Protokoll der Sitzung vom 22.06.2000

Mehrfach durch uns erfragt, gibt es regierungsseitig keine nachhaltige Analyse und Berechnung allein der jetzt schon offensichtlichen kommunal-, arbeitsmarkt-, bildungs-, ju gend- und gesundheitspolitischen Folgekosten des Standardabbaus in den Kitas. Ohne inhaltliche Debatte zum Beispiel auch zur Qualität und zu Erwartungen an Kindereinrichtungen wurde zur Sicherung der Kürzungen nun eine fol genreiche Gesetzesnovelle hingeschludert. Die Zahl persönlicher Erklärungen, Wenn- und Aber-Erklärun gen und auch Stimmenthaltungen und die ungewöhnlich große Verbreitung von Bauchschmerzen in den Koalitionsfraktionen belegen dies.

Die PDS-Fraktion ist nach den Debatten in den Ausschüssen und in Auswertung der Anhörung vom 24. Mai in ihrer Position bestärkt: Die Änderung des Kita-Gesetzes in der beabsichtigten Form ist eine politische Fehlentscheidung.

Unter dem Eindruck der Haushaltsdebatte gestatten Sie mir doch die Frage: Warum wird ausgerechnet im Zusammenhang mit der Kita-Frage derart drohend die große ideologische Keule geschwungen? Ihrer Meinung nach endet die Debatte um Neuordnung des bundesdeutschen Finanzausgleichs angeblich, einem Naturgesetz gleich, mit einer gravierenden Verringerung der Zuweisungen für Ostdeutschland. Wieso denn eigentlich, wenn der Aufschwung kommt, wenn doch die Gewinne steigen? Ausgerechnet wegen der Kindergärten? Wollen Sie die Brandenburgerinnen und Brandenburger verunsichern, Entsolidarisierung und Verlustängste befördern? Soll der landesweite Protest gebrochen. das begründete Festhalten am uneingeschränkten Rechtsanspruch für alle Kinder als Luxusstreben und Verschleuderung öffentlicher Mittel denunziert werden? Meinen Sie in der Regierung, wir sollten dankbar sein für das, was uns zugestanden wird, und nicht unbotmäßige Forderungen stellen? Ich denke, der solidarische Ausgleich im Rahmen des Bundes ist im Grundgesetz verankert und kein Akt von Fremdbestimmung oder Gnade. Solange Sie mir nicht beweisen, dass Bayern in seiner fast 40-jährigen Geschichte als Nehmerland von den Geberländern verboten bekam, Kita-Strukturen aufzubauen, lassen Sie uns bitte mit dieser West-Ost-Neiddebatte in Ruhe,

mit der Sie doch nur Ihre eigene strategische Schwäche und Ideenlosigkeit bemänteln wollen!

(Beifall bei der PDS)

Wenn Sie auf der Bundesebene genauso argumentieren, wie hier im Landtag, dann wundert es mich nicht, dass Ihre Ministerkollegen West immer noch eine vorsintflutliche und lebensferne Vorstellung von der ostdeutschen Realität haben.

Zur Begründung unserer Anträge im Einzelnen: Wir bleiben bei unserer Auffassung, dass im § 1 der Rechtsanspruch auf Erziehung, Bildung und Versorgung in einer wohnortnahen Kindertagesstätte für jedes Kind bis zum Ende der Grundschulzeit verankert bleiben sollte. Die Argumente von Regierung und SPD-Fraktion sind hier ausschließlich fiskalischer Natur. Das Kind, Herr Reiche, sollte den Rechtsanspruch haben. Eltern sollen auf dieser Grundlage die Möglichkeit haben, unter Beachtung ihrer Bedürfnisse eigenverantwortlich über die Inanspruchnahme eines Kita-Platzes zu entscheiden. Eltern sollen nicht begründen müssen, warum sie ihr Kind über die Mindestbetreuungszeit hinaus in der Kita lassen wollen oder müssen und dann, je nach dem, eine Zu- oder Absage bekommen. Das meinte ich gestern mit Gnadenakt

Unser Antrag richtet sich gegen die Möglichkeit, die Betreuungsansprüche von Kindern erheblich zu reduzieren und bestimmte Kinder, zum Beispiel die unter zwei oder über zehn Jahren oder Kinder von Arbeitslosen, zeitweise oder ganz aus der Betreuung in einer Kindertagesstätte auszuschließen. Unser Antrag ist zugleich ein klares Votum gegen die Absenkung der Qualität der Erziehungs- und Bildungsarbeit in den Kindertagesstätten.

An der inhaltlichen Untersetzung dieses Rechtsanspruches und an der Formulierung des eigenständigen Bildtrogs-, Erziehungsund Betreuungsauftrages der Kitas müssen nach Auffassung der PDS-Fraktion in Zukunft die fachliche und die politische Ebene gemeinsam arbeiten.

Der Entwicklungspsychologe Prof. Jühlisch hat in der Anhörung ganz klar die Anforderung formuliert, präventive Arbeit im umfassenden Sinne und dringend als Aufgabe in einem modernen Kita-Gesetz zu verankern. Darunter versteht er zum Beispiel die Früherkennung von Entwicklungsauffälligkeiten, Mitarbeit an Therapien und Rehabilitation, was die gezielte und andauernde Vernetzung der Arbeit von Kitas mit Behandlungseinrichtungen, Familien und Schulen voraussetzt. Qualitätssicherung und Evaluation müssen gesetzlich festgeschrieben werden.

Der 10. Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung von 1998, der brandenburgische Kinder- und Ju gendbericht von 1999 wie auch der Bericht zur sozialen und gesundheitlichen Situation der brandenburgischen Schulanfänger aus diesem Jahr belegen den Handlungsbedarf ganz klar. Kinderarmut ist ein Entwicklungsrisiko. Es gibt immer mehr Kinder mit psychischen Störungen und nicht genug Möglichkeiten ihrer psychosozialen Betreuung. Hier ist ein Umdenken gefordert Die Arbeit muss an der Qualität ansetzen.

(Beifall bei der PDS)

Die Erweiterung der Möglichkeiten und die Verantwortung der Kitas müssen diskutiert werden. Die Diskussion dazu steht eigentlich erst am Anfang.

In diesem Zusammenhang begrüßen wir, dass durch einen Konsens von Koalition und PDS in § 3 nunmehr wieder der eigenständige Erziehungs-, Betreuungs- und Versorgungsauftrag von Kitas und die Vorbereitung auf die Grundschule als Aufgabe verankert sind.

Es hat mich verwundert, dass Sie im Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport die von der PDS vorgeschlagene Kompromissregelung abgelehnt haben, wonach ein Betreuungsvertrag nicht gegen den Willen der Eltern gekündigt werden sollte, wenn innerhalb der folgenden sechs Monate wieder ein Rechtsanspruch aufgrund der Vollendung des zweiten Lebensjahres des Kindes besteht. Gerade im Interesse der Verlässlichkeit von Beziehungen der Kleinstkinder wäre dies ein dringendes Gebot. Sie tragen doch das Kindeswohl immer als Fahne vor sich her, besonders die Kolleginnen von der CDU.

(Beifall bei der PDS)

Die Mitwirkung des Kita-Ausschusses sowohl in inhaltlicher Sicht als auch hinsichtlich der Festlegung der Öffnungszeiten gehört zu den wichtigsten demokratischen Errungenschaften des Kita-Gesetzes. Sie soll deshalb im bisherigen Umfang, geregelt in § 7, erhalten bleiben. Herr Minister Reiche, gerade Sie betonen in der Debatte immer wieder die demokratischen Errungenschaften seit 1989. Was stört Sie nun ausgerechnet im Fall des Kita-Ausschusses an mehr Demokratie?

Besonders wichtig ist mir unser Antrag zum § 12 Abs. 2. Für Kinder mit einem besonderen Förderbedarf nach dem BSHG ist die Aufnahme in eine Kita sowie die diesem Bedarf entsprechende Förderung und Betreuung zu gewährleisten. Die Gruppengröße und die personelle Besetzung in diesen Gruppen sind den besonderen Anforderungen im Einzelfall anzupassen. Für diese Kindergruppen mit besonderem Förderbedarf und für die betroffenen Eltern stellt die Streichung des Rechtsanspruches für Kinder im Alter von über zehn Jahren ein besonderes Problem dar. Darauf haben wir mehrfach hingewiesen. Unser Änderungsvorschlag in Absatz 2 zielt darauf, die Bedingungen für die Betreuung von Kindern mit Behinderungen oder sonstigem Förderbedarf zu verbessern. Ein vorhandener Förderbedarf darf kein Ausschlussgrund für eine Betreuung sein. Hier hat unter anderem das Behindertenpolitische Aktionsbündnis des Landes Brandenburg allen Abgeordneten seine Stellungnahme zukommen lassen. Die im Gesetzentwurf vorgesehene Formulierung halten wir für nicht weitgehend genug.

Zum § 16: Wir meinen heute erneut, dass der Landeszuschuss in der bisherigen Höhe erhalten bleiben sollte. In den Folgejahren sollte auch die Höhe und nicht nur seine Verteilung der tatsächlichen Kinderzahl und der Personalkostenentwicklung angepasst werden.

Der Umfang der Landesförderung soll dem Bedarf auf der Grundlage eines uneingeschränkten Rechtsanspruches entsprechen und Mehrkosten für die Eltern sowie für die Leistungsverpflichteten vermeiden. Mit der bisher von Ihnen vorgesehenen Regelung wird der Eindruck verstärkt, die Landesbeteiligung an

der Kita-Finanzierung über die so genannte Kinderkostenpauschale soll sowieso langfristig nur geringer werden.

Wollen Landesregierung und Koalition diese Botschaft vermitteln? Mit der Festlegung, die Pauschale auch dem Umfang des Tagesbetreuungsangebots anzupassen, würde die ursprüng liche Zusage gebrochen, allein die Entwicklung der Kinderzahl zum Maßstab zu machen. Es ist abzusehen, dass damit eine Spirale zum weiteren andauernden Abbau von Kita-Plätzen in Gang gesetzt würde. Dies wollen wir vermeiden.

Ein entscheidendes Problem stellt für uns die Frage der Verankerung des Mindestpersonalbedarfs im Gesetz dar. Die bisherige Bemessungsgröße für Landeszuschüsse lässt sich unseres Erachtens nicht wie vorgesehen in eine geänderte Finanzierungsstruktur zur Bemessungsgröße für die pädagogische Arbeit transformieren. Für regelungsbedürftig halten wir insbesondere den tatsächlichen Mindeststandard für die Personalausstattung. Bereits nach bisheriger Rechtslage - Sie kennen die Praxis bestehen erhebliche Schwierigkeiten, die Personalausstattung in so genannten Randzeiten zu gewährleisten. Mit kürzeren, gleichzeitig weiter differenzierten Betreuun gszeiten würden sich diese Probleme noch verschärfen.

Die von uns vorgeschlagene Neuregelung soll dem entgegenwirken. Wir denken, dass für die pädagogische Arbeit während der gesamten Öffnungszeit gewährleistet sein muss, dass für Kinder unter drei Jahren mindestens eine Fachkraft für jeweils sieben Kinder, für Kinder im Alter von drei Jahren bis zur Einschulung mindestens eine Fachkraft für jeweils 13 Kinder und für Kinder im Grundschulalter mindestens eine Fachkraft für jeweils 18 Kinder als Betreuungsperson anwesend ist. Dies ist aus unserer Sicht kein Personalschlüssel als Rechengröße, sondern als pädagogischer Mindeststandard. Deshalb schlagen wir die Regelung in § 10 vor.

Meine Damen und Herren, die Änderungsanträge der PDS-Fraktion beziehen sich ausdrücklich auf Forderungen und Hinweise der Pädagoginnen und Pädagogen, der Eltern und der Kommunen. Sie berücksichtigen Schlussfolgerungen aus den Einwendungen und den Protestschreiben, die dem Landtag zugingen. Sie gehen davon aus, dass es einer soliden inhaltlichen Ausgestaltung und finanziellen Ausstattung der brandenburgischen Kitas bedarf und dass im Interesse der Kinder der bisherige Standard im Wesentlichen nicht abgesenkt werden darf.

Es gab im Verlauf der Debatte seit Jahresbeginn kein Argument der Landesregierung oder der Koalition und keine praktisch nachvollziehbaren Erfahrungen, die uns vom Gegenteil überzeugt hätten. - Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS)

Das Wort geht jetzt an die SPD-Fraktion. Frau Abgeordnete Siebke, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir zum Beginn meiner Ausführungen einen kurzen Exkurs in die

Geschichte. Ich meine, es ist für die heutige Debatte und deren Verständnis ganz hilfreich, wenn wir das tun.

Der Kindergartengedanke reicht bis in das 19. Jahrhundert zurück. Er wurde in Deutschland und in der Schweiz geboren und weiterentwickelt. Es verwundert daher nicht, dass das Wort „Kindergarten" als eines der wenigen deutschen Wörter in andere Sprachen Eingang gefunden hat.

Die Industrialisierung veränderte die Struktur der Gesellschaft grundlegend. Dörfliche Strukturen mit ihren Großfamilien lösten sich auf; die soziale Situation insbesondere der nun in Städten lebenden Arbeiterfamilien, in der Regel nur noch aus Eltern und Kindern bestehend, machte Erwerbstätigkeit beider Eltern notwendig. Kinder arbeiteten zum Teil selbst oder wurden im Kleinkindalter von ihren Müttern mit in die Fabriken genommen. Die Lebenssituation der Kinder in den unteren Bevölkerungsschichten forderte Veränderung.

Die zunehmend laut werdende Forderung nach gleichen Rechten für Männer und Frauen in der Gesellschaft gehört genauso in die Geschichte des Kindergartens. Das Recht der Frauen auf die Entwicklung ihrer Fähigkeiten, auf die Mitgestaltung der Gesellschaft, auf Unabhängigkeit schließt das Recht auf Berufstätigkeit ein.

Die Verbesserung der Lebensbedingungen der nicht Privile gierten, die Angleichung der Entwicklungschancen der Kinder aller sozialer Schichten sowie die Herstellung der Gleichberechtigung von Frau und Mann sind Grundpositionen der Sozialdemokratie und haben ihr Handeln seit ihrem Bestehen bestimmt.

Es verwundert deshalb nicht, dass die Förderung öffentlicher Kinderbetreuung ein wesentliches Merkmal sozialdemokratischer Politik ist.

(Beifall bei der SPD)

Der Erhalt vorhandener Strukturen der Kindergärten und Hortbetreuung war deshalb Wille der SPD in Brandenburg und führte zu einem Kindertagesstättengesetz mit Vorbildwirkung fair andere Bundesländer.

Die uns heute vorliegende Kita-Novelle beinhaltet Einschnitte in das umfassende Recht von Kindern im Vorschul- und Grundschulalter auf Aufnahme in die Kindertagessterenbetreuung. Mein vorheriger Ausflug in die Geschichte macht deutlich, dass es uns Sozialdemokraten mehr als schwer fällt, an einem idealen Gesetz, was den Rechtsanspruch auf Betreuung betrifft, zu rütteln. Er begründet aber auch, dass die Kita-Novellierung in den letzten Monaten das zentrale Thema innerhalb der brandenburgischen SPD und vor allem in der SPD-Landtagsfraktion gewesen ist.

Weit vor dem offiziellen parlamentarischen Verfahren haben wir gemeinsam mit dem zuständigen Minister die Betroffenen in die Novellierung einbezogen und abgewogen, was möglich ist. In öffentlichen Diskussionen mit Eltern und Erzieherinnen, in Gesprächen mit den Vertretern der Kommunen und in Anhörungen aller Gruppierungen in der SPD-Fraktion und später im parlamentarischen Verfahren wurde das Vorliegende immer wieder abgewogen und bis zum Beginn des parlamentarischen Verfahrens bereits verändert.

Frühzeitig hat sich die SPD-Fraktion Eckpunkte für eine KitaNovelle gesetzt. die ständig Gegenstand bei der Bewertung des Gesetzestextes waren und sind. Ich will sie heute noch einmal nennen. Erstens, das Kindeswohl muss gewahrt bleiben; zweitens, die Vereinbarkeit von Familie und Berufstätigkeit von Müttern und Vätern muss gewährleistet sein und drittens dürfen die Städte, Kreise und Gemeinden durch die Novellierung des Gesetzes nicht unbotmäßig zusätzlich belastet werden.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Ferner sollen die Städte und Gemeinden eine weitreichende Eigenständigkeit bei der Gestaltung der Kinderbetreuung erhalten.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und CDU)

Betrachte ich die uns nun heute zur Entscheidung vorliegende Kita-Novelle unter den genannten Gesichtspunkten, so komme ich zu der folgenden Bewertung: Das Kindeswohl definiert sich unter anderem aus dem Recht auf eigene Persönlichkeit und auf deren Entfaltung. Dies gilt in der Familie, aber auch für das Recht, familienergänzende Förderung der Persönlichkeitsentwicklung in Anspruch nehmen zu können. In § 3 des Kindertagesstättengesetzes ist der eigenständige Bildungs- und Erziehungsauftrag der Kindertagesstätten benannt. Die Entfaltung der körperlichen, geistigen und sprachlichen Fähigkeiten der Kinder stehen genauso im Mittelpunkt wie soziale Kompetenzen, die Erziehung zur Toleranz und zu einem verantwortungsvollen Umgang mit der Umwelt. Der Auftrag, die Kinder altersgerecht auf die Schule vorzubereiten, wird in der Novelle noch verstärkt. Kinder haben entsprechend dem neuen § 1 des Kita-Gesetzes unabhängig von der familiären Situation einen Rechtsanspruch auf den Besuch einer Kita vom dritten Lebensjahr an. bis zum Eintritt in die Schule für sechs Stunden täglich, und vom ersten bis zum vollendeten vierten Schuljahr auf vier Stunden täglicher Hortbetreuung.

Der Bildungs- und Erziehungsauftrag der Kita kann in dieser Zeit bei guter Zusammenarbeit mit den Eltern und einer durchdachten Gestaltung des Kindergartentages erfüllt werden. Gleiches gilt für die Hortbetreuung bei einer Zusammenarbeit mit der Grundschule.

Ich kann die Kritik, dass eine soziale Ungleichbehandlung entsteht, wenn Kinder, deren familiäre Situation es erfordert, länger als sechs bzw. vier Stunden in der Kita bleiben, nicht nachvollziehen, weil auch jetzt bereits Kinder unterschiedlich lange im Kindergarten verweilen, was als selbstverständlich empfunden wird.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Für berechtigt halte ich die Befürchtungen, dass Kinder unter drei Jahren, die keinen uneingeschränkten Rechtsanspruch auf eine Kita-Betreuung mehr haben werden und die in problematischen Familienverhältnissen leben, benachteiligt werden können. Hier kommt es mehr noch als bisher darauf an, dass die Agierenden vor Ort verantwortungsvoll und schnell zusammenarbeiten, um die nach dem Gesetz möglichen und für das Kind richtigen Entscheidungen zu treffen.

Misstrauisch wird die Verstärkung des Akzents zur Betreuung der Null- bis Zweijährigen durch Tagespflege betrachtet. Tages

pflege hat sich bei uns durch das Vorhandensein einer flächendeckenden Krippenstruktur kaum etabliert und ist deshalb bei den Eltern fast unbekannt. Im Kinder- und Jugendhilfegesetz wird die Tagespflege der Kita-Betreuung gegenüber als nachrangig betrachtet. Richtig ist deshalb die beantragte und vom Ausschuss auch beschlossene Änderung in § 1, die eine vorrangige Betreuung der Kinder dieser Altersgruppe durch Tagespflege ermöglicht, aber nicht mehr verpflichtend vorschreibt.

Die Betreuung von Kleinkindern durch Tagesmütter kann, wie Anhörungen auch gezeigt haben, für die Entwicklung der Kinder vorteilhaft sein. Die Möglichkeit, die Tagespflege auszuweiten, ist richtig. Inwieweit sie sich durchsetzen wird, hängt von der Akzeptanz bei den Eltern ab.