Protokoll der Sitzung vom 22.06.2000

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD Wer so denkt und argumentiert. kann nicht die Zukunft gestal- ten, sondern verbaut Zukunft. Präsident Dr. Knnblich: Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Zwischenfrage der Abge- ordneten Frau Dr. Schröder zu? Dr. Ekler (CDU):

Lassen Sie mich bitte zu Ende sprechen.

Die wirtschaftspolitischen Forderungen der PDS hinsichtlich des Einzelplanes 08 haben damit weitgehend Alibicharakter. Die PDS fordert, dass durch den Landeshaushalt Bürgschaften für den Generationswechsel bei Handwerksbetrieben in Höhe von 10 Millionen DM übernommen und dass die Garantien für Kredite bei Filmproduktionen verdoppelt werden. Meine Damen und Herren von der PDS-Fraktion, die Antwort auf die Frage der haushalterischen Deckung blieben Sie uns schuldig. Andererseits: Warum werden Sie, wenn Sie solche Mittel für notwendig halten, nicht in Mecklenburg-Vorpommern aktiv? Ihre Kollegin hat Mecklenburg-Vorpommern mehrfach als Beispiel erwähnt. In Mecklenburg-Vorpommern haben Sie nicht nur auf diese Forderungen verzichtet, Sie haben sogar den Etat des Wirtschaftsministers seit 1998 kontinuierlich zusammengestrichen. Mehrere 100 Millionen DM wurden seit der Regierungsbeteiligung der PDS im Wirtschaftsetat gekürzt. Während der Anteil des Wirtschaftsetats einschließlich Verkehr 1998 rund 15 % am Landeshaushalt betrug, beträgt er im Jahr 2000 nur

noch 13 %, und das bei sinkendem Gesamthaushaltsvolumen. Die Investitionsquote von fast 26 % im Jahr 1998 ist im Jahr 2000 auf 22,9 % gefallen. Hier werden Prioritäten gesetzt, die den Vorstellungen von Ihnen, Frau Dr. Schröder, sicherlich ähnlich sind. Heute haben Sie die Katze aus dem Sack gelassen.

Herr Abgeordneter, lassen Sie jetzt eine Zwischenfrage zu?

Bitte schön!

Herr Abgeordneter, ist Ihnen bekannt, dass in MecklenburgVorpommern genau 50 % des Investitionsförderungsgesetzes Aufbau Ost an die Kommunen gehen und damit für kommunale und regionale Investitionen verwendet werden?

Ich wage zu bezweifeln, dass das an der Grundproblematik etwas ändert. Aber lassen Sie mich fortfahren.

zeugungen - das hat Frau Tack deutlich gesagt und das wird immer wieder deutlich -, die Sie daran hindern, diese Chancen zu erkennen. Nietzsche hat einmal maliziös gesagt:

„Überzeugungen sind gefährlichere Feinde der Wahrheit als Lügen."

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Es sind diese Überzeugungen, die Sie dazu treiben, ständig von der Landesregierung zu fordern, auf die Schaffung von 20 000 Arbeitsplätzen in Brandenburg durch den Großflughafen zu verzichten. Zur Gestaltung von Landespolitik gehört nicht nur Mut, sondern auch Verantwortungsbewusstsein und die Gabe, Chancen für die Region zu erkennen und zu nutzen.

Sie, Herr Vietze, haben sich gestern mit der erstaunlichen Feststellung an die SPD gewandt, der PDS sei aufgefallen, dass es einen Politikwechsel in Brandenburg gegeben habe. Die Polemik zielte nicht zuletzt darauf, einen Keil zwischen die Koalitionäre zu treiben. Wechsel als Synonym von Schwäche - diese Argumentation wendet sich bei genauerem Hinsehen gegen Sie selbst. Hier spiegelt sich Ihre statische Auffassung von Politik wider.

(Lachen bei der PDS ) Wir reden ja auch über die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Das ist doch das grundlegende Thema. Herr Bisky hat eindrucksvoll auf die sinkende Arbeitslosenquote in MecklenburgVorpommern als Ausdruck dieser Politik hingewiesen. Dabei hat er allerdings vergessen zu erwähnen, dass die Zahl der Abwanderung aus Mecklenburg-Vorpommern die Verringerung der Arbeitslosigkeit übersteigt. So kann man natürlich auch die Zukunft des Landes gestalten. (Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Herr Abgeordneter, es wird noch einmal das Begehren der Abgeordneten Frau Dr. Schröder nach einer Zwischenfrage deutlich.

Das stürzt mich in tiefe Verwirrung; denn die ökonomischen Schlängeleien kann ich manchmal nur schwer nachvollziehen.

(Klein [SPD]: Heißt das ja oder nein?)

- Das heißt nein.

Geben wir den Menschen keine Perspektiven, dann müssen sie sich woanders Arbeit suchen und Sie können die sinkenden Arbeitslosenquoten feiern.

Auch bei den Haushaltsverhandlungen hat die PDS-Fraktion nicht darauf verzichtet, Front gegen das internationale Drehkreuz Berlin-Brandenburg zu machen. Wie oft müssen wir hier noch auf die Chancen dieses Großprojektes hinweisen, bis Sie es aufgeben, den Menschen diese große Chance mit fragwürdigen Argumenten auszureden? Es sind Ihre ideologischen Über

Eines können Sie sich zugute halten, nämlich mit immer denselben schematisch-ideolo gischen Grundmustern vor einer sich ständig verändernden gesellschaftlichen Realität zu versagen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Ausdruck der Überlegungen der Koalition zum Haushalt und zur Regierungspolitik ist die Erkenntnis, die ich jetzt an Sie, Herr Vietze, zurückgebe: Die Welt wandelt sich. Was Sie bemerken, ist unser Bemühen, damit verantwortlich für Brandenburg umzugehen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Gerade in der Wirtschaftspolitik gibt es in der Koalition, auch in Abwägung mit anderen berechtigten gesellschaftspolitischen Zielen, einen lebendigen Wettstreit der Ideen. Die Denkverbote der Vergangenheit wurden gebrochen, ohne dass eine Partei inhaltliche Positionen aufgegeben hätte. Das Ergebnis ist für Brandenburg positiv. Machen Sie sich nichts vor: Die Brandenburger waren und sind in der Mehrheit innerlich gegen die Regierungsverantwortung der PDS.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Ich will nicht noch einmal im Einzelnen den Vorwurf wiederholen, dass Ihr Beitrag zur Haushaltsdebatte darin besteht, allen alles zu versprechen. Nur ein Versprechen geben Sie zugegebenermaßen nicht, nämlich das Versprechen, der nächsten Generation die Handlungsfähigkeit durch eine stabile Haushaltspolitik zu erhalten.

Ihre konsequente Verweigerung gegenüber haushalterischen Realitäten ist nicht direkt überraschend. Da gebe ich die Betrachtungen zum Thema zurück. Nimmt man alle Forderungen

der PDS zusammen, die Ausdruck der verschiedenen Hügel, Gruppen und Personen in der Partei sind, so ergibt sich insgesamt im Grunde genommen kein Bild, keine gesellschaftliche Utopie für die Zukunft Brandenburgs.

Es bleibt alles seltsam fragmentarisch - manch konstruktiver Ansatz, persönlich anständiges Engagement neben ideologischen Trümmerteilen, ostalgischem Ressentiment, populistischen Versatzstücken emotionaler Empörung gegen die da oben,

(Heiterkeit bei der PDS)

gegen die im Westen, gegen die Waffenhändler auf der ILA,

(Heiterkeit und Beifall bei CDU und SPD)

aber für den Internationalismus bei gleichzeitiger Bevorzugung regionaler Wertschöpfungsketten.

(Beifall bei CDU und SPD)

Die Haushaltsdebatte hat es wieder gezeigt: Es fügt sich in Wirklichkeit nicht zusammen. Die PDS ist für manches, sie ist gegen vieles, aber immer mehr wird die PDS zum gesellschaftspolitischen Phänomen, aber nicht zu einer Partei mit klaren Konturen.

Gesellschaft nicht immer meinen eigenen Anspruch getroffen, aber das, was Sie heute geleistet haben, hätte er mit einer Fünf bewertet.

(Beifall bei der PDS)

Lassen Sie mich noch eine Bemerkung zu Mecklenburg-Vorpommern machen. Ich finde es immer wahnsinnig interessant, dass Sie Mecklenburg-Vorpommern hier erwähnen. Würden Sie bitte einmal zur Kenntnis nehmen, dass die Struktur der Wirtschaftsförderung in Mecklenburg-Vorpommern völlig anders ausgerichtet ist! Meine Kollegin Kerstin Osten hat das eben schon eingeworfen. Es wird in Mecklenburg-Vorpommern versucht, über eine Stärkung kommunaler Investitionskraft in Verbindung mit einem Wirtschaftsetat hier ein Stück weit Beschäftigung und Wertschöpfung zu sichern.

Wenn Sie sich einmal die mittelfristige Finanzplanung ansehen, Herr Ehler. das Absinken von Investitionsquoten im Land Brandenburg ab dem Jahre 2002 - da besteht wohl kein Zweifel, dass es stattfindet. Wir haben doch jetzt nur ein Zwischenhoch und das wissen Sie genauso gut. Das sind übrigens die 190 Millionen DM, die aus der alten Strukturfondsperiode übrig geblieben und übertragen worden sind. Die Nagelprobe für den Wirtschaftshaushalt kommt erst im Jahre 2001.

(Vietze [PDS]: Sehr richtig! - Beifall bei der PDS) (Unruhe und Zurufe von der PDS)

Meine Damen und Herren! Die Koalition hat dagegen in kritischer und manchmal schwieriger Abwägung von Möglichkeiten und Zielen dem Wirtschaftsminister einen Etat zur Verfügung gestellt, mit dem er die Rahmenbedingungen für eine selbsttragende und zukunftsfähige Brandenburger Wirtschaft gestalten kann. - Vielen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)

Das Wort geht an die PDS. Für sie spricht der Abgeordnete Christoffers.

(Dr. Ehler [CDU]: Der einzig Vernünftige! - Beifall)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Ehler, ich würde ja gern dieses Kompliment zurückgeben, aber ich muss sagen, dass ich aus der CDU sehr viele vernünftige Leute kenne. Ob Ihre Rede heute einen Beitrag dazu geleistet hat, dass Sie dazu gehören, weiß ich nicht.

(Beifall bei der PDS)

Herr Nietzsche ist mir auch bekannt. Und da ich früher einmal in diesem Bereich unterrichtet habe, möchte ich das zurückgeben. Herr Nietzsche hat dieses Zitat, welches Sie erwähnt haben, grundsätzlich für alle überzeugend gemeint und nicht auf einige reduziert.

Das Zweite ist: Herr Nietzsche hat vielleicht in der Analyse der

Deswegen kann doch nur eins möglich sein: Die Messlatte, die an den Haushalt anzulegen ist, heißt: Wie wird das Zeitfenster genutzt, von dem Herr Vietze und auch Sie, Herr Ehler, heute gesprochen haben? Was muss ab 2006 in diesem Land Brandenburg passieren? Deswegen sage ich, dass wir nicht nur ein Zeitfenster ab 2006 haben, sondern wir haben darüber hinaus noch etwas zu berücksichtigen. Wir haben einen Handlungszeitraum, der sich deutlich reduziert. Was wir in den Jahren 2001/2002 nicht einleiten, wird nie wieder passieren in diesem Land.

(Beifall bei der PDS)