Protokoll der Sitzung vom 20.09.2000

Alte Kraftwerke. die ehemals auf Braunkohlenbasis befeuert wurden. werden derzeit unigerüstet und in Zukunft aus Biomasse Strom und Wärme für die Kommunen erzeugen.

Ich denke, dass trotz dieser Beispiele insgesamt festgestellt werden muss: Braunkohle bleibt die Basis zur Entwicklung der Lausitz und Brandenburgs insgesamt, und ich denke. sie wird auch noch an Bedeutung gewinnen. Ich glaube. dass es aufgrund des Ausstiegs aus der Kernenergie und auch aufgrund des internationalen Preiskampfes und der Verteuenuig auch von Erdgas in Zukunft eine weitere Chance für uns gibt.

Angesichts all dieser aktuellen Entwicklungen sollten wir unser Energiekonzept fortschreiben und es zu einem gemeinsamen Anliegen in diesem Haus machen. In diesem Sinne Glück auf!

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Ich danke Ihnen. Frau Abgeordnete Gregor. - Das Wort geht jetzt an die Landesre gierung. Herr Wirtschaftsminister Dr. Fürß. bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Thiel. ich erinnere mich. dass wir miteinander in Jänschwalde waren. Sie haben gehört. was ich gesagt habe, und Sie haben gehört. was gesagt worden ist. Ich habe wirklich Probleme zu verstehen. dass Sie sich hier herstellen und sagen. die Landesregierung müsse sich ihrer Verantwortung für den Braunkohlenbergbau bewusst sein. Sie haben doch damals ebenso wie alle anderen geklatscht. als wir unsere Aussagen gemacht haben. Ich hätte erwartet, dass Sie hier sagen: Wir unterstützen den Kurs der Landesregierung bei diesem Thema.

(Beif all bei CDU und SPD)

Es reicht nicht aus, populistisch mit 5 000 zu klatschen. Man muss auch in der politischen Verantwortun g hier im Parlament die gleiche Sprache sprechen.

(Beifall hei CDU und SPD)

Man müsste Sie einfach fragen: Haben Sie es nicht eine Nummer kleiner?

Für Sie. lieber Herr Claus. einfach eine Anregung: Ein Mindestmaß an sachlicher Vorbereitung auf einen Debattenbeitrag muss sein. um ernst genommen zu werden.

(Beifall des Abgeordneten Klein ]SPD] )

Wie kann man denn sagen. wir brauchten endlich ein Energiekonzept des Landes Brandenburg. wenn eines vorlie gt? Sie haben es nur nicht gelesen! Das ist Ihr Problem.

(Beifall hei CDU und SPD)

Meine Damen und Herren! Wenn man heute die Turbulenzen auf dem Ölmarkt und die Debatten dazu anschaut. kann man nur eines feststellen: Noch nie waren heimische Energieträ ger wichtiger als heute. Das Thema Energiewirtschaft, das Thema Braunkohlenbergbau steht auf der Agenda ganz oben. Brandenburg ist und bleibt das Energieland im Osten Deutschlands. Rund die Hälfte des in den neuen Ländern erzeu gten Stromes entsteht in Brandenburg. Energie- und Braunkohlenwirtsehaft beschäftigen - je nachdem, wie man rechnet - zwischen 15 000 und 20 000 Menschen. also sind das strukturbestimmende Branchen. die man nicht einfach über einen Wunschkatalog unidiskutieren kann. Deshalb die klare Aussage der Landesregierung: Es werden auch in Zukunft strukturbestimmende Branchen in diesem Lande bleiben.

(Vereinzelt Beifall bei CDU und SPD)

Das im Jahre 1996 erarbeitete Energiekonzept bildet bis heute die Grundlage für unsere energiepolitische Arbeit. Die Ziele, die damals gesetzt worden sind. gelten unverändert. Sie waren damals richtig und sie sind heute richtig. Das heißt nicht, dass

wir nicht die Entwicklungen anpassen müssten. Wir müssen zum Beispiel anpassen. was aus den Konsequenzen des liberalisierten Stminmarktes entstanden ist. Wir müssen anpassen aufgrund der Entscheidung der Bundesregierung zum Ausstieg aus der Atomenergie. Also. wir müssen Anpassungen vornehmen. Wir tun das. Wir werden das im Jahre 2001 dem Parlament vorlegen. Dann lassen Sie uns in Ruhe darüber diskutieren. damit wir auch in Zukunft die richtigen Parameter R- unsere Debatte haben.

Meine Damen und Herren! Über 6 Milliarden Tonnen Braunkohle sind in der N iederlausitz wirtschaftlich abbaubar. So steht es im Energiekonzept und das hat sich nicht geändert. Die Braunkohlenplanung als besondere Form der Regionalplanung ist Teil der Landesplanung und bleibt Teil der Landesplanung. Die Auswahl der langfristig wenerzufährenden Tagebaue erfol gt unter wirtschaftlichen_ sozialen und ökologischen Gesichtspunkten.

Mit dem Braunkohlengnindlagengesetz wurde die Grundsatzentscheidun g zur Weiterführung des Braunkohlenabbaus in der Region Lausitz-Spreewald getroffen. Wir arbeiten im Momentdas wissen Sie. wir haben Sie bereits informiert - an der Heilung, der vom Verfassungsgericht aufgezeigten Mängel bei der Braunkohlenplanung,_ uni schnellstmöglich Planungssicherheit für den Braunkohlenbergbau wiededrerzustellen.

Die Braunkohlenpolitik des Landes hat sich auch im libentlisierten Strommarkt bewährt. Der ostdeutsche Braunkohlenstrom ist wettbewerbsfähig. Er wird in den weltweit modernsten Braunkohlenkraftwerken produziert. Die Diskussion um den Verkauf von VEAG und LAUBAG zeigt ja ganz deutlich. wenn Sie die Angebote sehen. dass die VEAG zwar aktuelle wirtschaftliche C'ashflow-Probleme hat. dass sie aber ein interessantes Unternehmen ist; denn sonst würden die Angebote so nicht auf dem Tisch liegen, sonst würden die Leute nämlich nicht mehr bieten. Also ist da etwas. worum es sich zu handeln. zu streiten und zu diskutieren lohnt. Wir als Landesregierung werden in diesem Prozess unseren Einfluss geltend machen, um sichtbar zu machen, dass wir langfristig davon ausgehen. dass diese Region eine Energieregion bleibt.

Ein wesentliches Ziel ist dabei die sozialverträgliche Begleitung des wirtschaftlichen Umstrukturierungsprozesses in der Lausitz. Wir sind uns darüber im Klaren, dass die Braunkohlenförderung dort endlich ist. Wir alle wissen. wir rechnen mit Zeiträumen von 18 bis 20 Jahren. Also müssen wir langfristige Konzeptionen entwickeln.

Aber das heißt zunächst einmal deutlich zu machen. dass das nicht unter Verzieht auf Braunkohlenbergbau und -verstromung geht, sondern es muss ein Miteinander in diesem Prozess möglich sein. Und Sie sehen ja viele Ansätze in der Lausitz. die über Energiepolitik hinausgehen. die sichtbar machen. dass sich diese Region in einer Dynamik befindet. wie das vor ein paar Jahren noch gar nicht denkbar war.

Herr Kollege Birthler wird nachher noch einige Ausführungen zum Thema erneuerbare Energien und zu den Strategien der Landesregierung in diesem Bereich machen. Ich will hier nur hinzufügen. dass der Ausbau der erneuerbaren Energien auch den Technologiestandort Brandenburg stärkt. Alles. was wir in diesem Bereich unternehmen, ist nicht nur unter ökologischen

Aspekten interessant. sondern auch unter technologisch-wirtschaftlichen Aspekten, denn es stärkt die Wettbewerbsfähigkeit von Untentehmen in diesem Bereich.

Wir hatten vor kurzem in Conhus eine Konferenz mit Unternehmern aus dem Bereich emeuerharer Energien. Auf dieser Konferenz waren über 150 Brandenburger Unternehmen vertreten. die sich mit diesem Thema beschäftigen. Wer Augen hat zu sehen und Ohren hat zu hören. konnte feststellen. dass es nicht um die Finanzierung irgendwelcher Besehäftwungsprogramme ging. sondeni uni wettbewerbsfähige Strukturen für die Zukunft. Deshalb müssen wir alle wirtschaftlich erschließbaren Energiesparpotenziale nutzen. Energiegewinnung. Energieumwandlung. Energietransport und Energieanwendung - das sind die ier Pfeiler. auf denen die Energiepolitik in der Zukunft basieren wird.

Meine Damen und Herren! Dieses Handlungskonzept ist auch aus folgendem Grund wichtig: Wenn wir die beabsichtigte EUweite Einführung des Handels mit Emissionszertifikaten in Betracht zielten. so müssen wir uns schon unter diesem Aspekt mit diesem Thema sehr intensiv beschäftigen. Das werden wir auch tun.

Eine letzte Anmerkung: Die Brandenburgische Energie-Agentur BEA - wird im Rahmen der Zukunftsagentur des Landes Brandenburg gemeinsam mit den Wirtschaftsfördereut und den Technologen in Zukunft schon bei der Planung von Unternehmen eingesetzt werden und sehr viel stärker auch im industriellen bzw. im Dienstleistungsbereich und nicht nur im Bereich der privaten Beratung tätig sein. Sie selten: Wir werden unser Konzept weiterentwickeln. aber wir haben eines. auf das man aufbauen kann. Die Bürger des Landes können sich darauf verlassen. - Vielen Dank!

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke Heini Minister Fümiß. - Das Wort geht noch einmal an die Fraktion der PDS. Herrn Abgeordneten Thiel. Sie müssen sich allerdmus kurz fassen; Sie haben noch zweieinhalb Minuten.

Herr Präsident? Meine Damen und Herren! Herr Minister Fürniß. ich war in Jänschwalde, weil die Gewerkschaften die Betriebsräte zur Solidarität mit den Berg- und Energiearbeitern aufgefordert harten. Vorher hatte ich aber auch sehr oft Homo besucht. weil mich auch die Sorgen der tlomoer interessierten. Ob ich bei Ihren Argumenten geklatscht habe. weiß ich nicht: ich glaube es nicht, weil ich zu gehört habe.

(Heiterkeit bei der PDS)

Herr Umriß. das Problem liegt in Folgendem: Ich würde keine Noten an Abgeordnete verteilen und in dieser Weise ihre Aussagen werten.

(Beifall hei der PDS)

Was die Konzepte angeht. so gebe ich Ihnen vollkommen Recht.

Ich habe vorhin im Rahmen der kurzen Redezeit versucht. es darzulegen. Es wird ein Nebeneinander geben müssen. Auf der einen Seite wird etwas abnehmen. auf der anderen Seite etwas zunehmen. Das ist der Trend der Zeit.

Ich hin auch dankbar dafür, dass die Restnutzungsdauer des Kraftwerkes Jänschwaldc angesprochen wurde. denn die Hauptfrage für uns als Politiker lautet: Gibt es eine Zukunft der Lausitz nach der Kohle'? Das könnte in Jänschwalde sehr schnell aktuell sein.

(Beifall hei der PDS)

Herrn Habermann schätze ich sehr als Energieexperten. Aber die Aussage. dass wir die Ziele der Klimakonvention nicht erreichen werden. ka nn uns doch nicht ruhig lassen. Übrigens ist in diesem Land auch noch eine Verkehrswende notwendig.

Es geht auch um die Warnehmungen in der Öffentlichkeit. Deshalb möchte ich die Öffentlichkeit ganz einfach zu Wort kommen lassen. In der..Lausitzer Rundschau" habe ich gelesen:

„Die PDS hat weder in Brandenburg noch in Sachsen Regierungsverantwortung. Sie könnte sich also mit der bloßen Kritik an der Regienin g begnügen. etwa dass die Landespolitik hier wie da in der Problemregion Lausitz bisher versagt habe. Das tut sie auch. Aber sie belässt es nicht dabei. sondern macht sich Gedanken um die Region. tüftelt an Konzepten. drängt auf Einleitung des Strukturwandels. solange die Region noch industrielle Standbeine besitzt. Brandenburgs und Sachsens PDS tun das, was Regicrun gsparteien länderübergreifend einfach nicht hinbekommen. Da kämpft jeder weiter in seiner Lausitz statt gemeinsam in einer Lausitz.

Schönen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der PDS - Freese [SPDI: Das. was Sie vor- tragen, ist falsch!)

Ich danke dem Abgeordneten Thiel. - Das Wort geht noch einmal an die Landesregierung. Herr Minister Birthler. bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Umwettpolitische Notwendigkeiten und Anforderungen setzen wesentliche Ziele für die Energiepolitik. Bis in die 90er Jahre wurde vielfach befürchtet. uniweltpolitische Forderungen würden den wirtschaftlichen Fortschritt behindern. Einige denken noch heute so. Heute sehen wir allerdings. dass umweltpolitische Ansprüche oft der Motor für die wirtschaftliche Entwicklung sind.

(Beifall der Abgeordneten Frau Dr. Enkelmann [PDS])

Umweltbezogene Energiepolitik schont die Ressourcen der Erde. erhält ökologisches Gleichgewicht und begrenzt den Ausstoß von Klimagasen. Dadurch bleiben Naturkreisläufe und Nahrungsmittelproduktion funktionsfähi g. Energiesparmaßnahmen und erneuerbare Energien v ennindern die Abhängigkeit

von Importen und Preiserhöhungen und erhöhen die heimische Wertschöpfung.

Das Treibhausproblem ist eines der entscheidenden. denen sich

die Energiepolitik heute stellen muss. Die Landesregierung wählt daher unter den energiepolitischen Optionen diejenigen aus. die einerseits ein zuverlässi ges. breit gefächertes und kostengünstiges Energieangcbot sowie Arbeitsplätze und Wenschöpfung im Land sichern, gleichzeitig aber auch zu höchster Effizienz hei der Energiebereitstellun g und -nutzung. zur Energieeinsparung und zum zügigen Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energieträger führen. Brandenburgische Stromerzeuger nutzen beispielsweise in Neuanlagen konsequent die besten verfügbaren Kraftwerkstechniken. Dadurch gelingt es, aus Braunkohle Strom zu erzeugen, der sich auch unter Umweltgesichtspunkten nun dem Strom anderer fossiler Kraftwerke messen lassen kann.

Auf dieser Grundlage bekennt sich die Landesregiertmg auch weiterhin zur Nutzung der Braunkohle als dem wichtigsten heimischen Energieträger. Parallel dazu wird aber auch, vor allen Dingen m der Braunkohlenre gion Lausitz, die vorhandene Energiekompetenz für den aktiven Strukturwandel genutzt.