Protokoll der Sitzung vom 18.10.2000

Viertens: Das 6 t 0-Stellen-Programm muss sportlastiger werden.

Besondere Präventionsprojekte wie _Kick" müssen umfassend durchfinanziert werden und dabei als Kostensenkungsprogramm für Folgeerscheinun gen verstanden werden.

Herr Abgeordneter. kommen Sie bitte zum Schluss!

Ja. - Prävention ist unter dem Strich immer kostengünstiger als Schadensbehebung. Es gibt noch vieles mehr. Der wichtigste Dank zum Schluss. Er gilt den 60 000 ehrenamtlichen Helfern des Sports. die so viel leisten. dass man es nicht beschreiben kann. Ohne euch wäre der Sport eine traurige Story. Ich danke im Namen der CDU-Fraktion des Landtages Brandenburg. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall hei CDU und SPD)

Ich danke dem Abeeordneten Schöps. - Das Wort geht an die Fraktion der DVU. Frau Abgeordnete Hesselbarth. bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In unsere Bewunderung für die Leistungen der Athleten von Sydney mischt sich die Sorge, dass der immer mehr aufplusternde Gigantismus das olympische Feuer zum Erlöschen bringen könnte. Wie in der gesamten Gesellschaft wird der Leistungsdruck immer härter. Längst ist die Devise des heute schon genannten neuzeitlichen Schöpfers der Olympischen Spiele, Baron de Coubertin. zur

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Leerformel geworden: Teilnehmen ist wichtiger als Siegen. Viele Athleten muten ihrem Körper zu viel zu. Drogen gehören trotz aller Verbote nach wie vor zum Sport. Warum sollten erfolgshungrige und auf das große Geld schielende Sportler sich anders verhalten als Politiker. als Rechtsanwälte, als Ärzte und als Künstler, die mit Speed. mit Spritzen. mit Kokain und Tabletten ihrer Angst vor einem Versagen Herr werden wollen?

(Zuruf von der SPD)

Trotz der angesprochenen Problematik haben die Sportlerinnen und Sportler des Landes Brandenburg in Sydney hervorragende Leistungen vollbracht. Dafür danken wir herzlich. Dazu unser Glückwunsch! Sie waren die erfolgreichsten Sportler aus den neuen Bundesländern. Stellvertretend für alle Brandenburger Sportler möchte ich nur den Potsdamer Robert Bartko erwähnen. dein es vorbehalten war, in Sydney als Erster die Goldmedaille für die deutsche Mannschaft zu erringen. Herr Zimmermann. Sie haben ihn vorhin bei Ihrer Aufzählung vergessen. Bartko sagte klipp und klar: Der Staat tut nichts für den Leistungssport

Richten wir nun unseren Blick auf die Bedingungen, unter welchen solche Leistun gen erbracht werden konnten und wie die Perspektiven für den Hochleistungs- und Breitensport sind. Wie wichtig das Thema Sport in Brandenburg ist, zei gen die Mitgliederzahlen. 83 Sportarten werden im Land aktiv betrieben. Mehr als 60 000 Ehrenamtliche kümmern sich uni die Sportler des Landes Brandenburg. Gegenwärtig sind aufgrund der ungeklärten Finanzierung der ABM-Kräfte ca. 300 Übungsleiterstellen akut gefährdet. Herr Zimmermann. das sprachen Sie bereits an. Dann, können 150 000 Freizeitsportler nicht mehr betreut werden. Damit wären wir bei der Bedeutung der ehrenamtlichen Tätigkeit in Sportverbänden und Sportvereinen unseres Landes.

Sie, Herr Minister Reiche, mussten auf der Fachtagung _Ehrenamt im Sport' eingestehen, dass für das Land Brandenburg bei steigenden Mitgliederzahlen in den Sportverbänden gleiche Zuschusshöhen mit indirekten Kürzungen gleichzusetzen sind. Sie sagten, Herr Zimmermann, dass die offizielle Würdigung des Ehrenamtes eine wichtige Aufgabe darstelle. Aber. Herr Zimmermann, wenn Gelder knapp sind oder gar nicht fließen. so sollten wenigstens die entstehenden Kosten für ehrenamtliche Tätigkeit gedeckt werden. Es darf nicht sein. dass zum Beispiel einem ehrenamtlichen Schiedsrichter mehr Kosten für die Anreise und für die Verpflegung entstehen, als Entschädigung gezahlt werden kann.

Wir als Fraktion der DVU finden es nicht verwunderlich. dass unter solchen Bedingungen nur sehr wenig Jugendliche Interesse daran haben. sich entsprechend ausbilden zu lassen. um ehrenamtlich in Sportvereinen und Sportverbänden mitwirken zu können.

Es müsste eine Selbstverständlichkeit im Land Brandenburg sein, da das ehrenamtliche Engagement in allen Bereichen des Sports unverzichtbar ist. hierbei eine dauerhafte stabile und qualifizierte hauptberufliche Unterstützun g zu geben. Die ehrenamtlichen Funktionsträger müssten durch eine verlässliche Politik und durch unbürokratische Verfahren unterstützt werden. Hierbei ist eine landesweite vernünftige Sportpolitik gefragt.

Ein großes Problem sind weiterhin marode Turn- und Schwinunhallen. die vielerorts einen reibungslosen Übungsbetrieb unmöglich machen. Innerhalb des „Goldenen Planes Ost-. der bereits angesprochen worden ist. sind im Jahre 1999 2.5 Millionen DM Bundesmittel nach Brandenburg geflossen. vorn Land ist die gleiche Summe bereitgestellt worden. Damit wurden 24 Sportstätten saniert. Herr Zimmermann, wir als Frak

non der DVU sind der Meinung. dass das nur ein Tropfen auf den heißen Stein war. Um den Standard der westdeutschen Bundesländer hei den Sporthallen zu erreichen. muss noch einiges getan werden.

Ich komme zum riesigen Investitionsbedarf bei den Sportstätten. Das Land Brandenburg könnte hierbei mit Fördermitteln helfen. Sie sprachen es bereits an. Herr Zimmermann. Das sollten wir den Sportlern des Landes Brandenburg. den Sportfunktionären und den vielen ehrenamtlichen Helfern schuldig bleiben. - ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Hesselbarth. - Das Wort geht noch einmal an die Fraktion der SPD. Frau Ab geordnete Siebke, bitte!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zwei weitere Aspekte ansprechen. Es geht um den Schulsport und die Verbindung von Schulsport und Vereins

a rbeit als Grundlage für Höchstleistun gen. über die bereits gesprochen worden ist.

Für eine große Anzahl von Kindern führt der Weg in einen Sportverein über den Schulsport. In diesem Wissen wurde im Jahre 1994 das Landesprogramm „Kooperation von Sportvereinen und Schulen- ins Leben gerufen. Heute kann eingeschätzt werden. dass es ein erfolgreiches Landesprogramm ist. Gab es im Schuljahr 1994/1995 ca. 100 Kooperationsmaßnahmen mit 2 000 beteili gten Schülern, so waren es im Jahre 1999 732 Maßnahmen mit 11 500 beteiligten Schülern. Die in diesem erfolgreichen Projekt eingesetzten Mittel stiegen in diesem Zeitraum von 45 00(1 DM auf 500 000 DM und werden im laufenden Haushaltsjahr auf 600 000 DM anstei gen. Besonders sinnvoll verwendetes Geld ist es deshalb. weil in den vergangenen vier Jahren 25 000 Kinder und Jugendliche mehr den Weg in einen Sportverein fanden. Dies entspricht bei den 17- bis 18-Jähngen einer Steigerung uni 33 %, Dazu trug das Kooperationsprogramm entscheidend bei. Dass zum Beispiel ein Drittel der Primarschüler auch nach dem Projekt im Vereinssport aktiv bleibt, ist Beweis dafür. dass hierbei die Motivation zum Sporttreiben im Verein entwickelt worden ist. Allen daran beteiligten Übungsleitern und Lehrern gilt dafür unser Dank.

(Beifall bei der SPD sowie des Ab geordneten von Anum [CDU])

Der allgemeine Bildungsauftrag für die Brandenburger Schule strebt eine umfassende. ganzheitliche Bildung an und bestimmt somit die Ziele und inhalte des Schulsports. Der Sportunterricht an unseren allgemein bildenden und beruflichen Schulen ist nicht zuletzt deshalb unabdingbarer Bestandteil des Unterrichts. weil er einen Gegenpol zu einer Lebensumwelt bildet die körperliche Bewegun g als Notwendigkeit immer weiter zurückdrängt.

Untersuchungen beweisen, dass die Lebensgewohnheiten vieler Eltern und Kindern zu einer ernst zu nehmenden gesundheitlichen Gefahr geworden sind. Immer wieder entzündet sich die Diskussion um die dritte Sportstunde an unseren allgemein bildenden Schulen und uni die Notwendigkeit des Sportunterrichts an beruflichen Schulen. Angesichts der Bedeutung des Sports in seiner gesund erhaltenden und sozialen Funktion sollten wir diese Diskussion beilegen und uns zur dritten Sport

stunde auch in den Jahrgangsstufen 1 und 2 der Grundschule bekennen.

(Beifall bei SPD und CDU)

In der Grundschule sollten gut ausgebildete Lehrer Sport unterrichten und mehr als bisher Eltern einbeziehen. um das Verständnis für die Wichtigkeit des Bewegens ihrer Kinder zu entwickeln. Aus dein Sportunterricht heraus entwickelten sich vielfältige sportliche Wettbewerbe. In ihrem Zentrum steht der Bundeswettbe erb..Jugend trainiert für Olympia -. Dieser Mannschaftswettbewerb verdeutlicht an seinen zahlreichen Wettbewerben die Möglichkeiten des Miteinanders von Schulen, Sportvereinen und Sportverbänden. Mit 13 der Schülerinnen und Schüler. die im Land Brandenburg an diesem Bundeswettbewerb teilnehmen. führt Brandenbure, im Ländervergleich.

Der Erfolg wäre nicht möglich ohne die vielen Helferinnen und Helfer sowie die Sportlehrerinnen und -lehren die in ihrer Freizeit Schulmannschaften betreuen und die Sportler. nicht selten aus eigener Tasche finanziert. zu Wettkämpfen begleiten.

(Beifall bei der SPD)

Ihre Einsatzbereitschaft ist deshalb so hoch zu achten, weil das gemeinsame Erleben das Schulklima positiv beeinflusst. weil die Schülerinnen und Schüler lernen, Verantwortung zu übernehmen. und erfahren. dass Leistung und Rücksichtnahme untrennbar zusammengehören, wenn man gemeinsam Erfolg haben und von anderen als Person akzeptiert und geachtet werden will. Diese Erfahrungen brauchen Schüler, wie wir alle wissen. Danke.

(Beifall bei der SPD)

ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Siebke. - Das Wort geht jetzt an die Landesregierung. Herr Minister Reiche. bitte!

Herr Präsident Habennann! Herr Präsident Zimmermann! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich bin froh, dass wir gerade heute zum ersten Mal in der nun schon zehnjährigen Geschichte des Landtages von Brandenburg eine Aktuelle Stunde zum Thema Sport durchführen: denn wir alle stehen noch unter dem Eindruck der schönsten und freundlichsten Spiele der Neuzeit, also wahrer Spiele des neuen Mt Ilennitims. Wegen der neun Stunden Zeitvorsprung. die Sydney hat, haben in den letzten Wochen viele die Nacht zum Tag gemacht: denn wenn dort uni I I Uhr uni Medaillen gekämpft worden ist, war es hier 2 Uhr in der Nacht.

23 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus unserem Land haben dort sieben Goldmedaillen und zwei Bronzemedaillen gewonnen. Ich finde, dieses Ergebnis zeigt, dass Brandenburg das erfolgreichste deutsche Land im Sport und Potsdam die erfolgreichste Sportstadt in Deutschland ist, gemessen an der Einwohnerzahl vielleicht sogar in der Welt.

Dass wir uns heute hier mit dem Sport und dem Ehrenamt im Sport befassen, begrüße ich aber auch deshalb. weil in Potsdam in dieser Woche die Konferenz der Sportminister der Länder zu Gast ist. Potsdam ist also so etwas wie die heimliche Hauptstadt des Sports geworden. Otto Schi ly, Franz Beckenbauer und Manfred von Richthofen werden in den nächsten zwei Tagen nach Potsdam kommen,

Viel Statistik und viel Auswertung hat es in den letzten Wochen gegeben, anerkennende. manchmal auch bittere Worte. Eine kleine Korrektur will ich doch anbringen: denn wenn schon immer wieder von Medaillen gesprochen worden ist, dann muss man sagen. dass nicht die USA die meisten Goldmedaillen bekommen haben - 39 an der Zahl -, sondern dass die meisten Goldmedaillen - an der Zahl - in die Europäische Union gegangen sind. Aber nicht die Nationenwertung ist das Wichtigste: die jeweilige Einzelleistung ist ganz gewiss wichtiger. Besonders wichtig ist aber. dass diese Einzelleistungen in einer breiten Sportbewegung entstanden sind und auf diese breite Sportbewegung zurückwirken.

(Beifall bei der SPD)

Diese Olympiade war ein Weltfest des Sports. Attraktivität. Ausstrahlung und Faszination des Sports sind in diesen Tagen für alle erlebbar geworden. Wenn man sich vor Augen hält. dass die Spiele in Sydney vor allem von 60 000 Freiwilligen unterstützt, begleitet und ermöglicht worden sind, dass also 60 000 Ehrenanaler diese Spiele mitgetragen haben. dann wird deutlich. wie notwendig das Ehrenamt selbst bei Olympischen Spielen geworden ist und wie sehr es Sport ausmacht.

Ich glaube. vor allem eines machte Sydney zu den Spielen des neuen Millenniums: die Freude einer ganzen Nation am Sport und am Spiel. Noch nie gab es mehr Zuschauer als bei diesen Olympischen Spielen, aber eben Zuschauer. die auch selber Sport treiben und sich deshalb an Weltklasseleistungen besonders freuen.

Australien. das nur unwesentlich mehr Einwohner hat als die ehemalige DDR hat eine solche Spitze hervorgebracht, weil es auch eine solche Breite hat. Es gibt keinen Spitzensport ohne Breitensport.

(Beifall bei der SPD)

Aber - das gilt genauso - die Freude am Sport in der Breite wächst aus der Faszination an der Spitze.

Ich glaube - das ist eine gute Voraussetzung für den Sport -. dass die junge Generation. die Gesellschaft heute mehr Freude am Sport hat als früher. Es gibt eine ständig wachsende Zahl von Mitgliedern in deutschen Sportbünden und in den Landessportbünden. Die Zahl der Mitglieder in den Fimessktubs - auch das hängt ein Stück weit mit dem Sport zusammen - ist in den letzten Jahren explodiert. Es gibt immer mehr Menschen, die joggen. und das nicht nur, weil Jogger sechs Jahre länger leben. Auch die Kleidung der Teens und Twens ist so, als ob sie permanent im Sportwettkampf wären.

Das lebenslange Lernen ist von ihnen allen, von uns allen als Aufgabe jedes Einzelnen anerkannt worden. Schule soll und muss das lebenslange Lernen lehren. Aber genauso wichtig ist das lebenslange Sport-treiben. Wir werden das auf meinen Vorschlag hin auch bei der anstehenden Sportministerkonferenz ganz intensiv diskutieren. weil der Mensch nämlich nicht nur aus Kopf und Geist, sondern ebenso aus Leib und Körper besteht.

„Sport ist Mord". das ist ein dummer Spruch aus dem vergangenen Jahrtausend. Sport ist Fimess und Fun: denn es gibt keine lebenslange Mobilität ohne lebenslanges Sporttreiben.

Angesichts der Erfolge und dessen. was wir hier machen. ist da bin ich insbesondere Ihnen. Herr Ludwig, dankbar - auch die Opposition nicht der Versuchung erlegen, etwas kleinzureden oder sich abseits zu stellen und Melancholie zu zeigen. Couhertins Forderungen sind in Brandenburg im Wesentlichen erfüllt.

Dass Brandenburg nicht in allen Sportarten absolute Weltspitze ist, ist, lieber Herr Ludwig. ein Teil des Schlüssels zum Erfolg. weil wir uns - das ist eine gute Erfahrung aus der Zeit vor 1990 - auf einige wesentliche Sportarten konzentrieren und dort in besonderer Weise invesrieren.

(Ludwi g. [PDS]: Wo sind denn aber die Leichtathleten geblieben?)

Wir haben in den letzten Jahren ins gesamt 700 Millionen Mark investiert, durch die ermöglicht wurde, dass wir in Brandenburg mittlerweile über 60 neue Sporthallen haben.