Geradezu grotesk erscheint allerdings jetzt der Anlass für das Aufbrechen der Fronten. Der Förderverein überträgt die Flächen an eine Stiftung. die auf nahezu identische Weise den vom Gewässerrandstreifenprogramm vorgegebenen Zielen verpflichtet ist. Ein Vorgang, der monatelang nicht öffentlich kommentiert worden ist und der nonnalenveisc niemanden zu einer Äußerung verleitet hätte, wird jetzt zum Bruch der Beteiligten hochstilisiert.
Bereits im Januar 1995 hatte das Bundesamt für Naturschutz mitgeteilt, dass eine Flächenübertragung zu einem Widerruf des
Bewilligungsbescheides führen könnte. Das wurde im Mai 2000 wiederholt und vom Minister für Landwirtschaft. Umweltschutz und Raumordnung im Juli 2000 bestätigt. Dennoch fiel die Entscheidung des Kuratoriums im Dezember 2000.
Der Verein ist hier zu weit gegangen. Darüber sind wir uns sicher alle einig. Er hat sich gegen eine Entscheidung. der Landesregierung gestellt. Allerdings: Eine Entscheidung der Landesregierung? lst Ihnen eigentlich bekannt, dass Staatssekretär Lancelle am 27.12.2000 die Genehmigung für die Flächenübertragung erteilt hat? Wer spielt hier eigentlich welches Spiel?
Meine Damen und Herren, ich wage zu prophezeien, dass der Verein auch diesmal als Sieeer aus diesem Kräftemessen hervorgehen wird. Die Chancen einer juristischen und verwaltungsrechtlichen Klärung sind gering. Solange der Verein nach den Vorgaben des Fördermittelbescheides tätig ist, wird er voraussichtlich die jährliche Zahlung der festgesetzten Millionen bis zur letzten Mark verlangen können.
Unser Appell richtet sich daher an beide Streitparteien. zum Dialog zurückzukehren. Erst wenn das nicht gelingt, sollte über einen Trägerwechsel nachgedacht werden.
Der mit dem Amtsantritt von Minister Birthler eingeschlagene Weg des Handlungskonzeptes mit den Kernpunkten der agrarstrukturellen Entwicklungsplanung sowie der Flurneuordnung ist richtig und soll fortgeführt werden. Für die Bürgerinnen und Bürger in der Region sind die Rahmenbedingungen zum Erwerb des Lebensunterhalts und der aktiven Teilnahme am Leben im und am Nationalpark zu ermöglichen. Gestaltungsspielräume ergeben sich aus unserer Sicht in erster Linie zwischen dem Bundesamt für Naturschutz und der Landesregierun g. Diese Einrichtungen entscheiden letzten Endes, welche Forderungen des Fördermittelbescheides im Einzelfall tatsächlich umgesetzt werden müssen.
Gestatten Sie mir abschließend noch einige wenige Bemerkungen zu dem sehr weit gefassten Motto dieser Aktuellen Stunde: Gefährdung der Glaubwürdigkeit der Naturschutzpolitik. - Abgesehen von der bekannten Nähe des zweiten Vorsitzenden des ungeliebten Fördervereins zur CDU kann eigentlich nur festgestellt werden, dass bei dem ganzen Hickhack der letzten Jahre der Naturschutz den schwarzen Peter hatte.
Schließlich würde auch niemand von Ihnen auf die Idee kommen. die Ursachen für die verfehlte Abwasserpolitik dem Abwasser in die Schuhe zu schieben.
Nein, meine Damen und Herren. unser Dauerthema Nationalpark _Unteres Odertal" haben wir Fehlern der Politik zu verdanken. Großprojekte dieser Art ohne ausreichende Beteiligung der Bevölkerung. ohne ausreichende Transparenz, ohne langfristige Vorbereitung und ohne selbstkritisches Hinterfragen
durchführen zu wollen. um zuallererst die Millionenbeträge abfassen zu können, zahlt sich letzten Endes nicht aus. Sehen wir zu. dass sich diese Fehler nicht wiederholen! - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Ich danke Ihnen. Frau Abgeordnete Dr. Enkelmann. - Ich gebe das Wort an die Fraktion der SPD. Herrn Abgeordneten Bischoff.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Enkelmann. ich habe wohl eine Menge Argumente gehört. Sie haben über alles Mögliche gesprochen. nur über eines nicht: Es fiel nicht ein Satz über die Belange und Sorgen der Menschen in der Region Unteres Odertal!
Es geht im Landtag Brandenburg wiederholt um die aktuellen Ereignisse int Unteren Odertal und um die Frage der Glaubwürdigkeit einer im Kern sehr wichtigen Zukunftsaufgabe. der Naturschutzpolitik. Glaubwürdigkeit setzt aber Akzeptanz voraus, die im Unteren Odertal seit Jahren in Unverständnis, Wut und teilweise auch in Widerstand umgeschlagen ist. Der Auslöser dafür ist nicht das Nationalparkgesetz, sondern ein Förderverein. aus dem Mitglieder wie Matthias Platzeck. Wolfgang Birthler und der Leiter des Nationalparks am Unteren Odertal längst ausgetreten sind: ein Förderverein, der bis heute aus Mitteln des Landes und des Bundes 60 % der Flächen im Unteren Odertal aufgekauft hat und mit diesem Vermögen schon lange außer Kontrolle geraten ist: ein Förderverein, der bis 2006 über 50 Millionen DM erhalten soll; ein Verein mit illustren 30 Personen, der keiner parlamentarischen Kontrolle unterliegt und sich deshalb auch völlig unserer Kontrolle entzogen hat. Ich muss sagen. dassdiese Vereinskonstruktion ein schwerer Fehler ist, wie sich schon seit Jahren herausgestellt hat.
Meine Damen und Herren, das Fazit über den Verein fällt eindeutig aus: fachlich inkompetent. mehrere Erpressungsversuche gegenüber dem Fördennittelgeber. Verstöße gegen Fördennittelbedingungen - die Klageliste ist viel länger und kann gern bei mir persönlich eingesehen werden.
Dieses erschreckende Fazit haben allerdings keine Unternehmen in der Region. keine betroffenen Fischer, keine betroffenen Landwirte und auch keine Angler gezogen. Dieses Fazit hat auch nicht die Interessengemeinschaft zum Schutz des Unteren Odertals getroffen. die inzwischen 2 700 Mitglieder zählt und heute dem Präsidenten des Landtages 13 000 Protestunterschriften überreichen wird. Dieses Fazit hat das Umweltministerium selbst schon vor vielen Monaten getroffen; Sie können die Unterlagen gern bei mir einsehen. Der Landtag hatte parteiübergreifend beschlossen, einen Trägerwechsel einzuleiten und eine Mittelsperre in Bezug auf diesen Verein durchzusetzen. Da aber an Stelle entschlossenen Handelns nur lauwarme Reaktionen erfolgten, tanzt uns dieser Förderverein bis heute auf der Nase herum. Das ist der Fakt.
Als Geldgeber trägt natürlich eindeutig auch das Potsdamer Umweltressort für die seit Jahren schwierige Situation eine hohe Mitverantwortung und muss endlich harte Konsequenzen ziehen.
Zweitens: Da inzwischen mit 60 % mehr als genügend Flächen für Totalreservate aufgekauft worden sind, muss das Gewässerrandstreifenprogramw eingefroren und beendet werden. Ich frage Sie, meine Damen und Herren: Wozu soll das Land Brandenburg aus einer knappen Landeskasse weiterhin den Aufkauf von Flächen mitfinanzieren, die ohnehin den höchsten Naturschutzstatus im Land Brandenburg haben!
( Vereinzelt Beifall bei der CDU} Ich möchte dringend an die gestern angemahnte Prioritätende- baue im Land Brandenburg erinnern und die Frage aufwerfen, wie viele Verwaltungsausgaben - wohlgemerkt: Verwaltungs- ausgaben - von dem 30-Millionen-DM-Etat für die Natur- schutzverwaltung im Land Brandenburg angesichts der knap- pen Mittel in Zukunft noch möglich und notwendig sind und ob nicht auch hier jetzt ein Umdenken erfolgen müsste. Die Flächen gehören in die demokratische Obhut eines regionalen Zweckverbandes, selbstverständlich unter Einschluss der Nationalparkverwaltung. denn diese ist bislang Zaungast in einem Gebiet. das ihr selbst nicht gehört und in dem sie des- halb auch weni g zu sagen hat. Extrempositionen wie das Ziel des Vereins, die Kulturlandschaft aufzugeben und damit Land- wirte, Fischer und Angler zu vertreiben. haben dem Natur- schutzgedanken in der Region im wahrsten Sinne des Wortes einen Bärendienst erwiesen und die Glaubwürdigkeit in die Naturschutzpolitik im Unteren Odertal bei vielen Menschen in der Region stark erschüttert. (Vereinzelt Beifall bei der CDU)
Denn im Nationalparkeesetz ist erstens von der Erhaltung, zweitens dem Schutz und drittens der Pflege des Unteren Odertals die Rede. Das Wort „entwickeln" steht an letzter Stelle im Gesetz und sollte meines Erachtens gestrichen werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, eine letzte Bemerkung: Keine Wildente stirbt an Herzschlag. nur weil sieh ein Angler durch das Unterholz quält. Das ist doch der Fakt!
Im Gegenteil. wir sollten uns über jeden Radfahrer und jeden Kremser freuen. der die Schönheiten eben dieser belebten Natur genießen kann. Nur er entwickelt ein Bewusstsein für eben diese ich sage bewusst: schützenswerte - Natur im Unteren Odertal. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit, liebe Kollegen!
Ich danke dem Abgeordneten Bischoff und gebe das Wort an die Fraktion der DVU, Herrn Ab geordneten Claus.
Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! ,.Das Land ist weg" - so schlagzeilten die Medien in Bezug auf die unglaublichen Vorgänge uni die Flächen im Nationalpark _Unteres Odertal". Nun stellt die Fraktion der CDU den Antrag, darüber eine Aktuelle Stunde durchzurühren. Kurios daran ist zweierlei:
Erstens: Normalerweise dienen Aktuelle Stunden nicht dazu, dass sich Regierungsfraktionen jeweils ihr eigenes Versagen bei einem bestimmten Problem vorhalten: dies ist eigentlich die Aufgabe der Oppositionsfraktionen.
Zweitens muss die Antragstellerin zum Beispiel in der.J3erliner Morgenpost" vom 6. Januar dieses Jahres lesen. dass in Potsdam nun die Rede von einer..CDU-Connection" im Nationalpark ist, die dort schon immer am Werk war. Hiermit dürfte auch ein gewisser Herr Vössing gemeint sein, dessen Weg ihn vor Jahren vom Potsdamer Umweltministerium an dic Spitze des damals im Aufbau befindlichen Nationalparks rührte. Heute zieht er als einziges Vorstandsmitglied der Nationalparkstiftung die Fäden, und zwar von Diepgens Berliner Senatskanzlei aus. in der er mittlerweile beruflich angekommen ist.
Weil auf beiden Seiten Vertreter der gleichen Partei. welche jetzt Antragstellerin der Aktuellen Stunde ist. wirken. kam die Flächenübertragung vom Trägerverein auf die Stiftung erst jetzt in dic Öffentlichkeit. nachdem der Notarvertrag bereits im Januar 2000 abgeschlossen wurde und die Übergabe im Juni des gleichen Jahres erfolgte. Wegen Geldforderungen ist dieser Flächendeal jetzt in die Öffentlichkeit geraten. Weil die Vertreter Brandenburgs vor ihren leeren Kassen saßen und Ausschau nach Einnahmen hielten, rückten die rund 300 000 DM Pachteinnahmen des Trägervereins in ihr Blickfeld.
Der Verein sagte: Wir haben keine Flächen mehr, also können wir auch kein Geld mehr zahlen. - Da der Verein ohne Flächen dasteht. sind auch keine Pachteinnahmen vorhanden. So tröstet man sich im Ministerium damit, dass man zwar kein Geld hat. die Stiftung jedoch mit den Flächen auch nicht machen kann, was sie will. und fordert nun ihre Rückübertragung.
Es herrscht eine Gegnerschaft zwischen Ministerium und Stiftung, die ursprünglich die Flächen übertragen bekommen sollte und in der das Land Brandenburg neben Berlin sowie die Schwedter PCK GmbH und der Nationalparkverein Mitglieder sind. Da drängt sich doch die Frage auf, Herr Minister Birthler, wie viel das Land in der eigenen Stiftung eigentlich noch zu sagen hat. Sie wissen selbst, wie die Abstimmung gelaufen ist. So bemerkte der Vereinsvorsitzende Thomas Berg so treffend:
„Was können wir dafür, dass das Land so lange geschlafen hat und nun Forderungen aufmacht. die über Jahre zurückreichen?"
Dem können wir nicht widersprechen. Allerdings fragen wir uns, ob im Ministerium jemand ernsthaft geglaubt hat, dass der Verein treu sorgend Jahr um Jahr die ein gehenden Pachtzahlungen zur Kasse trägt. uni diese auf Anfrage sofort an die Landesregierung zurückzuüberweisen.
Geld dient nicht dem Nationalpark und schädigt das Ansehen des echten Naturschutzes schwer. auch deshalb. weil offenbar wieder einmal niemand die persönliche Konsequenz dafür ziehen möchte. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich danke dem Abgeordneten Claus und gebe das Wort an die Landesregierung, Herrn Minister 13irthler.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Trägerverein für das Gewässerrandstreifenprouramm Nationalpark.,Unteres Odertal" macht wieder einmal negative Schlagzeilen. Mit der Vorlage des Handlungskonzeptes im Dezember 1999 ist die Grundlage Für eine Kehrtwende. für eine konkrete Entwicklung des Nationalparks und zur Umsetzung des Gewässerrandstreifenprogrammes gelegt worden. Im letzten Jahr hatten die hoffnungsvollen Nachrichten aus dem Nationalpark die schlechten verdrängt.
Das Verhalten des Vereins der Freunde des Deutsch-Polnischen Europa-Nationalparks _Unteres Odertal". der die Übertragung der mit Fördermitteln erworbenen Flächen an die Nationalparkstiftung betreibt, ist jetzt ein schlimmer Querschläger. Dem Verein wurde unmissverständlich mehrfach in Beratungen und natürlich auch schriftlich mitgeteilt, dass es ohne definitive Abstimmung mit Land und Bund keine Zustimmung zu einer derart erpresserischen Übertragun g von Flächen geben wird. Wir können auf keinen Fall dulden. dass Projektträgerschaft also Verein - und Flächeneigentum auseinander fallen. Es wurde klar zum Ausdruck gebracht. dass dies mit einer Einstellung der Projektförderung verbunden sein wird.
Aus dem treuwidrigen Verhalten des Vereins ziehe ich zwei Konsequenzen. 1. Ich werde alle rechtlichen Möglichkeiten prüfen. um die Übertragung der Flächen vom Verein auf dic Stiftung zu verhindern.
2. Der Verein scheidet für die Zukunft als Träger des Gewässerrandstreifenprogramms und als Zuwendungsträger aus.