Protokoll der Sitzung vom 16.11.2000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Christoffers. Sie haben schon sehr richtig erkannt. dass wir inhaltlich im Prinzip nicht sonderlich weit voneinander entfernt sind. Ich finde es trotzdem richtig. dass wir noch einmal aufgeschrieben haben. was für eine Entwicklung zwischenzeitlich auch auf der Ebene der Europäischen Union eingetreten ist. Was ja viele Abgeordnete nicht wissen. macht dieser Antrag deutlich. nämlich: dass die Europäische Kommission am 12.07.2000 Leitlinien für die neuen innovativen Maßnahmen der Europäischen Fonds beschlossen hat. Wir wollten noch einmal deutlich machen. was die Europäische Union auch für unsere Region als Zielsetzung. als Leitlinie für notwendig erachtet. Das wird in dem deutlich, was wir hier schriftlich vorgelegt haben.

Es gibt neben diesen Möglichkeiten natürlich noch weitere. Ich will auch noch einmal an die Möglichkeit erinnern. die wir im Bereich der Gemeinschaftsaufgabe haben: das Regionalmanagement. Auch das ist eine durchaus neue Einrichtung. die noch nicht so umgesetzt ist. wie wir uns das gemeinsam orstel len, weil die entsprechenden Informationen bisher kaum in die Region voreedninuen sind. Auch insofern macht dieser Antrag Sinn. da dadurch in den Regionen die Möglichkeiten publik werden, wie ein solches regionales Management bezüglich Zusammenarbeit in der Region. Wertschöpfungsketten usw. aufgebaut werden kann.

Ich will noch eine Anmerkung zur Europäischen Union insgesamt machen und auch zu dem. was uns derzeit bewegt. nämlich zu den Fürderprotznimmen_ die zur Notifizierung in Brüssel liegen. Ich befürchte - und das kritisiere ich sehr deutlich -. dass die Bürokratisierung in der EU zunimmt. Es ist nicht gut für unsere Region. wenn es immer länger dauert. bis man ein Programm. das sich an bestimmte Entwicklungen angepasst hat. auf den Weg bringen kann. weil es in Brüssel liegt und nicht beschlossen oder notifiziert wird. Insofern sollten wir auch in Richtung Brüssel deutlich machen. dass wir erwarten, dass die Bürokratisierung wieder zurückgefahren wird. damit wir sehr schnell zu dem notwendigen notifizierten Programm kommen und dann auch die Potenziale der europäischen Fonds für die Unternehmen. für die Wirtschaft erschließen können. Das ist eine ganz wichtige Botschaft. die wir gemeinsam von hier mitnehmen und auch über die Fraktionen in das Europaparlament hineintragen sollten.

Ansonsten - ich habe es eingangs bereits gesagt - sind wir uns hier über die Ziele einig. Das Ministerium ist im Prinzip. wenn ich es richtig im Blick habe. auch schon auf dem Weg. die entsprechenden Programme vorzubereiten. Wenn sie vorliegen. werden wir uns darüber unterhalten müssen. wie sie im Land Brandenburg am sinnvollsten einzusetzen sind. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. Sollte die politische Arithmetik hier einen Entschließungsantrag erfordern. um diesen Sachverhalt auf den Weg zu bringen, kann (Beifall bei der SPD) ich nur sagen: Meine Zustimmung werden Sie auch dafür bekommen. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. Präsident Dr. knnblich:

(Beifall bei der PDS und vereinzelt bei der SPD) Das Wort geht an die DVU-Fraktion. Herr Abgeordneter Schuldt. bitte sehr! Präsident Dr. Knoblich: Schuldt (DVU): Das Wort geht an die SPD-Fraktion. Es spricht der Abgeordnete Müller. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dem

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hier vorliegenden Antrag der PDS. aber auch dem Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen werden wir zustimmen.

Diese Verordnung mit ihren allgemeinen Bestimmungen über die Strukturfonds und die Förderung von wirtschaftlich schwachen Regionen innerhalb der EU verfolgt drei Ziele. von denen hier nur das erste genannt werden soll, nämlich die Förderung der Entwicklung und der strukturellen Anpassung der Regionen mit Entw ickiungsrückstand. auch Ziel-I-Gebiete genannt.

Die gesamten mitteldeutschen Bundesländer gehören zu den ZielI -Gebieten. welche aus allen Strukturfonds gefördert werden können. Die Fonds beteiligen sich dabei an der Finanziening von Gemeinschaftsinitiativen und an der Unterstützun g von innovativen Maßnahmen und Maßnahmen der technischen Hilfe.

Wie es in Artikel 8 Abs. 1 der Verordnung heißt. stellt die Gemeinschaftsaktion nur eine Ergänzung oder einen Beitrag zu den entsprechenden nationalen Aktionen dar.

Die von der PDS-Fraktion in ihrem Antra g angesprochenen innovativen Maßnahmen können auf Initiative der Kommission für die verschiedenen Typen von innovativen Maßnahmen im Rahmen von 0.4 % ihrer jeweiligen jährlichen Mittelausstattung finanziert werden.

Die Maßnahmen umfassen Studien. Pilotprojekte und den Austausch von Erfahrungen. wobei pro Pilotprojekt nur ein einziger Fonds beteiligt ist. Die Maßnahmen werden nach Einreichung von der Kommission genehmigt.

Die Innovationssätze. das heißt die Höhe der EU-Beteiligung. richten sich unter anderem nach dem Schweregrad der spezifischen Probleme. der Finanzkraft des jeweiligen Mit gliedsstaates sowie dem Interesse. das den Interventionen und Schwerpunkten unter regionalen und nationalen Gesichtspunkten beizumessen ist.

Die maximale Förderung im Ziel- I -Gebiet beträgt 75 't der zuschussfähigen Gesamtkosten. in der Regel mindestens 50 Darüber hinaus gibt es weitere prozentuale Unter- oder Obergrenzen.

Meine Damen und Herren! Als Fraktion der DVU sind wir der Meinung. dass es seitens der Landesregierung sinnvoll und notwendig ist. gestützt auf Artikel 22 der erwähnten EU-Verordnung ein Rahmenprogramm zu erarbeiten und Komplementännittel zur Verfügung zu stellen. uni gerade hochinnovativen technologieorientierten Klein- und Mittelbetrieben im Bereich der Entwicklung neuer Produkte und Verfahren mit der damit verbundenen Beschäftigun gsfördenme zu helfen. Gerade zu Beginn der neuen EU-Förderperiode ist dies ganz besonders sinnvoll.

lm Übrigen. meine Damen und Herren. gehe ich zu bedenken. dass im Jahre 200t die Ziel-1 -Förderung für Brandenbur g womöglich weitgehend entfallen wird. Dies würde insbesondere für die Hauptstadtregion uni Berlin gelten, welche, wie die PDS-Fraktion in ihrer Begründung richti gerweise ausftihrt. derzeit noch eine Region von besonderem regionalem und nationalem Interesse ist.

Nachdem Sie, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank. insbesondere Sie. Herr Minister Fürniß - er ist jetzt nicht

da. also das Ministerium -, ja bereits mit der geplanten Förderund Serviceagentur den Anregungen unserer Fraktion auf Schaffung eines transparenten Informationssystems bezü glich der in Brandenburg gültigen Förderprogramme nachgekommen sind. bietet sich anlässlich des hier vorliegenden Antrags für Sie und Ihre Kollegen vom Finanzministenum eine weitere Möglichkeit. sinnvolle Mittelstandsförderung zu betreiben. Dies wird jedoch nur dann der Fall sein. wenn es Ihnen gelingt. bei diesem Programm - sollte es Wirklichkeit werden - anders als bei anderen EU-Programmen in Brandenburg wirklich für einen ausreichenden Mittelabfluss zu sorgen. Das werden wir ganz kritisch be

gleiten. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Das Wort geht an die CDU-Fraktion. für die Herr Dr. Ehler spricht.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Wirtschaftsminister ist nicht anwesend. Ich möchte deshalb betonen. dass mich die letzten Ausführungen besonders erstaunt haben. Man kann Herrn Fürniß vielleicht vonseiten der Opposition. der PDS, alles Mögliche vorwerfen, aber bestimmt nicht. dass er einem DVU-Antrag folgen würde. Mich erstaunt das auch insofern, als hier immer Behauptungen aufgestellt werden. Wir sitzen im Wirtschaftsausschuss, Herr Müller, Herr ('hristoffers und wer auch immer: von der DVU hören wir überhaupt nichts.

(Zuruf von der DVU und zwar buchstäblich kein Wort. Und jetzt stellen Sie sich hier in aller Vermessenheit frech hin und sagen. die DVU würde irgendwelche Vorschlä ge machen. Wir sind ja froh, wenn Sie in den Raum hinein- und wieder hinausfinden. Das ist doch Ihr Beitrag zur Veranstaltung. (Heiterkeit und Beifall bei SPD und CDU - Zurufe von der DVU)

Das ist schon sehr erstaunlich.

Meine Damen und Herren! In der Förderperiode 2000 bis 2006 sollen aus dem Haushalt des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung 0.4 % der Haushaltssumme. also rund 400 Millionen Euro. für so genannte innovative Maßnahmen zur Verfügung gestellt werden. Entgegen den sonst üblichen Projektförderungen sollen die innovativen Maßnahmen in den einzelnen Regionen über diese Programme gefördert werden, und die Regionen sollen auch über die Programme verfügen können.

Ich halte das vor dem Hintergrund, dass die Europäische Union in den letzten Tagen stark kritisiert wurde, für einen außerordentlich positiven und wichti gen Ansatz. Ich glaube, darüber sind wir uns einig.

Der Landesregierung kommt die Aufgabe zu, Programme zu erarbeiten, in denen die von der EU-Kommission benannten Hauptthemen berücksichtigt werden, und die sind aufzählenswen. gerade vor dem Hintergrund der Diskussion zur Wissens

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und Informationsgesellschaft. die wir gestern geführt haben. Es sind Programme. die sich auf eine auf Wissen und technologischer Innovation basierende regionale Wirtschaft beziehen. auf die Infonnationsgesellschaft im Dienste der regionalen Entwicklung sowie auf regionale Identität und nachhaltige Entwicklung.

Da zeigt sich eben, dass die Verbindung von Geld, neuen Medien und Informationstechnolo gien in vielen Fällen vielleicht die Antwort auf unsere strukturpolitischen Probleme ist. Ich kann da nur immer wieder auf das Beispiel Kanada verweisen, wo man die Sache außerordentlich innovativ angegangen ist, auch in Bereichen. die uns alle hier interessieren. nämlich in den Bereichen Schulung und Nachschulung. auch für Arbeitslose. Man hat dort auf ganz innovative vernetzte Projekte im Bereich der EDV und des Internets zurückgegriffen.

Die Förderung innovativer Maßnahmen ist ein Finanzierungsinstrument. welches eine wesentlich höhere Flexibilität der eingesetzten Mittel gewährleistet und die Prioritäten und Präferenzen in den einzelnen Regionen in weit stärkerem Maße berücksichtigt, als das bisher der Fall war.

Das Angebot der EU-Kommission, Mittel für Versuche und das Wort ist hier ausdrücklich erwähnt - Experimente für Ziel-1und Ziel-2-Regionen zur Verfügun g zu stellen. ist ein Angebot an strukturschwache Regionen.

Wir stehen vor der Problematik. dass wir als Bundesland Brandenburg noch - muss man leider sagen - Ziel-1 -Region sind. Aber ich denke, das ist ein Angebot. das sieh ausdrücklich an die strukturschwachen Regionen wendet. Das ist auch ein interessantes Angebot an die Regionen, die an Polen grenzen. Man muss sich ganz genau überlegen. wie man diese Mittel nutzen kann. Aber die Landesregierung kann sich das nicht allein überlegen. sondern die Regionen selbst haben ein sehr viel größeres Maß an unabhängiger Entscheidungsfreiheit.

Die Kommission hat sich zu dem Schritt entschlossen, da in der vergangenen Förderperiode zu beobachten war, dass Regionen mit Entwicklungsrückstand und somit stark eingeschränktem finanziellem Handlungsrahmen dazu neigen, zu wenig Mittel für die Förderung dieser Bereiche auszugeben. Das ist außerordentlich problematisch. Auch da muss man in bestimmten Bereichen eine intelligente Spardiskussion führen.

Zuletzt vielleicht Fol gendes: Wir haben uns gestern lange über dieses Thema unterhalten. Ich glaube. wir haben ein außerordentliches Instrument an der Hand. Die Betonung lie gt auf der Kleintei ligkeit der Projekte. auf dem experimentellen Charakter. Es muss auch nicht immer das große Geld sein: das ist manchmal für solche Dinge sogar hemmend.

Insofern halten wir den Antrag der Fraktion der PDS in der Sache für richti g. Wir gestehen aber der Landesregierung zu. dass sie bei der unmittelbaren Aus gestaltung vom Parlament zwar bestimmte Vorgaben und Richtlinien erhalten sollte, dass jedoch eine so weitgehende Festlegung. wie sie in dem Antrag getroffen worden ist. problematisch ist. Deshalb haben wir den Antrag nicht abgelehnt, sondern ganz ausdrücklich einen Entschließungsantrag beigefügt. Ich hoffe. Sie unterstützen das. Vielen Dank.

(Beifall hei der CDU)

Ich danke Ihnen. Herr Abgeordneter Dr. Eher. - Das Wort geht an die Landesregierun g. Für die Landesregierung nimmt diesen Auftrag Minister Ziel wahr.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf zu diesem Punkt für die Finanzministerin sprechen. die sich auf einer Fachministerkonferenz befindet. Dort setzt man sich insbesondere mit dem Finanzausgleich des Bundes und der Länder in der Zukunft auseinander. Das ist ein wichti ges Thema.

Im Grundsatz ist der Vorschlag der Fraktion der PDS zu begrüßen. zum Teil aber geht der Antra g wohl von falschen Annahmen und -Voraussetzungen aus. Die PDS-Fraktion will es zur Diskussionsgrundlage machen. dass Programme mit Ziel 1 bis 3 der EU-Verordnun g korrespondieren müssen.

Ziel I ist jedoch definiert als eine Region mit Entwicklungsrückstand. deren Entwicklung und strukturelle Anpassung durch die EU-Intervention unterstützt werden sollen. Alle neuen Bundesländer gelten als solche Regionen.

Ziel 2 ist definiert als Region ohne Entwicklungsrückstand. aber mit Stmkturproblemen. Solche Regionen liegen zum Beispiel in Bayern und Baden-Württemberg.

Ziel 3 dagegen ist die Unterstützun g der Bildungs- und Beschäftigungspolitiken und -systeme in Regionen. die nicht ZielI -Gebiet sind.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage? - Bitte schön. Herr Christoffersl

Herr Minister. könnten Sie mir zustimmen, dass Ihre Ausführungen auf einer Verwechselun g beruhen? Was Sie zitieren, sind die Ziel- I -Gebiete der Förderkulisse. Die Ziele 1 bis 3 der allgemeinen Strukturfondsverordnung sind anders definiert. wie auch im Antrag beschrieben.

Sie werden das verstehen: ich trage hier die Position des zuständigen Fachministeriums vor. Vielleicht können Sie sich noch einmal im Ausschuss darüber unterhalten. Ich habe nicht die Absicht. mich jetzt mit Ihnen darüber zu streiten.

Die PDS-Fraktion übersieht offensichtlich. dass Ziel-l- und Ziel-2-Gebiete schlicht geographisch abgegrenzte Territorien darstellen. Brandenburg kann als Ziel- 1 -Gebiet nicht gleichzeitig Ziel-2- oder Ziel-3-Gebiet sein.

Die EU beabsichtigt auch nicht, innovative Maßnahmen nur über Artikel 22 der all gemeinen Strukturfondsverordnung zu fördern, wie es in der Begründung der PDS-Fraktion heißt. Förderung nach Artikel 22 bedeutet die Förderung neuartiger

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Maßnahmen außerhalb des Rahmens der normalen Programmplanun g und über diesen Rahmen hinaus.

Bereits jetzt werden in der normalen Programmplanung unseres Landes im Rahmen der Maßnahmen Technologie und Innovationsförderun g. Förderung des Technologietransfers und Förderung der Informationsgesellschaft mit insgesamt neun Richtlinien verschiedene innovative Förderansätze verfolgt.