Protokoll der Sitzung vom 19.10.2000

Der dritte wichtige Grund: Einige Kommunen haben höhere Einnahmeverluste als die Reduzierung der Landeszuschüsse von durchschnittlich 7 u.'4. Das betrifft die Einrichtungen mit den überdurchschnittlichen Versorgungsquoten und den überdurchschnittlichen Betreuungszeiten. Durch die Kinderkostenpauschale haben sie einen schwierigeren Anpassungsprozess zu bestehen als diejenigen Gemeinden mit unterdurchschnittlicher Versorgung. die - gemessen an den bisheri gen Einnahmen - ein geringeres oder kein Defizit haben. Solche Kreise bzw. Gemeinden, Frau Kaiser-Nicht, insbesondere auch in Ihrem Wahlkreis, ganz in der Nähe Ihres Heimatortes. sind Ihnen. denke ich. gut bekannt.

(Zuruf der Abgeordneten Frau Kaiser-Nicht [PDS])

Deshalb planen sie. ihre Einnahmesituation durch eine Erhöhung der Elternbeiträge zu verbessern, und gehen dabei von der Annahme aus. dass eine höhere Versorgungsnotwendigkeit mit einem höheren Beschäfti gungsgrad und höheren Elterneinkommen einhergeht.

Was die Landesregierung in diesem Zusammenhang nun im Einzelnen unternimmt. kann ich_ weil sich das Parlament und das Präsidium sehr detailliert festgelegt haben, in welcher Zeit die Fragen beantwortet werden müssen, jetzt nicht ausführen, aber ich kann es gern im Ausschuss noch genauer erklären.

Das heißt. das. was die Landesregierung verbockt hat. sollen nicht die Kommunen ausbaden.

Meine erste Frage: Wie erklärt sich die Landesregierung. dass der Beschluss einer Mehrheit aus SPD und CDU in der Stadtverordnetenversammlung von Bernau die Erhöhung der Eltembeiträge ausdrücklich mit der Novellierung des Kita-Gesetzes und der sich daraus ergehenden Notwendigkeit begründet? - Ich kann Ihnen den Beschluss gern zur Verfügung stellen.

Eine zweite Frage: Die Landesregierung hat ebenfalls hier im Haus versprochen. dass es einen Ausgleich für die finanzielle Mehrbelastung an die Kommunen gehen soll. Wie sollen diese 10 Millionen DM. die hier versprochen worden sind, verteilt werden? Was ist dazu bis jetzt von der Landesregierung getan worden?

(Frau Denmann [SPD': Das gilt erst für das nächste Jahr!)

Frau Kollegin Enkelmann, die strikte Konnexität ist keine Erfindung der PDS. Die SPD-Fraktion war in der vergangenen Legislaturperiode dankbar. dass Sie dem zugestimmt haben.

(Minister Ziel: Genau so!)

Insofern kann ich diese Dankbarkeit hier an dieser Stelle nur noch einmal betonen.

(Vietze [PDS]: Jetzt müssen Sie es nur noch einhalten!)

Die Idee hatte Kollege Ziel insbesondere aus Schleswig-Holstein mitgebracht. Über sie ist hier lange Zeit diskutiert worden, und sie ist von vielen sehr kritisch hinterfragt worden. Frau Simon hat sich dem lange widersetzt

Wir haben Probleme. die dann eben auch zum Beispiel in der Kita-Gesetz-Novellierung ihren Niederschlag gefunden haben.

Beschlüsse anderer Vertrenmgskörpersehaften hier in diesem Hohen Haus. im Plenum des Landtages Brandenburg. zu kommentieren. halte ich für nicht sinnvoll und werde dieser Versuchung insofern widerstehen.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD) Ich warte jetzt. Herr Präsident. auf die vielen Fragen. die angemeldet worden sind. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Präsident Dr. Knohlich: Wir beginnen mit der Fragestellung. Bitte. Frau Dr. Enkelmann? Frau Dr. Enkelmann (PDS):

Herr Minister, die PDS hat sich nicht nur für kommunale Selbstverwaltung stark gemacht. sondern auch für das Konnexitätsprinzip.

(Minister Reiche: Das waren nicht nur Sie!)

Ein zweiter Punkt: Es ist mehrfach gesagt worden. wie wir diese I0 Millionen DM aufteilen. Wir werden sie in diesem und auch im nächsten Jahr über die Kinderkostenpauschate an die Kreise und dann im nächsten Jahr direkt mit an die Kommunen ausschütten.

Allerdings werden in geringfügigem Umfang. das heißt in Höhe von 500 000 DM oder einer Million DM. Mittel zurückgehalten, um eben Betreuungsverträge in Berlin so lange mit zu finanzieren. bis sie nicht mehr notwendi g sind. weil die Kinder in die Schule kommen, um auf diese Weise nicht zur Kündigung dieser Betreuungsverträge zu kommen. Ich glaube. das ist nicht nur im Interesse der Kinder und Eltern. sondern sollte auch in einem wohlverstandenen Interesse der PDS liegen.

Frau Kaiser-Nicht. bitte!

ich habe zwei Nachfrauen. Herr Minister.

Die Stadt Potsdam sagt in einer Vorlage für den Hauptausschuss Folgendes:

_Während der Anteil der Landeszuweisungen an den Gesamtkosten der Kita-Betreuung im Jahre 1998 noch 27.7 % betrug, wird der Landesanteil nach der Novellierung des Gesetzes auf 14% sinken.

In Potsdam hat man ein Defizit von ungefähr 6 Millionen DM: ähnlich wird es in Frankfurt (Oder) geschätzt. Wir haben in den Landkreisen eine Umfrage durchgeführt. deren Ergebnis nicht viel anders aussieht: die Städte Wriezen und Strausberg. die Gemeinden Dahlwitz-Hoppegarten und Petershagen-Eggersdorf - alle diskutieren derzeit über Gebührenerhöhungen.

(Zuruf von der SPD: Frage!)

Die Frage ist: Ist es tatsächlich Ihre Auffassung. dass es keinen Zusammenhang zwischen der Novellierung des Kita-Gesetzes auf Landesebene und den derzeitigen Gebührenerhöhungen gibt?

Meine zweite Frage: Wie wollen Sie sichern. dass insbesondere die gering verdienenden Familien. die in einem großen Maße erhöhte Beiträge verkraften müssen, insbesondere auch für Krippenplätze, nicht übermäßig belastet werden?

Wir haben darüber einen Überblick. Wir können Ihnen das gern zur Verfügung stellen, aber das wäre eigentlich die Arbeit der Regierung.

Ich darf vielleicht die Vertreter der PDS darauf hinweisen, dass es Herr Ludwig gewesen ist. der sich in Bezug auf allzu große Textpassagen kritisch geäußert lin Die Fragestunde werde für viele ein bisschen ineffizient. wenn Fragestellungen und Antworten nicht den mit der Geschäftsordnung getroffenen Vereinbarungen entsprächen und zu lang ausfielen.

Ich bitte also herzlich darum, die Fragen in komprimierter Form. nämlich so zu stellen, wie es die Geschäftsordnung vorsieht.

Die vielen unzutreffenden Aussagen von Frau Kaiser-Nicht enthielten in der Tat eine Vielzahl von Fragen.

(Beifall bei SPD und CDU)

Diese will ich gern beantworten.

Zinn einen: Wenn allein in Potsdam 6 Millionen DM in diesem Jahr vom Land nicht zur Verfügung gestellt werden, das Land

aber nachweislich in diesem Jahr nur 15 Millionen DM einspart, dann hat - was ich nicht glaube - Potsdam allein in den letzten Jahren zulasten anderer Kommunen gewirtschaftet. oder aber die Aussagen und Berechnungen sind so nicht zutreffend.

Letzteres halte ich für zutreffender; denn wenn wir alles. was uns von Kommunen angegeben worden ist. zusammenrechnen, dann müsste das Land - was der Landeshaushalt nicht ausweist allein in diesem Jahr zwischen 50 und 70 Millionen DM eingespart haben. Dies tun wir nicht. Insofern sind solche Horronneldungen nicht zutreffend. Alles, Frau Kaiser-Nicht, hängt mit allem zusammen: Sie kennen das aus der tschechischen Nationaliiteratur. Insofern gibt es keinen direkten Zusammenhang mit unserer Veränderung.

Wir haben den Kommunen keine Vorgaben gemacht und gefordert, dass sie ihre Elternbeiträge erhöhen. Wir haben auch in den vorangegangenen Jahren die Elternbeiträge nie in ir gendeiner Weise vorgegeben. Es hat einen gewissen Rahmen zur Orientierung gegeben, darüber hinaus überhaupt nichts. Insofern tragen wir als Land keine Verantwortung für die Veränderung der Eltembeiträge. Wohl aber - das ist, denke ich. eher den Kommunen zuzuschreiben - haben die Kommunen, wie ich schon dargestellt hatte. in den letzten Jahren aus von mir nicht zu kritisierenden Gründen die Elternbeiträge nicht erhöht und nicht angepasst und nutzen an manchen Stellen - wohl gemerkt. an manchen - die jetzige Situation als Vorwand. um die schon seit Monaten dringend notwendige Erhöhung der Eltembeiträge vorzunehmen.

Das Wort geht an Herrn Wamick.

Herr Minister. Sie behaupten nach wie vor, dass das veränderte Kita-Gesetz keine Auswirkungen auf die Kommunen habe.

Das habe ich nie und zu keinem Zeitpunkt behauptet.

Meine Herrschaften, bitte keinen Dialog. - Herr Warnick, Sie haben die Absicht Fragen zu stellen, und der Minister wird sie beantworten.

Wie erklären Sie sich dann, dass die Kommune Teltow gestern Abend einen Beschluss der Stadtverordneten vorlie gen hatte. nach dem der Wirtschaftsplan des Kita-Ei genbetriebes uni 0.8 Millionen DM erhöht werden muss - ausdrücklich mit der Begründung und mit dem Hinweis auf das veränderte Kita-Gesetz? Das tut dieser Stadt und den Stadtverordneten natürlich sehr weh, weil das Geld dringend an anderen Stellen benötigt wird.

Herr Wamick. ich habe nie behauptet - das wäre auch wirklich absurd -. dass durch die Ändening des Kita-Gesetzes kein Ein

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Fluss auf die Situation der Kommunen genommen würde, wenn das Land bei den Zuweisungen für die Kommunen im KitaBereich in diesem Jahr real 15 Millionen DM spart. weil wir bisher die höchsten Zuweisungen pro Kopf und auch gemessen arn Landeshaushalt hatten und uns als Land nun. nachdem wir über Jahre hinweg sehr hohe Mitverantwortung für eine kommunale Aufgabe übernommen haben, ein Stück weit aus dieser Verantwortung zurückziehen. Wir tun das allerdings nicht in dem Umfang, wie diese Verantwortung in westlichen Ländern wahrgenommen wird, sondern nehmen diese immer noch in einer für fast alle anderen Länder beispielgebenden Weise wahr. Dennoch hat dies Auswirkungen auf die Kommunen und die Kommunen reagieren darauf in ganz unterschiedlicher Weise.

Ich habe immer gesagt: Ich halte es für die beste Weise. darauf zu reagieren. indem man versucht. weder an die Betreuungsverträge noch an die Arbeitsverträge heranzu gehen. sondern das an vielen Stellen sehr weit gestrickte Netz zu reduzieren. um ein höheres Betreuun gsangebot. ein besseres Betreuungsangebot an einer geringeren Zahl von Orten zu geringeren Kosten für die Kommunen zu organisieren. Das ist an vielen Stellen, wie Sie aus Eggersdorf oder aus dem Landkreis Spree-Neiße wissen, mögl ich.

Frau Stohrawa. bitte!

Herr Minister, für mich ist das in) Moment etwas sehr undurchsichtig. Sie haben erstens gesagt: Das hat keine Auswirkungen. Jetzt sagen Sie: Das hat Auswirkungen. - Trotzdem stelle ich noch einmal die Frage: Hat die Landesregierung Überlegungen in der Art angestellt. den Kommunen. z. B. auch der Kommune Eisenhüttenstadt, die 1.5 Millionen DM mehr im Jahr 2001 aufbringen muss, zur Unterstützung und zur Umsetzung des Kita-Gesetzes entsprechend unter die Arme zu greifen? Gibt es diese Überlegungen hei der Landesregierung?

Dass Sie mir nicht dieselbe Ehrfurcht wie den Klassikern entgegenbringen. kann ich ja verstehen. Aber schon bei denen war es notwendig. richtig zu zitieren. und ich bitte darum. dass Sie auch mich richtig zitieren.

Ich habe immer gesagt. dass dies natürlich Änderungen für die kommunale Situation bedeutet. nicht aber, dass wir durch die Änderung des Gesetzes für die Kommunen zwingend vorgeschrieben oder aber eine Vorlage gegeben hätten, ihre Elternbeiträge zu verändern. Insofern bitte ich einfach, das richtig und korrekt darzustellen.