Protokoll der Sitzung vom 16.11.2000

Meine Damen und Herren. dass wir allerdings andere Probleme auf dem brandenburgischen Wohnungsmarkt zu beklagen haben, ist kein Geheimnis. Es wurde an dieser und an anderer Stelle oft der hohe Leerstand von Wohnraum in Brandenburg und in den übrigen neuen Ländern thematisiert - ein Leerstand. der in Brandenburg eine Quote von I 1 1);(■ angenommen hat und in Thüringen und Sachsen eine noch höhere. Ex-Bundeshauminister Klimmt und Staatsminister Schwanitz haben aufgrund dieses Problems eigens eine Expertenkommission..Wohnunuswirtschaftlicher Strukturwandel in den neuen Ländern" einsetzen lassen.

Die Ergebnisse und Empfehlungen, die nun vorliegen und über die es noch zu diskutieren und zu streiten gilt, machen eines sehr deutlich: Die neuen Bundesländer brauchen keine Verordnungen. die den Angebotsüberhang an Wohnraum verschärfen.

Meine Damen und Herren! SPD und CDU haben sich in ihrer Koalitionsvereinbarung darauf verständigt, dass die Zweekentfremdungsv erordnung und die Verordnung zur Bestimmung von Gebieten mit erhöhtem Wohnbedarf auf ihre Notwendigkeit hin zu überprüfen sind.

Wie der Minister für Stadtentwicklung. Wohnen und Verkehr auf eine Anfrage in einer der letzten Plenarsitzungen erklärte. wurde die Überprüfung vorgenommen und das Kabinett wird voraussichtlich noch in diesem Jahr über diese Verordnun g entscheiden.

Ich möchte an dieser Stelle betonen: Die CDU-Fraktion begrüßt es ausdrücklich» dass die Verordnun g abgeschafft bzw. der Regelungsraum der Verordnung erheblich eingeschränkt werden soll.

Wir sehen in diesem Vorhaben der Landesregierung einen richtigen und notwendigen Schritt. Der Antrag der PDS-Fraktion geht genau in die entgegengesetzte Richtun g. Die Koalitionsfraktionen sind jedoch bereit. die Situation und die Fakten auf dem Wohnungsmarkt noch einmal im Ausschuss zu verdeutlichen und zu erläutern. Aus diesem Grund stimmen wir der Überweisung in den Ausschuss für Stadtentwicklung. Wohnen und Verkehr zu. - Danke schön.

(Beifall bei CDU und SPD)

Wir sind bei der Landesregierung. Herr Minister, bitte!

Hm Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Wamick. ich möchte von meinen Vorgesehenen Ausführungen etwas abrücken. weil ich zwei, drei Dinge richtig stellen muss. Sie haben zwar mit freundlicher Stimme. aber nichtsdestoweniger falsch gesagt. ich hätte hei drei Veranstaltungen und in der letzten Zeit immer etwas anderes gesagt.

(Zuruf des Abgeordneten Wantick [PDSI)

- Dann habe ich Sie falsch verstanden. Denn ich habe klipp und klar gesagt. was meine Ziele sind. wie man auf den Wohnungsmarkt. der jetzt eineetreten ist. reagieren muss. Ich bin da auch nicht von meinen Vorstellungen abgerückt. Ich freue mich. dass diese meine Vorstellungen jetzt eine so breite Unterstützung aus dem parlamentarischen Raum erfahren.

Ich möchte noch eine zweite Sache richtig stellen. Vielleicht habe ich Sie da auch falsch verstanden. Sie sprachen zur Ursachenforschung und sagten. dass es gar nicht so sicher sei. dass das auch ein Stückchen DDR-Erbe ist. sondern dass das sehr stark auch mit verfehlter Förderpolitik im Zusammenhang stehe,

ich möchte Ihnen zwei Beispiele nennen. weil ich da durchaus ein bisschen Bescheid weiß und mich auch im Land Brandenburg etwas auskenne.

Erstens: 1990 standen 480 000 Wohnungen auf dem Gebiet der ehemaligen DDR wegen Baufälligkeit leer.

(W'arnick [PDS]: 420 000 an der Zahl!)

- Herr Warnick. darüber können wir uns unterhalten. Es sind also 42() 000 bis 480 000 Wohnungen gewesen. Das ist das eine.

Das andere ist: Ich war vor kurzem in einem Dorf - das ist überschaulieher. als wenn ich jetzt Cottbus oder Brandenburg nennen würde. Dort ist in der DDR eine von zwei großen Schweinemastanlagen gebaut \vorden. Es handelt sich um Haßleben. damals Bezirk Neubrandenburg. Dort wurden 800 Arbeitsplätze

1558 Landtal Braiidenbur2 - 3. Wahlperiode - Plenarprotokoll 3 26 - lb. No% e inher 2000

geschaffen und diesen 800 Arbeitsplätzen folgten 400 Wohnungen. Dieses Dorf hatte vordem 600 Einwohner und sprang in der Einwohnerschaft auf 1 300. Nun sind die Arbeitsplätze und die Schss einemastanlaue weggebrochen und die Leute ziehen weg. sodass das Dorf wieder 600 Einwohner hat.

Nun kann man nicht sauen. dass das auf verfehlte Förderpolitik des Landes Brandenburg zurückzuführen ist, denn in Haßleben ist nicht eine Wohnung gefördert worden.

Oder nehmen wir Schwedt als Industriestandort, wo auch. was selbstverständlich ist, die Menschen den Arbeitsplätzen hinterhergezogen sind - 10 00(1 Arbeitsplätze. 6 800 Wohnungen. Die Zahl der Arbeitsplätze ist zusammen geschrumpft - Gott sei Dank ist der Industriestandort erhalten geblieben. Aber es sind jetzt wesentlich weniger und demzufolge ist Schwedt viel kleiner geworden und demzufolge haben wir einen Abwuchs.

(Zurufe von der PDS)

die Überweisun g ihres Antrages - Drucksache 3/1969 - an den Ausschuss für Stadtentwicklung. Wohnen und Verkehr. Wer diesem Überweisungsantrag folgt. möge die Hand aufheben. Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltun gen? - Damit ist dieser Antrag mehrheitlich in den Ausschuss überwiesen und ich kann den Tagesordnungspunkt I 0 schließen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt II auf:

Vorschlag einer öffentlichen Rahmensetzung für die Förderung innovativer Malinahmen in der Region Brandenburg-Berlin auf Grundlage der „Verordnung (EG) Nr. 126(1/1999 des Rates vom 21.06.1999 mit all- genleinen Bestimmungen über die Strukturfonds" - Kapitel 4, Artikel 22 (Innovative Maßnahmen)

Antrag der Fraktion der PDS

Drucksache 3 1970 - Schauen Sie nach. ich gebe Ihnen das auch gern schriftlich: Wir haben in Schwedt - das sind kleinteilige Lückenbauten gewesen von 1990 bis 1999 insgesamt 20 Wohnungen gefördert.

Ich gebe Ihnen Recht. Dem Schlussstnch unter das Altschuldenhilfegesetz möchte ich nicht widersprechen. Aber ich freue mich natürlich, dass Sie nur alle noch einmal Gelegenheit geben. über den Koalitionsauftrag zu sprechen, und jetzt habe ich nur noch eine Minute Zeit. Ich wollte gerade richtig beginnen.

Ich sage es ganz deutlich - das habe ich bereits im April hier verkündet -. dass wir in diesem Jahr noch eine Entscheidung treffen. Die Daten wurden erhoben. die Stellungnahmen der Gemeinden eingeholt, der Wohnungsbedarf ermittelt. Die Ergebnisse liegen vor. Deswegen habe ich - Sie haben das auch richtig verstanden scherzhaft gesagt: Basta, jetzt müssen wir handeln. weil es aus den Fakten heraus gar keine andere Lösung gibt.

Erstens: Eine vierte Verordnung zur Bestimmung von Gebieten mit erhöhtem Wohnbedarf wird für alle Gemeinden des engeren Verflechtungsraumes erlassen. uni die Wohnungsämter zu ermächtigen. den Vermietern von Sozialwohnungen Wohnungssuchende zu benennen. Damit tragen wir auch. Herr Warnick. der differenzierten Entwicklung des Wohnungsmarktes Rechnung.

Zu Zweitens und Drittens auch ganz kurz: Die Zweite Zweckentfremdungsverbotsverordnung und die Zweite Kündigungsschutzverordnung werden. wenn wir die Mehrheit finden - wie ich das sehe. finden wir sie -. außer Kraft gesetzt.

(Beifall hei der CDU)

Ich lasse heute die Begründung weg. weil ich gern bereit bin. Ihnen im Ausschuss viele Zahlen zu nennen. vor allen Dingen auch deshalb, damit sich die Zahlen der einzelnen Fraktionen nicht ss idersprechen. - Schönen Dank.

(Beifall hei SPD und CDU)

Präsident Dr. 1Snoblich:

Wir sind am Ende der Rednerliste. - Ich schließe die Aussprache und wir kommen zur Abstimmung. Die PDS-Fraktion beantragt

Dazu liegt Ihnen weiterhin ein Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen von SPD und CDU in der Drucksache 3 2006 vor.

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der PDS-Fraktion. Herr Abgeordneter Christoffers. bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um diese Zeit zu solch einem etwas umständlichen Thema zu sprechen. ist auch nicht vergnügungssteuerpflichtig. wenn ich das sagen darf. Ich möchte es trotzdem versuchen.

Meine Damen und Herren. wir alle hier im Parlament sind in jeder Haushaltsberatung dabei zu versuchen, Möglichkeiten der Regionalentwicklung. der Sicherung von Wertschöpfung und Beschäftigung auch finanziell zu untersetzen. Dass wir dabei durchaus auch einem Wettstreit der Fraktionen unterliegen, Finanzierungsinstrumente aufzuzeigen und deutlich zu machen. welche Reserven es auch bei bestehenden Regelungen gibt. das halte ich für selbstverständlich.

Meine Fraktion hat Ihnen einen Antrag vorgelegt, der sich auf eine Besonderheit der EU-Strukturfondsverordnung bezieht. Es geht im Prinzip darum. dass innerhalb der EU-Strukturfondsverordnung ein Bereich genannt worden ist. der als innovative Maßnahme bezeichnet wird. Es geht letztendlich darum. dass man Huthilfe dieses Instruments außerhalb von bestehenden Förderkonditionen eine hohe Flexibilität bei der Umsetzung von bestimmten Zielsetzungen in der Regionalentwicklung und der Sicherung von Wertschöpfung und Beschäftigung erreichen kann.

Die Besonderheit liegt darin, dass die Europäische Union ursprünglich geplant hatte. die Umsetzung dieses Artikels direkt in Brüssel notifizieren zu lassen. Von dieser Absicht ist man abgerückt und geht jetzt davon aus, dass in den Regionen, also auch im Land Brandenburg, Programme erarbeitet werden. die sich nicht auf eine Einzelmaßnahme. sondern auf eine Vielzahl von Einzelmaßnahmen im Rahmen regionaler Entwicklungskonzepte beziehen. die dann als Ganzes bestäti gt werden. Inso

Landtag Brandenhun, - 3. WahlpernKie - PIena g'protokoll 3 2H - I ü. NoNember 2f NM 1559

fern hegt für uns eine große Chance darin, dieses Instrument zu nutzen.

Wir haben einen Antrag vor gelegt. der sieherstellen soll, dass die Potenziale. die es im Land Brandenburg gibt. auch mithilfe dieses Finanzierungsinstrumentes untersetzt werden. Wir haben uns in dem Antrag bewusst auf zwei Bereiche konzentriert. Der eine ist die Finanzierun g von Inno-Regio-Projekten. Meine Damen und Herren, Sie alle werden in Ihren Wahlkreisen unterwegs gewesen sein und können mit Sicherheit die Relevanz von Inno-Reuio-Projekten für die Regionalentwicklung nachvollziehen.

Leider gibt es eine Reihe von Projekten. die gegenwärtig nicht ausfinanziert sind, weil die Mittel der öffentlichen Hand auch in diesen Fällen begrenzt sind. Wir hätten hier ein Finanzierungsinstrument. um eine Anschubfinanzierung sicherzustellen.

Meine Damen und Herren. ich weiß nicht, ob Sie Folgendes zur Kenntnis genommen haben: Die Bundesregierun g hat noch einen Fonds von 50 Millionen DM aufgelegt, der insbesondere zur Finanzierung von Inno-Regio-Projekten zusätzlich in Ansatz gebracht werden könnte. Wir haben hier also zwei Instrumente zur Verfü gung. um die notwendi ge Potenzialerschließung vv rklieh betreiben zu können.

Das Zweite ist: Wir haben uns auf die Bereiche der Regionalparkentwicklung konzentriert. eines der wenigen Beispiele. wo die Zusammenarbeit zwischen Berlin und Brandenburg auf der Basis der Zusammenarbeit von Unternehmen. Kommunen und Einzelpersönlichkeiten tatsächlich funktioniert. Insofern würden wir also bitten. diesem Anliegen zuzustimmen. Aus meiner Sicht haben Sie auch zugestimmt.

Ich gebe zu. ich war zuerst erstaunt. als Überschrift über dem Antrag _Entschließungsantrag- zu lesen. weil mir nicht ganz klar war. was Sie jetzt mit diesem Instrument erreichen v‘ ol hen. Das. was Sie im Entschließungsantrag aufgeschrieben haben, ist inhaltlich völlig identisch mit dem. was wir als Beschluss formuliert haben. Wir haben nur vermieden, platt die EU-Strukturfondsverordnung, was die Zielstellung angeht. abzuschreiben. Aber natürlich habe ich aufgrund der politischen Situation volles Verständnis dafür, dass man hier vielleicht auch eigenständiger agieren will.

Ich kann Ihnen versichern: Wir haben den inhall unseres Antrages mit einer Reihe von regionalen Akteuren vorher abgestimmt. Wir haben sowohl nut Trägern von Inno-Regio-Projekten als auch mit Regionalparkverantwortlichen gesprochen. Wir haben auch eine Reihe von Zuschriften erhalten. die uns darin bestärkten. diesen Antrag einzubringen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Christoffers. Sie haben schon sehr richtig erkannt. dass wir inhaltlich im Prinzip nicht sonderlich weit voneinander entfernt sind. Ich finde es trotzdem richtig. dass wir noch einmal aufgeschrieben haben. was für eine Entwicklung zwischenzeitlich auch auf der Ebene der Europäischen Union eingetreten ist. Was ja viele Abgeordnete nicht wissen. macht dieser Antrag deutlich. nämlich: dass die Europäische Kommission am 12.07.2000 Leitlinien für die neuen innovativen Maßnahmen der Europäischen Fonds beschlossen hat. Wir wollten noch einmal deutlich machen. was die Europäische Union auch für unsere Region als Zielsetzung. als Leitlinie für notwendig erachtet. Das wird in dem deutlich, was wir hier schriftlich vorgelegt haben.