Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Humboldtianer! Wir haben uns Anfang dieses Jahres ein erstes Mal mit dem Antrag der PDS-Fraktion befasst, eine Bundesratsinitiative zur Änderung dcs Bundesbesoldungsgesetzes zu ergreifen. Damit soll der Beschluss der Kultusministerkonferenz zur bundesweiten gegenseitigen Anerkennung von DDR-Lehrbefähigungen vom 22. Oktober vergangenen Jahres durch eine bundeseinheitliche Einstufung der Ämter für Lehrkräfte mit einer DDR-Lehrbefähigung in der Bundesbesoldungsordnung besoldungsrechtlich umgesetzt werden.
Die damalige Ministerin der Finanzen hat dazu in der Sitzung Anfang dieses Jahres Stellung genommen und dargelegt, dass das im Beschluss der KMK zum Ausdruck gebrachte Anliegen. die berufliche Freizügigkeit der Lehrkräfte im gesamten Bundesgebiet zu verbessern. grundsätzlich von uns unterstützt wird.
Die Ministerin hat aber auch darauf hingewiesen. dass vor der Beschlussfassung über den Antrag zunächst näher geprüft werden sollte, ob und in welchen Punkten konkreter Ändeningsbedarf im Bundesbesoldungsrecht bestehe. Sie hat vorgeschlagen. zunächst die Stellungnahmen der anderen Länder abzuwarten. Diese liegen jetzt vor.
Die Finanzministerkonferenz hat sich im Mai dieses Jahres mit der Thematik befasst und aufgrund der Stellungnahmen des Länderarbeitskreises für Besoldungsfragen und der Tarifgemeinschaft deutscher Länder festgestellt. dass zurzeit weder besoldungsrechtlicher noch tarifrechtlicher Handlungsbedarf zur Einstufung der DDR-Lehrbefähigung im Bundesrecht besteht.
Soweit in den einzelnen Ländern wegen der Übernahme von Lehrkräften aus den neuen Ländern Regelungsbedarf gegeben sein sollte. eröffnet die bundesgesetzliche Ermächtigung in der Vorbemerkung 16 b zu den Bundesbesoldungsordnungen A und B ausreichende Handlungsspielräume für den jeweili gen Landesgesetzgeber zur Einstufung der Ämter. sodass es einer bundesrechtlichen Regelung zur bundesbesoldungsrechtlichen Umsetzung des KMK-Beschlusses nicht bedarf.
Die Landesregierung teilt die Auffassung der Finanzministerkonferenz und hält eine Bundesratsinitiative zur Re gelung der DDR-Lehrbefähigung in der Bundesbesoldungsordnung nicht für Erfolg versprechend. Auch ich sehe für Brandenburg keinen Handlungsbedarf zur besoldungsrechtlichen Einstufung der Lehrkräfte mit DDR-Lehrbefähigungen durch den Bund. nachdem der Landtag im Jahre 1995 von der bundesrechtlichen Regelung bereits Gebrauch gemacht und die Einstufung der Ämter für diese Lehrkräfte im brandenburgischen Besoldungsgesetz umfassend geregelt hat.
Liebe Kollegen von der PDS-Fraktion! Sie hatten bei der Einbringung Ihres Antrages darauf hingewiesen. dass die Bundesratsinitiative nicht nur dem Ziel dienen sollte. die DDR-Lehrbefähigungen bundeseinheitlich zu regeln. um die Freizügigkeit der Lehrkräfte im gesamten Bundesgebiet im Sinne des KMKBeschlusses zu gewährleisten, sondern Sie wollten mit Ihrem Antrag eine bundeseinheitliche Regelung für eine umfassende „besoldungsrechtliche Gleichstellung brandenbur gischer Lehrkräfte mit ihren westdeutschen Kolleginnen und Kollegen' erreichen.
Ich möchte dazu feststellen, dass eine ungleiche Einstufung der Brandenburger Lehrkräfte gegenüber Lehrkräften anderer Länder mit vergleichbaren Qualifikationen gerade nicht vorliegt. Wer das immer wieder behauptet, obwohl es mehrfach erklärt worden ist, ist entweder unbelehrbar oder will bewusst Brunnen vergiften.
Bei der Einstufung der Lehrämter im brandenhurgischen Besoldungsgesetz wurde das Einstufungsgefüge der herkömmlichen Lehrämter in der Bundesbesoldungsordnung berücksichtigt. In diesem Sinne wurden die so genannten Greifswalder Beschlüsse der KMK vom 7. Mai 1993 über die Anerkennung und Zuordnung der Lehrerausbildungsgänge der ehemaligen DDR zu den Lehrerlaufbahnen beachtet. Der Bund könnte für die Länder nichts Verbindliches für die Anerkennung von Lehrämtern regeln.
Liebe Frau Wolff, worüber wird im Moment diskutiert? Im Moment wird über die brutale Abwerbung. die durch das Land Hessen organisiert wird. und über die Initiative der dortigen Kultusministerin mit bundesweiten Werbekampagnen diskutiert. 15 Länder haben sich in der KMK deutlich gegen das Gebaren von Hessen ausgesprochen.
Was ist aber die viel bedrohlichere Situation? Die bedrohlichere Situation ist, dass der Bund regeln will, die Besoldung der Lehrer nach unten und nach oben gänzlich zu öffnen. Dies würde der Abwerbung Tür und Tor öffnen. Durch die Bundesre gelungen ist in den Jahren 1969 bzw. 1971 eine Situation im Föderalismus geschaffen worden, die solch brutales Abwerben nicht mehr zuließ.
wollte man, wenn das Haus brennt. dafür werben zu tapezieren. Sie wissen, zum einen würde man das nicht mehr schaffen und zum anderen ist es so. dass das Löschwasser, das dafür notwendig ist, um die anderen viel bedrohlicheren Situationen abzuwenden. jede Tapezierbemilhung unnötig machen würde.
Wir sind am Ende der Rednerliste angekommen. Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung laut Drucksache 3/2081 zustimmt. möge die Hand aufheben. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist die Beschlussempfehlung mehrheitlich angenommen worden. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 6.
Anpassung der brandenhurgischen Ausführungsbestimmungen zur so genannten Altfallregelung der Innenministerkonferenz vom 18./19.11.1999 (Bleiberecht für Asylben erberinnen und As> Ihen erher mit langjäh- rigem Aufenthalt) im Sinne humanitärer Grundsätze in der Flüchtlingspolitik
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestern fragte mich mein Kollege Sven Petke. oh wir tatsächlich noch über den PDS-Antrag „Anpassung der brandenburgischen Ausführungsbestimmungen zur so genannten Altfallregelung im Sinne humanitärer Grundsätze in der Flüchtlin gspolitik- reden wollen. Ich kann verstehen, dass die Regierungskoalition nicht mehr über dieses Thema reden mag. Das mochte sie schon nicht auf der 7. Sitzung des Landtages im Januar und auch nicht auf der 9. Sitzung im Februar, als wir sie mit PDS-Anträ gen zu einer großzü
gigeren Anwendung dieser Bleiberechtsregelung der Innenministerkonferenz aufgefordert haben. Sie haben unsere Anträge damals abgelehnt.
Ich hätte nicht gedacht, dass gerade das Problem der restriktiven Anwendung der Bleiberechtsregelung in Brandenburg durch Innenminister Schönbohm in diesem Herbst zu einem derartigen Streit in der Koalition führen würde. Es war ein zarter Emanzipationsversuch der SPD-Fraktion. der deshalb etwas lauter ausgetragen worden ist, weil Sie, Herr Schönbohm, jegliches Feingefühl verloren haben und sich auch noch mit den Spitzen der evangelischen Kirche in Brandenburg anlegen mussten.
Kirchen und Flüchtlingsorganisationen, Wohlfahrtsverbände und viele Brandenburgerinnen und Brandenburger haben in den letzten Wochen und Monaten gegenüber Flüchtlingen große
Mitmenschlichkeit, Problembewusstsein und Zivilcourage gezeigt. Dafür möchte ich ihnen an dieser Stelle danken, denn das war ein aktiver Beitrag für ein weltoffenes, tolerantes Brandenburg. Mitmenschlichkeit, Problembewusstsein und Zivilcourage im Umgang mit langjährig sich in der BRD aufhaltenden Asylbewerbern ohne Rückkehrperspektive scheinen von Innenminister Schönbohm aber nur argwöhnisch beäugt zu werden.
Auch der in der _Gemeinsamen Erklärung der Landtagsfraktionen von SPD und CDU- gefundene Kompromiss sowie die dazugehörige Brandenburger ,_Regelung zum rechtsstaatlich und humanitär orientierten Vollzug des Ausländerrechts" vom Innenministerium scheinen Minister Schönbohm nur schwer abgerungen worden zu sein.
Sollten Sie. liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion. dennoch der Meinung sein. dass alles maximal Erreichbare im Streit um die Altfallregelung erzielt worden ist, muss ich Sie auf Folgendes aufmerksam machen: Richtig ist, dass das Bleiberecht liberaler wurde. Zu seiner Bewertung komme ich noch. Nur der Konsens zwischen SPD und CDU, der nach Ihrer Erklärung geprägt wurde von „Ernst, Verantwortungsbewusstsein und dem Wunsch nach weiterer partnerschaftlicher Zusammenarbeit
und darin gipfelt, dass Sie in der Gesamtthematik der Ausländerpolitik und des Vollzugs des geltenden Ausländerrechts volle Übereinstimmung erzielt haben, macht das Dilemma deutlich.
Erstens ging es nur darum, dass im Konflikt Innenminister Schönbohm gesichtswahrend und geordnet seinen Rückzug antreten konnte, uni diesen hinterher noch als siegreiche Attacke zu deklarieren. Hauptsache. keine „Berliner Lösung", deshalb die Anlehnung an Sachsen und an Niedersachsen.
Zweitens: Was die SPD-Fraktion als maximalen Erfolg einer liberalisierten Anwendung der Altfallregelung ansieht. ist das maximale Ergebnis, das mit einer Schönbohm-CDU eben erzielt werden konnte. Nicht mehr und nicht weniger.
Drittens: Was die SPD im Sinne ihres im Oktober gefassten Fraktionsbeschlusses _Bleiberecht für Asylbewerber mit langjährigem Aufenthalt" tatsächlich hätte maximal durchsetzen können und immer noch kann, liegt mit dem PDS-Antrag jetzt auf dem Tisch.
Sie. liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, haben den falschen Partner im Regierungsboot. Ich möchte an den Fraktionsbeschluss der SPD-Fraktion erinnern. der wie folgt lautet:
„Die Landesregierung wird aufgefordert. die Anwendung des auf der 159. Sitzung der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren des Bundes und der Länder gefassten Beschlusses über Bleiberecht für Asylbewerber mit langjähri gem Aufenthalt den besonderen Anforderungen in Brandenburg anzupassen und den Personen. die am Stichtag 19. November 1999 alle sonstigen Voraussetzungen erfüllt haben, aber keine legale Erwerbstätigkeit ausübten, eine zunächst auf sechs Monate befristete Auf
enthaltsbefugnis zu erteilen. um die Voraussetzungen für den Abschluss von Arbeitsverträgen zu schaffen."
Ich musste das in voller Länge zitieren, weil es kein Ruhmesblatt war, dass einzelne SPD-Kollegen mir gegenüber die Existenz dieses Fraktionsbeschlusses leugneten. Ich musste das Zitat in voller Länge bringen, weil Sie sich, liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion, eben nicht haben maximal durchsetzen können. Ihr Fraktionsbeschluss findet sich nur in unserem Antrag wieder.
Ihr Beschluss ist etwas anderes als die jetzige Regelung, die zwar nicht mehr verlangt, dass am 19. November 1999 ein Arbeitsverhältnis bestanden haben muss. jedoch nun einschränkend vorgibt:
„Die Voraussetzung der Sicherung des Lebensunterhaltes ist auch als erfüllt anzusehen, wenn für die Zeit bis zum 19. November 1999 Bemühungen uni eine Beschäftigung nachgewiesen sind oder am 19. November 1999 ein Arbeitsvertrag oder eine verbindliche Zusage für ein Beschäftigungsverhältnis vorlag. mit dem der Lebensunterhalt (inklusive ausreichendem Krankenversicherungs- schutz) gesichert gewesen wäre und das Arbeitsverhältnis nur aufgrund des fehlenden Aufenthaltsrechts und der damit von der Arbeitsverwaltung verweigerten Arbeitserlaubnis nicht aufgenommen werden konnte."
Als Sachsen Anfang des Jahres die Erlasspraxis zeitnah in diesem Sinne einführte. war dies in Ordnung. Jetzt sind die Glaubhaftmachung des Bemühens uni Arbeit und die Zusage nach einem Jahr zu rekonstruieren. Angeblich ist auch nur eine solche Anpassung der Anwendung des Bleiberechts in Brandenburg möglich. Bezug genommen wird dabei stets auf einen Beschluss des Oberverwaltungsgerichtes Brandenburg. Verkannt wird dabei, dass dieser OVG-Beschluss ausdrücklich im Einzelfall erging, der vor allem anders lag als beim entschiedenen Fall des Oberverwaltungsgerichtes Bremen vom 28. Januar 2000. Dort heißt es:
„Die auf den 19. November 1999 bezo gene Stichtagsregelung bedeutet nicht. dass das erforderliche eigene Einkommen bereits an diesem Tag erzielt worden sein muss. Der Stichtag ist vielmehr maßgebend für die Prognose, ob der Lebensunterhalt in Zukunft durch eigene Erwerbstätigkeit gesichert werden kann."
„Auf ein am 19. November 1999 tatsächlich erzieltes Erwerbseinkommen kann aber auch deshalb nicht abgestellt werden, weil die Antragsteller zu diesem Zeitpunkt wegen ihres aufenthaltsrechtlichen Status überhaupt keine legale Erwerbstätigkeit ausüben durften. Eine Arbeitsgenehmigung hätten sie nämlich nur erhalten dürfen. wenn ihnen eine Duldung erteilt oder ihre Abschiebung durch richterliche Anordnung ausgesetzt worden wäre. Es wäre
„widersprüchlich und unverständlich für die Anordnung, die die Einräumung eines Bleiberechts von einer Voraussetzung abhängig machen würde. die ihrerseits nur erfüllt
werden kann, wenn zuvor ein Bleiberecht gewährt worden ist. Eine derartige Interpretation der Anordnung vorn 23. November 1999 würde bedeuten, dass die Anordnung für einen erheblichen Teil der so genannten Altfälle faktisch leer liefe. Die betroffene Regelung erschiene dann als Etikettenschwindel."
So das Oberverwaltungsgericht in Bremen, mittlerweile auch abgedruckt in der _Neuen Zeitschrift für Verwaltungsrecht". Das ist ehen die unterschiedliche Rechtsauffassung von zwei Oberverwaltungsgerichten. Trotzdem bleibt es dabei, was auch im Beschluss des Oberverwaltungsgerichtes Brandenburg zu lesen ist:
,.Zu Recht verweist das Verwaltungsgericht darauf, dass es unerheblich ist. ob und inwieweit mit Blick auf staatliche Restriktionen bezüglich der Erwerbstätigkeit eine Integration des betroffenen Personenkreises möglicherweise nicht habe stattfinden können. Einer solchen hypothetischen Integration wollte die Altfallregelun g, ersichtlich nicht Rechnung tragen. Allerdings lassen in Umsetzung des Beschlusses der Konferenz der Innenminister verschiedene Bundesländer zur Erfüllung des Kriteriums der Sicherung des Lebensunterhalts wohl bereits eine Arbeitsplatzzusage zum maßgeblichen Stichzeitpunkt ausreichen. Hieraus kann jedoch für die Anwendung des Erlasses des Ministeriums des Innern des Landes Brandenburg nichts hergeleitet werden. Nach ausdrücklicher Feststellung der Bundesregierung bestand keine Verpflichtung der Länder, die Regelung wörtlich zu übernehmen."
Deswegen streben wir eine solche andere politische Lösung an, die juristisch zu bewerten gegebenenfalls wieder Sache des Oberverwaltungsgerichtes Brandenburg wäre. Entscheidender ist - und hier setzt unser Antrag an -‚ dass alle Veränderungen der Verwaltungspraxis unter großem Zeitdruck stehen. Deshalb muss es eine Verlängerung des Antragszeitraumes über den 31.12.2000 hinaus geben. Anderenfalls gereicht die seit Februar 2000 nutzlos verstrichene Zeit zwischen parlamentarischen Debatten den potenziell berechtigten Asylbewerberinnen und Asylbewerbern zum Nachteil. Des Weiteren haben wir den Hinweis aus der Anhörung im innenausschuss vom 23.11.2000 aufgenommen, dass Unabhängigkeit von Sozialhilfe nicht bedeuten soll, dass bereits der Bezug ergänzender Sozialhilfe der Erteilung einer Aufenthaltsbefu gnis entgegensteht.