mangelt.
Aus der Anlage der Drucksache 6/309 geht hervor, dass die Landesregierung die elektronische Weiterentwicklung ihrer Umweltdaten nicht über Nutzungslizenzen regelt. Frau Ministerin Keller, Sie müssen den Landwirten erklären, warum Schader
regerprognosen unzuverlässig sind. Die fehlende Interoperabilität von Umweltdaten führt nämlich dazu, dass Prognosefehler bei der Modellierung von räumlichen Ausbreitungsszenarien von Schaderregern und deren Folgenabschätzung für die praktische Landwirtschaft einfach zu groß sind. Sie können natürlich auch auf den Datenbestand von OpenStreetMap oder Google verweisen – für diese Daten gibt es einheitliche Lizenzbedingungen –, aber dann seien Sie bitte auch so konsequent und schließen Sie Ihre Geodatenerfassungsbehörden einfach zu. Das würde auch eine Menge Steuergelder sparen.
Wenn die Landesregierung die Digitalwirtschaft angesichts der schwächelnden Solarindustrie in Thüringen tatsächlich stärken will, dann wäre sie gut beraten, Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Verwaltungsdaten in einer Weise bereitgestellt werden können, die die Entwicklung nachhaltiger Geschäftsmodelle seitens der Wirtschaft vereinfacht.
Ein weiteres Problem besteht darin, dass der Anwendungsbereich des bestehenden Gesetzes über die Festlegung der Richtlinie hinausgeht. Auch das bestätigt die Landesregierung in der Drucksache 6/67. Durch den erweiterten Anwendungsbereich steigt der Erfüllungsaufwand des Geodateninfrastrukturgesetzes derart, dass Thüringer Kommunen ohne finanzielle Unterstützung nicht in der Lage sind, dieses Gesetz zu vollziehen. Auf Nachfrage konstatierte die Landesregierung, dass der Nutzen aus der Verwendung der Geodateninfrastruktur den Erfüllungsaufwand der Kommunen aufwiege. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wer so etwas behauptet, dem mangelt es deutlich an ökonomischer Vorbildung.
Kosten und Nutzen müssen monetär abgebildet werden. Wenn in der Bundesverwaltung Wirtschaftlichkeitsberechnungen Pflicht sind, warum denn, bitte schön, nicht hier in Thüringen?
Der Erfurter Stadtrat hat im Jahr 2014 bekannt gegeben, dass seit 2009 knapp 1 Million Euro an Software sowie sechs Jahre lang in Personalkosten investiert wurde, um das Gesetz zu vollziehen – bislang ohne Ergebnis. Die Stadt Erfurt ist allerdings nur eine von über 900 Thüringer Kommunen. Wir gehen davon aus, dass der Freistaat mehr als 100 Millionen Euro an die Kommunen zusätzlich überweisen muss, damit diese Kommunen das Gesetz erfüllen können. Eine andere Möglichkeit wäre, das Gesetz so anzupassen, dass die Richtlinie erfüllt wird, nicht mehr und auch nicht weniger. Das entlastet den Landeshaushalt deutlich. Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Herren und Damen Abgeordnete!
Kein einziger Bürger, der die Medien rund um die heutige Landtagsdebatte verfolgt, wird Verständnis für das Vorgehen der Landesregierung aufbringen, alle Sinnesorgane hier auszuschalten und dabei zu hoffen, dass die EU-Kommission die Landesregierung nicht anzählt, und das, obwohl die Landesregierung ihre Schwächen in der Umsetzung des Gesetzes bereits schriftlich niedergelegt hat.
Zur besseren Nachvollziehbarkeit unserer Stellungnahme zu der Aussprache möchte ich mich an dem Gliederungsartikel 1 des Gesetzentwurfs entlanghangeln.
Zu Punkt 1: Der Begriff der Interoperabilität ist nach Artikel 3 Abs. 7 der EU-INSPIRE-Richtlinie im Thüringer Geodateninfrastrukturgesetz unvollständig umgesetzt.
Interoperabilität wird definiert als die Fähigkeit zweier oder mehrerer Systeme, Informationen auszutauschen und die ausgetauschten Informationen auch sinnvoll nutzen zu können. Es fehlt im Gesetz also die Bestimmung, dass die Kombination und In
teraktion von Geodaten ohne wiederholtes manuelles Eingreifen möglich sein und mit einem Zusatznutzen verbunden sein muss.
In der Drucksache 17/12495 des Deutschen Bundestags werden sechs Arten von unterschiedlicher Interoperabilität benannt. Eine davon ist die rechtliche Interoperabilität. Auch der Europäische Interoperabilitätsrahmen definiert explizit den Begriff der rechtlichen Interoperabilität. Nur mit dieser rechtlichen Interoperabilität ist es überhaupt möglich, dass elektronische Daten einer Organisation bei der Verwendung in kooperierenden Organisationen die gleiche rechtliche Anerkennung erhalten oder – einfacher gesagt –: Wem nützen die Daten von verschiedenen Behörden, wenn man nach einer Datenverschneidung nicht weiß, unter welchen Nutzungsbedingungen dieser Datenverschnitt wiederverwendbar ist?
Zu meinem Erstaunen muss ich feststellen, dass die Landesregierung gemäß Drucksache 6/67 der Auffassung ist, Interoperabilität steht in keinem Zusammenhang mit Zugriffs- und Lizenzbedingungen. Das ist so nicht richtig. Die sich hier dokumentierende Ahnungslosigkeit der Landesregierung führt dazu, dass sie seit drei Jahren den Sollzeitpunkt zur Bereitstellung von interoperablen Geodaten verschlafen hat. Das hat in erster Linie nichts mit dem Gesetzesvollzug zu tun, da das Gesetz die Ursache des Problems ist.
Genau zu diesem Ergebnis kam auch die EU-Kommission, die gegen die Bundesrepublik Deutschland ein Pilotverfahren eingeleitet hat. Die unvollständige Umsetzung des Gesetzes wurde in dem Pilotverfahren kritisiert. Wer also gegen unseren Gesetzentwurf stimmt, der stimmt dafür, dass beispielsweise die Arbeit von freiwilligen Helfern bei einem Hochwasser aufgrund von nicht interoperablen Umweltdaten immens erschwert wird. Er nimmt außerdem in Kauf, dass EDV-gestützte Entscheidungshilfen im Pflanzenschutz aufgrund nicht interoperabler Umweltdaten für die praktische Landwirtschaft unbrauchbar sind.
Zu Punkt 2: Die Landesregierung teilt in der Drucksache 6/67 mit, dass der Anwendungskontext des Thüringer GDIG über die Festlegungen der INSPIRE-Richtlinie hinausgeht. Konkret fordert die Richtlinie, dass Behörden der untersten Verwaltungsebene nur dann von der Richtlinie betroffen sind, wenn sie raumbezogene Umweltdaten erheben und nach nationalem Recht zur Sammlung solcher Daten verpflichtet sind. Mit dem Artikel versucht die Kommission einerseits, die Erfüllungsaufwände in den Verwaltungen so gering wie möglich zu halten und andererseits nur qualifizierte, das heißt amtliche Umweltdaten für die Gemeinschaftspolitik heranzuziehen.
Meine lieben Kollegen, nicht alle Daten, die in unseren Kommunen erhoben werden, sind amtlich.
Nicht alle erhobenen Daten werden nach den Grundsätzen der Objektivität, der Neutralität und der wissenschaftlichen Unabhängigkeit erhoben. Und nicht alle Daten unterliegen einem gesonderten Qualitätsmanagement wie amtliche Daten. Im Thüringer GDIG ist dieser Artikel nicht umgesetzt worden. Ganz im Gegenteil: Die Landesregierung verpflichtet alle Kommunen im Freistaat, ihre freiwillig erhobenen Daten richtlinienkonform bereitzustellen. Das kostet. Für den Steuerzahler heißt das also, dass die Landesregierung ein Gesetz gemacht hat, welches unnötig Geld verschwendet. In Zeiten knapper kommunaler Kassen sind wir im Landtag gefordert, Kommunen vor unnötigen Kosten zu schützen. Leider verfügt das Land Thüringen bis heute nicht über einen Normenkontrollrat. Ich denke, er hätte mit Sicherheit eine Überregulierung nicht zugelassen.
Diese Überregulierung führt zu einem Datenbestand aus amtlichen und nicht amtlichen Daten, das heißt zu einem Gesamtdatenbestand mit ganz unterschiedlichen Qualitäten. Schlimmer noch: Die Überregulierung führt dazu, dass die Kommunen schätzungsweise 100 Millionen Euro zusätzlich in die Hand nehmen müssen, um dieses Gesetz zu erfüllen. Dafür gebe ich Ihnen jetzt ein Rechenbeispiel: Die effizient arbeitende Stadtverwaltung Erfurt investierte laut Bericht der TA knapp 1 Million Euro in Software plus sechs Jahre lang in Personal, bisher ohne das Gesetz zu erfüllen. Im Übrigen gab die Landesregierung in der Drucksache 6/67 an, dass keine Thüringer Kommune Geodaten INSPIRE-konform aufbereitet, obwohl die Kommunen gemäß den begleitenden Verordnungen seit Jahren dazu verpflichtet sind. Überschlagen könnte man sagen: 1 Million Euro mal 900 Thüringer Kommunen ergibt 900 Millionen Euro Erfüllungskosten, die wir unseren Kommunen aufbürden. Wenn wir annehmen, dass pro Kommune mindestens ein Spezialist mit 50.000 Euro Arbeitgeberbrutto die notwendigen organisatorischen und technischen Arbeiten dauerhaft erledigt und dieser mit einer Spezialsoftware zur Qualitätssicherung und Transformation der Daten ausgestattet sein muss, dann liegen wir mit 100.000 Euro Investitionskosten pro Kommune nicht zu hoch. Circa 100.000 Euro mal 900 Kommunen ergibt ca. 100 Millionen Euro Investitionskosten, das allerdings ohne Folgekosten. Ich sage hier, dieses Beispiel ist sehr fair gerechnet, denn in dem antiquierten Hierarchieprinzip unserer Verwaltungsstruktur sind Personalunionen, wie ich sie hier angenommen habe, eher die Ausnahme. Techniker und Organisator, also derjenige, der spezielle Kompetenzen in der EDV bereithält, der Gesetze, Verordnungen und Zeitpläne im Blick hat, sind realiter wenigstens zwei Personen.
Liebe Abgeordnete, Sie müssen vor dem Hintergrund der knappen Kassen in den Kommunen entscheiden, ob Sie 100 Millionen mehr in den Haushalt einstellen wollen oder ob wir das Gesetz gemeinsam so anpassen, dass dieses die Richtlinien erfüllt, aber die Kommunen finanziell erheblich entlastet. Nicht mehr und auch nicht weniger!
Zu Punkt 3: In diesem Änderungsvorschlag geht es wieder um Nutzungs- und Lizenzbedingungen. Die Landesregierung hat nachgewiesenermaßen ihre Probleme damit. In der Drucksache 6/67 gab die Landesregierung bekannt, dass sie keine Zweifel an der Rechtssicherheit der Lizenzbedingungen in ihrer Landesverwaltung hat. In der Anlage zu Drucksache 6/309 war es ihr aber nicht möglich, für die aufgeführten Umweltdaten Nutzungs- und Lizenzbedingungen für ihre Datendienste zu benennen. Hin und wieder taucht das Urheberrecht in der Drucksache 6/309 auf. Nur, das Urheberrecht enthält allerdings keine konkreten inhaltlichen und räumlichen oder zeitlichen Nutzungsbestimmungen für Umweltdaten. Schon gar nicht kann das Urheberrecht im elektronischen Datenaustausch ohne Medienbruch – und das fordert die INSPIRE-Richtlinie – angewandt werden. Das Urheberrechtsgesetz definiert in § 5 lediglich, dass amtliche Werke keinen urheberrechtlichen Schutz genießen.
Frau Ministerin Keller, darf ich Sie bitten, zukünftig die Qualität der Antworten der Landesregierung persönlich zu überprüfen? Sie bescheinigen dem Freistaat Thüringen damit null Kompetenz im Bereich der elektronischen Datenverarbeitung.
Sie kennen alle den Absatz 8 der Präambel der INSPIRE-Richtlinie und wissen deshalb auch, dass die INSPIRE-Richtlinie die Public-Sector-Information-Richtlinie, welche durch das Thüringer Informationsfreiheitsgesetz umgesetzt worden ist, ergänzt. Insofern stellt sich nicht die Frage und auch nicht nach dem Umweltinformationsgesetz, ob Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft an Umweltdaten teilhaben sollen. Es stellt sich vielmehr die Frage, wie wir durch geeignete Lizenzen die Teilhabe von Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft stärken können.
Sehr geehrte Kollegen, wir brauchen diese Teilhabe in unserer Gesellschaft und ich streite hier auch für Transparenz in der Verwaltung und gegenüber der Öffentlichkeit. Aber auch in diesem Punkt herrscht Uneinigkeit im Ministerium von Frau Ministerin Keller. In der Drucksache 6/67 positionierte sich die Landesregierung ganz konkret, nämlich in dem Sinne, dass ein öffentliches Interesse an der Bereitstellung von Geodaten bestünde. Öffentliches Interesse heißt, dass außerbehördliche Organisationen oder natürliche Personen an Umweltdaten
partizipieren sollen oder können. Das verpflichtet, für genau diese Nutzergruppen Lizenzen zu entwickeln, damit die Daten überhaupt rechtssicher nachgenutzt werden können. Knapp acht Wochen später ruderte das Ministerium zurück, indem es in der Drucksache 6/310 antwortete, die Herbeiführung von Lizenz- und Nutzungsbestimmungen für außerbehördliche Organisationen oder natürliche Personen sei nicht Regelungstatbestand des Thüringer GDIG. Diese Auffassung verstößt gegen das Thüringer Informationsfreiheitsgesetz und konterkariert natürlich die Zielbestimmung der INSPIRERichtlinie. Fairerweise muss ich dazu sagen, dass die Kleinen Anfragen von unterschiedlichen Bearbeitern beantwortet wurden. Frau Ministerin Keller, ich darf an dieser Stelle wirklich empfehlen, zuerst Einigkeit unter den Spezialisten Ihrer Behörde herzustellen und erst danach darüber zu entscheiden, ob Sie einem Gesetzentwurf zustimmen oder ihn ablehnen. Alles andere ist auch nicht im Sinne der Bürger.
Zu Punkt 4: Wer eine rechtliche Interoperabilität fordert, der muss auch konstruktive Vorschläge bereithalten. Wenn man bedenkt, dass das Thüringer Geodateninfrastrukturgesetz insgesamt 34 relevante Umweltthemen aufführt und dem Vorschlag der GIW-Kommission folgt, dann kommen fünf unterschiedliche Nutzungs- und Lizenzbedingungen für Umweltdaten dazu. Das heißt, die Kommunen müssen bis zu 170 unterschiedliche Kostenmodelle erarbeiten und mit potenziellen Datennutzern individuell darüber verhandeln. Ich will mich hier nicht länger mit unschönen Rechenbeispielen aufhalten, sondern ich will im Sinne eines konstruktiven Dialogs heute hier im Plenum auf Einsparpotenziale verweisen. Der Nationale Normenkontrollrat bestätigt in der Bundesdrucksache 17/9686 enorme Einsparpotenziale für den Fall, dass die betroffenen Umweltdaten für alle zukünftigen kommerziellen und nichtkommerziellen Zwecke geldleistungsfrei zur Verfügung gestellt werden. Genau das ist unser Vorschlag und dabei orientieren wir uns an dem Geodatenzugangsgesetz des Bundes sowie an den Lizenzbestimmungen von Berlin und Hamburg, also sie sind vorwärtsgewandt und nicht rückwärtsgewandt.
Diejenigen unter Ihnen, die immer noch Zweifel daran haben, ob sie das Gesetz geändert haben wollen oder nicht, die mögen bitte einbeziehen, am 09.01.2015 informierte die Landesregierung den Landtag, dass ein EU-Pilotverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland angestrengt worden ist. In diesem Pilotverfahren ist auch das Thüringer GDIG kritisiert worden. Aus meiner Sicht kann das Thüringen besser. Vor diesem Hintergrund halte ich es für selbstverständlich, dass wir in den zuständi
gen Ausschüssen darüber sprechen. Und denjenigen unter Ihnen, die meinen, dass wir mit unserem Gesetzentwurf unserer Open-Data-Forderung widersprechen, sei gesagt, dass sich das Thüringer GDIG nicht zu einem allgemeinen Transparenzgesetz verbiegen lässt und dass eine Open-Data-Forderung mitnichten verlangt, kostenintensive Datentransformation in das europäische harmonisierte Datenmodell durchzuführen.
Die AfD-Fraktion wünscht eine Beratung des Entwurfs im Ausschuss für Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten. Daher beantrage ich hiermit die Überweisung des Gesetzentwurfs an diesen Ausschuss als federführenden Ausschuss und ferner an den Ausschuss für Umwelt, Energie und Naturschutz.
Liebe Kollegen, wer für EU-rechtskonformes Handeln dieser Landesregierung steht, wer einen Beitrag zur Landwirtschaft, zur Umwelt und zum Katastrophenschutz leisten möchte, wer die reibungslose Behördenarbeit fördern will, wer glaubhaft unsere Kommunen entlasten will, der stimmt diesem Gesetzentwurf zu. Herzlichen Dank.
Ich möchte der Landesregierung eine Frage zum Breitbandausbau Thüringen stellen.
Breitbandausbau Thüringen
Die flächendeckende Versorgung Thüringens mit einer Netzgeschwindigkeit von mindestens 50 Megabit pro Sekunde bis zum Jahr 2018 ist ein erklärtes Ziel der Bundesregierung. Die Breitbandversorgung in Thüringen ist jedoch bis heute, insbesondere in den ländlichen Regionen, ungenügend.
Die Thüringer Bürger sind ebenso wie Industrie und Mittelstand in einem hohen Maße auf leistungsfähige Internetanschlüsse angewiesen. Die Breitbandversorgung ist für alle Regionen in Thüringen gleichermaßen von Bedeutung.
Ich frage die Landesregierung:
1. Gibt es eine Kostenermittlung des Gesamtinvestitionsbedarfs für die Breitbandversorgung in Thüringen bis 2018 als Basis für die Bereitstellung von Fördermitteln für Kommunen und wenn ja, wie hoch ist dieser Investitionsbedarf aufgeschlüsselt nach den Planungsregionen in Thüringen?
2. Wird seitens der Landesregierung geplant, den gegenwärtigen Fördersatz in Höhe von 75 Prozent der zuwendungsfähigen Kosten für den Breitbandausbau für finanzschwache und von Anbindepunkten sehr abgelegene Gemeinden deutlich zu erhöhen und wenn ja, bis zu welchem Maximalfördersatz?
3. Werden Mobilfunktechnologien für den Breitbandausbau in Thüringen substituierend oder ergänzend zu einem glasfaserbasierenden Festnetz geplant?
4. Welche Maßnahmen werden seitens der Landesregierung ergriffen, um die notwendigen Bewilligungsverfahren für Fördermittel für den Breitbandausbau so zu beschleunigen, dass die Bindefristen der Telekommunikationsanbieter nicht vor der Bewilligung ablaufen?
Danke.
Ich habe zwei Nachfragen. Nachfrage Nummer 1: Wie soll denn bei einem Einsatz von Mobilfunktechnologien in Ihrem dargestellten Technologiemix eine Versorgung von 50 Megabit pro Sekunde garan
tiert werden, wenn doch die verfügbare Bandbreite von der Anzahl der Nutzer abhängig ist, die sich zeitgleich in dieser Mobilfunkzelle befinden?
Nachfrage Nummer 2: Also nehme ich mit, dass es wohl auch nach 2018 Haushalte geben wird oder Mobilfunk oder überhaupt Breitbandnutzer in Thüringen, die nicht mindestens mit 50 Megabit pro Sekunde surfen können?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, wir unterstützen das Vorhaben der Europäischen Union, Mensch und Natur, so gut es geht, vor den möglichen Auswirkungen von Industrieunfällen zu schützen. Die dafür vorgesehene Richtlinie hält die entsprechenden Instrumente dafür bereit, und weil die Zeit drängt, denn die Richtlinie soll bis zum 31. Mai 2015 in nationales Recht umgesetzt werden, stimmt die AfDFraktion dem Gesetzentwurf zu. Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Herren und Damen Abgeordnete, vor Ihnen liegt ein An
trag, der in die Zukunft des Freistaats weist, eine Zukunft, in der das Recht der Thüringer Bürgerinnen und Bürger auf Transparenz, Beteiligung und Kooperation gewährt wird, und eine Zukunft, in der sich Bürgerinnen und Bürger einfach unbürokratisch am politischen Prozess beteiligen können.
Dieser Antrag plädiert ausdrücklich für ein offenes und transparentes Regierungs- und Verwaltungshandeln. Durch eine offene und dialogorientierte Regierungsführung soll dem Trend der allgemeinen Politikverdrossenheit entgegengewirkt werden.
Meine Damen, meine Herren, dieser Antrag eröffnet eine große Chance, nämlich hier im Plenum und darüber hinaus und vor allem gemeinsam öffentlich und mit allen interessierten Akteuren politisches Handeln verständlicher und nachvollziehbar zu gestalten.
Ansätze hierzu gibt es bereits. Unser Nachbarland Sachsen plant im Vorfeld konkreter Rechtssetzungsvorhaben eine Online-Bürgerbeteiligung, die Stadt Braunschweig beschließt einen Bürgerhaushalt und die Stadt Berlin stellt Liegenschaftsdaten für kommerzielle und nichtkommerzielle Verwendungszwecke frei zur Verfügung. Hierin zeigt sich: Verwaltungsdaten heißen nicht so, weil sie der Verwaltung gehören, sondern weil die Verwaltung diese Daten verwaltet.
Ich denke, wir müssen über Transparenz reden und wir müssen über Bürgerbeteiligung reden. Beteiligungen – egal, ob im Internet oder am Bürgerterminal – funktionieren aber nicht ohne die Eröffnung elektronischer Kommunikationskanäle. Kennen Sie den E-Mail-Zusatz unserer Thüringer Verwaltung? „Diese E-Mail ist keine Zugangseröffnung für den elektronischen Rechtsverkehr.“ Schade, sage ich Ihnen. Wieso können unsere Bürgerinnen nicht auf elektronischem Wege mit der Verwaltung kommunizieren? Im Jahr 2015 und in Zukunft möchten wir das ändern. Lassen Sie uns das in Thüringen besser machen.
Wo sind die Ansatzpunkte? Das 2014 verordnete Thüringer Informationsregister bezieht sich ausschließlich auf Informationen, nicht auf Rohdaten, vereinheitlicht weder Nutzungs- noch Lizenzrechte, regelt keine verpflichtende Datenfreigabe, würgt aufgrund fehlender technischer Datenstandards die Schaffung von neuem Wissen ab und fördert individuelle Kostenmodelle für die Informationsbereitstellung. Hier gibt es aus unserer Sicht Nachholbedarf. Im Übrigen: Mit einem Informationsregister kann auch keine Responsivität durch Beteiligung erreicht werden, wie sie von zwei Dritteln aller Thüringer laut Thüringen-Monitor 2012 gefordert wird.
Neben den positiven Aspekten für die Gesellschaft müssen auch die Vorteile von Open Government vor dem Hintergrund der Wirtschaft und des Bürokratieabbaus diskutiert werden. Für die Wirtschaft sind offene Daten das Öl des 20. Jahrhunderts. Sie nutzen sich nicht ab und stellen eine unerschöpfliche Ressource dar. Offene Daten kann man als direkte Subventionen bezeichnen und sie verringern Markteintrittsbarrieren für innovative KMU.
Die Verwaltungskosten können durch Synergieeffekte, durch Kollaboration oder durch medienbruchfreie Kommunikation signifikant reduziert werden. Eine offene Regierungsführung schafft eine vertrauensvolle Neuordnung der Beziehung zwischen der Gesellschaft, der Verwaltung und Regierung und erhöht die Akzeptanz politischer Entscheidungen. Diese Neuordnung muss auch vor dem Hintergrund der kontinuierlich sinkenden Wahlbeteiligung gesehen werden. 2014 ging nur etwa die Hälfte aller Thüringer wählen. Open Government kann zur Erhöhung der Wahlbeteiligung beitragen. Das muss das Anliegen aller verantwortlichen Politiker hier im Hohen Hause sein.
Der Knackpunkt aber ist, dass Open Government einen Kulturwandel von der Verwaltung und der Regierung fordert. Datenportale kann man einfach freischalten, aber offenes Handeln von Staat, Verwaltung und Politik ist nicht auf Knopfdruck herzustellen.
Deshalb regt der Antrag die Bildung einer Enquetekommission an. Wir wollen damit ein Arbeitsgremium schaffen, welches die praktische Umsetzung des offenen Verwaltungs- und Regierungshandelns in Thüringen initiiert. Der notwendige Kulturwandel fängt bereits bei der Initiierung dieser Enquetekommission an. Hier sollen nämlich Sachverständige zu Wort kommen. Es wird Platz geschaffen werden für Ideen, für wissenschaftliches Know-how, für eine offene Diskussion mit allen beteiligten Akteuren. Vielen Dank.
Frau König, Frau Walsmann, die Begrifflichkeiten, die müssen Ihnen möglicherweise noch einmal erklärt werden.
E-Government ist ein Instrument, was vorrangig die elektronische Unterstützung des Verwaltungshandelns fokussiert. Also E-Government ist eine Teilmenge des Open Governments.
Sie brauchen hier nichts zu zitieren. Wikipedia zu zitieren ist übrigens höchst unprofessionell.
Open Government hingegen fordert einen Kulturwandel, der auch landläufig als offene Staatskunst bezeichnet wird. Das heißt, ein E-Government, eine funktionierende Infrastruktur, eine funktionierende digitale Infrastruktur ist die Voraussetzung für Open Government.
Zum Thema „Finanzen“: Die Flickschusterei, die die Landesregierung in den letzten Jahren bei der Herstellung digitaler Infrastruktur betrieben hat, ist ein größeres Finanzdesaster als jetzt mal ein paar Euro in die Hand zu nehmen,
um dieses Thema Open Government allumfänglich zu beleuchten.
Vielleicht für alle hier im Saal: Thüringen steht beim Thema „Digitalisierungsstrategie“ hintenan. Es gibt im Vergleich zu allen anderen Bundesländern noch nicht einmal einen Chief Information Officer. Mit Open-Government-Konzepten kann den sich vergrößernden Entfernungen zwischen Rathaus und Bürger bei einer Gebietsreform auch wirkungsvoll begegnet werden. Das sollte man hier nicht unerwähnt lassen. Auch vor dem Hintergrund des aufzustellenden Landeshaushalts ist es wichtig, konkrete Umsetzungsmaßnahmen mit zeitlich fixierten Meilensteinen zu definieren und die gegebenenfalls auch Initialkosten vorab zu berücksichtigen. Genau dieses Strategiepapier der Landesregierung enthält keine fixierten Meilensteine. Das sind nur Willensbekundungen.
Mit der Enquetekommission soll ein Arbeitsgremium geschaffen werden, um diese Willensbekundungen auch umzusetzen. Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, es geht um die
Stromtrasse in Ostthüringen
Laut Zeitungsberichten (vgl. „Freies Wort“ Suhl vom 22. Januar 2015) geht Ministerpräsident Bodo Ramelow aufgrund eines Gesprächs mit einem Vertreter der Geschäftsführung des Übertragungsnetzbetreibers 50Hertz Transmission GmbH davon aus, dass es nicht zu einem Neubau einer Stromtrasse in Ostthüringen kommt und stattdessen die Verstärkung bestehender Leitungstrassen erfolgen soll. Diese Darstellung wurde jedoch vom Unternehmenssprecher der 50Hertz Transmission GmbH in Frage gestellt.
Ich frage die Landesregierung:
1. Gibt es eine rechtsverbindliche Zusage des Übertragungsnetzbetreibers 50Hertz Transmission GmbH gegenüber der Landesregierung, wonach dieser auf die Planung oder Errichtung von neuen
Stromtrassen in Ostthüringen, insbesondere auf die Errichtung einer Gleichstromtrasse, verzichtet?
2. Falls Frage 1 verneint wird: Ist eine entsprechende rechtsverbindliche Zusage der Landesregierung von 50Hertz Transmission GmbH avisiert worden?
Danke schön.