Nun muss ich ganz einfach sagen: Darin liegt für Sie eine große Chance. Ich fordere besonders die hoch geschätzten Kolleginnen und Kollegen der SPD auf: Überlegen Sie es sich gut. ob es nicht doch sinnvoller ist...
Eine Bitte. überlegen Sie gut: Wäre nicht gerade die Tatsache. dass man die Vertreter der Volksinitiative hier im Parlament hört. eine Frage des souveränen politischen Stils im Umgang mit den Burgeng' Sollte man nicht demzufolge den Mitgliedern des Hauptausschusses empfehlen, den Beschluss der vergangenen Woche aufzuheben, die Zulässigkeit zu erklären und sich den Mühen der politischen Auseinandersetzung zu stellen? - Ich danke Ihnen.
Ich danke dem Abgeordneten Vietze. - Das Wort geht an die Fraktion der SPD, an den Abgeordneten Klein. - Ich möchte die Zeit nutzen. um wieder Gäste im Landta g zu begrüßen. und zwar Teilnehmer des Kurssystems kontra Langzeitarbeitslosigkeit aus Lauchhammer. - Bitte, Herr Klein!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die heutige Debatte hat in der Tat einen aktuell-politischen Anlass. berührt aber zugleich grundsätzliche verfassungsrechtliche und erfassungspolitische Fragen.
lm Kern geht es dabei uni das Verhältnis von repräsentativen und direkt-demokratischen Elementen unserer Landesverfassung. Es geht kurz gesagt darum, wie weit der Arm der direkten Demokratie in unserem Lande reicht und welche Entscheidungen seinem Zugriffmöglicherweise auch entzogen sein könnten.
Dies ist durchaus nicht eine Frage der politischen Abwägung nach dem Opportunitätsprinzip, wie einige offenbar zu Unrecht alauben, sondern in erster Linie eine Frage der Verfassungsinterpretation.
Und genau darüber gibt es unterschiedliche Auffassungen nicht nur zwischen den Fraktionen. sondern auch zwischen den Rechtsexperten. wie erst jüngst deutlich geworden ist. Wenn wir uns einmal zurückbesinnen. dann hat uns dieses Problem der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit von bestimmten Volksinitiativen auch in der Vergangenheit bereits mehrfach intensiv beschäftigt. Dabei sind schon damals recht unterschiedliche Auffassungen vertreten worden. Es war nahezu zu erwarten. dass früher oder später einmal eine Situation wie die jetzige eintreten würde. die aber auch eine Chance darstellen kann, in dieser wichtigen Frage durch eine verfassungsgerichtliche ÜberpräRing Klarheit zu erlangen. was im parlamentarischen Verfahren bislang nicht möglich gewesen ist.
Der aktuelle Anlass für die heutige Debatte ist die Ablehnung der Kita-Volksinitiative durch den Hauptausschuss des Landtages in der vergangenen Woche. Bekanntlich wurde das Brandenburger Kita-Gesetz in diesem Jahr geändert. Sie können mir glauben. dass diese Änderung gerade meiner Fraktion außerordentlich schwer gefallen ist.
Entsprechend kontrovers verlief innerhalb der SPD auch die Debatte gerade uni diesen Bestandteil des Haushaltsstrukturgesetzes.
Das Kita-Gesetz war erst vor drei Jahren durch die SPD beschlossen worden. Es war sozusagen unser Gesetz. Es war ein sehr gutes Gesetz und hatte sich auch in der Praxis bewährt.
Aber unter dem enormen Konsolidierungsdruck können - und ich sage leider - auch solche Regelungen nicht mehr gänzlich unangetastet bleiben, die zwar gut und sinnvoll. aber eben nicht mehr im bisheri gen Maße finanzierbar sind.
Die gelegentlich von der Opposition zu hörende Meinung. es sei eigentlich genügend Geld da. es werde nur falsch verteilt. ist dabei ebenso unzutreffend wie irreführend. Diese Behauptung ist cin argumentatives Ablenkungsmanöver.
Daraus ergibt sich die Notwendi gkeit. auch ganz schwieri ge und unpopuläre Entscheidungen zu treffen.
Nun zu dem Beispiel, das Herr Vietze angesprochen hat. mit dem Ökohaus auf der BUGA. Die dafür eingesetzten Mittel sind mitnichten Landesmittel. es sind Mittel aus der EU und vom Bund und sind dem Landeshaushalt in dem Sinne gar nicht zuzuordnen.
(Protest von der PDS} Darin sind Sie Meister, wie Sie heute wieder bewiesen ha- ben. ( Beifall bei SPD und CDU)
Nach sehr ausführlicher interner und öffentlicher Debatte hat sich die SPD-Fraktion schließlich darauf verständigt. die Änderung des Kita-Gesetzes als bittere Notwendigkeit der Haushaltskonsolidierung mitzutragen. Diese Entscheidung erschien uns politisch gerade noch vertretbar, auch weil die Novelle in der parlamentarischen Beratung entscheidend nachgebessert wurde.
Ich möchte hier auch noch einmal gängigen Übertreibungen entgegentreten. Ja, es stimmt. das neue Kita-Gesetz stellt gegenüber dem bisher gewohnten außerordentlich hohen Betreuungsstandard eine gewisse Verschlechterung dar. Niemand kann und wird das bestreiten. Aber auch nach der Novelle bleibt die Kita-Versorgung in Brandenbur g auf einem guten und hohen Niveau. einem Niveau. das immer noch weit über das Niveau in den meisten anderen Bundeständen' hinausgeht. Auch das ist eine Tatsache. die niemand ernsthaft bestreitet außer der PDS.
Ich gehe auf diese Hintergründe hier noch einmal so ausführlich ein, weil ich damit zugleich klarstellen möchte. dass die KitaDebatte in der Sache sehr ausführlich und kontrovers geführt wurde und damit für uns in inhaltlicher Hinsicht auch abgeschlossen ist.
Sinkende Kinderzahlen sind die Hauptursache für die Novelle. Eine Neuauflage der Kita-Diskussion in der Sache wird es nicht geben.
Die politische Entscheidun g ist gefallen und sie wird, solan ge es nach der Koalition geht, auch Bestand haben. Es gehört zur politischen Ehrlichkeit dazu. dass man hier deutlich sagt.
auch wenn es sicher nicht sehr populär ist, an diesem Umstand hätte auch eine erneute Beratung dieses Themas im Landtag auf der Grundlage der Volksinitiative nichts geändert.
Es war absehbar, dass die Entscheidun g des Landta ges bei den Betroffenen auf Protest stoßen würde. Ein Ausdruck dieses Protestes ist die vorliegende Volksinitiative. die rund 150 00(1 Brandenburger unterstützt haben. Das ist eine außerordentlich hohe Zahl. Es ist uns nicht leicht gefallen, diese Initiative für unzulässig zu erklären. Das bitte ich Sie mir wirklich abzunehmen.
Ich möchte hier aber entschieden der Unterstellung der PDS entgegen treten, die Regierungsfraktionen hätten damit leichtfertig 152 000 Unterschriften einfach für bedeutungslos erklärt, wie ich vor kurzem in der Zeitung lesen musste. Herr Bi sky sprach in diesem Zusammenhang von blanker Arroganz der Macht. was ich ebenfalls als reine Polemik zurückweisen muss.
Es ging bei der Entscheidung des Hauptausschusses ausschließlich um die Frage der rechtlichen Zulässigkeit dieser Initiative, um nichts anderes. Diese Frage hat überhaupt nichts mit der Zahl der Unterschriften. sondern mit dem inhaltlichen Gegenstand der Volksinitiative zu tun. Eine Volksinitiative wird nicht umso zulässiger. je mehr Unterschriften sie vorweisen kann. Das will ich hier noch einmal klar sagen.
Und wenn Herr Vietze meint, Angst vor dem Volk hätte die Entscheidung der Koalitionsfraktionen bewirkt. dann muss ich
fragen. ob nicht viel eher das Gegenteil zutrifft: denn der bequemere Weg wäre ganz sicher gewesen. die Initiative trotz rechtlicher Bedenken zuzulassen.
Den Fraktionen von SPD und CDU schien dieser sicherlich bequemere Weg nicht der richtige zu sein. weil wir mit dieser Volksinitiative erneut mit dem Problem konfrontiert wurden, von dem ich vorhin bereits gesprochen habe. Die Landesverfassun g räumt den plebiszitären Elementen der politischen Meinungsbildung einen hohen Stellenwert ein. Das ist gewollt und das ist gut so. Niemand will dies ändern oder aushebeln. Dies ist und bleibt ein Markenzeichen unserer Verfassung. Aber zugleich besagt Artikel 76 (2) der Landesverfassung. dass Initiativen zum Landeshaushalt unzulässig sind. Dies bedeutet unstreitig. dass der Zugriff von Volksinitiativen auf Gegenstände der politischen Meinungsbildung nicht schrankenlos sein kann. denn sonst wäre Artikel 76 (2) gegenstandslos.
Strittig ist, wo genau diese Schranken zu sehen sind. Dass genau dieses Interpretationsproblem besteht. ist auch von Rechtsexperten in einer Anhörung des Hauptausschusses übereinstimmend anerkannt worden, auch wenn sie im Ergebnis zu unterschiedlichen Schlussfol gerungen gelangt sind. Prof. von Brünneck sprach von einer außerordentlich schwierigen Problematik. Prof. Jung von einem Spannungsverhältnis, das zwischen dem Bekenntnis zu den Volksrechten und der Errichtung eines Finanztabus besteht. Es besteht ein verfassungsrechtliches Interpretationsproblem in Bezug auf den Artikel 76 (2) der Verfassung. Und das zumindest wird hier niemand bestreiten können.