Protokoll der Sitzung vom 20.09.2000

deskinder auch in kleinen und unabhängigen Gemeinden schaffen zu können.

Man kalkuliert bereits offen mit einem unglaublichen weiteren Aderlass von l 2 "a, der Bürger in den dünn besiedelten Gebieten von Brandenburg bis zum Jahre 20! 5 - erwartungsgemäß dürfte dieser dann noch höher ausfallen und bei gleichbleibender Politik auch noch schneller eintreffen - und das, obwohl vor allem die Jugend in den letzten Jahren bereits in großer Zahl tschüs! sagte und sich die Geburtenzahlen halbierten und teilweise erteilen.

Damit bekennt man sich zum eigentlichen politischen Konkurs und zur Unfähigkeit. die jetzige Bevölkening im angestammten Siedlungsgebiet zu halten. Im Zuge von Europa und dem Traum von einer multikulturellen Gesellschaft Filmt Millionen von neuen Bundesbürgern schafft man es nicht einmal. weni ge hunderttausend Brandenburger lin eigenen Land zu halten: vielleicht auch gerade deswegen nicht.

Die Situation erinnert fatal an die Zeiten. als dank der Fürstenund Gutsbesitzerpolitik im Land viele verarmte Landeskinder in die Neue Welt auswanderten. Doch heute gibt es keine Neue Welt mehr. die man noch besiedeln könnte, und so träumt man weiter von finanzstarken amtsfreien Gemeinden mit mindestens 5 (10(1 Einwohnern.

Die FDP. die im Lande selber politisch nur noch rauer dem Mikroskop zu erkennen ist. fordert sogar Großgemeinden mit mindestens 12 5(X) Einwohnern. Wahrscheinlich nur deshalb. uni mit dem verbliebenen Personal bei den nächsten Kommunalwahlen jeweils wenigstens noch mit einem Kandidaten auf den Stimmzetteln zu stehen.

Sinnvolle Politik im Sinne einer bürgerfreundlichen Verwaltung kann das jedoch nicht sein. Daher haben wir als Fraktion der Deutschen Volksunion nicht nur Verständnis für die vielen vorgebrachten Kritiken an den in den Leitlinien der Landesregierung vorgesehenen Maßnahmen zur angeblichen Stärkung der Gemeinden. sondern wir teilen diese auch. Bei einer verantwortungsbewussten Wirtschafts- und Finanzpolitik für das eigene Volk wäre es leicht möulich, alle jetzigen Gemeinden finanziell derart auszustatten, dass sie weiterhin selbstständig und frei ihre Bürger betreuen können.

Wir als Fraktion der Deutschen Volksunion lehnen im Landtag Brandenburg die Leitlinien der Landesregierung für die Entwicklung der Gemeindestruktur im Land Brandenburg ah. Den Entschl ießungsantrag der PDS-Fraktion unterstützen wir aber. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Das Wort geht an den Abgeordneten Petke. Er spricht für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Minister Schönbohm führte gerade zum Leitbild der Landesregierung für die Entwicklung der Gemeindestruktur in Brandenburg aus. Lassen Sie

mich mit der Feststellung beginnen, dass es im Land. was dieses Thema betrifft. tatsächlich Ängste vor Veränderungen gibt. Ängste auch vor dem Neuen.

Doch. meine Damen und Herren. die Gemeindestrukturreform wird - und das ist meine Überzeugung - zu einem Erfolg werden und in erster Linie ein Erfolg für die Gemeinden unseres Landes. Wir werden von den Problemen. die die Gemeinden in Brandenburg unbestritten haben. zwar nicht alle. aber einige ich kann sogar sagen. \ i gle - lösen können. Die Vielzahl der historisch bedingt sehr kleinen Gemeinden unseres Landes sind zu schwach, uni auf Dauer überlebensfähig zu sein.

Sicher gibt es fel g Beispiele. in denen kleine Gemeinden aufgrund aus=gesprochen engagierter Winzer_ ausgesprochen engagierter gemeindlicher Vertreter durchaus in der Lage sind zu bestehen. Wer jedoch mit offenen Au gen durch das Land geht. sieht. (lass sich dieses Engagement oftmals in sehr engen Grenzen bewegt. Denn in ^ ielen dieser Gemeinden fanden sich hei der letzten Kommunalwahl nicht ausreichend Kandidaten für den Gemeinderat oder für den ehrenamtlichen Bürgermeister. Auch dieses ist ein Zeichen dafür. dass das Engagement schon heute - bei der letzten Kommunalwahl konnten wir das feststellen - an seine Grenzen gestoßen ist.

Die nun vorgestellten Leitlinien beinhalten, wie es Minister Schönbohm eben schon ausführte, zwei verschiedene Optionen, nämlich die eine. dass sich die Gemeinden freiwilli g zu einer amtsfreien Gemeinde zusammenschließen. Die zweite Option besteht darin. dass das bisher schon bestehende Modell des Amtes weiterentwickelt wird. Und es ist nicht so. wie von der PDS behauptet wird, dass es eine Höhergewichtun g, des einen oder des anderen Modells gibt. sondern der Unterschied besteht vielmehr darin. dass besonders im berlinnahen Raum - eben nicht in der Peripherie - das Modell der amtsfreien Gemeinde bevorzugt angewendet wird.

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Es wird aber nicht angenom- men!)

Die Leitlinien sind letzten Endes noch nicht in der Praxis umgesetzt. Deswegen diskutieren wir ja auch heute darüber.

Meine Damen und Herren. wie Sie wissen, führte Minister Schönbohm vor seiner Entscheidung über die heute eingebrachten Lettinnen Regionalkonferenzen im gesamten Land durch. Gemeinsam mit Kollegen Schippe] und vielen anderen Landtagsabgeordneten haben wir an diesen Regionalkonferenzen teilnehmen können. Es haben sich Landtagsabgeordnete in die Diskussion vor Ort in Wahlkreisen eingebracht, mit ihren gemeindlichen Vertretern mitdiskutiert. Einige von uns sind ja in Kommunalparlamenten sehr aktiv.

Selbstverständlich gab es auf diesen Konferenzen Stimmen. die am liebsten alles unverändert lassen würden. Dass dies nicht geht. wissen wir - davon gehe ich aus - alle. Die meisten der kommunalen Spitzen. die in diesen Gesprächen zugegen waren. wussten um die Situation ihrer Gemeinden. wussten uni die Notwendigkeit einer schlagkräftigen, effizient arbeitenden Gemeinde. Sie beteiligten sich konstruktiv. Und viele ihrer Vorschläge finden sich heute in den nun vorliegenden Leitlinien wieder. Ein Beweis dafiir ist schon allein die Tatsache. dass die Leitlinien sehr erwartet, wenn auch von eini gen mit Befürch

Landtag Bnindenhurg - 3. 'Jahinzhode - Pleitarprolokoll 3 2ei - 21i. Scptonber 204141

tungen betrachtet wurden. Als sie dann veröffentlicht wurden. gab es ein ganz anderes Bild. nämlich. dass die Leute vor Ort gesa gt haben: Wir können mit diesen Leitlinien leben. wir werden sie umsetzen.

Insofern ist die Praxis schon viel weiter. als die Situation sieh in der PDS-Landtagsfraktion darstellt,

(Zurufe von der PDS - Beifall bei der CDU )

Herr Vietze, naiiirlich diskutieren auch wir in der CDU darüber. Wir sind weiter als Sie, davon gehe ich ganz sicher aus.

(Zurufe von der PDS)

Ich persönlich finde es wichtig und richti g. dass den Gemeinden nicht ein Modell aufgezwun gen wird. das für das ganze Land Anwendung finden muss. sondern dass ihnen die Entscheidungsfreiheit nach geographischer. struktureller oder auch politischer Situation offen steht. Auch muss bei der Erarbeitung der schon angesprochenen flankierenden Gesetze darauf geachtet werden, dass eine Ortsteil% erfassung geschaffen wird. die den bisher selbststündigen Gemeinden weitgehende Rechte erhält. Sicherlich wird es so sein. dass die im engeren Verflechtungsraum sowieso schon ineinander verwachsenen Gemeinden in erster Linie die Form des Gemeindezusanunschlusses, das heißt. nicht der Einheitsgemeinde. wie vorhin ausgeführt - dieses Wort finden Sie in den Leitlinien nicht -.

(Zurufe von der PDS)

sondern der amtsfreien Gemeinde wählen. In der Peripherie unseres Landes jedoch, wo die Entfernungen zwischen den einzelnen Gemeinden teilweise sehr groß sind_ wird man das bisherige Amt in einer weiterentwickelten Form nutzen.

Meine Damen und Herren, die Koalitionsfraktionen haben zu dem Bericht des Ministers einen Entschließungsantrag eingebracht. ich bitte Sie darum, mit ihrer Zustimmung zu diesem Antrag dem Minister des Innern die notwendige Rückendeckung für sein Vorhaben zu geben. Es ist kein Vorhaben des Ministers des Innern allein, sondern das ist ein Vorhaben der Landesregierun g. und das ist ein Vorhaben für das gesamte Land. für ganz Brandenburg. Nur gemeinsam lässt sich eine solch schwierige Aufgabe erfolgreich bewältigen. Ich bin mir sicher: Am Erfolg unserer Gemeinden in Brandenburg muss uns allen gelegen sein.

Unser Entschließungsantrag enthält jedoch außer der Aussage, dass die Leitlinien eine tragfähige Basis für die Schaffung leistungsfähiger Strukturen darstellen. auch einen Auftrag an die Landesregierung. Wir wollen die Landesregierung bitten, in ihrer engagierten Öffentlichkeitsarbeit vor Ort nicht nachzulassen.

Herr Sarrach. wenn Sie von Propaganda sprechen und die Kornmunalabteilung des Innenministeriums mit einer Propagandaabteilung gleichsetzen, dann ist das nicht unsere Auffassung von Regierungsarbeit.

(Sarrach [PDS]: Das ist aus der neuen Ausgabe von „Brandenburg kommttar!)

Vielleicht entstammt diese Auffassung von Regierungsarbeit

eher der Partei. aus der Sie letzten Endes hervorgegangen sind, der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands.

(Vere nzelt Beifall bei der CDU)

Dic hatten es nötig. ihre Politik. die oftmals ge gen die Menschen gerichtet war, durch eine Propagandaabteilun g, darstellen zu lassen. Wir haben das nicht nötig.

(Sarmeh [PDS]: Hören Sie doch einfach einmal zu!)

Die Hilfe der Kommunalabteilung des Innemninisternuns ist Hilfe vor Ort. Hilfe für die kommunal gewählten Vertreter. die sich vor Ort mit der Umsetzung der Leitlinien befassen. Wir möchten damitvorbeu gen. dass durch Unwissenheit falsche Entscheidungen getroffen oder gar weitere Ängste geschürt werden.

(Zuruf des Abgeordneten Vietze [PDS])

Hen- Vietze. wenn Sie das Wort haben wollen. dann erteile ich es Ihnen gerne. wenn Sie etwas zur Sache zu sagen haben. Rahmen dessen, was Ihnen zugestanden wurde. haben Sie auch schon reden können.

(Zuruf des Abgeordneten Vietze [PDS])

Herr Vietze. ich sage ja nicht. dass wir alles wissen. aber mit der vorherigen Zeit haben Sie. glaube ich, die besseren Erfahrungen.

(Zurufe von der PDS)

Die Gemeinden dürfen auch bei Fragen zum Thema Gemeindezusammenschlüsse nicht allein gelassen werden. in diese Richtung geht unser Entschließungsantrag. Wir wollen die Landesregierung weiterhin auffordern, die erforderlichen flankierenden Gesetzesänderungen rechtzeitig vorzubereiten und uns spätestens in einem halben Jahr die entsprechenden Vorla gen einzureichen.

Der Antrag beinhaltet auch. dass der Landtag mit ausreichendem zeitlichem Abstand vor Ablauf der Freiwilligkeitsphase über den Stand der Umsetzung der Leitlinien in den Kommunen unterrichtet wird,

Gestatten Sie mir ein persönliches Wort: ich hoffe - und das ist möglich -. dass zu diesem Zeitpunkt berichtet werden kann. dass die Mehrzahl der Brandenburger Gemeinden die Leitlinien in ihren Kommunen freiwillig umgesetzt hat.

Zu den Ausführungen der DVU: Ich denke. itt den Ausführungen der DVU ist sehr deutlich geworden, dass diese Partei über absolut gar keine kommunale Basis in Brandenbur g verfügt. Ich bin nicht traurig darüber. es macht mich sogar sehr froh. dass es so ist. Ich denke. Ihre Ausführungen haben auch dazu beigetragen. dass es nie so werden wird, dass Sie über irgendeine Basis in Brandenburg verfügen.

(Beifall hei C'DU und SPD)

Landtag nrarktenburg - 3. SA;thIperiode - Plenarprotokoll 3 20 - 2(1. Septemh,:r 2155n 1223

Zum Entschließungsantrag der PDS nur so viel: Der Antrag dient dazu. wie viele andere zuvor. Fortschritt zu verhindern. Besseres aufzuhalten und damit allein dazu. Unruhe unter die Bevölkerung zu bringen.

(Zurufe von der PDS - Beifall hei der CDU)

Für diejenigen. die auf den Regionalkonferenzen waren - es waren la auch Abgeordnete der PDS dabei -. ist eines deutlich geworden: Wenn man in der Presse liest. dann wird üher die PDS berichtet. dass es eine zerrissene. zerstrittene Landtagsfraktion gibt.